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Bend, not Broken

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach einigen Verständigungsschwierigkeiten zwischen meinen Rechnern, gibt es hier nun das nächste Kapitel ;) Komplett anzeigen

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Die Wunden der Seelen

„Warum ist er gegangen?“, fragte Shinya, glaubte er die Entschuldigung nicht wirklich. Dafür kannte er den Älteren doch zu gut. Selbst in diesem dämmrigen Zustand merkte er es. Noch immer verwundert betrachtete er Toshiya noch einmal. Im Vergleich zu seiner Erinnerung wirkte er wirklich älter. Und auch geknickter. „War mein Unfall so schwer?“

„Naja, du hast jetzt über einen Monat geschlafen. In erster Linie mit der Hilfe von Medikamenten. Damit du die Schmerzen der kaputten Knochen nicht so mit bekommst. Dein Bein, zum Beispiel, sah echt nicht mehr ganz so aus, wie ein Bein nun mal aussehen sollte. Deine kaputten Rippen haben deine Lunge beschädigt.“

Shinya sah überrumpelt zu seinem Kumpel. „So schlimm?“

„War ja noch nicht alles. Sie haben dich in ein künstliches Koma gelegt. Weil dein Kopf auch etwas abbekommen hat.“ Der Bassist seufzte und blinzelte einige Male seine Tränen weg, während er dem dünnen Mann vor sich den Unterarm tätschelte. „Ich erzähle dir alles ein anderes Mal. Ist, denke ich, alles ein bisschen viel, wenn ich dir das nun erzähle, wo du doch gerade erst wieder aufgewacht bist.“ Kurz war er still, dann stand er auf und meinte: „Ich suche mal eben eine Schwester, um Bescheid zu sagen. Und am Besten schaue ich auch gleich mal nach Kyo. Wer weiß, wo der sich rum treibt.“ Am Liebsten hätte er dem Jüngeren den vertrauten Kuss auf die Stirn oder die Lippen gegeben, doch für den Moment musste er sich das verkneifen. Stattdessen schenkte er ihm ein kleines Lächeln, ehe er sich zur Tür wandte und den Raum verließ. Sobald er draußen war, musste tief durch atmen, um nicht die Fassung zu verlieren. Er hatte einen Teil seiner Liebe verloren. Ganz dringend musste er nun zu Kyo. Ihn trösten, aber gleichzeitig spüren, dass er noch an seiner Seite war. Schnell informierte er eine der Schwestern über das Erwachen des Patienten, verließ dann die Station, den Flügel und schlussendlich das Krankenhaus selbst. Wo war sein geliebtes Monster?

Da vorne. Und es kam auf ihn zu. Augenblicklich war er entspannter. „Suchen wir uns einen ruhigen Ort“, wurde ihm vorgeschlagen, dem er sofort zustimmte. Jetzt musste ihnen nur noch einer einfallen. Schwierig an einem derart öffentlichen Platz. Am Ende entschieden sie sich ganz plump für die Toilette, auf die sie, einer nach dem Anderen verschwanden.

„Das sind die Momente, in denen ich es hasse, dass wir so bekannt sind“, meckerte Toshiya, schlang aber sogleich seine Arme um den Jüngeren und holte sich den so nötigen Kuss, welcher ebenso hungrig erwidert wurde. Sie waren dabei in einem Sumpf zu versinken und hatten nur sich, um sich fest zu halten.

„Warum? Warum nur muss er gerade diese Erinnerungen verlieren?“

Wenn Toshiya das nur wüsste, er würde es seinem Liebsten auf der Stelle erzählen. Tröstend strich er ihm über den Rücken, weinte selbst einige stumme Tränen. Nicht einmal mehr für Kyo konnte er gerade noch den Starken spielen. Hätte er sich vorhin nicht schon so nahe am Boden befunden, hätte er geglaubt, man hätte ihm diesen entrissen.

„All das Warten“, brachte Kyo von Seufzern unterbrochen hervor, „Es war-“

„Aber nicht doch“, unterbrach ihn der Jüngere, kämpfte mit seiner belegten Stimme, „es war nicht ganz umsonst. Wir müssen es einfach... positiv sehen.“

„Wie denn?“ Seine Augen waren schon ganz rot vom Weinen, als er aufsah und seinen Freund so schmerzerfüllt ansah. Beruhigend wurde er geküsst, spürte für einige wenige Augenblicke die vertraute Zunge in seinem Mund. Die, unumstritten, beste Methode, um Kyo zum Schweigen und etwas ruhiger zu kriegen.

Nachdem sie sich voneinander getrennt hatten, strich der Bassist seinem Gegenüber über die Wangen, versuchte sich an einem zuversichtlichen Lächeln.

„Er hat uns nicht ganz vergessen. Stell dir vor, das wäre eingetreten.“ Vehement schüttelte er den Kopf. Nein, das wollte er sich nicht einmal selbst vorstellen. „Und wir haben uns. Glaub mir, alleine würde ich das auch nicht durchstehen.“ Liebevoll fing er die Lippen des Kleineren erneut ein, gab seinen Worten dadurch eine noch stärkere Wirkung. „Und außerdem... in den meisten Fällen kommen die Erinnerungen ja wieder zurück.“

„Also noch mehr Geduld haben?“, fragte der Sänger und man konnte deutlich die Erschöpfung in seiner Stimme vernehmen.

„Nicht aufgeben, Kyo. Vielleicht schaffen wir es sogar, dass er sich erneut in uns verliebt. Wer weiß.“

„Schon vergessen, wie lange wir gebraucht haben, um uns unseren Gefühlen bewusst zu werden? Und sie uns dann auch noch zu gestehen?“

„Na und?Wir haben es einmal geschafft. Wissen, wie diese Art von Beziehung funktioniert.Und zumindest wir beide sind uns den Gefühlen für unsere Partner bewusst. Wir kennen sie. Das sollte es doch wohl einfacher machen.“

„Vermutlich“, lächelte der Ältere leicht und gab sich geschlagen. Wie gut, dass sein Freund so schnell zu seiner optimistischen Einstellung zurück gefunden hatte. Hätte er ihn nicht, wäre er jetzt noch nicht mal annähernd zuversichtlicher. „Danke, Toshiya.“ Ein wenig reckte er sich, um dieses Mal selbst einen Kuss zu initiieren, griff aber auch nach dem Kragen der Jacke, um den Anderen etwas zu sich herunter zu ziehen.

„Gern geschehen“, hörte man es noch flüstern, dann vereinten sich ihre Münder auch schon wieder zu einem sanften Tanz im Wiegeschritt, welcher ihre Herzen weiter besänftigte und ihnen den Mut gab sich dieser Herausforderung stellen zu wollen. Vielleicht war er nicht mehr ihr Partner, doch Shinya war ihnen immer ein Freund gewesen.

Toshiya wandte sich der Tür zu, um vor zu gehen, wurde jedoch aufgehalten. Irgendwie konnte sein Schatz das derzeit recht gut. Verliebt drehte er sich dem Sänger wieder zu, der seine rechte Hand mit seinen beiden umschlungen hatte und an seine Lippen führte. Sanft wurde sie liebkost, ehe Kyo ihm in die Augen sah.

„Ich liebe dich.“

Ein leichter, wohliger Schauer durchlief den Körper der Jüngeren. Immer wieder schön, wenn er dieses Geständnis von ihm hörte. „Ich liebe dich auch“, erwiderte er lächelnd und wiederholte die Geste, die er eben erhalten hatte. „Bis gleich“, verabschiedete er sich mit einem Zwinkern und verließ den Sanitärraum.

Kyo schloss hinter seinem Freund wieder ab. Er brauchte noch einige Momente. Um die Spuren seiner Tränen etwas zu verbergen, warf er sich etwas kühles Wasser ins Gesicht. Als nächstes hob er seinen Hut auf, der bei der Umarmung eben herunter gefallen war. Wenn er den etwas mehr ins Gesicht zog, konnte er seine roten Augen gut verbergen.
 

Während dem Gespräch mit der Ärztin, die ihm wohl erklären wollte, was sein Körper alles hatte durch machen müssen, wollten ihm immer wieder die Augen zu fallen. Dabei war er doch gerade erst aus diesem langen Schlaf aufgewacht. Mehr sorgte er sich allerdings über seine Freunde. Sie hatten eben so traurig ausgesehen. Aber freute man sich denn eigentlich nicht, wenn jemand aus einem Koma erwachte? Obwohl, für einen kleinen Augenblick hatten sie wirklich glücklich ausgesehen. Bis klar wurde, dass er fünf Jahre einfach vergessen hatte. Irgendetwas bedeutsames musste während der Zeit passiert sein. Wenn sie wieder da waren, würde er sie fragen. Und Antworten verlangen.

„Entschuldigung“, unterbrach er die Ärztin, die neben ihrem Gerede noch einige Untersuchungen durchführte. „Können sie mir sagen, wie lange so eine Amnesie anhält?“

„Eto... Bedauerlicherweise ist die Dauer einer Amnesie von Fall zu Fall unterschiedlich. Es besteht die Möglichkeit, dass sie sich bereits in den nächsten Tagen wieder an alles erinnern oder erst in Wochen, Monaten, im schlimmsten Fall vielleicht sogar erst in einem Jahr. Ich kann es Ihnen wirklich nicht sagen.“

Es blieb also nur noch seine Freunde direkt zu fragen. Sie mussten nur auch reden. Dennoch zeigte sich ein breites Lächeln auf seinem Gesicht, als Toshiya herein kam. „Wo ist Kyo?“

„Der kommt gleich. Er ist nur noch eben zur Toilette.“

„Okay.“ Hauptsache er kam wirklich wieder. Aus irgendeinem Grund wollte er Beide in seiner Nähe wissen. Lieber, als irgendwen sonst auf der Welt. „Toshiya... ich fühle mich... gefangen.“

Der Bassist schob sich an der Ärztin und der Krankenschwester, die mit gekommen war, vorbei und setzte sich zu ihm aufs Bett. „Weil dein Körper eine Weile nichts getan hat. Mit ein wenig Training sieht das schon sehr bald ganz anders aus.“ Der Bassist fing an zu lachen. „Ganz ehrlich: Auf genau diese Beschwerde haben Kyo und ich gewartet. Wir kennen doch unseren Freund.“ Sanft tätschelte er die Hand an dem dünnen Arm. „Wir packen das. Wir machen einfach jeden Tag fleißig Sport mit dir und dann fühlst du dich Stück für Stück weniger gefangen.“

Shinya vertraute den Worten des Bassisten. Bereits jetzt fühlte er sich schon etwas leichter.

„Ich bin so froh, dass ihr hier seid.“

Die Ärztin verließ den Raum, war soweit zufrieden mit dem, was sie bei der Untersuchung festgestellt hatte. Die Genesung schritt immer weiter voran und schon bald konnte die Rehabilitation beginnen. Es sprach auch nichts dagegen, dass ihr Patient seine volle Beweglichkeit wiedererlangen würde. Seine Musikerkarriere sollte er also weiter verfolgen können.

„Wo bleibt eigentlich-“ Shinya wurde unterbrochen von der sich wieder öffnenden Tür, durch die der Sänger kam. „Kyo“, beendete der Jüngste seinen Satz und musste wieder einmal lächeln. Er hatte wirklich Angst davor gehabt, ihn heute nicht mehr zu sehen. Je näher der Ältere jedoch kam, umso mehr viel ihm auf, welch Schatten auf seinem Gesicht lag. „Tut mir Leid.“

„Hm?“ Verwundert sahen sich die beiden Männer an.

„Wofür entschuldigst du dich?“

Kyo sprach leise, doch Shinya hörte, dass sie leicht belegt klang. Als wenn sein guter Freund geweint hätte.

„Ich habe wohl etwas sehr Wichtiges vergessen. Und deswegen seid ihr nun traurig. Dafür entschuldige ich mich.“ Betrübt und reumütig schloss er die Augen. Allerdings nicht für lange, denn er spürte mit einem Male etwas Warmes über seinen Kopf streichen. Überrascht öffnete er sie wieder und erkannte, dass es Kyos Hand war, der nun näher an ihm stand und mit einem Lächeln bedachte. So warm es aber auch sein sollte, die Traurigkeit und die geröteten Augen konnte es nicht überspielen.

„Du kannst doch nichts dafür. Du hast dich ja nicht bewusst dazu entschlossen zu vergessen.“

„Ihr könnt mir doch aber auch erzählen, was in den letzten Jahren war. Vielleicht kommen dann die Erinnerungen wieder.“ Irgendetwas mussten sie ihm erzählen. Sie konnten sich doch denken, wie erdrückend und beklemmend dieses Gefühl war es eben nicht zu wissen. „Bitte.“

Seufzend zog sich Kyo einen Stuhl heran, sah noch einmal zu Toshiya. Schien, als würden sie sich durch ihre Blicke absprechen, wer wie viel erzählen sollte.

„Wo fangen wir da nur an?“, grübelte der Bassist für einen Moment. „Beginnen wir bei dem Unfall, der dich her gebracht hat.“

Mit einigen wenigen Sätzen berichteten sie von der Tour und dem Konzert, ehe sie zu dem Erdbeben und den dadurch verursachten Verletzungen kamen.

Shinya schluckte schwer. „Reichlich viele unglückliche Zufälle...“

„Schon.. Irgendwie. Denke auch, dass es besser war, dass du die Heilung verschlafen hast. Gerade gebrochene Rippen sollen tierisch weh tun.“

„Kann sein. Aber wie es jetzt ist...“, seufzte der Jüngste und versuchte seinen Körper zumindest zu kleinen Bewegungen zu bringen.

„Das wird wieder“, sagte Kyo mit sanfter Stimme und legte ihm seine Hand auf den Unterarm. „Und bald kannst du wieder auf allem Möglichen herum trommeln.“

Fasziniert betrachtete Shinya das lächelnde Gesicht seines Freundes. Irgendwie fand er es schön. Was ihn selbst wunderte. Sie kannten sich schließlich schon so lange, aber nie so von ihm gedacht.

Ein Gähnen kam von ihm, was ihm aber mal gar nicht gefiel. Es zeugte von Müdigkeit. Dabei würde er sich viel lieber noch mit seinen Freunden unterhalten. Fünf Jahre boten immerhin reichlich Gesprächsstoff. Erneutes Gähnen.

„Wir lassen dich wohl besser noch ein wenig schlafen. Die Besuchszeit ist eh fast vorbei.“

Toshiya erhob sich von dem Bett und sah zu Kyo, der einverstanden, doch ganz offensichtlich schweren Herzens, nickte.

„Nein, nicht.“

„Keine Angst. Wir kommen morgen wieder.“

„Wie die ganzen letzten Tage und Wochen auch. Immerhin sind wir nur deinetwegen noch hier in dieser Stadt. Um jeden Tag nach dir zu sehen.“

Kyos ruhige Stimme besänftigte die aufkommende Angst in dem Liegenden. Dennoch: „Ich werde mich ziemlich allein fühlen.“

„Sobald du wieder wach bist, sind wir auch fast schon wieder da“, versprach der Sänger. „Der Schlaf wird dir auch gut tun. Und bei Langeweile übst du einfach schon mal.“

Der Jüngste sträubte sich noch immer ein wenig gegen den Gedanken des Alleinseins, aber seine Vernunft sagte ihm, dass sie gehen mussten.

Eine Schwester steckte ihren Kopf durch die Tür, um sie darüber zu informieren, dass sie das Krankenhaus verlassen mussten.

„Wir wissen schon. Mittlerweile kennen wir ja die Zeiten“, grinste Toshiya und wandte sich an Kyo. Schließlich wollte er nicht alleine gehen. Der Andere zögerte noch etwas. Es war, als ob er etwas tun wollte, doch er verbat es sich. Eine weitere Frage, die Shinya gerne beantwortet haben wollte. Aber die hatte wohl bis morgen zu warten.

„Bis morgen“, verabschiedeten sie sich und verließen sein Zimmer.

„Irgendwas verheimlicht ihr mir“, flüsterte Shinya der geschlossenen Tür zu. „Warum tut ihr mir das an?“ Und warum verhielten sie sich so merkwürdig?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Anmerkungen aller Art (Kritik, Lob etc.) ist wie immer gerne gesehen ;)
Hoffe, das Kapitel hat euch zugesagt.
Wir lesen uns beim nächsten ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeeAnn
2016-06-09T20:06:18+00:00 09.06.2016 22:06
Och man immer wenn ich was lese kommt immer ein Unfall mit folgendas ist gemein

Aber ich freu mich aufs nächste Kapitel und ich liebe deinen schreibstil der macht Lust auf mehr 😄

GLG LeeAnn❤
Antwort von:  Cookie-Hunter
12.06.2016 19:28
Sind irgendwie die Lieblingsunglücke von uns Autoren ^^;

Schön, dass dir gefällt was ich schreibe. Motiviert herrlich.
Danke auf jeden Fall fürs Zeit nehmen und Kommentar schreiben :D

GLG auch an dich
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