Bend, not Broken von Cookie-Hunter ================================================================================ Kapitel 40: Gespräch -------------------- Weil öffentliche Verkehrsmittel mit Krücken reinste Folter sein konnten, war Toshiya so lieb ihn in der Nähe des Café abzusetzen, in dem er sich mit Hyde treffen wollte. Und wenn er ihm Bescheid sagte, holte er ihn auch wieder ab. Zum Glück war keiner von seinen beiden Freunden auf die Idee gekommen, ihn zu begleiten. Besser gesagt: Sie hatten diese Idee nicht ausgesprochen. Shinya war reichlich nervös, während er tapfer und auf eine Krücke gestützt auf das Café zu ging. Von der Uhrzeit her, könnte der Freund bereits da sein. Das würde gleich so merkwürdig werden. Über den Chat hatten sie in letzter Zeit schon viele Informationen ausgetauscht. Hyde hatte ihm von den letzten fünf Jahren erzählt und der Schlagzeuger hatte sich übers Internet auch ein wenig mit den aktuelleren Werken des Freundes beschäftigt. Ganz unwissend und ganz unvorbereitet wollte er dann auch nicht bei diesem Treffen auftauchen. Es wäre ihm selbst zumindest sehr unangenehm. Vor dem Eingang blieb er noch einmal stehen. Er spürte das Zittern seines Körpers. Es kam nicht von Erschöpfung oder Überanspruchung. Im Grunde war er einfach nur fürchterlich nervös. Nachher stelle er irgendeine dumme Frage oder dergleichen und blamierte sich. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter. „Da bist du ja.“ Erschrocken drehte er sich um und schaute einen Mann mit großer Sonnenbrille und Mundschutz an, der ein wenig kleiner, wie er war. „Ich hatte fast befürchtet, dass du nicht kommen würdest.“ Noch immer ein wenig verständnislos starrte er den Mann an, bis jener seine Brille ein wenig nach unten schob und ihn ein paar braune, sehr bekannte Augen freudig anblitzten. Erleichtert seufzte er auf. „Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ „Tut mir Leid“, entschuldigte sich Hyde aufrichtig. „Ich bin nur wirklich froh dich zu sehen. Bis vorhin hab ich, ehrlich gesagt, befürchtet, dass du mir absagen würdest.“ An Hydes Augen konnte man die ehrliche Erleichterung sehen. Bis eben musste er wirklich befürchtet haben, sitzen gelassen zu werden. „Gehen wir rein. Hab uns beiden einen Tisch reservieren lassen in einer hinteren Ecke, damit wir uns ungestört unterhalten können.“ Vor allem aber, weil er nicht die ganze Zeit mit der Maske im Gesicht da sitzen wollte. Bei einem entspannten Gespräch unter Freunden wollte er sie nicht tragen. Mit einer einladenden Geste deutete Hyde auf das Café und Shinya setzt die Krücke vor. In Begleitung von dem Freund ging es langsam auf den Eingang zu und hinein, wo sie von einer Kellnerin in Empfang genommen wurden. Der kleinere Musiker erzählte ihr von seiner Reservierung, woraufhin sie sie zu ihrem Tisch führte, der wie verabredet im hinteren Teil des Lokals stand. Shinya fühlte sich schrecklich, weil man auf ihn warten musste. Aber weder die Bedienung, noch sein guter Freund ließen sich etwas anmerken. Hyde bot ihm den Stuhl an, der etwas näher an war, ließ sich dann auf dem gegenüber nieder. Shinya nahm Platz, legte die Krücke neben sich, zwischen Stuhl und Wand, damit niemand darüber stolpern konnte. Von der Bedienung erhielten sie jeweils eine Karte und sie ließ sie alleine, damit sie wählen konnten. Shinya seufzte, schlug die mehrseitige Auswahl auf. „Was ist los?“, erkundigte sich der Mann ihm gegenüber. „Ach, ich...“ Der Schlagzeuger ließ die Karte sinken. „Ich hätte dir wirklich beinahe abgesagt. Und wenn ich ehrlich sein soll, auch beinahe gar nicht erst zugesagt.“ „Eh?“ Ungläubig nahm Hyde seine Maske und die Sonnenbrille ab, starrte den Freund an. „Warum denn nicht?“ Unsicher ging sein Blick nach unten zu seinem Bein und zu der Gehhilfe. „Ich wollte dir nicht zumuten mit einem-“ „Einem was?“, fiel der Ältere ihm ins Wort. „Einem Freund gesehen zu werden?“ „Du weißt, was ich eigentlich sagen wollte.“ „Ja, aber ich lasse nicht zu, dass dich jemand als Krüppel bezeichnet. Nicht einmal du selbst.“ Hyde lächelte ihm zu, ehe er in die Karte schaute. „Sieht das alles lecker aus.“ Was in der Karte stand interessierte den Jüngeren gerade eher weniger. Viel mehr war er damit beschäftigt den Freund ihm gegenüber zu betrachten. Er fühlte sich schlecht dafür, sich nicht mit ihm hatte treffen zu wollen. Wo jener doch einfach nur ihn, den Freund, mal wieder treffen wollte. Selbst ohne seinen Gedächtnisverlust, war ihr letztes Treffen einige Monate her. Bedingt durch Touren und durch seine Reha. „Ich kann mich kaum entscheiden“, hörte er den kleineren Mann seufzen. „Wie sieht es bei dir aus?“ Erwartungsvoll schaute jener ihn an, was ihn erst einmal dazu brachte, den Blick zu senken und sich die Auswahl zum ersten Mal wirklich anzusehen. „Da ist einiges bei, was sehr appetitlich aussieht.“ Dank der vielen Bilder bekam man einen guten Vorgeschmack auf das, was man sich bestellte. „Ich hab dir übrigens mein Tablet mitgebracht. Hattest mir doch geschrieben, dass du dir gerne Fotos und all sowas ansiehst und dabei sogar Teile deiner Erinnerung wieder kommen. Ich dachte, ich zeige dir noch ein paar Aufnahmen aus den letzten Jahren, wenn du möchtest.“ „Sehr gerne.“ Aus dem Internet hatte er zwar schon viele Fotos und Informationen gesehen und in ihren Nachrichten hatten sie auch schon einiges ausgetauscht. In denen waren auch Fotos dabei gewesen, die ihren Weg ins Internet nicht gefunden hatten. Auf seinem Handy und seinem Laptop, sowie seinem Instagram-Profil,welches ihm noch immer ein wenig merkwürdig vorkam, befanden sich auch viele Fotos. Zum Teil eben auch sehr private mit Freunden. Doch nicht bei jedem war eine Erinnerung gekommen. Die Aufnahmen, welche Hyde ihm mitgebracht hatte, waren vielleicht oftmals dieselben, aber er konnte sich nun dessen Sicht der Dinge und ein paar Details erzählen lassen, die ihm nun helfen würden. Doch zuerst sollten sie bestellen. Shinya atmete einmal tief durch, fühlte sich gleich ein wenig entspannter. Er hatte sich zu viele Sorgen über das Treffen gemacht. Von Hyde brauchte er nichts befürchten. Der Ältere war ein Freund und erwies sich gerade als ein sehr guter. Obwohl er viel um die Ohren hatte, traf er sich mit ihm und wollte ihm auch noch helfen. Erneut wanderte sein Blick über die Karte in seinen Händen und er fand endlich etwas, auf das er Appetit hatte. Als kurz darauf die Kellnerin wieder kam, bestellte er sich einen Milchkaffee und ein Stück von dem sehr fluffig aussehenden Käsekuchen. Bei dem Älteren wurde es durch seinen gesegneten Appetit ein wenig mehr, als nur ein Stück Apfelkuchen. Seine Bestellung enthielt auch noch Waffeln mit heißen Kirschen und einen Eisbecher, welcher ihm gebracht werden sollte, sobald er das andere aufgegessen hatte. Alles begleitet von einem einfachen Kaffee. „Irre ich mich oder siehst du jetzt um einiges entspannter aus?“, fragte der Sänger und lehnte sich, mit beiden Unterarmen vor sich auf dem Tisch, ein wenig nach vorne. Verlegen kratzte Shinya sich an der Wange. „Ich bin ein wenig entspannter. Meine Bedenken und meine“, er lachte und schüttelte verlegen den Kopf, „Ängste sind verschwunden. Es ist nur ein wenig ungewohnt etwas zu unternehmen, wenn keiner der anderen Beiden hier ist. Seit ich wach bin hatte ich eigentlich immer entweder Kyo oder Toshiya oder eben beide an meiner Seite. Ihren Tagesablauf, ihre Termine planen sie immer so, dass einer von ihnen bei mir sein kann.“ „Ist das nicht anstrengend?“ Skeptisch zog Hyde die Augenbrauen zusammen, legte den Kopf schief. „Und geht man sich dann nicht irgendwann furchtbar auf die Nerven?“ Wieder musste der Jüngere ein wenig lachen. „Das fragen mich viele mit denen ich wieder schreibe. Und eigentlich hätte ich auch gedacht, dass einer von ihnen mit her kommen würde. Sogar darauf besteht. Aber sie haben mich gefragt, ob ich nicht lieber alleine mit dir reden will und die Idee mochte ich. Sie hatten keinerlei Einwände, sprachen nur ab, wer mich hierher bringen kann.“ Beide Hände legte er auf den Tisch, schaute verträumt auf sie hinab. „Aber nein: Ich werde ihrer nicht überdrüssig. Ab und an fühlt es sich noch ein wenig merkwürdig und irreal an, wie wir leben. Dass wir...“ Er schaute auf und dem Freund gegenüber in die Augen, lächelte warm und verliebt. „Wenn sie mich ansehen, voller Liebe und Wärme, dann weiß ich einfach, dass ich nie genug von ihnen bekommen werde.“ Hyde öffnete den Mund, holte tief Luft, stockte jedoch, bevor er sie lachend wieder ausstieß. „Das ist der Shinya, den ich kenne. Verliebt wie eh und je.“ Langsam ließ das Lachen wieder nach und bevor er weiter sprach, sah er die Kellnerin mit ihren Getränken kommen. Vorsichtig stellte sie ihre Bestellungen hin, entschuldigte sich für einen Moment und meinte, dass sie ihnen sofort den Rest bringen würde. „Beschwert Kaoru-san sich wieder?“, erkundigte er sich, nachdem die Frau sie erst einmal wieder allein gelassen hatte. „Er hält sich zurück. Glaub ich. Rollt bei unseren Treffen nur manchmal mit den Augen und schüttelt amüsiert den Kopf. Vielleicht hat er es aufgegeben, sich immer wieder zu beschweren.“ Böse meinte ihr Leader es ja nicht. Selbst ihm war aufgefallen, dass Kaoru das mehr aus Gewohnheit machte, als dass er ihnen wirklich etwas vorwerfen wollte. Ihre Teller mit süßen Versuchungen wurden gebracht und Shinya musste schmunzeln, da sein Käsekuchen nicht einfach nur fluffig, sondern richtig wackelig war. Leicht tippte er ihn mit der Gabel an, um das Ganze noch einmal zu sehen. „Shinya?“ „Hm?“ Neugierig schaute er von seinem wackelnden Kuchen auf. „Hältst du mich auf dem Laufenden? Was dein Spiel angeht. Ich möchte auch in Zukunft wieder Halloween Partys veranstalten. Weil sie einfach so viel Spaß machen. Mit dem Verkleiden, mit den vielen Freunden aus unserem Business und den vielen Fans. Und ich hatte immer den Eindruck, als hättest auch du ganz viel Spaß dabei. Darum würde es mich freuen, wenn du irgendwann wieder mit machen könntest.“ Von den Partys hatte er auch einige Fotos gesehen. Sich selbst in Kostümen, an die er sich nicht erinnern konnte, teilweise sogar ein bisschen schämte. „Ich erinnere mich noch an dieses weiße Kleid“, sinniert Hyde und schaute leicht verträumt in die Gegend. „Mit Spitze und allem. Sogar passenden Handschuhe und einer langen, weißblonden Perücke. Hattest wie eine Braut damals ausgesehen“, grinste er amüsiert und schob sich eine Gabel voll mit Kuchen in den Mund. Genießend flackerten ihm die Augen zu. Wie lecker das war. Oh, er liebte gutes, leckeres Essen. Währenddessen grübelte Shinya über das Kleid, von dem der Freund gesprochen hatte. Er war sich sicher, dass er sich an ein Foto erinnerte, aber nicht- Ihm wurde leicht schwindelig, weswegen er sich mit einem Arm auf dem Tisch abstützte und sich leicht die Schläfe massierte. „Was hast du?“, kam es besorgt von der anderen Seite des Tisches. „Nichts, es ist nur...“ Der Schwindel wurde ein wenig stärker und sein Blick konnte sich nicht fokussieren. „Ich glaube, ich erinnere mich daran. Ja, an die erste Anprobe, nachdem es fertig war. Und ich schauen wollte, wie ich das Make-up mache. Dann kam Toshiya nach Hause. Vom Einkaufen. Und als er mich sah...“ Verlegen begann der Jüngere zu lachen, hielt die Hand, mit der er sich eben noch massiert hatte, vor den Mund. „Er ist auf die Knie gegangen und meinte 'Ja, ich will.'“ Hyde schluckte des Rest seines Kuchens hinunter und stieg ebenfalls in das Lachen mit ein. „Das sieht ihm ähnlich.“ Mit dem langjährigen Freund so unbeschwert Lachen zu können, ließ einige weitere Lasten von den Schultern des zierlichen Mannes fallen. Nachher, wenn er wieder bei seinen beiden Partnern war, sollte er sich noch einmal bei ihnen dafür bedanken, dass sie ihn hierzu überredet hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)