Joeys steiniger Weg! von Onlyknow3 (Geschunden, Verloren und Aufgefangen) ================================================================================ Kapitel 1: Geschunden und Verloren ---------------------------------- Ein neuer Anfang Es war Ende März und die Nächte waren noch mehr als kühl, so dass man sich nicht ohne Jacke draußen aufhalten sollte. Und doch lag in einer windgeschützten Ecke des kleinen Parks ein junger Mann, leicht zitternd und zusammen gerollt. Wer er war konnte keiner erkennen, dazu war es noch zu dunkel, auch wenn es bereits dämmerte. Die Ecke, in der er gelegen hatte, war von einer niedrigen Mauer umgeben und mit einigen Sammelcontainer für den Müll bestückt. In einer der Mülltonnen hatten mehrere Zeitungen gelegen und von einer nahen Tanne war der Boden mit Nadeln bedeckt. Auf diese hatte der Heranwachsende einige der Zeitungen gelegt, während er sich mit den restlichen notdürftig zugedeckt hatte. Von weitem hörte man eine Kirchturmuhr schlagen und nur langsam regte sich der Junge. Langsam öffnete er seine Augen, löste die Arme aus ihrer Umklammerung, begann den Kopf zudrehen und der Nacken zu strecken. Als ein Schmerz sich durch seinen Körper zog entwich ihm ein Zischen durch die klappernden Zähne. Bestürzt stellte er fest, dass immer noch Blut an seinem Arm herunter lief, als er sich in eine aufrecht sitzende Position stemmte. Ein leichter Rotschimmer zog sich über den dämmrigen Himmel, als er sich langsam umblickte und eine Bank fand, die von den ersten Strahlen der Sonne beschienen wurde. Vorsichtig fuhr sich der Junge durch sein blondes, mit Blut verklebtes Haar, bevor er sich auf seine Knie schob. Die Zeitungen, die ihm als Decke gedient hatten, rutschten von ihm und fielen raschelnd zu Boden. Langsam stand er auf und humpelte auf die einladende Bank zu. Die ersten Sonnenstrahlen wärmten ihn langsam auf und er genoss das Gefühl. Die Wärme tat ihm und seinem Körper mehr als gut. Die dünne Hose hing labbrig an ihm herunter und war an einigen Stellen mit Blutflecken bedeckt. Gedankenlos zog er seinen verletzten Arm über den weichen Hosenstoff, in der stummen Hoffnung das Rinnsal zu stoppen. Die braunen Augen des Jungen spiegelten den Schmerz des Jungens wieder. Ihm tat alles weh. Der Schmerz kam nicht nur durch die in der Kälte verbrachten Nacht, sondern vor allem von der erneuten Prügel seines Vaters. Der Blonde ließ seinen Blick über den Park wandern. Er war oft hier. Zu oft. Doch in letzter Zeit hielt er es zuhause kaum noch aus. Sein stets betrunkener Vater. Die Prügel. All die Demütigungen. Er spürte, wie Gedanken in ihm aufstiegen, von denen er wusste, dass sie zu nichts führen würden.  Wie sehr er seinen Vater doch hasste und sich nichts sehnlichster wünschte als ihn verlassen zu können. Große Erwartungen hatte er nie an seinen Vater gehabt. Vieles hatte er hingenommen und ertragen. Die Prügel. Die Beschimpfungen. Aber nun erwartete sein Vater von ihm, dass er seinen eigenen Körper verkaufte. Anschaffen ging. Wie hatte sein Vater nur so tief sinken können? Immer wieder kam er mit fremden Männer nach Hause, die der Blonde bedienen sollte. Doch nicht mit ihm! Er hatte sich nach Kräften gewehrt. So hatte er sich in der vergangenen Nacht den Schnitt am Arm eingehandelt, als sein Vater ihn mit einer zerbrochenen Bierflasche bändigen und gefügig machen wollte. Zu gerne hätte der Junge einen seiner Freunde um Hilfe gebeten. Aber zuzugeben, was bei ihm zu Hause so lief, dazu fehlte ihm der Mut. Es war schon so absurd, dass ihm das auch niemand glauben würde. Davon war der Halbwüchsige überzeugt. Er spürte die Verzweiflung in sich aufkommen. Doch diese konnte er sich im Augenblick nicht leisten, also versuchte er sich auf andere Gedanken zu bringen. Der Park an sich war nicht sehr groß. Trotzdem konnte man auch hier Stellen finden, an denen man seine Ruhe haben konnte. Man musste sich hier nur ein wenig auskennen. Er war gerne hier! Nicht weit von da, wo er jetzt saß, gab es einen kleinen See. Im Sommer war er hier gern schwimmen gewesen. Daneben befand sich einen Spielplatz, der aber nur selten von Kindern benutzt wurde. Warum wusste er nicht. Rings um den Park mit seiner niedrigen Mauer gab es die verschiedensten Bäume: Eichen, Pappeln, Ahorn, dicht beieinander stehende Kiefern und in dieser Ecke des Parks einige Tannen. Nach Nächten, wie die letzte, kam es nicht selten vor, dass er auf dieser Bank saß. Klar, er hätte zu einem seiner Freunde gehen können. Die hätten ihn sicherlich übernachten lassen. Aber dazu hätte er sich unangenehmen Fragen stellen müssen, die er nicht beantworten wollte. Oder nach einigen Wiederholungen hätten sie sich selbst zusammen gereimt, was bei ihm Zuhause los war. Das war das letzte, was er gewollt hätte. Sie sollten nicht sehen, wie sein Leben in Wirklichkeit war. Er spielte ihnen den stets gutgelaunten, sorgenfreien Chaot vor. Den Klassenclown. Und wenn er seinem Vater wieder einmal blaue Flecken zu verdanken hatte, dann tischte er ihnen eine Geschichte von einer Schlägerei auf. So war es das Beste. Davon war der Blonde überzeugt. Denn würden seine Freunde davon wissen, würden sie auch darüber reden. Dann würden auch andere davon Wind bekommen, in welchen Verhältnissen er lebte. Das war auch etwas, was er nicht wollte. Das bestimmte Personen etwas davon erfuhren. Personen, die schon jetzt auf ihn herab blickten und ihn mit Bezeichnungen wie Köter versahen. Was für Wörter würden sie erst benutzen, wenn sie Einzelheiten aus seinem Leben kannten? Das wollte er nicht heraus finden. Er atmete tief ein und bereute es zugleich, als ein stechender Schmerz ihn durchzog und ihm die Luft wieder aus den Lungen presste. Auch das ist ihm nicht fremd. Aber die Heftigkeit an diesem Morgen ist überraschend. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er Prügel von seinem Vater bezogen hatte. Mit dem Gedanken an seinen Vater konnte er nicht vermeiden, dass Erinnerungen an die letzte Nacht hochkamen. Wie sein verhasste Vater in sein Zimmer kam, begleitet von zwei fremden Männern. Ihn aufforderte sich auszuziehen und die Beine breit zu machen. Der Blonde schüttelte den Kopf und fragte sich zum x-ten Mal, was er machen sollte. Nach Hause konnte er im Moment nicht. Dort würde ihn nur sein Vater erwarten und ihm weitere Prügel, Hass, Verrat und Vergewaltigungen angedeihen lassen. Die Schule fiel auch aus. Nicht das er Bock auf die Lehrer und den Unterricht gehabt hätte. Aber besser als nach Hause zu gehen, wäre es allemal gewesen. Doch dafür hätte er erst nach Hause gehen und seine Schuluniform holen müssen. Das Zähneklappern ließ nach. Die Sonne war höher gestiegen und wärmte jetzt mehr. Doch mit der Wärme kam auch sein Körpergefühl zurück und damit weitere Schmerzen. Wieder blieb sein Blick an der Schnittwunde am Arm hängen. Der Schnitt blutete immer noch. Sein Vater hatte tatsächlich eine Bierflasche zerbrochen, um ihn damit gefügiger zu machen und davon abzuhalten, wegzulaufen. Mit wenig Erfolg! Aber er hatte ihn dennoch mit der scharfen Kante erwischt gehabt. Der Blonde wusste, dass er irgendwann wieder nach Hause musste. Spätestens wenn er von einem Ordnungshüter aufgegriffen wurde und seine Minderjährigkeit festgestellt wurde, würden sie ihn nach Hause bringen. Zurück in diese Hölle. Aber was sollte er machen? Er hatte keine andere Wahl als es hinzunehmen und sein Vater - mit all seiner Widerwärtigkeit - zu ertragen bis er nächstes Jahr 18 werden würde. Oder sein Vater ihn umbrachte. Je nachdem, was früher eintrat. Zu der flachen Atmung kam der Schwindel. Wahrscheinlich kam er durch den Blutverlust und der Tatsache, dass er Freitag das letzte Mal was gegessen hatte. Er hatte sich ein paar Pommes von Tristan's Teller in der Mensa gemopst. Wahrscheinlich würde sein Kreislauf gleich kippen. Doch ein Zusammenbruch war etwas, was er sich auch nicht leisten konnte. Würde jemand ihn finden, würde er ins Krankenhaus kommen. Auch dort warteten unangenehme Fragen. Ganz zu schweigen davon, dass man seinen Vater verständigen würde, der dann wusste, wo er war. Der ihn dann mit nach Hause nehmen würde... in seine ganz private Hölle aus Prügel, Demütigungen und fremde Männer, die seinem Vater den Alkohol bezahlen würden, wenn sie ein wenig Zeit mit dem Blonden verbringen durften. Und in seinem jetzigen Zustand würde er sich nicht wehren können. Wäre hilflos allem ausgeliefert.   Der Blonde blickte auf seine Armbanduhr. Kurz nach sieben an einem Montagmorgen. Er würde sich jetzt normalerweise auf den Weg in die Schule machen, genau wie andere, die an dem Park vorbei kamen. Irgendwie beneidete er die, von deren Leben er auch kaum was wusste, sich aber sicher war, dass es weniger katastrophal verlief als sein eigenes. Von seiner Bank aus, hatte er einen guten Blick auf drei der vier Parkeingänge. Vor ihm in einiger Entfernung der große Haupteingang, an dem Schüler und einige Angestellte vorbei kamen. Der rechte Eingang grenzte schon fast an das Schulgelände der Domino Oberschule, in der sich jetzt nach und nach seine Freunde einfanden. Links der Zugang führte in das Viertel für die Bessergestellten. So, wie es Kaiba war, der dort sein Anwesen hatte und zu dem dieser Park eine praktische Abkürzung war. Woher er das wusste? Mokuba hatte ihn einige Male mit nach Hause genommen, wenn Kaiba mal wieder ins Büro musste und keine Zeit hatte, sich um seinen Bruder zu kümmern. So in Gedanken versunken bemerkte der Halbwüchsige nicht, dass sich jemand ihm genähert hatte. Sicherlich nur jemand, der seinen Arbeitsweg durch den Park abkürzte, kurz seine Nase über den Anblick, den der Blonde bot, rümpfte und dann weitergehen würde. Doch zu seiner Überraschung blieb jemand vor ihm stehen. Teure Buisness-Schuhe war das erste, was dem jungen Mann auffiel, bevor er seinen Blick hob. Anzug, dreiteilig. Teurer Wollmantel und seriöser Wollschal gegen die Frische. Glattrasiertes Gesicht. Blonde Haare sauber nach hinten gekämmt. Irgendwie kam ihm das Gesicht bekannt vor. Aber er konnte es nicht zuordnen. Die wachen, freundlichen Augen musterten ihn ausgiebig. Irgendwie war das dem Blonden nicht geheuer und unangenehm. „Ist was? Habe ich was im Gesicht? Oder wollen sie gleich 'n Passbild von mir?" keifte der Blonde den Fremden an. Doch dieser schmunzelte nur sanftmütig. Was ging denn bei dem jetzt ab? „Kann ich Ihnen helfen?“ fragte der Halbwüchsige mit einer gewissen Unsicherheit in der Stimme. „Du könntest mir sagen, wo ich Joey Wheeler finden kann!“ kam es von seinem Gegenüber zurück. „Warum sollte ich? Bisher hat sich noch nie jemand für ihn interessiert. Außerdem kenne ich Sie nicht und verrate keine Freunde!" konterte Joey, dem das Interesse seines Gegenübers unheimlich war. "Soll ich ihm was ausrichten!? Dann sagen Sie mir zuerst mal, wer Sie sind und was Sie von ihm wollen?" legte er schnell nach und war aufgestanden. Einerseits um etwas Abstand zwischen sich und dem Typen zu bringen. Anderseits um sich einem möglichen Zugriff schneller entziehen zu können, wenn es hart auf hart kam. „Du hast recht, ich sollte mich erst einmal vorstellen.“ kam es höflich von dem Fremden, der aber auch nicht weiter kam, da Joey aus einer anderen Richtung von der Seite angesprochen wurde. "Na Wheeler, den Park mit der Schule verwechselt?" kam es spöttisch von Kaiba, der sich ganz offensichtlich heute Morgen dazu entschieden hatte zu Fuß zur Schule zu gehen. Joey kam es so vor, als hätte das Universum sich gegen ihn verschworen oder wie kam es, dass er gegen aller Wahrscheinlichkeiten hier heute in seinem Zustand auf die Person traf, die er am wenigsten sehen wollte? "Kaiba!" kam es abweisend von Joey, der sich seinem Rivalen zuwandte. Dieser - von Joey Anblick offensichtlich geschockt - blieb wie angewurzelt stehen und musterte ihn. Auf eine Auseinandersetzung, jetzt, hier, in seinem Zustand, hatte Joey keinen Bock. Also ließ er Kaiba mit dem Fremden zusammen stehen und verschwand hinter einigen Bäumen, Richtung See und Spielplatz. Kapitel 2: Kann es noch schlimmer kommen? ----------------------------------------- Seto blickte dem Blonden hinterher und seufzte traurig. Sein Köter war ja wieder in einem erbärmlichen Zustand, doch er würde sich von ihm nicht helfen lassen. Dazu war er zu stur und stolz. Von diesem Gedanken abgelenkt merkte er nicht, wie der Fremde, mit dem Wheeler sich unterhalten hatte, hinter ihn getreten war. Erst als dieser sich räusperte wurde dem jungen CEO die Anwesenheit des anderen bewusst. "Sie... sind Seto Kaiba?" fragte der Fremde prüfend. "Wer will das wissen?" konterte Seto genervt. "Entschuldigen Sie bitte meine Unhöflichkeit. Mein Name ist Johnson, Jack Johnson. CEO von Johnsons Creation Inc. Wir hatten schon geschäftlich miteinander zu tun, auch wenn wir bislang nur telefoniert hatten!" stellte sich der Fremde ihm vor. "Sie sind Jack Johnson?" hakte Seto noch einmal zweifelnd nach. "Ja!" bestätigte der Mann ihm gegenüber und jetzt erkannte er tatsächlich auch dessen Stimme. Sie hatten in der Tat schon einige Male miteinander telefoniert, unter anderem, weil Johnson Creation Inc seinen Sitz in den USA hatte. "Und was wollten Sie von Wheeler?" fragte Seto weiter. "Ich wollte ihn kennenlernen!" gestand Johnson. "Kennenlernen?" kam es nicht verstehend von dem Jungunternehmer. "Ja! Ich hab vor kurzem erfahren, dass er mein Sohn ist." erklärte der Amerikaner. "Soll das ein Witz sein?" fragte der Braunhaarige ungläubig. Doch er Blick seines Geschäftspartner ließ ihn abwinken. Scheinbar kein Witz. "Ich wollte es ihm gerade sagen, als wir..." meinte Johnson schließlich. "... als ich Sie unterbrochen habe!" kam es erkennend von Seto. "Ja!" kam es von dem Älteren, ohne das Seto Ärger oder Unmut aus dessen Stimme hören konnte. "Es tut mir leid, das ich Sie bei dieser wichtigen Angelegenheit gestört habe!" entschuldige sich Seto gepresst. Er war es nicht gewohnt sich bei jemanden entschuldigen zu müssen. Doch hier war es einfach angebracht. "Können Sie mir sagen, wo er wohnt oder ich ihn finden kann?" fragte Johnson schließlich. "Nein, kann ich nicht." kam es abwiegelnd von Seto, "Aber ich mach Ihnen einen Vorschlag: Ich werde Wheeler suchen und sie dann informieren!" "Dafür wäre ich dankbar." kam es von dem Amerikaner, der eine Visitenkarte mit einer inländischen Handynummer hervorzog und Seto reichte. Dann blickte Johnson in die Richtung, in der Wheeler verschwunden war und legte seine Stirn besorgt in Falten. "Er sah nicht sehr gut aus!" "Ja," kam es resigniert von dem Brünetten, "leider in letzter Zeit keine Seltenheit. Und wenn man ihn fragt, was passiert ist kommt nur eine Schwachsinnsstory von irgendeiner obskuren Schlägerei!" "Und seine Freunde glauben das einfach so?" hakte Johnson nach. "Ich mein, dass müsste doch auffallen, wenn er wirklich so oft in einem derartigen Zustand auftaucht!" "Der Kindergarten glaubt nur das, was Wheeler ihnen präsentiert." erklärte Seto mit einer gewissen Bitternis in der Stimme. Dann blickte er zu Johnson. "Woher wissen sie von seinen Freunden?" "Hat nicht jeder Freunde?" kam es schmunzelnd von dem Älteren, bevor er ergänzte: "Als ich von ihm erfuhr hab ich einen Privatdetektiv engagiert, der ihn finden und mir einen Überblick verschaffen sollte." "Aha" kam es tonlos von Seto. Er hielt die Visitenkarte von Johnson hoch und meinte abschließend: "Ich melde mich, wenn ich ihn gefunden habe!" Dann wandte sich der Jungunternehmer um und folgte dem Weg, den zuvor Wheeler genommen hatte. Er hätte es nie zugegeben, aber Seto wusste nur zu gut, wo er Wheeler finden konnte. Irgendwann im letzten Jahr, hatte er den anderen zufällig dort gefunden. Er selbst war hingegangen um ein wenig abzuschalten und einen stressigen Tag im Büro hinter sich zu lassen. Von da an hatte Seto öfters auf dem Spielplatz vorbei geschaut und festgestellt, dass Wheeler immer dann dort war, wenn er sich von einer seiner erfundenen 'Schlägerei' erholen musste und scheinbar kein Bock auf den Kindergarten hatte. Und tatsächlich fand Seto Wheeler genau dort, wo er ihn erwartet hatte. Der Blonde saß auf einer Schaukel, hielt sich an der Kette der Aufhängung fest, als würde er sich sonst nicht auf der Sitzfläche halten können und wirkte verloren. Der Jungunternehmer versucht erst gar nicht leise an Wheeler heran zu treten. Bei dem Steinweg wäre das auch schwierig gewesen. Dennoch schien ihn Wheeler nicht zu bemerken. Scheinbar war dieser mit seinen Gedanken meilenweit entfernt. Erst als sich Seto direkt vor ihn stellte und ihm vorsichtig ins Gesicht pustete kehrte Wheeler aus seiner Gedankenwelt in die reale zurück. „Was willst du hier? Noch mehr dumme Sprüche loswerden?" fragte Wheeler ihn müde, bevor er seinen Blick hob und ihn mit seinen braunen, traurigen Hundeaugen anblickte. „Nein, Joey! Ich wollte nur mit dir reden!" kam es in einer ungewohnten Sanftheit von Seto, dem erst jetzt auffiel, dass er den anderen beim Vornamen genannt hatte. Doch Wheeler war so neben der Spur, dass er das nicht mal bemerkt hatte. Seto setzte sich auf die zweite Schaukel. "Der Mann da vorhin," begann Seto. „Was ist mit dem?“ fragte Wheeler. „Er möchte mit dir sprechen. Ich hab euch leider vorhin unterbrochen, aber er versicherte mir das es wichtig sei.“ erklärte der CEO. „Was kann der schon wollen?“ wiegelte Wheeler ab. „Frag ihn! Ich hab seine Nummer und er wartet auf einen Anruf.“ offenbarte Seto ihm. „Ich weiß nicht... warum sollte ich einen mir völlig Fremden anrufen?" kam es leise von Wheeler. „Vielleicht, weil er die Möglichkeit hat, um dir zu helfen!?" wandte Seto ein. „Joey, komm schon! Was kann es schaden mit dem Mann zu reden? Wir können zu mir gehen, da kannst du duschen, dich frisch machen, etwas essen und mit dem Typen auf neutralem Boden reden." Wheeler nickte nur. Es musste ihm wirklich schlecht gehen, wenn er so gar keine Gegenwehr oder zumindest einen lockeren Spruch brachte. Seto zog sein Smartphone aus der Tasche, führte rasch zwei kurze Telefonate und wartete dann darauf, dass Wheeler aufstand. Das tat er. Langsam. Kraftlos. Erschöpft. Seto führte ihn zum Ausgang des Parks. In der Ferne schlug die Kirchturmuhr erneut. Es war bereits nach acht Uhr. Am Parkausgang wartete bereit Seto's Limousine, deren Tür von Roland geöffnet wurde. Kapitel 3: Was kommt noch? -------------------------- Als Joey in den Wagen einstieg blickte er sich unsicher um. Es war das erste Mal, dass er in so einem Wagen mitgenommen wurde. Aber was ihn wirklich verunsicherte waren die weißen Polster, auf denen man jeden Fleck sofort sehen würde. Und er... nun ja... er war total verdreckt von der Nacht im Park, dem Blut aus seinen Platz- und Schnittwunden. Kaiba würde ihn die Reinigung, die notwendig sein würde, sicherlich in Rechnung stellen. Daher nahm er nur auf der vorderen Kante der Rückbank Platz, was sich als Fehler herausstellen würde. Denn als der Fahrer plötzlich bremsen musste fiel Joey nach vorne auf den Boden des geräumigen Wagens. Durch das Abfangen des Sturz mit den Händen platzte die Schnittwunde wieder auf und begann von neuem zu bluten. Noch ehe er reagieren konnte wurde er von Kaiba schon am Arm gepackt, der ihm wieder aufhelfen wollte, aber nur eine Welle von Schmerzen auslöste, die von der aufgeplatzten Schnittwunde aus seinen Körper flutete. Kaiba ließ ihn los, half ihm etwas sanfter auf die Rückbank zurück und zog erneut sein Smarthphone, um ein weiteres Telefonat zu führen. Sicherlich wichtige Geschäfte oder so. Der Wagen wurde langsamer, bog in eine Auffahrt ein und kam schließlich nach einem weiteren Moment zum Stehen. Kaiba stieg zuerst aus und hielt ihm helfend die Hand hin. Wie gern hätte er diese ausgeschlagen, aber Joey wusste, dass er sich das jetzt nicht leisten konnte. Der Schwindel hatte zugenommen und ihm fiel es immer schwer seinen Blick zu fokussieren. Als Joey den Wagen verlassen hatte und endlich stand erkannte er den Fremden, der vor der großen Haustür stand und dort offensichtlich auf sie gewartet hatte. Er kannte ihn nicht und beäugte ihn misstrauisch und dennoch... war da ein Wiedererkennungsgefühl in ihm. Als ob er diesen Typen vorher schon mal gesehen hatte. Erst jetzt bemerkte er, dass Kaiba ihn stützte und festhielt. War vielleicht auch besser so, denn Joey konnte nicht mit Sicherheit behaupten, dass er ohne diese Hilfe stehen bleiben würde. Langsam ließ er sich in das Haus leiten. Sie hatten das Haus kaum betreten, als er Kaiba's Stimme wie aus großer Ferne hörte: „Alles klar mit dir, Joey?“ Doch ehe er antworten konnte wurde alles schwarz um ihn herum und er hatte das Gefühl zu fliegen. Als Wheeler wegsackte war ich froh, dass ich ihn ohnehin schon gestützt hatte. So ersparte er sich einen Sturz auf den kalten, harten Steinboden der Eingangshalle des großen Hauses. Roland eilte helfend herbei, nahm Wheeler auf den Arm und brachte ihn zu einem der Gästezimmer. Seto war froh, dass er schon im Auto eine gewisse Ahnung gehabt hatte und vorsorglich sein Hausarzt angerufen hatte. Der sollte jeden Moment hier eintreffen und sich dann um Wheeler kümmern. Seto lotste Johnson in die Lounge. Er hatte diesen Raum extra für den Empfang von Geschäftspartner herrichten lassen. Daher wirkte er wie die Lounge eines Altherrenclubs. Doch Johnson war die Anspannung und Sorge um Wheeler ins Gesicht geschrieben und konnte der Einladung, sich auf die edle Chestfield Ledergarnitur zu setzen, nicht folgen. Keine Minute später läutete es und der Arzt traf ein. Er bekam von Seto den Weg gewiesen. Als sie das Gästezimmer erreichten wie der Jungunternehmer seine rechte Hand an sich um Johnson zu kümmern, während er hier bleiben würde. Sofort folgte Roland der Anweisung seines Arbeitsgeber und verließ das Gästezimmer. Ihm war noch nie wirklich aufgefallen, wie schmächtig der Blonde in Wirklichkeit war, dessen Hautfarbe sich kaum vom weißen Laken abhob. Mit Argusaugen verfolgte er jede Handbewegung des Arztes. Dieser untersuchte den Blonden sehr gewissenhaft, versorgte die Verletzungen, spritzte ihm zwei, drei Medikamente und wandte sich dann an Seto. "Von Schweigepflicht und so brauch ich nicht erst anfangen, oder?" fragte der Arzt eher im Scherz und Seto bedachte ihn mit einem strengen, skeptischen Blick. "Der junge Mann hat zwei gebrochene Rippen, eine angeknackste. Überall Hämatome1. Eine ziemlich üble Schnittwunde, die ich mit 13 Stichen nähen musste. Er ist unterernährt, hat Mangelerscheinungen und einiges an Blut verloren!" zählte der Arzt in seiner ruhigen Art auf. "Er gehört in ein Krankenhaus mit Vollzeitbetreuung und der, dem er das zu verdanken hat, verdient einen Aufenthalt in einer eingezäunten Einrichtung auf staatliche Kosten." "Kann man das Krankenhaus nicht irgendwie umgehen?" fragte Seto besorgt nach. "Natürlich kann man es umgehen, aber das senkt die Genesungschancen und wäre nicht im Sinne des Patienten!" antwortete der Hausarzt. "Die im Krankenhaus würden das melden und seinen Vater informieren!" erklärte Seto, dem schon lange klar war, wem Wheeler seine wiederholten Verletzungen und zahlreichen Blutergüsse zu verdanken hatte. "Und das wäre falsch?" hakte der Arzt nicht verstehend nach. "Da sein Vater für seinen Zustand verantwortlich ist, ja!" erwiderte Seto angespannt. "Verstehe!" kam es erkennenden von dem Mann, den Seto schon Jahre lang kannte. "Okay, ich werde ihn an eine Nährstoffinfusion hängen und zwei Mal täglich vorbei schauen, aber sollte sich der Zustand nicht bald bessern oder gar verschlimmern, werde ich ihn einweisen!" knickte der ältere Mann schließlich ein, während er alles notwendige aus seiner Tasche zog und einen Zugang legte. "Danke!" kam es von Seto. Noch so ein Wort, dass er normalerweise nicht benutzte. Als sein Hausarzt mit der Versorgung fertig war stand er auf, reichte dem Jungunternehmer die Hand und verabschiedete sich. Als Seto ihn zur Tür brachte stand bereits Roland bereit, der Seto kurz und knapp darüber informierte, dass Johnson zurück in sein Hotel gefahren sei. Dann brachte Roland den Arzt zur Haustür, während Seto bei Wheeler... nein... Joey blieb. Es war kurz nach drei als es an der Tür zum Gästezimmer klopfte. Seto stand aus dem Stuhl, in dem er seit heute Morgen gesessen hatte auf und ging zur Tür. Er öffnete sie leise und schwarze Haare drängten sich durch den entstehenden Spalt. Mokuba! Mokuba, der ihn mit traurigen, grauen Augen anblickte und versuchte an ihm vorbei zu schielen. Scheinbar hatte Roland den jüngeren Kaiba ins Bild gesetzt. "Was ist mit Joey?" erkundigt sich der Schwarzhaarige. Seto trat beiseite und ließ seinen Bruder herein. Jetzt konnte er den bewusstlosen Blonden sehen, der im Bett lag und sich immer weniger farblich von dem Laken abhob. Irgendwann im Laufe des Vormittags hatte Seto beschlossen dem Blonden das Blut aus dem Haar zu waschen und ihm einen Pyjama anzuziehen. Die Klamotten, die der andere am Körper getragen hatte verdienten kaum noch diese Bezeichnung. "Er schläft!" war Seto's ruhige Antwort. "Ich hab vorhin die anderen gesehen. Die machen sich alle tierisch Sorgen, weil er heute nicht in der Schule war!" erzählte ihm Mokuba. "Dann scheinen sie doch nicht so begriffsstutzig zu sein, wie man allgemein denken könnte!" kam es mit einer vor Sarkasmus triefenden Stimme vom älteren Kaiba. "W...wird er wieder gesund?" fragte Mokuba mit Angst in der Stimme. "Da bin ich mir ganz sicher... denk nicht, dass sich der Köter von ein paar blauen Flecken unterkriegen lässt!" kam es von Seto, der absichtlich normal abfällig über Joey gesprochen hatte, um seinem Bruder die Angst zu nehmen. Er konnte viel ertragen: Stress! Einsamkeit! Schmerzen! Aber wenn sein kleiner Bruder bedrückt, deprimiert oder gar ängstlich war, dann musste Seto alles tun, um ihn aufzumuntern oder ihm die Angst zu nehmen. "Seto!" kam es sofort tadelnd von dem Dunkelhaarigen, der sich abwandte und das Gästezimmer verließ! "Ich werde den anderen Bescheid geben!" Kapitel 4: Was ist da passiert? ------------------------------- Yugi saß mit seinen Freunden im Wohnzimmer seines Großvaters. Sie alle machten sich Sorgen um Joey, der heute gar nicht in der Schule gewesen war. Das der Blonde öfters mal keinen Bock auf den Unterricht hatte, war nichts neues. Aber meist schwänzte er nur Stundenweise oder war dennoch auf dem Schulgelände. Doch heute war er nirgends zu finden gewesen. Die Stimmung war daher eher betrübt und gedämpft, obwohl sie eigentlich etwas zu feiern hatten. Alle hatten eine große Prüfung bestanden, doch ohne Joey fühlten sie sich nicht vollständig. Also saßen sie hier beisammen, machten Hausaufgaben oder lernten für eine der zahlreichen Klausuren, die vor dem Schuljahresende noch offen standen, als Yugis Handy sich meldete. Schon am Klingelton erkannte Yugi, dass Mokuba anrief. Eilig angelte er nach seinem Telefon und nahm das Gespräch an. "Hey Mokuba, was gibt es? Alles okay bei dir?" fragte Yugi. "Ja, bei mir schon... aber ich hab Joey gefunden!" kam es von Mokuba. "Du hast Joey gefunden?" Yugi sah, wie die anderen aufhorchten, ihre Stiften hinlegte und ihre gesamte Aufmerksamkeit auf ihn und das Telefonat richteten. "Er... er ist hier... es geht ihm nicht gut! ABER er wird wieder gesund werden!" erklärte Mokuba, wobei er anfangs noch recht stockend mit der Sprache rausrückten und dann immer schneller wurde. "Was ist denn passiert?" hakte Yugi sofort nach. "Keine Ahnung! Er ist total blass und schläft gerade. Seto ist bei ihm!" antwortete der Jüngere sofort. "Wir kommen sofort rü..." wollte Yugi ankündigen, als Mokuba ihm ins Wort fiel. "Yugi, Moment! Joey sieht ziemlich mitgenommen und erschöpft aus... jetzt rüber zu kommen hat keinen Sinn. Aber sobald er wach ist ruf ich euch an und dann könnt ihr kommen... okay?" erklärte der jüngere Kaiba. Yugi fand es manchmal erschreckend, wie weitsichtig der Zwölfjährige sein konnte. Aber alles in allem hatte er auch recht. Ob sie nun hier, bei ihm im Wohnzimmer oder in der Villa herum saßen machte keinen großen Unterschied. "Hm... okay!" stimmte er dem Vorschlag schließlich zu. "Bis später dann!" verabschiedete sich Mokuba und legte dann auf. Noch einen Moment stand Yugi nur so da, bevor er sein Telefon weglegte. "Hey Yug... komm schon, was ist mit Joey?" kam es schließlich von Tristan, der die Spannung scheinbar nicht länger aushielt und sich um seinen besten Freund sorgte. "Er ist bei Kaiba... es geht ihm nicht gut, wird aber wieder gesund werden!" gab Yugi die Informationen, die er vom jüngeren Kaiba erhalten hatte, an seine Freunde weiter. "Worauf warten wir dann noch?" kam es von Tristan, der bereits aufstand und alles zusammen packte. "Mokuba meinte, Joey würde im Moment schlafen. Aber er meldet sich, sobald er wach wird!" erklärte Yugi dem Braunhaarigen. Dieser ließ sich langsam wieder an den Kaffeetisch sinken.  Mokuba legte sein Smartphone weg und ließ die Schultern sinken. Als er von seinem Schreibtisch aufstand und sich zu seinem Zimmer wandte fuhr der Schreck in ihn herein. Im Türrahmen stand Seto mit verschränkten Armen. "Du hast Yugi über Joey informiert?“ fragte sein älterer Bruder. „Ja! War das verkehrt?“ fragte der Jüngere unsicher.  „Nein! Dann muss ich es nicht machen.“ erwiderte der Ältere, der zu ihm kam und sanft eine Strähne aus dem Gesicht nach hinten strich. "Was hat Joey?" fragte Mokuba behutsam. "Er ist in eine Prügelei geraten!" erklärte Seto. "Genauer weiß ich das auch nicht. Unser Arzt war schon da und hat ihn versorgt. Er braucht jetzt vor allem Ruhe!" "Hm... verstehe..." kam es wieder verunsichert von Mokuba. "Wenn er später wach ist, hab ich den anderen versprochen, dass sie ihn besuchen können!" Kapitel 5: Noch mehr Sorgen um Joey ----------------------------------- Ein lautes Scheppern unterbrach ihr Gespräch und beide verließen eilig Mokuba's Zimmer und liefen zurück zum Gästezimmer, in dem Seto Joey einquartiert hatte. Als sie durch die Tür kamen blieb den beiden Brüder fast das Herz stehen. Joey lag sich krümmend im Bett. Der Pyjama klebte schweißnass an ihm. Immer wieder stöhnte der Blonde und wiederholte kaum verständlich die gleichen Worte: "Nein, nicht! Hör auf! Bitte! Lass mich! Nicht schlagen. Ich will das nicht. Geht weg. Nein! NEIN!" Joey schrie laut auf, schlug trotz Bewusstlosigkeit wild mit den Armen um sich, bis er wieder schwer atmend in sich zusammensackte und kraftlos liegen blieb. Doch immer noch schien ihn sein Albtraum zu quälen. Sofort hatte Seto sein Smartphone zur Hand und wählte die Nummer seines Arztes. Mit knappen, sachlichen Worten setzte er ihn in Kenntnis von den Geschehnissen. Nachdem er das Gespräch beendet hatte schickte Seto Mokuba zur Haustür. Er sollte vorne auf den Arzt warten und ihm dann öffnen. Doch in Wahrheit wollte Seto vermeiden, dass Mokuba noch einmal einen solchen Anfall miterleben musste. Falls dieser sich nochmal wiederholte. Als Mokuba das Zimmer verlassen hatte setzte sich Seto zu Joey auf die Bettkante. Er wollte dem Blonden einige Strähne von der Stirn streichen, die dort klebten. Die Stirn glühte regelrecht. Scheinbar war es Joey nicht erspart geblieben Fieber zu bekommen. Seto wusste, was das bedeutete: Sein Hausarzt würde Joey ins Krankenhaus einweisen! Ein Klopfen riss Seto aus seinen traurigen Gedanken und noch ehe er auf das Klopfen reagieren konnte kam bereits sein Arzt herein. Er stand von der Bettkante auf, während der Arzt näher kam und seine Tasche öffnete. Mokuba stand in der Tür. Seto wollte nicht, dass sein jüngerer Bruder das Ausmaß von Joey's Verletzungen sah, strich dem Schwarzhaarigen sanft über die Wange und schickte ihn dann in die Halle, bevor er die Zimmertür schloss. Der Arzt untersuchte Joey noch einmal gründlich, stets unter dem wachsamen Auge Setos, der alles genau verfolgte. Als der Mediziner seine erneute Untersuchung abgeschlossen hatte nahm er sein Telefon zur Hand und orderte den Krankentransport. Ohne eine weitere Diskussion wurde Joey ins Krankenhaus gebracht. Seto hatte veranlasst, dass der Blonde in ein Privatzimmer kam und hatte Roland angewiesen einen Bodyguard zu besorgen, der vor allem Wheeler Senior den Zugang zu seinem Sohn verwehren sollte. Während Seto Joey im Krankenwagen begleitete hatte Mokuba in der Zwischenzeit Yugi und die anderen von den neusten Entwicklungen informiert. Als der Kindergarten schließlich im Krankenhaus aufschlugen wurden sie von Seto bereits erwartet. Er wollte wie immer wirken, aber man sah ihm deutlich an, das er mitgenommen war. Darüber hinwegtäuschend wollte er die Situation rund um Joey sachlich und kompetent erklären. Doch das Problem war, dass er selbst nicht alles verstanden hatte. Fakt war, dass Joey geschwächt und verletzt war. Daraus war eine Infektion entstanden. Diese Infektion führte zu Fieber, das so hoch wurde, dass die Ärzte keine Alternative mehr sahen, als Joey in ein künstliches Koma zu versetzen. Dadurch erhofften sie sich, dass sein Körper die Ruhe bekam, die er benötigte, um zu heilen, neue Kraft aufzubauen und schließlich gesund zu werden. Während der Dauer des künstlichen Tiefschlafes würde der Blonde auf der Intensivstation unter strenger Beobachtung liegen. Kapitel 6: Immer noch ein Traum ------------------------------- Kapitel 06 - Immer noch im Traum? In den folgenden zwei Wochen verging kein Tag, an dem nicht mindestens einer von Joey's Freunden bei ihm war. Nur Seto vermied es tunlich tagsüber bei Joey zu sein. Nach außen gab er sich wie immer. Desinteressiert an Joey und dessen Zustandes. Offen zuzugeben, dass er mehr für den Köter empfand, als er sich selbst lange eingestehen wollte, konnte er einfach nicht. Und er hatte keinen Bock auf den Kindergarten und ihren Infantilismus. Er war kein Cheerleader und würde niemals dazu gehören. Doch wenn es draußen dunkel wurde, die Besuchszeit endete und die anderen nach Hause gegangen waren kam Seto ins Krankenhaus und setzte sich neben den Blonden. Sein Sonderrecht die Besuchszeiten ignorieren zu dürfen hatte ihn nur eine anonyme Spende für einen neuen Kinderkrankenhausflügel gekostet. Nachdem sich das Fieber gelegt hatte und ein Rückfall ausgeschlossen werden konnte beschlossen die Ärzte die Medikamenten, die Joey im Tiefschlaf hielten, abzusetzen und den Blonden erwachen zu lassen. Doch das tat er einfach nicht. Es schien fast so, als würde Joey sich weigern aufzuwachen und in sein bisheriges, trauriges Leben zurück zu kehren. Und so vergingen weitere zwei Wochen, in denen Joey dalag, nicht aufwachte und vom Krankenhaus mit allem notwendigen versorgt wurde. Mittlerweile war Joey in das Privatpatientenzimmer umgezogen, in dem er von Anfang hätte liegen sollen. Das bot eine gewisse Ruhe und Privatsphäre, sowie Schutz. Nicht das man Wheeler Senior in den letzten vier Wochen hatte ausfindig machen können. Das traurige Abziehbild eines Vaters hatte seinen Sohn nicht einmal als vermisst gemeldet. Mokuba erzählte Seto täglich davon, was Joey's Freunde sich wieder ausgedacht hatten, um den Blonden aus dem Koma zu holen. Von den Gesprächen, der ganzen Musik, wie sie das Zimmer dekoriert und umgestaltet hätten, damit es nicht ganz so trist und steril wirkte, wenn Joey aufwachen würde. Nachdem er Mokuba ins Bett gebracht hatte fuhr Seto, wie an jedem Abend in den letzten vier Wochen, wieder ins Krankenhaus. Seit Joey im Privatzimmer untergebracht war sprach Seto mit dem Blonden. Viel mehr, als vor dem Koma. Auch über seine Gefühle zu ihm. Seto wusste nicht warum. Er hatte einfach das Bedürfnis dem Köter davon zu erzählen. Das dieser nach seinem Erwachen noch etwas davon wusste, dass schloss Seto aus. Nichts destotrotz saß Seto hier, auf der Bettkante und erzählte Joey vom neusten Einfall des Kindergartens, der Joey motivierten sollte aus dem Koma zu erwachen. Als ob man von außen wirklich Einfluss auf diesen Zustand nehmen könnte. Jedenfalls hatte Yugi mit Serenity gesprochen. Am Ende waren sie überein gekommen, dass Serentiy und Johnson - der mittlerweile in die USA zurück gekehrt war - am nächsten Tag wieder nach Japan fliegen würden. In der stummen Hoffnung, dass würde Joey aus dem Koma locken. Infantilismus pur! Seto schüttelte kurz den Kopf. Gerade als Seto sich für diesen Besuch verabschieden und aufstehen wollte spürte er plötzlich Joey's Hand, die nach seiner gegriffen hatte und ihn festhielt. Erschrocken blickte Seto in die bernsteinfarbenden Augen des Blonden, die nach so langer Zeit endlich wieder offen waren. "Seto?" kam es schwach und kaum hörbar von dem Blonden. Seto betätigte den Schwesterruf und ließ den behandelnde Arzt rufen. Es dauerte fast eine dreiviertel Stunde, bis der Arzt herein kam. Scheinbar hatte er keine Nachtschicht gehabt und musste erst von Zuhause in die Klinik fahren. Dem Arzt war die Erleichterung über das Erwachen des Jungen deutlich anzusehen. Dann bat der Arzt Seto vor der Tür zu warten. Doch Joey hielt immer noch Seto's Hand fest. Man sollte es nicht meinen, aber der Blonde hatte Kraft in der Hand. Also blieb Seto sitzen. Nach einer gründlichen Untersuchung und dem entfernen des Katheders verließ der Arzt das Zimmer wieder, vermutlich um das Krankenblatt auf den neusten Stand zu bringen. Nun waren Seto und Joey wieder alleine. Seto nahm die Kanne mit Wasser auf dem Nachttisch und goss ein wenig in das bereit stehende Glas. Vorsichtig reichte er es Joey, der es kaum allein halten konnte. Also half Seto ihm. Gierig leerte Joey das Glas. "Wie... fühlst du dich?" brachte Seto schließlich heraus. "Weiß nicht!" kam es von Joey. "Irgendwie groggy!" "Hast du Schmerzen?" hakte Seto nach. "Ne, keine Schmerzen..." kam es leise von Joey, der sich nun zum ersten Mal umblickte und zu bemerken schien, wo er war. "Ich bin im Krankenhaus? "Ja, ließ sich nicht vermeiden!" erklärte Seto. Auf einmal kam Hektik in den Blonden, als er begann an den Kabeln zu zupfen, die immer noch seine Vitalwerte überwachten. "Hey, hey... mach langsam! Was tust du denn da?" fragte Seto sanft, während er Joey daran hinderte sich den Zentralzugang rauszuziehen. "Ich... muss hier weg... will raus aus dem Krankenhaus... fühl mich, als hätt ich Wochen hier drin gelegen!" kam es abgehakt von dem Blonden. "Das kommt daher, das du das hast!" offenbarte Seto ihm schließlich. "Was?" kam es schockiert von Joey. "Joey... du hast fast vier Wochen im Koma gelegen! Wir... wir dachten schon, du würdest nie mehr aufwachen!" berichtete Seto behutsam. Joey ließ sich wieder in das Kissen nieder. Das war etwas, was er erst verdauen musste, schätzte Seto. Dann kam wieder Bewegung in den Anderen. "Egal, ich muss trotzdem hier raus... kann mir das gar nicht leisten, so lange hier zu bleiben!" kam es von dem Blonden. "Keine Sorgen! Die Kosten wurden bereits übernommen!" erklärte Seto. "Was? Nein! Ich will deine Almosen nicht!" konterte Joey und irgendwie tat Seto diese Reaktion weh. "Sind nicht von mir!" kam es bedächtig von Seto. "Nicht?" kam es nun von Joey etwas enttäuscht. Eine Stille entstand und Joey schien schwer damit beschäftigt zu sein seinen Zeitverlust auf die Reihe zu bekommen. "Joey?" kam es schließlich wieder von Seto. "Hm?" war die einzige Reaktion des Blonden. "Dein Vater hat dir das alles angetan oder?" fragte der junge CEO direkt und ohne Beschönigung. Verlegen wandte Joey den Blick ab. "Warum bist du nicht zu mir gekommen, als es so schlimm mit deinem Vater geworden ist?" "Gerade zu dir? Wo dir doch außer deiner Firma und dein kleiner Bruder nichts wichtig ist und du dich sonst um niemanden kümmerst... Warum hätte ich zu dir kommen sollen? Damit du neuen Zündstoff für deine Häme und deine Verachtung für mich bekommst?" fuhr ihn Joey so heftig, wie es sein momentaner Gesundheitszustand zuließ, an. Prompt war er außer Atem, aber seine Antwort hatte es auch gehörig in sich gehabt. Doch trotz der harten Worte hielt Joey Seto's Hand weiterhin fest. Dieser stand auf und für einen Moment konnte der CEO die Angst in den Augen des anderen sehen. Die Angst, dass er jetzt einfach gehen würde. Doch Seto wollte ihn nicht alleine lassen. Im Gegenteil! "Joey, es tut mir leid! Ich habe nie ernst gemeint, was ich dir so alles an den Kopf geworfen habe. Ich weiß, hinterher kann man so etwas leicht behaupten. Aber... in Wahrheit hab ich dich beneidet! Ich hab dich um deine Freunde beneidet und dein scheinbar so freies und sorgenfreies Leben. Das du immer über dem standest, was man dir an den Kopf geworfen hat, egal wer dir was wie an den Kopf geworfen hat!" Dann musste Seto kurz eine Pause einlegen. Joey blickte ihn geschockt an. Dann setzte Seto erneut an. "Ich hab versucht, dich mit all den Bezeichnungen auf Abstand zu halten, um mir selbst nicht eingestehen zu müssen, dass ich dich.. wirklich sehr mag... mehr als nur mögen..." Seto verstand sich selbst nicht mehr. Klar, er hatte die letzten Wochen viel mit Joey über seine eigenen Gefühle gesprochen gehabt. Aber eigentlich hatte der junge CEO erwartet, dass das Bedürfnis, Joey - wenn dieser aufwachen würde - die Wahrheit zu sagen, abflauen würde. Und nun sprach er offen über das, was er für sich behalten wollte. Kapitel 7: Wiedersehen macht Freude - oder nicht? ------------------------------------------------- Kapitel 07 - Wiedersehn macht Freude - oder nicht? Joey wusste gar nicht wie ihm geschah. Er konnte sein Gegenüber nur ungläubig anstarren. Hatte der großartige, geniale, 'ich-bin-besser-als-ihr-alle-zusammen' Kaiba ihm gerade seine Liebe gestanden? Wahrscheinlich lag er immer noch im Koma und träumte das alles hier nur. Träumte man im Koma überhaupt? Egal... es konnte gar nicht angehen, dass Joey geheimster Wunsch so offen und unmittelbar in Erfüllung ging. Das konnte gar nicht wahr sein. Sicherlich war dieses Geständnis Teil eines gemeinen Plans ihn mal wieder bloß zu stellen... aber was, wenn nicht!? Wenn Seto das wirklich ernst meinte... er sah zumindest so aus, als hätte er es ehrlich gemeint. Und für den talentierten Mr. CEO, der sonst so gar kein Talent dafür hatte mit den eigenen Gefühlen umzugehen oder überhaupt zuzulassen, stellte das schon einen gewaltigen Kraftakt dar. "Auf so eine Verarsche würdest du jetzt meine Faust kassieren... aber irgendwie... will ich glauben, dass du das ehrlich meinst! Von daher... okay! Entschuldigung angenommen... aber alles andere... dafür brauch ich Zeit! Solltest du mich aber noch mal so von oben herab behandeln, dann wirst du mich nie wieder sehen!" kam es leise von Joey, dem man die Anstrengung deutlich ansehen konnte. Seto nickte ihm zu und schien zu begreifen, dass er nicht mehr verlangen konnte. Dann nahm er wieder auf der Bettkante Platz. Nach wie vor hielt Joey Seto's Hand. Der Brünette hatte begonnen sanft über seinen Handrücken zu streichen und irgendwie fand Joey das eine schöne Geste. Und mit diesem Gedanken dämmerte der Blonde weg, bis er wieder eingeschlafen war. Als er wieder wach wurde war es draußen bereits hell und die Frühlingssonne schien in sein Zimmer. Erst jetzt sah er, wie seine Freunde sein Zimmer hergerichtet hatte und war zu Tränen gerührt. Seine Freunde! Hieß das, sie wussten was gewesen war? Nein! Woher auch? Dann drängte sich das Bild seines Vaters vor sein geistiges Auge. Oh nein! Hoffentlich waren seine Freunde nicht auf ihn getroffen und der Alte hatte etwas preis gegeben, was Joey so mühevoll verborgen hatte. Und dann spürte der Blonde wieder den Drang in sich aufzusteigen, dass er hier weg musste. Er hatte kein Bock auf seinen alten Herrn zu treffen und von ihm mitgenommen zu werden. Also fing er wieder damit an die Kabel von sich zu zupfen. "Hey, ich dachte, dass hätten wir überwunden?" kam es besorgt von Seto, der seine Hände festhielt und ihn daran hinderte, sich zu befreien. "W... was machst du hier?" kam es verwundert von dem Blonden. "Dich dran hindern, etwas dummes zu tun!" war die ehrliche Antwort des Jungunternehmers. "Warst du etwa die ganze Nacht hier?" fragte Joey zögerlich. "Ja!" war die schlichte Antwort seines Gegenübers. "Warum?" hakte Joey unsicher nach. "Ich... wollte nicht gehen und dich alleine lassen!" antwortete Seto. Damit hatte der Blonde nicht gerechnet und war etwas baff. Er hatte gedachte, dass Seto gegangen wäre, als er eingeschlafen gewesen war. "Warum willst du immer wieder aus dem Krankenhaus fliehen?" fragte Seto sanft nach. "Wer sagt das ich fliehen will?" wich Joey aus. "Joey..." kam es mit tadelndem Unterton von Seto. "Ich will meinem Alten nicht in die Hände fallen!" kam es schließlich gepresst von Joey. Wieso offenbarte er das, was er vor allen anderen unter allen Umständen geheim halten wollte? Der Blonde verstand sich selbst nicht mehr. "Hm... der hat sich in vier Wochen nicht einmal blicken lassen!" erläuterte Seto, "Daher geh ich nicht davon aus, dass er sich ausgerechnet heute hier blicken lässt!" "Echt?" kam es ungläubig von Joey. Er wusste ja, dass sein Vater ihn hasste, sonst würde er ihm nicht all den Scheiß antun. Aber die Erkenntnis, dass es seinem Vater gleichgültig war, wo er abgeblieben war... das traf Joey und verletzte ihn irgendwie! Er wusste nicht wieso. Es war einfach so. Im Verlaufe des Vormittags wurde Joey von seinem behandelten Arzt für weitere Untersuchungen abgeholt. Sehr zu Joey Leidwesen durfte Seto ihn auf diesen Wegen nicht begleiten. Die Untersuchungen waren anstrengend und irgendwann bei einem MRT nickte der Blonde einfach weg. Egal wie laut das Gerät war, er war schlagartig weggedöst. Als er langsam wieder zu sich kam nahm er als erstes leises Murmeln wahr. Stimmen, die leise miteinander sprachen. Dann spürte er, wie ihm jemand durch das Haar fuhr. Nur langsam gelange es ihm die Augen zu öffnen. Als erstes sah er Serenity, die bei ihm auf dem Bett saß und ihn sanft anlächelte. Sofort schlang er seine Arme um seine Schwester und drückte sie fest an sich. Wie hatte er sie nur vermisst, seit sie mit seiner Mutter nach Amerika gezogen war. Sie jetzt tatsächlich hier zu haben... es war unbeschreiblich. Dann hört er ein Räuspern und Serenity rutschte ein wenig zur Seite, so dass er ungehindert alles von seinem Patientenzimmer sehen konnte. Seine Freunde waren ebenfalls hier, standen gerade auf und kamen auf ihn zu. Teils blickte der Blonde in besorgte Augen, wie bei Tristan, teils in sehr erleichterte Gesichter, wie es bei Yugi, Tea und Ryou der Fall war. Aber alle waren hier... alle außer Seto. Er spürte ein leichten Stich in seiner Brust. Hatte er sich das alles mit Seto, seine Entschuldigung, sein Liebesgeständnis und den Rest nur eingebildet? "Seto sollte gleich wieder hier sein." kam es von Serenity, die ihn sanft anlächelte. Ertappt blickte er sie an. "Er wollte nur schnell heim, duschen und sich umziehen." "Hmkay," kam es nuschelnd von Joey. Doch um seinen Gedanken weiter nachzuhängen hatte er gar keine Gelegenheit. Denn sofort sprangen seine Freunde ein, um ihn abzulenken. Sie erzählten ihm, was in den vier Wochen alles geschehen war, was er verpasst hatte und welche Änderungen es in der Schule gegeben hatte. Welches neue Themenpack bei Duell Monsters erschienen war, war ein Thema, über das Yugi fast eine Stunde referierte und nur durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen wurde. Als die Tür aufging fegte ein schwarzhaariger Wirbelsturm durch den Raum, gerade auf ihn zu. Mokuba sprang auf das Bett und umarmte ihn stürmisch. Joey blieb kurz die Luft weg. "Mokuba" kam es tadelnd von der Tür und als Mokuba sich von ihm löste konnte er Seto ihm Rahmen stehen sehen. Dann machte er einen Schritt vor und war im Zimmer. "Tschuldigung!" kam es schuldbewusst von dem jüngeren Kaiba. Hinter Seto kam noch jemand ins Zimmer. Ein Mann im mittleren Alter. Joey war erleichtert. Für einen Moment hatte er mit seinem Vater gerechnet. Doch der da, der kam ihm zwar bekannt vor, aber er hätte jetzt nicht sagen können, woher. Serenity rutschte von seinem Bett und lief zu dem Mann und umarmte ihn. Das Bild wirkte komisch, fand Joey. Was ging hier nur vor? Wer war der Typ und warum ging Serenity so vertraut mit ihm um? "Hey," kam es von Seto, an die anderen gewandt, "könntet ihr uns vielleicht etwas Zeit und Privatsphäre geben?" "Klar," kam es von Yugi, bevor er sich dann von Joey verabschiedete. Seine restlichen Freunde folgten Yugi's Beispiel und mit jedem weiteren wuchs Joey's flaues Gefühl in der Magengegend. Schließlich waren alle gegangen. Alle bis auf Seto, Mokuba, Serenity und der Fremde. "Hey, sind Sie nicht der Typ aus dem Park?" kam es Joey schlagartig in den Sinn, was er schneller verbalisierte, als ihm selbst lieb war. "Ja, das bin ich!" kam es von dem Älteren. "Mein Name ist Jack Johnson!" "Schön für Sie! Und was wollen sie von mir?" fragte Joey, der sich bereits in einer emotionalen Defensivstellung befand und sich auf das Schlimmste vorbereitete. Vielleicht war das ja ein Typ vom Jugendamt, der ihm sagen wollte, dass er in eines der verlausten Heime kommen würde, von denen man immer wieder die schlimmsten Geschichten hörte. Serenity war wieder zu ihm gekommen und hatte sich auf die Bettkante gesetzt. Seto und Mokuba standen auf der anderen Seite vom Bett. Das alles war dem Blonden einfach nicht geheuer. "Brüderchen..." kam es langsam von Serenity, "Jack... er... ist unser leiblicher Vater!" Joey schüttelte heftig den Kopf. Was erzählte seine Schwester ihm da für einen Scheiß? Der aalglatte Typ da sollte ihr leiblicher Vater sein? "Ja, klar!" kam es spottend von Joey, "Und ich bin der Osterhase, der sich im Dezember als Weihnachtsmann verkleidet!" Er konnte einfach nicht anderes, als die Situation ins Lächerliche zu ziehen. Das war halt seine Art. "Joey," hakte seine Schwester erneut ein, "es ist wirklich die Wahrheit! Mutter hat es mir erzählt." "Ja, großartig!" kam es theatralisch von Joey, "Von der Mutter des Jahres, die auch noch nie was schön geredet hat! Wo ist die Schlange eigentlich?" Serenity senkte ihren Blick und Joey konnte sehen, dass etwas nicht stimmte. Sofort legte er eine Hand auf die Schulter seiner kleinen Schwester. "Serenity!" sprach er sie nach einem Moment leise und mit Angst in der Stimme an. "Wo... wo ist Mom?" "Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, Joey," kam es von dem Mann, der sein Vater sein sollte, "deine Mutter ist im Februar gestorben!" Das traf Joey so unerwartet, dass ihm die Luft wegblieb. Seit der Scheidung hatte er einen gewissen Hass auf seine Mutter verspürt, die ihn einfach beim Vater... nein... bei einem Monster gelassen hatte, anstatt ihn mitzunehmen. Erst war sie in eine andere Stadt gezogen und dann mit Serenity nach Amerika gegangen. Und jetzt... jetzt war sie tot? Das war alles so unwirklich! "Joey?" hörte er die besorgte Stimme seiner Schwester. "Nein! Nicht!" kam es atemlos von Joey. "Joey..." wiederholte sich Serenity. "Das... das ist doch alles nicht wahr! Ein schlechter... grausamer Scherz!" murmelte Joey neben sich stehend. "Brüderchen..." setzte die Brünette erneut an und legte ihre Hand auf Joey Schulter. Von der plötzlichen Berührung überrascht schlug er ihre Hand weg und blickte sie entsetzt an. "Das ist doch alles völlig unlogisch!" fing Joey plötzlich an zu schreien. "Er will von uns nichts gewusst haben? Wie sollte das gehen? Ich mein, dass er von dir, als Jüngste nicht gewusst haben wollte, dass kann ich noch verstehen! Aber ich bin vier Jahre älter als du... Wie kann er da nichts von mir gewusst haben?" Er hatte sich so sehr in Rage geredet, dass er schlussendlich keine Luft mehr bekam. Panisch japste er, rang um jeden Luftzug. Seto war zu ihm herüber gekommen, hielt ihn, so dass er nicht vom Bett fallen konnte und strich ihm beruhigend über den Rücken. Der Jungunternehmer sagte auch etwas, aber Joey konnte ihn nicht verstehen. Dazu war das Rauschen in seinen Ohren zu laut. Neben der Atemnot spürte er, wie sein Herz raste und ihm der Schweiß nur so über den Körper lief. Seine Hände zitterten und sein ganzer Körper fühlte sich unglaublich schwer und einengend an. Joey wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als seine Atmung sich wieder normalisierte und die Unschärfe seiner Wahrnehmung nachließ. Er war vornüber gebeugt, den Oberkörper zwischen den Beinen hängend. Nur langsam konnte er sich wieder aufrichten. Und da waren sie: Seto's blaue Augen, in denen sich Sorge und Angst wiederspiegelte. Sanft strich ihm der Brünette über die Wange. Dann erkannte Joey Mokuba, der neben Seto stand und sich an die Seite seines großen Bruders klammerte. Auch er wirkte sichtlich verängstigt. Was war denn nur los mit den beiden? Dann spürte er eine Hand an seiner Schulter, die ihn langsam nach hinten in das Bett drückte. Wem gehörte denn diese Hand, denn Seto strich ihm mit der eine über seine Wange und nutzte die andere, um Mokuba an sich zudrücken, der wiederum presste sich eng an den Jungunternehmer. Seine Wahrnehmung klärte sich weiter und er erkannte seinen behandelnden Arzt. Dieser untersuchte ihn mit einer kleinen Taschenlampe und nickte dann, offensichtlich erleichtert. Sonst war niemand mehr in seinem Zimmer. "W... was ist passiert?" fragte Joey erschöpft. "Du hattest eine Panikattacke!" kam es von Mokuba, der sich langsam von Seto löste und zu Joey auf das Bett krabbelte und sich an ihn drückte. "Eine Panikattacke?" wiederholte Joey ungläubig. "Ja..." kam es leise von Seto, der sich auf die Bettkante setzte. "Das alles muss zu viel für dich gewesen sein!" Erst jetzt fiel Joey auf, dass dieser Typ - Jack Johnson - und Serenity verschwunden waren. Auch der Arzt hatte das Zimmer verlassen. "Wo... wo..." stammelte Joey rum. "Der Arzt hat sie rausgeschickt und sie gebeten erst morgen wieder zu kommen!" erklärte Seto kurz. "Serenity ist mit diesem Typen gegangen?" kam es reflexartig von Joey. "Ja!" antwortete der Brünette. "Aber ihr könnt doch meine kleine Schwester nicht mit irgend einem daher gelaufenen Lügner einfach weggehen lassen!" keifte Joey plötzlich. "Mach langsam Joey, sonst ist die nächste Attacke vorprogrammiert!" tadelte Seto ihn. "Sie ist bei keinem daher gelaufenen Lügner. Jack Johnson ist sauber, ich hab ihn überprüfen lassen! Und außerdem wurde er von deiner Mutter kurz vor ihrem Tod als Vormund für Serenity eingesetzt!" "Wie meinst du das?" fragte Joey nicht verstehend nach. "Ich meine, dass Jack Johnson den Vormund über Serenity hat!" kam es in einem beruhigenden Tonfall von Seto. Das war das letzte, was Joey noch aktiv mitbekam, bevor er wieder wegdämmerte. Er wollte sich gegen die Müdigkeit wehren, doch sie überflutete ihn auf einmal und ließ ihn in die Dunkelheit abdriften. Kapitel 8: Ein neues Zuhause ---------------------------- Kapitel 08 - Ein neues Zuhause Seto hatte Mokuba nach Hause gebracht. Er hatte ihn ins Bett gebracht und saß noch eine Weile auf einem Stuhlsessel in Mokuba's Zimmer und beobachtete den Jüngeren beim Schlafen. Er dachte nach. Über Joey! Dessen Situation und wie alles weitergehen sollte. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass der Blonde ihn auslachen und wegjagen würde, wenn er ihm seine Gefühle offenbarte. Sie für einen schlechten Scherz oder so etwas hielt. Aber, er war dem offen gegenüber getreten. Lediglich um etwas Zeit hatte er gebeten. Zeit wofür? Hieß das, dass Joey auch etwas für ihn empfand? Dann kam da noch diese ganze Geschichte mit Johnson und der Wahrheit über Joey's Abstammung dazu, die alles verkomplizierte. Johnson hatte vor einigen Wochen Seto die ganze Geschichte erzählt: Früher war er bei der gleichen Firma angestellt, wie Joey Mutter. Beide fingen eine Affäre an, die endete, als Johnson in sein Familienunternehmen einstieg und nach Amerika ging. Zu diesem Zeitpunkt war Joey's Mutter bereits mit Joey schwanger gewesen, hatte sich aber dazu entschieden Johnson nichts zu sagen, um ihn nicht zwischen die Stühle zu zwingen. Als sie einige Jahre später auf einer Fortbildung war traf sie Johnson wieder. Beide verfielen alten Gewohnheiten und hatten einen One Night Stand. Zehn Monate später kam Serenity zur Welt. Joey's Mutter hatte ihren Ehemann im Glauben gelassen, er wäre der leibliche Vater der beiden Kinder. Vor einigen Monaten ging Joey's Mutter erneut auf Fortbildung. Da sie Serenity nicht alleine zuhause lassen wollte, nahm sie sie mit. Dort traf sie erneut auf Johnson, der sie im Hotelrestaurant erkannte und dann eins und eins zusammenzählte. Joey's Mutter erzählte Serenity die Wahrheit, die daraufhin ihren Vater näher kennen lernen wollte. Auf dem Weg zu ihm verunglückten die beiden Frauen mit dem Wagen. Beide wurden in ein Krankenhaus gebracht, waren ansprechbar, bis man bei der Mutter Komplikationen feststellte. Sie musste operiert werden. Sie hatte gerade noch Zeit ein vorgefertigtes Formular im Krankenhaus auszufüllen, dass im Falle ihres Todes die Vormundschaft von Serenity auf Johnson übergehen sollte. Die OP dauerte lange und ihre Mutter starb. Seto schüttelte den Kopf. So eine Geschichte bekam man sonst nur in wirklich guten Soap Operas geliefert. Er konnte jetzt nur noch hoffen, dass Joey irgendwann damit klar kam und das akzeptieren konnte. Aber was wenn Joey es irgendwann akzeptierte? Würde er mit seiner Schwester und Johnson nach Amerika gehen? Seto spürte einen Schmerz in seiner Brust. Er wollte nicht das Joey ging. Wollte sehen, ob und was sich aus ihnen entwickeln würde. Aber andererseits liebte der Blonde seine Schwester über alles. Jahrelang hatte er unter der Trennung von seiner Schwester gelitten. War immer froh, wenn sie die Ferien in Domino verbringen durfte. Durfte Seto da wirklich so egoistisch sein und sich wünschen, dass sein Köter bei ihm blieb? Joey musste noch ein paar Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Nachmittags kamen seine Freunde und vertrieben ihm die Langeweile. Nach der regulären Besuchszeit, nachdem er im Büro fertig war und Mokuba ins Bett gebracht hatte ging Seto zu ihm. Er hatte den Eindruck, dass Joey immer auf ihn wartete und sich über seinen Besuch freute. Vor allem, weil sonst kein anderer da war, der sie störten. Sie sprachen viel miteinander über den Tod von Joey's Mutter, Johnson und Serenity. Es war komisch. Seto hatte sich nie vorstellen können, dass man mit Joey so gut reden konnte. Umso mehr wollte er nicht, dass Joey wegging. Aber war das wirklich eine begründete Angst? Am Ende der Woche wurde Joey aus dem Krankenhaus entlassen. Seto hatte ihm vorgeschlagen erst einmal mit zu ihm und Mokuba zu kommen. Denn eines hatte Seto in den Gesprächen deutlich heraus gehört: Um nichts in der Welt wollte Joey zurück zu seinem... tja, welche Bezeichnung passte nun auf den Mann, der ihn aufgezogen und das Leben zur Hölle gemacht hatte jetzt noch? Joey tat sich schwer damit Seto's Angebot zu akzeptieren. Teilweise aus Stolz, teilweise aus Angst. Angst, dass das immer noch alles Teil eines gemeinen Streichs sein könnte. Das hatte Joey nicht laut gesagt, aber manchmal, da konnte Seto diesen Gedanken in den bernsteinfarbenden Augen des Blonden ablesen. Doch Joey hatte sich scheinbar dazu entschieden ihm zu vertrauen. Darauf zu vertrauen, dass er zu ihm ehrlich war. Das fand Seto an dem Blonden toll. Dass dieser nach allem, was er durchgemacht hatte, immer noch vertrauen konnte! Er glaubte an das Gute im Menschen... in ihm! Also hatte er Joey abgeholt. Half ihm beim Packen seiner Sachen, die sich während seines Komas so bei ihm angesammelt hatten und brachte ihn dann zum Auto. Noch immer litt Joey unter einer Kurzatmigkeit und mangelnde Ausdauer durch das lange Koma. Die Fahrt verlief ruhig. Vielleicht etwas zu ruhig. Also überlegte Seto, wie er das Gespräch eröffnen konnte. "Sag mal?" kam es von ihm und sogleich fühlte er sich mit diesen Worten so infantil, wie er es dem Kindergarten oft unterstellte. "Hm?" antwortete Joey gedankenverloren. "Was denkst du, wie deine Zukunft aussieht?" formulierte Seto eine Frage, ohne zu wissen was er fragen würde, bevor er die Frage gänzlich ausgesprochen hatte. "Hä?" kam es nur verwirrt von Joey. "Na ja, dein... Vater scheint dich nicht zu vermissen. Fünf Wochen und er hat dich nicht mal vermisst gemeldet! Dein Erzeuger... möchte dich kennenlernen. Ich könnte mir vorstellen, dass er dich bald frägt, ob du mit ihm und Serenity in die Staaten gehst." führte Seto seine Gedanken aus. "Ausgeschlossen!" kam es von Joey. "Hä?" kam es dieses Mal verblüfft von Seto. "Ich liebe meine Schwester, keine Frage! Und ich hätte alles dafür getan, mit ihr aufwachsen zu dürfen! Aber sie ist jetzt in einer Phase, in der sie immer selbstständiger werden wird. Sie hat gute Noten und ich hab keinen Zweifel daran, dass sie in vier Jahren, wenn sie mit der Schule fertig ist, auf eine gute Uni gehen wird. Ich... ich hab mein Leben hier! Hier in Domino... bei... ähm... dir!" erklärte Joey und wurde gegen Ende immer leiser. Seto's Herz machte einen Sprung. Joey würde hier bleiben. Bei ihm! Aber ging das wirklich? Was wenn Johnson darauf bestand ihn mitzunehmen. Andererseits hatte er keine Handhabe ohne den offiziellen Vormund. Und der lag bei Joey's Vater, der seit Wochen nicht mehr gesehen worden war. Als sie vor der Villa ankamen half Seto Joey aus der Limousine. Er musste schmunzeln. Der Kreis schloss sich. Vor fünf Wochen hatte er Joey hier aus dem Wagen geholfen, bevor er ins Krankenhaus musste. Vergessend, dass sie immer noch einander an der Hand hielten gingen sie zur großen Haustür, die schwungvoll aufgerissen wurde. Mokuba begrüßte Joey überschwänglich und herzlich. Sein kleiner Bruder strahlte über das gesamte Gesicht. Blickte erst Joey an, dann ihn. „Ich freue mich für euch, das ihr endlich eingesehen habt, das ihr zusammen gehört.“ kam es von dem kleinen Wirbelwind. Joey lief knallrot im Gesicht an. Seto war zwar der Meinung, seine Gesichtsrötung besser im Griff zu haben, aber als sie am großen Spiegel in der Eingangshalle vorbei kamen, wurde sein Gefühl als Lüge enttarnt. Er hatte mit seinem kleinen Bruder natürlich vorher darüber geredet, ob es ihm was ausmachen würde, wenn Joey eine Weile bei ihnen wohnte. Aber über die eventuelle, romantische Verwicklung hatte er mit Mokuba noch nicht gesprochen. Schließlich wusste er selbst noch nicht genau, was das alles werden würde. Und vor allem wusste er nicht, wie Mokuba zu seiner ganz offensichtlichen homosexuellen Neigung stehen würde. Ob er sie akzeptieren konnte. Doch scheinbar war das für seinen kleinen Bruder gar kein Thema. Also nahm er ihn in den Arm und drückte ihn lange. Kapitel 9: Rückkehr in die eigene Hölle --------------------------------------- Kapitel 09 - Rückkehr in die eigene Hölle Noch in der Eingangshalle blieb Joey plötzlich stehen und Seto musterte ihn fragend. "Ich... muss ein paar Sachen zuhause holen!" kam es von dem Blonden leise und Seto sah ihm die Angst förmlich an, die der andere bei dem Gedanken empfand. "Warum?" hakte Seto nach. "Muss meine Schuluniform und Bücher holen... und noch ein paar andere Dinge, die ich nicht mitnehmen konnte!" erklärte der Blonde ihm. "Okay, aber Roland, Robert und ich werden dich begleiten!" wandte Seto ein. "Robert?" kam es jetzt unsicher von Joey. "Dein Personenschützer!" erklärte Seto sachlich. "Ich hab einen Bodyguard?" kam es fassungslos von Joey. "Ja, schon seit du ins Krankenhaus eingeliefert worden bist!" erklärte Seto. "Ich. Hab. Einen. Bodyguard?" kam es immer noch ungläubig von Joey. "Ja!" war nur noch die schlichte Antwort des Jungunternehmers. "Wie cool ist das denn!?" kam es begeistert von Joey. Joey's Begeisterung nahm ab mit jedem Meter den sie sich dem Haus, in dem er wohnte näherte. Seto konnte beobachten, wie die Unruhe in dem Blonden stieg. Unruhig rutschte dieser auf der Rückbank hin und her, krallte sich mit einer Hand in das Sitzpolster und hatte begonnen auf der Unterlippe rumzukauen. Schließlich blieb der Wagen stehen. "Ich... ähm... geh dann Mal hoch!" kam es leise von Joey. "Du... kannst ja hier solange warten!" "Nein!" kam es von Seto, der daraufhin - ehe Joey noch etwas hätte sagen können - ausstieg. Auf der anderen Seite des Wagens öffnete Roland gerade die Tür für Joey, doch dieser stieg erst aus, als Seto vor ihm stand und ihm seine Hand hin hielt, um ihm heraus zu helfen. Sie brauchten ein wenig, bis sie die paar Stockwerke zu Joey's Wohnung hinauf gestiegen waren. Immer wieder waren sie stehen geblieben um dem Blonden Gelegenheit zu geben zu verschnaufen. Dann hatten sie das richtige Stockwerk erreicht und Joey begann in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel zu kramen. Seto kam es so vor, als würde Joey um jeden Preis das Betreten der Wohnung hinauszögern wollen. Sanft nahm Seto Joey's Hand in die eigene. Dieser blickte zu ihm auf und in seine Augen. Ja, da war eindeutig Angst im Blick des Blonden. Sanft nahm Seto dem anderen den Schlüssel aus der Hand und öffnete die Wohnungstür. Sie schwang langsam auf und ein wochenalter Mief schlug ihnen entgegen. Ein Geruch aus Alkohol, Moder und andere für ihn nicht zu identifizierten, unangenehme Gerüche. Nur zögerlich setzte Joey einen Schritt in die Wohnung, warf einen prüfenden Blick in das Wohnzimmer. Keiner da. "Wo ist dein Zimmer?" fragte Seto und Joey fuhr erschrocken zusammen. Dann - nach einem Augenblick - durchquerte Joey das Wohnzimmer. Bierdosen stapelten sich in mehreren Häufchen auf dem Boden. Über all lag versiffte Schmutzwäsche rum, die eindeutig nicht Joey gehörten. In der Spüle der Küchenzeile, die offen an das Wohnzimmer grenzte entwickelten sich verschiedene Schimmelkulturen. Die Tapete war alt, vergilbt und an manchen Stellen hing sie schlaf von der Wand oder war abgerissen worden. Joey's Zimmer, wenn man es so nennen konnte, war ordentlicher, wenn auch in einem chaotischen Zustand. Das Bett war ungemacht und durchgewühlt und auch hier türmte sich ein kleiner Haufen Bierdosen auf. Joey trat frustriert dagegen und zerstreute die Dosen damit im Zimmer. Der Raum war gerade so groß, dass ein Bett, ein Schreibtisch und der schmale Kleiderschrank hinein passte. Es fehlten nur noch die Gitter am kleinen Fenster, dann hätte man dieses Zimmer für eine Zelle im Gefängnis halten können. Auf dem abgenutzten Teppich sah Seto Flecken. Einige waren altes Blut... andere konnte er nicht wirklich zuordnen. Andere ließen ihn eine neue Dimension der Hölle, die Joey hier ertragen haben musste, erahnen. Gedankenverloren hob er die Bettdecke an. Auf dem Bettlaken zeichnete sich ein Blutfleck ab. Schnell war Joey zur Stelle, nahm ihm die Bettdecke aus der Hand und warf sie wieder auf das Bett, so dass der Blutfleck verdeckt war. "Hab nachts oft Nasenbluten!" murmelte der Blonde nur, als er sich wieder dem Schrank zuwandte und ihn aufmachte. Im Schrank hing die Schuluniform und ansonsten kaum noch Klamotten. Vielleicht drei T-Shirts und eine weitere Hose. Joey stopfte alles in eine Tasche, die er ebenfalls im Schrank verstaut hatte. Dann wandte er sich dem Schreibtisch zu und warf seine Schulbücher und Unterlagen in die Tasche. Er zog eine Schublade auf, räumte sie leer und griff mit der Hand tiefer hinein. Plötzlich klappte der Boden der Schublade hoch und gab den Blick auf ein geheimes Fach frei. Darin lagen allerlei Blätter und Blöcke. Joey nahm sie raus, raffte sie vorsichtig zusammen und packte sie ebenfalls ein. Joey konnte zeichnen? Das war für Seto eine völlig neue Erkenntnis. Aber scheinbar wollte der Blonde nicht, dass jemand - oder er - sah, was er so gezeichnet hatte. Joey zog den Reisverschluss der Tasche zu und blickte sich nochmal in dem Zimmer um. Dann wollte er die Tasche nehmen, die aber Seto bereits aufgenommen hatte. "Lasst und verschwinden, bevor ER doch noch auftaucht!" meinte Joey leise. Mit der freien Hand angelte Seto nach Joey's Hand, der daraufhin zu ihm aufsah und schwach lächelte. Dann führte Seto den Blonden aus dem Zimmer durch das Chaos und verließ diese Wohnung. Vor ihm Roland, hinter ihnen Robert. Erst als sie wieder in der Limousine saßen atmete Joey erleichtert auf. Es kam Seto so vor, als würde eine tonnenschwere Last von den Schultern des Blonden fallen. Kapitel 10: Eine grundlegende Entscheidung ------------------------------------------ Kapitel 10 - Eine grundlegende Entscheidung In der Woche drauf bestand Joey wieder zur Schule zu gehen. Scheinbar steigerte ein wochenlanges Koma den Bedarf an Normalität. Das war gut, denn Joey hatte viel nachzuholen. Daher kamen seine Freunde nach der Schule mit zur Villa, gaben ihm Nachhilfe oder hängten einfach nur mit ihm ab. Es wurde deutlich, wie wichtig Joey seinen Freunden war und das alle glücklich darüber waren, dass es ihm endlich besser ging. Während seine Freunde bei ihm waren, wirkte Joey so, als wäre nie etwas gewesen. Er war der chaotische Sonnenschein des Kindergartens. Wirkte wie früher sorgenfrei und draufgängerisch. In den frühen Abendstunden kam oft Johnson mit Serenity vorbei. Seto hatte anfangs versucht ihnen die nötige Privatsphäre zu geben, doch Joey hatte ihn stets bei sich gehalten. Wollte ganz offensichtlich nicht allein mit Johnson und der Situation sein. Aber immerhin entstand ein Dialog zwischen ihnen und Seto gewann den Eindruck, dass Johnson ehrlich interessiert an seinem Sohn war. Wenn dann die beiden gegangen waren schien Joey seine Maske abzulegen. Er wurde ruhiger, nachdenklicher, war nicht mehr so überdreht fröhlich und gut gelaunt. Irgendwie machte es Seto froh, dass der Blonde seine Maske ablegte, wenn sie unter sich waren. Aber es hätte den jungen Firmenchef noch glücklicher gemacht, wenn er Joey all seine Last hätte abnehmen können. Es war kurz vor dem Wochenende, als sie erneut im Wintergarten beisammen saßen. "Serenity und ich werden übermorgen wieder zurück in die Staaten fliegen." eröffnete Johnson das Gespräch. Seto spürte, wie seine Hand von Joey leicht gedrückt wurde. Scheinbar stieg die Anspannung beim Blonden. "Und wir haben uns gefragt," kam es von Serenity, "ob du uns nicht begleiten möchtest?" Da war sie, die Frage, vor der Seto so große Angst hatte. Erneut spürte er, wie Joey Hand ihren Griff um seine Hand verstärkte. "Ich glaube nicht!" kam es leise von Joey. Serenity war die Enttäuschung über die Antwort sofort anzusehen. "Es ist nicht so, dass ich nicht gern bei dir wäre, Schwesterchen," begann Joey, "aber... ich bin hier zuhause. Ich hab hier meine Freunde und endlich... hab ich... ähm... verstehe ich mich mit Seto super!" Auf Johnsons Gesicht zeichnete sich ein verstehendes Schmunzeln ab. "Das verstehen wir," kam es von dem Älteren. "Aber ich kann dich auch nicht einfach zurück lassen." Dieses Mal war es Seto's Anspannung die wuchs und ihn Joey's Hand drücken ließ. Hatte Johnson doch noch einen Weg gefunden ihm den Blonden wegzunehmen? "Ich habe dir ein Treuhandkonto eingerichtet, so dass dir monatlich eine angemessene Summe zur Verfügung steht, um deinen Lebensunterhalt zu bestreiten." Johnson hatte aus der Innentasche seines Jacketts einen Umschlag gezogen und hatte ihn auf den niedrigen Kaffeetisch, der zwischen ihnen stand, gelegt. "Das... ist sehr großzügig, aber das kann ich unmöglich annehmen!" stammelte Joey verlegen. "Schwachsinn!" kam es von Serenity mit fester Stimme. "Das sind keine Almosen Joey! Dad möchte sich um dich kümmern und auch wenn du das nicht gewohnt bist, weil unser Vater uns nie wirklich Beachtung geschenkt hat, ist das in Ordnung!" Serenity hatte es sich angewöhnt Johnson Dad zu nennen, während sie mit Vater Wheeler Senior meinte. Seto begann mit seinem Daumen über Joey's Handrücken zu streichen. Der Blonde reagierte selten gut darauf, wenn man Wheeler Senior in ein Gespräch einbrachte, auch wenn es nur so beiläufig geschehen war, wie es Serenity eben getan hatte. "Ich möchte dir auch gern eine kleine Wohnung kaufen und einrichten!" setzte Johnson erneut an. "Wozu?" fragte Joey begriffsstutzig. "Nun ja, fändest du es nicht gut, einen Rückzugsort zu haben?" warf Serenity wieder ein. "Aber ich habe doch so einen Ort schon... hier!" kam es von Joey. "Und wohin ziehst du dich zurück, wenn ihr euch mal streiten solltet?" hakte die junge Dame weiter nach. Nicht wissend was er scheinbar darauf antworten sollte, schwieg Joey. Nach einer Weile nickte er einlenkend, auch wenn Seto ihm deutlich ansah, dass sich der Blonde mit dem Gedanken nicht wirklich anfreunden konnte. "Du kommst uns aber in den Ferien besuchen, oder?" fragte Serenity hoffnungsvoll. "Klar, mach ich das!" kam es von Joey in seiner gewohnten Form mit dem breiten Lächeln. Kapitel 11: Albträume und Ängste -------------------------------- Kapitel 11 - Albträume und Ängste Es war bereits spät am Abend, als Seto von seinem Hausbüro zu seinem Schlafzimmer wollte. Wie an jedem Abend schaute er erst bei Mokuba nach dem rechten. Dann bei Joey. Wie so oft, seit Joey bei ihnen wohnte, wurde der Blonde von Albträumen heimgesucht und wälzte sich unruhig in seinem Bett hin und her. Seto trat ein, schloss die Tür hinter sich und nahm auf der Bettkante Platz. Vorsichtig strich er dem Blonden eine Strähne aus dem Gesicht, was genügte, damit der Blonde laut schreiend aufschreckte und völlig atemlos ihn mit Panik geweiteten Augen anblickte. Langsam und sanft legte Seto seine Arme um Joey und zog ihn zu sich ran. Nach einem Moment, in dem Joey sich gegen die Nähe kurz wehrte, schmiegte sich der Blonde eng an ihn, vergrub sein Gesicht an seiner Brust und weinte. Nachdem der andere seinen Schrecken endlich überwunden und hinter sich gelassen hatte saßen sie sich gegenüber. Seto hielt Joey's Hand. "Möchtest du über deinen Albtraum reden?" fragte Seto mit beruhigender Stimme. Joey zog seine Beine an die Brust und schüttelte den Kopf. "Ich weiß, du hältst nicht viel von Ärzten, aber vielleicht würde es dir gut tun mit einem Psychologen zu reden!" schlug Seto vorsichtig vor. Joey hob seinen Kopf und blickte Seto an. Er schien einen Moment lang etwas abzuwiegen. Doch dann schien Joey etwas bei dem CEO gesehen zu haben, was ihn sanft lächeln ließ, bevor er schließlich nickte. Sanft strich Seto dem Blonden über die Wange und half ihm sich wieder hinzulegen. Doch als er aufstehen wollte, spürte er, wie Joey erneut nach seiner Hand griff und ihn festhielt. Ohne das Joey etwas sagen musste verstand der Brünette die stumme Bitte. Er zog sich Jackette, Krawatte, Hemd und Hose aus und legte sich zu dem Blonden. Dieser kuschelte sich in seinen Arm und versank sogleich wieder in einen tiefen Schlaf. Seto lag noch eine Weile wach, dachte darüber nach, was Joey wohl in den letzten Jahren alles durchmachen musste. Hatte er mit jemanden jemals darüber gesprochen? Er glaubte nicht! Von daher war der Brünette froh, dass Joey dem Vorschlag mit dem Psychologen aufgeschlossen gegenüber stand. Es würde ihm helfen! Doch erst einmal müssten sie den richtigen für den Blonden finden. Schließlich musste Joey sich in der Anwesenheit des Psychologen wohl fühlen und Vertrauen zu ihm aufbauen können. Sicherlich würden sie einige Anläufe dafür brauchen. Mit diesem Gedanken versank dann auch der Brünette in den dringend benötigten Schlaf. Als Seto wieder erwachte war es noch früh am Morgen. Joey lag quer über seiner Brust und schlief friedlich. Eigentlich hatte Seto vorgehabt heute früh aufzustehen und sich dem Aufarbeiten einiger liegengebliebenen Arbeit zu widmen. Doch jede Bewegung seinerseits würde unweigerlich den Blonden wecken, was der Brünette nicht wollte. Joey bekam ohnehin in den letzten Wochen zu wenig erholsamen Schlaf. Also blieb er einfach liegen, seine Hand auf dem Rücken des Blonden, sanft dessen Nacken kraulend. Nach einer Weile spürte Seto, wie der Blonde seinen Kopf bewegte, bevor er wieder ruhig liegen blieb. Plötzlich erhob der Blonde seinen Kopf und sein Blick wanderte unfokusiert über ihn, bevor sich ihre Blicken trafen. "Seto?" kam es leise und noch verschlafen von Joey. "Guten Morgen, Joey!" kam es sanft von Seto. Auf einmal konnte Seto wahrnehmen, wie sich Joey plötzlich anspannte, regelrecht aufschreckte und rückwärts versuchte Abstand zwischen sie zu bringen, was damit endete, dass Joey aus dem Bett kugelte und mit dem Rücken an der Wand unterhalb des Fensters sitzen blieb. Immer noch mit Schrecken in den braunen Augen stierte er ihn an. "Hey, alles okay!" versuchte Seto den Blonden zu beruhigen, während er sich zwang im Bett sitzen zu bleiben. "Du hattest einen Albtraum und wolltest danach nicht alleine bleiben!" erklärte er seinem Gegenüber. Es schien für einen Moment, als würde Joey versuchen sich zu erinnern, bevor ihn die Erkenntnis traf, dass es wohl genauso gewesen war. "Tschuldige.. war nur durcheinander!" nuschelte der Blonde kleinlaut. Sanft klopfte der Brünette neben sich auf die Liegefläche des Bettes. Joey sah ihn an. "Auf dem Boden ist es ziemlich kalt, um länger dort zu sitzen!" kam es wieder erklärend von Seto. Nur langsam erhob sich Joey und setzte sich - mit erheblichen Abstand - auf die Bettkante. Resigniert ließ der Blonde seinen Kopf hängen und Seto gab ihm die Zeit, die der andere wohl brauchte. Schließlich hatte er sich vollständig beruhigt und gefangen. Langsam beschlich Seto das Gefühl, dass Joey etwas auf dem Herzen hatte. "Was ist los?" fragte er vorsichtig und in einem sanften Tonfall den Blonden schließlich. "Ich hab mich nur gefragt, was aus mir nun werden soll! Wenn das Jugendamt davon Wind bekommt, dass mein Alter verschwunden ist, will es mich sicher in ein Heim stecken! Oder was ist, wenn Jack doch offiziell die Vormundschaft für mich beantragt und sie aus irgendeinem aberwitzigen Grund zugesprochen bekommt... muss ich dann nach Amerika?" sprach der Blonde seine Gedanken aus und das war das längste, was er in den letzten Tagen gesagt hatte. Das war es also, was Joey beschäftigte, ging es Seto durch den Kopf. Sanft legte Seto seine Hand auf Joey Schulter. Er spürte, wie dieser kurz unter der Berührung zusammenfuhr, sich aber zwang sitzenzubleiben. Vorsichtig hob der Blonde seinen Blick. "Selbst wenn Jack die Vormundschaft für dich beantragt," setzte Seto vorsichtig an, um den Blonden zu beruhigen, "glaube ich nicht, dass er dich gegen seinen Willen nach Amerika holt. Er hat es - genauso wie Serenity - akzeptiert, dass du hier bleiben möchtest! Und wegen dem Jugendamt... mach dir darüber noch keinen Kopf... Solange die sich nicht melden, solltest du keinen Gedanken an eine Eventualität verschwenden!" "Hm-kay!" kam es widerstandslos von dem Blonden. "Ich geh dann mal duschen!" Der Blonde rutschte von der Bettkante und ging zur Zimmertür. "Ähm, Joey?" kam es leicht schmunzelnd von Seto. Joey blieb stehen und wandte sich ihm zu, blickte ihn verwirrt und nicht verstehend an. "Wir sind in deinem Zimmer!" Plötzliche Erkenntnis war in den Augen seines Gegenübers zu erkennen, sowie eine gewisse Röte auf den Wangen. "Natürlich!" kam es leise von Joey, der mit gesenktem Blick die Richtung zur zweiten Tür in dem Zimmer wechselte, dass in das angrenzende Bad führte. Der Blonde schien tatsächlich völlig neben sich zu stehen. Nachdem Joey im Bad verschwunden war, erhob sich Seto aus dem Bett und wollte sich gerade in sein eigenes Zimmer aufmachen, um ebenfalls zu duschen und sich anzuziehen. Als er die Zimmertür öffnete wollte Mokuba gerade anklopfen und blickte mit großen Augen zu ihm auf. "Was machst du denn hier, Ni-sama?" kam es erstaunt von Mokuba. "Joey hatte einen Albtraum und wollte danach nicht alleine bleiben!" erklärte Seto sich seinem kleinen Bruder. "Ah... okay!" kam es baff von dem Schwarzhaarigen, der sanft lächelte. "Ich wollte euch nur zum Frühstück rufen!" "Wir kommen gleich!" kam es von Seto, der mit einem Kopfnicken auf das Badezimmer deutete, aus dem die Dusche deutlich hörbar war. "Ich wollte auch noch schnell duschen!" meinte der Brünette, während er sich an Mokuba vorbei auf den Gang schob und hinter sich die Tür zuzog. Kapitel 12: Das Grauen der Vergangenheit ---------------------------------------- Kapitel 12 - Das Grauen der Vergangenheit Es war jetzt Anfang Juni. Es war merkwürdig, dachte Joey, während er, wie jeden Morgen unter der Dusche stand. Es war so, als ob er in einem Paralleluniversum aus dem Koma erwacht worden wäre. Erst hatte Seto ihm noch im Krankenhaus seine Liebe gestanden. Das hatte Joey auf der einen Seite wahnsinnig glücklich gemacht und auf der anderen Seite so mächtig erschreckt, dass er nicht anders konnte, als den Brünetten auf Abstand zu halten. Dabei hatte sich Joey schon seit Beginn des Schuljahrs gewünscht Seto seine Liebe zu gestehen und diese erwidert zu bekommen, um anschließend mit Seto glücklich zu werden. Doch als sich ihm die Erfüllung seines Traumes in greifbare Reichweite bewegte wurde dem Blonden bewusst, dass es Dinge gab, die Seto niemals über ihn erfahren durften! Dinge, die die Liebe des Brünetten sicherlich sofort im Keim ersticken würden. Die unweigerlich ans Licht kommen würden, würden er mit dem Brünetten jetzt eine Beziehung eingehen. Das konnte er einfach nicht zulassen! Dann hatte der Brünette ihn bei sich und Mokuba aufgenommen. Es war eine Erleichterung für Joey gewesen nicht zurück zu seinem Vater, der ja eigentlich gar nicht sein Vater war, zu müssen. Sein... Peiniger! Der seit ihrer letzten Auseinandersetzung verschwunden war! Genauso wenig, wie der Drecksack ihn vermisst gemeldet hatte, hatte Joey es auch nicht für notwendig befunden, den Alten als vermisst zu melden. Das hätte nur Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Vor allem vom Jugendamt, was er nicht wollte! Ihm war es ohnehin egal, wo der Alkoholiker abgeblieben war. Vielleicht... ja vielleicht hatte er ja dieses Mal mehr als nur Geld verloren? Endlich hatte Joey die notwendige Ruhe und Zeit gefunden, um für die Schule ranzuklotzen. Es war nicht mehr lange hin bis zu den Abschlussprüfungen und zum ersten Mal in seinem Leben, hatte er wirklich eine Aussicht auf ein Studium. Seine Freunde hatten ihn da in den letzten vier Wochen wirklich tatkräftig unterstützt. Jeden Tag nach der Schule waren sie mit ihm hier her gekommen und hatten ihm geholfen, all die Rückstände aufzuholen: Duke hatte ihm in Japanisch und Englisch geholfen, Tristan war für Mathematik, Physik und Chemie zuständig, Yugi hatte Geschichte übernommen und Tea schoss die Lücken in Musik. Abends, wenn seine Freunde nach Hause gegangen waren half ihm Seto in Wirtschafts- und Sozialkunde. Auch wenn Seto seine Arbeit größtenteils auf sein Hausbüro verlegt hatte und tagsüber recht viel geschäftlichen Besuch von Mitarbeiter und Geschäftspartner empfing, wahrte der Brünette in der Gegenwart von Joey's Freunden seine kalte Arschlochfassade. Joey musste schmunzeln. Dachte der Brünette wirklich, seine Freunde würden ihm das noch abnehmen? Aber so, wie Seto seine Fassade für sich brauchte, brauchte auch Joey seine Sunnyboy-Fassade vor seinen Freunden. Vor ihnen tat er sowohl in der Schule, als auch hier, wenn sie mit ihm lernten, so, als wäre nie etwas gewesen. Doch spätestens wenn er ins Bett ging konnte er seine Maske nicht länger aufrecht erhalten. Angst vor seinen Träumen schlich sich ihm ins Gesicht. Albträume suchten ihn heim. Sie ließen ihn schreiend hochschrecken. Und immer fing ihn Seto auf. Spendete ihm Trost, Geborgenheit und Sicherheit. Blieb oft nach einem Albtraum bei ihm. Doch dann... dann hatte Seto etwas vorgeschlagen... vor zwei Wochen. Er hatte ihn nach einem wirklich heftigen Alptraum mal wieder tröstend im Arm gehalten, hatte ihm die Zeit gegeben, die er brauchte, sich zu fangen und dann... dann hatte er vorgeschlagen, dass Joey vielleicht eine Therapie gut tun würde. Zwar hatte der Blonde zugestimmt, doch nie im Leben hätte er damit gerechnet, dass Seto bereits am nächsten Tag das ganze wirklich in Angriff nehmen würde. Er hatte ihm eine Liste von Therapeuten und Psychologen vorgelegt und zu jedem etwas zu sagen gewusst. Auch wenn Joey kein Interesse daran hatte, spielte er mit! Er schaute sich zwei, drei Therapeuten an. Doch schnell erkannte der Blonde, dass alle mit ihm über seine Kindheit sprechen wollten. Über seinen Va... Peiniger! Erwarteten, dass er offenbarte, was er schon so lange tief in sich verbarg. Niemals würde er jemanden erzählen, wie sehr es ihn verletzt hatte, dass seine Mutter mit Serentiy gegangen war und ihn bei diesem Säufer zurück gelassen hatte. Wie er darunter gelitten hatte und er Nacht für Nacht Albträume davon hatte, wie seine Mutter ihm sagte, dass er bei seinem Vater am besten aufgehoben wäre und sie ihn nicht haben wollte, keine Verwendung für ihn hätte. Natürlich hatte sie ihm das nur in dem Traum gesagt! Aber es hatte gereicht, dass in ihm der Groll auf seine Mutter wuchs. Nacht für Nacht wachte er schreiend aus diesen Träumen aus. Immer kam sein Vater herein gestürmt und schlug ihn, weil er ihn geweckt hatte. Also hatte Joey gelernt stumm schreiend aufzuwachen. Irgendwann waren die Träume verschwunden. Danach lief es eine Weile ganz gut. Sein Vater störte sich nur an seiner Anwesenheit, wenn er getrunken hatte. Doch mit der Zeit trank er immer öfters und damit musste Joey auch immer öfters Prügel einstecken. Noch heute konnte er den ein oder anderen Schlag auf seinem Körper spüren, als hätte er ihn gestern erst kassiert. Irgendwann war sein Vater täglich besoffen und die Schläge gehörten zu Joey's Alltag. Doch an seinem zwölften Geburtstag änderte sich etwas. Abgesehen davon, dass auch dieser Geburtstag, wie die vorangegangenen seit der Trennung seiner Eltern, nicht gefeiert wurden und er keine Geschenke bekommen hatte, hatte er an dem Tag keine Prügel bezogen. In der Nacht war er aufgewacht, weil sein Vater zu ihm ins Zimmer kam. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass dieser die Prügel nachholen wollte. Doch... das tat er nicht! Er legte sich zu ihm in sein schmales Bett. Da spürte Joey, dass sein Vater nackt war. Der Alte hatte nicht mal mehr eine Unterhose an. Das machte dem Zwölfjährigen solche Angst, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Dann spürte er, wie sich sein Vater an ihm rieb. Zu stöhnen begann. Bis Joey an seinen Oberschenkel eine warme Feuchtigkeit spürte. Verwirrt blieb er ruhig liegen, während sein Vater aufstand und ihn alleine ließ. Alles was zurück blieb war Joey's Ekel. Damals hatte Joey noch nicht verstanden, was sein Vater da machte. Erst als er wenige Monate später in die Mittelschule wechselte und in Biologie Sexualkunde dran kam, wurde Joey bewusst, dass sein Vater sexuelle Handlungen an ihm vornahm, auch wenn er ihn noch nicht penetrierte. Zum Ekel gesellte sich die Scham. Als der Alte an Joey's 14. Geburtstag zu ihm ins Bett stieg wehrte sich der Blonde das erste Mal. Doch sein Peiniger war einfach stärker und schwerer als er. Er schlug ihn halb bewusstlos und rollte ihn dann auf den Bauch. In dieser Nacht begnügte sich der Drecksack nicht nur mit dem Reiben zwischen Joey's Oberschenkel. Er drückte ihn bäuchlings auf die Matratze und drang in den unvorbereiteten Jungen ein. Der Blonde schrie und weinte. Die wenigen Minuten dieses Gewaltaktes kamen ihm wie Stunden vor. Wimmernd und heulend ließ ihn sein Vater zurück und der Blonde hatte die ganze Nacht geweint. Der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. Und als er am nächsten Morgen regelrecht in die Schule geflüchtet war konnte er seinen Peiniger immer noch in sich spüren. Zum Ekel und der Scham gesellte sich der Selbsthass! Anfangs hatte Joey versucht seinen Vater aus seinem Zimmer auszusperren, fest davon überzeugt, dass der Alte sich nur bei Nacht an ihm vergreifen würde. Doch dann begann der Säufer ihn kurz nach dem Nachhause kommen abzufangen und sich jede bietende Gelegenheit zu nutzen sich seinem Sohn aufzuzwingen. Schließlich fing Joey an sich nach der Schule rumzutreiben und möglichst spät nach Hause zu gehen. Meist schlich er sich rein, in der Hoffnung, dass sein Vater bereits so besoffen war, dass er es nicht merken und ihn in Ruhe lassen würde. Doch auch das bewahrte ihn nicht vor dem, was sein Vater ihm antat. Und immer wieder fragte ihn dieses Monster, wieso er sich so wehren würde, wo es dem Blonden doch so gut gefallen würde! Das Trio aus Ekel, Scham und Selbsthass wurde durch ein grenzenloses Schuldgefühl zum Quartett. Immer wieder suchte Joey Schutz vor seinem Alten im Park. Dort hatte er mit der Zeit ein paar Plätze gefunden, an denen er eine oder zwei Nächte in Ruhe verbringen konnte. Geschützt vor dem Zugriff durch den Drecksack und vor den Blicken etwaiger Parkbesucher. Doch als Joey vor zwei Monaten dann nach Hause gekommen war blieb er wie angewurzelt stehen. Im Wohnzimmer hatten drei Fremde gesessen. Drei 'Freunde' von seinem Alten. Freunden, denen er Geld schuldete und die der Blonde jetzt begleichen sollte! Sie beäugten ihn bereits neugierig und lüstern. Nur mit knapper Mühe und Not war Joey der Vergewaltigung durch die drei Typen entgangen. Der Blonde schüttelte den Kopf. Das... das durfte niemand jemals erfahren! Er konnte sich auch so schon vorstellen, was der Therapeut von ihm halten würden, würde er das jemals erzählen. Aber er wusste auch, dass je öfters er bei einem Psychologen vorsprach er irgendwann etwas Preis geben würde, was er dann bereuen würde. Das durfte nicht passieren! Doch er konnte jetzt nicht einfach so seine Meinung ändern. Das wäre zu auffällig und würde neue Fragen aufwerfen, denen er sich stellen müsste. Also musste er Seto davon überzeugen, dass er keine Therapie brauchte. Ja! Um das zu schaffen musste er aufhören, wie ein verängstigtes Kind Nacht für Nacht schreiend aus dem Albtraum zu schrecken. Oder noch besser, keine Albträume mehr haben. Er hatte es schon einmal geschafft Albträume loszuwerden. Er konnte das wieder schaffen. Und wenn es soweit war, konnte er Seto überzeugen, dass er keine Hilfe... keine Therapie brauchte! Sobald er sich von seiner Vergangenheit befreit hatte könnte er endlich zu Seto gehen und ihm sagen, dass er seine Gefühle erwiderte und mehr wollte. Dann... dann konnte er sicherlich endlich glücklich werden. Der Blonde nickte und stellte das Wasser seiner Dusche ab, bevor er aus der Duschkabine stieg und sich in eines der weichen Handtücher einwickelte. Er musste sich jetzt sputen und sich fertig machen für seinen Tag. Kapitel 13: Kindermund tut Wahrheit kund ---------------------------------------- Kapitel 13 - Kindermund tut Wahrheit kund Joey saß in der Hausbibliothek und war in Hausaufgaben versunken, als er spürte, dass er nicht mehr alleine war. Er blickte auf und sah auf der anderen Seite des Tischs graublaue Augen, die ihn anblickte. Mokuba! Sanft lächelte Joey ihm zu. "Na?" begrüßte er den Jüngeren und versuchte ihm den Joey zu präsentieren, den der Jüngerer kannte: den unbesorgten Sunnyboy! "Darf ich dich was fragen?" kam es schüchtern von dem Dunkelhaarigen. "Klar!" kam es von Joey. "Was genau läuft eigentlich zwischen Seto und dir?" kam der kleine direkt auf den Punkt. Das musste definitiv in der Familie liegen, denn Seto konnte auch einfach so aus dem Stehgreif auf den Punkt kommen und unangenehme Themen auf den Tisch packen, ohne dass man sich vorher hätte darauf vorbereiten können. Daher gefror das Lächeln des Blonden und er blickte einige Augenblicke zum Jüngeren ohne zu Antworten. Es war, als hätte ihn ein Vorschlaghammer getroffen. "Versteh mich nicht falsch, Joey!" ergriff erneut Mokuba das Wort. "Ich dachte, ihr beiden hättet endlich eingesehen, dass ihr das gleiche füreinander empfindet und zu einander gefunden... aber seit du hier wohnst... Ich sehe, wie Seto sich dir gegenüber verändert hat. Offener geworden ist. Aber du scheinst ihn auf Abstand zu halten. Lässt nur selten zu, dass er dir nahe kommt! Ich verstehe das nicht!" Ein Räuspern lenkte unsere Aufmerksamkeit sofort auf die offene Tür der Hausbibliothek. Dort lehnte im Türrahmen Seto und blickte mit einem ernsten Blick zu seinem kleinen Bruder. "Du musst das auch nicht verstehen!" kam es unwirsch von dem Brünetten. "Das ist eine Sache, die nur Joey und mich etwas angeht!" Bevor Joey etwas einwarfen oder ergänzen konnte sprang Mokuba empört auf und rannte aus der Hausbibliothek und die Treppe hinauf. Daraufhin verschwand auch Seto aus dem Türrahmen und ließ den Blonden verdutzt dreinblickend wieder alleine. Der Schwarzhaarige war in sein Zimmer gerannt und hatte die Tür kraftvoll ins Schloss geschlagen. Er wusste, dass Joey schon länger in seinen Bruder verliebt war. Auch wenn sie sich früher eigentlich nur gezofft hatten, waren ihm die Gefühle des Blonden für seinen großen Bruder nicht entgangen. Genauso hatte er gewusst, dass sein großer Bruder etwas für den Blonden empfand. Doch Seto's Erziehung ließen diesen sich hinter einer Mauer aus Hohn und Spott verstecken. Denn nur allzu oft hatte Gozaberu ihnen eingebläut, dass Gefühle Schwächen bedeuten. Daher hatte Mokuba sich so gefreut, als er sah, wie Seto Joey aus dem Wagen geholfen und mit ihm Händchen haltend zur Eingangstür gekommen war. So eine kleine Geste war schon ein großes Zugeständnis für seinen Bruder gewesen. Das wusste der Jüngere nur zu gut. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass die beiden während Joey's Zeit im Krankenhaus ein Paar geworden waren. Doch hier zu Hause... da war nichts davon zu merken. Klar, sie hatten aufgehört sich zu streiten und zu beleidigen. Seto sorgte sich offen um Joey - zumindest wenn die anderen nicht da waren. Schaute nachts, bevor er selbst ins Bett ging nach dem Blonden, um sicher zu gehen, dass es ihm gut ging. Tröstete ihn nach Albträumen, die Joey ganz offensichtlich immer mal wieder hatte. Blieb bei ihm, bis dieser sich beruhigt hatte. So etwas tat Seto normalerweise nur für ihn. Aber warum ging es dann nicht bei den beiden voran? Aber vielleicht lag es gar nicht an Seto? Vielleicht lag es an Joey? Früher dachte Mokuba immer, dass Joey ein Typ mit sonnigem Gemüt sei, der keine Sorgen hatte und einfach so in den Tag hinein lebte. Auch heute wirkte Joey immer noch so. Aber es gab auch Momente, wenn Joey sich alleine wähnte, da sah Mokuba, wie in sich gekehrt Joey eigentlich war. Dann hatte er kein breites Grinsen im Gesicht. Machte keinen dummen Spruch. Zappelte nicht aufgeregt und voller Energie herum. Manchmal wirkte der Blonde, als würde er etwas schweres tragen. Und dann, wenn er ihn bemerkte, grinste er ihn an und all die Eindrücke, die Mokuba zuvor gesammelt hatten, wurden weggestrichen. Dann war er wieder überzeugt, dass Joey einfach nur ein cooler Draufgänger war. Er zuckte zusammen, als er Hände auf seinen Schultern spürte. Als er sich umwandte und aufblickte, sah er seinen Bruder. Dieser ging vor ihm in die Hocke, damit sie auf Augenhöhe miteinander sprechen konnte. "Es tut mir leid, ich wollte mich nicht in irgendetwas einmischen!" kam es leise von dem Schwarzhaarigen. "Ich will nur, dass du glücklich wirst!" "Mokuba," setzte Seto sanft an, "was passiert, das passiert! Alles andere braucht einfach noch Zeit!" Mokuba nickte und blickte fest in die blauen Augen seines Bruders. Vielleicht war die Heiterkeit und die unbeschwerte Art des Blonden nur eine Maske, die er trug, um darüber hinweg zu täuschen, wie verletzt er in Wirklichkeit war. So tief verletzt, dass er das Gefühl haben musste, niemand sein wahres Ich zeigen zu können. Aber wer auf dieser Welt wäre in der Lage, den Blonden so schrecklich zu verletzen? Kapitel 14: Stetig Berg ab -------------------------- Kapitel 14 - Stetig bergab Seto saß am Frühstückstisch und blickte über ihn hinweg zu dem Blonden. Er wirkte müde und abgeschlagen. Dunkle Augenringe bewiesen, dass der andere wenig oder keinen besonders erholsamen Schlaf fand. Ob der andere immer noch von Albträumen geplagt wurde? Seto konnte diese Frage für sich nicht klar beantworten. Vor einigen Wochen hatte Joey begonnen sein Zimmer abends abzusperren. Anfangs konnte Seto vor der Tür noch hören, wie der andere im Schlaf stöhnte und schrie. Doch es war weniger geworden, bis er schließlich gar nichts mehr hören konnte. Joey begann kurz danach gemacht Termine mit Therapeuten nicht mehr einzuhalten. Als Seto ihn darauf ansprach grinste der Blonde ihn nur auf seine typische Art an und meinte, dass es jetzt wichtigeres gab, worauf er sich konzentrieren musste. Seinen Abschluss zum Beispiel. Außerdem wäre alles wieder in Ordnung und er bräuchte keinen überbezahlten Fatzke, der ihn stundenlang darüber reden ließ, wie gemein seine Mutter gewesen wäre, nur um dafür auch noch horrende Stundensätze verlangen zu können. Dann hatte sich der Blonde ab- und seinen Schulbüchern zugewandt. Jetzt, nachdem Seto sich das ins Gedächtnis zurück gerufen hatte musste er sich selbst tadeln. Die Augenringe sprachen Bände und straften den Blonden Lüge. Dem anderen ging es ganz offensichtlich nicht gut! Auch in der Schule hatte Seto beobachtet, wie schwer es dem Blonden langsam fiel seine Maske aus Sonnenschein und Unbeschwertheit aufrecht zu erhalten. Erst vor ein paar Tagen im Sportunterricht war es zu einer Eskalation zwischen Joey und Nashiro aus der Parallelklasse gekommen. Bei dem Versuch einen Ball zu fangen war Nashiro gegen Jeoy gerempelt. Dieser hatte sich dadurch so erschrocken, dass er den Rothaarigen fast erwürgt hätte. Nur Tristan und Dukes beherztem Eingreifen war nichts Schlimmeres geschehen. Ein Blick von mir und Joey gab seinen Angriff auf und nuschelte eine Entschuldigung. Yugi hatte sich dann um Nashiro gekümmert und ihn davon überzeugt Joey nicht bei einem Lehrer anzuschwärzen, der gerade abwesend gewesen war. Seto wusste nicht, wie der Kleinste im Jahrgang das schaffte andere vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Der Blonde schien gar nicht zu merken, dass sein zwanghaftes Aufsetzen seiner Maske seine Freunde, Mokuba und ihn sich nur noch größere Sorgen machen ließ. Manchmal schien es dem Jungunternehmer, als würde Joey diese Maske nicht nur für seine Freunde, sondern vor allem für sich selbst tragen. Als würde er sich selbst davon überzeugen wollen, dass alles in Ordnung wäre. Doch bei ihm - Seto - funktioniert seine Maske nicht mehr. Er sah Joey an und erkannte, wie dieser sich durch seinen Alltag quälte. Es zerriss ihm das Herz, dass Joey ihn ihm nicht mehr helfen ließ. Ihn aussperrte und versuchte ihn mit seiner Fassade zu täuschen. Seto konnte nur zusehen und war zur Hilflosigkeit verdammt. Aber Seto war nicht der einzige, der zur Hilflosigkeit verdammt war. Auch Jack - Joey's leiblicher Vater - konnte nicht zu dem Blonden durchdringen. Der Amerikaner war letzten Freitag geschäftlich bei Seto gewesen und hatte im Anschluss die Gelegenheit genutzt seinen Sohn zu besuchen. Joey präsentierte seinem leiblichen Vater seine Fassade. Gab sich sorgenfrei, gut gelaunt und chaotisch. Ganz so, wie er früher vorgegeben hatte zu sein und sie alle es ihm noch geglaubt hatten. Doch Jack waren die Augenringe und die blasse Haut nicht entgangen. Doch Joey gestattete auch ihm nicht in irgendeiner Weise sich ihm zu nähern. Fragen von Jack beantwortete Joey einsilbig oder mit deinem dümmlichen Spruch. Dann hatte sich der Blonde vorzeitig von Jack verabschiedet und nur gemeint, er müsse weiterlernen. Dann hatte er sie alleine gelassen. Jack und Seto hatten sich dann noch eine Weile unterhalten. Darüber, wie schlecht Joey aussah, dass Jack sich große Sorgen machte und Serenity noch größere machen würde, wenn er ihr von diesem Treffen erzählen würde und dass, wenn sein Sohn keine Hilfe annehmen wollte, man ihn vielleicht dazu zwingen sollte. Zwingen? Den Blonden? Seto schüttelte innerlich den Kopf. Genau das war doch das, was zu dieser Situation geführt hatte! Der Fakt - und darin war sich Seto seit dem Besuch in Joey's altem Zuhause sicher - das man den Blonden in dessen Leben schon zu oft zu irgendwas gezwungen hatte. Natürlich vermied Seto es, Jack das zu offenbaren. Stattdessen versicherte der Brünette dem Amerikaner, dass er ein Auge auf dem Blonde hatte und in ständigem Kontakt mit seinem Hausarzt stand. Er offenbarte dem Älteren, dass er wusste, dass Joey's Verhalten viel Kraft und Energie kostete und es einen Zeitpunkt geben würde, an dem der Blonde nicht mehr genug davon haben würde. Dann würde sein Kartenhaus - seine Fassade - endgültig zusammenbrechen und er einen Nervenzusammenbruch erleiden. Doch auch dafür hatte Seto bereits vorgesorgt. Jack war von dem Zustand seines Sohnes mehr als beunruhigt und wenig begeistert davon, dass Seto den Dingen ihren Lauf lassen wollte. Doch angesichts, dass er daran eh nichts hätte ändern können, bat der Amerikaner lediglich darum, dass Seto in noch engerem Kontakt zu ihm blieb und ihn über jede Entwicklung seines Sohnes auf dem Laufenden halten würde. Also gab Seto ihm sein Wort. Kapitel 15: Die Rückkehr des Teufels ------------------------------------ Kapitel 15 - Die Rückkehr des Teufels Es war noch früh am Morgen und Seto saß in seinem Hausbüro. In letzter Zeit hatte er einige seiner Aufgaben delegieren müssen, konnte aber nicht loslassen. Also kontrollierte er morgens, vor der Schule, die Entwicklungen und Resultate seiner Mitarbeiter. Der Brünette war gerade in einen Bericht vertieft als ein lauter Schrei selbst bis hierher drang. Sofort sprang der Jungunternehmer auf und eilte in die Eingangshalle. Vom oberen Stockwerk kam gerade Mokuba, der scheinbar den gleichen Schrei gehört und nun nach dem Rechten sehen wollte. Nicht wissend, woher der Schrei gekommen war blickten sich die beiden Brüder suchend um, bis sie entsetzte Schreie aus der Küche vernahmen. Also betraten sie die Küche durch die Schwingtür und sahen, wie Joey den Koch anschrie. Ein kunstvoller Kuchen lag auf dem Boden verteilt. "Was ist hier los?" fragte Seto und sofort verstummte Joey. Seine Hände zu Fäusten geballt, den Kopf ein wenig geneigt, so dass seine Haare über seine Augen fielen. Noch ehe er seine Frage wiederholen konnte wollte Joey aus der Küche stürmen, doch Mokuba stellte sich ihm in den Weg. Dann wandte Seto seinen Blick auf seinen Koch, der ihn nur verzweifelt anblickte. "Herr... Herr Kaibe, ich fürchte, es ist meine Schuld, dass Herr Wheeler so außer sich ist!" antwortet der Koch ihm schließlich. "Er hat gestern einen Kuchen gebacken, den er heute mit in die Schule nehmen wollte und hat diesen im Kühlschrank deponiert. Als ich alles für das Frühstück heraus holen wollte ist mir der Kuchen entglitten!" Der Blick des Kochs ruhte traurig auf den Überresten des Kuchens am Boden. Seto wandte seine Aufmerksamkeit von dem traurigen und eingeschüchterten Mann zu dem Blonden. "Joey, du hast einen Kuchen gebacken?" fragte Seto sichtlich überrascht. "Ich wusste gar nicht, dass du das kannst." "Es hat mich auch noch keiner danach gefragt!" kam es trotzig von dem Blonden, der sich schwer tat in dieser Situation seine Fassade aufzubauen. "Was für einen Kuchen hast du denn gebacken?" hakte Seto weiter nach. "Es war ein gefüllter Schokoladenhefezopf!" kam es resigniert von dem Blonden. "Für Tea, sie hat heute Geburtstag!" Langsam begann Seto zu verstehen. Endlich konnte Joey aktiv was zu einem Geburtstag in der Gruppe beitragen. Etwas, was niemand von ihm erwartet hätte. "Können wir nicht einfach einen neuen backen?" fragte Seto vorsichtig. Joey's Kopf hob sich und ein müder Blick richtete sich auf Seto. "Ich hab zwei Stunden gebraucht, bis er fertig war." kam es leise von dem Blonden. "Und wenn wir unterwegs einen kaufen?" hakte Seto erneut nach. "So einen gibt es nirgends zu kaufen!" konterte Joey wieder leise. "Ein Vorschlag zur Güte," kam es auf einmal von dem Koch, "geben Sie mir das Rezept, ich backe einen neuen! Bis zur Mittagspause sollte er fertig und ausgekühlt sein!" Joey wandte seinen Blick wieder zum Boden auf den zerstörten Hefezopf, nickte dann aber. Dann wandte er sich ab und schickte sich an die Küche zu verlassen. Dieses Mal ließ Mokuba ihn vorbei. Als Joey die Küche verlassen hatte trat Mokuba neben Seto. "Katastrophe erfolgreich abgewendet!" kam es von dem Schwarzhaarigen nur, bevor auch er die Küche wieder verließ. Seto blickte noch einmal zu Taiki, seinem Koch, bevor er diesem zunickte und auch die Küche verließ. Seine Füße trugen ihn zurück in sein Hausbüro, indem er anfing seine Schulsachen zu richten. Als er damit fertig war und sich umwandte fuhr ein Schreck durch seine Knochen. Im Türrahmen stand Joey, mit gesenktem Blick, einen Arm angewinkelte über die Brust gelegt, sich beim zweiten Arm festkrallend. Was hatte der Blonde? "Joey?" fragte Seto sanft. "E... es tut mir leid!" begann Joey leise zu nuscheln. "Ich..." Seine Stimme brach weg. Seto ging auf ihn zu und bemerkte, wie die Schultern bebten. Der Blonde weinte. Aber warum? War es das, worauf er und der Kindergarten die ganzen letzten Wochen gewartet hatten? War das der Nervenzusammenbruch, der sich schon so lange angekündigt hatte? Sanft legte der Brünette einen Arm um die Schultern des anderen, zogen ihn sanft zu sich. Der Blonde krallte sich in sein Hemd, schluchzte kurz laut. Sanft strich Seto ihm über das weiche Haar und langsam fing sich Joey wieder. Immer noch mit Tränen in den Augen hob der Blonde seinen Kopf und schaute ängstlich Seto an. "Ich weiß nicht was in mich gefahren ist. Es ist nur ein Kuchen und nicht mal ein besonders guter! Aber als ich sah, wie er runterfiel... es überkam mich einfach so! Du... du wirst doch jetzt nicht Taiki entlassen oder?" Verdutzt blickte Seto ihn an. Das war es, was dem Blonden gerade zu schaffen gemacht hatte? Dass er - Seto - seinen Koch wegen diesem Missgeschick - und damit indirekt wegen Joey - entlassen würde? Damit hatte der Brünette jetzt nicht gerechnet. "Nein Joey," antwortete der Jungunternehmer schließlich, nach einer Sekunde der Verblüffung, "ich werde Taiki nicht kündigen. Keine Sorge!" "Dann ist okay!" kam es wieder nuschelnd von Joey, der sich langsam von ihm löste und langsam, fast zögerlich das Büro verließ. Nur wenig später machten sie sich auf den Weg zur Schule. Neben ihm, Mokuba und Joey fuhren auch Roland und Robert mit. Robert war in den letzten Wochen immer, wenn Joey das Haus verließ, dessen treuer Schatten. Selbst, wenn sie 'nur' zur Schule gingen. Robert war immer in der Nähe, hatte ein wachsames Auge auf Joey und die Umgebung und hatte die strickte Aufgabe Wheeler Senior davon abzuhalten zu seinem Sohn zu kommen. Seto wollte einfach vermeiden, dass ein erneutes Aufeinanderprallen der beiden Wheeler Joey noch mehr aus der Bahn warf. Als der Wagen das Haupttor passierte fielen dem Jungunternehmer sofort die anwesenden Reporter auf. Seit wann wurde vor seinem Anwesen campiert? Noch nie hatte Seto den Reporter einen Grund geliefert für diese interessant zu sein! Also was hatte sich geändert? Joey rutschte mehr in die Ecke, in der er saß, obwohl er eigentlich wissen musste, dass die abgedunkelten Fenster von außen nicht einsehbar waren. Dennoch schien ihn allein der Gedanke, dass die da draußen von ihm hier drinnen ein Foto machen könnten, schon in Panik zu versetzen. Vorsichtig legte Seto seine Hand auf Joey, der erschrocken zusammenzuckte und seine Hand wegzog. Verängstigt blickte der Blonde zu ihm und Seto beschlich das Gefühl, dass das heute ganz und gar nicht Joey's Tag werden würde. Denn für gewöhnlich hatte er schon am Morgen am Frühstückstisch seine Maske an und verbarg sich hinter seiner gespielt fröhlichen Fassade. Aber seit dem Kuchenvorfall schien ihm das einfach nicht gelingen zu wollen. War das ein Anzeichen dafür, dass Joey keine Kraft mehr besaß, um seinen wahren Gemütszustand zu verbergen? An Mokuba's Schule angekommen stellte der CEO fest, dass auch hier eine Reporterscharr das Schultor belagerte. Das konnte einfach kein Zufall sein. Roland, der vorne beim Fahrer saß, war ausgestiegen und um den Wagen gelaufen, um Mokuba die Tür zu öffnen. Doch bevor er die Tür auch nur soweit öffnen konnte, dass Mokuba aus dem Wagen aussteigen konnte stürmte die Reportermasse an ihn heran. Durch die eine Spalt weit geöffnete Tür konnte man im Fahrgastraum die Fragen der Reporter hören. "Stimmt es, dass Herr Kaiba einen Obdachlosen in der Villa festhält?" drang die aufdringliche Stimme einer Frau herein. "Was ist an dem Gerücht, dass Herr Kaiba sich einen Sexsklaven hält?" fragte eine zweite, diesmal männliche Stimme. "Stimmt es, dass Herr Kaiba einem Freund Zuflucht gewährt, damit dieser nicht ins Gefängnis muss?" fragte eine weitere interessierte Stimme. Die Tür glitt wieder ins Schloss, die Stimmen verblieben außerhalb des Wagens. Geschockt blickte Joey zu der eben noch geöffneten Tür und begann zu zittern. Mit jeder weiteren Frage, die in den Innenraum gedrungen war, war der Blonde ein Stück mehr von der Sitzbank gerutscht und hatte sich mehr Richtung Trennscheibe zum Fahrer zurück gezogen. Seine Hände lagen über seinen Ohren. Ganz offensichtlich wollte er nicht noch mehr Geschichten hören, die sich scheinbar um ihn rankten. Erst als der Sicherheitsdienst der Privatschule endlich ankam, war es Roland möglich die Tür zu öffnen und einen sichtlich schockierten und betroffenen Mokuba aus dem Wagen zu lassen. Roland begleitete Mokuba - nachdem er die Tür wieder geschlossen hatte - durch das Schultor, über den Hof ins das Gebäude hinein, während der Sicherheitsdienst dafür sorgten, dass die Reporter einige Meter Abstand zum Fahrzeug und dem Schuleingang einhielten. Noch ehe Roland zurück gekommen war setzte sich die Limousine wieder in Bewegung. Seto hatte sich neben Joey gekniet, der mittlerweile zusammengerollt auf dem Boden lag und versuchte sich so klein wie möglich zu machen. Das Zittern hatte den gesamten Körper des Blonden ergriffen. "Hiroki?" wandte sich Seto an seinen Fahrer. "Bringen Sie uns nach Hause!" Es war völlig ausgeschlossen, dass sowohl er, als auch Joey heute in die Schule gehen konnten. Nicht in dem Zustand, in dem der Blonde war. "Sofort, Herr Kaiba!" bestätigte der ältere Fahrer, bevor die Trennscheibe wieder zuglitt. Wenige Minuten später fuhr die Limousine wieder auf das Anwesen, vor dem immer noch einige Reporter hofften das Bild des Tages zu schießen oder einen Kommentar auf ihre Fragen zu erhalten. Doch darauf konnten sie lange warten, wie Seto fand! Sanft rüttelte der Brünette an Joey Schulter, als der Wagen zum Stillstand gekommen war. Nur sehr langsam gelang es dem Jungunternehmer zu dem Blonden durchzudringen und ihn dazu zu bewegen, aus dem Wagen auszusteigen. Doch schließlich setzte er sich wieder auf, krabbelte förmlich zur Tür und stieg im Schutz der Begrünung aus dem Wagen. Völlig ermattet wirkend ließ sich der Blonde von ihm zur Haustür führen, löste sich dann und zog sich in sein Zimmer zurück. Seto blickte ihm noch kurz hinterher. Als er das Türschloss hörte, war er sicher, dass sich Joey hinlegen würde. Also kehrte er in sein Büro zurück und tätigte einige Anrufe. Erst von seinem PR-Manager erfuhr Seto, dass Wheeler Senior scheinbar wieder aufgetaucht war. Nicht nur hatte der Mann am Wochenende eine Vermisstenanzeige für seinen Sohn bei der Polizei aufgegeben, wodurch natürlich auch das Jugendamt auf die Sachlage mit Joey aufmerksam geworden war, sondern hatte sich heute Morgen an die weniger seriösen Tagesblätter der Stadt gewandt. Dieser abgehalfterte Säufer hatte ganz offensichtlich versucht eine Story an diese Schmierblätter zu verkaufen, die manche sogar gebracht hatten. In dieser Story erzählte der Mann davon, wie er sich mit seinem Sohn gestritten hätte, weil er mit dessen Lebenswandel und Zugehörigkeit zu einer Gang nicht einverstanden war. Im Streit sei Joey dann weggelaufen und habe einige Tage auf der Straße zugebracht, bevor sein Mitschüler und Erzrivale Seto Kaiba ihn entdeckt und erpresst hätte. Seitdem würde Joey als sein persönliches Spielzeug und Sklave in der Villa festgehalten werden und keiner wüsste, was er mit dem Blonden machen würde. Jeder Versuch seitens des Vaters zu seinem Sohn zu kommen wurden von den Leibwächter des Millionärs abgeblockt. Man habe ihm sogar gedroht, ihn aus dem Weg zu räumen! Seto lief es eiskalt über den Rücken, als er das hörte. Er... das unberechenbare, eiskalte Wunderkind in der Geschäftswelt, dass eine drittklassige Rüstungsfirma zu dem führenden Spieleunternehmen umstrukturiert hatte, den Gewinn der Firma in den ersten zwei Jahren verzehnfacht und sich vor Gericht seine vorzeitige Volljährigkeit erkämpft hatte, der niemals auch nur eine Spur von Emotionen zeigte und offiziell gar kein Herz besaß... er sollte jetzt also einen Sklaven halten? Wie konnte Joey's Vater eine solche Geschichte über seinen eigenen Sohn verkaufen? War ihm denn nicht klar, dass die Geschichte Joey anhängen würde und eventuell sogar seine Zukunft in der Wahl seiner Universität einschränken könnte? Was bezweckte dieser Mann nur mit seinem Verhalten? Ging es ihm um das schnelle Geld, das eine solche reißerische Story bringen konnte, oder wollte er gezielt dem Blonden schaden? Ging es dem Säufer tatsächlich darum seinen Sohn zu Grunde zu richten? Joey durfte auf keine Fall in seiner aktuellen Verfassung davon erfahren! Weder, was für Stories kursierten, noch davon, wer diese Geschichten in die Welt gesetzt hatte. Eine Angst keimte in Seto. Eine Angst vor der Reaktion des Blonden, wenn er erfuhr, dass sein Vater wieder da war. Er bellte kurz Anweisungen in das Telefon, damit sein PR-Manager alles tat, um diese Geschichten zu stoppen! Dann legte der Brünette auf. Gerade als er aufstehen wollte klopfte es an der Tür und Roland kam herein. Er besprach sich kurz mit seinem Assistenten und ließ ihn einige Sachen in die Wege leiten. Dinge, die sie vielleicht bald brauchen könnten. Am späten Nachmittag kam Mokuba nach Hause. In den Vormittagsstunden hatten die Reporter, die sowohl vor dem Anwesen, als auch vor Mokuba's Schule Position bezogen hatten, sich verflüchtigt. Scheinbar hatte sein PR-Manager seine Arbeit gemacht und an der richtigen Stelle Druck ausgeübt! Also bestiegen die beiden Brüder die Treppe in das obere Stockwerk und klopften vorsichtig an Joey Tür, erhielten aber keine Antwort. Sie beschlossen ihn noch ein wenig in Ruhe zu lassen und zu warten, bis er von sich aus wieder zu ihnen stoßen würden. Als er am Abend zum Essen runterkam war er wieder der Alte. Zwar sah man ihm an, dass er ein weiteres Mal geweint haben musste, doch er trug seine Fassade zur Schau und ließ einen dummen Spruch nach dem anderen vom Stapel um seine Reaktion am Morgen ins Lächerliche zu ziehen und runter zuspielen. So schnell wie die Geschichte über Seto und Joey hochgekommen war, so schnell war sie auch wieder im Nichts verschwunden. Wenn es doch mit dem Verursacher auch nur so einfach gewesen wäre... Kapitel 16: Das Ende einer Ära ------------------------------ Kapitel 16 - Das Ende einer Ära Nach der Beinahe-Katastrophe der vergangenen Woche stand diese und die nächste Woche die großen Abschlussprüfungen an. Sie alle hatten noch einmal in den letzten Tagen rangeklotzt und gelernt, um sich auf diese zwei Wochen bestens vorzubereiten. Selbst Seto hatte sich der Gruppe zum Lernen angeschlossen. Weniger, weil er lernen wollte, als vielmehr um Joey im Auge zu behalten. Dem Brünetten war bewusst, dass es jederzeit so weit sein konnte, dass Joey zusammenbrach. Er wollte dann sofort da sein und eingreifen können. Nach und nach hatte er auch Yugi und Tristan als Joey's beste Freunde in die Situation eingeweiht und über sein Vorhaben informiert, Joey bei Bedarf sofort in eine nahe Klinik einweisen zu lassen. Um Joey etwas Druck von den Schultern zu nehmen hatte Seto sogar eine Sondergenehmigung an der Schule erwirkt, dass der Blonde die meisten seiner Prüfungen als Referat halten durfte, da dieser durch eine Lernschwäche sein Wissen nicht durch eine schriftliche Prüfung richtig präsentieren konnte. Klar, war es für die Schule ein Mehraufwand, aber in der heutigen Zeit waren solche Ausnahmen keine wirkliche Ausnahmen mehr. Die notwendigen Bescheinigungen beizubringen war sogar relativ einfach gewesen! So hatte Joey nur eine Prüfung, die er schriftlich ablegen musste: Mathematik. Durch den intensiven Kontakt mit dem Kindergarten war Seto sogar gezwungen gewesen seine Meinung über sie zu revidieren. Hatte er sie noch vor gut drei Monaten für infantile Schwachköpfe gehalten, hatte er jetzt erkannt, dass sie in ihren Bereichen und auf ihre Art durchaus was auf dem Kasten hatten. Vor allem Yugi hatte bewiesen, dass er ein ausgeprägtes Feingefühl besaß. In einem ruhigen Moment hatte der Brünette sich mit dem Mini-Punker ein wenig unterhalten und festgestellt, dass Yugi schon immer seine Zweifel an Joey's Geschichten über seine Verletzungen gehabt hatte. Er hatte Seto anvertraut, dass er vermutete, dass Joey's Vater für die meisten Verletzungen des Blonden verantwortlich sei, was auch erklärte, warum es dem Säufer egal wäre, wo sein Sohn abgeblieben war. Seto wusste nicht warum, aber er bestätigte Yugi seine Vermutung, sagte aber nicht mehr dazu. Der Jungunternehmer wollte dem Blonden nicht vorgreifen, falls dieser sich irgendwann dazu entschied vor sich und seinen Freunden die Wahrheit preis zu geben. Am Tag der Matheprüfung gelang es Joey einfach nicht seine Maske aufzusetzen und Mokuba und ihm etwas vorzuspielen. Den ganzen Morgen war er total aufgedreht, konnte nichts essen, trank einen schwarzen Kaffee nach dem anderen und musste kurz darauf auf Toilette. Sowohl Mokuba, als auch Roland, Robert und Takeaki blickten auffordernd zu Seto. Sie alle hatten in den letzten Wochen eines recht deutlich gelernt: Kritik konnte Joey nur von Seto entgegen nehmen. Keiner von ihnen wusste genau, wieso das so war. Nur eben das es so und nicht anders war. Als Joey also erneut nach der Kaffeekanne griff, um sich eine weitere Tasse zu genehmigen, griff Seto sanft nach der Hand des Blonden und hielt ihn in seinem Vorhaben auf. Sanft zog er den Blonden zum Esstisch, schob einen Stuhl etwas zurecht und bedeutete seinem Gegenüber sich hinzusetzen. Unsicher blickte das Nervenbündel in die die blauen, ruhigen Augen des Jungunternehmers. "Du kannst den Stoff!" kam es ruhig von Seto. "Wir haben ihn geübt. Wiederholt! Auch als Prüfungssituation! Es gibt nichts an der Prüfung, worauf wir uns nicht vorbereitet haben!" Tatsächlich kehrte etwas Ruhe in den Blonden ein und er lächelte dankbar dem Brünetten entgegen. War das ein Zeichen für Vertrauen, fragte sich Seto insgeheim. Wenn nicht das, was dann? Er vertraute ihm so sehr, dass der Blonde seinen Worten Glauben schenkte. Noch eindeutiger konnte der Blonde ihm nicht demonstrieren, dass er ihm vertraute. Warum sperrte er ihn also nach wie vor in der Nacht aus? Nein! Stopp! Das war nicht der Zeitpunkt, um sich über diese Frage den Kopf zu zerbrechen. Erst mussten sie diese letzte Prüfung über die Bühne bringen. Dann... ja dann würden sie alle Zeit der Welt haben das nächste Problem anzugehen! Die Ausrede, dass Joey für die Abschlussprüfung lernen musste, würde es dann nicht mehr geben. Sie würden reden... DANACH! Wenige Stunden später war alles vorbei! Joey hatte ein halbes Dutzend Bleistifte zerkaut, aber er hatte seine Mathematikprüfung abgegeben. Als sie vor der Schule gemeinsam mit seinen Freunden standen beteuert er immer wieder, dass er gar kein so schlechtes Gefühl hatte, was diese eine schriftliche Prüfung betraf. Noch immer wirkte der Kaffee deutlich nach, denn er war wesentlich aufgedrehter, als wenn er 'nur' seine Fassade zur Schau stellte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie hier einfach so rumstanden! Das war eines der Dinge gewesen, die sich merklich an dem Blonden gewandelt hatte. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus scheute er es sich frei in der Stadt zu bewegen. Das entspannte Schlendern durch die Arkade oder das Abhängen mit Tristan in irgendeiner Spielhalle war fast gänzlich gestrichen. Der Blonde hatte sich nur noch von der Villa zur Schule und schließlich wieder zur Villa bewegt. Der Brünette vermutete, dass es daran lag, dass Joey nicht wusste wo sein Vater abgeblieben war und damit rechnete, dass dieser jederzeit irgendwo auftauchen würde, um ihn zurück in den Albtraum seines früheren Lebens zu zerren. Aber das würde Seto niemals zulassen. Sie hatten jetzt Mitte Juli und es war nur noch ein knappes halbes Jahr, bis Joey im kommenden Januar achtzehn werden würde. Dann würde sein Vater rechtlich gesehen keine Macht mehr über den Blonden haben. Langsam neigte sich ihr Beisammensein dem Ende, als Seto die Limousine weiter vorne einbogen sah. Sie hatten sich alle darauf geeinigt, dass sie sich später bei Seto treffen würden, um das Ende der schriftlichen Prüfungen zu feiern. Ihre Klassenstufe war damit bis nächste Woche freigestellt. Im Laufe der Restwoche würden die einzelnen Schüler noch erfahren, zu welchen mündlichen Prüfungen sie mussten, aber das traf nicht auf Joey zu. Der hatte bis auf Mathe alle mündlich absolviert. Also keine weitere mündliche Prüfung für den Blonden. Als sich die Gruppe am späten Nachmittag in der Villa einfand begannen sie darüber zu sprechen, wer was nun machen würden. Kaum einer war überrascht, als Tea von ihren Plänen berichtete, nach New York an die Juilliard School für Musik, Tanz und Schauspiel zu gehen, um dort aus ihrer Leidenschaft - dem Tanzen - etwas brauchbares zu entwickeln,. Yugi wollte in Domino bleiben! Einerseits, weil er sich weiterhin um seinen Großvater sorgen wollte, der auch nicht jünger wurde, andererseits weil er ohnehin noch nicht so recht wusste, wohin ihn sein Weg nun führen sollte. Tristan wollte eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker machen, mit dem Schwerpunkt auf Motorräder. Vielleicht würde er nach seiner Ausbildung noch etwas Studieren, denn sein Ziel war es später einmal Motorräder zu entwerfen und zu designen. Ryou verkündete, dass er wohl in die Fußstapfen seines Vaters treten würde und Archäologie studieren wollte. Bei Duke und Seto erübrigte sich die Frage nach ihren Zukunftsplänen. Beide waren bereits erfolgreiche Geschäftsmänner mit ansehnlichen Firmen. Also richteten sich die Augen auf den Blonden, der sich selbst bislang nur wenig in die Unterhaltung eingebracht hatte. Als ihm das bewusst wurde grinste er verlegen in die Runde und gab offen zu, dass er sich darüber noch keine Gedanken gemacht hatte, da er erst einmal seine Noten der Prüfung abwarten wollte. Je nachdem, was ihn da erwartete, würde er sich dann entscheiden. Kapitel 17: Zukunftspläne ------------------------- Kapitel 17 - Zukunftspläne In den folgenden Tagen war der Kindergarten öfters zu Besuch und hingen mit Joey überwiegend am Pool der Villa zusammen ab. Sie waren vergnügt und genossen ihre letzte Zeit zusammen. Ihnen alle war bewusst, dass sie nach dem Sommer wohl unterschiedliche Wege beschreiten würden. Vielleicht würden sie sich sogar teilweise aus den Augen verlieren. Also wollten sie jetzt noch einmal ihr 'Ding' zelebrieren. Doch an diesem Abend hatte Seto sein Haus und Joey für sich alleine. Er musste noch ein wenig Arbeit erledigen und Joey saß mit einem Zeichenblock auf den Beinen bei ihm im Büro auf der Couch und zeichnete. "Joey?" eröffnete Seto das Gespräch. "Hm?" kam es gedankenversunken von dem Blonden. "Ich hab dich schon öfters dabei beobachtet, wie du zeichnest." meinte Seto, während er aufstand und langsam in die Sitzecke rüber schlenderte. "Aber noch nie hast du mir etwas gezeigt... darf ich mir... das was du gerade zu Papier bringst anschauen?" Joey sah von seinem Block zu dem Brünetten auf und eine leichte Röte legte sich auf seine Wangen. "Es... es ist noch nicht fertig!" nuschelte der Blonde nur. "Hm... und was ist mit der Zeichnung vor dieser?" hakte Seto weiter nach. "Bis jetzt wollte noch keiner meine Zeichnungen sehen!" kam es unsicher von seinem Gegenüber. Seto war vor ihm in die Hocke gegangen, so dass er zu dem Blonden aufschauen musste. "Ich würde sie sehr gerne sehen!" gab der Brünette ehrlich zu. Eher zögerlich nahm Joey seine Beine von der Couch und reichte Seto zögerlich seinen Skizzenblock. Seto bestaunte die - noch unfertige - Zeichnung, an der der Blonde wohl bis eben gearbeitet hatte. Es war eine detailreiche Zeichnung der Villa. Dabei hatte Joey wirklich auf jedes Detail geachtet und es eingearbeitet. Es sah einfach perfekt aus. Links die Einfahrt, die drei großen Tannen, die Fassade mit all ihren Kleinigkeiten und der große Kirschbaum in voller Blüte. Seto stutzte plötzlich. Der Kirschbaum stand in voller Blüte, als Joey aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Dann fiel Seto ein weiteres Detail in der Zeichnung auf: Die Pagode, die man aus dieser Perspektive gerade noch so hinter der Villa sehen konnte war durch einen kleinen weißen Drachen ergänzt worden, der perfekt zur Architektur des kleinen Regenstandes passte. Als Seto die Seite umschlug kam eine Seite mit zwei Drachen zum Vorschein. Es handelte sich dabei um den weißen Drachen, den Seto so sehr liebte, und den schwarzen Rotaugendrache, der Joey's Lieblingskarte entsprach. Schon merkwürdig, dass sie beide eine Drachenkarte als ihre favorisierte Karte gewählt hatten. Eine Gemeinsamkeit, die Seto erst jetzt das erste Mal wirklich bewusst wurden. Beide Drachen waren eng umschlungen und bildeten eine kontrastreiche Zeichnung. Sie wirkten fast wie Liebenden, die sich umschmeichelten und liebkosten. Als Seto aufsah, bemerkte er, wie Joey verlegen wegschaute. Wieder schlug Seto eine Seite des Blockes zurück. Auf ihr war der Kaibatower in einer ähnlichen Deteilverliebtheit abgebildet, wie einige Seiten zuvor die Villa. Alles passte perfekt und auch hier hatte Joey sich die Freiheit genommen genau an den passenden Stellen Drachenskulpturen in die Fassade einzuzeichnen. Diese Idee gefiel Seto enorm gut und fragte sich, ob sich diese Vorlage verwirklichen ließ. "Sag mal Joey?" setzte Seto ein weiteres Mal an, während er sich weitere Zeichnungen des Blonden anschaute. "Hm?" erwiderte dieser wieder nur. "Wenn Geld und Noten keine Rollen spielen würden, was würdest du dann als Nächstes machen?" fragte Seto. "Hm..." kam es nachdenklich von Joey, "Ich würde versuchen auf das Pratt Institute in New York City zu kommen und dort Kunst zu studieren!" Die Antwort erschreckte Seto ein wenig. Ein Studium im Ausland! In den USA! Weit weg von ihm, Domino und dem, was zwischen ihnen vielleicht mal entstehen würde. "Warum gehst du dann nicht?" fragte Seto. "Hm, weil Geld und Noten nun mal eine Rolle spielen!" kam es resigniert von Joey. "Ich bin mir sicher, dass deine Noten in den Abschlussarbeiten hervorragend sein werden!" kam es ermutigend von dem Jungunternehmer, der selbst kaum glaubte, was er von sich gab. Er bestärkte den Blonden in seinem Wunsch weg zu gehen. Ihn hier zurück zu lassen! Aber auf der anderen Seite wollte Seto niemals etwas anderes, als dass Joey glücklich wurde. Und wenn ihn ein Studium an diesem Pratt Institut glücklich machen würde... dann wollte Seto alles dafür tun, dass der Blonde sich diesen Traum erfüllte. "Selbst wenn," kam es leise von Joey, "fehlt mir immer noch das Geld für ein Studium in Mannhatten!" "Wie kommst du darauf?" hakte Seto jetzt überrascht nach. Jetzt war es Joey, der verblüfft aufblickte, nicht verstehend, worauf der Brünette hinaus wollte. "Jack hat dir ein großzügiges Treuhandkonto eingerichtet!" erklärte Seto. "Das reicht allemal für ein Studium in New York und darüber hinaus!" "Nein!" kam es kopfschüttelnd von dem Blonden. "Warum nicht?" hakte Seto weiter nach. "Weil... sich das falsch anfühlt!" platzte es aus dem anderen heraus. "Im Grunde kenn ich Jack doch gar nicht. Wie kann ich da von ihm so 'ne Summe annehmen? Neee... das geht nicht! Auf gar keinen Fall!" "Und wenn ich dir das Geld für ein Studium gebe?" bot Seto an. "Was?" kam es erstaunt von Joey. "Du hast Talent, Joey!" erklärte Seto, "Du solltest etwas daraus machen!" "Aber ich kann mich doch nicht einfach von dir durch finanzieren lassen!" wiegelte Joey ab. "Nein... das würde sich genauso falsch anfühlen, wie wenn ich das Geld von Jack nehme!" Seto konnte nicht anders, als diese Einstellung des Blonden bewundern. Er wollte keine Almosen und niemanden auf der Tasche liegen. Er wollte selbst sein Ziel erreichen und sich nicht dahin tragen lassen. Nicht anders hatte ihn Seto zu Beginn der Oberschule kennen und lieben gelernt. Der Brünette stockte kurz, als ihm bewusst wurde, was er da gedacht hatte. "Okay!" kam es von Seto mit einem herausforderndem Lächeln, "Wie wär dann folgendes: Ich stell dich für ein Jahr in meiner Firma im Art Department an! Du stellst mir dein Talent und deine Kreativität zur Verfügung und ich entlohne dich, wie jeden anderen Angestellten dafür. Du sparst dir das Gehalt und arbeitest parallel an einer Mappe, die du im Winter als Bewerbung für die Pratt einreichst. Die wären schön blöd, wenn sie dich ablehnen würden. Bis dein Studium nächstes Jahr dann los geht hast du mehr als genug verdient und kannst dann als freischaffender Mitarbeiter während deines Studiums weiterhin für mich arbeiten!" Völlig entgeistert blickte Jeoy ihn an. Seto konnte die Frage des anderen in dessen Gesicht ablesen. Und die Antwort war 'Ja!'. Ja, der Vorschlag war Seto's Ernst gewesen. "Nein, das geht doch nicht!" kam es abwehrend von Joey, der ihm scheinbar das Angebot nicht wirklich glauben wollte. "Sicherlich träum ich gerade und wach gleich auf!" Auf Seto's Gesicht schlich sich ein Schmunzeln. Das klang ja fast so, als hätte der Blonde schon öfters davon geträumt für ihn zu arbeiten. "Ich mein es ernst, Joey!" bestärkte Seto noch einmal sein Interesse, "Du hast mehr Talent, als die, die ich derzeit im Art Department beschäftige! Ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal etwas wie deine Zeichnungen gesehen habe, was mich so begeistert hat!" Die seichte Röte auf Joey's Gesicht gewann an Intensität. Scheinbar war der Blonde es ganz und gar nicht gewöhnt für sein Talent gelobt zu werden. Noch immer den Skizzenblock in der Hand haltend stand Seto auf und ging zu seinem Schreibtisch. Einige Klicks am Laptop später begann der Drucker mehrere Seiten zu drucken. Nach kaum einer Minute griff Seto sich die Papiere in der Druckausgabe und ging wieder zu Joey rüber. Diesem legte er den Vertrag vor. Es war ein Standardarbeitsvertrag, wie er ihn für gewöhnlich für kreative Mitarbeiter nutzte. Joey nahm das mehrseitige Dokument in die Hand und begann ihn durchzulesen. Während der Blonde mit Lesen beschäftigt war, blätterte Seto weiter im fast vollen Skizzenblock. Er stieß auf eine Dreiviertel-Profilzeichnung von Mokuba, die sein Wesen so gut einfing, dass der Brünette befürchtete sein Bruder würde jeden Augenblick aus dem Block ihm entgegen springen. Eine Seite weiter fand er eine Zeichnung von Mokuba und sich. Die Szene kam ihm bekannt vor. Das musste im letzten Jahr gewesen sein, als er und sein kleiner Bruder den Freizeitpark eingeweiht hatten. War der Blonde etwa bei der Einweihung gewesen? Gesehen hatte der Brünette ihn nicht. Er schlug die Seite weiter um und kam zu einem Bild, in dem der weiße Drache im Kampf gegen mehrere andere Drachen war. Es war erstaunlich, wie viele Details der Blonde eingebaut hatte. Diese Szene hatte das Potential eine Szene in der neuen Duell Disc zu werden. "Das ist aus deinem Kampf gegen Weevil, der da haushoch gegen dich verloren hatte!" kommentierte Joey. "Mein Kampf gegen... wen? Ist das nicht schon fast drei Jahre her?" hakte Seto verdutzt nach. "Benutzt du den Block schon so lange?" "Nö... den Block hab ich mir nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus gegönnt!" gab Joey zu. "Aber..." verstand Seto gerade nichts. "Wie hast du dich an diese Szene erinnert?" "Ich wollte sie schon länger zeichnen," meinte Joey beiläufig, "aber ich hab erst neulich die Gelegenheit dazu gefunden!" "Und du hast dich einfach so an all die Kleinigkeiten hier und da erinnert?" hakte Seto weiter nach. "Hm-ja!" war die schlichte Antwort, während sich Joey wieder dem Vertrag zuwandte. Er war kaum weiter gekommen mit diesem, wie Seto jetzt auffiel. Der Brünette nahm dem Blonden den Vertrag aus der Hand, der nur verdutzt zu ihm blickte. "Kann es sein, dass du dich an alles, was du siehst erinnern kannst?" fragte Seto prüfend nach. Ertappt sah Joey ihn an. Dann schüttelte er seicht den Kopf. "Nein..." kam es leise von Joey. "Wenn es um Texte oder Zahlen geht, funktioniert das Erinnern nicht so wirklich!" "Aber alles andere schon?" kam es ungläubig von Seto. "Na ja, alles was ich zeichnerisch wiedergeben kann, ja..." lenkte Joey ein. "Das ist Wahnsinn!" merkte Seto an. Wieder errötete Joey verlegen. "Warum klappt das bei Texten nicht?" kam es schließlich vom Brünetten. "Keine Ahnung!" kam es frustriert von Joey. "Vielleicht weil die Buchstaben hin und her springen?" "Sie springen hin und her?" kam es verwirrt von Seto. "Deshalb hast du so Probleme in den Klassenarbeiten gehabt?" Verlegen wandte Joey seinen Blick ab. Scheinbar war es ihm unangenehm, dass Seto erkannt hatte, warum dem Blonden schriftliche Prüfungen so schwer fielen. "Bin halt nicht der Klügste!" kam es leise von Joey. Sanft legte Seto seine Hand unter Joey's Kinn und wandte ihn und seinen Blick wieder zu sich. "Das hat nichts mit Intelligenz zu tun," konterte der Brünette, "das nennt man Legasthenie. Mit etwas Übung und den richtigen Strategien kann man das in den Griff kriegen!" Joey blickte ihn wie gebannt an. Auch Seto spürte etwas, was sich zwischen ihnen aufbaute. Doch er folgte seinem Gefühl und dem ersten Impuls - Joey einfach zu küssen - nicht. Er entließ Joey aus seinem Griff und gab ihm den Vertrag zurück. "Sollen wir den Vertrag gemeinsam durchgehen?" fragte der Brünette. "Ne," kam es leise von Joey, "geht schon!" Während sich Joey alleine durch die Textdschungel des Vertrags kämpfte blätterte Seto den Skizzenblock weiter durch. Ihm fiel auf, je weiter er zum Anfang des Blockes kam, desto häufiger war er selbst das dargestellte Motiv. Bis er schließlich auf der ersten Seite ankam und eine Zeichnung von sich und Joey fand, wie sie eng umschlungen dastanden und sich inniglich küssten. Plötzlich wurde ihm der Block aus den Händen gerissen und sofort zugeklappt. Als er aufblickte sah er Joey mit hochrotem Kopf, der auch schon aufsprang und aus dem Büro eilen wollte. Seto sprang auch auf und bekam Joey's Handgelenk zu greifen. Also blieb der Brünette stehen, wodurch Joey zurück gezogen wurde. Immer noch mit hochrotem Kopf und gesenktem Blick stand Joey vor ihm. Sanft legte Seto erneut einen Finger unter Joey's Kopf und hob ihn, bis der Blonde mit seinen honigbraunen Augen ihn anschauen musste. Langsam beugte sich Seto zu ihm, bis sich ihre Lippen berührten. Vorsichtig. Sanft. Mit leichtem Druck. Und nach einem Augenblick der Starre lehnte sich Joey in den Kuss und erwiderte ihn. Seto legte eine Hand um Joey's Hüfte und zog ihn näher an sich ran. Das alles, Joey zu küssen und ihn so nah bei sich zu haben, fühlte sich einfach richtig an und Seto verstand nicht, warum er so lange gewartet hatte! Als sie sich einige Minuten später von einander trennten und Joey langsam seine Augen wieder öffnete, blickte er ihn nur ungläubig an. "Das muss definitiv ein Traum sein!" murmelte der Blonde. "Sicher kein Traum!" kommentierte Seto mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht. "..." Joey war sprachlos. "Ich liebe dich, Joey!" hauchte er dem Blonden entgegen. "..." Joey stand mit offenen Mund vor ihm und schien das alles nicht realisieren zu können. Sanft strich Seto seinem Gegenüber über die Wange und sah, wie sehr Joey diese einfache Berührung genoss. Auch wenn der Blonde nicht dazu in der Lage war ihm die drei Worten zu sagen, machte diese Reaktion, sowie die Bilder auf seinem Skizzenblock, es doch ganz deutlich, dass er Seto's Gefühle teilte. Kapitel 18: Ein wenig Glück --------------------------- Kapitel 18 - Ein wenig Glück Vorsichtig streckte sich Seto, als er an diesem Morgen langsam wach wurde. Dann legte er seinen Arm wieder um den noch leblosen Körper, der dort - eng an ihn gepresst - lag und immer noch im Land der Träume schlummerte. Das blonde Haar stand wirr in alle Richtungen ab. Ein Arm des Blonden lag quer über Seto's Bauch und Brust. So entspannt hatte Seto den Blonden schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Es war merkwürdig. Noch letzte Woche stand der Blonde kurz vor einem Nervenzusammenbruch und jetzt, hier in seinem Arm, wirkte er so ausgeglichen und wie früher. Doch war 'wie früher' wirklich gut? War das nicht nur eine Maske, die Joey getragen hatte, um darüber hinwegzutäuschen, was er scheinbar tagtäglich erleben musste? Langsam kam Bewegung in den Blonden. Sanft strich Seto dem Blonden über den Nacken. Behutsam. Er wollte ihn nicht erschrecken. Nur zu gut wusste er, wie der andere reagierte, wenn er erwachte und mit etwas konfrontiert wurde, was er nicht erwartete. Doch dann öffnete der Blonde langsam seine honigbraunen Augen und blickte Seto an. Seto wusste nicht genau, ob oder wie er reagieren sollte. Dann lächelte ihn Joey an. Dieses Lächeln war das schönste, was Seto jemals gesehen hatte. Mental stoppte Seto kurz. Tadelte sich stumm selbst. Schwulstiger Mist! "Guten Morgen" kam es von Joey, der immer noch in seinem Arm lag, zu ihm aufblickte und lächelte. Aber nicht eines dieser einstudierten Lächeln. Es sah anders, ehrlicher aus. Sanft strich Seto ihm über die Wange. "Morgen!" kam es von dem Jungunternehmer. Zögerlich schob sich der Blonde an ihm hoch, legte seine Lippen auf Seto's. Überrascht davon, dass der Jüngere die Initiative übernommen hatte erwiderte Seto den Kuss sanft. Der andere wirkte wie ausgetauscht. "Hm..." kam es zufrieden von dem Blonden, als ihr Kuss endete, "so könnte ich wirklich jeden Tag beginnen!" "Was hindert dich daran?" fragte Seto mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. "Häää?" kam es nun verwirrt von Joey. "Von mir aus, können wir jeden Tag so beginnen, wie diesen, solange es dich glücklich macht!" kam es von Seto, der ihm sanft über den Rücken strich. Joey setzte sich schlagartig auf, sah ihn sprachlos mit großen Augen an und schien völlig überrascht. "Hey, alles in Ordnung?" fragte Seto besorgt. "Ich... bin mir nicht sicher, dass ich dich richtig verstehe!" kam es unsicher vom Blonden. "Ich hab es dir gestern schon gesagt," setzte Seto erneut an, während er sich ebenfalls aufsetzte. "Ich liebe dich!" "Du..." stammelte Joey immer noch, wie vom Blitz getroffen. "... meinst das wirklich ernst, oder?" Seto musste sanft lachen, während er näher an Joey ran rückte und ihm eine Strähne aus dem Gesicht strich. "Ja!" kam es schlicht von dem Brünetten. Joey saß einen Moment ohne Regung da. Vorsichtig legte Seto seine Hand an die Wange des Blonden. "Hab ich dir jetzt Angst gemacht?" fragte der Jungunternehmer seichte nach. Joey blinzelte irritiert. "Nein!" kam es leise von ihm schließlich. "Ich bin nur überrascht!" "Von was?" hakte Seto nach. "Von dir!" antwortete ihm der Blonde. "Von mir?" kam es verwirrt von Seto. "Nun ja, ich hätte dich nie für den Beziehungstyp gehalten!" gestand ihm Joey. "Ich hatte auch noch nie eine Beziehung," gestand Seto ihm, "aber mit dir würde ich es sehr gerne versuchen!" Ungläubig starrte Joey ihn an und Seto hoffte inständig, den Blonden mit dieser Offenheit nicht zu verschrecken. Plötzlich wurden Joey's Augen wieder groß und er sprang ihm um den Hals, während er spürte, wie der Blonde seine Lippen auf seine eigenen legte. Durch den Schwung kippte Seto wieder nach hinten in seine Kissen und zog Joey mit sich, während sie in einem tiefen Kuss versunken waren. Sie wurden jäh unterbrochen, als etwas scheppernd zu Boden fiel. Sie schreckten gemeinsam hoch und blickten zur Zimmertür, in der Mokuba mit großen Augen und offenem Mund stand. Scheinbar hatte er bis eben ein Tablett mit einem Frühstück für Seto getragen, was nun auf dem Boden verteilt lag. Wie vom Blitz getroffen stand der jüngere Kaiba einfach nur da und schien nicht glauben zu können was er sah. Dann stahl sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht. "Sorry, wollt nicht stören... ähm.. macht ruhig weiter!" kam es mit glücklicher Stimme von dem Schwarzhaarigen, der sich sofort umdrehte und weglief. Joey und Seto blickten sich kurz an und mussten dann auch lachen. Lachend ließen sie sich rücklings wieder in die Kissen fallen. Kapitel 19: Coming Out ---------------------- Kapitel 19 - Coming Out Er saß zusammen mit Seto und seinen Freunden im Wohnzimmer des Herrenhaus, dass er seit etwas mehr als drei Monaten sein Zuhause nannte. Sie feierten ein wenig, denn die letzten von ihnen waren endlich auch durch die mündliche Prüfung durch und nun hatten sie alle die Gewissheit, ihren Abschluss fest in der Tasche zu haben. "Was wirst du morgen tragen?" fragte ihn Yugi gerade. "Morgen?" kam es verwirrt von dem Blonden. "Erde an Joey!" kam es von Tristan. "Der Abschlussball, Mann!" Der Abschlussball! Den hatte er ja völlig vergessen. Aber große Lust auf dieses 'Ereignis' hatte er nicht wirklich, konnte aber auch nicht so genau sagen, warum das so war. "Ich geh nicht hin!" gab er daher als Antwort. "Wie du gehst nicht hin?" kam es ungläubig von Tea. "Du kannst doch so ein Event nicht einfach sausen lassen!" "Tea hat recht," pflichtete ihr Yugi bei. "Komm schon, es gibt nur einen Abschlussball im Leben... willst du den wirklich verpassen?" "Wenn's um das Thema Date geht," begann Tea, "dann kann ich meine Freundin Sakura fragen, ob sie mit dir geht! Sie hat auch noch kein Date!" "Nein, nein! Kein Bedarf!" winkte Joey dümmlich grinsend ab. "Also haste jemanden, den du fragen könntest?" bohrte Tristan grinsend weiter. "Ähm.. ja, nein... also... uffs!" stammelte sich Joey durch das - sich zu einem Verhör weiterentwickelte - Gespräch. "Ja, was denn nun Joey?" kam es ungehalten von Tea, die ihre Hände in die Seite gestemmt hatte und ihn nun auf diese typische Weise anblickte, von der er wusste, dass sie Blut geleckt hatte und erst mit einer zufriedenstellenden Antwort von ihm ablassen würde. "Du hast eine Freundin!" kam es von Duke, der begann fett zu grinsen. "Wer ist sie? Ist sie von unserer Schule?" Joey versuchte weiterhin 'normal' zu wirken. Das er schwul war, hatte er nie jemanden erzählt. Es hatte auch nie eine Situation gegeben, in der er das hätte ansprechen können oder sich dazu genötigt gefühlt hätte, es offen zuzugeben. Jetzt war er endlich mit seiner heimlichen Liebe zusammen und konnte sein Glück nicht mit seinen Freunden teilen. Einerseits aus Angst, wie sie reagieren würden, wenn sie erfuhren, dass er schwul war. Andererseits weil er genau wusste, dass es Seto nicht recht wäre, wenn er es hinaus posaunten. Aber er hatte auch keinen Bock sich zum Schein von Tea mit irgendeiner ihrer skurrilen Freundin verkuppeln zu lassen und sei es nur für einen Abend. Im Augenwinkel bemerkte Joey, wie Seto - der bei solchen Treffen immer irgendwo an der Wand lehnte - sich in Bewegung setzte. Wollte er ihn jetzt hier in dieser Situation etwa alleine lassen? "Na komm schon, Kumpel," kam es ungeduldig von Tristan, "Wer ist es?" Plötzlich ließ sich Seto neben ihn auf die Couch nieder. "Ich bin es!" kam es trocken von Seto. Alle fingen an zu lachen, als hätte Seto einen wirklich guten Scherz gemacht. Erleichterung machte sich in Joey breit, dem für einen Moment das Herz in der Brust stehen geblieben war. Sie hatten das Coming out für einen Scherz gehalten... Sehr... waaas machte Seto denn da? Der Brünette hatte sich zu ihm gebeugt und küsste ihn leidenschaftlich. Augenblicklich verstummte das Lachen seiner Freunde. Joey war hin- und hergerissen zwischen dem unglaublichen Kuss und der Angst, vor der Reaktion seiner Freunde. Nach einem Moment endete der Kuss und Seto blickte scharf in die Runde, während er eine seiner Hände auf eine des Blonden legte, der sie total verkrampft in sein Hosenbein gekrallt hatte. Tea saß mit weit offenem Mund da. Ebenso Ryou und Yugi. Duke hatte einen Mundwinkel grinsend nach oben geschoben und spielte mit einem seiner Würfel, ohne wirklich zu ihm zu schauen. Tristan... saß wie versteinert da, bis Duke ihm mit dem Ellenbogen in die Seite stieß. "Ich glaub, du schuldest mir ein Wochenende!" kam es nur süffisant von Duke. Langsam schien Tristan aus seiner Schockstarre zu erwachen. "Ach komm schon," maulte Tristan an Duke gewandt. "Willst du echt einen Einsatz für eine Wette einfordern, deren Ausgang so vorhersehbar gewesen ist?" Der Blonde verstand gerade gar nichts. Scheinbar hatten die beiden kein Problem mit seiner... ähm Neigung. "Wettschulden sind Ehrenschulden!" kam es nur trocken von Duke. "Ja, ja... schon gut! Du bekommst dein Wochenende!" lenkte Tristan ein. "Auch wenn es schon seit Monaten ganz offensichtlich war, dass selbst die beiden es irgendwann nicht mehr leugnen konnten!" Joey spürte, wie Seto seinen Arm um seine Schultern legte. Erst jetzt wurde dem Blonden bewusst, was Seto getan hatte und was für eine Überwindung das für den Brünetten selbst gewesen sein musste. Seto trug in der Öffentlichkeit nie Gefühle nach außen und gab noch seltener zu, überhaupt welche zu haben. Dass er sich hier vor Joey's Freunden zu ihm bekannt und das Ganze mit einer solchen Geste unterstrichen hatte... Er musste ihn wirklich lieben! Dann fiel Joey's Blick auf Yugi. "Hey... Yug?" richtete der Blonde das Wort an seinen Freund. "Hä?" kam es nur von dem Kleinsten in der Runde. "Alles... ähm... okay?" fragte Joey vorsichtig. "Ja, klar..." kam es erst leise von Yugi, bevor er begann breit zu grinsen. "Kam nur gerade etwas unerwartet und überraschend... ich... ich hätte nie damit gerechnet, dass ihr beiden... also wo ihr euch doch immer so gestritten habt und kein gutes Haar am anderen gelassen habt!" Ryou begann stumm freundlich zu lächeln. Scheinbar hatte der Weißhaarig nicht vor etwas zu äußern. "Oh man..." kam es erleichtert von Joey. "Ihr... ihr wisst ja gar nicht, was ich für einen Bammel davor hatte, euch das zu sagen!" Tristan kam zu ihm rüber und ließ sich unsanft neben ihn fallen, während er dem Blonden gegen den Oberarm boxte. "Alter, was spielt's schon für 'ne Rolle, ob du hetro, bi oder schwul bist!" erklärte sein bester Freund ihm. "Du bist immer noch du und auf wen du stehst ändert nichts daran!" "IST DAS DEIN ERNST?" kam es entrüstet von Tea. "Wenn dir jemand sagt, dass er sich ritzt, nimmst du das doch auch nicht einfach so hin, sondern versucht demjenigen zu helfen!" "Bei dir klingt das so, als wäre Homosexualität eine Krankheit," merkte Duke an. "Es ist unnatürlich und abartig!" keifte Tea ihn an. "Und man sollte alles tun, diese krankhafte Neigung zu unterdrücken, sich Hilfe suchen und wieder normal zu werden!" "'Normal'?" kam es tonlos von Tristan. "Und wer bestimmt, was 'normal' ist?" "Die Gesellschaft!" kam es laut und mit einem giftigen Unterton von der Tänzerin. "Ziemlich engstirnige Ansicht für jemand, der nach dem Sommer nach New York City gehen wird, um dort Tanzen zu studieren!" kam es wieder von Duke. "Was meinst du, wie viele deiner Kollegen da vom anderen Ufer sein werden?" Tea sprang auf. "Denen würd' ich genau das selbe raten, wie Joey!" In diesem Moment stand Seto auf. "Ich denke, du gehst jetzt!" kam es ruhig von dem Jungunternehmer. "Was?" fauchte Tea fassungslos. "Das ist mein Haus und du bist nicht länger willkommen! Das gilt für jeden, der ein Problem mit Joey, mir oder unserer Beziehung hat!" "Ja, schon klar... die Wahrheit tut weh!" warf ihm Tea entgegen, während sie ihre Jacke packte und aus dem Wohnzimmer stürmte. "Ihr seid einfach abartig!" Betroffen blickte Yugi ihr hinterher und Joey hatte beschämt den Kopf gesenkt. Einerseits fand er es toll, wie Tristan und Duke ihn verteidigt, für ihn sogar eine Lanze gebrochen hatten... andererseits war Tea's Reaktion genau das gewesen, wovor er sich gefürchtet hatte. "Falls," ergriff er schließlich selbst das Wort, "sich noch jemand fragt, warum ich nicht auf den Abschlussball gehe, dann erinnert euch an Tea's Reaktion!" Mit diesen Worten stand der Blonde auf und verließ das Wohnzimmer. Kapitel 20: Abschlussball ------------------------- Kapitel 20 - Abschlussball Joey saß in der Hausbibliothek der Villa und hatte seinen Zeichenblock auf seinen Knien. Ein weiteres Mal wanderte sein Blick auf die große Standuhr, die links von ihm an der Wand stand. Es war viertel vor Sieben und die Sonne war gerade im Begriff unterzugehen. In etwas mehr als einer Stunde würde in der Turnhalle seiner Schule der Abschlussball losgehen. Ohne ihn! Irgendwo tat es ihm leid, dass er den Abschlussball sausen ließ. Yugi hatte schon recht gehabt, als er meinte, dass es nur einen Abschlussball im Leben gab. Aber wenn er diesen nicht mit der Person, der sein Herz gehörte, genießen durfte, dann konnte ihm so ein 'Event' echt gestohlen bleiben. Auf noch einen Abend hinter seiner Maske aus Normalität und Sorgenlosigkeit konnte er wahrlich verzichten. Davon hatte es einfach schon zu viele gegeben. Das hätte sich falsch und wie ein Verrat an Seto angefühlt. Vor allem da Joey zum ersten Mal in seinem Leben erfahren hatte, was es bedeutete wirklich glücklich zu sein. "Hey Joey!" kam es munter und laut von Mokuba. Joey erschrak so sehr, dass er sein Bleistift einmal quer über das Blatt zog und der Block von seinen Beinen gerutscht war. "Boa, Mokuba!" kam es etwas atemlos von Joey, "Willste, dass ich 'n Herzinfarkt krieg'?" "Sorry..." nuschelte der Schwarzhaarige schuldbewusst, bevor er seinen Kopf hob und ihn wieder angrinste. "Hey, haste Bock mit mir das neue Street Combat zu zocken?" "Klar, warum nicht?" grinste Joey zurück, wuschelte dem Jüngeren über das Haar, hob seinen Block vom Boden und stand auf. Dann folgte er Mokuba ins Medienzimmer, in dem neben den aktuellsten Konsolen auch einige Arcard-Automaten standen, die zu Mokuba's Lieblingsspiele gehörten. "Man, ich mach dich fertig!" brüllte Mokuba grölend, während er seinen Controller weiter beackerte, um den nächsten Treffer bei Joey's Figur anzubringen. "Da musste schon früher aufstehen, Kleiner!" konterte Joey vergnügt, während er Mokuba's Angriff blockte und zum Gegenangriff ausholte, der direkt zum K. O. von Mokuba's Figur führte. "Man, Joey," maulte Mokuba kurz. "Wieso bist du so gut in dem Spiel?" "Talent?" kam es lächelnd von Joey. Dann blickte Mokuba plötzlich lächelnd an ihm vorbei auf etwas, was hinter ihm war. Unsicher wandte der Blonde sich um und sah Roland. Dieser trug einen Kleiderbügel, auf dem in einer Folie eingewickelt ein blauer Anzug hing. "Herr Kaibe bat mich, ihnen das zu bringen und ihnen die Bitte zu übermitteln, dass Sie ihn anziehen mögen." kam es steif im gewohntem Tonfall von dem persönlichen Assistent seines Freundes. Verwirrt musterte Joey den Anzug. Er hatte sich doch recht deutlich ausgedrückt, dass er nicht auf den Abschlussball gehen wollte, also was sollte das nun? "Vertrau ihm!" wisperte Mokuba ihm plötzlich ins Ohr und er blickte ihn überrascht an. War Mokuba etwa unter die Gedankenleser gegangen? Aber okay, Seto hatte ihn noch nie zu etwas gezwungen, was er nicht wollte. Warum sollte er der Bitte also nicht nachkommen? Also überwand er seinen Unmut, stand langsam auf und nahm den Kleiderbügel von Roland entgegen, auf dem mehr hing, als bloß der Anzug. Eigentlich hing auf ihm alles, was er brauchte, um sich vollständig anzukleiden. Als Joey den dunkelblauen Abschlussballanzug an hatte blickte er zu Mokuba, während er beide Arme von sich streckte. "Und?" fragte Joey den Jüngeren unsicher. "Sieht gut aus!" meinte der daraufhin. "Und nun?" hakte Joey weiter nach, sicher das Mokuba eingeweiht gewesen war und wissen würde, wohin er zu gehen hatte. "Zum großen Wohnzimmer!" kam es lächelnd von dem Schwarzhaarigen. "Ähm... okay" kam es unsicher von dem Blonden, "kommst du nicht mit?" "Vielleicht später!" lächelte ihn der Kleine an. Also machte sich Joey allein auf den Weg zum großen Wohnzimmer. Ihm wurde allmählich klar, warum der Jüngere mit ihm das neue Street Combat hatte zocken wollen, denn der Medienraum lag am weitesten vom großen Wohnzimmer entfernt. Als er das Wohnzimmer fast erreicht hatte wurde vor ihm die geschlossene Schiebetür aufgeschoben und Seto trat, in einem weißen Anzug gekleidet, in den Spalt. Der Brünette lächelte ihn sanft an, während er ihm seine Hand entgegen hielt. Zögerlich legte Joey seine Hand in die des Brünetten, der ihn sanft an sich ran zog und ihm sanft einen Kuss auf die Lippen drückte. Während dem kurzen Kuss wandte Seto sich ein wenig, so dass er praktisch außerhalb des Wohnzimmers stand, während Joey jetzt mit dem Rücken zum Wohnzimmer stand. Als sie sich von einander löste, drehte Seto ihn langsam um, so dass Joey das Wohnzimmer sehen konnte, nur dass es nicht länger ein Wohnzimmer war! In der Mitte war eine Diskokugel aufgehängt worden, die Möbel waren verschwunden und ein Tanzboden gelegt worden. Am Rand stand ein länglicher Tisch mit einer Bohle und verschiedenen Partysnacks. Auf der anderen Seite des Raums war ein Discjockey dabei für Musik zu sorgen. Neben ihnen beiden waren auch Joey's Freunde mit ihren Dates da. Joey stand mit offenem Mund einfach da und konnte nicht glauben was er sah. Seine Freunde und Seto hatten einen ganz eigenen Abschlussball organisiert, auf dem er sich nicht verstellen und verstecken musste, für wen sein Herz schlug. Eine Träne löste sich aus seinen Augen... er verstand zwar nicht wieso, denn so glücklich und gut aufgehoben hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Schnell wischte er sie sich von der Wange, während er Seto's Stimme nah an seinem Ohr hörte. "Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, aber Yugi hatte gestern recht!" kam es sanft von dem Brünetten. "Es gibt nur ein Abschlussball im Leben und den sollte man nicht verpassen!" Mit diesen Worten schob Seto ihn noch einen Schritt weiter in den Raum, nahm seine Hand und zog ihn dann zu seinen Freunden. Nachdem sie sich gegenseitig herzlich begrüßt hatten zog ihn Seto weiter zur Tanzfläche und eröffnete den Tanzabend. Immer wieder tanzten sie, gingen an den Rand um sich kurz auszuruhen, was zu trinken oder einen Snack zu probieren, bevor sie wieder auf die Tanzfläche strebten. Duke machte sogar Fotos von ihnen in typischer Abschlussballposen oder zwischendurch vom Tanz. So ging es eine ganze Weile, bis der D. J. schließlich die etwas langsameren Lieder abspielten. Sanft zog Seto Joey an sich und legte seine Arme um den Blonden. Langsam schunkelnd bewegten sie sich zu dem langsamen Takt der Musik. Joey konnte nur staunen, wie Seto ein weiteres Mal über den eigenen Schatten gesprungen war, und den Freunden des Blonden gegenüber offen zu ihm stand. Und als hätte der Brünette seine Gedanken gelesen beugte er sich zu ihm und küsste ihn leidenschaftlich, während im Hintergrund das Lied, zu dem sie eben noch getanzt hatten, langsam ausklang. "Komm," kam es sanft von dem Brünetten, der ihn sanft von der Tanzfläche und aus dem Wohnzimmer zog. Dann verschwanden sie im oberen Stockwerk. Kapitel 21: Zu schnell! ----------------------- Kapitel 21 - Zu schnell! In einem leidenschaftlichen Kuss versunken stolperten Seto mit Joey im Arm in sein Zimmer. Dieses Mal war es der Blonde gewesen, der die Initiative ergriffen hatte und die Leidenschaft anfachte. Sie ließen ihre Zungen sanft miteinander ringen, mal bei Joey, mal bei ihm. Unaufhörlich. Und Seto spürte, wie seine Hose langsam, aber sicher enger wurde. Na ja, das war Blödsinn. Es war nicht die Hose, die enger wurde, als vielmehr ein Teil seines Körpers, der begonnen hatte anzuschwellen. Joey schien es da nicht viel besser zu ergehen. Er zerrte und zog an Seto's Klamotten, bis er das Jackette des Anzugs achtlos auf den Boden fallen ließ und sich dran machte, immer noch in einem leidenschaftlichen Kuss versunken, das Hemd des Brünetten blind aufzuknöpfen. Seto tat es Joey gleich. Auch er hatte damit begonnen seinen Freund nach und nach zu entkleiden, bis sie schließlich nur noch Unterwäsche an hatten und sich dem Bett immer weiter genähert hatten. Seto legte einen Arm um den nackten Oberkörper des Blonden, während er begann sich langsam vorzubeugen und Joey rücklings auf das Bett zu manövrieren, bis er schließlich halb auf dem Blonden lag. Joey hatte eines seiner Beine angewinkelt und in das von Seto eingehakt. Sanft strich der Blonde mit dem Bein nun an seinem Schenkel entlang und Seto hatte das Gefühl, gleich den Verstand zu verlieren. Nur langsam lösten sich die beiden von einander. Das Licht im Zimmer war gedimmt und ließen Joey's Augen golden glänzen. Der Blonde blickte ihn lächelnd und auffordernd an. Sanft strich Seto dem unter sich liegenden eine Strähne aus dem Gesicht, während er ihn in seiner ganzen Schönheit betrachtet. Doch der andere bäumte sich zu ihm auf und begann erneut ihn wild zu küssen. So leidenschaftlich kannte Seto den anderen gar nicht. Aber das war jetzt nebensächlich. In ihm tobte ein feuriger Sturm, der einen Ausgang suchte. Hastig begann er Joey die lockere Boxershorts runter zu schieben und spürte die Erregung des Blonden, der bei der seichten Streifberührung an seinem besten Stück, in den Kuss stöhnte und seinen Rücken ein wenig durchdrückte. Dann hob er sein Becken, damit Seto es etwas leichter hatte, dass störende Stück Stoff endlich wegzuschieben. Dann begann Joey seinerseits an Seto's Pants zu zupfen und der Brünette spannte seinen Oberkörper etwas an, um sich - immer noch im Kuss mit Joey versunken - vom Bett zu heben und seine Unterwäsche abzustreifen. Dann spürte er die gierig tastende Hand in seinem Schritt, die drohte ihm die Sinne zu rauben, als sie sich über die Spitze seiner Erregung legte und begann die Länge entlang zu streichen. Jetzt war es Seto, der in den Kuss hinein stöhnte. Als der Blonde begann seine Haut langsam nach hinten zu schieben unterbrach Seto den Kuss und stöhnte laut auf. Er... er... Denken war völlig unmöglich. Da war nur noch pure Lust in ihm. Mit einer eiligen Bewegung tastete er nach seinem Nachttisch und zog die Schublade auf. Er zog ein Kondom hervor und stülpte es sich geübt über. Dann nahm er eine Tube und begann seine Erregung und seine Finger damit zu präparieren. Vorsichtig ließ er seine vorbereitete Hand zwischen die Beine des Blonden gleiten und sanft sein Ziel zu umspielen. Wieder hob Joey in purer Erregung die Hüfte ein Stück und stöhnte auf. Der Blonde zog eines seiner Beine an sich, um es dann neben Seto zu schieben und so den Brünetten zwischen seine Beine zu manövrieren. Sich zurückhaltend schob Seto seinen ersten Finger in den Blonden, um ihn vorzubereiten. Dieser stöhnte genussvoll auf, bevor er heißer Seto's Namen rief. Seto verschloss die Lippen des Blonden mit seinen eigenen und begann erneut einen Kuss, der die vorangegangenen an Leidenschaft noch übertrumpften. Und während sie ihren Ringkampf oben ausfochten bereitete er Joey weiter auf das vor, was da kommen würde. Doch der Blonde brach nach nur wenigen Minuten den Kuss ab und schaute ihn aus halb geschlossenen Augen und mit geröteten Wangen an. "Bitte..." kam es leise und heißer von Joey, "... lass mich nicht länger warten!" Seto bedachte den Blonden kurz, auf dessen gesamter Körper sich bereits Schweißperlen gebildet hatten, dann nickte er und küsste ihn noch einmal kurz, bevor er sich richtig positionierte. Langsam begann er in seinen Liebsten einzudringen, der sich, kaum hatte Seto seine Spitze versenkt, sofort an- und verspannte. Der Brünette hielt inne. Blickte besorgt auf den unter ihm liegenden. Joey hatte seine Augen geschlossen... kniff sie sogar regelrecht fest zusammen, während seine Hände sich links und rechts neben seinem Körper in das Bettlaken krallte. Sein Atem kam stoßweise. Wieder strich Seto ihm sanft eine Strähne aus dem Gesicht, während er weiter verharrte. Der andere musste schlucken. Biss die Zähne fest aufeinander. Die Leidenschaft war gänzlich verschwunden und purer Anspannung gewichen. Sofort ließ sich Seto aus dem anderen vorsichtig hinaus gleiten. "Hey... Joey..." flüsterte Seto behutsam. "Komm öffne deine Augen!" Wieder schluckte der Blonde schwer und wandte den Kopf von Seto ab. Doch dieser legte eine Hand an Joey's Wange und wandte ihn sich wieder zu. "Bitte..." kam es behutsam von Seto, der nicht so recht wusste, was er tun sollte. "...mach deine Augen auf!" Nur mit sehr viel Anstrengung stemmte der Blonde schließlich seine Lider auf und sofort bahnten sich einige Tränen seitlich ihren Weg von den Augen zu den Ohren. Als sich ihre Blicke trafen fing Joey an zu schluchzen, schlug sich schämend die Hände vor das Gesicht und begann sich auf die Seite zu rollen. Seto hob sein Bein über den Blonden, so dass er neben diesem lag und nahm ihn langsam und vorsichtig in den Arm. Sanft presste er den Blonden gegen seine Brust, während dieser immer heftiger zu Weinen begann. Trösten strich er seinem Freund durch das Haar. Wie... wie hatte Seto nur so dumm sein können? Er ahnte... nein... er wusste, was der andere bei seinem Vater erlebt haben musste. Wie hatte er sich von der Stimmung und den letzten Tagen nur so blenden lassen und glauben können, es wäre alles in Ordnung? Doch gerade heute Abend hatte alles so perfekt, so echt gewirkt. Nicht zu Letzt, weil Joey die Initiative ergriffen hatte. Was hatte er nur getan? Er hätte wissen müssen, dass diese Entwicklung nicht echt und viel zu schnell gewesen war. Hätte es aus eigener Erfahrung wissen müssen... Kapitel 22: Weglaufen! ---------------------- Kapitel 22 - Weglaufen! Als Seto wach wurde war es bereits hell und er lag alleine in seinem Bett. Wo war Joey, ging es ihm durch den Kopf und er setzte sich schlagartig auf. Er lauschte kurz, ob ein Geräusch aus dem angrenzendem Badezimmer kam, doch dort war alles ruhig. Auf dem Boden sah er die Einzelteile seines Anzuges. Die des Blonden waren weg! Eilig sprang er aus dem Bett und suchte sich Klamotten zusammen, bevor er sein Zimmer verließ. Er eilte den Korridor hinunter und klopfte seicht an Joey's Zimmertür. Keine Reaktion! Auch wenn er nicht gerne ohne Aufforderung in Joey's Zimmer eindrang, musste er sich Gewissheit verschaffen. Also öffnete er die Tür und spähte hinein. Das Zimmer war leer und auch hier drang kein Geräusch aus dem Badezimmer. Der blaue Abschlussanzug hing am Kleiderschrank, sorgfältig auf einem Bügel. Panik wuchs in dem Brünetten. Wo war der Blonde? Wo war Joey? Er schloss die Tür wieder und eilte die Treppe hinunter. Bitte, bitte ließ ihn nicht weggelaufen sein. Aus Angst oder Scham. Das durfte nicht sein! Wieder begann die Selbstvorwürfe in Seto ihn anzuschreien. Schalten ihn einen Dummkopf! Wieder ging ihm die Frage durch den Kopf, wie er nur auf die - zugegeben neue - Fassade des Blonden hatte reinfallen können. Wieso hatte er ihm geglaubt, dass alles in Ordnung war. Gar nichts war in Ordnung. Das gestern Abend war eine astreine Panikreaktion auf seinen Vorstoß gewesen! Hatte das, was er vermutete - beinahe schon wusste - bekräftigt, in Bezug, was Joey von seinem Vater angetan worden war. Dann hörte er ein Lachen. Nicht irgendein Lachen! Es war Joey's Lachen. Er folge langsam und vorsichtig dem Lachen, dass ihn auf die Terrasse lockte. Da saßen am Gartentisch Mokuba, der Kindergarten und... Joey! Erleichtert atmete Seto aus! Er war nicht davon gelaufen! Der Blonde war noch da. Ein schwerer Stein fiel von dem Brünetten, bewirkte aber, dass er sich am Türrahmen anlehnen musste. "Da ist Mister Langschläfer ja endlich!" kam es in typischer Joey-Manier von dem Blonden, der ihn breit angrinste, bevor er in ein Marmeladenbrötchen biss. Mokuba war aufgesprungen und zu ihm gekommen. Seto erwiderte die Umarmung seines jüngeren Bruders und ließ sich dann an den Tisch ziehen. Langsam nahm er neben Yugi und gegenüber Joey Platz. Es war nicht zu glauben. Hier saß der Blonde, wirkte glücklich und ausgelassen, während er mit Tristan frotzelte und sich verbal gegen Duke behauptete. Ryou saß nur lächelnd zwischen Tristan und Yugi, während Mokuba ein Brötchen aus dem Körbchen angelte und Seto auf den Teller legte. Dem Brünetten war jetzt nicht nach Essen zumute. Der Schreck und die Angst saßen noch immer zu tief in ihm, auch wenn sie mit jedem Augenblick nachließen und der Erleichterung Platz machten. Gegen Mittag machten sich der Kindergarten auf den Heimweg. Sie dankten ihm für den schönen Abend und das er ihn überhaupt erst ermöglicht hatte. Dann wurde es ruhig im Haus. Als er sich umwandte und die Gelegenheit beim Schopf packen wollte, um mit dem Blonden zu sprechen, war dieser verschwunden! Wo... war er hin? Es dauerte etwas, bis er den Blonden im Medienzimmer zusammen mit Mokuba fand. Sie spielten gerade das neue Street Combat und hatten ihren Spaß mit einander. Leise ging er zur Couch, vor der die beiden auf dem Teppich knieten und in ihr Spiel vertieft waren, und setzte sich. Nach fast einer Stunde meinte Mokuba, dass er mal wohin müsste und es einen Moment länger dauern könnte. Dann stand er auf, reichte Seto das Joypad und signalisierte seinem Bruder, das er verstanden hätte, dass dieser mit Joey alleine reden wollte. Seto warf ihm ein seichtes Lächeln zu, bevor er von der Couch neben Joey auf den Boden rutschte. Der Griff des Blonden um das Joypad hatte sich verkrampft und er hatte seinen Kopf ein wenig geneigt, so dass seine fransigen Haare über den Augen hingen. "Also wie sieht es aus?" kam es plötzlich von dem Blonden, der ein breites Grinsen im Gesicht trug. "Du gegen mich? Mal schauen, ob du im Videospielen auch so gut bist, wie beim Duell Monsters!" Seto legte das Joypad vor sich auf den Boden und legte seine Hand sanft auf Joey's Schulter. "Nicht!" kam es leise von Joey und das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. Wieder schluckte er schwer. "Wir sollten darüber reden!" meinte Seto behutsam zu dem Blonden. "Was gibt es da groß zu reden?" kam es von Joey, der wieder versuchte seine übliche Maske aus Gelassenheit und Unbeschwertheit aufzusetzen. Krampfhaft versuchte er wieder sein gewohntes Grinsen auf sein Gesicht zu zaubern. "Tu das bitte nicht, Joey!" kam es sanft und flehend von Seto. "Was?" kam es provozierend von dem Blonden, der ihn wütend anfunkelte. "Hey..." kam es vorsichtig von dem Brünetten. "Ich bin es, Seto! Nicht einer deiner Freunde, denen du etwas vorspielen musst!" Wieder wich das Grinsen aus dem Gesicht des Blonden, der den Jungunternehmer nur schockiert anblickte. Sanft legte Seto seine Hand an Joey's Wange und strich darüber. Joey blinzelte einige Male und schluckte ein weiteres Mal schwer. "Bitte!" kam es leise von dem Blonden. "Tu das nicht!" "Was soll ich nicht tun?" hakte Seto nach. "Lass mich der sein, der ich schon immer war!" flüsterte Joey mit erstickender Stimme. "Aber der ist nur eine Lüge!" erwiderte Seto sanft. "Ich will den echten... den ganzen Joey! Nicht nur den ewige Sunnyboy!" Eine Träne löste sich aus den braunen Augen des Blonden, die er sich trotzig von der Wange wischte, bevor er sich von Seto abwandte. "Nein! Das willst du nicht!" erwiderte Joey bitter. "Warum nicht?" fragte Seto nach. "Den... könntest du nicht lieben!" kam es kaum hörbar von dem Blonden. "Aber ich liebe ihn doch schon!" versuchte der Brünette das Argument seines Freundes zu entkräften. "Wie kannst du ihn lieben, wenn du ihn nicht kennst?" keifte Joey auf einmal. "Vielleicht kenn ich ihn ja doch schon!" gab Seto zu bedenken. Schweigen. Joey schien nachzudenken. Mit sich zu ringen! Dann schüttelte er den Kopf. Stand auf. Blickte auf Seto herab. Dieser stand auch auf. Überwandte, was sie trennte und legte seine Hände an Joey's Wangen. "Es... es tut mir sooo leid, Joey!" kam es leise von Seto. Joey blickte ihn nur verwirrt an und schien nicht zu wissen, worauf sich Seto bezog. "Ich hätte meinem Verlangen gestern Abend nicht nachgeben dürfen!" erklärte der Brünette. "Du... warst noch nicht soweit und ich habe dich..." "Blödsinn," entfuhr es dem Blonden schroff. "Ich... war nur... Es hat mich nur so überrascht, dich... in mir zu spüren!" "Überrascht?" kam es erstaunt von Seto. "Ich... also..." stammelte Joey rum, der scheinbar ganz offensichtlich nicht genau wusste, wohin seine Ausrede führen sollte. "Du warst nicht überrascht!" konfrontierte ihn der Brünette. "Du hattest Angst und warst in Panik!" "Das... stimmt nicht!" stritt der Blonde weiterhin ab. "Wovor hätte ich denn Angst haben sollen oder wovon in Panik geraten?" "Du musst das nicht tun, Joey!" kam es behutsam von Seto. "Ich ahne es schon länger... was dein Vater dir..." "Nicht!" kam es wieder leise und gepresst von Joey, der seinen Kopf wieder nach vorne sacken ließ, so dass die Haare seine Augen verbargen. Wieder schluckte er hart. "Joey?" kam es sanft von Seto. "Du kannst davor nicht weglaufen! Es ist ein Teil von dir und wird dich immer begleiten!" "Du... DU SOLLST STILL SEIN!" schrie ihn der Blonde plötzlich an, der ihn von sich stieß, sich umdrehte und um die Couch laufen wollte, um das Zimmer zu verlassen. Doch Seto fing ihn ab und stellte sich ihm erneut in den Weg. Mit sanftem Druck hielt er den anderen an den Oberarmen fest, während dieser ihn abwehren wollte, was ihm nicht gelang. "Ich werde immer bei dir bleiben!" versicherte Seto ihm. "Egal, was du mir anvertrauen wirst. Auch wenn du denkst, dass du es mir nicht erzählen kannst... du kannst!" Der Blonde schüttelte nur mit dem Kopf, während ihm längst die Tränen über das Gesicht liefen. Verzweifelt trommelte er gegen die Brust des Brünetten, bevor seine Beine nachgaben. Seto zog ihn an sich heran und hielt ihn fest in seinem Arm. Während der andere weinend immer nur wiederholte, dass Seto nichts von seiner Schande wissen durfte! Die Verzweiflung seines Geliebten drohte Seto's Herz zu zerreißen, während er ihn einfach nur weiter im Arm hielt und ihm Halt, Geborgenheit und Schutz gewährte. Kapitel 23: Keine Schuld!? -------------------------- Kapitel 23 - Keine Schuld!? Joey fand sich auf dem Boden kniend an der Brust von Seto wieder. Dessen Arme waren fest um ihn geschlungen und hielten ihn. Es war, als erwachte er aus einem wenig erholsamen Albtraum, nur ohne den Schrecken. Er spürte, wie der andere ihm sanft durch das Haar und über den Rücken fuhr. Nur langsam spannte sich Joey an und setzte sich langsam auf. Erschöpft ließ er seinen Kopf hängen. Seto zog ihn wieder an sich und schloss seine Arme erneut um den Blonden. Dieses mal so, dass Joey mit seinem Rücken an Seto's Brust lehnte. Sanft strich ihm der andere über die nackten Arme. Er spürte, wie die Nässe auf seinem Gesicht trocknete und sich die Wangen vor Scham röteten. Immer noch hoffte er, dass der Brünette etwas anderes meinte, als er verstanden hatte. Immer noch hallten seine Worte durch seinen Kopf. Die Worte 'Ich ahne es schon länger, was dein Vater dir..', dann hatte Joey ihn unterbrochen. Wollte den Rest des Satzes nicht hören. Jetzt bereute der Blonde das. Denn so blieb Ungewissheit zurück, ob der Brünette wirklich meinte, was Joey befürchtete oder ob es vielleicht ein Missverständnis war. Er hoffte so sehr, dass er den Jungunternehmer falsch verstanden hätte. Das dieser auf was ganz anderes hinaus wollte. Doch seine Hoffnung wurden jäh zerstört, als Seto erneut das Gespräch suchte. "Du trägst keine Schuld!" flüsterte der andere ihm sanft ins Ohr. Keine Schuld? Wie konnte er daran keine Schuld tragen? Nur wegen ihm hatte sein Vater diese Neigung entwickelt. Hatte jahrelang gegen sie angekämpft, bis er seinem Sohn erlag und nicht anders konnte als... Joey musste schwer schlucken. "Er hat dir das eingeredet, damit du dich niemanden anvertraust und er ungehindert weiter machen konnte!" führte der andere aus. Bullshit! Schön wär es. Doch so einfach konnte es nicht sein. Das war unmöglich! "Das machen diese Monster so!" kam es wieder behutsam von Seto. "Sie vergiften ihr Opfer mit Ekel, Scham und Schuld, bis diese all das, was sie ihnen einreden, glauben und sich selbst dafür hassen!" Woher wusste der andere nur, wie er sich fühlte!? Wie konnte er das überhaupt nur ahnen? Der Brünette nahm ihn enger in den Arm. Joey schloss kurz seine Augen und ließ seinen Kopf langsam nach hinten auf Seto's Schulter sinken. Er spürte eine neue Welle an Tränen in sich aufsteigen. "ER ist nicht das Opfer, Joey!" flüsterte der Brünette ihm sanft ins Ohr. "Er ist der Täter! Nur er allein trägt die Schuld und die Verantwortung für alles!" Zweifelnd konnte Joey nur mit dem Kopf schütteln. "Du musst dich von ihm und dem, was er dir eingeredet hat, befreien!" hauchte Seto ihm weiter ins Ohr. "Stell dich der Wahrheit! Erkenne, was dein Vater dir genommen und was er dir angetan hat. Du bist nicht alleine! Ich..." Seto stockte. "Ich bin und werde bei dir bleiben!" Wie konnte der Brünette ihm so etwas versprechen? Er wusste nicht, was da alles war. Wie konnte der andere sich also sicher sein, dass das, was er möglicherweise erfahren würde - was nie passieren würde - ihn nicht abstieß... die Liebe, die er im Moment für ihn empfand nicht abtöten würde? Die Angst und die Scham in Joey waren so gewaltig, dass er das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Gerade als er hektisch Luft in sich ziehen wollte legte Seto ihm beruhigend eine seiner Hände auf die Brust. Das Engegefühl verschwand fast augenblicklich. Sanft presste er sich weiter mit seinem Rücken an Seto's Brust. Schloss erschöpft die Augen. "Es gibt nichts, wovor du dich fürchten müsstest, Joey!" wisperte der Brünette ihn mit einer ungeahnten Sanftheit ins Ohr. Joey wandte seinen Kopf zu dem Brünetten und verbarg sein Gesicht an dessen Hals, während er ein weiteres Mal schwer schluckte. Irgendwoher wusste er, dass Seto recht hatte... doch die Gefühle, die sich Jahre lang in ihm entwickelt und fest gesetzt hatten konnte er nicht so einfach ignorieren oder abstreifen. Er spürte, wie Seto ihn sanft zu sich drehte und ihn noch etwas enger in seine Arme schloss. Als er zu dem Brünetten aufblickte trafen sich ihre Blicke. Sanft lächelte Seto ihn an. Strich ihm abermals eine Strähne aus dem Gesicht, bevor er seinen Kopf langsam senkte und behutsam seine Lippen auf Joey's legte. Dieser erwiderte zaghaft den Kuss und schloss seine Augen. In diesem Moment fühlte sich der Blonde einfach sicher und geborgen. Als würde nichts auf der Welt ihm etwas anhaben können. Das dieser Moment nicht für ewig währen würde, blendete er bewusst aus. Er wollte die Nähe zu Seto genießen, die er sich so lange schon gewünscht und für unmöglich gehalten hatte. Und jetzt... jetzt war es nicht nur möglich geworden. Vielleicht... vielleicht sollte er das als Beispiel sehen, dass auch andere Dinge, die er nie für möglich gehalten hatte, möglich wären!? Als sie sich voneinander trennte lehnte sich Joey gegen Seto's Brust. Seto nahm sanft seine Hand in die eigene und verschränkte ihre beider Finger miteinander. So viele Dinge waberten Joey durch den Kopf und seine ganze Welt war durcheinander gewürfelt. Er musste das alles erst einmal für sich selbst ordnen, bevor er irgendetwas entschied oder tat, was er später vielleicht bereuen könnte. So saßen sie eine Weile einfach nur so da. Kapitel 24: Auslöser! --------------------- Kapitel 24 - Auslöser! Es waren einige Tage vergangen, seit Seto Joey offenbart hatte, dass er Bescheid wusste. Erst wollte der Blonde wie gewohnt vor dem Thema davon laufen und wies es so weit von sich, wie es möglich war. Doch Seto ließ sich nicht beirren. Er wollte ihm aufzeigen, dass er nicht alleine war! Er nicht Täter, sondern Opfer war und ihn keine Schuld traf. Anfangs hatte sich Joey sehr gegen diese Wahrheit gesträubt. Zu tief hatte die Programmierung seines Vaters in ihm gesessen. Doch schließlich schien etwas in ihm anzufangen zu arbeiten! Was er jetzt brauchte, war Zeit! Und die wollte Seto ihm geben. Was Seto als erstes auffiel war, dass Joey wieder auf seine Maske verzichtete, wenn sie unter sich waren. Vor Mokuba versuchte der Blonde weiterhin unbeschwert und fröhlich zu wirken, doch der Brünette wusste, dass sich sein kleiner Bruder davon nicht täuschen ließ. Schon längst war der Jüngere dahinter gekommen, dass Joey nicht der Sunnyboy war, den er so lange vorgegeben hatte zu sein. Doch er würde den Blonden nicht mit dieser Tatsache brüskieren. Seto und Joey saßen gerade in seinem Büro, der Jungunternehmer am Schreibtisch mit seiner Arbeit vor sich, Joey auf dem Sofa mit dem Zeichenblock auf seinen Beinen und einem Bleistift in der Hand. Wenn er zeichnete wirkte der Blonde entspannt und locker, irgendwie zufrieden und ein kleinwenig glücklich. Seto betrachtete ihn gerne, wenn er so authentisch war, wie in diesen wenigen Augenblicke. Als es an seiner Bürotür klopfte sah der CEO, wie Joey sich anspannte und sein Grinsen aufsetzte. Langsam stand der Brünette auf und bat den Besucher herein. Die Tür ging auf und Roland kam herein. In seiner Hand hielt er einige Briefumschläge. Die Tagespost, wie es schien. Ein tägliches Ritual, seit Seto einen Teil seiner Zeit zu Hause arbeitend verbrachte. Roland gab ihm den Stapel Briefe, behielt aber einen Umschlag zurück. "Dieser hier ist für Herr Wheeler!" meinte Roland mit ernstem Gesichtsausdruck. Seto legte seine Post auf den Schreibtisch und beobachte, wie Roland einem etwas erstaunten Joey den Brief reichte. Wie gebannt blickte er auf das Adressfeld in dem auch der Absender angegeben war. Sein Grinsen war ihm förmlich aus dem Gesicht gewichen. Nur zögerlich öffnete er den Umschlag. Seine Hände waren bereits jetzt zittrig und der Jungunternehmer blicke fragend zu Roland, der aber besorgt zu dem Blonden schaute. Plötzlich sprang Joey auf. Er zitterte am ganzen Körper. Der Brief in seiner Hand wurde zerknüllt, als seine Hand sich zu einer Faust ballte. Er war zum Zerreisen angespannt und versuchte mühevoll die Kontrolle zu behalten. Doch ohne Erfolg. Seine Atmung ging bereits abgehackt. "D.. das kann doch n... nicht deren E... Ernst sein!" murmelte er verzweifelt, während er zu Seto aufblickte. Tränen standen in seinen Augen und er schluckte schwer! Seto ging einen Schritt auf ihn zu. Doch in diesem Moment kam Bewegung in den Blonden und er rannte aus dem Büro. Der CEO und Roland folgten ihm. Doch erst als er in seinem Zimmer ankam holte die beiden auf. Der Blonde zerrte eine Reisetasche aus dem Schrank und fing an seine Sachen hinein zu stopfen. Seto gab Roland mit einem Blick zu verstehen, dass er schon einmal den Hausarzt auf Abruf stellen sollte. Er ahnte bereits, dass er ihn gleich brauchen würde. Dann ging er zu Joey und griff nach dessen Hände, einerseits um ihn daran zu hindern weiter Sachen in die Tasche zu stopfen und andererseits, damit sich der Blonde zu ihm drehte. Tränen liefen über dessen Gesicht. "Rede mit mir, Joey!" bat Seto behutsam. "Was gibt es da zu reden!" schrie Joey völlig verzweifelt. "Die... DIE WOLLEN MICH ZURÜCK ZU IHM SCHICKEN!" Seto verstand im ersten Moment nicht, wen Joey mit 'die' meinte, dann sah er den Briefkopf des Anschreibens und erkannte das Logo des Jugendamtes. Es war soweit, dachte sich Seto. "Hey... hey beruhig dich!" versuchte Seto seinen Freund aus der aufkeimenden Panik zu befreien. "BERUHIGEN?" kam es entsetzt von Joey. "DIE. WOLLEN. MICH. ZURÜCK. ZU. IHM. SCHICKEN!" Der Blonde zerrte an Seto's Griff, wollte sich losreißen und weiter seine Sachen packen. Doch der Brünette hielt ihn fest. Blickte ihn ernst an. "Joey, ganz ruhig!" meinte Seto zu ihm. "Die werden dich nicht zurück schicken!" Doch der Blonde war viel zu sehr in seiner Angst und der Panik gefangen, um auf das, was Seto ihm versuchte zu sagen reagieren zu können. Er war einfach nur völlig außer sich. "Doch, das werden sie! Sie werden mich zwingen zurück in diese Hölle zu gehen!" brüllte der Blonde nur. "Ich werde nie wieder dahin zurück gehen. NIE WIEDER! Lieber leb ich auf der Straße!" "Nein... Joey..." versuchte Seto den Blonden weiter zu beruhigen. Doch der zerrte immer heftiger an seinem Griff. "DU HAST DOCH GAR KEINE AHNUNG, SETO!" schrie Joey in Hysterie. "Wie das ist, ständig Angst zu haben. Ständig auf der Hut zu sein. Und dennoch immer wieder abgepasst zu werden und sich dem, was dann kommt nicht entziehen zu können. Du weißt gar nicht, wie das ist, wenn dein Vater ohne Rücksicht in dich, in dich hinein... egal, wie sehr du ihn anflehst aufzuhören und es ihm scheißegal ist und... du ihn noch in dir spürst, selbst wenn er längst weg ist!" Das Schreien hatte sich zu einem verzweifelten Wispern gewandelt, das immer wieder in verzweifeltem Schluchzen unterging, während Joey die Beine wegknickte und nur dank Seto langsam auf den Boden glitt, wo er gänzlich in sich zusammen sackte. "Oder wie das ist, wenn du heim kommst und da sitzen dann drei Typen, die sich direkt auf dich stürzen wollen, weil der Alte seine Schulden nicht zurück zahlen kann!" Er ging in einem weiteren Schluchzen auf und Seto zog ihn näher an sich ran. Hielt ihn fest in seinem Arm. Schockiert, von dem was er hörte. Sicherlich hatte er längst begriffen, dass Joey's Vater sich an ihm vergriffen hatte. Doch diese Details jetzt zu hören... es traf Seto tief in der Seele, welche Wunden dieser Totalversager bei dem Blonden gerissen hatte. Immer wieder schlug Joey gegen seine Brust, während er völlig aufgelöst in seinem Arm hing und sich seiner Verzweiflung hingab. Schließlich kam Seto's Hausarzt, der von Roland nur kurz ins Bild gesetzt wurde. Er zog eine Spritze auf und näherte sich ihnen. Seto klammerte sich fester um Joey, so dass dieser sich kaum noch rühren konnte. Dann verabreichte der Arzt dem Blonden das Beruhigungsmittel. Joey krallte sich verzweifelt in Seto's Hemd, als das Beruhigungsmittel seine Wirkung entfaltete und ihn erst benebelte, bevor er schließlich das Bewusstsein verlor. Vorsichtig nahm Seto den anderen auf den Arm, stand auf und brachte ihn zu seinem Bett. Dort legte er ihn vorsichtig ab und deckte ihn zu, bevor er sich auf die Kante setzte und ihm eine Schweißnasse Strähne aus dem Tränenfeuchten Gesicht wischte. Noch in der Bewusstlosigkeit murmelte der Blonde verzweifelt, dass er nicht zurück wollte und wälzte sich unruhig hin und her. Kapitel 25: Gegenmaßnahmen -------------------------- Kapitel 25 - Gegenmaßnahmen "Wenn wir den Missbrauch darleg..." führte Yosuke Osachi gerade aus, als ihn Seto schroff unterbrach. Der junge Anwalt saß dem Brünetten gegenüber und hatte seine Unterlagen auf seinen Knien ruhen. "Nein!" kam es von dem jungen CEO nur. "Wir werden den Missbrauch nicht ins Feld führen!" "Es würde aber vieles erleichtern!" wandte Osachi ein, der nun seinen Blick auf den Blonden richtete, der eng neben Seto saß und sich an ihn presste, während sein Blick vor ihm auf den Spitzen seiner Knie ruhte. "Das steht außer Diskussion!" verdeutlichte Seto erneut den Standpunkt, den Joey und er vertraten, während er seinen Arm noch etwas enger um den Blonden legte. "Wir werden den Sachverhalt des Missbrauchs auf keinen Fall zur Sprache bringen! Haben wir uns jetzt verstanden?" "Ja, Herr Kaiba. Natürlich!" kam es kleinlaut von Osachi, der sich eine Notiz machte und dann die Seite umschlug. "Die medizinischen Berichte über die Misshandlungen, die zu einem vierwöchigen Koma führten, sowie die Tatsache, welche Leistungsverbesserungen Herr Wheeler erzielen konnte, seit er nicht mehr bei seinem Vater lebt, sowie sein gutes Abschlusszeugnis und den mit der Kaiba Corporation geschlossenen Arbeitsvertrag müssten genügen, um das Gericht davon zu überzeugen, ihm die vorzeitige Mündigkeit zu gewähren." "Gut!" meinte der Jungunternehmer geschäftlich. "Wir sollten dennoch den Missbr..." setzte der Junganwalt nochmals an. "Sie müssen neu in der Kanzlei sein!" kam es entnervt von Seto. "Ja, Herr Kaiba!" gab Osachi zu. "Gefällt es Ihnen in der Kanzlei?" hakte Seto zielorientiert nach. "Natürlich, Herr Kaiba!" beantwortete der Mann Ende zwanzig die Frage etwas irritiert. "Dann lassen Sie das Thema ruhen! Sonst werde ich dafür sorgen, dass Sie sich nach einem neuen Job umschauen müssen und den, das kann ich ihnen versprechen, werden sie nicht in dieser Stadt finden!" Seto klang mehr als bedrohlich. Der Junganwalt schluckte, nickte und schlug seine Unterlagen zu. "Dann hätten wir für heute alles besprochen, Herr Kaiba! Herr Wheeler!" Mit diesen Worten steckte er seine Unterlagen in seinen Aktenkoffer und stand dann auf. Seto stand ebenfalls auf und nickte. "Wir reichen dann am Montag früh den Antrag bei Gericht ein. Es könnte ein bis zwei Wochen dauern, bis sich das Gericht dann dazu äußert. Dann melden wir uns bei Ihnen!" meinte der junge Mann, der sich zur Verabschiedung leicht verbeugte. "Gut!" kam es nur abweisend von Seto. Dann verließ der Anwalt das Hausbüro des Jungunternehmers und ließ ihn mit dem Blonden allein, der immer noch auf der Couch saß. Er knibbelte unsicher an seiner Nagelhaut herum, als Seto vor ihm in die Hocke ging und seine Hand auf die des Blonden legte. Unsicher blickte der Blonde zu ihm auf, bevor er nach dem kurzen Blickkontakt wieder auf seine Hände blickte. Seit er vor einigen Tagen zusammengebrochen war und in einem hysterischen Anfall offenbart hatte, was sein Vater ihm angetan hatte, scheute er sich davor den Brünetten direkt anzuschauen. Seto vermutete, dass es an der Scham lag, die der Blonde empfand, da sein Geheimnis nun kein Geheimnis mehr war. Vermutlich fühlte er sich völlig bloß gestellt. Ganz behutsam legte Seto seine Hand unter Joeys Kinn und hob den Blick seines Freundes wieder an. Als sich ihre Blicke trafen lächelte Seto den Blonden sanft an. Wollte ihm damit Kraft und Mut, sowie Sicherheit schenken. Seto konnte deutlich spüren, wie Joey anfing mit sich zu ringen. Immer, wenn Seto ihm länger als ein paar Augenblicke in die Augen blickte, wallte etwas in dem Blonden hoch. Brachte ihn dazu, zu weinen. Also entließ Seto ihn vorsichtig wieder und sofort senkte sich Joeys Blick wieder auf seine Hände, über die immer noch die eine Hand Setos lag. "Joey," sprach der junge CEO den Blonden behutsam an. "Ich weiß, du willst das nicht, aber der Anwalt hat recht: Wenn wir den Missbrauch..." Joey wandte sein Gesicht beschämt ab und begann sich unsicher auf die Unterlippe zu beißen. "... Wenn wir den Missbrauch," setzte Seto neu an, "mit einbringen, garantiert das nicht nur, dass das Gericht in unserem Sinne entscheidet, sondern würde dein Vater auch da hin bringen, wo er hingehört: Ins Gefängnis!" Der Blonde schluckte schwer, während er mit brüchiger, vom vielen Weinen gebeutelte Stimme erst nach einem Moment reagieren konnte. "Dann würden aber alle davon erfahren... und über mich lachen!" offenbarte er Seto seine Angst. "Warum sollte jemand über dich lachen?" hakte der Brünette besorgt nach. "Warum sollte man nicht über mich lachen?" kam es bitter von Joey, der immer noch zur Seite wegschaute. " Schau mich doch an! Ich bin ein Schwächling!" "Wenn ich dich anschaue, Joey," setzte Seto mit sanftem Lächeln und zärtlichem Tonfall an, "sehe ich vieles, aber keinen Schwächling!" Der Blonde wandte seinen Kopf und blickte Seto wütend an. "Ach nein?" keifte Joey mit einer Härte in der Stimme zurück, die Seto noch nie zuvor von ihm erlebt hatte. "Meinste jemand würde mich noch respektieren, wenn sie alle wüssten, wie mich mein Vater..." Der Blonde brach ab und senkte seinen Blick wieder zu seinen Händen, während eine erste Träne sich ihren Weg über seine Wange bahnte. Seto strich sie ihm vorsichtig weg, während er versuchte, Joey dazu zu bringen, ihn wieder anzusehen. "Ich respektiere UND liebe dich... und ich weiß, was er dir angetan hat!" Der wütende Ausdruck um Joeys Augen wich Verwirrtheit. "Und es ist mir ein Rätsel, wie du das noch kannst!" gestand der Blonde leise. ""Wie ich was kann?" hakte Seto nach. "Mich... lieben!" kam es noch ein Stück leiser von Joey, der seinen Blick wieder auf seinen Schoss fallen ließ. "Wieso sollte ich dich nicht mehr lieben?" fragte Seto betroffen. "Du bist immer noch die Person, in die ich mich verliebt habe! Nur, dass du mir jeden Tag aufs Neue beweist, wie unglaublich stark du bist!" "Stark?" kam es ungläubig von Joey, der jetzt wieder zu Seto blickte. "Wäre ich stark, hätte er niemals Hand an mich legen können... hätte mich niemals..." Wieder musste der Blonde schwer schlucken. Es fiel ihm so schwer darüber zu sprechen oder gar auszusprechen, was sein Vater ihm all die Jahre angetan hatte und Seto hätte seine rechte Hand gegeben, wenn er dem Blonden damit die Scheu und die Angst davor hätte nehmen können. "Joey... er hat damit angefangen, als du noch ein Kind warst." kam es ernst von Seto. "Du konntest dich nicht wehren! Dazu war er dir einfach kräftemäßig überlegen. Er hat dich dahingehend konditioniert, dass du gegen ihn nicht ankommst. Genauso, wie er dir eingeredet hat, dass du an allem schuld seist. Wenn man das lange genug eingeredet bekommt, glaubt man das irgendwann. ABER er hat nie geschafft, dich zu brechen! Du hast dich nie aufgegeben, hast dich immer gewehrt! Schau dich heute an: Du nimmst deine Zukunft in Angriff. Nach dem Sommer fängst du an zu jobben und Geld zu verdienen. Bereitest deine Kunstmappe für deine Bewerbung an deiner Wunschuni vor. Und ich bin mir verdammt sicher, dass sie dich mit Kusshand nehmen werden. Du hast so viel geschafft und du wirst noch mehr schaffen! WEIL. DU. STARK. BIST!" Joey hatte Tränen in den Augen als Seto ihn zu sich zog und ihn sanft und behutsam küsste. Kapitel 26: Überzeugungsarbeit ------------------------------ Kapitel 26 - Überzeugungsarbeit Es war schon spät, als Seto und Joey, Hand in Hand, die Treppe in das obere Stockwerk bestiegen. Sie blickten noch kurz bei Mokuba ins Zimmer, um sich zu überzeugen, dass der jüngere Kaiba friedlich schlief und alles in Ordnung war. Dann zog Seto den Blonden mit zu seinem Zimmer. Dort löste sich Joey von ihm und trat einen Schritt zurück. Sofort angelte Seto erneut nach der Hand des Blonden und zog ihn wieder näher an sich. Sanft küsste der Ältere seinen Freund liebevoll und sanft. "Wo willst du denn hin?" fragte der Jungunternehmer den Blonden, nachdem ihr Kuss langsam geendet hatte. "Hm," brummte Joey verlegen, während er auf Seto's Brust blickte. "Ich dachte, ich gönn dir mal 'ne Nacht, in der du in Ruhe schlafen kannst!" "Ja, also wo willst du dann hin?" hakte Seto mit einem verspielten Lächeln nach. "Seto," kam es seicht leidend von Joey, dem es sichtlich unangenehm war, dass Thema nun konkretisieren zu müssen. "Du hast eine Firma, die du leiten musst. Das kannst du aber nicht, wenn du jemand neben dir hast, der Nacht für Nacht schreiend aufwacht und Stunden lang heult!" "Lass das mal meine Sorge sein!" erwiderte Seto liebevoll. "Seeeto!" kam es nur trotzig von Joey. Wieder zog Seto den Blonden an sich heran und drückte ihm sanft lächelnd einen Kuss auf die Wange. "Hör zu, Joey," begann der CEO zu kontern, "Es ist deine Wahl: Entweder dein eigenes Bett oder mein Bett! Mir ist das egal, wo ich schlafe, solange du neben mir liegst!" Joey konnte nicht anders als zu lächeln. Das löste in Seto ein unglaubliches Glücksgefühl aus, denn es war das erste Mal seit Joey's Zusammenbruch, dass er ein ehrliches Lächeln präsentierte. Seto wurde durch eine heftige Bewegung in seinem Arm geweckt. Er tippte die Nachttischlampe an und sie erhellte den Raum mit gedimmten Licht. In seinem Arm wälzte sich Joey von einer Seite zur anderen. Seine Nachtwäsche war bereits klatschnass und die Haare klebten dem Blonden auf der Stirn. Er keuchte und japste im Schlaf nach Luft. Seine Hände waren in die Bettdecke gekrallt. Kein ungewöhnlicher Anblick für Seto. Seit Joey auf Grund des Briefes vom Jugendamtes zusammengebrochen war plagten ihn wieder Albträume. Es verging keine Nacht, in der sein Geliebter nicht von Albträumen heimgesucht wurde. In denen er sich dann von einer Seite auf die andere Wälzte. Mal flehte er um Gnade, mal bettelte er darum verschont zu werden und zwischendrin bat er darum, dass alles nur rasch zu Ende gehen würde. Jeder Albtraum endete auf die gleiche Weise: Mit einem gellenden Schrei aus dem tiefsten Inneren der zutiefst verletzten Seele des Blonden, gefolgt von einem Stunden andauernden Weinkrampf. Dann versuchte Seto ihn sanft zu beruhigen, ihn durch seine Nähe und behutsamen Worte zu trösten. Manchmal schlug Joey in blinder Panik und oft noch im Halbschlaf gefangen wild um sich. Nicht selten traf er Seto dabei an den Armen oder Brust, der sich dadurch aber nicht abschrecken ließ, bis er es schaffte den Blonden zu bändigen und an sich zu drücken. Irgendwann schlief Joey dann völlig erschöpft wieder ein und Seto verbrachte die restliche Nacht damit ihn zu halten, über alles immer und immer wieder nachzugrübeln und sich zu wünschen, dass er etwas tun konnte, um dem anderen zu helfen. "Joey!?" flüsterte Seto behutsam in das Ohr des Blonden. "Es ist alles gut... ich bin da. Niemand wird dir etwas tun. Hörst du mich?" Seto wusste nicht, was er erwartet hatte. Vielleicht, dass seine Worte durch den Albtraum hindurch in das Unterbewusstsein des Blonden gelangten und ihn dort aus seinem Horror befreien konnten? Lächerlich! So etwas funktionierte vielleicht in irgendwelchen Serien, Filmen oder Romane, aber nicht in der Wirklichkeit! Aber gewünscht hätte er es sich trotzdem! Sanft strich der dem Blonden eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wohlwissend, dass diese vorsichtige Berührung den anderen aus seinem Traum schrecken ließ. Joey schreckte mit einem lauten Schrei auf, die Tränen bahnten sich bereits ihren Weg über seine Wangen, während er hektisch nach Luft schnappte. Sein ganzer Körper zitterte. Die Hände immer noch in die Decke gekrallt, so dass seine Knöchel weiß hervortraten. Immer wieder das Wort 'Nicht' vor sich hin stammelnd. Seto war neben ihn gekrabbelt und wollte ihn am liebsten sofort in seinen Arm schließen, doch das war zu diesem Zeitpunkt noch nicht ratsam. Der Blonde war noch zu aufgewühlt und vielleicht sogar immer noch in seinem Traum gefangen, auch wenn er wach wirkte. "Joey?" rief Seto ihn sanft. "Joey... schau mich an!" Erst geschah gar nichts. Nur zögerlich wandte der Blonde, immer noch heftig keuchend und bis zum Zerreißen angespannt, langsam, zögerlich seinen Kopf und damit sein Gesicht dem Brünetten zu. Die Angst und die Panik sprangen Seto regelrecht aus den honigbraunen Augen an. Joey musste schwer schlucken, einmal, zweimal, ein drittes Mal. Dann schloss er seinen Mund und versuchte durch die Nase zu atmen. Schließlich ging ein Ruck durch Joey, der sich an Seto's Brust warf und sich an ihn klammerte, als wäre er ein Ertrinkender, der endlich eine Rettungsboje zu fassen bekam. Jetzt schloss Seto seine Arme um den Blonden und drückte ihn eng an sich. Fast anderthalb Stunden dauerte es, bis sich Joey endlich beruhigt hatte und ruhig an Seto's Brust lehnte, während dieser ihn immer noch sanft hin und her wog und über Rücken und Nacken kraulte. Sein Klammergriff um den jungen CEO hatte sich gelöst. Der Körper des Blonden entspannte sich mittlerweile wieder. Seto wollte die Gelegenheit nutzen und noch ein kurzes Gespräch mit Joey suchen, bevor dieser vor Erschöpfung gleich wegdämmern würde. "Joey?" flüsterte Seto behutsam. "Hm?" kam es müde von dem Blonden. "Was hältst du davon, wenn ich morgen mal ein paar Anrufe tätige und einen Termin bei einem..." Seto stockte kurz. Wann immer er in den letzten Wochen das Wort 'Psychologe' in den Mund genommen hatte, war Joey sofort in eine defensive Haltung gewechselt, hatte dicht gemacht und Seto war Stunden lang nicht mehr an ihn ran gekommen. Dennoch wollte er es jetzt noch einmal wagen. "...Psychologen arrangiere?" Joey versuchte sein Gesicht an Seto's Brust zu verbergen. Doch dieser stemmte ihn sanft ein Stück von sich, um ihm in die Augen schauen zu können, die peinlich berührt nach unten gerichtet waren, während die Schamesröte auf Joey's Wangen aufblühte. "Schatz..." setzte Seto ein weiteres Mal an, da ihm bewusst wurde, dass Joey nicht reagieren würde. "... du kannst jederzeit auch mit mir sprechen, aber ein Psychologe... könnte dir weitaus mehr helfen und dir auch Techniken zeigen, um Stress abzubauen und die Erinnerungen besser bewältigen zu können!" "Ich will das nicht!" kam es heißer und nuschelnd von dem Blonden, der sich wieder gegen Seto's Brust fallen lassen wollte, um sich dem ihm unangenehmen Blick zu entziehen. Doch Seto blieb standhaft und hielt ihn weiterhin so, dass sie sich gegenseitig anschauen konnte. "Warum möchtest du es nicht versuchen?" hakte Seto sanft nach. "Ich verstehe, warum du beim letzten Mal nicht mitmachen wolltest. Du hattest Angst, dass ich so von dem, was dir dein Vater angetan hat erfahren würde! Aber jetzt weiß ich Bescheid! Also warum möchtest du es nicht mal versuchen?" Wieder lösten sich einige Tränen aus Joey's Augen und beschämt wandte er seinen Kopf ab. "Hey Schatz," kam es behutsam von Seto, "wovor fürchtest du dich nur so?" "Vor den Blicken!" kam es tränenerstickend von Joey. Vor den Blicken? Seto verstand nichts mehr. Welche Blicke? Gerade als er nachfragen wollte, setzte Joey an, etwas zu sagen. "Wenn ich ihm... von allem erzähle... dann wird er mich im besten Fall nur mitleidig betrachten und im schlimmsten Fall in mir... etwas abgrundtief Verdorbenes sehen!" kam es gequält von dem Blonden, der nun mit all seiner verbliebenen Kraft gegen die Hände von Seto drückte. Dieser ließ ihn sich endlich wieder gegen seine Brust drücken und schloss seine Arme eng um ihn! "Da spricht die Konditionierung deines Vaters aus dir, Schatz!" setzte Seto ganz vorsichtig an. Er wusste, ein falsches Wort, eine falsche Betonung und der Blonde würde dicht machen! "Ein Psychologe urteilt nicht über dich oder das, was du ihm anvertraust. In erster Linie wird er nur zuhören. Vielleicht wird er dich hier und da mit einer Frage konfrontieren, die dich zum Nachdenken anregen und im Endeffekt deinen Blickwinkel erweitern soll, aber er wird dich nicht bewerten oder beurteilen!" Er spürte, wie Joey wieder etwas heftiger weinte. Sanft strich er ihm wieder über das Haar, den Nacken und den Rücken. Zwar war es Seto bereits gelungen, die ein oder andere Blockade in Joey, die sein Vater in ihm errichtet hatte, zu lösen... doch er war nicht vom Fach und konnte - trotz des inniglichen Wunsches - seinem Liebsten nur recht oberflächlich helfen. Diese Hilflosigkeit trieb ihn in den Wahnsinn. Dann spürte der Brünette, wie der Blonde sein Kopf hob und von unten zu ihm herauf sah. Er erwiderte mit sanftem Lächeln den Blick. "Vie... vielleicht hast du recht," kam es mit erstickender Stimme von Joey."Aber im Moment kann ich das nicht... solange noch alles so ungewiss ist! Falls... das Gericht für uns entscheidet... dann... kannst du deine Anrufe machen!" Vorsichtig drückte Seto seinem Freund einen Kuss auf die Stirn und strich ihm über die Wange. "S... Seto?" kam es unsicher von Joey. "Ja?" reagierte der junge CEO liebevoll. "Muss... muss ich mit ihm alleine sein?" kam es zögerlich und unsicher von dem Blonden. "Du meinst mit dem Psychologen?" hakte Seto kurz nach. Der Blonde nickte nur schüchtern. "Nein... musst du nicht!" versicherte der Brünette dem Blonden in seinem Arm. "Wirst... du..." Joey musste wieder schlucken, als hätte er einen Kloss im Hals. "Wenn du das wünschst, bleib ich bei den Gesprächen bei dir!" versprach Seto sanft. Joey lehnte sich wieder an Seto's Brust und murmelte ein 'Bitte lass mich nicht alleine', während er dann schließlich wegdämmerte und völlig erschöpft einschlief. Seto machte es ihnen wieder etwas gemütlicher und hielt seinen Geliebten eng an sich gedrückt, während auch er erleichtert wieder einschlief. Kapitel 27: Vorbereitungen -------------------------- Kapitel 27 - Vorbereitungen Der Junganwalt Osachi war ein weiteres Mal bei ihnen zu Besuch. Leider verlief nicht alles so reibungslos, wie sie es sich gewünscht hätten. Auf ihren Antrag hin hatte der Richter Wheeler Senior zu sich gebeten, um seine Seite anzuhören. Scheinbar war der Säufer überzeugender gewesen, als ihm alle zugetraut hatten. "Auf jeden Fall" erläuterte Osachi in ruhigem Tonfall, "wünscht der Richter nun ein Gespräch mit Ihnen, Herr Wheeler, um sein Bild zu komplettieren und danach eine fundierte Entscheidung treffen zu können!" Seto sah, dass sein Liebster ein weiteres Mal bis zum Zerreißen angespannt war. Sanft strich Seto über Joey's Hand, der daraufhin den Blick zu ihm hob, dann kurz zum Anwalt blickte und dann aus dem Fenster schaute. "I... ich weiß nicht, ob ich das will!" kam es leise von dem Blonden. "In diesem Fall," setzte der Anwalt ungerührt an, "steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Richter unseren Antrag ablehnt! Das hätte wieder zur Folge, dass Sie, Herr Wheeler, wieder in den väterlichen Haushalt zurückkehren müssen!" "NEIN! NIEMALS!" kam es überraschend fest von Joey, der darauf seinen Blick wieder auf seinen Schoss richtete. "M... muss ich alleine mit dem Richter reden?" hakte der Blonde nach einem kurzen Moment nach. "Nun, ich werde Sie natürlich begleiten und dem Gespräch beiwohnen! Also nein! Sie werden nicht mit ihm alleine sein!" gab Osachi fundierte Auskunft. "Kann... kann Seto auch mit?" kam es unsicher von dem Blonden. "Das wäre nicht ratsam, Herr Wheeler!" kam es nüchtern, aber mit sanfter Stimme vom Anwalt. "Wir versuchen den Richter davon zu überzeugen, dass Sie für sich selbst Verantwortung übernehmen können! Wenn..." Der Anwalt brach kurz ab und richtete seinen Blick zu Seto. "Herr Kaiba, ich habe den allerhöchsten Respekt vor Ihnen und der Beziehung zwischen ihnen beiden und auch auf die Gefahr hin, dass das folgende sie erzürnt und mich meinen Job kostet, aber ich muss es sagen: Ihre Beziehung und die emotionale Abhängigkeit von Herrn Wheeler könnte sich nachteilig auf unser Anliegen auswirken." Seto hatte den Junganwalt am Anfang dieser Angelegenheit noch für begriffsstutzig und übereifrig gehalten, aber der Brünette musste die Courage des Mannes einfach bewundernd anerkennend. Auch auf die Gefahr hin, dass er seinen Job verlor nahm er sich den Mut im Sinne seines Klienten zu beraten, egal wie schmerzhaft die Wahrheit auch schien. Der junge CEO nickte verstehend. "Das Gespräch im Richterzimmer ist erst Anfang nächster Woche." kam es von Osachi, "Wenn Sie wünschen, werde ich in den nächsten Tagen Abends vorbei kommen, dann können wir das Gespräch mit dem Richter ein wenig einspielen und mögliche Fragen durchgehen. Ich berate Sie sehr gern dahingehend, wie Sie sich geben und wie sie was beantworten sollten!" Prüfend blickte Seto zu Joey, der erst nicht reagierte. Erst als Seto ihm ein weiteres Mal über die Hand strich nickte der Blonde hektisch, als habe er einfach nur seinen Einsatz verpasst. Osachi packte die Unterlage wieder in den Aktenkoffer und stand dann auf. "Noch etwas..." kam unsicher von dem Mann Ende zwanzig. "Es wäre förderlich, wenn... Herr Wheeler, Sie sollten in den nächsten Tagen Schlaftabletten nehmen und somit ein Durchschlafen erzwingen. Es wäre förderlich, wenn Sie nicht völlig übermüdet wirken würden und die dunklen Ringe unter ihren Augen verschwinden!" Schamesröte zog auf Joey's Wangen ein, der nur verlegen wegschaute. Seto stand auf. Sein Blick hätte morden können und Osachi schluckte schwer, als auch er seinen Blick senkte und sich verabschiedend verbeugte. Ohne ein weiteres Wort verließ der junge Anwalt das Büro und schloss hinter sich die Tür. Erst da wandte sich Seto zu seinem Liebsten um, ging wieder vor ihm in die Hocke und griff nach seiner Hand. Nur zögerlich wandte der Blonde seinen Blick auf ihn. "Dir würde es wirklich gut tun, einige Nächte durchzuschlafen, Schatz!" kam es behutsam von Seto. Joey ließ seinen Blick sinken und nickte mit missmutigem Gesichtsausdruck. Seto wusste, dass der Blonde die Schlaftabletten hasste. Er hatte ihm mal anvertraut, dass er durch die Schlaftabletten das Gefühl hätte, Kontrolle abzugeben. Seto konnte gut nachvollziehen, wie beängstigend dieses Gefühl der Kontrollaufgabe sein konnte. Er selbst hatte auch lange Zeit versucht alles in und um sich zu kontrollieren. Die Lektion, dass das gänzlich unmöglich war, war schmerzhaft gewesen! "Ich werde gut auf dich aufpassen!" versprach Seto dem Blonden, der ihn wieder anblickte und schwach lächelte. Dann ließ sich Joey nach vorne in Seto's Arm fallen, der ihn eng an sich drückte. "Versuchen Sie den Blickkontakt mit dem Richter die ganze Zeit aufrecht zu halten!" instruierte Osachi Joey. "Auch, wenn es ihnen schwer fällt! Das wird mit Sicherheit als Zeichen für eine gewisse Reife gewertet werden!" Joey nickte verstehend, während er auf seine Hände blickte. "Dann fangen Sie damit an, auch mit mir Blickkontakt zu pflegen!" forderte der Junganwalt streng. Erschrocken blickte Joey zu ihm auf. Seto konnte sehen, wie sich die Wangen seines Freundes röteten. Scham... das war momentan ihr größter Feind! Sie nahm dem Blonden den Mut und die Fähigkeit seine Maske aufzusetzen. Das hatte sich auch auf sein Sozialleben ausgewirkt. In den letzten zwei Wochen - seit er zusammengebrochen war - scheute er den Kontakt zu seinen Freunden, wobei niemand Tristan abhalten konnte immer wieder aufzutauchen. Bei ihm schien der Blonde nicht so ein starkes Bedürfnis zu haben, darüber hinwegzutäuschen, dass es ihm nicht gut ging. Seto fragte sich, ob der andere Brünette vielleicht mehr im Bild war, als der CEO wusste. Die nächsten zwei Stunden stellte der Anwalt unterschiedlichste Fragen. Immer wieder maßregelte er den Blonden, wenn dieser den Blickkontakt abbrach oder stammelnd antwortete. Es war schon der dritte Abend in Folge, an dem es so ging. Zwar überraschten die meisten Fragen den Blonden nicht mehr, aber sie schienen ihn teilweise immer noch kalt zu erwischen und aus der Bahn zu werfen. Die Erschöpfung war dem Blonden deutlich anzusehen. Etwas musste sich am Training ändern und Seto hatte auch schon eine Idee. Die Frage war nur, wie der Blonde darauf reagieren würde! Kapitel 28: Echte Freundschaft ------------------------------ Kapitel 28 - Echte Freundschaft Es war Samstagnachmittag als Osachi zum letzten Gesprächstraining vorbei schaute. Er wurde, wie üblich, von Seto und Joey begrüßt. Joey war mittlerweile so mit dem Junganwalt aufgetaut, dass er ihm sogar die Hand reichte. Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg zu Seto's Hausbüro auf. Als Seto die Tür öffnete und Joey zuerst eintreten ließ, blieb dieser abrupt und mit weit aufgerissenen Augen stehen. Sanft legte Seto seine Hand auf Joey's Schulter und schob ihn noch zwei Schritte weiter ins Büro, so dass auch Osachi ungehindert eintreten und die Tür hinter sich schließen konnte. "W... was machst du denn hier?" kam es überrascht von Joey, dessen Blick immer noch an dem jungen Mann an Seto's Schreibtisch klebte. "Ich hab gehört, dass mein bester Freund Hilfe bei der Vorbereitung zu einem wichtigen Gespräch braucht!" kam es von Tristan. Dieser stand auf und lächelte ihn an. Unsicher, mit einer Spur von Unverständnis blickte Joey zu Seto. Dieser drückte ihm sanft und vorsichtig einen Kuss auf, bevor er ihm lächelnd eine Strähne aus dem Gesicht strich. "Ich hab Tristan von unserem Anliegen erzählt, deine vorzeitige Volljährigkeit zu erwirken, damit dein Vater keine Handhabe mehr über dich hat!" gestand Seto vorsichtig. Er rechnete mit der Möglichkeit, dass Joey jetzt dicht machen und sich der gemeinsamen Arbeit heute verweigern würde. Doch dieser blickte ihn nur weiterhin fragend an. Irgendetwas arbeitete in dem Blonden, dass konnte Seto sehen. Dann setzte der Blonde mit einiger Anstrengung sein Grinsen auf und wandte sich Tristan zu. "Danke, dass du in die Bresche springst, Alter!" kam es wie früher von Joey, der sich von Seto löste. Seine Körpersprache hatte sich komplett verändert, während er auf Tristan zuging und sie sich mit einem speziellen Handschlag begrüßten. Als der CEO zu dem Junganwalt blickte konnte er auch sein Erstaunen auf dem Gesicht ablesen. "Okay..." kam es von Osachi schließlich. "Dann wird Herr... ähm...?" "Tristan Taylor!" stellte sich Tristan mit einem Grinsen auf dem Gesicht vor, während er dem Anwalt die Hand reichte. Der erwiderte die unerwartete Geste und nickte ihm zu, bevor er seinen Koffer abstellte, öffnete und eine Liste hervor zog. "Erfreut, Yosuke Osachi!" stellte sich der Anwalt selbst vor. "Also, wie kann ich helfen!" fragte Tristan interessiert und blickte vom Anwalt zu Seto zu Joey, der ihn nach wie vor angrinste. Nicht mit der Intensität, wie er vielleicht Yugi oder Mokuba angrinste, aber mehr, als ihm gerade zu Mute war. Das wusste Seto mit grenzenloser Sicherheit. Dennoch brauchte der Blonde das jetzt in dieser Situation und bei dem Gespräch mit dem Richter. "Herr Taylor, Sie werden bitte in die Rolle des Richters schlüpfen." erklärte Osachi. "Ich habe hier eine Liste von Fragen... wenn sie diese nach und nach abarbeiten würde?" "Okay!" meinte der kleinere Brünette, während er die mehrseitige Liste entgegen nahm und plötzlich realisierte, dass das alles sehr viel Arbeit werden würde. Tristan überflog die Fragen und blieb an einer hängen. Er schluckte schwer und hob dann seinen Blick wieder zu Joey. Dieser grinste ihn immer noch an, doch die Unsicherheit in seinen Augen konnte Seto deutlich herauslesen. Was für eine Frage hatte der andere Brünette wohl gerade gelesen? Als Seto zu ihm rüber gehen wollte schlug Tristan die Seite zu und konzentrierte sich wieder auf die erste Seite. Dann begannen sie die Fragen zu proben und wieder nahm Osachi sich die Zeit, die Art und Weise wie und was Joey antwortete zu analysieren, wobei er dieses Mal weniger zu bemängeln hatte, als die Tage davor. Wesentlich weniger! Nach fast zwei Stunden schien Tristan wieder an die Stelle zu kommen, an der er vorhin hängen geblieben war und schlucken musste. Wieder hielt er einen Moment inne. Er blickte fragend zu Osachi und dann zu Seto, bevor er seinen Blick wieder auf seinen besten Freund richtete. Sein selbstsicheres Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. "W... wann begann der sexuelle Missbr..." lass Tristan vor, ohne die Chance zu haben, die Frage zu vervollständigen. Joey sprang sofort auf und mit einem entsetzten Blick riss er ihm die Liste an Fragen aus der Hand. Jegliche Farbe war ihm aus dem Gesicht gewichen und seine Hand, in der er den Fragekatalog hielt, begann zu zitterte. Seto's Blick hatte sich auf den Anwalt gerichtet, der selbst überrascht über die Frage wirkte. Der Blonde hatte seinen Kopf nach vorne gesenkt, so dass seine Haare wieder über seine Augen fielen. "Was fällt Ihnen ein?" keifte Seto den Junganwalt bedrohlich an. "I... ich kann mir nicht erklären, wie diese Frage da rein geraten sein könnte!" versuchte sich Osachi zu rechtfertigen. "Aber diese Liste ist doch von Ihnen!" brüllte Seto den Mann fassungslos an. "Ja... nein... die Fragen wurde von einem Seniorpartner der Kanzlei verfasst, der mit solchen Gespräche mehr Erfahrung hat als ich!" erklärte sich Osachi. "Und woher soll dieser Seniorpartner von dem Umstand wissen, dass..." Seto unterbrach sich geistesgegenwärt, als ihm Tristan wieder in den Sinn kam. Als er sich umdrehte sah er, dass der andere Brünette bereits um den Schreibtisch gekommen war und neben dem Blonden stand. Der hatte die Fragen immer noch in der Hand, nur dass sie Blätter mittlerweile total zerknüllt waren, da er beide Hände zu Fäusten geballt hatte. Immer noch versuchte Joey mühevoll das Zittern zu unterdrücken, was ihm aber nicht gelingen wollte. "Hey Kumpel," begann Tristan ganz behutsam den Blonden anzusprechen. Der Schluckte nur schwer. Immer noch lag sein Blick vor ihm auf dem Tisch. "Joey...?" versuchte Tristan einen weiteren Vorstoß. Das Zittern war nicht länger zu unterdrücken. Mit einem Blick deutete Seto dem Anwalt, sofort den Raum zu verlassen. Dieser nickte betroffen und folgte der stummen Aufforderung sofort. Dann trat Seto an die andere Seite seines Geliebten. Vorsichtig hob Tristan seine Hand und wollte sie auf Joey's Schulter legen. Seto wollte ihn aufhalten, doch da lag Tristan's Hand bereits auf Joey. Sofort erstarb das Zittern. Joey strafte sich ein wenig und zwang sich ein Grinsen auf das Gesicht. "Dann... weißt du's jetzt eben!" kam es leise von Joey, dessen Stimme mehr als brüchig wirkte. Noch immer blickte der Blonde vor sich auf den Schreibtisch. Seto konnte nur ahnen, dass Joey gerade seine gesamte Scham und Panik nach innen wandte, um sich vor Tristan nicht noch mehr die Blöße zu geben. Langsam nahm Tristan Joey in den Arm und drückte den Blonden fest an sich. Nach einem Augenblick, in dem Joey unsicher und verwirrt zu Seto blickte, legte er zögerlich seine Arme um seinen besten Freund und erwiderte die Umarmung. "Man, Joey!" kam es flüsternd von Tristan, während er seinen besten Freund immer noch im Arm hielt. "Hätte ich es doch nur schon früher gewusst!" Nur langsam lösten sich die beiden Jungs voneinander. Joey atmete tief ein. "Du hättest nichts tun können!" kam es resigniert von dem Blonden. "Ich hätte dir beistehen können!" erwiderte Tristan. "Dann... hättest du das nicht alleine durchstehen müssen!" Überrascht blickte Joey zum ersten Mal, seit die Katze aus dem Sack war, zu Tristan auf. Eine Träne löste sich aus seinen Augen, die ihm langsam über die Wange rollte. Scheinbar, dachte Seto bei sich, realisiert er endlich, dass die Menschen ihm nicht so begegnen, wie er es immer befürchtet oder wie sein Vater es ihm eingeredet hatte. Kapitel 29: Fatales Vertrauen ----------------------------- Kapitel 29 - Fatales Vertrauen Joey war in der Eingangshalle und lief auf dem großen Teppich, der da lag, im Kreis. Seine Nervosität ließ ihn sich bis zum Zerreißen anspannen. Er lief bestimmt schon eine Stunde hier im Kreis und blickte bei jeder Runde auf die große Wanduhr. Es war viertel nach Acht und sein Termin bei Richter Yagami vom Familiengericht war um halb zehn! Das Warten brachte ihn um. Als er wieder eine Runde vollendet hatte und zur großen Wanduhr schaute, hätte er für einen Moment schwören können, dass der Minutenzeiger um eine Stelle nach hinten gerückt war. Dann spürte er Arme, die sich um seine Schultern legten. Kurz zuckte der Blonde zusammen, bevor ihm bewusst wurde, dass es nur Seto sein konnte. Er saugte den vertrauten Geruch seines Freundes tief in sich ein und plötzlich linderte sich die Anspannung etwas. "Du brauchst keine Angst haben!" flüsterte Seto ihm ins Ohr. "Wir werden da sein und auf dich warten!" Joey legte seinen Kopf in den Nacken und damit bei Seto auf die Schulter. Seicht wandte er sich zu dem Brünetten, der ihn sanft anlächelte und sich dann etwas zu ihm beugte um ihn sanft zu küssen. Genießerisch schloss Joey seine Augen und versank in der Liebesbekundung des Jungunternehmers. Noch vor einigen Wochen war es für ihn undenkbar gewesen einmal so vertraut mit dem Brünetten umgehen zu können. Doch seit er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatte sich viel geändert. Vieles hatte sich ganz anders entwickelt, als er befürchtet hatte. Vieles hatte sich zum Guten gewandt. Er wollte nicht, dass sich das wieder änderte! Wollte nicht zurück zu seinem Vater... Zurück in seine Hölle! Noch immer schwirrte ihm sein Notfallplan im Kopf herum. Man konnte ihn nicht zurück schicken, wenn man ihn nicht finden würde. Sollte der Richter ihn doch zurück schicken wollen, dann würde er seine Beine in die Hände nehmen und Fersengeld geben. Die Türklingel riss ihn wieder in die Realität und ließ den Kuss abrupt enden. Ängstlich blickte er zur großen Eingangstür und klammerte sich in die Arme seines Geliebten. Dieser gab ihm nochmals einen sanften Kuss auf die Wange, bevor er sich langsam von ihm löste. Als Seto die Tür öffnete trat Osachi herein. Der Anwalt, der sein Anliegen juristisch beriet und ihn auf das Gespräch mit dem Richter vorbereitet hatte. Nicht ohne den Fauxpas, dass Tristan von allem erfahren hatte, als er am Wochenende bei dem Gesprächstraining helfen wollte. Aber dennoch... hatte Joey das Gefühl dem Anwalt vertrauen zu können. Dieser trat ein und lächelte ihn ermutigend an. Da war die Nervosität wieder in ihrer vollen stärke in seinem Magen am wüten. "Ich dachte mir," begrüßte Osachi sie, "ich komm ein wenig früher! Dann können wir auf der Fahrt noch einmal kurz ein paar Punkte durchgehen!" Osachi musterte ihn kurz. Unsicher blickte Joey an sich herunter. Er trug eine Bluejeans und ein schwarzes Shirt. An und für sich hatte er sich ganz normal angezogen. "Ähm... sind Sie denn schon fertig?" hakte der Anwalt unsicher nach. "Er ist schon seit über einer Stunde fertig zum Gehen!" warf Seto sanft ein, während er sich dem Blonden wieder näherte und einen Arm um ihn schlang. "Sie wollen also kein Jackette oder ähnliches drüber ziehen?" fragte Osachi nochmals nach. "Ich wollte dem Richter zeigen, wer ich bin." warf Joey unsicher ein. "Ich bin kein Anzugträger. Ich fühle mich darin nicht wohl!" "Ah, ich verstehe." winkte Osachi ab. "Sehr gut mitgedacht Herr Wheeler!" Seto schob ihn langsam zur Eingangstür. Bei den Göttern, er wollte diesen Weg nicht gehen, kam es Joey in den Sinn. Als sie vor der Tür ankamen blieb Osachi noch einmal kurz stehen. "Es wäre besser, wenn Herr Wheeler und ich gesondert fahren würden, um nicht einen falschen Eindruck zu erwecken!" warf Osachi nochmal ein. "Falscher Eindruck?" hakte Joey nervös nach. "Nun ja... wir möchten doch, dass der Richter von ihrer Selbstständigkeit überzeugt wird." erklärte Osachi. "Im Moment wirkt es eher so, als würden Sie keine zwei Schritte alleine gehen können, Herr Wheeler!" Seto nickte und stimmte dem Anwalt zu. Joey... war davon nicht sehr angetan. Aber er hatte sicherlich recht. Der Schein würde die Hälfte der Miete ausmachen. Also setzte der Blonde alles dran seine Maske aufzusetzen. Die Maske des selbstsicheren Sunnyboy, die er in den letzten Jahren fast jeden Tag getragen hatte. Er spürte, wie das Grinsen in sein Gesicht Einzug hielt. Ein ungewohntes Gefühl in den letzten Wochen. Seto nahm ihn in die Arme und Joey erwiderte die Geste. "Wir werden da sein und auf dich warten, wenn du aus dem Amtszimmer kommst!" flüsterte der Brünette ihm ins Ohr. Joey schloss noch einmal kurz die Augen, schluckte und sog nochmals den Duft seines Freundes tief in sich ein. Ihm kam es wie ein Abschied für immer vor. Natürlich wusste er, dass diese Angst völlig irrational war. Dennoch ließ sie sich mit rationalem Denken nicht mildern. Als er sich von Seto löste und den Treppenstufen zuwandte trat Robert vor. Robert! Sein Schatten, seit er in das Krankenhaus gebracht worden war. Immer dezent im Hintergrund. Immer wachsam. Joey grüßte seinen Bodyguard. Wie immer erwiderte er den Gruß freundlich und mit einem milden Lächeln. Robert war Amerikaner, der sich hier in Japan verliebt hatte. Die beiden hatten geheiratet und beschlossen hier zu bleiben. Hier hatte er sich ein Unternehmen als Personenschützer aufgebaut und beschäftigte neben sich selbst vierzehn Männer und Frauen, die bei verschiedenen mehr oder weniger wichtigen Personen eingesetzt waren. Sein ältester Sohn war zwei Jahre jünger als Joey, die Tochter im Alter von Mokuba. Seine Frau erwartete nun das dritte Kind und würde es in sechs Wochen zur Welt bringen. Noch ein Junge. Fast hatte Joey ein schlechtes Gewissen, dass Robert seit Wochen jeden Tag von morgens bis abends hier war und so wenig Zeit für seine Familie und vor allem für seine Frau hatte. Doch Robert hatte irgendwann die Sorge bemerkt und ihm erklärt, dass es schon in Ordnung wäre. Es wäre sein Job und seine Frau wüsste das. Es wäre bei den ersten beiden Schwangerschaften auch nicht anders gewesen. Außerdem lag ihm viel daran seinen Schutz persönlich zu übernehmen, anstatt ihn an einen seiner Mitarbeiter zu delegieren. Als Joey damals nachfragte, warum das so wäre, eröffnete Robert ihm, dass er in Joey's Alter niemand gehabt hatte, der ihn beschützt hätte und der Blonde ihn irgendwie an sich selbst erinnerte. Joey hatte nie nachgefragt, wovor Robert damals geschützt werden musste. Irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, dass die Antwort einen höheren Grad der Vertrautheit zwischen ihnen erfordert hätte, als es zwischen ihnen zu dem Zeitpunkt der Fall gewesen war. "Für diese kurze Fahrt wird wohl kein Personenschützer von Nöten sein!" kam es von Osachi plötzlich. Robert bedachte ihn streng, ließ sich aber von seinem Vorhaben nicht abbringen und blieb an Joey's Seite. "Robert ist und bleibt Joey's Schatten!" widersprach Seto in einer Stimmlage, die es dem Anwalt deutlich machte, dass Robert nicht zur Diskussion stand. Osachi nickte etwas missmutig. Diese Reaktion kam dem Blonden merkwürdig vor und er fragte sich, was den Anwalt an Robert störte? Doch ehe er sich diesem Gedanken weiter widmen konnte spürte er die väterliche Hand Robert's auf seiner Schulter, blickte zu dem Mann auf und nickte ihm zu. Er schenkte ihm ein ehrliches Lächeln der Dankbarkeit und ging dann zum Wagen, den Seto ihnen zur Verfügung stellte. Nachdem Joey und Osachi eingestiegen waren, ging Robert um den Wagen herum und stieg auf der Fahrerseite ein. Joey rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. Seine Hände waren schweißnass und krallten sich immer wieder in den Stoff seiner Hose. Nachdem sie noch keine fünf Minuten unterwegs waren wandte sich Osachi an Robert. "Würden Sie bitte bei dem Park da vorne auf den Parkplatz fahren?" bat der Junganwalt den Fahrer, der ihn nur mit einem musternden Blick über den Rückspiegel betrachtete. "Ich würde gerne mit Herrn Wheeler noch einige Punkte in Ruhe durchgehen!" fügte Osachi schließlich hinzu und Robert nickte. Robert steuerte den Wagen auf den leeren Parkplatz des kleinen Parks, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich besucht war. Die Anwohner waren größtenteils bereits auf der Arbeit und der Park bot zu wenig, um die Kinder und Jugendliche der Gegend anzulocken. Vor allem nicht an einem Tag wie heute, wo der Himmel grauverhangen war und die ersten Tropfen den Boden erreichten. "Würden Sie uns bitte kurz alleine lassen?" fragte Osachi den Personenschützer, der fragend zu Joey blickte. Dem war mittlerweile mulmig im Magen und fand, dass sich Osachi heute nicht so verhielt, wie er ihn kennen gelernt hatte. "Er... kann ruhig bleiben!" meinte Joey schließlich. "Ich würde gerne mit ihnen etwas bezüglich des heiklen Themas besprechen, Herr Wheeler!" räumte Osachi in einem vertraulichen Ton ein. "Hab ich mir schon gedacht!" kam es in alter Joey-Manier und einem schiefen Grinsen zurück. Dann fiel sein Blick wieder auf den ältere Mann. "Ich ... vertraue Robert! Außerdem, Mann, schau aus dem Fenster... es wird gleich runtermachen wie blöd!" Osachi sah gar nicht glücklich und sehr leidlich aus. Irgendetwas stimmte definitiv nicht mit dem jungen Anwalt. Osachi ließ kurz sein Kopf hängen, bevor Joey etwas aufblitzen sah. Osachi führte seinen Arm schnell an der Kopfstützte vorbei zum Fahrersitz und zog seine Hand an Robert's Hals vorbei. Sofort entfaltete sich eine gewaltige Blutfontaine über die gesamte Windschutzscheibe, von wo der Blutstrahl förmlich abprallte und den gesamten Innenraum sprenkelte. Mit weitaufgerissenen Augen konnte Joey nicht glauben, wovon er gerade Zeuge geworden war. Von Robert kam nur ein unnatürliches röchelnd-blubberndes Geräusch, während er verzweifelt versuchte sich die Hände vor die aufgeschnittene Kehle zu pressen, was absolut keinen Effekt zu haben schien. Schließlich fielen die Arme schlaf herunter und Robert blieb reglos, mit weit aufgerissenen Augen, auf dem Fahrersitz sitzen, während immer noch Blut aus der Wunde quoll und ihm auf die Brust floss. Das Leben war aus seinen Augen gewichen und ließ nur noch die leere Hülle zurück. Dann wurde es Dunkel um Joey. Kapitel 30: Verschwunden ------------------------ Kapitel 30 - Verschwunden Als Seto beim Gericht ankam wartete bereits Tristan auf ihn. Der andere Brünette sprang aufgeregt auf und ab und winkte ihm, um auf sich aufmerksam zu machen. Nicht das Seto ihn nicht so schon bemerkt hätte. Er ging auf ihn zu und grüßte ihn mit einem stummen Nicken. Roland stand hinter ihm. "Sind Sie schon beim Richter?" fragte Seto Tristan. Tristan zuckte mit den Schultern. "Ich hab sie nicht gesehen!" antwortete er dem Jungunternehmer. "Seit wann bist du denn da?" hakte Seto interessiert nach. "Seit neun Uhr!" erwiderte Joey's bester Freund, der dabei auf die große Uhr in der Halle blickte, die jetzt halb zehn zeigte. "Osachi hatte Joey schon um halb neun abgeholt!" warf Seto ein. "Sie hätten also schon vor dir hier sein müssen! Der Termin ist doch erst jetzt um halb zehn!" "Vielleicht wurden sie früher rein gebeten, weil sie schon so früh da war?" warf Tristan nachdenklich ein. "Das denk ich nicht!" kam es nüchtern von Seto, der sich begann zu sorgen. Also zog er sein Smartphone und suchte aus den Kontakten die Nummer von Robert, Joey's Personenschützer. Er könnte ihnen sagen, wo Joey und sein Anwalt waren. Selbst wenn die beiden schon im Richterzimmer waren würde Seto nicht stören, denn Robert würde draußen warten. Doch niemand nahm am anderen Ende der Leitung ab. Die Sorge in Seto wuchs weiter, während er Hilfesuchend zu Roland blickte. Auch dieser zog jetzt sein Smartphone aus dem Jackette und wählte eine Nummer. Er wechselte einige Worte mit seinem Gesprächspartner. Aus den wenigen Worten konnte Seto nicht ableiten mit wem Roland sprach und welches Ergebnis er erarbeitete. Da sah Seto Richter Yagami im Flur. Sollte der Mann nicht in seinem Amtszimmer sitzen und mit Joey reden? Aber er schien nicht sein Amtszimmer als Ziel zu haben. Eiligen Schritts schloss Seto zu dem älteren Mann auf. "Richter Yagami?" sprach er den Mann vorsichtig an. Der ergraute Mann blieb stehen und wandte sich ihm zu. "Ja?" fragte dieser. "Entschuldigen Sie die Störung, aber ist das Gespräch mit Joey Wheeler schon abgeschlossen?" hakte Seto in seiner direkten Art nach. Der Mann sah ihn grübelnd an und kratzte sich am Kinn. "Joey Wheeler?" kam es verwirrt von dem Alten. "Sein Antrag lag vor zwei Wochen auf meinem Schreibtisch! Ich hab ihn geprüft und eine Entscheidung getroffen. Wieso sollte ich den jungen Mann darüber hinaus zu einem Gespräch bitten?" "Aber... ich dachte, Sie hätten mit seinem Vater gesprochen und würden ein Gespräch mit Joey wünschen, um sich ein Gesamtbild machen zu können?" kam es nun verwirrt von Seto. "Was?" kam es entrüstet von dem Richter. "Das muss ein Irrtum sein oder Sie wurden falsch informiert! Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden, ich habe in fünf Minuten eine Sitzung!" Mit diesen Worten wandte sich der Mann ab, während Seto ihm erstarrt hinterher blickte. Erst als Tristan endlich aufschloss erwachte Seto aus seinem Schock. Was wurde hier gespielt? "Was hat er gesagt?" fragte Tristan. "Das er keinen Termin mit Joey angesetzt hätte!" kam es kurz angebunden von Seto. Der Jungunternehmer wandte sich wieder der Eingangshalle zu und sah, wie Roland auf ihn zueilte. Ihm gefiel ganz und gar nicht, wie Roland dreinblickte. "Wir konnten Roberts Telefon orten!" informierte seine rechte Hand ihn. "Dann bring uns hin!" meinte Seto, der an Roland vorbei ging ohne dem Mann eine Gelegenheit zum Einwand zu geben. Tristan folgte ihm und auch Roland schien sich in sein Schicksal zu ergeben. Noch auf der Fahrt klingelte Rolands Telefon und er aktivierte sein Headset. Scheinbar erhielt er nur einige Informationen, da er nichts erwiderte. Im nächsten Moment lenkte der Mann den Wagen auf einen Parkplatz und hielt an. "Roland?" kam es besorgt von Seto, der spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Es dauerte einen Moment, bis Roland sich strafte und sich zu Seto umwandte. "Wir haben... Robert gefunden!" meinte Roland in einer merkwürdigen Stimmlage. "Und Joey?" hakte Seto übermäßig besorgt nach. "Verschwunden!" meinte Roland. "Was? Wie konnte das passieren?" kam es entrüstet von Seto. "Ich will sofort mit Robert sprechen! Er soll mir erklären, was vorgefallen ist!" "Das... wird nicht gehen, Seto-sama!" kam es von Roland. Seto versteifte sich. Roland nannte ihn für gewöhnlich nicht beim Namen! Wenn doch, dann war es ernst. Der Jungunternehmer schluckte schwer. "W..." seine Stimme war zu brüchig und der CEO musste sich räuspern, bevor er einen weiteren Versuch starten konnte. "Warum geht das nicht?" "Robert ist tot!" kam es kurz und prägnant von Roland. Seto's Herz drohte stehen zu bleiben und ohne das es ihm bewusst war tastete er nach Tristan's Hand. Der andere gewährte ihm die Geste und gab dem Jungunternehmer, der sich sonst so perfekt unter Kontrolle hatte, den Halt, den er suchte. "Wie?" kam es heißer von Seto. "Er saß noch im Wagen. Man hat ihm von hinten die Kehle durchgeschnitten!" informierte Roland den jungen Mann, dem mittlerweile die gesamte Gesichtsfarbe entwichen war. "Joey?" kam es wieder kraftlos von Seto. "Es gibt keine Spur von ihm oder Osachi!" gab Roland zu. Seine Hand krampfte und er verspürte ein heftiges Stechen in der Brust. Mit der zweiten Hand griff er sich an die Brust und japste kurz nach Luft. Er stand kurz davor in Panik zu geraten. Doch er verbot es sich! Es war weder hilfreich, noch konnte er es sich jetzt leisten. Den Schmerz in der Brust drängte er in die hinterste Ecke seines Bewusstsein. Er richtete sich wieder auf. "Findet mir diesen Anwalt!" bellte Seto in einer Stimmlage, die deutlich machte, dass er Antworte wollte! "Ja, Sir! Unsere Leute sitzen bereits dran!" kam es pflichtergeben von Roland. "Gut, bring mich zu diesem Parkplatz!" forderte Seto schließlich. "Sir..." kam es zögerlich von Roland. "Keine Diskussion!" keifte Seto. Roland nickte, wandte sich wieder dem Lenkrad des Autos zu und startete den Motor. Wenige Minuten später kam der Wagen erneut zum Stehen als sie den Park erreichten. Der Parkplatz war bereits von der Polizei abgesperrt und die Polizei bei der Arbeit. Seto stieg aus. Ein recht junger Offizier wollte ihm den Durchgang verwehren. Doch Seto ignorierte ihn. Gerade als der junge Offizier Hand an den CEO legen wollte wurde er von einem höhergestellten Detectiv zurück gepfiffen, der sofort auf Seto zukam. "Herr Kaiba!" grüßte der Polizeibeamte höflich, aber ernst den Firmenchef. "Es tut mir leid, Sir, aber es wäre nicht ratsam, wenn sie weitergehen würden!" "Ich muss!" war alles was von Seto kam, als Tristan ihn am Arm packte. "Nein, das musst du nicht!" kam es von dem anderen, der ihn ernst ansah. "DOCH!" kam es angespannt von dem Jungunternehmer, der sich von seinem ehemaligem Klassenkamerad losriss und zu seinem zweiten Wagen ging. Schon jetzt konnte er sehen, dass die gesamte Windschutzscheibe von dem Blut des Personenschützers bedeckt war. Als er näher kam erkannte Seto, dass Robert immer noch hinter dem Steuer saß. Seine Augen in Schrecken und Panik geöffnet. Der Schnitt durch die Kehle war tief und ging sowohl durch die Luft, als auch durch die Speiseröhre. "...es muss sich um einen ungeübten Täter handeln." hörte Seto im Hintergrund einen Polizist zu einem Kollegen sagen. "Sieh dir an, wie tief der Schnitt ist. So etwas passiert nur, wenn man nervös ist und zu viel Kraft aufwendet!" Das Rauschen in Seto's Ohren nahm zu. Er kannte Robert nicht sehr gut, aber Joey mochte den Mann. Er war einer der wenigen Menschen, bei dem sich der Blonde sicher gefühlt hatte. Joey! "...Schleifspuren!" drang erneut ein Gesprächsfetzen in Seto's Bewusstsein. Er wandte sich von Robert ab, für den er nichts mehr tun konnte, außer... "Roland?" rief er nach seinem langjährigen Berater und rechten Hand. "Ja, Sir?" fragte Roland, der zu ihm aufschloss. "Sorg bitte dafür, dass es der Familie von Robert an nichts mangelt! Sie soll sich um nichts kümmern oder sorgen müssen!" kam es von ihm und für einen Moment fühlte er sich, als würde er neben sich stehen. "Ja, Sir!" bestätigte Roland die Order. Dann schritten sie einige Schritte um den Wagen auf die andere Seite. Dort stand die Tür offen und auf dem Kies, der dem Parkplatz als Untergrund diente, waren zwei tiefe Schleifspuren zu sehen. "W... weiß man schon was genaueres über Joey?" fragte Seto und spürte erneut die Angst in sich aufkeimen. "Allem Anschein wurde jemand aus dem Wagen gezogen und einige Meter in diese Richtung geschleift, bevor die Spur aufhört!" informierte Roland und klang dabei, als würde er mit Seto einen Vertrag durchgehen. "Aufgehört?" kam es irritiert von Tristan. "Die Polizei vermutet, dass er in ein wartendes Fahrzeug gezogen worden ist!" komplettierte Roland seinen Bericht. "A... aber er... lebt?" kam es leise und unsicher von Seto. "Man hat kein Indiz gefunden, dass dem nicht so ist!" erwiderte Roland. Seto fühlte sich völlig entrückt. Ihm wurde von innen heraus eiskalt. Er wandte sich seinem Wagen, mit dem er gekommen war, zu und wollte zurück gehen, als er stolperte. Sofort griffen Roland und Tristan von hinten nach seinen Armen, um zu verhindern, dass er hinfiel und um ihn zu stützen. Doch Seto konnte die Panik nicht länger bändigen, die ihm nun die Brust zuschnürte, in die Knie zwang und ihn nach Luft japsen ließ. Joey! Was war nur mit seinem Geliebten geschehen? Warum war er nicht bei ihm gewesen? Er hätte verhindern können, dass sein Freund entführt worden wäre, wenn er nur bei ihm geblieben wäre, anstatt auf Osachi zu hören! OSACHI! Sobald Seto wieder Luft bekam, wollte er sich den Anwalt zur Brust nehmen! Kapitel 31: Verzweiflung ------------------------ Kapitel 31 - Verzweiflung "ICH WILL KEINE AUSFLÜCHTE HÖREN!" brüllte Seto die Männer in seinem Büro an. "ES SIND JETZT FÜNF TAGE! SIND SIE DENN KOMPLETT UNFÄHIG?" Die sechs Männer in den dunklen Anzügen erwiderten nichts. Sie blickten zu Boden und ließen ihren Chef toben. "VERSCHWINDEN SIE!" brüllte Seto sie weiterhin mit all seiner Wut und seiner Verzweiflung an. "GEHEN SIE MIR AUS DEN AUGEN UND FINDEN SIE IHN ENDLICH!" Sofort drehten sich die Männer um und verließen eilig das Büro in der Villa. Als der letzte endlich den Raum verlassen hatte bemerkte Seto, dass vor der Tür Tristan, Mokuba, Roland und sein Hausarzt warteten. "UND WAS WOLLT IHR?" keifte er und wirkte wie ein verletztes Tier, dass sich in die Enge gedrängt fühlte. Tristan war der erste, der sich vorwagte und in das Büro kam. Er kam um den Schreibtisch und blieb direkt vor Seto stehen. In Seto wütete die Verzweiflung darüber, dass es immer noch keine Spur von seinem Geliebten gab. Aber Tristan war diese Woche kaum von seiner Seite gewichen. War ihm... ein Freund gewesen, der ihm beistand und ihn stützte, wo er nur konnte. Dessen Sorge und Verzweiflung ähnlich groß war, wie die des Jungunternehmers. "Setzt dich!" forderte Tristan. "WOZU?" erwiderte Seto wieder völlig außer sich. "SETZT DICH!" schrie Tristan nun zurück. Wie ein bockiges Kind warf sich Seto in seinen Chefsessel und verschränkte die Arme vor der Brust, während er im Augenwinkel wahrnahm, wie Mokuba, Roland und der Arzt auch in das Büro kamen. "Seto..." setzte Tristan in einem ruhigeren Tonfall an. "Lass es, Taylor!" versuchte Seto den besten Freund seines Geliebten abzuwürgen. Doch er wusste, dass es nichts bringen würde. Tristan ließ sich nicht abwürgen. "Seto!" kam es fester von Tristan. "Du läufst seit Montagfrüh auf Hochtouren. Du schläfst nicht und mittlerweile hast du dich auch nicht mehr im Griff!" "Ich hab alles fest im Griff!" giftete Kaiba trotzig zurück. Dunkle Augenringe zeichneten sich mittlerweile im Gesicht des jungen Geschäftsmann ab. "Da irrst du dich!" widersprach ihm Mokuba. "Du schläfst nicht. Ich hör dich die halbe Nacht weinen und toben! Wenn du das unter 'alles fest im Griff haben' verstehst, haben wir unterschiedliche Ansichten!" Wieso...? Wieso fiel ihm sein kleiner Bruder so brutal in den Rücken? Sollte er nicht auf seiner Seite sein und ihm gegen diesen... diesen... ihm fiel nicht mal mehr ein Schimpfwort für Taylor ein. "Seto-sama!" begann nun auch noch Roland zu intervenieren. Seto stand kurz davor vom Glauben abzufallen. Fiel ihm jetzt auch noch Roland in den Rücken? Verstanden sie denn alle nicht, dass es hier um Joey ging!? Taylor und Mokuba bedeutete der Blonde doch auch was. Also warum unterstützten die beiden ihn dann nicht in seinen Bestrebungen seinen Geliebten zu finden? Warum rotteten die sich hier zusammen, um ihn auszubremsen? "NEIN!" schrie Seto sie erneut an, während er aus seinem Stuhl aufsprang und Tristan zwang zwei Schritte zurück zu weichen. "ER IST IRGENDWO DA DRAUSEN UND HOFFT UND BETET DARUM, DASS ICH IHN FINDE UND RETTE!" brüllte Seto, der endgültig die Fassung verlor. "WARUM VERSTEHT DAS DENN KEINER?" "Wir... wir verstehen das doch, Seto!" kam es besorgt von Mokuba. "Aber du kannst ihn nicht retten, wenn du vor Erschöpfung zusammenbrichst!" "Du brauchst Schlaf!" übernahm Tristan sofort die Argumentation. "JETZT!" "WAS ICH BRAUCHE IST..." konterte Seto wieder, als er rüde von Roland unterbrochen wurde. "...RUHE!" brüllte die sonst so ergebene rechte Hand des jungen CEOs, "Sie brauchen Ruhe, damit Sie wieder einen klaren Kopf bekommen und dann ihren Geliebten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln finden und retten können!" Verblüfft und geschockt blickte Seto zu Roland. Roland's Worte konnte er nicht so einfach abweisen. Sie trafen ihn. Kraftlos sackte er wieder zurück in seinen Chefsessel und fuhr sich fahrig durch sein Haar. Alles was er sich wünschte, war das Joey wieder hier, an seiner Seite sein würde. Er wollte ihn in seine Arme nehmen und so eng an sich drücken, dass nie wieder jemand in der Lage gewesen wäre sie zu trennen. Niemals wieder! Den Stich hatte er nicht kommen sehen, nur gespürt, als die Spritze längst wieder herausgezogen war. Entsetzt blickte er zu seinem Hausarzt, der hinter seinem Stuhl stand und ihn väterlich anlächelte. Nicht in der Art und Weise, wie Gozaberu gegrinst hatte, sondern eher so, wie sein richtiger Vater ihn angelächelt hatte. Wann hatte er das letzte Mal an seinen leiblichen Vater gedacht? Das... das muss schon Jahre her gewesen sein. Alles wurde auf einmal langsamer, als ob er in einer Zeitlupe stecken würde. Das Denken begann ihm zunehmend schwer zu fallen und seine Gedanken machten Sprünge, die Seto nicht nachvollziehen konnte. Führten seinen Verstand durch einen Irrgarten aus Gedanken, Erinnerungen, Ängsten und Geheimnisse. Seto war sich bewusst, dass er etwas sagte. Aber was, das konnte er schon längst nicht mehr erfassen. Er hoffte nur inständig, dass er nichts sagte, was er für sich behalten wollte. Tristan war vor ihm in die Hocke gegangen und hatte seine Hände auf die Stuhllehnen gelegt. Mokuba stand hinter dem anderen Brünetten und blickte aus besorgten grau-blauen Augen zu ihm. Was... was hatten die beiden nur. Und warum fühlten sich die eigenen Lider nur so an, als hätte jemand Bleigewichte an sie gehängt. Mit jedem Wimpernschlag fiel es dem Jungunternehmer schwerer die Augen wieder zu öffnen. Dann hatte er das Gefühl zu fallen. Nicht lange... dann wurde er von jemanden aufgefangen. Der Raum lag in Dunkelheit, als Seto langsam erwachte. Vorsichtig tastend suchte er mit seiner Hand die andere Betthälfte ab. Leer... wieso war die Betthälfte leer? Dann traf ihn die Wahrheit wie ein Vorschlaghammer. Er schreckte hoch. Sein Atem ging schwer. Der Mond schien durch die großen Fenster des Raumes. Joey, durchzog es seinen Verstand. JOEY! Er war weg... entführt... spurlos verschwunden! Dann, ohne das Seto etwas dagegen tun konnte, fing er an zu weinen. Seine gesamte Verzweiflung, seine ganze Angst manifestierte sich als Flut unzähliger Tränen, die er einfach laufen ließ. Alles, wonach sich Seto sehnte, war seinen Geliebten wieder bei sich an seiner Seite zu haben. Ihn zu halten und ihm Trost zu spenden, wenn dieser aus einem Albtraum schreckte. Ihm Stärke zu geben, wenn der Blonde sie brauchte. Für ihn da zu sein und ihm dabei zu helfen, seine Vergangenheit zu bewältigen und mit ihr abzuschließen. Damit sie beide... gemeinsam... nach vorne schauen konnten. Dann spürte er Arme, die ihn umschlossen. Joey? Nein! Unmöglich! Er blickte in haselnussbraune Augen. Es war Tristan! Er musste auf einem der Stühle gesessen haben und vom Schatten verdeckt worden sein. Seto wollte ihn anschreien, weil er sich mit seinem kleinen Bruder, seiner rechten Hand und seinem Hausarzt gegen ihn verschworen hatte, doch dann sah er die geröteten Augen des anderen. Tristan ging es nicht anders als ihm, schoss es ihm durch den Kopf. Auch Tristan's Gesicht war von Tränen feucht. Zögerlich legte Seto seine Arme um den besten Freundes seines vermissten Geliebten und gab ihm den selben Trost zurück, den der andere ihm zu Gute hatte kommen lassen. Vergessen war der Groll und das Unverständnis für die K.O-Aktion am Vormittag. Dem Jungunternehmer wurde klar, dass Tristan, Mokuba und Roland recht gehabt hatten. Er war so fertig gewesen, dass er es nicht Mal selbst gemerkt hatte. Der Schlaf war bitter nötig gewesen. "Wir... wir werden ihn finden Seto!" flüsterte Tristan leise. "Du wirst sehen... bald wird er wieder in unserer Mitte sein!" Seto war so dankbar für die Worte, die seine Angst etwas zurück drängte und ihm die Möglichkeit gab wieder die Kontrolle über seine Gefühle zurück zu bekommen. "Dann lass uns alles tun, damit das so schnell wie möglich geschieht!" kam es entschlossen von dem jungen Firmenchef. Tristan grinste ihn an und nickte zustimmend. Kapitel 32: Gefunden und doch verloren!? ---------------------------------------- Kapitel 32 - Gefunden und doch verloren!? Mokuba, Tristan und Seto saßen in dessen Hausbüro. Es war viertel vor Acht am Morgen und sie warteten darauf, dass die Sicherheitsleute erneut Bericht erstatteten. Keiner von ihnen glaubte, dass diese überbezahlten Möchte-Gern-Profis irgendetwas herausgefunden hatten. Sonst hätten sie sich längst gemeldet. Die Stille wurde abrupt unterbrochen, als Seto's Festnetzanschluss klingelte. Alle starrten völlig geschockt auf das altmodische Telefon. Nur für einen Moment zögerte Seto, bevor er hastig nach dem Hörer griff. "Hallo?" kam es von ihm mit großer Unsicherheit. Tristan und Mokuba konnten eine aufgeregte Frauenstimme vernehmen, aber nicht wirklich hören, was sie sprach. "Ich komme sofort!" rief Seto in den Hörer, während er schon aufsprang und um den Schreibtisch rannte. Der Hörer landete nur mit knapper Not und Mühe wieder auf der Gabel. "Mokuba, du rufst unseren Hausarzt an. Er soll her kommen und sich bereit halten!" bellte Seto, der wirkte, als hätte man ihm einen Energiedring intravenös verabreicht. "Ich will mit!" begehrte Mokuba verzweifelt auf. "Nein!" kam es von Seto, der in diesem Moment aus der Tür stürzte und förmlich Richtung Eingangshalle rannte. Auf dem Weg kamen sie an der Küche vorbei, in der Roland seinen Chef vorbei laufen sah und beschloss ihm ebenfalls zu folgen. Erst außerhalb des Hauses holten Tristan und Roland Seto ein, der verzweifelt versuchte den Schlüssel in das Türschloss zu stecken und aufzuschließen. Doch seine Hände zitterten so sehr, dass es ihm nicht gelingen wollte. Also griff Roland nach der Hand mit dem Schlüssel. Seto blickte erschrocken zu ihm und schien seine rechte Hand erst jetzt wirklich zu bemerken. Ergeben überließ er dem älteren die Schlüssel. Dieser schloss den Bentley Flying Spur auf, so dass auch die hinteren Türen entriegelt wurden. Seto stieg eilig ein und blickte verdutzt auf Tristan, der auf der anderen Seite zu ihm gestiegen war. "Was..." wollte Seto aufbegehren. Doch Tristan's Miene verriet ihm, der andere mitkommen und sich nicht umstimmen lassen würde. Also nickte er dem anderen zu und gab Roland die Anweisung zu Joey's Eigentumswohnung zu fahren. "Wer war am Telefon?" fragte Tristan. "Joey's Putzfrau!" kam knapp von Seto. "Joey hat eine Putzfrau?" kam es erstaunt von Tristan. "Sein Vater - Jack - hat ihm eine Eigentumswohnung gekauft," begann Seto zu erklären, "damit Joey ein Rückzugsort hat, falls wir uns mal streiten oder auseinander gehen würden. Neben der Einrichtung beauftragte Jack auch einen Service, der täglich eine Reinigungskraft schickt, um die Wohnung sauber zu halten." "Und warum meldet sich diese Kraft bei dir?" hakte Tristan nach. "Es ist eine Firma, die auf exklusive Kunden spezialisiert ist." erklärte Seto weiter. "Diskretion ist eine der obersten Devisen dieser Firma. Man hinterlegt eine Nummer, die in einem Notfall, wie einem Einbruch, angerufen werden soll." "Und Jack hat deine Nummer hinterlegen lassen?" erkannte Tristan. "Ja, da er überwiegend in Amerika ist hat er jemand hier vor Ort benötigt!" gab Seto zurück. "Und was genau hat die Putze nun gesagt?" fragte Tristan weiter. "Das die Tür einen Spalt weit offen stehen und auf dem Wohnzimmerboden jemand liegen würde!" gab Seto zurück. "Du denkst... das das Joey ist?" kam es jetzt aufgeregt von dem anderen Brünetten. "Wer sonst?" kam es kurz von Seto. "Aber... wieso sollte Joey in seine Eigentumswohnung gehen und nicht nach Hause kommen?" gab Tristan wieder zu bedenken. "Vielleicht... war sie näher?" antwortete Seto. "Ist doch jetzt auch egal. Wir fahren hin und schauen nach!" Tristan nickte ihm zu. Seto verkrampfte seine Hände in seinen Hosenbeinen. Man konnte ihm die Anspannung ansehen. Dann spürte der junge CEO wie Tristan nach seiner Hand griff und sie fest drückte. "Er... wird es bestimmt sein!" kam es leise von Tristan. "Er muss es sein!" kam es hoffend von dem Jungunternehmer. Obwohl die Fahrt nur wenige Minuten dauerte kam sie Seto wie Stunden vor. Dann wurde der Bentley langsamer und tauchte in die Tiefgarage des Wohnhauses hinab. Jack hatte hier für seinen Sohn vorsorglich einen Parkplatz mitgekauft, schließlich wusste man nie, ob der Blonde nicht doch irgendwann noch den Führerschein machte und sich ein Auto anschaffte. Noch ehe der Wagen auf dem Parkplatz zum Stehen kamen waren Seto und Tristan hinaus gesprungen und zum Aufzug gehechtet. Keine Minute später erreichten sie endlich das Stockwerk, in dem die Wohnung lag. Die Putzfrau stand immer noch im Flur und deutete auf die offene Tür. Seto dankte ihr und schickte sie weg. Sie sollte zum nächsten Termin wieder kommen. Tristan war schon weiter gegangen und legte vorsichtig seine Hand an die offen Tür. Langsam ließ er sie aufschwingen. Als Seto zu ihm kam sahen sie einen schmutzigen, abgetragenen Mantel auf dem Boden des Wohnzimmers liegen. Das Innere des beigen Mantels war mit Blut- und anderen Körperflüssigkeitsflecken beschmutzt. Seto's Herz setzte aus. Auf dem mit Teppich ausgelegtem Boden zog sich eine Schleifspur aus Blut aus dem Wohnzimmer in Richtung des Schlafzimmers. Nur zögerlich folgten die beiden Männer der Spur, die kurz vor dem Schlafzimmer in das Badezimmer abbog. Durch die offene Tür konnte man einen nackten Körper auf den Fließen liegen sehen. Seto wollte in das Badezimmer stürzen, doch Tristan griff ihn am Arm, zog ihn zurück an und pinnte ihn an die Wand. "NEIN, SETO!" bellte Tristan ihn gedämpft, aber mit Nachdruck an. "Aber... aber..." stammelte Seto verzweifelt. "Warte hier! Ich geh zuerst!" erklärte Tristan. "Warum?" zischte Seto nicht verstehend. "Weil er dich liebt!" erwiderte Tristan, dem die erste Träne hoch kam. "Und er vielleicht nicht erträgt, dass DU ihn so siehst!" So! Seto hatte Joey nur kurz auf dem Boden gesehen. Der Rücken bis zur Hüfte mit roten Striemen übersehen. Kleine, runde Verbrennungen von Zigaretten. Blutige Hand- und Fußgelenke. Blessuren an der Innenseite der Oberschenkel. Über und über mit Blut, Sperma und sonstigen Körperflüssigkeiten bedeckt. Es fiel dem CEO schwer, doch er nickte. "I... ich warte hier und wenn er..." presste Seto verzweifelt durch die aufeinander gepressten Zähne Tristan entgegen. "Wenn er nach dir fragt, werde ich dich sofort herbei winken!" meinte Tristan beruhigend, legte dem Jungunternehmer noch einmal die Hand an die Wange und wandte sich dann dem Badezimmer zu. Langsam und behutsam näherte Tristan sich seinem besten Freund, der auf dem Boden auf dem Bauch lag. Darauf bedacht, nicht auf der Spur aus Blut und anderem Zeug auszurutschen. Erst als er näher kam, bemerkte Tristan, dass Joey nicht bewusstlos war. Einer seiner Arme war ausgestreckt und die Finger bewegten sich langsam, als würden sie versuchen sich an die nächste Fließe zu krallen, um sich dann voran zu ziehen. Er ging neben dem Blonden, dessen Haare total strähnig und verklebt waren, in die Knie und legte vorsichtig seine Hand auf die nackte Schulter in etwas Klebriges. Sofort ertönte ein Wimmern. Pure Verzweiflung schlug Tristan entgegen als der Blonde versuchte etwas zu sagen. Der Brünette musste sich erst mit dem Gesicht auf den Boden legen, um zu verstehen, dass der Blonde immer wieder wimmerte, dass sie Quitt wären und er nicht mehr könne! Sanft flüsterte Tristan Joey's Name. Sofort begannen die Schultern des anderen an zu beben. Ganz vorsichtig versuchte Tristan seinem Freund aufzuhelfen. Doch als er seine Hand fest an die Schulter des anderen legte entwickelte dieser eine unerwartete Kraft und der Blonde stieß ihn mit einem gellendem 'NEIN' von sich. Tristan stieß sich an der Badezimmerwand und rieb sich kurz die Schulter. Als er sich wieder auf Joey konzentrierte sah er, wie dieser versuchte sich verzweifelt zur Duschkabine zu ziehen. Er näherte sich vorsichtig wieder dem Blonden. "Joey..." flüsterte er ein weiteres Mal und legte seine Hand wieder auf Joey's Schulter, der nur laut schluchzte. Doch der Blonde wiederholte nur immer wieder das Wort 'nein'. Kurz blickte sich Tristan um und sah an einem Handtuchhalter ein großes, sauberes Handtuch hängen. Er griff danach, faltete es auseinander und bedeckte seinen besten Freund damit. Dieser gab daraufhin sein Vorhaben zur Dusche zu kommen auf und blieb weinend, mit der Stirn auf der Fließe liegen. Ganz vorsichtig strich Tristan dem anderen das Haar nach hinten und sah, dass diese Seite des Gesichtes blau verfärbt und angeschwollen war. Der andere konnte ihn gar nicht sehen, wurde Tristan bewusst. Als er aufsah, sah er Seto in der Badezimmertür stehen. Dem anderen Brünetten liefen die Tränen stumm über das Gesicht. In dem Moment erschien hinter Seto Roland, der ihn sanft von der Tür wegzog und ins Wohnzimmer führte. Nicht ohne Gegenwehr des CEO, der bei seinem Geliebten bleiben wollte. "Joey, ich bin's Tristan!" kam es leise von Tristan, der sich neben Joey gelegt hatte. Nur langsam wandte der Blonde seinen Kopf in seine Richtung. Das andere Auge war ebenfalls fast zugeschwollen. Der Mundwinkel auf der anderen Gesichtshälfte war zerbissen und verkrustet. Suchend bewegte Joey seine Augen und schien zu versuchen etwas zu erkennen. Immer noch quollen Tränen aus dem noch offenen Augen. Tristan zwang sich dazu ihn sanft anzulächeln. "Tris?" kam es erschöpft von dem Blonden ängstlich. "Ja, Kumpel!" kam es von Tristan, der versuchte normal zu klingen. Dann weiteten sich Joey's Augen in Panik, während sein Auge sich hektisch bewegte. "S... Seto?" flüsterte Joey erstickend. "Er ist auch da..." kam es von Tristan, der hoffte, dass die aufkeimende Panik dadurch gelindert werden könnte. Doch es hatte die gegenteilige Wirkung. "NEIN!" brüllte Joey auf einmal. "NEIN! ER... ER SOLL NICHT...!" Der Rest ging im erneuten Weinkrampf unter. Speichel rann dem Blonden aus dem Mund. Tristan zog ihn sanft in eine kniende Position und presste ihn dann an sich. "Hey, keine Sorge... er... er hat dich nicht gesehen." erklärte Tristan mit beruhigendem Tonfall. "Ich hab ihm gesagt, er soll im Wohnzimmer warten... Hörst du? Er hat dich nicht gesehen!" In seiner ganzen Verzweiflung krallte sich Joey an Tristan und schrie seine Frustration hinaus! Der Schrei erschütterte Tristan bis in sein Inneres und drohte sein Herz zu zerreißen. Dann spürte er, wie er die Tränen nicht länger zurück halten konnte und ebenfalls, zusammen mit Joey, weinen musste. Aus dem Wohnzimmer hörte Tristan ein Poltern. Jemand war aufgesprungen und versuchte herbei zu kommen. Wahrscheinlich Seto, dachte Tristan. Doch dann hörte er die verzweifelte Stimme des CEO, der Roland anflehte, ihn durchzulassen. Aber Roland ließ sich scheinbar nicht beirren und redete leise auf seinen Chef ein. Nach einer kleinen Weile fing sich Tristan wieder und bemerkte, wie Joey erschöpft seinen Kopf hängen ließ. "Hey Kumpel..." richtete er sein Wort wieder an den Blonden. "Ich werde dich jetzt ins Schlafzimmer bringen und dort zieh ich dir was an. Dann gehen wir heim!" Ohne Kraft und völlig erschöpft begann Joey wieder etwas zu murmeln. Nur schwer erkannte Tristan die Worte seines besten Freundes. Joey murmelte immer wieder, dass Seto ihn nicht sehen dürfte. Tristan gab ihm sein Wort, dass er dafür sorgte, dass das nicht geschehen würde. Vorsichtig stand Tristan auf und zog Joey mit sich. Er war sehr darauf bedacht, dass er nicht auf den Flüssigkeiten am Boden ausrutschte, während er den Blonden in das Handtuch wickelte und dann mehr trug, als dass Joey selbst in der Lage war noch zu gehen. Dazu war einfach nicht mehr genug Kraft übrig. Als sie auf den schmalen Wohnungsflur, der vom Wohnzimmer zum Schlafzimmer führte, traten war Tristan sehr darauf bedacht, sich so zu stellen, dass Seto nichts sehen konnte. Dieser wurde von Roland immer noch zurück gehalten. Wieder sah Tristan, wie Tränen über das Gesicht des Geliebten seines besten Freundes lief. Auch dieser Anblick drohte sein Herz zu zerbrechen. Nachdem sie über die Schwelle des Zimmers getreten war schloss Tristan die Tür. Vorsichtig setzte er den Blonden auf dessen nie benutztem Bett ab und eilte zum Kleiderschrank. Wie erhofft fand er hier Klamotten. Schnell hatte er gefunden was er suchte. Er zog dem Blonden erst einen Hoodie über, bedacht darauf, dass die Kapuze auf dem Kopf blieb und teilweise in das Gesicht des anderen fiel. Dann half er ihm in eine weiche, bequeme Jogginghose. Zuletzt zog er ihm Hausschuhe an. Vorsichtig legte Tristan seine Hand an die weniger lädierte Gesichtshälfte seines Freundes, der es nur langsam schafte ihn aus seinem halb zugeschwollenem Auge anzublicken. "Lass uns nach Hause gehen, Joey!" kam es sanft von Tristan. Joey wollte aufstehen, doch er fiel seinem besten Freund einfach in die Arme. Dieser hob ihn hoch und Joey verbarg sein Gesicht an dessen Brust. Dann trug Tristan ihn aus dem Schlafzimmer durch den engen Flur ins Wohnzimmer. Dort gab er Seto mit einer Geste zu verstehen, dass er Abstand halten sollte. Er wusste, was er von dem anderen verlangte und wie schwer es ihm fallen musste. Doch anders ging es einfach in diesem Augenblick nicht. Kapitel 33: Bestandsaufnahme ---------------------------- Kapitel 33 - Bestandsaufnahme Als Tristan Joey auf seinem Bett in der Kaiba-Villa absetzte hielt sich der Blonde weiter an ihm fest. Er ging vor ihm in die Hocke, so dass es für den anderen keine weitere Kraft erforderte ihn anzublicken, nur weil er den Kopf heben musste. Noch immer hatte er den Kapuzenpulli tief ins Gesicht gezogen. "Schmutzig!" war alles, was kraftlos von Joey kam. "Wir werden dir den Dreck gleich runter waschen!" erwiderte Tristan sanft. Ein Klopfen unterbrach den Brünetten. Joey schluckte panisch und begann zu zittern. "Nein... nein... nein!" begann der Blonde zu flüstern Sanft legte Tristan ihm tröstend eine Hand auf die weniger lädierte Gesichtshälfte. "Hey, alles gut." wisperte er ihm zu. "Das ist nicht Seto... das ist der Arzt!" Joey lief eine Träne über das Gesicht. "I... ich will nicht!" kam es verzweifelt von Joey. "Kann ich verstehen, Kumpel!" lenkte Tristan kurz ein. "Aber der Doc muss einen Blick auf dich werfen. Sicherstellen, dass du nicht doch ins Krankenhaus musst!" "KEIN KRANKENHAUS!" kam es in einem panischen Anflug von Joey. "Nein... deshalb muss der Doc nach dir schauen!" wiederholte Tristan. Joey nickte resigniert. Langsam stand Tristan auf und eilte zur Tür. Vor ihr stand der grauhaarige, kleine Mann mit der Brille auf der Nase und einer Strickjacke über den Schultern. Den Koffer den er hielt schien eigentlich viel zu wuchtig für den kleinen Mann zu sein. "Sie sind der Arzt?" fragte Tristan. Der Mann nickte. "Mein Name ist Oda Akari!" stellte sich der Arzt vor. "Tristan Taylor!" erwiderte der junge Mann die Höflichkeitsfloskel. "Darf ich herein kommen?" fragte Doktor Akari. "Natürlich!" kam es plötzlich hastig von Tristan, der kurz in den Flur blickte, aber als er niemand sehen konnte, den Türspalt weitete und den Arzt einließ. Nur zu gern hätte er Seto zu Joey gelassen. Aber solange dieser sich derartig schmutzig und entblößt fühlte... Tristan schüttelte den Kopf, schloss die Tür wieder und eilte an dem Arzt vorbei zu Joey. "Hey Joey..." sprach er diesen ruhig an, als er wieder vor dem Blonden in die Hocke gegangen war. "Doktor Akari ist da!" Nur sehr langsam hob Joey seinen Kopf und blickte zu dem Mann, den er schon aus dem Krankenhaus kannte. Er war es auch gewesen, der ihm die Schlaftabletten verschrieben hatte. "Herr Wheeler!" grüßte der Mann freundlich und sanft schmunzelnd. "Doktor!" kam es leise von Joey. Die Untersuchung war ein Spießrutenlauf gewesen. Schon gegen das Entkleiden wehrte sich Joey massiv, doch die Berührungen des Arztes waren für den Blonden eine Qual gewesen. Dabei war der Arzt sehr darauf bedacht jede Berührung und Untersuchung anzukündigen und zu erklären. Doch je weiter die Untersuchung voranschritt, desto mehr wehrte sich der Blonde gegen die Notwendigkeiten. Doktor Akari bewies dabei mehr als einmal eine unerschöpfliche Geduld und Gelassenheit. Sammelte neben Proben für medizinische Untersuchungen, auch Spuren, die vielleicht einmal bei einer Ermittlung relevant werden könnten. Dazu gehörten die Substanzen aus dem Haar, was Joey unter den Fingernägel hatten, sowie Fotos von den oberflächlichen Verletzungen, wie der Bisswunde am Innenschenkel oder den Zigarettenverbrennungen am Bauch und im unteren Rückenbereich, sowie den Würgenmale am Hals. Am schwierigsten war es den Blonden dazu zu bewegen sich auf den Rücken zu legen, die Beine anzuwinkeln und sich vom Arzt abtasten zu lassen. Dabei geriet er derartig in Panik, dass Tristan ihn erst dazu bringen konnte sich zu beruhigen, nachdem er hinter ihn gestiegen und von hinten seine Arme gebändigt hatte. Aber schließlich war auch das geschafft und Doktor Akari gab grünes Licht für das Badezimmer. So hatte Tristan den Blonden ins angrenzende, voll ausgestattete Badezimmer getragen und auf einem kleinen Schemel abgesetzt. Sanft hatte er die Brause genommen und eine angenehme Wassertemperatur eingestellt. Dann begann er seinen Freund ganz langsam und behutsam zu waschen und von all dem Unrat und Dreck zu befreien, der teilweise schon Tage an ihm klebte. Immer wieder erging sich Joey in Weinkrämpfen, während er seine Arme über Kreuz vor die Brust geschlagen hatte und versuchte sich so klein zu machen, wie es ihm nur möglich gewesen war. Schließlich war Tristan zufrieden mit dem Ergebnis und trocknete den Blonden vorsichtig ab. Dann, in ein großes weiches Handtuch gewickelt, führte er ihn wieder in das Schlafzimmer, in dem Doktor Akari die Tagesdecke vom Bett gezogen und die Bettdecke bereits aufgeschlagen hatte. Nachdem Tristan Joey wieder auf der Bettkante abgesetzt hatte begann der Arzt damit die blutigen Abschürfungen an Hand- und Fußgelenke zu verbinden, sowie über die ein oder andere offene Wunde Salben aufzutragen und sie sorgfältig abzukleben. Dann half Tristan seinem besten Freund in saubere Klamotten, ein kurzärmliches Shirt, so wie wieder eine bequeme, weiche Trainingshose. Als er ihn in die Kissen drücken wollte spürte er eine sture Gegenwehr des Blonden. Hilfesuchend sah der Brünette zu Doktor Akari, der bereits eine Spritze aufgezogen hatte und sie in Joey's Armbeuge stieß, bevor er das Beruhigungsmittel entlud. Wieder liefen vereinzelnde Tränen aus Joey's halboffenem Auge, bevor er langsam wegdämmerte. Jetzt konnte Tristan ihn endlich hinlegen und zudecken. Tristan und Doktor Akari betraten das Hausbüro, indem Seto auf seiner Couch saß und sofort aufsprang, als er sie sah. "W... was ist mit ihm?" fragte der Jungunternehmer besorgt. "Ich denke, das war recht offensichtlich, oder?" kam es erschöpft von Tristan, der sich auf die Couch fallen ließ. "Herr Wheeler ist durch die Hölle gegangen!" kam es nüchtern von dem Hausarzt. "Und das mehr als einmal!" Seto stolperte einen Schritt zurück, spürte, wie seine Beine drohten nachzugeben und ließ sich neben Tristan fallen. "Ich habe alle Wunden gesäubert und versorgt." begann der Arzt Bericht zu erstatten. "Er wird mindestens eine Woche liegen müssen, nicht das er überhaupt dazu in der Lage wäre, alleine aufzustehen. Ich habe ihm ein Beruhigungs-, sowie ein Schmerzmittel verabreicht. Er wird bis morgen früh durchschlafen. Bei Bedarf soll er eine hiervon nehmen, nicht häufiger als alle sechs Stunden eine!" Er stellte ein Päckchen mit Schmerztabletten auf den niedrigen Kaffeetisch. "Herr Kaiba!" der Ton des Arztes wurde ernster. "Die körperlichen Verletzungen werden innerhalb von zwei Wochen verheilen. ABER... die seelischen Wunden..." "Die werden viel Zeit und einen Therapeuten brauchen!" komplettierte Seto den Satz. "Er könnte auf Nähe oder gar ihre Anwesenheit nicht wie erhofft reagieren!" gab der Arzt weiter zu bedenken, "Nehmen Sie es bitte nicht persönlich oder dem jungen Mann übel. Diese Abwehrreaktion... ist natürlich und..." Der Arzt sprach nicht weiter und bedachte Seto nur mit einem ernsten Blick, bevor er nickte und seine Hand väterlich auf Seto's Schulter legte. "Sollte etwas sein, haben Sie meine Nummer. Scheuen Sie sich nicht, mich anzurufen!" kam es weiter von dem Arzt, der sich dann zum Gehen wandte. "Danke, Doktor Akari!" rief Tristan plötzlich. Der ältere Mann lächelte ihm sanft zu und nickte. Dann verschwand er aus dem Hausbüro. Seto saß wie benommen da. Ja... es war wirklich offensichtlich gewesen, was seinem Geliebten zugestoßen war. Es gab gar keine andere Interpretationsmöglichkeit. Joey war entführt, misshandelt und ... Seto musste schlucken. Eindeutig Yakuza, ging es ihm durch den Kopf. Bei Yakuza kam ihm Joey's Vater in den Sinn. Nicht Jack! Der andere... das Monster, dass sich schon seit Jahren an seinem Sohn vergriffen hatte, von dem er ausgegangen war, dass er sein Fleisch und Blut gewesen ist. Der seiner Spielsucht immer wieder frönte und auch nicht davor zurück schreckte seinen Sohn seine Schuld abarbeiten zu lassen, wie er es vor einigen Monaten versucht hatte! Wut ballte sich in Seto. Er ballte seine Fäuste. Dafür würde dieser Drecksack büßen. Er würde dafür sorgen, dass dieses Stück Scheiße das bekam, was es verdiente. Alles würde er dran setzten, damit der seines Lebens nicht mehr froh werden würde. Aber jetzt... jetzt wollte er nur eines: Zu Joey! Er stand auf und blickte zu Tristan, der erschöpft sein Gesicht in seine Hände gelegt hatte. "Kommst du?" fragte Seto leise. Tristan blickte fragend zu ihm auf. "Er schläft jetzt!" erklärte der Jungunternehmer. "Ich will ihn sehen. Mich davon überzeugen, dass er in Sicherheit ist. Und du... du brauchst Schlaf, damit du fit bist, wenn er aufwacht und dich braucht!" Tristan nickte verstehend und folgte Seto. Kapitel 34: Nicht allein! ------------------------- Kapitel 34 - Nicht alleine! Tristan saß bereits seit einigen Stunden an dem Bett des Blonden und beobachte diesen im Schlaf. Er hatte bemerkt, dass sein bester Freund sich immer häufiger im Schlaf bewegte, zuckte und aufstöhnte, als würde er geschlagen werden oder schlimmeres. Scheinbar war das ein sicherer Indikator dafür, dass das Beruhigungsmittel abgeklungen war und Joey bald erwachen würde. Vorsichtig wechselte der Brünette von seinem Stuhl auf die Bettkante des Blonden. Keinen Moment zu früh! Der Blonde schreckte mit einem gellenden Schrei hoch und begann mit den Armen wild um sich zu schlagen. Tristan versuchte die Hände des Blonden zu zähmen, was ihm nicht gelang ohne einen Faustschlag gegen das Kinn abzubekommen. "Joey!" rief er laut, während er immer noch mit den um sich schlagenden Händen kämpfte, bis er diese zu fassen bekam und sie mit viel Kraft halten konnte. Joey zerrte an Tristan's Griff, hatte die Augen fest zu gekniffen und schrie immer wieder, dass er nicht wolle. "JOEY!" kam es bestimmter von dem Brünetten. "Mach deine Augen auf! Na komm schon, Kumpel!" Plötzlich erstarb jede Gegenwehr und Joey riss seine halb zu geschwollenes Auge auf, nur um völlig entgeistert seinen besten Freund anzublicken, bevor er sich weinend vornüber beugte. Langsam ließ Tristan die Hände des Blonden los und begann ihm sanft über den Rücken zu streichen. Nach einer Weile stemmte Tristan Joey vorsichtig wieder in eine sitzende Position, bevor er ihn ganz langsam auf den Rücken und zurück in die Kissen gleiten ließ. Sofort rollte sich der Blonde auf die Seite, winkelte die Beine an, während er sie zur Brust hochzog und legte beschämt den oberen Arm über sein Gesicht. Vorsichtig deckte Tristan ihn wieder zu, blieb aber auf der Bettkante sitzen. Es verging eine weitere Weile, bevor Tristan merkte, dass Joey versuchte etwas zu sagen, aber auf Grund des trockenen Halses kaum etwas heraus brachte. Da griff der Brünette zu einer bereitstehenden Karaffe und schenkte aus ihr in einen leichten Plastikbecher Wasser ein. Er hielt ihm den Blonden vorsichtig vor die Nase. Dieser wollte den Becher nehmen, doch seine Hände zitterten zu sehr. Nach einem Moment des Zögerns ließ er sich schließlich beim Trinken helfen. "W... wie habt ihr mich gefunden?" fragte Joey heißer, während er seinen Blick abwandte. "Die Putze hat angerufen, als ihr die offene Wohnungstür auffiel." erklärte Tristan leise und behutsam. "Putze?" kam es verwirrt von Joey. "Jack hat wohl einen Service beauftragt die Wohnung in Schuss zu halten!" erklärte Tristan. "Ah!" kam es abschließend von Joey, der sich langsam auf die andere Seite rollte und damit Tristan den Rücken zuwandte. Als Tristan das Wort erneut an seinen Freund richten wollte bemerkte er, dass die Schultern des Blonden seicht bebten. Er weinte. Vorsichtig und behutsam legte sich Tristan hinter Joey und nahm ihn langsam in den Arm. Das Weinen verstärkte sich zunächst, bevor es langsam wieder abnahm. Tristan wusste nicht wieso, aber Joey schien nichts dagegen zu haben, dass er so nah bei ihm war... hinter ihm lag. Hatte Doktor Akari nicht etwas von Abwehrreaktionen erzählt? "H... hat.. er..."kam es leise wieder von Joey, der sich bemühte normal zu klingen. "Seto... hat er...?" "Nein!" kam es sanft von seinem besten Freund. "Ich hab ihn abgehalten!" "D... danke Tris!" kam es scheinbar erleichtert von dem Blonden. "Nicht dafür, Kumpel!" reagierte Tristan automatisch wie immer. Es vergingen einige Minuten der Stille, bevor Tristan Joey erneut ansprach. "Willst du ihn sehen?" fragte er vorsichtig und spürte sofort, wie der Blonde sich verkrampfte und anspannte. "N... nein!" kam es leise mit erstickender Stimme von Joey. "Wirklich nicht?" kam es zweifelnd von Tristan, der ahnte, dass der Blonde log. Joey schluckte ein paar Mal heftig und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. "Will nicht, dass er mich so sieht!" kam es schließlich gepresst von dem Verletzten. "Wie 'so'?" hakte der Brünette nach. Keine Reaktion. Nur wieder seichtes Beben, das den Blonden verriet. "Du bist nicht schmutzig!" flüsterte Tristan in Joey's Ohr, der daraufhin erschrocken inne hielt. "W... wie?" kam es ungläubig von dem Blonden, der sich scheinbar auf die Zunge biss, um zu verschleiern, dass genau das sein Grund war, warum er nicht wollte, dass sein Geliebter zu ihm kam. "Als wir hier gestern ankamen," erinnerte Tristan Joey, "Da war das, das erste was du sagtest. Gestern dachte ich, du meinst den ganzen Dreck an dir... doch das hast du nicht gemeint oder?" "Nein!" kam es kaum hörbar von dem Blonden, der sein Gesicht mehr in das Kissen drückte. Wieder setzte das Beben der Schultern ein. "Du bist NICHT schmutzig, Joey!" wiederholte Tristan mit Nachdruck. Das Weinen wurde heftiger und Tristan zog ihn ein Stück näher an sich heran. Dann wartete Tristan einfach ab. Joey war bereits wieder eingeschlafen, als es seicht an der Tür klopfte. Langsam und darauf bedacht, den Blonden nicht unnötig zu wecken, stand Tristan auf und ging zur Tür. Als er sie einen Spalt weit öffnete blickten besorgte grau-blaue Augen ihn an. Mokuba! Was... wie... Tristan wusste nicht, wie er reagieren sollte. Das er Seto nicht herein lassen würde, stand für ihn außer Frage. Doch der jüngere Kaiba... er hatte gerötete Augen und blickte ihn traurig an. Tristan trat vor die Tür und zog sie hinter sich zu. "Hey, Moki..." begrüßte Tristan ihn sanft. "Wie... wie geht es Joey?" fragte der Schwarzhaarige. "Er schläft viel..." kam es erklärend von Tristan. "Hat einiges zu verdauen!" "K... kann ich irgendetwas tun?" erkundigte sich der aufgeweckte 14jährige. "Dein Bruder könnte vielleicht etwas Ablenkung gebrauchen!" wandte Tristan nachdenklich ein. "Darum kümmert sich schon Roland!" kam es leise von Mokuba. "Ich möchte etwas für Joey tun... Bitte!" Tristan schluckte kurz, dachte nach. "Darf ich zu ihm?" kam es schließlich von dem Dunkelhaarigen. "Ich weiß nicht, ob das im Moment so gut wäre, Moki!" kam es ehrlich von Tristan. Tränen sammelten sich in Mokuba's Augen und Tristan spürte, wie er begann innerlich schon nachzugeben. "Wie wär es damit, Moki," begann Tristan einen Kompromiss vorzuschlagen. "Wenn Joey das nächste Mal wach wird, frag ich ihn, okay?" Der Dunkelhaarige nickte und wandte sich dann ab, um sich ein paar Meter weiter auf einen Stuhl zu setzen, die hier im Gang überall verteilt an den Wänden standen. Tristan ließ kurz den Kopf hängen und kehrte dann zurück in Joey's Zimmer. Dieser wälzte sich bereits erneut in einem Albtraum gefangen von einer Seite zur anderen. Vorsichtig setzte sich Tristan zu ihm und strich ihm eine Träne aus dem Gesicht, wodurch der andere sofort erwachte und aufschreckte. Dieses Mal zog er seine Arme in einer Abwehrgeste nach oben, um sein Gesicht und seinen Kopf zu schützen. "Hey, nur ich hier!" kam es leise von Tristan, der sanft nach den bandagierten Handgelenken angelte, um die Arme wieder zu senken. Nur zögerlich ließ Joey ihn machen und blickte aus tränennassen Augen zu ihm, bevor er sich abwenden wollte. "Nein, nein, nein!" meinte Tristan sanft. "Komm schon Joey... ich bin es doch nur!" Unsicher blickte ihn Joey wieder an. "Na bitte," grinste Tristan ihn an. "Siehst du... gibt nichts, was dir vor deinem besten Freund peinlich sein müsste, also hör auf dich von mir abzuwenden und zu verstecken!" "Wieso?" kam es erschöpft von dem Blonden. "Wieso was?" fragte Tristan nicht verstehend hinterher. "Du... du hast mich gesehen!" kam es leise von Joey. "Gesehen... was..." Seine Stimme brach zusammen und Tränen quollen aus seinen Augen. Sanft strich Tristan ihm eine Träne von der Wange. "Ja!" kam es mit ruhiger Stimme von Tristan. "Ich hab gesehen, was man dir angetan hat! Es war mehr als deutlich zu sehen. Und sollt ich diese Schweine jemals in die Finger kriegen, werden die ihres Lebens nicht mehr froh werden, das versprech ich dir Joey!" "HÖR AUF!" schrie ihn Joey an, dem nun mehr Tränen über das Gesicht liefen und er beschämt seinen Kopf hängen ließ. "Du tust so, als hätte das nichts zwischen uns geändert! Aber... aber du kannst mich unmöglich noch so sehen, wie früher!" "Das stimmt!" gab Tristan zu. "Aber das war schon immer so!" Joey blickte verwirrt zu ihm auf. "Joey..." begann Tristan sanft, "du bist und bleibst mein bester Freund! Das ist etwas, was sich nie ändern wird! NIE! Aber mein Blick auf dich ändert sich, seit wir uns kennen, tagtäglich. Weil ich dich mit jedem Tag etwas besser kennen lerne und daher besser verstehen kann. Mir hat ganz lange ein Teil deines Seins gefehlt, was manchmal dazu führte, dass ich Reaktionen von dir nicht verstehen konnte. Doch auch das hat sich geändert. Und auch wenn du in der Vergangenheit das Gefühl hattest, dich niemanden anvertrauen zu können, bist du heute nicht alleine! Ich bin da, wann immer du mich brauchst, komme ich sofort. Mokuba wartet vor der Tür, macht sich große Sorgen um dich und möchte gerne zu dir. Genauso wie sein Bruder, der dich über alles liebt! Der diese Woche schier verrückt geworden ist, weil er dich nicht finden und dir nicht helfen konnte! Wenn du es erlauben würdest, wären auch die anderen - Yugi, Ryou und Duke - hier und würden dich unterstützen und dir helfen, mit dem ganzen Scheiß, den du diese Woche ertragen musstest, fertig zu werden. DU. BIST. NICHT. ALLEIN!" Mit einem großen Auge blickte Joey seinen besten Freund an und war sprachlos. Ihm liefen nur weiter Tränen über das Gesicht, die - da war sich Tristan ganz sicher - nicht von Scham oder Schmerz herrührte. Dann nahm der Brünette eine Bewegung wahr und erkannte, dass seine Botschaft bei Joey angekommen war, da dieser sich vor zu ihm lehnte und damit deutlich machte, dass er Halt suchte. Also legte Tristan seine Arme um den Blonden und gab ihm genau das, was dieser brauchte. Kapitel 35: Wiedersehen ----------------------- Kapitel 35 - Wiedersehen "Was... hat dir dein Bruder erzählt?" fragte Tristan den jüngeren Kaiba. "Nichts!" kam es traurig von Mokuba. "Aber das musste er auch nicht." Verwundert blickte Tristan den Dunkelhaarigen an. "Ich bin 14, Tristan!" kam es trotzig von dem Jüngeren. "Ich hab Joey gesehen, als du ihn herein gebracht hast. Es war ... recht offensicht ... das ... er ... du weißt schon!" Sanft legte Tristan seine Hand auf die Schulter des Jüngeren, der ihm mittlerweile bis zur Brust reichte. Wann war der Knirps nur so gewachsen und war er schon immer so reif gewesen? "Bist du dir sicher, dass du zu Joey willst?" hakte der Brünette vorsichtig nach. "Ja!" kam es fest von Mokuba. "Ich hab ihn so vermisst und ich möchte auch für ihn da sein... ihm zeigen, dass er nicht alleine ist!" "Okay... aber hör mal Moki," gab Tristan schließlich nach. "Joey wird versuchen vor dir wie immer zu wirken. Das wird ihn viel Kraft kosten. Kraft, die er für seine Heilung dringender benötigt. Also erschrick bitte nicht, wenn er vielleicht plötzlich anfängt zu weinen. Und auch nicht davor, wie er aussieht. Sein Gesicht hat einiges eingesteckt und ist immer noch sehr geschwollen." "Ich hab ihn gesehen, als ihr gekommen seid!" erinnerte Mokuba ihn noch einmal. "Okay..." lächelte Tristan den Jüngeren schwach an. Dann öffnete er die Tür zum Zimmer des Blonden. Von Kissen im Rücken gestützt saß Joey in seinem Bett, blickte verloren aus dem großen Fenster und beobachte, wie unzählige Wassertropfen vom Himmel fielen. Erst als Tristan die Tür wieder schloss schien Joey aus seinem Tagtraum zu erwachen und zu ihnen zu schauen. Sofort versuchte der Blonde zu grinsen, was auf Grund der Schwellungen im Gesicht mehr als schwierig war. "Moki." kam es kraftlos von dem Blonden, dessen Stimme deutlich vom vielen Weinen gezeichnet war. Vorsichtig trat der Halbwüchsige an das Bett heran und lächelte den Blonden sanft an, während Tristan auf die andere Seite des Betts ging und sich auf die Kante setzte. "Hey, was'n los?" fragte Joey, der die zurückhaltende Art des jüngeren Kaiba nicht gewohnt war. "Hm?" kam es unsicher von Mokuba. "Na komm schon." kam es von Joey, der mit einer Geste Mokuba dazu einlud auf das Bett zu krabbeln, was dieser nur zu bereitwillig tat. Dann schien sich der Jüngere nicht länger zurück halten zu können und warf sich an Joey's Hals und drückte den Blonden fest. Von der Geste überrascht schloss Joey langsam seine Arme um den Jüngeren. "Ich hatte solche Angst!" kam es leise von Mokuba. "Die Vorstellung, dich nie wieder zu sehen oder dich nie wieder umarmen zu können..." Mokuba's Stimme brach zusammen, als ihm die ersten Tränen hochkamen. "Hey," flüsterte Joey sanft. "Jetzt ist alles wieder gut!" Doch der Jüngere konnte sich nicht von ihm lösen und weinte weiter. Die Erleichterung musste einfach zu groß sein, ging es Tristan durch den Kopf. Dann sah er, wie auch Joey den Tränen immer näher kam. "Kleiner, komm schon!" hörte er Joey flüstern, "Tu mir das nicht an!" Dann konnte der Blonde seine Tränen nicht mehr zurück halten und presste den Schwarzhaarigen noch enger an sich. Tristan ließ die beiden einfach. Es schien beiden gut zu tun, einander zu halten und zu weinen. Nach einer Weile lösten sich die beiden von einander und Joey begann erneut zu Grinsen. Mokuba stand die Verlegenheit ins Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich hatte er sich vorgenommen stark zu wirken und sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst er um Joey gehabt hatte. Doch jetzt schien er wieder völlig der Alte zu sein und unterhielt sich mit Joey über das neue Street Combat und welche Update-News es zu dem Spiel gab. Dieses Stück Normalität tat dem Blonden wirklich gut, fand Tristan. Es waren zwei Stunden vergangen, als Tristan spürte, wie Joey vorsichtig und unbemerkt nach seiner Hand tastete. Tristan kam ihm entgegen und spürte, dass Joey's Kraft erschöpft war. Noch gelang es ihm seine Maske zu tragen, aber das würde sich bald ändern und scheinbar wollte Joey nicht, dass Mokuba Zeuge dessen werden würde. "Hey Moki," kam es schließlich von Tristan. "Ja?" kam es freudestrahlend von dem Jüngeren. Wieso machte er es dem Brünetten nur so schwer? "Wie wär's, wenn du mal nach dem Abendessen schauen würdest?" bat Tristan ihn schließlich. Mokuba nickte, drückte Joey noch einmal fest, bevor er vom Bett krabbelte und aus dem Zimmer verschwand. Fast augenblicklich, nachdem der Jüngere den Raum verlassen hatte drangen weitere Tränen bei Joey an die Oberfläche und er ergab sich ihnen Schluchzend gegen Tristan's Brust. Dieser hielt ihn vorsichtig und strich ihm über den Rücken. Das würde schon wieder werden! Nach dem Abendessen hatte Tristan Joey seine Schmerzmittel hin gehalten. Der wollte die Tablette erst nicht nehmen, doch sein bester Freund ließ nicht locker und schließlich schluckte der Blonde das Mittel. Es dauerte nur wenige Minuten, bevor er davon so schläfrig wurde und er einschlief. Vorsichtig klopfte es an der Tür. Tristan zog noch die Decke über Joey zu Recht, bevor er zur Tür ging und sie öffnete. Vor ihr stand Seto. Als hätte er gewusst, dass Joey gerade durch das Schmerzmittel eingeschlafen wäre, blickte er Tristan bittend an. Dieser trat zur Seite und ließ den anderen Brünetten herein. "Er ist gerade eingeschlafen!" berichtete Tristan ihm. "Sollte bis morgen durchschlafen!" "Dann solltest du dich hinlegen gehen!" meinte Seto zu ihm, ohne seinen Blick von dem Blonden zu nehmen. Tristan nickte und schickte sich an der Empfehlung des Jungunternehmers zu folgen. Doch bevor er ging spürte er eine Hand auf seiner Schulter und wandte sich nochmal zu Seto um, der ihn - mit Tränen in den Augen - anblickte. "Danke, Tristan!" kam es leise von Seto. Tristan nickte nur und ging dann, um sich selbst ein wenig Ruhe zu gönnen. Mit einem letzten Blick zurück in den Raum sah er, wie sich Seto auf einen Stuhl in der Ecke setzte, mit stetem Blick auf den Menschen, der ihm neben seinem kleinen Bruder am meisten bedeutete. Ihm so nah zu sein und ihn doch nicht berühren zu können war schwer für den jungen Mann, das konnte man ihm regelrecht ansehen. Doch er tat alles, was erforderlich war, um Joey zu helfen. Und wenn das bedeutete, sich fern zu halten, dann war der Jungunternehmer dazu gewillt. Kapitel 36: Wiederaufbau ------------------------ Kapitel 36 - Wiederaufbau Tristan hob das Tablett des Frühstücks vom Bett und stellte es auf die nahe Kommode. Das Tablett war immer noch reichlich gefüllt. Der Blonde hatte kaum etwas gegessen, aber mehr als die letzten Tagen. Von daher war es ein kleiner Fortschritt. Als sich Tristan wieder auf die Bettkante setzte blickte Joey ein weiteres Mal aus dem großen Fenster heraus. Noch immer regnete es. Nun schon der fünfte Tag in Folge. Sanft legte Tristan seine Hand auf die von Joey, der kurz zusammen zuckte und seinen Blick dann auf seinen besten Freund richtete. "Hey Kumpel..." begann Tristan. "Wie sieht es aus? Ich hab vor der Tür einen Kaiba stehen, der gerne zu dir möchte!" Joey schluckte, während sein Blick auf die Hände in seinem Schoss fiel. Die Schamesröte legte sich auf seine Wangen. "Joey..." kam es wieder mit etwas Nachdruck von Tristan. "Du bist NICHT schmutzig!" Der Blonde schluckte ein weiteres Mal und wandte seinen Blick wieder zum großen Fenster. Unsicher biss er sich auf seine Unterlippe. Seine Hände krallten sich in die Decke. Sanft schob Tristan seine Hand unter Joey's Hände und lockerte so seinen Griff. "I... ich will nichts mehr, als das er bei mir ist!" gestand Joey leise. "Aber?" hakte Tristan vorsichtig nach. "W... was wenn er mich ansieht und... und... er mich nicht mehr will?" kam es verzweifelt von Joey, der sich beschämt eine Hand vor das Gesicht schlug. Tristan nahm ihn vorsichtig in den Arm. "Das wird nicht passieren!" kam es bestärkend von Tristan. "Seine Liebe ist so groß und stark, dass nichts diese Liebe jemals erschüttern kann!" Es verging eine Weile, bevor Joey sich von ihm löste und zu ihm aufblickte. Sanft lächelte Tristan ihn an und nickte ihm ermutigend zu. Dann nickte Joey zaghaft. Langsam stand Tristan auf und ging zur Tür. Er warf noch einmal einen Blick zu Joey, bevor er die Tür öffnete. Er konnte erkennen, wie angespannt der Blonde war, als Seto langsam herein kam. Langsam blickte der Jungunternehmer zu seinem Geliebten. Der kämpfte erneut mit sich und seiner Fassung, zitterte während er krampfhaft versuchte die Tränen zurück zu halten. "S... SETO!" platzte es auf einmal aus dem Blonden heraus, der sich dem anderen Brünetten entgegen streckte. Der überwandte die Distanz mit wenigen Schritten und schloss den Blonden fest in seine Arme, während dieser die Umarmung mit nicht weniger Intensität erwiderte und seinen Tränen freien Lauf ließ. Tristan beschloss den beiden ein wenig Zweisamkeit zu gönnen und schloss die Tür von außen. Es tat so gut seinen Geliebten endlich wieder im Arm zu halten. Er hielt ihn fest an sich gedrückt und war gewillt ihn nie wieder los zu lassen! Das Glück in ihm war so massiv, dass er einfach nicht länger die Fassung wahren konnte und seinen Tränen freien Lauf lassen musste. Der Blonde in seinem Arm tat es ihm gleich. "Endlich!" flüsterte Seto nur erleichter. "Endlich hab ich dich wieder!" "Seto!" war alles was der Blonde schluchzend konnte. "Ich werde dich nie wieder alleine lassen!" versprach der CEO seinem geliebten. "Nie wieder!" Er spürte, wie der Blonde seine Umarmung verstärkte. All die Last der vergangenen Woche fielen von Seto ab. Sie hatten noch einmal Glück gehabt! Joey war in der Lage gewesen zu ihm zurück zu kommen. Zwar in einem mehr als schlechten Zustand, aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Seto war dankbar, dass das nicht der Fall gewesen war. Joey war wieder bei ihm, hier zuhause. Dem Jungunternehmer war klar, dass ein langer, schwerer und vor allem schmerzvoller Weg vor Joey lag, doch er würde ihn bei diesem Weg begleiten, an seiner Seite bleiben, ihm Kraft geben, wenn der Blonde sie brauchte. Vorsichtig lösten sie sich ein wenig von einander und Seto legte ganz vorsichtig seine Lippen auf die des Blonden, der zaghaft den Kuss erwiderte. Danach drückte der CEO den Blonden wieder an sich und sie hielten sich schweigend gegenseitig. So verharrten sie eine ganze Weile. "S... Seto?" hörte er schließlich die brüchige Stimme des Blonden. "Hm?" brummte Seto mehr als nur zufrieden. "E... es tut mir so leid!" kam es leise von dem Blonden. Seto's Augen schnappten auf, während er den Blonden ein wenig von sich stemmte, damit er ihn anschauen konnte. Dieser blickte beschämt zwischen ihnen auf das Bettlaken. "Was meinst du?" hakte Seto verwirrt nach. "I... ich hab es vermasselt!" schluchzte Joey verzweifelt los. "Hey... hey Moment." bat Seto, der dem anderen die Tränen aus dem Gesicht strich. "Was hast du vermasselt?" "Das Gespräch mit dem Richter!" stammelte Joey kraftlos, während er sich mit dem Handballen über das zugeschwollene Auge ging und die Tränen dort wegwischte. "Jetzt wird er mich niemals... vorzeitig..." "Nein.. hey nein, Schatz!" kam es tröstend von Seto. "Das ist alles geregelt, Joey... Er hatte dem Antrag schon zugestimmt, als dieser auf seinem Tisch gelandet war." "A... Aber... das Gespräch mit meinem... mit... dem Monster?" erwiderte Joey verwirrt. "Das..." Seto seufzte kurz auf, holte tief Luft und blickte fest in Joey's Auge. "Das alles war eine Falle, Joey!" "Falle?" kam es nicht verstehend von dem Blonden. "Die Kanzlei hat den Antrag eingereicht und der Richter hat ihn ohne wenn und aber stattgegeben. Das er mit dei... ähm... dem... Monster gesprochen hat und daraufhin mit dir sprechen wollte... war erfunden!" Joey blickte ihn entsetzt an, erwiderte aber nichts. "Es... Es tut mir so leid, Joey..." kam es jetzt betroffen von Seto, der sich vor Joey kniend tief verbeugte. "Ich war unachtsam! Nur deshalb ist das alles geschehen!" Erschrocken blickte Joey auf ihn und versuchte ihn verzweifelt wieder aufzurichten. "N... nein..." kam es verzweifelt von dem Blonden. "Du konntest nichts dafür... wie hättest du denn ahnen können, dass Osa..." Joey Stimme versagte und er ergab sich ohne Vorwarnung in einem Weinkrampf. Vorsichtig zog Seto ihn zurück in seinen Arm und strich ihm tröstend über das Haar. Doch Joey begann sich heftig zu wehren. Irgendwas schien in seinem Geliebten gerade hoch gekommen zu sein, denn er strampelte verzweifelt mit den Beinen und begann laut zu schreien. Verzweifelt versuchte der Jungunternehmer ihn zu beruhigen, doch er hatte damit keinen Erfolg. Dann hörte er, wie hinter ihm die Zimmertür aufging. Als er über seine Schulter blickte sah er Tristan, Mokuba und Doktor Akari reinkommen. Sofort eilten sie zu dem Blonden, der immer noch völlig außer sich war und seiner Frustration heraus schrie. Der Arzt zögerte nicht, zog eine Spritze mit einem Beruhigungsmittel auf und verabreichte es Joey, der fast augenblicklich darauf erschlaffte und nur noch weinte, bis er schließlich wegdämmerte und eingeschlafen war. "Was... was ist passiert?" fragte Tristan geschockt. "Ich weiß es nicht!" kam es ehrlich von Seto. "Wir... wir haben gesprochen und als wir auf Osachi kamen hat er plötzlich gestockt und ist ausgerastet!" "Da wird eine Erinnerung in ihm hochgewallt sein!" brachte sich Doktor Akari ein. "Hochgewallt?" fragte Mokuba nicht verstehend. "Herr Wheeler hat eine Menge erlebt. Zu viel, als das er alles auf einmal bewusst bewältigen könnte!" begann der Arzt zu erklären. "Manche Erlebnisse werden erst einmal zurück gestellt und ausgeblendet, bis das Bewusstsein so weit ist sich mit ihnen zu befassen. Doch manchmal... können Auslöser eine solche Erinnerung vor ihrer Zeit wieder an die Oberfläche holen und diese überfordert das Bewusstsein schlicht und ergreifend!" "Wie ... wie können wir ihm helfen?" fragte Seto unsicher. "Beschaffen Sie ihm einen Therapeuten, Herr Kaiba!" riet ihm der Arzt erneut. "Und jetzt wäre ich dankbar, wenn Sie mich mit meinem Patienten alleine lassen würden, damit ich seine Verletzungen kontrollieren und frisch verbinden kann!" Noch immer hielt Seto Joey auf seinen Knien fest und sah seinen Hausarzt an, als würde er von ihm etwas völlig unmögliches verlangen. Vorsichtig war Tristan auf der anderen Bettseite auf die Liegefläche gestiegen und wollte Joey vorsichtig aus Seto's Arm nehmen. Doch dieser klammerte sich regelrecht an den Bewusstlosen. "Seto!" kam es tadelnd von Tristan. Der CEO blickte zu dem besten Freund seines Geliebten auf, der mit seinem Blick auf Mokuba deutete. Erst jetzt begann Seto langsam zu verstehen und ließ zu, dass Tristan Joey wieder in seine Obhut nahm. Langsam rutschte Seto vom Bett, legte seine Hand auf Mokuba's Rücken und wollte ihn dazu bewegen, dass Zimmer zu verlassen. "Ich bin kein Kind mehr!" keifte Mokuba beleidigt. "Ich will bei Joey bleiben!" "Es geht nicht darum, dass du ein Kind bist oder nicht!" warf der Arzt dieses Mal ein. "Es geht darum, die Würde meines Patienten zu wahren!" Eine Schamesröte zog auf Mokuba's Gesicht, als er betroffen den Kopf hängen ließ und nickte. Daran schien er gar nicht gedacht zu haben. Schließlich verließ Seto mit Mokuba das Zimmer, zog hinter sich die Tür zu und wollte mit seinem kleinen Bruder ins Wohnzimmer gehen, als dieser sich an ihn warf und fest umarmte. Seto erwiderte die Umarmung und spürte, dass es auch für Mokuba nicht so einfach war, dass alles zu verstehen und zu bewältigen. Also beschloss Seto, dass es an der Zeit war seinen kleinen Bruder ins volle Bild über Joey zu setzen. Daher schob er ihn sanft zu seinem Büro und nahm sich Zeit seinem kleinen Bruder alles zu erzählen und zu erklären. Kapitel 37: Doktor Akari ------------------------ Kapitel 37 - Doktor Akari Seto saß in seinem Hausbüro und ließ die Woche Revue passieren. Letzten Samstag hatten sie Joey in seiner Eigentumswohnung gefunden. Was er während der Zeit seiner Entführung durchgemacht hatte, war offensichtlich gewesen. Auf Tristan's Rat hin war er einen Schritt zurück getreten und hatte die Pflege seines Geliebten dessen besten Freund überlassen. In den ersten Tagen wollte Joey ihn nicht sehen. Von Tristan hatte er erfahren, dass sich der Blonde schmutzig fühlen würde und aus Scham den Kontakt zu ihm scheute, sowie große Angst davor hatte, dass Seto sich von ihm abwenden würde. Unsinn! So etwas würde Seto nicht mal in Betracht ziehen. Doch Joey war in dieser Verfassung keiner logischen Argumentation gegenüber aufgeschlossen. Dann endlich... hatte Joey einem Treffen zugestimmt. Seto war so aufgeregt gewesen. Wie würde der Blonde auf ihn reagieren? Mit Distanz? Mit Angst? Nein! Sie waren sich einander in die Arme gefallen und waren froh endlich wieder den anderen so nah bei sich zu haben. Es war so anders gewesen, als Seto es befürchtet hatte. Doch dann, als Osachi namentlich erwähnt wurde, wallte etwas in Joey auf und er bekam eine Panikattacke. Das war in etwas das Verhalten, was Seto schon auf seine Anwesenheit erwartet hatte. Es machte deutlich, dass es dem Blonden längst nicht so gut ging, wie dieser ihnen glauben machen wollte. Das er längst nicht so gefasst war, wie er ihnen vorspielte. Nur der Gabe eines Beruhigungsmittels war es zu verdanken, dass Joey sich schließlich wieder einkriegte. Seitdem waren wieder einige Tage vergangen. Wenn Joey sich alleine wähnte saß er nur da und blickte unbeteiligt aus dem Fenster auf den Regen, der sie seit einer Woche fest im Griff hatte. Sobald jemand bei ihm war versuchte er seine alteingesessene Maske aufzusetzen und so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Berührungen, die er kommen sah steckte er ohne Reaktion weg. Unerwartete Berührungen lösten bei ihm schreckhafte Reaktionen aus, die er anschließend mit dummen Sprüchen und unpassendem Grinsen versucht runter zu spielen. Das musste verdammt anstrengend sein, sich so zu kontrollieren, ging es Seto durch den Kopf. Doch im Schlaf konnte er nicht darüber hinwegtäuschen, wie schlecht es um ihn bestellt war. Die Träume waren noch heftiger, als vor der Entführung. Wenn Joey schreiend aus einem Albtraum erwachte schlug er oft wild um sich und konnte nur sehr schwer wieder beruhigt werden. Danach übermannten ihn die Gefühle von Scham, Angst und Panik. Er ertrug keine Nähe, egal von wem - nicht mal Tristan's und vor allem nicht Seto's! Das waren Momente in denen Seto's Herz drohte vor Schmerz und Hilflosigkeit zu zerbrechen. Er wusste, dass es Tristan ähnlich ging. Doch sie ließen Joey seinen Willen, bis er sich beruhigt hatte. Dann versuchte er wieder seine Maske aufzusetzen und so zu tun, als wäre nichts gewesen, bis ihn die Erschöpfung schließlich wieder zur Ruhe zwang und der Kreislauf von vorne begann. "Sir?" wurde er von Roland angesprochen, der seinen Kopf durch die Tür steckte. Seto brauchte einen Moment, um wieder in das hier und jetzt zu finden und seine rechte Hand zu mustern. "Ja?" kam es müde von dem jungen Mann. "Die Detectives Matsubara und Fujimura möchten zu Herrn Wheeler!" informierte der ältere seinen Chef. Sofort strafte er sich und stand auf. In Begleitung Rolands schritt er in die Eingangshalle, in der die beiden Männer standen und warteten. "Meine Herren!" begrüßte Seto sie geschäftig. "Was kann ich für Sie tun?" "Sie?" kam es von dem graumelierten Detective Matsubara überrascht. "Gar nichts! Wir möchten mit Herrn Wheeler sprechen!" "Das wird derzeit nicht möglich sein!" eröffnete Seto den beiden Polizisten. "Wir waren mehr als geduldig!" wandte nun der jüngere, der beiden Beamten ein, dessen rotbraunes Haar, kurz geschnitten und nach hinten gegelt, irgendwie schmierig wirkte. "Es ist nicht so, dass ich es Ihnen nicht gestatten möchte!" erklärte Seto. "Nur ist Jo... ähm.. Herr Wheeler in keiner Verfassung für eine Befragung oder gar ein Gespräch!" "Das würden wir gerne selbst beurteilen wollen!" wiegelte Matsubara Seto's Argumentation ab. Hilfesuchend blickte Seto zu Roland, der aber auch mit seinem Latein am Ende war. "Wenn Sie nicht kooperieren möchten, können wir Herr Wheeler auch mit auf die Wache nehmen!" "Haben Sie mir denn nicht zugehört?" wurde Seto langsam ungehalten. "Es ist nicht so, dass wir nicht kooperieren möchten... aber... Herr Wheeler hat eine Menge durchgemacht. Er ist traumatisiert! Und ich werde nicht zulassen, dass übereifrige Beamte der Morddezernat seine psychische Genesung zurück werfen, nur weil Sie nicht abwarten können!" "Es reicht jetzt, Herr Kaiba" bellte der jüngere Fujimura. "Sie können uns JETZT zu Herrn Wheeler führen oder wir suchen uns den Weg selbst!" In diesem Moment klingelte es an der Tür und Roland öffnete die Tür. Doktor Akari trat ein und war überrascht von der Anwesenheit der beiden Polizeibeamten. "Matsubara und Fujimura," grüßte er die beiden namentlich. Seto wunderte es nicht, dass sein Hausarzt die beiden kannte. Doktor Akari war oft im Dienst des Kommissariats als Berater oder Spezialist tätig. Es gab eine Zeit, da war er hauptberuflich als Pathologe tätig gewesen, bevor er sich für seine letzten Berufsjahre in die ruhige Zivilpraxis zurück gezogen hatte. "Akari!" kam es überrascht von dem älteren Beamten. "Was tun Sie denn hier?" "Ich wollte nach meinem Patienten schauen!" antwortete Akari mit einem warmen Lächeln. "Ihren Patienten?" hakte Fujimura nach. "Herr Wheeler!" erklärte Akari. "Sie sind sein behandelnder Arzt?" kam es ungläubig von dem graumelierten Detective. "Ja!" kam es kurz von dem älteren Arzt. "Wir würden den jungen Mann gerne befragen!" kam Fujimura endlich auf den Punkt. "Davon würde ich zum jetzigen Zeitpunkt abraten, meine Herren!" stärkte Akari Seto's Position unwissentlich. "Wieso?" fragte Matsubara ungeduldig nach. "Weil er nicht dazu in der Verfassung ist!" antwortete der Arzt eiskalt ohne ins Detail zu gehen. "Würden Sie bitte Captain Satou von mir grüßen?" "Na... natürlich!" kam es nun verunsichert von dem jüngeren Detective und auch sein älterer Partner schien nun klein beizugeben. Sie nickten in die Runde und verließen dann das Haus der Kaibas. "Danke!" kam es von Seto leise. "Wofür?" fragte Akari verwirrt. "Das Sie Joey vor diesem unnötigen Stress bewahrt haben!" konkretisierte Seto. "Ich handle immer im Sinne meiner Patienten!" meinte Akari lächelnd. "Wenn das einer wissen sollte, dann Sie.... HERR Kaiba!" Verlegen brach Seto den Blickkontakt mit seinem Hausarzt ab, bevor er wieder aufsah. "Wie geht es Herr Wheeler heute?" fragte der Arzt nach. "Die Nacht war ein Horror!" kam es von Seto. "Tagsüber versucht er normal zu wirken. Er grinst, manchmal lacht er aufgesetzt, redet über belanglose Dinge. Das erschöpft ihn sehr. Doch schlafen will er nicht. Wenn er dann doch einschläft wird er von Albträumen gequält. Wacht er aus ihnen auf kann man ihn nicht berühren oder gar ansprechen. Bin ich im Raum schreit er solange, dass ich raus gehen soll, bis ich diesem Wunsch nachkomme. Nachdem er sich dann beruhigt hat geht der ganze Kreislauf von vorne los!" "Und wie geht es Ihnen damit, Herr Kaiba?" hakte Akari nach, während sie gemeinsam die Treppe hinauf stiegen. "Mir?" kam es verwirrt von Seto. "Seto!" maßregelte der Ältere ihn sanft. Eine Gänsehaut überzog Seto, als der Arzt ihn beim Vornamen nannte. Das hatte der Ältere seit dem Tod Gozaberu nicht mehr getan. Seit Seto offiziell die Firma übernommen hatte. "Mir geht es gut!" log Seto. "Nur Joey ist jetzt wichtig!" Akari blieb stehen und legte seine freie Hand an Seto's Arm. Auch dieser blieb stehen und blickte zu dem älteren Mann runter. "Dann sollte es auch wichtig sein, wie es dir geht!" belehrte der Ältere. "Du kannst ihm keine Hilfe sein, wenn du dich vernachlässigst. Also noch mal: Wie geht es dir?" Seto blickte betroffen zu Boden und horchte kurz in sich hinein. "Beschissen!" kam es unverblümt von dem jungen Mann, der wieder zu Akari blickte. "Ich will ihm helfen... ihm nah sein... aber das kann ich nicht. Ich weiß, dass diese Reaktionen von ihm normal sind... Dass er überhaupt so viel Selbstbeherrschung hat im Wachzustand nicht ständig wegen jedem Scheiß in Panik zu geraten, ist bewundernswert. Aber... ihn zu sehen, wie er sich unnötig quält... es zerrt an mir." "Und wie gehst du mit der Thematik allgemein um?" hakte Akari bedächtig nach. "Ich hab damit kein Problem!" erwiderte Seto, der seinen Weg Richtung Joey's Zimmer fortsetzte. "Ich habe Doktor Reijirou gebeten sich Herrn Wheeler anzunehmen." erklärte Akari, der ihm wieder folgte. Abrupt blieb Seto stehen, so dass Akari fast auf ihn aufgelaufen wäre. Dann wandte sich der Jungunternehmer ungläubig zu dem älteren Arzt um. Der blickte ihn freundlich lächelnd an, als wäre nichts gewesen. "Nichts zu danken, Seto!" kam es von dem Älteren, der sich dann an ihm vorbei schob und den Weg fortsetzte. Seto fuhr sich fahrig durch sein Haar, bevor er dann seinem Hausarzt wieder folgte. An Joey's Zimmer angekommen klopfte er. Ein Rumpeln war aus dem Inneren des Zimmers zu vernehmen. "JOEY!" hörten sie Tristan's verzweifelte Stimme durch die Tür. "Hör auf... HÖR AUF DAMIT!" Ein dumpfes Rumsen erklang. Seto öffnete die Tür und konnte gerade noch so den Kopf wieder zurück ziehen, als eine Vase neben ihm an den Türrahmen knallte und in hundert Scherben zersprang. "Verdammt!" murmelte Seto. "ICH WILL DAS NICHT!" brüllte Joey panisch. Als Seto und Doktor Akari es schafften in das Zimmer zu schlüpfen sahen sie Joey, der sich in eine Ecke manövriert hatte und seine Misere wohl gerade erkannte. Verzweifelt ließ er sich an der Wand runterrutschen, während er seine Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. "WARUM... Warum... warum... könnt... ihr... mich... nicht einfach..." Joey's Stimme verlor an Lautstärke und Volumen, bevor sie in ein Schluchzen überging. Tristan stand verloren in der Mitte des Zimmers, dass wie ein Schlachtfeld wirkte. "Tristan?" kam es vorsichtig von Seto. Der andere Brünette wirbelte herum und sah erleichtert aus, als er Doktor Akari sah. "Was ist vorgefallen?" fragte der Ältere. "Er... hatte wieder einen Albtraum!" war alles, was von Tristan kam, als wäre das Erklärung genug. Vielleicht war es das auch. "Dann wird er erstmal niemand mehr an sich ran lassen!" kam es erkennend von Seto. Dann ertönte die verzweifelte Stimme des Blonden, der lang gezogen Seto's Namen rief. Seto's Augen weiteten sich. Was sollte er tun? Der Ruf hatte nicht so geklungen, als wäre sich Joey wirklich bewusst darüber, dass er da war. Langsam ging Seto um das Bett herum. Joey saß nach wie vor in der Ecke, hatte seine Beine über Kreuz an die Brust gezogen und die Arme schützend um seinen Kopf gelegt. Wieder rief Joey schluchzend und völlig verzweifelt nach ihm. Vorsichtig ging Seto vor dem Blonden in die Hocke. "Hey... Joey!" flüsterte Seto sanft. "Ich bin da!" "Seeeto!" kam es wieder schluchzend von Joey. "Bitte... lass mich nicht hier... alleine... sterben!" "Schatz... ich bin da!" erwiderte Seto, dem es sichtlich schwer fiel die Fassung zu behalten, während er sanft seine Hand auf Joey's Schulter legte. Erste Tränen kämpften sich an die Oberfläche und zogen sich langsam über Seto's Wangen. "Du bist in Sicherheit!" Das Schluchzten versiegte augenblicklich, als der Kopf des Blonden hochschnellte und Seto mit geweiteten Augen anblickte. Die Schwellungen im Gesicht waren gut abgeschwollen! Die letzten Tränen zogen sich über seine Wangen und Seto legte ganz langsam seine Hände an sie um die Feuchte wegzustreichen. "Seto?" kam es leise und irgendwie verwirrt von Joey. "W... warum weinst du?" Vorsichtig zog Seto Joey an sich und drückte ihn fest an sich. Dann spürte er, wie Joey seine Arme um ihn legte und ihn ebenfalls drückte. Erst nach einigen Minuten, nachdem Seto sicher war, dass er sich wieder unter Kontrolle hatte, löste er sich von dem Blonden. Dieser erwiderte die Geste des Brünetten und wischte ihm die letzte Restfeuchte vom Gesicht. "Ich bin nur so glücklich, dass du wieder hier bei mir bist!" flüsterte Seto sanft. Verdutzt blickte Joey ihn nur an, als sich seine Wangen leicht röteten. Dann stand Seto auf und zog ihn mit sich auf die Füße. Erst jetzt bemerkte Joey Doktor Akari, doch mehr erregte seine Aufmerksamkeit der Zustand seines Zimmers. "W... war ich das?" fragte Joey unsicher. "Halb so wild!" kam es aufmunternd von Tristan. "Haben wir im Nu wieder aufgeräumt!" Seto spürte, wie der Blonde nach seiner Hand angelte und nahm diese behutsam in die eigene. Vorsichtig strich er mit dem Daumen über den Handrücken. "Was ist denn das letzte, woran Sie sich erinnern können, Herr Wheeler?" fragte Doktor Akari den Blonden. "Ähm..." kam es nachdenklich von Joey. "Wir... haben ein wenig Duell Monsters gespielt. Dann bin ich müde geworden und bin weggenickt... und dann geht es weiter, wie ich in der Ecke sitze und Seto... vor mir kniet!" "Verstehe!" kam es von Doktor Akari, der seine Tasche auf einem niedrigen Beistelltisch abstellte, während Tristan bereits damit begonnen hatte wieder aufzuräumen. "Dann wollen wir mal!" Seto spürte, wie Joey einen Schritt zurück weichen wollte, doch er ließ es nicht zu. Er hielt weiterhin seine Hand und zog ihn etwas näher an sich. "Würden Sie bitte auf dem Bett Platz nehmen!" forderte der Arzt ihn auf. Nur zögerlich und immer noch Seto's Hand haltend kam Joey der Aufforderung des Arztes nach. Das war das erste Mal, dass Seto bei Joey bleiben durfte, während einer Untersuchung durch den Hausarzt. Vielleicht stand der Blonde immer noch etwas neben sich... vielleicht besann er sich aber auch wieder darauf, dass er Seto vertrauen konnte... der Jungunternehmer wusste es nicht. Aber er war dankbar für diesen Moment der Nähe. Zufrieden stellte der Arzt fest, dass die Wunden gut verheilten. Bei einigen hatte sich sogar schon neue Haut gebildet. "Ich hab hier die ersten Untersuchungsergebnisse!" meinte Akari, während Joey sich wieder das Shirt überzog. "Ah..." kam es desinteressiert von dem Blonden, der wieder nach Seto's Hand tastete. Er nahm die suchende Hand in die eigene und verschränkte die Finger miteinander. "Soweit es scheint ist alles in Ordnung!" meinte der Arzt mit einem väterlichen Lächeln. "Wir sollten in sechs Monaten jedoch den HIV-Test wiederholen, um auf Nummer sicher zu gehen!" Peinlich berührt wandte Joey seinen Kopf von Doktor Akari und Seto ab und nickte stumm. Doktor Akari packte seine Sachen wieder ein. "Ich werde morgen einen Bekannten von mir mitbringen!" eröffnete der Ältere dem Blonden. Dieser verspannte sich augenblicklich und die Angst sprang förmlich aus seinen Augen. "Sein Name ist Inukai Reijirou. Er ist Doktor der Psychologie und ich habe ihn gebeten, sich Ihnen anzunehmen!" "N... nein... wirklich... nicht nötig!" stammelte Joey abwehrend. "Joey!" kam es von Tristan, der auf der anderen Seite des Blonden Stellung bezogen hat. "Doch es ist nötig!" "I... ich... brauch..." wollte der Blonde wieder abwiegeln. "Doch, du brauchst Hilfe!" wiedersprach dieses Mal Seto sanft. Tränen stahlen sich in Joey's Augen. "Sie brauchen nichts von Doktor Reijirou befürchten. Herr Kaiba kennt ihn schon seit einigen Jahren und kann für ihn bürgen!" führte Doktor Akari aus, was ihm einen bitterbösen Blick von Seto einbrachte, der wiederum verwundert von Joey angeschaut wurde. "Nun denn. Bis morgen, die Herren!" verabschiedete sich Doktor Akari mit einem Lächeln von den drei jungen Männern und verschwand. Kapitel 38: Rückschlag ---------------------- Kapitel 38 - Rückschlag "Hey, du sollst noch nicht so viel rumlaufen!" kam es maßregelnd von Tristan, der hinter Joey herlief und nach seinem Handgelenk fischte. Als er es zu fassen bekam, zuckte der Blonde erschrocken zusammen und wand sein Handgelenk aus dem sanften Griff seines besten Freundes. Abwehrend hob er seine Hände in einer defensiven Haltung und signalisierte Tristan, dass dieser kurz Abstand wahren sollte. Genug! Seto trat hinter Joey und als dieser sich umdrehte, um weiter durch sein Zimmer zu tigern, stieß er gegen Seto. Auch das versetzte ihm einen Heidenschrecken, woraufhin er kurz erschrocken ein 'Nein' keuchte und von Seto zurück weichen wollte. Dieser legte seine Hände seitlich an Joey's Schultern, um ihn aufzuhalten. Abwehrend legte Joey seine Hände auf Seto's Brust und stemmte sich nur pro forma gegen ihn. "Hey, Schatz!" kam es sanft von ihm. "Du brauchst dich vor nichts zu fürchten!" Joey biss sich auf die Unterlippe. Seto nahm seine Hand von der Schulter und führte sie an die Wange des Blonden und strich ihm sanft mit dem Daumen über die noch nicht ganz verheilten Lippen. Dann führte er seinen Freund zurück zu dessen Bett und ließ ihn sich auf die Kante niedersetzen. "Doktor Akari sagte, du sollst noch nicht so viel rumlaufen!" rief Seto dem Blonden ins Gedächtnis, der beschämt seinen Kopf und damit auch seinen Blick sinken ließ. Seto ging vor ihm in die Knie, so dass er von unten herauf und in Joey's Augen schauen konnte. "Joey?" kam es behutsam von Seto. Nur zögerlich richtete Joey seinen Blick auf die seines Freundes und musste schlucken. "Wovor fürchtest du dich so?" fragte dieser vorsichtig, während er eine Hand wieder an Joey's Wange legte. Dieser blickte ihn nur mit einem zweifelnden Blick an und schluckte, bevor er sich selbst eine Hand vor die Augen legte und kurz aufschluchzte. Tristan ließ sich neben ihn auf der Bettkante nieder und legte tröstend einen Arm um den Blonden, während Seto auf der anderen Seite Platz nahm und Joey ein wenig zu sich zog, so dass er an seiner Brust lehnte. Keine seltene Reaktion, seit sie Joey zurück hatten. Noch immer brodelte viel Unverarbeitetes in dem Blonden, das immer mal wieder hochquoll und in ihm eine Angst- oder Panikreaktion auslöste. Seto vermutete, dass der innere Druck heute der Ankündigung seines Hausarztes geschuldet war, dass dieser einen befreundeten Psychologen mitbringen wollte. Seit seiner Rückkehr reagierte Joey extrem auf neue Personen. Es war sogar notwendig geworden dem neuen Zimmermädchen die Weisung zu erteilen auf gar keinen Fall in Joey's Zimmer zu kommen. Denn immer wenn sie klopfte und herein gekommen war, war Joey regelrecht in Panik verfallen. Ein Klopfen riss sie aus der Situation und völlig verschreckt, mit tränennassen Augen blickte Joey zur Tür. Für einen Moment glaubte Seto sogar, dass sein Liebster die Luft angehalten hätte. Er stand auf, während Tristan bei dem Blonden blieb und ihm weiter Trost spendete. Als der Jungunternehmer die Tür erreichte, öffnete er diese einen Spalt und blickte verwundert in die Gesichter der Detectives Matsubara und Fujimura. Er trat aus dem Zimmer und zog hinter sich die Tür zu. "Wie kommen Sie hier hoch?" fragte Seto entrüstet, aber darauf bedacht nicht allzu laut zu werden. "Herr Kaiba, wir müssen mit Herrn Wheeler sprechen!" kam es ohne weitere Höflichkeitsfloskel oder gar eine Antwort auf Seto's Frage von dem jüngeren der beiden Kriminalbeamten, Fujimura. "Das geht nicht!" kam es abwehrend von Seto. "Herr Kaiba!" kam es dieses Mal in einem tadelnden Tonfall von Matsubara. "Wir werden heute mit Herrn Wheeler sprechen. Auf die eine oder andere Weise!" Seto strich sich fahrig mit der Hand durch sein Haar. Wieso waren diese beiden Detectives nur so begriffsstutzig und verlangten wiederholt etwas, was sie nicht bekommen konnten? "Doktor Akari hat es Ihnen gestern doch schon erklärt!" kam es jetzt unwirsch von dem jungen CEO, der sich noch nicht geschlagen geben wollte. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist ihre Forderung einfach nicht realisierbar!" Weiter hinten im Gang sah Seto Roland von der Treppe herbei eilend. Er gab ihm ein Zeichen sofort den Hausarzt zu verständigen. Scheinbar gab es keine andere Möglichkeit, als die Herren sich durchsetzen zu lassen, damit die Situation eskalierte und Joey nur mit Hilfe von Doktor Akari und einer Beruhigungsspritze wieder aus seinem Panikzustand zu befreien. Daraufhin würde Seto sich mit seiner juristischen Vertretung beim Kommissariat beschweren und mit einer Klage drohen! "Treten Sie jetzt bei Seite oder wir nehmen Sie wegen Behinderung der Justiz fest!" kam es aufbrausend von Fujimura. "Nur unter Protest!" kam es kämpferisch von Seto, der von Roland schließlich zur Seite gezogen wurde. Die beiden Detectives öffnete die Zimmertür und Seto befreite sich unwirsch von Roland. Als die beiden Fremden das Zimmer des Blonden betraten geschah genau das, was Seto geahnt hatte: Noch ehe die beiden Kriminalbeamte sich vorstellen und ihr Anliegen vortragen konnten verfiel Joey in einer Panikattacke! Tristan hatte keine Chance den Blonden auch nur im Ansatz wieder zu beruhigen, weil dieser aufsprang und sich in das angrenzende Badezimmer flüchtete, in dem er sich einschloss. Durch die Tür konnte man ihn schreien und weinen hören. Völlig schockiert blickten die beiden Männer zu Seto, der selbstgefällig grinste, ganz nach dem Motto 'Ich hab es Ihnen doch gesagt'! "Meine Herren!" kam es schließlich von dem jungen CEO. "Sie und ihr Vorgesetzter werden von meinen Anwälten hören! Ihr Auftreten und ihre Nichteinsicht auf die besondere Situation von Herrn Wheeler wird für Sie Konsequenzen haben!" "Wir machen hier nur unsere Arbeit!" keifte nun der jüngere Detective zurück, dem gerade seine restliche - nicht vorhandene - Professionalität verloren ging. "Auf wessen Kosten!?" gab der Jungunternehmer zu bedenken. "Herr Wheeler ist ein wichtiger Zeuge für unseren Fall! Wir wollen doch nur der Familie des Opfers Gewissheit verschaffen!"wandte Detectiv Matsubara etwas ruhiger ein, um die Situation noch zu retten. "Herr Wheeler ist nicht in der Lage sich zu diesem Vorfall zu äußern!" wiegelte Seto in einem Businesstonfall ab. "Ich und sein behandelnder Arzt, Doktor Akari, haben ihnen mehrfach gesagt, dass eine Aussage derzeit schlicht nicht möglich ist!" Seto brauchte viel Selbstkontrolle, um die Form zu wahren und den Beamten nicht an die Kehle zu gehen. Verbohrte Beamte, die alles nur nach Schema F abwickelte und denen es einfach egal war, wer dabei auf der Strecke bleiben würde. Aber nicht mit ihm! "Ach kommen Sie schon!" kam es mitleidlos von Matsubara. "Klar, ist es eine traumatische Erfahrung, einen Mord mitzuerleben, aber diese Reaktion von Herrn Wheeler ist doch mehr als überzogen!" "Wie kann man nur so auf einen Teil eines größeren Sachverhaltes fixiert sein und alles, was sonst noch dazu gehört einfach ausblenden?" kam es fassungslos von Seto. "Was sonst noch dazu gehört?" kam es fast in einem spottenden Tonfall von dem älteren Detectives. "Sie meinen, dass Herr Wheeler sich eine Woche lang dünne gemacht und mit einer haarsträubenden Story wieder zurück kam?" Irgendetwas zersprang in Seto. Er hatte das Gefühl, dass sich alles rot färbte, als er sich nicht länger beherrschen konnte. "Haarsträubende Story?" kam es gefährlich leise von dem jungen Geschäftsmann. "Ich bitte Sie, Herr Kaiba!" kam es nun herablassend und vor Hohn nur so triefend von dem Mittfünfziger. "Als ob man Ihresgleichen vergewaltigen könnte! Ihr ... was auch immer Herr Wheeler für Sie sein mag... ist eine Woche rum gehurt und behauptet jetzt, er wurde vergewaltigt! Das hab ich schon so oft erlebt und nie konnte das 'Opfer' seine Geschichte aufrecht erhalten!" Nur Roland's beherztem Eingreifen war es zu verdanken, dass Seto's Faust nicht das Gesicht des Polizisten traf, sondern sein eigenes. Nur mit Mühe und Not konnte er seinen Chef zurück halten, der nun - sich völlig vergessend - eine Schimpftirade auf den Beamten abließ und versuchte dem an den Hals zu gehen. Just in dem Moment trat Doktor Akari in Begleitung von Inukai Reijirou in Seto's Blickfeld der sich frustriert von Roland befreite und abwandte. Er tigerte zum Fenster des Zimmers und schlug auf dem Weg einen Bilderrahmen von der Kommode. "Interessante Ansichten haben Sie, Matsubara!" kam es verächtlich von Doktor Akari. "Wir werden sehen, ob Captain Satou ihre Ansicht teilt oder ob er diese für nicht vertretbar hält. Vor allem, wenn man so einen Schwachsinn in Hörreichweite des Opfers zum Besten gibt!" Seto wandte sich zu seinem Hausarzt und sah einen harten, unerbittlichen Ausdruck auf dessen sonst so freundlichen Gesicht, den er allein den beiden Beamten schenkte. "Sollte der Schwachsinn, den Sie gerade zum Besten gegeben haben, nicht schon ihre Dienstmarke fordern, dann ihr nächster eigenmächtiger Besuch bei meinem Patienten!" kam es scharf, aber im ruhigen Tonfall von dem älteren Arzt. "Und nun verschwinden Sie, bevor ich mich vergesse!" Matsubara warf noch einmal einen verächtlichen Blick zu Seto, bevor er sich zum Gehen wandte. Fujimura sah etwas belämmerter aus, blickte kurz zwischen Seto, Doktor Akari und seinem sich entfernenden Partner hin und her, bevor er dem Senior-Detective folgte. Nachdem die beiden Ärzte in das Zimmer gekommen waren, schlossen sie hinter sich die Tür. Suchend blickte sich Doktor Akari um. Als Seto klar wurde, dass der Arzt nach seinem Freund suchte fiel dem Jungunternehmer ein, dass dieser ins Badezimmer geflüchtet war. Sofort rannte er zur Badezimmertür, an der schon Tristan stand und scheinbar durch die geschlossene Tür auf Joey einredete. Er versuchte die Tür zu öffnen, doch sie war - nach wie vor - verschlossen. "Joey..." rief er schließlich ebenfalls durch die geschlossene Tür. "Hey, Schatz... komm schon, mach die Tür auf... die beiden Beamten sind wieder weg!" Keine Reaktion! Seto lauschte angestrengt, doch er konnte nichts hören. Panik erfüllte sein Herz. Wenn... wenn Joey diesen Idioten gehört hatte... nein nicht 'wenn'. Natürlich hatte er diesen bornierten Volldeppen und seine Ansichten gehört. Nur allzu gut konnte sich Seto vorstellen, welche Wirkung die Worte des alten Polizisten auf seinen Liebsten hatten. "Roland!" rief der CEO angespannt seiner rechten Hand zu, dessen Kinn sich langsam blau verfärbte und in Seto zusätzlich zur Sorge um den Blonden nun auch noch Schuldgefühle weckte. Doch darum konnte er sich jetzt nicht kümmern! Joey hatte einfach Priorität. "Den Generalschlüssel!" Roland nickte und verschwand. Währenddessen redeten Tristan und er weiterhin auf die geschlossene Tür ein. "Joey... komm schon... der Typ ist von vorgestern und hat keinen Plan, wovon er spricht..." kam es von Tristan, während er weiter an die Tür klopfte. Keine Minute später kam Roland zurück, in der Hand den Generalschlüssel. Tristan und Seto traten kurz zur Seite, während Roland die Tür aufschloss. Noch während Roland die Tür öffnete konnte Seto bereits einen Blick in das Badezimmer werfen. Joey lag am Boden. Eine Rasierklinge neben ihm. Blut auf den Fliesen. Sofort stieß er Roland bei Seite und stürmte in das Badezimmer. Noch bevor er neben Joey auf die Knie rutschte riss er das Handtuch vom Halter und presste es auf das aufgeschnittene Handgelenk des Blonden. Sein ganzes Bewusstsein wurde von Verzweiflung, Angst und Wut geflutet! Sein Herz drohte ein weiteres Mal zu zerbrechen. Kapitel 39: Leuchtfeuer ----------------------- Kapitel 39 - Leuchtfeuer Nur langsam wich die Dunkelheit von ihm und ließ Licht sein Bewusstsein fluten. Licht! Sonne! Eine ungewöhnliche Schwere lag auf seinem Körper. Schmerz durchzog ihn. Schmerz! Ein eindeutiges Indiz dafür, dass er lebte! Nicht tot war! Auf der einen Seite bedauerte er, dass seine Verzweiflungstat fehlgeschlagen war. Hatte er denn nicht schon genug gelitten und ertragen? Noch mehr konnte er einfach nicht... all diese Gefühle waren einfach zu viel. Die Erinnerungen zu schwer. Alles was er wollte war vergessen und... und... Aber er war auch erleichtert! Er wollte nicht jetzt schon abtreten. Es gab so viel, was er noch tun... was er erleben wollte! Mit Freude und mit Genus. Mit seinen Freunden. Vor allem aber mit Seto! SETO! Heiße Tränen bahnten sich ihren Weg aus seinen Augen. Seto hatte sich nach dieser Höllenwoche nicht von ihm abgewandt. Hatte ihn nicht weggeschickt oder ihn gemieden. Im Gegenteil. Er hatte jede Gelegenheit genutzt bei ihm zu bleiben. Ihm nah zu sein. Ihm, der doch so schmutzig und gebrochen war... würde er auch weiterhin bei ihm bleiben? Jetzt, nachdem er versucht hatte sein Leben selbst... nachdem dieser Polizist gesagt hatte, dass Menschen, wie er, gar nicht... das er nur eine Woche rum gehurt hätte? Was wenn Seto genug hatte oder dem Polizist glauben würde? Genau diese unerträgliche Frage war es gewesen, die ihn dazu getrieben hatte die Rasierklinge zur Hand zu nehmen und... Er konnte das Aufschluchzen nicht länger verhindern. Die Angst und die Verzweiflung durch die Ungewissheit darüber, ob sein Albtraum jetzt noch schlimmer werden würde, forderten ein Ventil. Da spürte er, dass jemand neben ihm lag. Auf beiden Seiten! Angst und Panik flammte kurz in ihm auf, bevor er Seto's Geruch erkannte und Tristan's Stimme hörte. "Hey, Joey!" kam es von seinem besten Freund der links von ihm lag und einen Arm über seinen Bauch liegen hatte. "Schatz..." kam es kaum hörbar von Seto, der rechts von ihm lag und einen Arm sowohl unter seinem Nacken, als auch über seine Brust gehend liegen hatte. Seine Stimme klang komisch! Brüchig. Als hätte Seto geweint... Beschämt schlug sich Joey die Hände vor das Gesicht, während immer mehr Tränen aus ihm heraus quollen und ihm den Eindruck schenkte, ihn ersäufen zu wollen. Sanft strich ihm jemand die Feuchtigkeit von den Wangen. Sanft. Zärtlich. Vorsichtig. Die beiden rückten näher an ihn heran, festigten ihre Umarmungen. Dann krabbelte etwas über ihn und legte sich über ihn. Schlang seine Arme um seinen Hals. Weinte auch. Mokuba! Er nahm eine Hand von seinem Gesicht und legte seinen Arm um den Jüngsten. Drückte ihn an sich. Spürte, dass auch Tristan und Seto je einen Arm um Mokuba gelegt hatten. Scheinbar... waren... die drei froh, dass er aufgewacht war. Aber wieso? Wieso waren sie nicht wütend auf ihn oder enttäuscht oder... wieso wandten sie sich nicht von ihm, nach allem? Der Blonde verstand das einfach nicht. Konnte es nicht verstehen. All diese Erfahrungen die er in den letzten Wochen gemacht hatte, die Reaktionen von Seto und Tristan auf sein bestgehütetes Geheimnis... liefen so entgegengesetzt zu seinen Erwartungen. Strafte seinen Vater Lügen, der all die Jahre ihm Angst davor eingeprügelt hatte sich jemand anzuvertrauen oder zu offenbaren. Der immer wieder betont hatte, dass sich die Menschen von ihm abwenden, ihn bespucken und auf ihn herabschauen würden, wenn sie erfahren würden, wie schwach und schmutzig er wäre. Doch obwohl Seto und Tristan nicht vor ihm zurück geschreckt waren, ihn nicht fallen gelassen hatten... fiel es ihm so schwer über all das zu sprechen. Er schämte sich so sehr dafür, dass er seinem Vater so lange geglaubt hatte. Das er sich so lange hatte benutzen lassen, anstatt an seine Freunde zu glauben und sich ihnen anzuvertrauen. Vielleicht... vielleicht wäre ihm dann ein Großteil seines Leides erspart geblieben. Mit Sicherheit aber diese Höllenwoche, die ihm nur teilweise bewusst im Gedächtnis geblieben war und ihn wie ein unsichtbares Raubtier aus der Dunkelheit fixierte und drohte sich auf ihn zu stürzen. Neues Leid und neuen Schmerz über ihn herein zu brechen. "E... es tut mir sooo leid!" schluchzte der Blonde laut und verzweifelt. "So, so leid! I.. ich war nur... so..." Seine Stimme brach zusammen und das Schluchzen überlagerte alles, was er eigentlich noch hatte sagen wollen. "Sssh!" hörte er Seto's behutsame Stimme. "Es wird alles wieder gut werden! Das versprech ich dir!" "Wir werden immer hinter dir stehen!" kam es von seinem besten Freund. "Werden immer da sein und dich auffangen!" "Mach nur nie wieder so eine Scheiße!" kam es heißer von Mokuba. "Bitte... mach so etwas nie, nie wieder!" "Ist gut!" kam es leise von Joey, der von dem Zuspruch nicht nur überrascht, sondern regelrecht überwältigt war. "Ich verspreche es euch! Nie wieder!" Die anderen schlossen ihn noch ein wenig enger in die Arme und Joey fühlte sich zum ersten Mal, seit er wieder zu Hause war, sicher und geborgen. Sie lagen noch eine Weile so beisammen, als ein Klopfen Joey zusammenfahren ließ. Sanft strich ihm Seto über die Wange und die Panik linderte sich ein wenig. Dennoch schlug Joey's Herz bis zum Hals. Langsam krabbelte Mokuba von ihm herunter, während Tristan sich langsam aufsetzte und vom Bett stieg. Joey wandte den Kopf ein wenig und sein Blick traf sich mit dem seines Freundes, der ihn sanft anlächelte und ein weiteres Mal sanft über seine Wange strich. Joey kuschelte sich ein wenig mehr in Seto's Arm und vergaß völlig, dass es geklopft hatte. Seto schloss seine Arme um ihn und zog ihn noch etwas näher zu sich. Dann klopfte es ein zweites Mal. Doch dieses Mal blieb der Schreck aus. Seto... Seto würde ihn beschützen! Vor allem! Vor jedem! Diese Gewissheit verankerte sich in dem Blonden, während Tristan zur Tür schritt. Tristan öffnete die Tür nur einen Spalt, warf dann wieder einen Blick zu ihnen im Bett, bevor er zwei Schritte nach hinten ging, die Tür damit etwas mehr öffnete und Doktor Akari herein kommen ließ. Doch er war nicht alleine. Ein zweiter Mann folgte dem älteren Hausarzt und ließ sich Joey erschrocken aufsetzen. Der Mann in Doktor Akari's Begleitung schien Mitte dreißig zu sein. Sein rotbraunes, kurzes Haar erweckte den Eindruck, dass der Mann gerade aus dem Bett gefallen sei. Seine grünen Augen wirkten jedoch hellwach und aufmerksam. Um das freundliche Lächeln rankte sich ein drei-Tage-Bart. Im linken Ohr trug der Mann einen Ohrring und zwei Stecker, während im rechten Ohr nur zwei Stecker Platz gefunden hatten. Seine Kleidung wirkte leger: Er trug ein blaues Hemd, dessen Ärmel bis zu den Oberarmen hochgekrempelt waren, darunter ein weißes Shirt auf schwarzer Jeans. Joey's Blick fiel auf die Turnschuhe des Mannes. Keine 0815-Schuhe. Diese waren im oberen Preissegment platziert. Auf dem rechten Oberarm war der Teil einer Tätowierung zu sehen... war... war das der Black Luster Soldier? Eine der stärksten Krieger-Karten aus Duell Monsters? Joey spürte, wie Seto - der sich auch aufgesetzt hatte - ihm beruhigend eine Hand in den Rücken legte. Doktor Akari lächelte ihn wie üblich freundlich an und trat näher heran. "Schön Sie relativ fit anzutreffen, Herr Wheeler!" begrüßte der ältere Mann, der neben dem Fremden regelrecht altbacken wirkte, ihn. Joey konnte den jüngeren Mann nicht aus dem Blick lassen. Unbewusst hatte er sich angespannt und seine Hände krallten sich in die Bettdecke. Seto rutschte etwas näher an ihn heran, so dass er direkt hinter ihm kniete. Seine Hand war vom Rücken auf die Schulter gewandert. "Das ist mein Kollege Doktor Reijirou!" stellte Doktor Akari den Mann schließlich vor. Joey schluckte einen Moment und wollte unbewusst ein Stück zurück rutschen. Aber da saß Seto. Der Mann trat einen Schritt vor und neigte seinen Kopf seicht zur Begrüßung. "Mein Name ist Inukai Reijirou, es freut mich deine Bekanntschaft zu machen!" kam es von dem Mann. Seine Stimme klang jugendlich. Jedenfalls nicht, wie die Stimme eines Mittdreißiger. Und er duzte ihn! "Schön auch dich wieder zu sehen, Seto!" kam es von dem Psychologen, der seinem Freund ein warmes Lächeln schenkte. "Ja... dito!" kam es lediglich von Seto. Irgendwas stimmte bei seinem Freund nicht. Auch er wirkte angespannt. Entging Joey hier etwas? Er blickte über seine Schulter zu Seto. Als dieser den Blick bemerkte lächelte er ihm warmherzig zu. Die Anspannung war von dem anderen gefallen. Dann trat Doktor Akari an das Bett und der Psychologe nahm etwas Abstand. Sofort haftete Joey's Blick an dem ihm noch fremden Mann. Dieser ging in eine Ecke, in der ein Stuhl stand und ließ sich dort nieder. Scheinbar wollte er sich heute nur mit beobachten begnügen. "Wie geht es Ihnen heute, Herr Wheeler?" wurde er von Doktor Akari angesprochen, nahm die Frage aber nur am Rande wahr. Noch immer gehörte seine Aufmerksamkeit voll und ganz Doktor Reijirou. "Joey?" hörte er Seto's Stimme nah an seinem Ohr. Erst jetzt schien Joey sich von dem neuen Gesicht losreißen können. Fragend blickte er erst Seto und dann Doktor Akari an. "Wie geht es Ihnen heute, Herr Wheeler?" wiederholte der ältere Arzt seine Frage mit einem väterlichen Lächeln im Gesicht. "Gut... alles Bestens!" kam es von Joey leise, der den jüngeren Arzt bereits wieder aus den Augenwinkel fixierte. "So?" kam es zweifelnd von dem Hausarzt. "Sicher!" kam es völlig abwesend von Joey, der langsam wieder seinen Blick ganz offen auf Doktor Reijirou gerichtet hatte. Dieser stand unvermittelt auf und Joey zuckte zurück, stieß gegen Seto, der sanft seine Arme um ihn legte. "Hey... Doktor Reijirou wird dir nichts tun!" versicherte ihm Seto sanft und in einem behutsamen Tonfall. Joey schluckte. Seine innere Anspannung nahm wieder zu, als der Psychologe hinter Doktor Akari stehen blieb. Allem Zureden zum Trotz gelang es Joey einfach nicht seine Aufmerksamkeit auf Doktor Akari und dessen Fragen und Untersuchung zu konzentrieren. Er beobachtete ganz genau die neue Person in seinem Umfeld. Jede Bewegung seinerseits hatte bei Joey ein Zusammenzucken und den Versuch zurück zu weichen zur Folge. Auch fiel es ihm generell extrem schwer sich kooperativ bei der Untersuchung zu verhalten. Er wollte dem Fremden einfach nicht mehr als nötig von sich Preis geben. Selbst der Wechsel des Verbandes am Handgelenk war ein Kampf und konnte nur deshalb erfolgreich vollzogen werden, weil Seto Joey's Arm irgendwann einfach festhielt. Schließlich verabschiedeten sich die beiden Ärzte und ließen Joey mit Seto und Tristan alleine. Die Anspannung des Blonden fiel fast augenblicklich von ihm ab, während er sich erschöpft gegen Seto's Brust sinken ließ. Wieder schloss Seto ihn sanft von hinten in seine Arme und hielt ihn fest. Langsam dämmerte Joey schließlich weg und schlief ein. Kapitel 40: Absolute Offenlegung -------------------------------- Kapitel 40 - Absolute Offenlegung Seto führte Joey langsam in den Wintergarten. Doktor Akari hatte grünes Licht dafür gegeben, dass Joey sein Bett verlassen durfte, solange er sich weiterhin schonte und überwiegend nur saß. Der Jungunternehmer hatte den Eindruck, dass Joey innerlich über diese Freiheit zerrissen war. Einerseits war der Blonde scheinbar froh nach fast zwei Wochen endlich sein Zimmer wieder mal verlassen zu können. Andererseits war er seitdem extrem angespannt. Ganz vorsichtig ließ Seto seinen Freund langsam auf die Rattan-Couch nieder. Vor der Sitzgelegenheit war ein Gartentisch mit Glasplatte aufgestellt, davor zwei passende Rattan-Sessel. Scheinbar nahm die Umgebung mit all den Pflanzen dem Blonden etwas seiner Anspannung. Seto setzte sich neben ihn und legte seinen Arm um ihn, in den der andere sofort hinein sank und sich zu Entspannen begann. Mokuba kam in den Wintergarten und stellte ein paar Gläser auf den Tisch, sowie zwei Flaschen. Verwirrt blickte Joey zu ihm auf. "Ist das nicht etwas viel?" fragte der Blonde unsicher. Mokuba lächelte ihn an und lief dann wieder aus dem Garten. Joey blickte zu Seto auf. Der strich ihm eine Strähne hinter das Ohr. "Joey... wir bekommen heute Besuch!" kam es vorsichtig von dem jungen CEO. "Besuch?" kam es tonlos von Joey, der ihn verschreckt anblickte. Noch bevor Seto antworten konnte kam Mokuba mit zwei weiteren Flaschen im Arm zurück und war in Begleitung von Tristan, neben dem Duke lief und denen Yugi und Ryou folgten. Joey setzte sich auf und wurde bleich. Vorsichtig legte Seto seinen Arm um Joey's Taille, der ihn überrumpelt anschaute und dann versuchte zu grinsen. So richtig wollte es dem Blonden nicht gelingen, doch er gab sich alle Mühe seine Maske aufzusetzen. Hinter seinen Freunden kam auch Inukai Reijirou mit in den Wintergarten. "Leute!" kam es gespielt freudig von dem Blonden. "Was... treibt ihr denn hier?" Mokuba stellte die beiden zusätzlichen Flaschen auf den Tisch und setzte seich dann neben Joey. Während der Blonde weiterhin wie ein Idiot grinste, konnte Seto die Panik in seinen Augen sehen, die sein Freund versuchte zu überspielen. "Dich besuchen!" kam es von Duke, der Joey's Frage nicht ganz verstand, denn ihr Hiersein beantwortete sie schließlich. Yugi und Ryou nahmen auf den beiden Sesseln Platz während Tristan für Duke und sich zwei Klappstühle holte und sie aufklappte. Der Psychologe blieb am Zugang zum Wintergarten stehen und lehnte sich an die Wand. Scheinbar wollte er vom Rand aus beobachten. "Ja, klar... sonst wärt ihr ja nicht hier!" winkte Joey ab. "Aber... wäre das Wochenende nicht besser dafür geeignet gewesen?" "Man, Joey!" kam es jetzt von Yugi. "Wir wollen dich schon seit du wieder da bist besuchen!" Joey's Mimik erstarrte. Scheinbar hatte er nicht damit gerechnet, dass die anderen um sein Verschwinden wussten. Er hatte sich vor seiner Entführung bereits einige Wochen von seinen Freunden distanziert, da durch den Brief des Jugendamtes einiges hoch gekommen war und er seine Maske nicht mit Sicherheit nutzen konnte. Das hatte sich nicht geändert, wie Seto wusste. Aber Kai - wie Doktor Reijirou sich nennen ließ - hatte deutlich gemacht, dass es einige Fehler gab, die im Zusammenhang eines Suizidversuches oft begangen wurden. Diese galt es zu vermeiden! Der erste und wichtigste Fehler bestand in der Vermeidung des Themas an sich und die damit einhergehende Tabuisierung. Gerade bei schweren psychischen Krisen brauchte es ein hohes Maß an Offenheit, was eben bedeutete, dass die schlechte Verfassung Joey's für alle Menschen im nächsten Umfeld offengelegt werden musste. So konnten einfach mehr Leute auf weitere Zeichen achten, die auf einen weiteren Versuch hindeuten könnten. Noch ein Fehler war die Bagatellisierung des bereits erfolgten Suizidversuches. Diesen als 'einmaliger Ausrutscher' zu deklarieren war gefährlich! Der Versuch hatte einen Grund, der weit tiefer verwurzelt war, als das dumme Gerede des Detectives der Mordkommission. Schlussendlich waren die unbedachten und feindlichen Äußerungen nur der Auslöser gewesen. Aber die Ursache lag tiefer. Und ein weiterer schwerer Fehler, den man begehen konnte, war zur Tagesordnung überzugehen und sich auf beruhigende Zusicherungen zu verlassen. Um diesen zu vermeiden war es nötig möglichst genau die Umstände, die zu dem Versuch geführt hatten zur Sprache zu bringen und die persönlichen Hintergründe zu klären. Durch die Unterstützung seiner Freunde sollte Joey wieder fest im Leben verwurzeln werden. Also hatten sie sich schon am Vorabend getroffen. Seto und Tristan hatten die anderen über Joey's Situation und Verfassung in Kenntnis gesetzt und sie um Hilfe gebeten. Als alle zustimmten zu helfen hatte Kai sie eingehend über die Fehler, die man machen konnte, informiert und sie dahingehend beraten, wie sie sich verhalten sollten. Seto rechnete damit, dass diese 'Intervention' von ihm und Joey's Freunden, erst einmal auf erheblichen Widerstand seitens Joey treffen würde. Jahrelang hatte der Blonde sein schreckliches Geheimnis gewahrt und gut hinter einer Maske des sorgenfreien Sunnyboys verborgen. "Wieder... da?" kam es mit einem unsicheren Grinsen von Joey, der noch nicht aufgeben wollte, seinen Freunden eine heile Welt vorzugaukeln. "Wir wissen es!" kam es vorsichtig von Ryou. Immer noch schien Joey nicht verstehen zu wollen, was ihm seine Freunde sagen wollten "Wir wissen von deinem Vater, deiner Entführung und deinem Suizidversuch vor ein paar Tagen!" brachte Duke es langsam auf den Punkt. Seto hätte nicht gedacht, dass Joey noch blasser werden konnte, doch tatsächlich wurde er jetzt weiß, wie eine Wand. Das Grinsen war verschwunden und mit großen, ungläubig dreinblickenden Augen schaute er in die Runde seiner Freunde. "Joey..." setzte Yugi erneut behutsam an. Doch Joey hob nur abwehrend seine Hände. Der Blonde hatte begonnen zu zittern. Dann senkte er beschämt seinen Blick. Sanft zog Seto ihn ein Stück näher zu sich, während die Hände des Blonden sich in die weiche Jogginghose verkrallten. Yugi stand auf, schien aber zu merken, dass der Tisch mehr als störend im Weg stand. Duke und Tristan verstanden, was der Kleinste von ihnen wollte, standen auf und schoben den Tisch zur Seite. Dann kniete sich Yugi vor Joey und legte seine Hand auf Joey's, die immer noch am Handgelenk dick bandagiert war. Die erste Träne drängte sich aus Joey's Augen und fiel auf Yugi's Hand. "Hey Joey!" kam es erneut vorsichtig von Yugi. "Wir wissen, dass alles ist nicht einfach für dich, aber wir wollen dich nicht verlieren! Deshalb sind wir heute hier!" Nur zögerlich blickte Joey zu seinem bunthaarigen Freund, der ihn in seiner typischen Art und Weise anlächelte und mit großen, violetten Augen anblickte. "Nur damit du es weißt," richtete Duke erneut das Wort an Joey. "Uns wirst du nicht los! Wenn du also das nächste Mal denkst, dass du keine Alternativen mehr hast, dann komm zuerst zu uns, bevor du die Rasierklinge wieder über deinen Unterarm ziehst!" Duke hatte schneller Tristan's Ellenbogen in der Seite, als er reagieren konnte und musste ruckartig ausatmen, um den damit verbundenen Schmerz zu kompensieren. Man der Würfelfan hatte ein Taktgefühl wie ein Backstein, ging es Seto durch den Kopf. "Hey!" beschwerte sich der Schwarzhaarige lautstark. "Ich mein doch nur, dass es mir immer geholfen hat, den Kopf wieder frei zu kriegen!" Joey's Kopf schnappte nach oben und blickte Duke ungläubig an. Auch die anderen, außer Tristan, blickten überrascht zu dem Punk. Dieser streifte seine Lederarmbänder ab und hielt seine Handgelenke hoch. An beiden prangerten mehrere alte Narben. "Ja, ich gehör auch zum Club!" meinte der Schwarzhaarigen mit einem bittersüßen Grinsen auf den Lippen. "Bei mir war es der Wahnsinn meines Vaters, der mich immer wieder in die Finsternis fallen ließ! Mein letzter Versuch ist jetzt zweieinhalb Jahre her und das hab ich euch zu verdanken!" "Uns?" kam es nichtverstehend von Ryou. "Ja... Auch wenn wir am Anfang unsere Reibereien hatten habt ihr mich in eurem Kreis aufgenommen und als einen von euch akzeptiert. Wenn es mir nicht gut geht kann ich jederzeit zu einem von euch kommen und mich ausquatschen. Das hilft ungemein den Druck abzubauen, der mich früher immer wieder dazu trieb irgendwann zur Klinge zu greifen!" gestand der Dunkelhaarige. Dann wandte er sich wieder dem Blonden direkt zu, nachdem er seine Lederarmbänder wieder übergezogen hatte. "Hör zu Joey... Dein Vater... ist ein Drecksack und sollte ich ihm irgendwann mal begegnen könnte ich nicht versprechen, dass das Schwein das überleben würde. Das was er dir angetan hat... ist unverzeihlich! Aber genauso unverzeihlich ist es, wenn du ihn siegen lässt!" Es entstand eine kurze Stille, bevor Honda eine Hand auf Duke's Schulter platzierte. "Duke hat Recht!" kam es von dem Brünetten nur. "Das was an Arbeit vor dir liegt wird schwer! Hart! Vor allem schmerzhaft. Aber du bist Joey Wheeler, Mann! Du bist stark und wir werden dir helfen, wenn du uns lässt!" "Du bist nicht alleine!" kam es jetzt von Ryou. "Wir stehen jederzeit hinter dir und falls nötig stellen wir uns auch vor dich! Niemand wird dir jemals wieder derartig weh tun!" "Gemeinsam sind wir stark!" fügte Yugi schließlich noch hinzu und lächelte den Blonden an. Es kostete Seto einiges an Selbstbeherrschung sich eine Träne zu verkneifen. Die Jungs waren einfach der Hammer und er beneidete seinen Geliebten um diese Freunde. Sie könnten vielleicht tatsächlich schaffen, woran er, Tristan und Kai alleine gescheitert waren: Joey die Angst, die Scham und die Hemmungen nehmen, so dass er endlich aufarbeiten konnte, was man ihm angetan hatte. Sowohl was sein Vater ihm angetan hatte, als auch das, was in der Woche geschehen war. Mit Joey's Selbstbeherrschung war es leider nicht so weit her. Ihm liefen die Tränen nur so über das Gesicht und er hatte sich eine Hand vor den Mund geschoben. Die anderen rückten näher, um ihn spüren zu lassen, dass er nicht alleine war, während Mokuba und er ihn sanft von den Seiten her umarmten. Scheinbar war die Intervention mehr als geglückt und als Seto zu Kai blickte nickte dieser zufrieden, bevor er sich abwandte und aus dem Wintergarten verschwand. Der Drecksack war wirklich gut... aber das hatte Seto ja schon vorher gewusst! Kapitel 41: Schritt um Schritt ------------------------------ Kapitel 41 - Schritt um Schritt Der Besuch seiner Freunde war für Joey einerseits befreiend gewesen, andererseits äußerst kräftezerrend. All die Liebe und Fürsorge, die ihm von seinen Freunden entgegen gebracht worden war... wie hatte er je glauben können, dass sie sich von ihm abwenden würden, wenn sie davon erfahren würden, was sein Vater ihm immer wieder aufzwang? Er wusste es einfach nicht. Auf einmal fühlte er sich so unglaublich dumm, als er erkannte, dass Seto die ganze Zeit recht gehabt hatte, als er ihm zu erklären versuchte, dass sein Vater ihn angelogen und manipuliert hatte. Er wollte seine eigene Macht und Position ihm gegenüber festigen und hielt ihn mit Angst und Terror klein. Keiner seiner Freunde hatte ihn ausgelacht oder ihn für schwach gehalten. Niemand hatte sich mit Ekel und Abscheu von ihm abgewandt. Im Gegenteil. Sie waren näher gerückt. Duke hatte sogar offenbart, dass er in der Vergangenheit auch schon den einen oder anderen Suizid-Versuch angesetzt und sich mehrfach geritzt hatte. Er hatte ihm gezeigt, dass es nichts war, worüber man nicht reden durfte. Das man darüber reden konnte ohne als Aufmerksamkeitshäscher oder Schwächling zu wirken. Sie alle hatten ihm den Rücken gestärkt. Halt gegeben. Verwurzelten ihn mehr im Hier und Jetzt, als jemals zuvor. Und um ein Haar... hätte er all das aufgegeben! Er schlug sich die Hand vor das Gesicht! Wie... wie konnte er nur denken, dass Suizid ein Ausweg sein könnte! Er spürte, wie sich eine Hand um sein Handgelenk legte. Sanft. Vorsichtig. Behutsam. Dann wurde ihm die Hand vom Gesicht weggezogen und er blickte in diese unglaublich blauen Augen, die ihn anstrahlten. "Hey, was ist los?" kam es sanft von Seto. "Mir ist nur gerade klar geworden, wie unglaublich dumm ich gewesen bin!" gab Joey offen zu. "So?" kam es überrascht von Seto. "Es ist, als erwachte ich endlich aus einem bitterbösen Albtraum." erklärte Joey leise. "Als ob ich die ganze Zeit von einem düsteren Nebel umgegeben gewesen wäre!" Sanft platzierte Seto einen Kuss auf der Wange des Blonden. "Aber jetzt hat er sich gelichtet?" hakte der Jungunternehmer prüfend nach. "Ja... das hat er!" gab Joey zu und lächelte seinen Freund an. Es war ein merkwürdiges Gefühl, keine Geheimnisse mehr zu haben. Alles lag so vollkommen offen vor ihnen. Selbst das, was Joey all die Jahre angestrengt mit Heiterkeit überdeckt hatte und niemals wollte, dass es Seto sehen würde. Der Brünette schlang seine Arme um ihn und er lehnte sich an seine Brust. Noch immer trug er tief in sich die Angst, dass er andere ihn anschauen und ihn für schmutzig halten könnte. Dieses Gefühl, nichts wert zu sein wollte ihn einfach nicht loslassen. Da spürte er die Hand des Brünetten an seiner Wange, der sanft seinen Kopf zu sich hob. "Ich liebe dich!" kam es Seto leise und behutsam über die Lippe. Tränen stiegen in Joey auf und als die erste sich in die Freiheit kämpfte und über seine Wange fließen wollte, wurde sie von Seto davon gestrichen. "Ich liebe dich wirklich!" wiederholte Seto seine Liebesbekundung. Joey presste sein Gesicht gegen Seto's Brust und klammerte sich an ihm. Die Gefühle in ihm überschlugen sich regelrecht. Freude. Liebe. Angst. Scham. Wertlosigkeit. Sicherheit. Sie wirbelten in ihm im wilden Wechsel umher. Wieder spürte er, wie der andere seine Arme um ihn legte und ihn hielt. Einfach nur hielt. Nach einer kleinen Weile lösten sie sich von einander und wieder strich Seto ihm die Feuchtigkeit aus dem Gesicht, während er ihn behutsam anlächelte. Ganz langsam beugte der Jungunternehmer sich zu seinem Freund und dieser begann seine Augen langsam zu schließen. Schließlich spürte der Blonde die Lippen des anderen auf seinen und genoss diesen sanften, vorsichtigen Kuss. Langsam öffnete er seine Lippen und gewährte dem anderen Einlass. In einem bedächtigen Tanz rangen ihre Zungen miteinander. Mal bei ihm, mal bei Seto. Mit Hingabe. "Schön weit auf!" Eine Stimme hallte plötzlich durch Joey's Bewusstsein, ließ seine Augen aufschnappen und sich hastig einen Schritt von Seto entfernen. Erschrocken legte er sich die Hand über den Mund, während die andere Hand sich in sein Hemd über seiner Brust krallte. Sein Atem ging hektisch und panisch. "Hey, Schatz?" kam es besorgt von Seto. "Was ist los?" "N... nichts!" kam es entsetzt von Joey, der nicht einmal gemerkt hatte, dass er zu zittern angefangen hatte. Langsam schloss Seto wieder zu ihm auf und legte seine Hand auf die Schulter des Blonden. Dieser zuckte unter der unerwarteten Berührung heftig zusammen. "NICHT!" schrie der Blonde entsetzt, während er wieder versuchte nach hinten auszuweichen, aber gegen die Nachtkonsole stieß und die Lampe ins Schwanke brachte. Gerade so konnte Seto diese in ihrem Sturz auffangen und vor dem Kaputt gehen bewahren. Nachdem er sie wieder abgesetzt hatte sah er, wie sein Liebster sich mit dem Rücken an die Wand presste. Wieder liefen ihm dicke Tränen über das Gesicht, während er versuchte das Schluchzen runterzuschlucken. Sanft zog Seto den anderen in seine Arme. Was hatte ihn nur so aus der Bahn geworfen. Eben schien er noch so entspannt und zugänglich und auf einmal hatte sich alles geändert. Irgendetwas war bei dem anderen hochgewallt, da war sich Seto sicher. Vermutlich konnte der Blonde selbst nicht sagen, was ihn gerade so in Schrecken versetzt hatte. Solche Flashbacks konnten nur den Bruchteil einer Sekunde dauern, aber ein völlig zusammenhangloses Gefühl aus Horror und Schrecken zurück lassen. Der Brünette wollte seinen Freund nicht unnötig unter Druck setzen, indem er weiter fragte. Selbst wenn dieser gewollt hätte, hätte er nicht antworten können. Er lag schluchzend in seinem Arm, klammerte sich an seine Brust und zitterte am ganzen Leib. So konnte er erst einmal gar nichts tun, außer den anderen in seinem Arm zu halten und ihm zu zeigen, dass er nicht alleine und in Sicherheit war. Nach einer Weile hatte sich der Blonde wieder beruhigt. Seto hatte sie irgendwann zum Bett geführt und so saßen sie nun auf dem weichen Untergrund. Der Brünette sah dem Blonden deutlich an, dass er völlig erschöpft war. Vorsichtig strich er dem anderen, der immer noch an seiner Brust lehnte, eine Strähne aus dem Gesicht. "Na komm, Schatz," wisperte Seto leise, "es ist Zeit, dass du dich hinlegst und ein wenig Schlaf findest!" Der Griff des anderen an seiner Brust verstärkte sich wieder. Joey war schon vor seiner Entführung nicht gerne schlafen gegangen, doch seit er wieder zurück war tat er sich damit noch schwerer. Und da war es ganz egal, ob ihm gleich die Augen zufallen würden. Er sträubte sich mit aller Restenergie, die ihm geblieben war. Sanft legte Seto seine Hand wieder an seine Wange. "Joey..." setzte Seto sanft erneut an. "Schlaf wird dir gut tun! Dir fallen doch ohnehin schon fast die Augen zu." Der andere mied den direkten Blickkontakt und schluckte nur schwer. Zärtlich strich er dem Blonden durch sein Haar, welches in den letzten Monaten viel zu lang geworden war. Langsam und behutsam drückte Seto seinen Liebsten in eine liegende Position auf den Rücken. Sanft zog er die Bettdecke hoch und strich sie glatt. Noch einmal strich er Joey über die blasse Wange. Beugte sich wie in Zeitlupe zu ihm und platzierte einen vorsichtigen Kuss auf der Stirn des anderen. Als Seto aufstehen wollte, um das Zimmer zu verlassen schnellte die Hand des Blonden vor und hielt ihn am Handgelenk fest. Überrascht blickte Seto zu ihm. Immer noch miede Joey den direkten Blickkontakt, aber eine seichte Röte war auf seine Wange gezogen. "K... kannst du bei mir sch... schlafen?" fragte Joey mit brüchiger Stimme. Seto's Herz machte einen kleinen Sprung vor Freude. Es war das erste Mal, seit Joey wieder zurück war, dass dieser wollte, dass er zum Schlafen bei ihm blieb. Der Brünette nickte, zog sich seine Hose und das Hemd aus, bevor er neben Joey ins Bett stieg, der schon erwartungsvoll die Bettdecke gehoben hielt. Sanft legte Seto seinen Arm um seinen Freund und zog ihn an seine Brust. Anfangs noch etwas verkrampft begann sich Joey zu entspannen, als Seto ihm sanft den Nacken und den Haaransatz kraulte. Keine fünf Minuten später war er eingeschlafen und Seto schmunzelte. Seto erwachte, als etwas sich heftig in seinem Arm bewegte. Als er die Augen öffnete erkannte er, dass er nicht in seinem eigenen Bett lag. Es dauerte einen Moment bis ihm klar wurde, dass er bei Joey war, der heftig träumte. "Nein, nicht!" stöhnte Joey im Schlaf leise flehend. "Bitte, lasst mich!" erklang erneut die Stimme des Blonden. "D... daaaddy, bitte hilf mir..." flehte sein Freund mit Tränen in den Stimmen. Wut wallte in Seto auf. Seit drei Wochen waren seine Leute auf der Suche nach Wheeler Senior und dem Junganwalt Osachi. Doch beide konnten nicht gefunden werden. Auch die Polizei - die sie mittlerweile in Ruhe ließ, unter anderem weil Seto mit seinen Anwälten Klage gegen die Mordkommission und die Detectives Matsubara und Fujimura eingereicht hatten und Doktor Akari mit seinem Freund, dem Polizei-Captain Satou, eine klärende Unterhaltung geführt hatte - hatte keine neue Informationen oder Hinweise. "Nein... NEIN! NICHT DA! LASST DAS! LASST. DAS! ICH. WILL. DAS. NICHT!" schrie Joey im Schlaf und begann nun auch mit seinen Händen und Armen zu gestikulieren. Seto hatte Mühe, die sich wehrenden Gliedmaße zu bändigen. Mit einem gellenden Schrei erwachte Joey endlich aus seinem Albtraum. Doch durch Seto's Position und Halt konnte er nicht aufschrecken. Das versetzte den Blonden in zusätzlicher Panik und er zerrte an der Umarmung seines Freundes. "Joey... alles ist gut..." versuchte Seto ihm ins Ohr zu flüstern. "Hier bin nur ich... Seto!" Plötzlich erstarb jede Gegenwehr, aber das Herz des Blonden schlug gut spürbar immer noch heftig und sein Körper zitterte vor Angst. "Du bist in Sicherheit!" versuchte der Jungunternehmer seinen Geliebten weiter zu beruhigen. "Du bist in Sicherheit, hier bei mir!" Joey ergab sich seinen Tränen. Auch das war neu! Normalerweise stieß Joey jeden von sich, wenn er aus einem Albtraum erwachte. Wütete völlig außer sich vor Panik im Zimmer, bevor er in einer Ecke zusammensackte und weinte. Doch dieses Mal... klammerte er sich an Seto, suchte Halt und Schutz. Seto war nur allzu gern bereit ihm beides und noch mehr zu bieten. Geborgenheit. Sicherheit. Liebe. Nach einer Weile beruhigte sich sein geliebter Chaot wieder und lag ruhig halb auf seiner Brust. Immer noch strich Seto dem Blonden durch das Haar. "Kannst du dich an deinen Traum noch erinnern?" fragte Seto behutsam. Joey schien einen Moment über die Frage nachdenken zu müssen, schüttelte dann aber stumm seinen Kopf. "Nicht schlimm!" kam es beruhigend von dem Brünetten. "Das ist ganz normal!" Auf einmal nahm er eine langsame Bewegung wahr, während Joey seinen Kopf hob und den Blickkontakt mit ihm suchte. Seine von den Tränen geschwollenen Augen blickten ihn fragend an. "Hm?" kam es ermutigend von Seto. Dann schüttelte Joey nur wieder seicht seinen Kopf und ließ ihn wieder auf Seto's Brust sinken. Er schien die Liebkosung zu genießen und Seto schmunzelte ein wenig. Schließlich versank der Blonde nach und nach wieder im Schlaf. Kapitel 42: Eine Tür öffnet sich -------------------------------- Kapitel 42 - Eine Tür öffnet sich Joey saß im Schneidersitzt auf der Rattancouch im Wintergarten des Hauses und hatte seinen Skizzenblock auf seinen Beinen liegen. Seine Zeichenutensilien lagen vor ihm auf dem Gartentisch. Gedankenverloren blickte er durch die geöffnete Glasfront, durch die sommerliche Luft in den Wintergarten wehte. Das Gespräch mit seinen Freunden vor einigen Tagen hatte etwas in ihm verändert. Er konnte es nicht benennen und auch wenn er länger darüber nachdachte, wollte es sich ihm nicht erschließen. Dass sie so offen und mit so viel Verständnis und Zuspruch auf all den Scheiß reagiert hatten, den sie über ihn erfahren hatte... das hatte ihn überrascht und die ständige Angst, dass sie sich abwenden könnten war verschwunden. Er blickte vor sich auf den Block. Das weiße Blatt war leer. Seit fast einer Stunde saß er hier und wollte sich seinem Hobby hingeben, doch... das Blatt war nach wie vor leer. Als wäre da nichts in ihm, was er auf Papier bannen wollte. Das Zeichnen hatte ihm immer geholfen. Ihm Kraft geschenkt. Seinen Ängsten und Wünschen Ausdruck verliehen. In ein paar Wochen würde der Arbeitsvertrag mit der Kaiba Corp aktiv werden, in der er sein künstlerisches Talent einbringen sollte. Das Talent, das sich jetzt einfach nicht zeigen wollte. Das war frustrierend. Wütend pfefferte Joey seinen Bleistift quer durch den Wintergarten. "Komm ich ungelegen?" hörte er die Stimme von Kai. Erschrocken wandte er sich zu seinem Psychologen, der ihn freundlich anlächelte und im Eingang des Wintergartens stehen geblieben war. Verzweifelt suchend blickte sich Joey nach Seto um, den er aber nicht entdecken konnte. Das hieß... er war alleine mit... Kai? Seine Nackenhaare stellten sich auf und seine Hände krallten sich um seinen Block. Ein flaues Gefühl bildete sich in seinem Magen. Seine Nervosität nahm zu. Kai kam die zwei Stufen zum Wintergarten herunter und kam bedächtig auf die Sitzgruppe zu. Er nahm Joey gegenüber im Sessel Platz. "Du zeichnest?" fragte Kai unverbindlich. Joey wollte mit diesem Mann weder reden, noch mit ihm alleine sein. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Mit geweiteten Augen ließ er den anderen nicht einen Moment aus den Augen. Die Frage zu beantworten kam ihm gar nicht in den Sinn. "Darf ich mal sehen?" setzte Kai hinterher. Der Blonde schluckte. Nur zögerlich legte er seinen Skizzenblock auf den Gartentisch und schob ihn einige Zentimeter in Kai's Richtung, bei weitem aber nicht soweit, dass Kai den Block bequem erreicht hätte. Danach verschränkte er seine Arme defensiv vor der Brust. Kai beugte sich vor und nahm den Block in die Hand. Er schlug den Block erst zu und ging ihn dann von vorne durch. Auch er schien von seinem Talent beeindruckt zu sein. "Hast du denn schon etwas gezeichnet, seit du wieder zu Hause bist?" fragte Kai wieder. Beschämt ließ Joey den Kopf hängen, wodurch er Kai aus den Augen verlor. Als ihm das bewusst wurde hob er entsetzt seinen Blick wieder, als könnte sein Gegenüber diesen Moment nutzen und sich ihm nähern. Joey spürte seinen Herz bis zum Hals schlagen. Kai reichte ihm seinen Block über den Tisch, doch Joey konnte ihn nicht entgegen nehmen. "Entschuldigt bitte, dass ich zu spät bin!" hörte Joey schließlich die Stimme seines Freundes. Als er ihn auf die Sitzgruppe zukommen sah machte Joey's Herz einen kleinen Hüpfer. Seto beugte sich zu ihm, gab ihm sanft einen Kuss, bevor er sich dicht neben ihn setzte. "Wir hatten noch nicht angefangen!" meinte Kai beruhigend, der den Block auf den Tisch ablegte. "Ich habe nur Joey's Talent bewundert." "Oh ja, er hat großes Talent! Deshalb wird er im September auch bei Kaiba Corp anfangen und uns mit seinem Talent bereichern." stimmte Seto zu. "Das klingt großartig!" meinte Kai und blickte dabei den Blonden an, dem das Gesprächsthema gerade nicht so recht schien. "Wie läuft es sonst so bei euch beiden?" fragte Kai an den Blonden gerichtet, der sich enger an Seto gepresst hatte und nicht gewillt war zu antworten. "Hey," hörte Joey schließlich Seto in sein Ohr flüstern. Er blickte zu ihm auf und sein Freund lächelte ihn aufmunternd an. "Möchtest du ihm nicht antworten?" Betroffen wandte sich Joey ab und schluckte. Dann wandte er sich wieder Kai zu. "Gut!" war die einsilbige Antwort, zu der sich Joey hatte durchringen können. "Schön!" kam es von Kai. "Und wie sieht es mit deiner Nachtruhe aus?" Betroffen senkte Joey seinen Blick und biss sich verlegen auf die Unterlippe. Seto legte einen Arm um seine Schultern platzierte einen weiteren Kuss auf seiner Wange. Mit der anderen Hand nahm er Joey's Hand in seine und verschränkte die Finger. "Nicht so gut!" kam es leise von Joey, dem es sichtlich schwer fiel mit Kai zu sprechen und einiges an Überwindung kostete. "Also hast du weiterhin Albträume, wenn du einschläfst?" hakte Kai behutsam nach. "Ja", kam es nach einer kurzen Pause von Joey. "Kannst du dich an deine Albträume erinnern, wenn du aufwachst?" wollte Kai wissen. Joey schüttelte seinen Kopf. "Nicht schlimm!" kam es beruhigend von Kai. "Das ist ganz normal!" Auf einmal schnappte Joey's Kopf hoch und blickte zu Seto, der ihn überrascht anschaute. Das war wortwörtlich das, was Seto ihm in der Nacht gesagt hatte, als er ihm die gleiche Frage gestellt hatte. War das nur ein Zufall? Nein! Da fielen Joey die Worte von Doktor Akari letzte Woche ein, als er angekündigt hatte, dass er am nächsten Tag Kai mitbringen wollte: "Sie brauchen nichts von Doktor Reijirou befürchten. Herr Kaiba kennt ihn schon seit einigen Jahren und kann für ihn bürgen!" Woher kannte Seto Kai? Schon gestern war ihm die Frage durch den Kopf gegeistert, woher Seto wissen wollte, dass es normal war, dass man sich nach einem Albtraum nicht an ihn erinnern konnte. Doch er hatte ihn nicht danach gefragt. Er war davon ausgegangen, dass er ihn nur trösten wollte. Doch das Kai jetzt genau die gleichen Worte genutzt hatten... das war kein Zufall. Joey blickte zwischen seinem Freund und dem Psychologen hin und her. "Hm?" kam es wieder fragend von Seto, der ihm sanft über die Wange strich. "W... woher kennst ihr euch eigentlich?" kam es leise und schüchtern von dem Blonden, der sich auf einmal gar nicht mehr sicher darüber war, ob er so eine Frage überhaupt stellen durfte. Seto blickte kurz zu Kai, der ihn interessiert anblickte, bevor der Brünette seinen Blick wieder auf Joey wandte. Joey fiel auf, wie Seto schluckte. "Kai hat mir durch eine schwere Phase meines Lebens geholfen!" erklärte Seto relativ nichtssagend. "Eine schwere Phase?" hakte Joey vorsichtig nach. Seto schien einen Moment wie erstarrt, bevor er seinen Blick kurz zwischen sie richtete und dann ihm wieder in die Auge blickten. "Gozaberu..." Seto musste nochmal kurz schlucken. "Dein Vater?" frage Joey irritiert nach. "Unser Adoptivvater!" berichtigte Seto. "Er hat mich misshandelt und... missbraucht!" Am Ende war Seto's Stimme immer leiser geworden. Ungläubig blickte Joey ihn an. Es war als stünde die Zeit still. Dieser Moment, indem der Blonde erkannte, dass sein Geliebter das gleiche erlebt hatte, wie er selbst... bewegte etwas in Joey. "D... du..." setzte Joey an und musste sich räuspern. "Du bist wie ich?" "Ja!" kam es sachlich und neutral von Seto. "Uns unterscheidet nichts!" "Aber du bist so... stark und selbstsicher!" wandte Joey kopfschüttelnd ein, als würde seine Argumentation Seto Lügen strafen. "Weil Kai mir dabei geholfen hat!" eröffnete Seto ihm. "Am Anfang fiel es mir auch wahnsinnig schwer mich ihm zu öffnen. Wir hatten bestimmt ein halbes Dutzend Sitzungen in denen ich nur da gesessen und ihn angeschwiegen habe. Doch als ich erkannte, dass er mir nur helfen wollte und dass es mir wirklich gut tat darüber zu reden, ging es mir tatsächlich besser!" Joey's Blick fiel nachdenklich auf Kai. Er musterte den Psychologen ausgiebig. Spürte, wie Seto ihm sanft über den Handrücken strich. Noch immer konnte er nicht so recht glauben, was sich ihm eben eröffnet hatte. Seto... sein Seto... war auch durch die Hölle gegangen und strahlte dennoch diese Kraft und Selbstsicherheit... diesen Glanz aus, während er sich klein, schmutzig und verkümmert vorgekommen war. Und das alles nur, weil sein Freund mit diesem Mann über das gesprochen hatte, was ihm sein Va... Adoptivvater angetan hatte? Wenn Seto diesem Mann vertraute, dann... sollte auch er es versuchen. Also nickte er zögerlich und Seto legte wieder seinen Arm um seine Schultern, während er ihn wieder an sich ran zog. Kai musterte sie beide und als sein Blick auf Seto fiel hätte Joey schwören können Stolz in dem Blick des Therapeuten zu erkennen. "W... wie fangen wir also an?" kam es wieder schüchtern von Joey. Er hatte Angst davor, dass der andere gleich von ihm fordern könnte, dass er von seinem Vater und dem, was er mit ihm getan hatte, erzählen sollte. Doch der Therapeut schmunzelte ihn sanft und voller Verständnis an. Dann... unterhielten sie sich den Rest der Zeit über Duell Monster und während Joey am Anfang sichtlich irritiert war, gewann das Gespräch schnell an Tempo und Leidenschaft. Es war das erste Mal, seit Joey wieder zu Hause war, dass er sich so angeregt und entspannt über etwas unterhalten konnte. Und es war das erste Mal, dass er mit Kai einen echten Dialog führte. Kapitel 43: Einen Blick zur Seite --------------------------------- Kapitel 43 - Einen Blick zur Seite Seto und Joey bestiegen langsam die Treppe. Immer noch fiel dem Blonden gerade das Treppensteigen nicht leicht. Doch der Schmerz war nur noch dumpf im Hintergrund wahrnehmbar. Aber sie hatten Zeit und mussten sich nicht beeilen. Als sie oben am Treppenabsatz ankamen blickte Joey schüchtern zu Seto auf. Der lächelte ihn sanft an und strich seinem Freund sanft über die Wange. "Bleibst du wieder bei mir?" fragte Joey leise. Seto nickte. "Wenn du das möchtest, gerne!" gab er zurück. Der Blonde nickte nur und lächelte ihn scheu an. Seto beugte sich vor und legte seine Lippen auf die des anderen. Sanft erwiderte Joey die Zärtlichkeit. Als sie sich nach einigen Augenblicken wieder von einander lösten blickten sich die beiden wieder in die Augen. Dann setzten sie ihren Weg fort. Als sie das Zimmer des Blonden erreichten stellte dieser fest, dass ordentlich durchgelüftet und sein Bett komplett frisch bezogen worden war. Auf seinem Nachttisch lag ein verpacktes Geschenk und er blickte überrascht zu Seto auf. Dieser schmunzelte ihn sanft an und nickte ihm nur zu. Zögerlich ging Joey an den Nachttisch heran und nahm das flache Päckchen in die Hand. Noch einmal blickte er prüfend zu Seto, der hinter ihn trat und seine Hände auf seine Schultern legte. Dann riss Joey das Geschenkpapier auf und blickte auf ein hochwertiges Sketchbook im A4-Format. Irritiert blickte er zu Seto auf. "Das soll dein Traum-Skizzenbuch werden." erklärte Seto mit sanfter Stimme. Die Verwirrung in Joey's Blick nahm zu. "Kai hat mir damals geraten, dass ich ein Traumtagebuch führen sollte. Immer wenn ich aus einem Traum geschreckt bin hab ich meine Angst und Panik für fünf Sekunden zugelassen. Ich hab laut gezählt und danach versucht mich soweit zu beruhigen, dass ich mein Traum in das Tagebuch schreiben konnte. Direkt nach dem Aufwachen ist der Traum noch am Deutlichsten." Wieder blickte Joey auf das Sketchbook in seiner Hand, schlug es auf und blätterte die leeren Seiten durch. Das Papier fühlte sich gut an. Als er das Buch wieder zuschlug drückte er es dankbar an seine Brust und wandte sich zu Seto um. Als er sich strecken wollte, kam ihm Seto ein wenig entgegen, so dass er ohne Probleme seine Lippen auf die des Brünetten legen konnte. Hätte man ihm noch vor vier Monaten gesagt, dass er heute mit Seto Kaiba zusammen sein, dass dieser alles über ihn wissen und dennoch sich von ihm nicht abwenden oder ihn auslachen würde, er hätte diesen jemand für verrückt erklärt. Doch genau so war es gekommen. Der, den er fast zwei Jahre aus der Entfernung und hinter einer Maske des Klassenclowns angehimmelt hatte, hatte ihm seine Liebe gestanden. Er hatte ihn bei sich aufgenommen, ihm geholfen und als er sein Geheimnis entdeckt hatte war er bei ihm geblieben. Nein! Er war nicht nur einfach bei ihm geblieben, er war näher gerückt. Die ganze Zeit hatte er sich gefragt, warum Seto sich nicht abwandte? Warum er so viel Verständnis und Geduld mit ihm hatte? Warum der andere ihn nicht so wahrnahm, wie er sich selbst empfand: schmutzig und gebraucht? Die Erkenntnis, dass der andere auch derartige Erfahrungen gemacht hatte, mit so etwas hatte Joey nie gerechnet. Aber es erklärte ihm so vieles. Seto zog ihn etwas mehr in seinen Arm und Joey kuschelte sich enger an ihn. Der Brünette gab ihm dieses Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Aber nicht nur das. Er gab ihm das Gefühl etwas wert zu sein. Kein wertloses Ding, welches man benutzten konnte, wie man wollte, und das man hinterher wegwarf, wenn man mit ihm fertig war. Bei diesem Gedanken ging ihm ein Stich durch die Brust und er musste schlucken. "Alles in Ordnung, Schatz?" fragte Seto sanft, der seine Hand an seinen Nacken gelegt hatte und begann ihn sanft dort zu kraulte. "Hm..." war Joey's einzige Antwort, da er unsicher war, ob seine Stimme bei einer richtigen Antwort nicht plötzlich versagte und ihn verraten würde. Seto drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor sein Kopf sanft an seinen gelehnt liegen blieb. Der Brünette atmete ruhig und tief ein. Sein Brustkorb hob und sank sich regelmäßig. "S... Seto?" kam es schließlich nach einer kleinen Weile von Joey. "Ja?" reagierte Seto leise und entspannt. Der Blonde hielt wieder inne. Auf einmal packte ihn wieder eine große Unsicherheit und wischte seinen Mut, mit dem er gerade Seto angesprochen hatte, einfach bei Seite. Seine Finger krallten sich auf Seto's Brust etwas in dessen Shirt. Dann schob sich etwas Warmes über sie und legte sich auf sie nieder. Sanft strich ihm Seto's Daumen über den Handrücken und lockerte seinen angespannten Griff etwas. "Du kannst mich alles fragen." kam es schließlich behutsam von dem Brünetten. Der Blonde hob seinen Blick zu Seto, der mit einem sanften Lächeln seinen Blick erwiderte. Das Vertrauen, welches der Brünette ihm entgegenbrachte, rührte den Blonden zu tiefst, dennoch fand er seinen Mut, seine Frage zu stellen, nicht wieder. Wieder vergingen einige Augenblicke in denen Joey seinen Blick wieder nach vorne auf Seto's Brust gerichtet hatte. Er fühlte sich auf einmal so dumm und plump. Er hatte Seto angesprochen, um ihn nach dessen eigenen Erfahrungen mit seinem Adoptivvater zu fragen. Doch dann war ihm plötzlich bewusst geworden, dass er selbst auch nicht über seine Erlebnisse reden wollte. Sicherlich ging es Seto ähnlich. Also was fiel ihm nur ein auch nur im Ansatz danach fragen zu wollen? "Hey, schaust du mich mal bitte an?" kam es plötzlich von Seto. Langsam hob Joey seinen Blick wieder und blickte in die ernsten Augen seines Freundes. "Du wolltest mich nach Gozaberu fragen, nicht wahr?" schoss der andere ins Blaue. Beschämt senkte Joey wieder seinen Blick. War es wirklich so offensichtlich gewesen? "Schatz, schaust du mich bitte wieder an?" bat Seto sanft. Nur zögerlich folgte der Blonde der Bitte des Jungunternehmers. Als er ihn wieder ansah, legte Seto ihm eine Hand an die Wange und lächelte ihn sanft an. "Wenn du etwas dazu wissen möchtest", setzte Seto erneut behutsam an, "kannst du mich jederzeit fragen. Du musst keine Angst oder Bedenken haben! Dieses Thema darf nicht totgeschwiegen werden! Ist kein Tabu! Schon gar nicht zwischen uns beiden!... Hast du das verstanden?" Tränen hatten sich in Joey's Augen gesammelt und brachen sich langsam Bahn. "Also, du wolltest mich eben etwas fragen... was war das?" hakte Seto erneut sanft nach, als er ihm einige der Tränen wegstrich. "W...weiß Mokuba davon?" kam es stockend von dem Blonden. "Ja! Ich hab mit ihm darüber gesprochen!" antwortete Seto geduldig. "W...wie hat er... darauf reagiert?" hakte Joey vorsichtig weiter nach. "Er war geschockt und dann wurde er sehr, sehr traurig." antwortete Seto, der den Blonden immer noch sanft im Nacken kraulte. "Dann wurde er sehr wütend auf Gozaberu und ich glaube, wäre Gozaberu nicht schon tot gewesen, dann hätte er ihn eigenhändig umgebracht!" "Hat... hat er dich oft..." druckste Joey rum, dem mitten in der Frage klar wurde, was er im Begriff war zu fragen und sich selbst abwürgte, während er verlegen sein Gesicht etwas mehr an Seto's Brust drückte. "Ob Gozaberu mich oft missbraucht hat?" stellte Seto die Frage zu Ende. Joey's Hand krallte sich wieder über Seto's Brust in den Stoff seines Shirts. Immer noch lag die zweite Hand des Brünetten auf seiner. "Anfangs nicht!" antwortete Seto ruhig. "Er hatte sehr strickte Regeln, auch für sich selbst. Er sah den Übergriff als Mittel zum Zweck, um mich für Fehlleistungen zu bestrafen. Doch mit der Zeit häuften sich die Übergriffe und er wandte sie auch bei geringen Verfehlungen als Strafe an. Gegen Ende nutzte er fast jede Gelegenheit, um mich damit zu demütigen und zu quälen!" "Dieses Schwein!" kam es wütend und angeekelt von Joey. "Wenn er nicht schon tot wäre, dann..." Seto platzierte vorsichtig einen Kuss auf Joey's Haar und eine merkwürdige Stille hielt Einzug. Als Joey aufblickte erkannte er, dass seinem Liebsten einige Tränen über das Gesicht liefen. Sanft schob er sich etwas hoch, um sie wegzustreichen. "S... Seto?" kam es unsicher von Joey. "Alles gut!" kam es leise von dem Brünetten. "Die Erinnerungen an Gozaberu lösen das auch heute immer mal wieder aus." "D... das... Himmel... das tut mir leid, ich wollte nicht..." versuchte Joey sich erschrocken zu entschuldigen, doch Seto legte seine Lippen auf die seines Freundes und stoppte ihn damit sanft. "Nein..." kam es fast gehaucht von Seto. "Es ist nicht deine Schuld. Es tut gut, darüber zu reden!" Das Seto so ruhig und gelassen über das, was ihm widerfahren war, reden konnte, beeindruckte Joey zutiefst. Er wünschte sich, dass er auch zu solcher Stärke im Stande wäre, doch selbst das Erinnern tat so weh, dass er diesen Schmerz nur möglichst weit von sich schieben und sich ihm nicht stellen wollte. Wieder kuschelte er sich eng an seinen Freund, der ihm weiter das Gefühl gab sicher und geborgen zu sein. Der ihm zeigte, dass er geliebt und wertgeschätzt wurde. Er sog den Geruch seines Freundes tief in sich ein und versank dann schließlich in der Dunkelheit des Schlafes. Kapitel 44: Gute Fortschritte ----------------------------- Kapitel 44 - Gute Fortschritte Das Handy klingelte leise und erregte Seto's Aufmerksamkeit. Er angelte nach dem auf der Nachtkonsole abgelegten Störenfried und blickte auf das Display. Es war das Hausmädchen. Seto nahm den Anruf an und hörte die Stimme der jungen Frau, die ihm mitteilte, dass seine Anwesenheit an der Haustür gefordert war. Er sagte ihr, dass er gleich da sein würde. Als er das Handy weggelegt hatte blickte er auf den blonden Schopf in seinem Arm, der zum ersten Mal eine Nacht durchgeschlafen hatte. Sanft legte Seto einen Kuss auf das Haar des anderen, der zufrieden brummte. "Habe ich dich geweckt?" flüsterte Seto sanft. "Nö", kam es noch schlaftrunken von Joey. "Ich muss mal kurz nach unten", erklärte Seto behutsam. Joey hob seinen Kopf mit den noch fast geschlossenen Augen und blickte ihn fragend an. "Aber ich beeil mich, so schnell wie möglich zu dir zurück zu kommen!" Damit beugte sich Seto vor und legte seine Lippen auf die des Blonden, der den Kuss gierig erwiderte, bevor er sich umdrehte und die Decke wieder ein Stück höher zog. Seto stand auf, nahm sich seinen Morgenrock und band ihn auf dem Weg zur Tür zu. Als er die Treppe hinunter kam erkannte er Detective Fujimura und rollte genervt mit den Augen. Der junge Polizist blickte ihn anders als bei ihren Begegnungen zuvor an. Mit Reue und Scham. "Das darf doch nicht wahr sein!" kam es ungehalten von Seto. "Halten Sie es wirklich für so klug ein weiteres Mal hier her zu kommen? Immerhin läuft bereits schon eine Klage gegen Sie!" Als er am Treppenfuß ankam erwartete der Jungunternehmer auch den Detective Matsubara anzutreffen. Doch zu seiner Überraschung stand dort nur eine Frau in den Dreißigern, deren Haar ordentlich nach hinten gebunden waren und die ihn freundlich, gütig und voller Verständnis anblickte. "Guten Morgen, Herr Kaiba. Mein Name ist Yuki Nagasato und ich bin vom..." weiter kam die Frau nicht, bevor Seto sie rüde unterbrach. "Ich verklage derzeit das gesamte Morddezernat!" kam es unwirsch von dem Brünetten. "Halten Sie es da wirklich für Klug noch eins draufzusetzen?" "Ihren Unmut kann ich gut nachvollziehen, Herr Kaiba." kam es ruhig von der Frau, die tatsächlich ein verständnisvolles Lächeln auf dem Gesicht trug. "Aber ich bin nicht vom Morddezernat!" "Aber er doch?" mit diesen Worten nickte Seto abschätzig zu Fujimura. "Das ist richtig." gab die Frau zu. "Nachdem sein Seniorpartner und Ausbilder Detective Matsubara den Polizeidienst quittieren musste wurde er mir zugewiesen, um den Mordfall Robert Sawa und die Entführung und Vergewaltigung von Josef Wheeler zusammenzulegen und aufzuklären." Verwundert blickte Seto die Frau wieder an. "Sie sind nicht vom Morddezernat?" hakte Seto noch einmal prüfend nach. "Nein!" kam es geduldig von der Frau. "Ich bin Sergeant Yuki Nagasato, von der Sondereinheit für Sexualdelikte!" "Sie haben die Leitung inne?" fragte Seto forschend und misstrauisch weiter. "Ja, das habe ich!" kam es wieder freundlich lächelnd und mit einem Nicken von der Frau. "Man erhofft sich durch die Zusammenarbeit, dass Detective Fujimura etwas mehr Fein- und Taktgefühl für die Opfer von Gewaltverbrechen entwickelt und nicht die fehlgeleiteten Ideale seines konservativen Seniorpartners beibehält!" "Aha!" kam es skeptisch von dem CEO. "Das ändert nichts daran, dass ich Sie und vor allem ihn nicht zu Herrn Wheeler lassen werde!" "Oh, wir wollten gar nicht zu Herrn Wheeler!" kam es freundlich von Sergeant Nagasato. "Ich wollte mich Ihnen nur vorstellen und Sie über diese Entwicklung informieren, um Sie auf den neusten Stand zu bringen. Hier ist meine Karte. Sollten Sie Fragen zum Fall haben, scheuen Sie sich bitte nicht mich anzurufen. Im Gegenzug würde ich mich darüber freuen, wenn Sie mir Bescheid geben würden, sobald Herr Wheeler bereit ist für einige Fragen!" Seto war über den Kurs der Frau mehr als überrascht. Dennoch konnte sie mit ihrer verständnisvollen Art seine Skepsis nicht vollständig ausräumen. Trotzdem nahm er die Visitenkarte der Beamtin entgegen und nickte nur zögerlich. "Dann wünsche ich Ihnen und Herrn Wheeler noch einen guten Tag!" mit diesen Worten wandte sich die Frau ab und wollte zur großen Haustür gehen, als sie merkte, dass Detective Fujimura ihr nicht folgte. Ohne Vorwarnung verbeugte er sich tief vor Seto. "Ich möchte mich in aller Form bei Ihnen und Herrn Wheeler für das Verhalten meines Partners entschuldigen." kam es in schnellen Worten von dem Mann, der scheinbar befürchtete, dass Seto ihn nicht aussprechen lassen könnte. "Ich bedaure sehr, was Detective Matsubara von sich gegeben hat und möchte Ihnen versichern, dass ich seine Ansichten nicht teile! Vor allem tun mir aber die Folgen seiner unbedachten Worte leid und bin dankbar dafür, dass Sie so schnell reagiert haben und ihren Freund retten konnten!" Der junge Beamte klang aufrichtig, dennoch konnte Seto ihm nicht verzeihen. Um ein Haar hätte die letzte Begegnung mit ihm und dessen Altpartner ihm die Liebe seines Lebens geraubt. Also wandte sich Seto ohne ein weiteres Wort um und stieg die Treppen wieder hinauf. Als er wieder in Joey's Zimmer kam saß dieser auf der Bettkante und blickte ihn scheu an. Seto lächelte ihn an, ging zu ihm, legte seine Hände auf die Wangen des Blonden und küsste ihn vorsichtig. Dieser legte sich vertrauensvoll in den Kuss hinein und schien ihn zu genießen. Dennoch zwang sich Seto dazu, den Kuss kurz zu halten, denn er konnte sich noch gut daran erinnern, wie Joey beim letzten intensiven Kuss eine Panikattacke entwickelt hatte. Joey blickte ihn glücklich an. "Was war denn?" kam es leise von dem Blonden. "Nichts wichtiges!" versuchte Seto auszuweichen. "Aber doch so wichtig, dass du persönlich an die Tür musstest?" hakte sein Geliebter weiter nach. "Die Polizei war da!" kam es bedächtig von Seto. Sofort spannte sich Joey an und der friedliche Gesichtsausdruck, den er eben noch getragen hatte, verschwand augenblicklich. Entsetzt blickte der Blonde ihn an. Beruhigen strich Seto ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Keine Sorge, sie sind wieder weg!" "W... was wollte die Polizei?" kam es ängstlich von Joey. "Unser Fall wurde einer anderen Beamtin zugeteilt und diese wollte sich nur kurz vorstellen!" erklärte Seto langsam. "Eine Beamtin?" kam es ungläubig von Joey. "Beim Morddezernat?" "Nein!" stellte der Brünette richtig. "Sie ist von der Sondereinheit für... Sexualdelikte!" Sofort verspannte sich der Blonde und wandte beschämt seinen Blick ab. Fast so schnell legte Seto seine Hand an die Wange seines Geliebten und führte dessen Blick zurück zu ihm. "Hey..." kam es sanft von Seto. "Du musst dich für nichts schämen!" Joey schluckte nur schwer, während sich Feuchtigkeit in seinen Augen sammelten und er sich unsicher auf die Unterlippe biss. Seto sah, wie schwer es dem Blonden fiel ihm in die Augen zu blicken. Also schloss er ihn in seinen Arm und drückte ihn sanft an sich. Sofort legte auch der Blonde seine Arme um ihn und klammerte sich regelrecht an ihn fest. Ein Klopfen zerriss die Zweisamkeit und ließen Joey erschrocken zusammenfahren. Seto löste sich langsam von ihm, überzeugte sich kurz davon, dass alles in Ordnung war, bevor er sich der Tür zuwandte und sie öffnete. Strahlende grau-blaue Augen funkelten ihn an und er lächelte seinen kleinen Bruder an. Dann ließ er ihn reinkommen. "Hey Joey," begrüßte der Schwarzhaarige den Blonden, während er auf ihn zu ging. Dieser entspannte sich wieder und lächelte den jüngeren Bruder seines Geliebten an. "Hey Moki." erwiderte er den Gruß. "Wie geht es dir heute?" fragte Moki, sein Grinsen dabei nicht verlierend. "G... gut!" antwortete Joey zögerlich. "Fühlst du dich fit genug für ein Frühstück mit mir und den anderen im Wintergarten?" fragte Mokuba schließlich freudig. "Den anderen?" wiederholte Joey verwirrt. "Na Yugi, Honda, Otogi und Bakura!" erklärte Mokuba. "W... was machen denn die anderen so früh hier?" kam es unsicher von Joey. "Sie standen heute Morgen mit Brötchen, Obst und so Zeugs vor der Tür und wollen mit uns frühstücken. Natürlich nur, wenn du fit dafür bist!" führte Mokuba weiter aus. Auf Joey's Gesicht legte sich ein zerbrechliches Lächeln. Seto konnte nur ahnen, wie sich der andere gerade fühlte. Das seine Freunde sich nicht von ihm abgewandt hatten und nun aktiv den Kontakt zu ihm suchten musste den Blonden ungeheuer glücklich machen und ihm eine schwere Last abnehmen. Dann nickte sein Geliebter. "Klar, bin ich fit... ich... ähm... zieh mich nur noch an und erledige die Morgentoilette!" kam es von ihm und klang regelrecht erfreut. Mokuba nickte, tauschte einen kurzen Blick mit Seto und verließ dann wieder das Zimmer. Seto trat wieder an Joey heran und küsste ihn erneut. Wenn das alles nicht nur Schein war, dann machten sie gute Fortschritte. Kapitel 45: Ein großer Schritt nach vorne ----------------------------------------- Kapitel 45 - Ein großer Schritt nach vorne "Bist du bereit?" fragte Seto behutsam, während er dem Blonden eine Strähne hinter das Ohr strich. Dieser blickte ängstlich zu ihm auf, nickte aber schüchtern. Seto nahm das Sketchbook vom Nachttisch und hielt es Joey hin. Zögerlich nahm dieser es und presste es sich an die Brust. Dann nahm Seto die Hand seines Geliebten und führte ihn aus dessen Zimmer, die Treppe hinunter, durch das Wohnzimmer in den Wintergarten. Im Wintergarten stand Kai, der die beiden freundlich anlächelte und sie grüßte. Dann nahmen sie in diesem kleinen Blumen- und Pflanzenparadies wie gewohnt auf der Rattansitzgarnitur Platz. "Wie geht es euch beide?" eröffnete Kai das Gespräch. Seto blickte fragend zu Joey. "Gut!" kam es leise von dem Blonden. "Schön! Was gibt es Neues?" versuchte Kai das Gespräch in Schwung zu bekommen. "Scheinbar hat die Klage gegen das Morddezernat bewirkt, dass Detective Matsubara entlassen worden ist. Sein Juniorpartner Fujimura hat eine neue Seniorpartnerin namens Nagasato bekommen." beantwortete dieses Mal Seto die Frage. "Nagasato?" kam es überrascht von Kai. "Sie ist aber nicht vom Morddezernat!" "Nein!" kam es peinlich berührt von Joey. "Sondern?" fragte Kai unschuldig. Stille hielt Einzug. Seto hatte von Kai ein Zeichen erhalten, dass dieser wollte, dass Joey die Frage beantwortete. Erst nach einigen Augenblicken der unangenehmen Stille raffte sich der Blonde schließlich zu einer Antwort auf. "Sie ist in der Sondereinheit für... Se... Sexual..." Die Stimme des Blonden brach zusammen. "Sexualdelikte!" kam es nüchtern von Seto, der beruhigend seinen Arm um die Schulter seines Geliebten legte, der sich trotzig über die Wange strich, um eine verirrte Träne wegzuwischen. Kai und Seto wechselten einen kurzen Blick, mit dem der Psychologe dem CEO signalisierte, dass es schon in Ordnung gewesen wäre, dass er seinem Partner die Qual abgenommen hatte. "Was hältst du denn da, Joey?" wechselte Kai das Thema. Joey blickte überrascht erst zu seinem Therapeuten auf und dann auf das Sketchbook, dass er immer noch an seine Brust drückte. Nur langsam löste er den Halt und ließ das Skizzenbuch auf seinen Schoss sinken. "Das hat mir Seto geschenkt!" kam es leise von dem Blonden. "Es ist... ein Traumskizzenbuch!" "Oh, dass klingt gut!" kam es bestätigend von Kai. "Und hast du schon etwas hinein gezeichnet?" Schüchtern nickte Joey, bevor er das Sketchbook nahm und zögerlich auf den Gartentisch legte, um es dann Kai zuzuschieben. Als dieser sich anschickte nach dem Buch zu greifen zog sich Joey eilig wieder in Seto's Arm zurück. Kai nahm das Sketchbook und schlug die erste Seite auf. "Oh... das ist eine wirklich wundervolle Zeichnung von Seto!" kam es beeindruckt von Kai. "D... danke!" erwiderte Joey. "Warum hast du Seto gezeichnet?" hakte Kai nach. "E... er lag schlafend neben mir und sah so friedlich aus." kam es immer noch leise von Joey. "Du hast wirklich ein ausgeprägtes Talent im Zeichnen." lobte der Psychologe ihn, der dann die Seite umschlug. Scheinbar hatte Joey hier etwas skizziert und dann in Wut die Seite komplett mit dem Bleistift geschwärzt. "Was hattest du denn hier gezeichnet?" fragte Kai interessiert nach. "Nichts Besonderes!" kam es ausweichend von dem Blonden. "Warum hast du es dann übermalt?" hakte Kai weiter nach. "Weiß nicht!" wich Joey weiter aus. Er spürte die Hand von Seto in seinem Nacken. Sie kraulte ihn sanft und löste die Anspannung. "Ich... ich bin aufgewacht und hab was gezeichnet und als ich fertig war, wurde ich unglaublich wütend und... ich konnte einfach nicht aufhören bis die Seite so aussah!" gestand Joey stockend. "Verstehe!" kam es sanft von Kai. "Aber du weißt nicht mehr, was du hier gezeichnet hast?" Der Blonde schüttelte seinen Kopf. Seto lehnte seine Stirn an Joey's. Kai beobachte die Geste und richtete seinen Blick auf den Brünetten. "Darf dir Seto eine Hilfestellung geben?" fragte Kai. Überrascht blickte Joey ihn an. Es schien fast so, als sei er überrascht, dass er um Erlaubnis gefragt wurde. Er schluckte. Dann blickte er zu seinem Geliebten, der ihm einen Kuss auf die Stirn gab, bevor er ihm eine weitere widerspenstige Strähne hinter das Ohr strich. Joey nickte. "Also Seto, hast du gesehen, was Joey hier gezeichnet hat?" fragte Kai nun den Jungunternehmer. "Es..." er blickte noch einmal prüfend zu Joey, der ihn nur fragend mit großen Augen anblickte. "Du hast da deinen Vater gezeichnet." Augenblicklich verkrampften sich Joey's Hände in seinen Hosenbeinen, während er sich betroffen auf die Unterlippe biss und den Blick in seinen Schoss richtete. Er spürte, wie sich Tränen in ihm hochdrängten. "Wenn du an deinen Vater denkst, was fühlst du dann?" fragte Kai vorsichtig. Eine Träne löste sich aus Joey's Augen und er wischte sie sich wieder hastig selbst weg. "Sch... Scham!" war die einsilbige Antwort des Blonden. "Warum schämst du dich?" hakte Kai behutsam nach. "Weil... weil er Dinge mit mir gemacht hat!" kam es von Joey, dem weitere Tränen aus den Augen quellten. "Was für Dinge?" versuchte Kai ins Detail zu gehen. Joey musste schwer schlucken. Seto zog ihn näher an sich ran, legte seine zweite Hand auf Joey's Hände, die sich weiter in dessen Hosenbeinen verkrampften. "E... er... hat..." Joey kämpfte mit sich selbst. Mit seiner Scham. Der aufkeimenden Wut. Mit den Erinnerungen, die sich aus seinem Inneren ihm aufzwangen. "...mich angefasst!" "Sollen wir eine Pause machen?" fragte Kai besorgt nach. Wieder blickte Joey überrascht zu seinem Therapeuten. Er war davon ausgegangen, dass sobald das Thema angeschnitten worden wäre, der Psychologe ihn zwingen würde um jeden Preis weiterzusprechen. Egal, wie schwer es ihm selbst fiel. Doch da war kein Zwang, der von Kai ausging. Nur Besorgnis und Interesse. Das verwirrte den Blonden. Damit hatte er nicht gerechnet. Er schüttelte den Kopf. "Okay." kam es schmunzelnd von Kai. "Wir können jederzeit eine Pause machen, Joey! Wir sind nicht in Eile, haben alle Zeit der Welt!" Joey nickte. Wieder schmunzelte Kai ihn an. Die innere Unruhe war zwar noch da, ließ aber langsam nach. "Dein Vater hat dich angefasst?" fasste Kai vorsichtig zusammen. "Wo hat er dich angefasst?" Der Blonde schloss kurz seine Augen, um sich zu sammeln. "Er hat mir... in den Schritt gegriffen..." er öffnete seine Augen wieder. "Und... hat mir von hinten zwischen die Beine gegriffen." "Wie alt warst du, als dein Vater angefangen hat dich anzufassen?" führte Kai den Blonden weiter an das Thema heran. Eine weitere Träne löste sich aus seinem Auge. Dieses Mal wischte Seto sie ihm sanft weg. "Zwölf?" kam es mit großer Unsicherheit von Joey, der scheinbar Angst vor den Reaktionen der beiden anderen hatte. Doch da kam nichts, was er befürchtet hatte. Kai wertete wirklich nicht. Es war, wie Seto es ihm beschrieben hatte. "In was für einer Situation hat er sich dir genähert?" versuchte Kai das Thema langsam zu vertiefen. "Ich lag im Bett und sollte schon schlafen!" antwortete Joey, als würde das alles erklären. "Es war also schon spät am Abend?" versuchte Kai ihn zum Weiterreden zu ermutigen. Joey nickte. "Warum warst du noch wach?" wollte der Psychologe von ihm wissen. "Ich war wütend und traurig!" kam es leise von Joey. "Was war der Grund dafür?" bohrte Kai weiter. "Weil er wieder meinen Geburtstag vergessen hatte!" kam es trotzig und abschätzig von Joey. "Du bist an dem Tag zwölf geworden?" fragte Kai nach, um scheinbar sicher zu gehen, dass er das richtig verstand. Joey nickte nur. "Du liegst also in deinem Bett und kannst nicht schlafen, weil du wütend und traurig bist..." fasste Kai nochmals zusammen. "Was geschah dann?" Joey blickte weg. Die Erinnerung wallte wieder in ihm auf und er fühlte sich, als würde er das noch einmal erleben. "Die Tür ging auf und er kam herein!" erzählte Joey mit brüchiger Stimme. "Ich dachte eigentlich, dass er mich wegen irgendetwas verprügeln wollte, doch dann..." Der Blonde musste eine Pause machen und kämpfte gegen die Tränen an. Der Klos in seinem Hals war gewaltig. Seto zog ihn noch näher zu sich in den Arm. Die Wärme und diese Sicherheit, die der andere ihm vermittelte... gaben Joey irgendwie Kraft. Also wandte er seinen Blick wieder Kai zu. "Er stieg in mein Bett." Joey klang, als ob er es eilig hatte. "Da merkte ich, dass er nackt war. Ich hatte solche Angst, dass ich mich schlafend stellte. Er legte seine Hand in... meinen Schritt und rieb mich. Dann spürte ich seinen P... seine E... Ich spürte, wie er sich zwischen meinen Beinen rieb und schließlich kam. Dann stand er auf, als wäre nichts gewesen und ließ mich liegen!" Mittlerweile liefen Joey die Tränen über das Gesicht. Es war eine gewaltige Kraftanstrengung gewesen laut auszusprechen, was er niemals jemandem offenbaren wollte. Doch... jetzt... fühlte er sich tatsächlich leichter... Ein Schluchzen entkam ihm. Seto zog ihn an seine Brust, schloss seine Arme um ihn, hielt ihn und strich ihm sanft über Rücken und Nacken. Er klammerte sich an den Brünetten. Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte und zögerlich den Blickkontakt zu Kai wiederherstellte erkannte er in dem Blick des Therapeuten Stolz. "Das war wirklich ein großer Schritt nach vorne, Joey!" lobte Kai ihn. "Das hast du sehr gut gemacht!" Joey hatte Angst. Angst davor, dass Kai jetzt Fragen stellen würde dazu. Fragen, die ihn mit weiteren Erinnerungen konfrontieren würden. "Gut, da wir heute schon so weit gekommen sind, würde ich sagen beenden wir die Sitzung hier, oder?" er blickte fragend zu dem Blonden, der davon abermals überrascht war. Wieder lächelte der Mann ihn sanft an. Dann stand dieser auf, kam zwei Schritte um den Tisch und hielt Joey sein Sketchbook hin. Dieser nahm es zögerlich entgegen. "Das war wirklich sehr gut heute, Joey!" meinte Kai noch einmal ermutigend. "Wir sehen uns dann übermorgen!" Dann verließ sie der Therapeut. Joey war erleichtert, dass es vorbei war. Es war schwer und schmerzhaft gewesen, aber jetzt... er blickte zu Seto auf, der ihn mehr als stolz anblickte, bevor er sich zu ihm beugte und ihre Lippen miteinander verschmolzen. Dabei legte er seine Hand wieder an Joey's Wange und Joey versank in dieser Geste. Kapitel 46: Das Gefühl, dass etwas fehlt ---------------------------------------- Kapitel 46 - Das Gefühl, dass etwas fehlt Joey saß im Wintergarten, sein Skizzenblock auf den Beinen und den Bleistift in der Hand. Durch die geöffneten Glaspanelen drang das fröhliche Gezwitscher der Vögel, so wie die spätsommerliche Hitze aus dem Garten zu ihm in den Wintergarten. Der Blonde betrachtete seine Zeichnung, mit der er die letzte Stunde beschäftigt gewesen war und war davon mehr als irritiert. Frustriert schob er den Bleistift an seinen Platz in der Stiftrolle zurück und klappte den Block zu, den er dann auf den Gartentisch warf. Plötzlich umschlangen ihn zwei Arme von hinten und er erschrak, bevor er seinen besten Freund erkannte, der ihn frech angrinste. Er erwiderte das Grinsen, bevor Tristan sich löste und über die Lehne der Rattancouch stieg, um sich neben ihn zu setzen. "Wie geht es dir?", fragte der Brünette ehrlich interessiert. "Hab mal gute und mal weniger gute Momente!", antwortete Joey ehrlich und ließ kurz seinen Kopf hängen, bevor er ihn wieder hob und seinen besten Freund angrinste. "Und wie geht es dir, seit du nicht mehr rund um die Uhr mein Händchen halten musst?" Tristan boxte ihn sanft gegen die Schulter. "Hey, ich war und bin gern für dich da!", meinte Tristan streng, bevor auch er grinste. "Aber ich muss ehrlich sagen, dass mir langweilig ist... genau wie den anderen Jungs! Also haben wir uns gedacht, dass wir vielleicht auf den Rummel gehen könnten, der gerade auf dem Festplatz steht..." "Klingt doch spaßig!", kam es teilnahmslos von dem Blonden, dessen Blick wieder auf seinen Zeichenblock fiel. "Gut, dass du das so siehst, denn ich bin hier, um dich dafür abzuholen!" kam es freudig von Tristan. Geschockt und überrascht blickte Joey den Brünetten an, der ihn immer noch breit angrinste. Ihn... ihn abzuholen? Etwas erwachte in Joey. Er konnte selbst nicht sagen, was es war, nur dass es sich nicht gut anfühlte. "Ähm... ich freu mich echt darüber, dass du an mich gedacht hast, aber mir ist heute nicht so danach!", kam es ausweichen von Joey. "Hey... du bist seit fast vier Wochen nur in der Villa gewesen. Du musst endlich mal wieder rauskommen und den Kopf etwas frei kriegen!", begann Tristan zu argumentieren, was er ganz offensichtlich vorher eingeübt hatte. "Lass uns dich ein wenig ablenken!" Er war wirklich schon lange nicht mehr draußen gewesen. Seit er... zurück gekommen war noch nicht einmal. Nicht einmal im Garten, obwohl das Wetter dafür mehr als geeignet gewesen war. Der Blonde nickte schließlich und stand auf. Er rollte die Stiftrolle zusammen und schloss sie, nahm dann den Block in die Hand und eilte in sein Zimmer. Dort legte er beides auf den Nachttisch auf sein Traumsketchbook und zog sich etwas Alltagtaugliches an, während das ungute Gefühl sich hartnäckig hielt. Als er wieder im Foyer ankam stand neben Tristan Seto. Die beiden unterhielten sich und Joey hielt für einen Moment inne. Seit wann waren die beiden Menschen, die ihm im Leben am Meisten bedeuteten, so dicke miteinander? Dann fiel Seto's Blick auf Joey und lächelte verliebt. Joey überbrückte, was sie noch trennte und Seto nahm ihn sanft in den Arm und legte seine Lippen auf die seines Freundes. "Kommst du mit?", fragte Joey hoffnungsvoll. "Wenn ich darf!", war die schlichte Antwort des Blauäugigen. Sanft lächelte Joey ihn an, während Seto einen Arm um seine Schultern legte. Als Tristan die Haustür öffnete verstärkte sich dieses komische Gefühl in Joey erneut. Sein bester Freund trat über die Schwelle nach draußen und blieb neben einer der Säulen stehen, während er sich zu ihnen umwandte. Er lächelte den Blonden aufmunternd frech an. "Was für ein geiler Tag, oder?", kam es von dem Brünetten. Joey wurde durch Seto auf die Eingangstür zubewegt und mit jedem Schritt wurde das Gefühl in ihm stärker und schmerzhafter. Als sie an die Schwelle kamen blieb der Blonde ruckartig stehen. Seto und Tristan blickten ihn fragend an. Erst jetzt bemerkte Joey, dass ihm das Herz bis zum Hals schlug und er begonnen hatte zu zittern. Als sein Geliebter ihn sanft über die Schwelle schieben wollte sprang der Blonde erschrocken zurück. "Schatz?", hörte er die sanfte, aber besorgte Stimme seines Freundes, wie durch Watte oder aus großer Entfernung. Joey blickte sich suchend um. Irgendetwas war hier nicht so, wie es sein sollte. Aber was genau nicht stimmte, dass konnte der Blonde einfach nicht benennen. Nur das etwas nicht so war, wie es sein müsste und überhaupt... Joey spürte etwas Warmes an seinen Wangen und als sich sein Blick klärte sah er das besorgte Gesicht seines Freundes über sich. Daneben das von Tristan. Wie kamen sie über ihn? Erst nach und nach realisierte Joey, dass er im Foyer mit dem Rücken auf dem Boden lag. Seine Klamotten klebten vor kaltem Schweiß an seinem Körper und sein Atem ging schnell und flach. Was... was war geschehen. Langsam wollte er sich aufrichten, doch Seto legte eine Hand gegen seine Schulter und zwang ihn liegen zu bleiben. "W... was ist los?", kam es mit heiserer Stimme von dem Blonden. Warum war er heiser? Er verstand gerade gar nichts mehr. Eben war er noch im Begriff gewesen mit Tristan und Seto das Haus zu verlassen und dann - ein Stechen durchfuhr ihn bei dem Gedanken. "Du hattest eine Panikattacke, Schatz!", kam es sanft und behutsam von Seto, der ihm eine Hand auf die Wange legte. Dann fiel Joey der schuldbewusste Blick von Tristan auf. Langsam hob er eine Hand und legte sie an den Oberarm seines besten Freundes. "Hey, Tris... alles in Ordnung bei dir?", fragte Joey besorgt nach. Tristan musste schmunzeln. In seinem Schmunzeln lag ein gewisser Hauch von Ironie. "Das sollte ich eigentlich dich fragen, Kumpel!", kam es leise von dem Brünetten mit den haselnussbraunen Augen, der damit geschickt der Beantwortung aus dem Weg gehen wollte. "Alles Bestens, wirklich!", kam es von Joey, der versuchte zu grinsen. In diesem Moment läutete es an der Tür und Tristan stand auf. Als er die Tür öffnete trat Kai in die Villa, der neben dem Blonden in die Knie ging, aber darauf bedacht war ihn nicht zu berühren. "Was machst du denn für Sachen?", fragte Kai besorgt. Auch ihn versuchte Joey beruhigend anzulächeln. "Keine Ahnung!", kam es ehrlich von Joey. Kai blickte fragend zu Seto. "Wir wollten auf den Rummel, aber als wir das Haus verlassen wollten hast du eine Panikattacke bekommen. Du hast immer wieder geschrien, dass etwas fehlt oder nicht richtig wäre!", erklärte Seto, während er seinen Blick wieder auf seinen Geliebten gelegt hatte. "Echt?", fragte Joey erstaunt nach. "Ich kann mich daran gar nicht erinnern!" "Was ist denn das Letzte, was du noch weißt?", hakte Kai nach. "Wir wollten gehen und ich hatte so ein komisches Gefühl.", erklärte Joey leise. "Gerade als wir über die Schwelle treten wollten bin ich zurück geschreckt und... dann weiß ich nur noch, wie Seto und Tristan sich über mich beugten und ich auf dem Boden lag!" "Du hast immer wieder gerufen, dass das so nicht stimmen würde und etwas fehlen würde.", wiederholte jetzt Tristan traurig. "Hast dich immer mehr in Rage geschrien und dann bist du einfach wie ein nasser Sack zusammengeklappt und hingefallen." Schamesröte zog auf Joey's Wangen auf. Es war ihm so peinlich, dass er sich wieder völlig hysterisch verhalten hatte und es nicht einmal mehr wusste. "Ist dir schwindelig oder hast du Kopfschmerzen?", fragte Kai fürsorglich. Der Blonde schüttelte den Kopf. "Okay, dann versuch Mal dich langsam aufzusetzen!" Kai stand auf und machte Tristan Platz, der - ebenso wie Seto auf der anderen Seite - eine Hand von Joey nahm und ihm langsam in eine sitzende Position verhalf. Der Blonde blickte sie nur weiterhin grinsend an. "Alles gut!", versuchte er seine Freunde und seinen Therapeuten zu beruhigen. Dann ließ er sich beim Aufstehen helfen. Seine Knie waren noch etwas wackelig, aber ansonsten fühlte sich der Blonde ganz gut. Als sein Blick auf die offene Haustür fiel erstarrte er erneut. Dieser Blick... aus der Tür hinaus... mit den Säulen links und rechts und dann das geparkte Auto von Kai direkt vor der Treppe... woher... woher kam ihm das nur so bekannt vor. Er begann wieder abgehackt zu atmen und erneut brach der kalte Schweiß aus. "Joey?", kam es besorgt von Kai. Doch es war wie vorhin bei Seto. Alles rückte plötzlich sehr weit weg von ihm und schien wie durch Watte zu ihm zu dringen. An einer der Säule glaubte der Blonde jemand stehen zu sehen, den er nicht erkannte. Es war nur eine weiße, texturlose Silhouette, die auf ihn wartete. Plötzlich begann sich die Farbe der Kontur zu ändern: Das strahlende, helle und warmen Weiß wandelte sich in ein blutiges Rot, bevor sie schwarz wurde und die Figur sich aufzulösen begann. Joey hatte das Gefühl, dass wer auch immer das darstellen sollte, wichtig für ihn war und sein Verlust löste einen unglaublichen Schmerz in seiner Brust aus. Seto wusste nicht, wieso sein Geliebter erneut in eine Panikattacke verfiel. Er legte seine Hände auf seine Schultern und wollte ihn beruhigen, doch die Berührung machte alles noch viel schlimmer. Joey verfiel in einen Dauerschrei und begann hektisch mit den Armen um sich zu schlagen. Auch Tristan versuchte durch gutes Zureden seinen besten Freund zu beruhigen, aber mit genauso wenig Erfolg, wie es schon Seto gehabt hatte. Kai zog Seto von Joey weg und hinderte Tristan näher ran zu treten. Als Joey frei war stolperte er an der Treppe vorbei Richtung Küchentür stieß aber gegen die Wand, was ihn in die Ecke flüchten ließ. Der Blonde legte sich die Hände auf die Ohren, während er sich schreiend nach vorne krümmte. Immer wieder schrie er 'nein'. Laut. Anhaltend. Als er keine Kraft mehr zum Schreien hatte sackte er an der Wand entlang zum Boden und wippte vor und zurück. Kai wandte sich ab zu seiner Tasche, die er beim Ankommen neben die Haustür gestellt hatte und zog seine Medikamententasche. Er nahm eine kleine Ampulle und packte eine Einwegspritze aus, bevor er das Beruhigungsmittel aufzog. "Ich muss ihm ein Beruhigungsmittel spritzen.", kam es von Kai, der die Spritze in der Hand hielt. "Aber irgendjemand muss ihn festhalten, damit ich ihn mit der Nadel nicht verletze!" "Ich mach das!", kam es sofort von Tristan. Kai nickte ihm zu. Gemeinsam gingen sie zu Joey, der unter der Treppe in der Ecke auf dem Boden kauerte, immer noch die Hände auf den Ohren gelegt hatte und vor und zurück wippte. Tristan kniete sich vor ihn. "Hey, Joey...", sprach Tristan den Blonden an, der nicht reagierte, weil er in seiner Panik gefangen war. "Tut mir leid, aber ich werde dich jetzt festhalten. Dir wird es danach wieder besser gehen!" Doch sein bester Freund reagierte wieder nicht. Dann legte Tristan seine Hände an Joey's Schulter, der daraufhin panisch aufheulte und versuchte sich aus dem Griff seines Freundes zu befreien. Wieder schrie er, während er nach Tristan schlug. Schließlich war der Blonde auf dem glatten Boden weitergerutscht, so dass er auf dem Rücken lag und Tristan ihn geschickt mit einem Ringergriff fixieren konnte. Kai nutzte die Gelegenheit und setzte die Spritze. Binnen einer Minute erschlaffte Joey's Bewegungen, bis er nur noch weinend unter Tristan lag. Dieser stemmte sich etwas hoch und zog Joey in seinen Arm. Seto war zu ihnen gekommen und kniete sich auf Joey's andere Seite. Der Jungunternehmer war einfach nur schockiert von der Reaktion seines Geliebten und nahm ihn Tristan vorsichtig aus dem Arm, während er ihn hochhob und aufstand. Vorsichtig trug er ihn die Treppe hoch und brachte ihn in sein Zimmer. Tristan und Kai folgten ihm. Als Seto Joey sanft ins Bett gelegt hatte stieß er an die Nachtkonsole und etwas fiel herunter. Als er sich umwandte, sah er, wie Tristan den Skizzenblock aufhob. Er war runtergefallen und zeigte eine neue Zeichnung. Sie blickten zu dritt auf die Zeichnung: Die Zeichnung zeigte sehr detailiert den Eingangsbereich der Villa aus der Sicht des Foyers nach draußen. Die Tür stand offen und gab den Blick auf die beiden Säule vor der Tür frei. Unterhalb der drei Treppenstufen stand ein Wagen mit offener Tür. Die Umgebung dahinter war sehr detailiert ausgearbeitet. Aber was alle drei wirklich fesselte war die texturlose, leere Form eines menschlichen Körpers, der vor einer der Säulen stand. Kapitel 47: Nicht etwas, jemand! -------------------------------- Kapitel 47 - Nicht etwas, jemand! Natürlich war es Seto und auch Tristan nicht entgangen, dass Joey seit seiner Rückkehr es vermied die schützenden Wände der Villa zu verlassen. Nicht einmal in den Garten zog des Blonden. Wenn, dann saß er höchstens im Wintergarten. Seto hatte versucht durch das Öffnen der Glaspanelen Joey davon zu überzeugen, dass zwischen dem Wintergarten und dem richtigen Garten kaum ein Unterschied lag, doch scheinbar hatte der Blonde das gekonnt ausgeblendet. Also hatte Tristan vorgeschlagen den Blonden mit einem Besuch auf einem Rummel zu überraschen. Joey liebte Rummel eigentlich über alles. Der Trubel, die Musik, die Geräusche und Gerüche, all die Fahrgeschäfte und Fressbuden, das alles war ganz nach dem Geschmack des Chaoten gewesen. Im Schutze seiner Freude sollte der Blonde einfach einen vergnüglichen Nachmittag verleben. Alles in allem klang es nach einem sehr soliden Plan, bis... Die Panikreaktion kam überraschend, schnell und traf alle hart. Selbst als Joey sich durch einen Knock out beruhigt hatte rutschte er kurz darauf in eine zweite Attacke hinein. Zum Glück war Kai bereits da und konnte ihm etwas zu Beruhigung spritzen. Trotz dem Beruhigungsmittel hatte Joey geweint, als ich ihn hoch hob und in sein Zimmer brachte. Der Blonde hatte sich schutzsuchend an Seto gepresst und stumm geweint. Erst als Seto ihn in sein Bett gelegt und zugedeckt hatte schien das Mittel ihn langsam abdriften zu lassen. Als er einen Schritt nach hinten machte stieß er gegen den Skizzenblock, den Joey wohl vorhin hier abgelegt hatte. Als der junge Firmenchef ihn wieder aufhob erkannte er, dass er sich auf der letzten Seite, die Joey gezeichnet hatte, aufgeschlagen war. Zu dritt hatten sie die detailgetreue Zeichnung des Eingangsbereichs der Villa bewundert, bis ihnen der Umriss einer Person aufgefallen war, den Joey an einer der Säulen platziert hatte. Die leere Stelle sah aus, als wollte Joey da eine Person hin malen und hätte auf die letzten Bleistiftstriche vergessen, wen er da platzieren wollte. Doch Seto war es sofort klar gewesen und endlich ergaben auch Joey's Worte, dass etwas fehlen würde oder etwas nicht richtig war, einen Sinn. "Robert!", flüsterte Seto, bedacht darauf, dass Joey ihn nicht hörte. "Joey's Bodyguard?", hakte Tristan überrascht nach. Seto nickte. "Robert?", kam es verwirrt von Kai. Wir entfernten uns ein wenig von Joey's Bett. "Robert war Joey's Personenschützer, nachdem er wegen seinem Vater ins Krankenhaus musste, um ihn eben vor Wheeler Senior zu schützen!", begann Seto zu erklären."Mit der Zeit hat sich Joey mit Robert angefreundet und hat ihm vertraut. An dem Tag, an dem Joey entführt wurde, hat man Robert mit aufgeschnittener Kehle in dem Wagen gefunden, mit dem er Joey und Osachi - den Anwalt - zum Gericht fahren sollte." "Verstehe!", kam es ernüchternd von Kai. "Wie es scheint, hat Joey den Tod seines Personenschützers komplett verdrängt. Ihm ist unbewusst klar, dass da jemand fehlt, aber er kann es nicht benennen. Durch die Umstände seiner Entführung scheint er eine Agoraphobie entwickelt zu haben - die Angst die eigenen vier Wände zu verlassen oder sich auf große, weite Flächen zu begeben bzw. sich unter Menschen zu bewegen." "Das Problem ist nur die Polizei!", warf Tristan schließlich ein. "Inwiefern?", wollte Kai interessiert wissen. "Die Polizei möchte Joey als Zeugen in Roberts Mordfall vernehmen. Bislang konnten wir sie damit im Schach halten, dass Joey körperlich nicht auf dem Damm war, doch seit ein paar Tagen bekommen wir immer wieder Anfragen. Ich weiß nicht, wie lange sich die Polizei noch gedulden wird!", erklärte Seto. "Du hast gesagt, die zuständige Beamtin heißt...", setzte Kai an. "Nagasato Yuki von der Sondereinheit für Sexualdelikte.", beauskunftete Seto. "Ich werde mich darum kümmern.", meinte Kai. Joey saß im Wintergarten und blickte gedankenverloren aus der geöffneten Wandpanelle in den Garten. Er war heute nicht wirklich fit. Das Beruhigungsmittel schien immer noch nachzuwirken und der Blonde fühlte sich schwach und schlaff. Seto saß neben ihm, einen Arm um seine Schultern, während er ein Buch auf dem Schoß hatte und mit der zweiten Hand es auf Position hielt und hin und wieder eine Seite umschlug. Noch immer war es dem Blonden ein Rätsel, warum ihn die offene Haustür derart in Panik versetzt hatte. Schließlich hörte er sich näherenden Schritte und blickte über seine Schulter zum Zugang des Wintergartens. Er sah, wie Kai die drei Stufen herunter stieg und sich ihnen mit einem freundlichen Lächeln näherte. Stimmt, heute war ja Sitzung. Kai begrüßte sie wie immer freundlich, bevor er sich in einem der Sessel niederließ und seine Unterlagen hervorzog. "Wie fühlst du dich heute, Joey?", fragte Kai direkt. "Matt und müde.", antwortete Joey kraftlos. "Sicherlich kommt das von dem Beruhigungsmittel!", beruhigte Kai ihn. Joey nickte nur und sah im Augenwinkel, wie Seto sein Buch zu schlug und neben sich legte. "Hattest du schon einmal eine Panikattacke, als du das Haus verlassen wolltest?", fragte Kai interessiert nach. Joey dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. Klar, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war er nicht mehr locker flockig durch die Gegend gestromert oder mit seinen Freunden in der Arkade gewesen, aber er hatte nie Angst gehabt, dass Haus zu verlassen. Eigentlich hatte er sich sogar immer sicher gefühlt, wenn er unterwegs war. "Seto und Tristan sagten mir, dass du während deiner Panikattacke immer wieder gerufen hast, dass etwas fehlen würde oder nicht richtig wäre.", kam es von Kai. "Weißt du noch, was du damit gemeint hattest?" Wieder kehrte Joey in sich und versuchte sich zu erinnern. Ja, er hatte das Gefühl gehabt, dass etwas nicht so war, wie es sein müsste. Aber was genau nicht stimmte... da war irgendetwas schemenhaft vor ihm, aber er konnte es weder erkennen, noch wirklich greifen. "Nein.", kam es leise von Joey. "Es war nur ein Gefühl!" "Hattest du dieses Gefühl schon einmal?", hakte Kai vorsichtig nach. "Ich habe das Gefühl schon eine ganze Weile!", gestand der Blonde bedächtig. "Warum hast du nicht schon früher etwas gesagt?", wollte Seto behutsam wissen. "Was hätte ich sagen sollen?", kam es verzweifelt von Joey. "Das ich das Gefühl habe, dass etwas nicht stimmt, aber ich nicht weiß, wo oder wieso oder was? Hab gedacht, das läge an... daran, dass ich noch nicht ganz fit wäre." "Du wolltest eben etwas anderes sagen!", stellte Kai sanft fest. "Was war das?" Mit großen Augen blickte Joey seinen Therapeuten an. Er fühlte sich ertappt und realisierte, dass er aus der selbst geschaffenen Zwangslage nicht so ohne weiteres heraus kommen würde. Im Augenwinkel schielte er kurz zu Seto, der ihn nur etwas enger an sich zog und ihn fester in den Arm nahm. "Dachte...", begann Joey stockend und mit brüchiger Stimme. "... es läge daran, dass ich mich generell sehr unsicher fühle, seit... seit ich... wieder zurück bin!?" "Wieder zurück?", hakte Kai ein. "Hast du Urlaub gemacht?" Unsicher blickte Joey den Mann vor sich an. Er war eigentlich davon ausgegangen, dass Kai im Bilde war. Schließlich war er doch von Dr. Akari geholt worden. Der hatte ihn doch sicherlich darüber informiert, was... was... Er schluckte. "Joey?", hörte der Blonde die sanfte Stimme seines Therapeuten und blickte zu ihm auf. "Drum herum zu sprechen, wird dir auf Dauer nicht helfen! Ich weiß, es tut weh, allein die Worte zu denken. Sie auszusprechen scheint dir völlig abwegig und unmöglich. Aber wenn du dein Leben wieder in die Hand nehmen möchtest, dann wirst du diesen schmerzhaften Schritt machen müssen!" Der Mann hatte ganz behutsam mit ihm gesprochen, so dass er auf Joey wenig bedrohlich wirkte. Nur zögerlich nickte Joey. "Ist in Ordnung!", kam es kaum zu hören von dem Blonden. "Also, du fühlst dich unsicher, seit du...", gab Kai Joey eine Hilfestellung. "...seit ich... entführt wurde.", kam es unsicher von Joey. "Das ist normal, dass du dich so fühlst!", erklärte Kai verständnisvoll. "Wie war das früher, als du noch bei deinem Vater gelebt hast? Hast du dich da auch unsicher gefühlt?" "Nein!", kam es fast sofort von Joey. "Warum nicht?", fragte Kai nach. "Weil er immer zuhause auf mich gewartet hatte.", erklärte der Blonde mit einer seltenen Bitternis in der Stimme. "Und wie war es nach deinem Krankenhausaufenthalt im April?", setzte Kai direkt weiter nach. "Hm?", kam es verwirrt von Joey. "Nach deinem Krankenhausaufenthalt bist du hier eingezogen, oder?", konkretisierte Kai seine Frage. "Hast du dich da unsicher gefühlt?" Joey überlegte einen Moment, bevor er nickte. "Mein... Vater war nicht auffindbar und ich hatte Angst, er könnte mir unterwegs irgendwo auflauern und mein Geheimnis... auffliegen lassen!", gestand der Blonde stockend. "Aber du hattest keine Angst, dass Haus zu verlassen?", schloss der Therapeut direkt an. "Nein!", kam es von Joey, der dann nachdenklich wurde. "Ich hab mich trotzdem irgendwie sicher gefühlt!" "Woran könnte das gelegen haben?", wollte Kai schließlich wissen. Joey zuckte mit den Schultern. Dieses undefinierbare Gefühl, dass etwas fehlte und vor ihm herum schwebte, ohne dass er es erkennen oder greifen konnte, frischte wieder auf. Dann durchzog ein Gesicht seine Erinnerung und er zuckte zurück. "Hey, Schatz, ganz ruhig!", wollte Seto ihn beruhigen. Doch Joey konnte spüren wie sein Herz bis zum Hals schlug. Noch in der Eingangshalle blieb Joey plötzlich stehen und Seto musterte ihn fragend. "Ich... muss ein paar Sachen zuhause holen!" kam es von dem Blonden leise und Seto sah ihm die Angst förmlich an, die der andere bei dem Gedanken empfand. "Warum?" hakte Seto nach. "Muss meine Schuluniform und Bücher holen... und noch ein paar andere Dinge, die ich nicht mitnehmen konnte!" erklärte der Blonde ihm. "Okay, aber Roland, ##### und ich werden dich begleiten!" wandte Seto ein. "#####?" kam es jetzt unsicher von Joey. "Dein Personenschützer!" erklärte Seto sachlich. "Ich hab einen Bodyguard?" kam es fassungslos von Joey. "Ja, schon seit du ins Krankenhaus eingeliefert worden bist!" erklärte Seto. "Ich. Hab. Einen. Bodyguard?" kam es immer noch ungläubig von Joey. "Ja!" war nur noch die schlichte Antwort des Jungunternehmers. "Wie cool ist das denn!?" kam es begeistert von Joey. "Personenschützer!", kam es leise und geschockt von Joey. "Ich hatte nach dem Krankenhaus einen Bodyguard!" Kai gab Seto ein Zeichen, nichts zu sagen. "Hattest du?", fragte Kai interessiert nach. "Ja... eigentlich schon seit ich ins Krankenhaus gekommen war!", berichtigte sich Joey unsicher. "Er war immer da, wenn ich das Haus verlassen habe! Durch ihn hab ich mich sicherer gefühlt." Etwas stockte in ihm. Dann flammte ein Name in seinen Gedanken auf. "ROBERT!", presste Joey auf einmal hervor, während er aufsprang und fassungslos Seto anblickte. "Wo ist Robert? Hast du ihn entlassen, weil er die Entführung nicht verhindert hatte?" Entsetzt blickte Seto seinen Freund an, der dessen Entsetzen gar nicht zu interpretieren wusste. Noch ehe Seto antworten konnte, veränderte sich etwas in Joey's Mimik. "Nein... du konntest ihn gar nicht entlassen!", murmelte Joey. "Weil... weil er..." Einige Tränen lösten sich aus Joey's Augen, als ihn die Erkenntnis traf. "... weil er tot ist!" kam es kaum hörbar von Joey. "Meinetwegen!" Kapitel 48: Schuld und Fragen ----------------------------- Kapitel 48 - Schuld und Fragen Seto lag neben Joey in dessen Bett, der sich eng an ihn gekuschelt hatte. Seit Tagen hatte Joey es nicht mehr geschafft aus dem Bett aufzustehen. Immer wieder versank er in Weinkrämpfen und gutes Zureden brachte den Blonden nur dazu, seine Selbstvorwürfe, mit denen er sich zermarterte, laut auszusprechen. Noch während dem Gespräch mit Kai war seine Erinnerung, an seine Entführung wieder hoch gekommen. Wie Osachi ihn abgeholt hatte und nicht wollte, dass Robert sie begleitet. Das Robert sich nicht abhalten ließ und die beiden gefahren hatte. Wie Osachi versuchte Robert aus dem Wagen zu kriegen, nachdem sie bei dem Park stehen geblieben waren. Das Joey nicht wollte, dass Robert ausstieg, weil es angefangen hatte zu regnen. Wie zerknirscht Osachi plötzlich gewirkt hatte und wie er schließlich Robert die Kehle von hinten durchgeschnitten hatte. Das alles hatte Joey in eine Depression zurück geworfen, die ihm nun jegliche Kraft raubte auch nur aus dem Bett zu kommen. Nur Tristan und Seto war es zu verdanken, dass der Blonde nicht in seinem eigenen Siff versank. Sie zwangen ihn öfters aus dem Bett ins Badezimmer, damit er duschte oder Toilettengänge absolvierte. In der Zeit bezogen sie sein Bett frisch. Doch noch immer drückten die Erinnerungen um Robert und dessen gewaltsamer Tod das Gemüt des Blonden. Noch immer gab sich Joey selbst die Schuld daran. Hätte er Osachi seinen Willen gelassen, dann wäre Robert heute noch am Leben. Dieser Mann, der immer für ihn da war. Mit dem er so gut hatte reden können. Bei dem er sich selbst außerhalb des Hauses sicher gefühlt hatte. Dem er vertraut hatte. Der nun wegen ihm tot war und eine hochschwangere Frau und zwei Kinder hinterließ. Die nun ohne Ehemann und Vater durch das Leben mussten. Was, wenn der plötzliche Tod des Personenschützer katastrophale Auswirkungen auf das Leben seiner Familie hatte und diese in der Gosse landen würden. All das nur, weil Joey nicht gewollt hatte, dass Robert aus dem verdammten Wagen ausstieg! All das hatte der Jungunternehmer von seinem Geliebten schon zu hören bekommen und es fiel ihm schwer, diese Argumente zu entkräften. Aber zumindest was Robert's Familie anging, konnte er dem Blonden die Angst nehmen. Er war für die Beerdigung aufgekommen und hatte sicher gestellt, dass die Familie im Monat genügend Geld zur Verfügung hatte, um ihren Lebensstandard zu halten. Ein erneuter heftiger Weinkrampf erfasste den Blonden. Seto zog ihn näher an sich, seine Hand im Nacken seines Freundes liegen und ihn sanft dort kraulend, um seine Anspannung etwas zu mindern. Joey krallte sich verzweifelt an ihm fest und versuchte sein Gesicht an seiner Brust zu verbergen. Seto wandte sich ein wenig, so dass er auch den zweiten Arm um die Schultern seines Geliebten legen konnte. Immer wieder sprach er beruhigend auf ihn ein. Auf Grund von Joey's psychischer Verfassung hatten Kai und Seto in Übereinstimmung beschlossen, dass die Gesprächsintervalle erhöht werden mussten. So kam der Therapeut täglich herein und sprach mit Joey. In den ersten Tagen, nachdem die Erinnerung wieder präsent war, war der Blonde teilnahmslos und apathisch gewesen. Hatte nichts gesagt und vermutlich auch nicht viel von dem gehört, was Kai und Seto ihm sagten. Danach begann Joey langsam wieder zu reagieren und zumindest auf Fragen einsilbig und motivationslos zu antworten. Immer wenn Kai ihm klar machen wollte, dass den Blonden keine Schuld an den Entwicklungen traf blockte Joey ab. Erst vor zwei Tagen hatten sie endlich den Durchbruch geschafft und Joey auf eine Ebene gehoben, auf der er wieder Konversation betrieb. Scheinbar hatte seine Psyche endlich angefangen die eigentliche Entführung zu verarbeiten, so dass es Joey leichter viel die Begebenheiten zu akzeptieren. Dennoch hatte er immer wieder ein oder zwei Mal am Tag einen kleinen Weinkrampf darüber, dass Robert seinetwegen aus dem Leben gerissen worden war. Joey saß in seinem Zimmer auf dem Sofa und blickte wieder aus dem Fenster. Er hatte seine Beine angezogen und die Füße auf die Sitzfläche gehoben, während er seine Arme um die Beine geschlungen hatte. Es regnete. Wieder ging ihm der Tag seiner Entführung durch den Kopf. Auch an dem Tag hatte es gerade angefangen zu regnen. Eine Träne löste sich aus seinen Augen, die ihm fast umgehend weggewischt wurde. Als er blinzelnd aufsah erkannte er Tristan, der ihn grinsend anschaute. "Hey, ich wollt mal nach dir sehen.", kam es unbeschwert von dem Brünetten, der sich dann neben Joey auf das Sofa setzte. "Na Trist,", kam es müde von Joey. Er versuchte gar nicht erst vorzutäuschen, dass es ihm gut ging. Das hätte ihm sein bester Freund ohnehin nicht abgekauft. "Hab gehört, es geht langsam wieder bergauf?", hakte Tristan nach. "Jap!", war die einsilbige Antwort des Blonden. "Es tut mir leid, dass ich versucht habe, dich aus dem Haus zu locken.", kam es schließlich nach einem Moment der Überwindung von Tristan. Plötzlich hob Joey den Kopf und blickte überrascht zu seinem besten Freund. "Was... nein. Trist, das war schon okay...", kam es in dem Versuch, seinem Freund die Schuldgefühle zu nehmen. "Ich... ich hätte ja auch was sagen können! Außerdem hattet ihr recht, ich sitze hier seit 'ner Ewigkeit fest. Nur das es mir jetzt wirklich bewusst ist, dass ich festsitze." Auf einmal ging die Tür auf und Tristan und Joey blickten interessiert zu Seto und Kai, die sein Zimmer betraten. Freundlich, wie immer, grüßte Kai den Blonden und der grüßte mit einem milden Lächeln zurück. Dann kamen die beiden zu ihnen. "Na Joey, wie schaut es heute bei dir aus?", wollte Kai wissen. Joey antwortete nur mit einer lapidaren Handbewegung, die signalisieren sollte, dass es ein stetiges bergauf und -ab war. Sie unterhielten sich ein wenig, wie es Kai's Art war, zu Beginn einer Sitzung. Joey störte es keineswegs, dass Tristan immer noch neben ihm saß und das Gespräch mitbekam. Der Blonde wusste nicht wieso, aber es hatte ihm in den letzten Wochen erstaunlich wenig ausgemacht, dass Tristan erst von den Taten seines Vaters erfahren hatte und ihn dann im Badezimmer seiner Wohnung nackt, geschunden und völlig fertig gefunden hatte. Auch, dass sein bester Freund während der ersten Zeit nie von seiner Seite gewichen war, all die Albträume und Weinkrämpfe miterlebt hatte, hatte ihn nicht gestört. All das hatte ihre Freundschaft auf ein ganz neues Level gehoben. Joey hatte erkannt, dass Tristan ein wirklicher, wahrer Freund war, auf den er sich verlassen konnte. "Wenn du dich dazu in der Lage fühlst,", riss ihn Kai's Stimme aus seinen Gedanken, "würde gerne die Polizei und die Staatsanwältin mit dir reden." Sofort verkrampfte sich Joey wieder. Das letzte Mal als er mit der Polizei zu tun hatte, hatte er sich im Anschluss versucht selbst zu töten. Die Angst vor der Ignoranz, die man ihm bereits präsentiert hatte, war nicht weniger geworden. Tristan legte seine Hand auf die seine. Er blickte in die haselnussbraunen Augen seines besten Freundes. "Du wirst auch nicht alleine sein!", begann Tristan. "Kai, Seto und ich werden bei dir bleiben und dir den Rücken stärken. Die Polizistin hat versprochen aufzuhören, wenn Kai ihr sagt, dass es genug sei. Auch die Staatsanwältin scheint auf deiner Seite zu stehen." Fragend blickte Joey zu Seto, der ihm ein warmherziges Lächeln schenkte und ihm sanft über die Wange fuhr. Dann glitt Joey's Blick zu Kai. Der Blonde wusste, wenn er nicht wollte, dann würde Kai das akzeptieren! Sein Therapeut würde ihn nicht zu dieser Befragung zwingen. Doch... doch war er es Robert nicht schuldig, endlich Rede und Antwort zu stehen? Also nickte er schließlich. Sie erhoben sich langsam und verließen sein Zimmer. Als sie die Treppe nach unten nahmen, fiel Joey auf, dass sich im Eingangsbereich der Villa einiges getan hatte. Es waren einige hochgewachsene Topfpflanzen aufgestellt worden, so dass die Haustür beim vorbei laufen gar nicht mehr zu sehen war. Hatte Seto ihm zu Liebe diesen Aufwand betrieben, damit er nicht noch einmal Gefahr lief eine Panikattacke zu bekommen, falls sich die Haustür plötzlich und unerwartet öffnete? Schließlich erreichten sie den Wintergarten. Zu Joey's Überraschung warteten dort der drei Personen auf sie. Eine Frau in den Dreißigern hielt auf ihn zu und lächelte ihn freundlich, verständnisvoll und behutsam an, bevor sie sich kurz leicht verbeugte. "Mein Name ist Sergeant Yuki Nagasato, von der Sondereinheit für Sexualdelikte. Das ist mein Partner, Detective Fujimura und das ist unsere zuständige Staatsanwältin Ami Lee!", die Frau hatte erst auf den Mann Ende Zwanzig gedeutet, dann auf die Frau Anfang Vierzig. Dann blieb Joey's Blick wieder an Detective Fujimura hängen, der beschämt zu Boden blickte, bevor er seinen Kopf wieder hob und auf ihn zuging. Instinktiv wollte Joey nach hinten ausweichen, doch hinter ihm stand Kai, der nur beruhigend eine Hand auf seine Schulter legte, während Seto sich ein wenig vor ihn schob. Bei Sergeant Nagasato blieb der junge Mann schließlich stehen und verbeugt sich so tief, dass er mit der Nasenspitze fast den Boden berührte. "Ich möchte mich in aller Form für das Verhalten meines ehemaligen Partners vor einigen Wochen entschuldigen und Ihnen versichern, dass ich weder seine Ansichten noch Meinung teile!" kam es wie aus der Pistole geschossen. "Es tut mir wirklich unendlich leid, was die Worte dieses antiquierten Reliktes bei ihnen ausgelöst haben und bin dankbar und froh darüber, dass es Ihnen wieder gut geht." "Nicht ihr Verdienst!", kam es nur leise und ungehalten von Seto. Der Detective wich einige Schritte zurück und positionierte sich hinter Sergeant Nagasato. "Wollen wir uns nicht hinsetzen?", fragte die Beamtin und deutete auf die Sitzgruppe. Tristan und Seto hakten sich bei Joey ein und gingen mit ihm zum Drei-Sitzer, während der Sergeant und die Staatsanwältin sich in je einen der Sessel nieder ließen. Fujimura blieb im Hintergrund stehen, ebenso Kai. "Herr Wheeler, wenn es ihnen zu irgendeinem Zeitpunkt der Befragung zu viel werden sollte, bitte ich Sie, etwas zu sagen. Dann unterbrechen wir das Gespräch. Okay?", kam es feinfühlig von der Polizistin. Joey nickte nur. Dann begannen sie ein Gespräch über den Tag seiner Entführung und Joey erzählte bereitwillig, was vorgefallen war und beantwortete die eine oder andere Nachfrage. Als sie zu Robert's Tod kamen stockte Joey und konnte nicht verhindern, dass sich ein weiteres Mal Tränen lösten. Es war schwer für einen Außenstehenden diese Reaktion zu verstehen, doch der Blonde hatte in dem Bodyguard einen Freund gesehen. "Wie ging es danach weiter?", fragte Nagasato behutsam. Joey blickte sie nur an, als wäre gerade vor ihm ein Blitz eingeschlagen. Irgendwie konnte er mit dieser Frage gerade gar nichts anfangen. "Nachdem Robert ermordet worden war... wie ging es dann weiter?" spezifizierte die Frau ihre Frage. Joey horchte in sich hinein und blickte dann hilfesuchend um, bevor sein Blick wieder auf die Polizistin fiel. "Ich weiß es nicht!", kam es erschöpft von ihm. "Ich sah nur all das Blut und dann stürzte sich Osachi auf mich. Hab gedacht, dass es das für mich war, aber er presste mir nur ein Taschentuch oder sowas auf das Gesicht und dann wurde mir schwindelig und schwarz vor Augen." "Er hat sie betäubt!?", kam es feststellend fragend von der Beamtin. "Entweder das oder ich hatte einen Blackout.", wandte Joey nachdenklich ein. "Wo sind sie dann wieder wach geworden?", setzte Nagasato die Befragung fort. Joey stockte erneut. Ein Bild durchzog seine Gedanken und er hatte plötzlich ein stechendes Gefühl in der Brust. Seine Hand krallte sich in sein Shirt und Tristan, sowie sein Geliebter legten besorgt eine Hand an seine Schultern. "Herr Wheeler, ist alles in Ordnung?", kam es besorgt von dem Sergeant. "Es ist das Beste, wenn wir an dieser Stelle das Gespräch erst einmal beenden!", wandte Kai schließlich regulierend ein. Nagasato blickte kurz zu dem Psychologen auf und nickte dann. Als sie aufstand ließ der Schmerz in Joey's Brust nach. "Ach Herr Wheeler, eine letzte Frage habe ich doch noch!", setzte die Beamtin an und Joey blickte zu der ihm gegenüber stehenden Frau. "Haben Sie Kenntnis darüber, wann und unter welchen Umständen Yosuke Osachi ermordet wurde?" Kapitel 49: Der Tod eines Anwalts --------------------------------- Kapitel 49 - Der Tod eines Anwaltes "Haben Sie Kenntnis darüber, wann und unter welchen Umständen Yosuke Osachi ermordet wurde?", hallte die Stimme der Polizeibeamtin immer wieder durch seinen Kopf. Mit jeder Wiederholung schien ihre Stimme von weiter weg zu kommen. Der Wintergarten um ihn herum verschwand. Dunkelheit umhüllte ihn immer mehr. Sein Herz schlug heftig. Die Angst explodierte förmlich in seinem Inneren. Der Geruch von alten Matratzen und nassen Jutesäcken zog Joey in die Nase. Er fühlte sich matt und schwer. Ihm war nicht gut und er hatte das Gefühl, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. Doch selbst wenn er gewollt hätte, hätte er nicht gekonnt. Denn er hatte etwas im Mund. Einen kleinen Ball. Er konnte den Lederriemen spüren, der den Ball in seinem Mund fixierte. Sabber lief ihm aus dem Mundwinkel. Seine Augen zu öffnen war mühselig und anstrengend. Kopfschmerzen rasten durch seine Stirn. Er nahm seine Umgebung nicht richtig wahr. Da lag ein dunkler Schleier über seiner Sicht. Erst nach und nach wurde dem Blonden klar, dass er einen Sack über dem Kopf hatte. Sein Kopf lag auf etwas weichem, ja... aber dieser Untergrund roch unangenehm. Es war eine Mischung aus getrocknetem Urin, Blut und Bleiche. Er spürte die Übelkeit in sich aufsteigen. Seine Zähne klapperten seicht auf den Ball. Kalt. Es war so kalt und er... er war nackt. Seine Schultern schmerzten. Vorsichtig zog er an seinen Händen, die auf dem Rücken zusammengebunden waren. Mit Ledermanschetten. Eng. Zu eng. Nur langsam versuchte sich der Blonde aufzusetzen. Doch es wollte ihm nicht gelingen. Dann hörte er Schritte, die sich näherten. Es schien Joey am ratsamsten, so zu tun, als wäre er noch bewusstlos. "I... ich habe getan, was ihr mir aufgetragen habt!", stotterte eine Stimme, die Joey kannte. "Ihr habt gesagt, wenn ich ihn euch bringe, dann ist die Sache gegessen!" Osachi! Das Bild des Anwalts zuckte durch sein Bewusstsein. Doch er klang anders, als die viele Male, in denen er bei Seto und ihm war und mit ihnen das Gespräch beim Richter vorbereitet hatte. Ängstlicher. Unsicherer. Fast panisch. "Junge... Die Schuld ist damit beglichen!", kam eine gefährlich zischende Stimme. Joeys Nackenhaare und Härchen auf den Armen stellten sich auf. "G... gut... d... danke Oyabun.", kam es wieder von Osachi. "Aber...", die Stimme des Oyabun - der patriarchalische Führungsfigur in einem Yakuza-Netzwerk - wurde gefährlich leise. "... du hast jemanden getötet! DAS war nicht Bestandteil deiner Aufgabe!" "D... der Bodyguard... war im Weg... ich bin ihn nicht losgeworden!", versuchte Osachi sich zu rechtfertigen. "Du hast damit Aufmerksamkeit auf uns gezogen!", kam es immer noch ruhig von dem Mann, mit dem Osachi herein gekommen war. "Vor allem hast du dich dabei so plump angestellt, dass der Polizei sofort klar ist, dass es nur einen Täter für diesen Mord geben kann!" "I... i... ich hab getan, was notwendig war... ich... hab getan, was ihr mir aufgetragen habt!", wiederholte Osachi und seine Panik war deutlich zu hören. "Hättest du das getan, würden wir diese Unterhaltung jetzt nicht führen!", kam es streng von dem Oyabun. "Die Polizei sucht bereits nach dir und was glaubst du, wird passieren, wenn sie dich findet?" "I... i... ich... bitte... ich werde nichts sagen!", flüsterte Osachi, dem scheinbar klar wurde, in welcher Situation er sich befand. "Du bist jung und unerfahren. Die Beamten werden genau wissen, wo sie Druck aufbauen müssen und dann wirst du alles erzählen, was sie wissen wollen!", kam es immer noch in einem bedrohlichen, ruhigen Tonfall. "O... Oyabun, ich bitte Sie... bitte... es tut mir leid, dass ich den Mann töten musste, aber... aber ich wollte die Aufgabe doch nur zu ihrer Zufriedenheit erfüllen!", fing Osachi indirekt an um sein Leben zu schachern. "Sehe ich denn zufrieden aus, mein Junge?", fragte Oyabun und Joey konnte hören, wie Osachi aufschluchzte. "Du weißt, es gibt für dich nur noch einen Weg deine Ehre zu retten!" "N... nein... Oyabun... bitte... ich... ich tue alles... wirklich alles!", bettelte der Mann, der Joey entführt und Robert ermordet hatte nun um sein eigenes Leben. "Nicht betteln!", kam es tadelnd von dem Mann. "Sonst bleibt dir nicht Mal mehr die Ehre!" Osachi schluchzte endgültig auf und warf sich vor dem Mann in der Yukata auf den Boden. Immer wieder stammelte er etwas, was Joey in seiner Teilbenommenheit nicht wirklich verstehen konnte. "Sei dir gewiss, dass wir uns gut um deine Schwester kümmern werden. Es wird ihr an nichts mangeln!", versicherte der Anführer der Yakuza. Dann konnte Joey durch den Sack auf seinem Kopf schemenhaft sehen, wie er in die Hocke ging, Osachi aufrichtete und ihm etwas hinhielt. "Sofern du deine Ehre bewahrst!" Zögerlich griff der völlig aufgelöste Osachi nach dem, was der andere ihm hinhielt. Als er es in der eigenen Hand hielt stand der Oyabun wieder auf und entfernte sich drei, vier Schritte. Immer wieder heulte Osachi auf. Der Klang von geschliffenem Metall, welches aus einer Scheide gezogen wurde drang zu Joey. Er erkannte, dass der Oyabun Osachi ein Wakizashi - ein Kurzschwert - gegeben hatte. Da wurde dem Blonden klar, dass der Oyabun Osachi nicht nur ermorden wollte, sondern von diesem verlangte es in einem längst verbotenen Ritual als Suizid selbst zu machen. Osachi versuchte sich aufrecht hinzuknien, doch er krümmte sich immer wieder in einem Weinkrampf nach vorne. Er setzte mehrmals das Kurzschwert an, doch er konnte nicht tun, was von ihm verlangt wurde. "Also keine Ehre?", fragte der Oyabun, der scheinbar langsam die Geduld verlor. "Bedauerlich für deine Schwester!" Osachi schrie auf, richtete sich auf, stieß sich das Schwert in den Unterbauch und zog es einmal auf die andere Seite, bevor er es nach oben führte. Sein Weinen verstummte und er gab einen gurgelnden Laut von sich, ähnlich dem, den Robert vor seinem Tod von sich gegeben hatte. Dann kippte Osachi seitlich um, während sich das Blut und seine Gedärme vor ihm ausbreiteten. "Geht doch!", kam es zufrieden vom Oyabun. "Damit hast du deine Ehre bewiesen und ich verspreche dir, ich werde mich gut um deine Schwester kümmern!" Dann ging der Mann einige Schritte und öffnete eine Tür. Er rief jemand zu sich und gab Anweisungen. "Schafft den Körper weg, aber so, dass er nicht gefunden wird!", war die knappe Order des Yakuza-Oberhauptes. "Gut, dass es keine weiteren Zeugen gibt, sonst müssten meine Jungs nach der Schuldbegleichung noch eine Leiche beseitigen." Dann verließ der Mann den Raum, während zwei Osachis Körper von zwei seiner Leute beseitig wurde. Joey begann zu zittern. Nicht nur wegen der Kälte, sondern auch wegen der Angst. Der Mann hatte scheinbar gewusst, dass er wach war und hatte ihn ganz klar gewarnt. Als die Tür wieder zugesperrt wurde und er von seinen Entführern in der Dunkelheit und dem Geruch von frischem Blut und Fäkalien zurückgelassen wurde musste Joey weinen. Nicht weil er den Tod dieses verräterischen Anwaltes bedauerte, der seinen Freund und Beschützer einfach ermordet hatte, sondern aus Angst. Angst um sein eigenes Leben. Seto spürte, wie sein Geliebter augenblicklich verkrampfte, sich an die Brust griff und nach Luft zu japsen begann. Dann kippte der Blonde auch schon nach vorne. Gerade noch rechtzeitig konnte der Brünette seinen Geliebten, der gerade ohnmächtig geworden war, auffangen und vor Schaden bewahren. Die Beamten und Kai kamen erschrocken heran geeilt. Kai checkte die Vitalzeichen und gab Entwarnung. "Meine Damen und mein Herr, wir sollten das nächste Mal ihre Fragen vor der Befragung durchgehen!", gab Kai zu bedenken. "Hat das tatsächlich meine Frage ausgelöst?", kam es unsicher von Sergeant Nagasato. "Ihre Frage hat eine Erinnerung getriggert, die Herr Wheeler noch nicht verarbeitet hat und die bei ihm diese Reaktion auslöst.", erklärte Kai. "Also könnte Herr Wheeler etwas zu den Umständen des Todes von Yosuke Osachi wissen?", hakte Detective Fujimura nach und kassierte prompt einen bitterbösen Blick von Seto, was den Beamten respektvoll wieder abrücken ließ. "Ich bring ihn auf sein Zimmer!", meinte der Brünette schließlich, bevor er Joey aufnahm und den Wintergarten verließ. Der Jungunternehmer machte sich große Sorgen um seinen Streuner. Das war wieder ein Beispiel dafür, dass der Blonde längst noch nicht soweit war mit Menschen umzugehen. Noch zu leicht konnte man ihn mit bloßen Worten derart triggern, dass seine Psyche sich nicht anders zu helfen wusste, als das Bewusstsein vollständig auszuknipsen. Vor ihnen lag noch ein langer Weg und Seto würde nicht von seiner Seite weichen. Kapitel 50: Der Kampf beginnt - oder auch nicht? ------------------------------------------------ Kapitel 50 - Der Kampf beginnt - oder auch nicht? Nur langsam lichteten sich der Nebel und die Dunkelheit um Joey. Licht drang in seine Wahrnehmung vor und er spürte Wärme, die ihn umgab. Als er langsam seine Augen öffnete erhellte gedimmtes Licht den Raum. Links von ihm lag Seto, der ihn im Arm hielt und. Rechts von ihm lag Honda, der einen Arm über seinen Bauch gelegt hatte. Was... was war geschehen? Irgendwie lag alles wie in dichtem Nebel. Er wusste noch, dass er sich mit der Polizei unterhalten hatte. Sie befragten ihn zum Tag, an dem er entführt und Robert ermordet worden war. Dann wollte der Sergeant gehen. Doch... da war noch etwas, was er nicht greifen konnte. Ein Teil seiner Erinnerung wollte sich ihm einfach nicht offenbaren. "Hey, Schatz!", hörte er schließlich die sanfte Stimme von Seto. Er kuschelte sich ein wenig enger an ihn. "Wasn los?", fragte Joey nuschelnd. "Man, Kumpel!", kam es von Tristan. "Du bist einfach umgekippt!" "Oh!", kam es schlicht von Joey. "Beim nächsten Mal, werden Kai und ich vorher abklären, was die Damen dich fragen dürfen und was nicht.", erklärte Seto sanft. Joey spannte sich ein wenig an. "Das... das nächste Mal?", fragte Joey unsicher. "Ja... Sergeant Nagasato möchte die finden, die dir das angetan haben!", erklärten Seto vorsichtig. "NEIN!", kam es fast panisch von Joey, der sich schlagartig aufsetzte und von den beiden Menschen, die ihm an nächsten standen abrückte. Mühsam und eilig kletterte der Blonde aus dem Bett. "Ich... ich will einfach nur damit abschließen..." Auch Seto und Tristan richteten sich auf, blieben aber noch sitzen. Sie wollten nicht Joeys Fluchtverhalten auslösen. "Schatz... zum Abschließen brauchst du die Gewissheit, dass diese Männer bekommen, was sie verdienen!", erwiderte Seto sanft. "NEIN!", kam es wieder panisch von dem Blonden. "H... habt ihr sie noch alle? Ich werde bestimmt nichts tun, um die Aufmerksamkeit der Yakuza wieder auf mich zu ziehen! Sie... sie ist mit mir fertig und ich mit ihr!" "Aber Joey...", setzte Tristan behutsam an. "NEIN!", schrie Joey energisch. Er war blass geworden und hatte noch einige Schritte zwischen sich und die beiden auf dem Bett gebracht. Er zitterte und schlang seine Arme um seinen Oberkörper. Langsam stand Seto auf und kam auf ihn zu. Joey wich zurück, bis er die Wand im Rücken spürte. Vorsichtig legte Seto seine Arme um den Blonden und zog ihn an seine Brust. "Wir werden nichts tun, was du nicht willst.", versicherte der Brünette seinem Geliebten, der immer noch vor Angst zitterte. Nur sehr langsam ließ sich der Blonde beruhigen und wieder zum Bett führen. Dort legte auch Tristan einen Arm um ihn. "Egal, was du beschließt zu tun, wir werden hinter dir stehen.", flüsterte Tristan ihm zu. Dankbar lehnte sich Joey an ihn an. "Er weiß etwas zu dem Tod von diesem Osachi.", kam es überzeugt von Fujimura. "Mit Sicherheit weiß der Junge etwas, aber Sie haben seine Reaktion doch gesehen!", kam es von Nagasaki. "Glauben Sie, dass die Reaktion echt war?", warf Fujimura zweifelnd ein. "Ja!", war die harte Antwort, seiner Ausbilderin. "So eine Reaktion kann man nicht vortäuschen." "Matsubara war anderer Ansicht!", warf Fujimura ein. "Schon wieder?", kam es genervt von der Frau, die mit ihren Augen rollte. "Ich dachte, Sie hätten endlich eingesehen, dass ihr alter Partner völlig daneben lag?" "Hey, ich bin nicht seiner Meinung, was das Thema Vergewaltigung von Schwulen betrifft. Das ist Schwachsinn, darüber brauchen wir nicht reden!", räumte Fujimura mit erhobenen Händen ein. "Aber ich finde, wir sollten etwas kritischer hinterfragen!" "Wozu das führen würde, haben wir doch heute gesehen!", kam von der Staatsanwältin. "Staatsanwältin Lee!", kam es überrascht von Fujimura, der sich von seinem Platz erhob. "Ich kenne Reijirou Inukai schon viele Jahre. Er ist ein integerer Mann und wenn er sagt, dass dieser Junge unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, dann leidet dieser Junge genau daran!", offenbarte die Staatsanwältin. "Und statt uns an dem Opfer festzubeißen sollten wir lieber diejenigen suchen und finden, die für das Leiden dieses jungen Mannes verantwortlich sind!" "Staatsanwältin Lee, Sie kennen die Berichte von Doktor Akari.", der Jungdetective schlug die Akte vor sich auf. Sofort präsentierten sich verschiedene Fotographien, die alle Verletzungen, blaue Flecken und Abschürfungen auf dem Körper des Blonden zeigten. "Nach diesen Berichten gibt es doch keinen Zweifel, dass wir es hier mit einer Aktion einer Bōryokudan* zu tun haben und was sie mit ihm gemacht haben!" "Das ist mir durchaus bewusst. Aber indem sie einen Minderjährigen entführen und fast eine Woche lang zu was weiß ich gezwungen haben, haben diese Drecksäcke eine Grenze überschritten, die das Maß des Erträglichen und des Hinnehmbaren sprengt.", flammte die Staatsanwältin auf. "Ihre Aufgabe ist es die Beteiligten zu ermitteln und Ding fest zu machen. Meine Aufgabe ist es, diese Schweine hinter Schloss und Riegel zu bringen, wo sie für diese Tat an einem Kind, hingehören!" "Kind?", kam es wieder skeptisch von Fujimura. "Er ist fast 18." "Sie sagen es!", schaltete sich jetzt wieder Nagasato ein. "Fast bedeutet, dass er es noch nicht ist! Er muss einfach Gerechtigkeit erfahren, damit er den Glauben an die Menschen und an unser Justizsystem nicht verliert!" "Aber wir reden von einer Bōryokudan*!", wandte Fujimura wieder ein, als würde dass alles sagen. "Wenn wir uns mit denen anlegen und wir wissen nicht mal, mit welcher wir uns da anlegen, dann könnte das unser Ende bedeuten!" "Wenn Sie Angst haben, dann lassen Sie sich versetzen!", kam es scharf von Nagasato. "Aber ich hab schon so oft Opfer von denen betreut. Menschen, die auf Grund von Schulden zu Dingen gezwungen wurden, die sie nicht wollten. Vier dieser Opfer haben Selbstmord begannen, weil sie nicht verkraften konnten, dass ihre Peiniger ungeschoren davon kamen! Joey Wheeler hat Gerechtigkeit verdient und ich werde alles tun, was in meiner Macht liegt, um ihm diese zu verschaffen!" Irgendwas schien in dem jungen Mann anzufangen zu arbeiten, bis er schließlich nickte. "Gut... also wo setzen wir an?", fragte er einlenkend, als hätte er endlich erkannt, dass seine Seniorpartnerin Recht hatte. "Soweit ich weiß, hat die Bōryokudan* ihn geschnappt, weil sein Vater bei denen hoch verschuldet gewesen ist. Also sollten wir den Vater suchen!", schlug Nagasato vor. "Schön zu sehen, dass Sie endlich an Bord sind, Fujimura!", kam es zufrieden von der Staatsanwältin. "Wenn Sie was brauchen, melden Sie sich bei mir, egal wie spät es ist!" "Okay... schönen Abend noch Amy!", verabschiedete die Sergeant die Staatsanwältin. "Dir auch Yuki! Detective Fujimura.", mit diesen Worten nahm die Staatsanwältin ihre Tasche und verließ das Büro der beiden Beamten. Anm.: Die Yakuza wird in Japan von offiziellen Stellen Bōryokudan genannt, was der Oberbegriff für japanische kriminelle Organisationen, deren Geschichte einige Jahrhunderte zurückreicht, ist. Sie werden in verschiedene rivalisierende Kumi (Banden) eingeteilt. Kapitel 51: Stetig einen Schritt voran -------------------------------------- Kapitel 51 - Stetig einen Schritt voran Joey stand im Wintergarten und blickte hinaus. Nur ein Schritt trennte ihn vom Garten. Doch er schaffte es nicht, sich zu überwinden. Er fragte sich, ob das immer so bleiben würde oder ob er irgendwann wieder in der Lage dazu sein würde, dieses Haus zu verlassen. Zwei Arme schlangen sich um seine Hüfte und er blickte auf in die vertrauten, blauen Augen Setos. Vertrauensvoll lehnte sich der Blonde an seinen Geliebten, in dessen Armen er sich immer so sicher und geborgen fühlte. Für einen Moment schloss der Blonde seine Augen. Atmete ruhig und entspannt, sog damit den Geruch des Drachens in sich hinein und war davon betört. Plötzlich ging Seto einen Schritt nach vorne, was Joey dazu brachte, auch einen Schritt zu gehen und auf einmal spürte er einen anderen Untergrund unter seinen Füßen. Der Boden war nicht länger Hart und unnachgiebig. Er war weich und er konnte Gras unter seinen Fußsohlen spüren. Der Blonde spreizte seine Zehen und zog sie wieder heran. Das Gras fühlte sich so gut an. "Mach ganz langsam die Augen auf.", forderte Seto ihn auf, der ihn immer noch fest im Arm hielt. Langsam kam Joey der Aufforderung nach. Dann erkannte er, dass er tatsächlich im Garten war. Sein Herz begann zu wummern. Er... er war draußen. Aus dem Haus. Doch... ihn umgaben hohe Hecken, die diesen Teil des Gartens abgrenzten und wie Wände gesetzt worden waren. Niemand konnte durch diese Hecken drängen und sich seiner plötzlich bemächtigen. "Wie fühlst du dich?", fragte Seto behutsam. Joey brauchte einen Moment und musste tief in sich hinein hören, bevor er antworten konnte. "Gut...", kam es erstaunt von dem Blonden, "Erleichtert, endlich draußen zu sein!" "Und deine Panik?", hakte der Ältere sanft nach. "Ist da... aber ganz leise, im Hintergrund!", gestand Joey leise. "Hilft es, dass ich den Garten etwas mit der Hecke eingegrenzt habe?", wollte der Brünette schließlich wissen. "Ja... das hilft wirklich!", offenbarte der Braunäugige erleichtert. "Wir haben da drüben", und damit deutete Seto mit seiner Hand in eine Richtung, "eine Sitzgruppe aufgebaut... Wie sieht es aus, möchtest du heute mit Kai hier draußen sprechen?" Ungläubig hob Joey seinen Kopf, so dass er Setos Gesicht sehen konnte, der ihn sanft anlächelte. Dann nickte er zögerlich und sein Drache beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft und vorsichtig. Joey erwiderte den Kuss mit Hingabe und Genuss, doch wie immer, seit er beim Küssen einen Flashback hatte, hielt Seto den Kuss kurz. Einerseits war Joey dafür dankbar, andererseits bedauerte er es. Er küsste Seto gerne und würde es gerne öfters und vor allem länger tun. Seto nahm ihn bei der Hand und sie gingen langsam zu der aufgestellten Gartengarnitur, die der im Wintergarten glich. Auf dem Tisch standen eine Karaffe mit Limonade und drei Gläser. Als sie sich setzten und Seto seinen Arm um Joey Schulter legte ließ dieser Seinen Kopf auf Setos Schulter sacken und schloss die Augen. Er genoss den Luftzug auf seiner Haut und die wärmenden Strahlen der Sonne. So verbrachten sie einige Augenblicke in trauter Zweisamkeit, bevor Setos Handy leise brummte. Der Geschäftsmann zog es aus seiner Tasche und schaute auf das Display. Joey öffnete seine Augen und sah, dass es die Nummer des hausinternen Telefons war. "Kai ist da.", flüsterte Seto sanft in Joey Ohr. Der Blonde setzte sich auf. Die Gespräche mit Kai waren nicht unangenehm, aber seit dem Gespräch mit der Polizei und der Staatsanwältin vor etwas mehr als einer Woche, hatte Joey Angst, das Kai ihn irgendwie dazu drängen würde über die Zeit seiner Entführung zu sprechen. Das war etwas, was der Blonde nicht wollte und obwohl er wusste, dass Kai ihn nicht dazu zwingen würde, darüber zu sprechen, beherrschte ihn diese Angst. Als Joey zum Haus blickte sah er, wie Kai durch das Wohnzimmer auf die Terrasse trat und dann zu ihnen kam. Wie immer lächelte er sie beide an und wirkte ausgeglichen. Wie immer nahm er ihnen gegenüber Platz und erkundigte sich nach den neusten Entwicklungen und betrieb etwas Smalltalk. "Joey, du wirkst seit dem Gespräch mit Sergeant Nagasato und Staatsanwältin Lee recht angespannt bei unseren Gesprächen.", kam der erfahrene Therapeut auf den Punkt. Erschrocken blickte ihn Joey an, bevor er verlegen zum nahen See blickte. "Ist nichts...", kam es leise von dem Blonden. "Aber doch genug, dass es dich und deine Zusammenarbeit beeinflusst.", hakte Kai sanft nach. "Ich hab Angst vor etwas, bei dem ich mir eigentlich sicher bin, dass es so nicht stattfinden wird. Aber obwohl ich das weiß und mir sicher bin, lässt die Angst mich nicht los!", offenbarte Joey schließlich recht kryptisch. Der Blonde hatte angefangen an seinem Oberteil rum zu nesteln. Sanft legte Seto eine Hand auf die Hände des Blonden. Er hielt inne und blickte zu dem Brünetten auf, der ihn sanft anlächelte. "Möchtest du da etwas mehr ins Detail gehen?", wagte Kai einen Vorstoß. "Eigentlich nicht!", erwiderte Joey leise. "A... aber ich denke, anders wirst du mir nicht helfen können, oder?" "So sieht es aus, Joey.", bestärkte ihn Kai. "Und wenn ich damit meine Angst erst recht forciere? Wenn ich durch das Aussprechen tatsächlich das Gespräch darauf lenke und meine Angst dadurch erst bewahrheitet?", kam es unsicher von Joey, der seinen Blick auf die Hand seines Geliebten lenkte, die immer noch über seiner eigenen lag und mit dem Daumen sanft über seinen Handrücken strich. "Das ist wirklich ein Dilemma, nicht wahr! Ich kann dir auch nicht versprechen, dass sich deine Angst nicht bewahrheitet, da ich nicht weiß, worum es dabei geht. Du hast nur die Möglichkeit dich mir anzuvertrauen, damit ich dir dabei helfen kann.", erwiderte Kai sanft. Joey hob seinen Blick wieder und schaute zu Kai. Dieser saß immer noch entspannt in seinem Sessel. Was sollte der Blonde jetzt nur tun? Er schaute hilfesuchend zu Seto, der ihn sanft anschaute und ihm eine Strähne aus dem Gesicht strich. Als Joey seinen Blick wieder zu Kai wandte atmete er tief ein. "Seit dem Gespräch mit den beiden Damen... hab ich Angst, dass du mich zwingen wirst über diese Woche zu sprechen, über die scheinbar jeder mit mir reden will. Aber ich will darüber nicht reden! Ich will diese Woche einfach nur vergessen und endlich... mein Leben fortsetzen.", kam es wie ein Wasserfall auf einmal aus dem Blonden, der von sich selbst mehr als überrascht war. "Jetzt verstehe ich, warum du diese Woche so angespannt bei unseren Gesprächen warst.", lächelte Kai ihn verständlich an. "Joey, wir werden auf jeden Fall über diese Woche reden." Etwas versteifte sich schlagartig in Joey. Hatte er die Büchse der Pandora geöffnet? Doch noch immer lächelte ihn Kai sanft an. "Das ist unvermeidlich, aber wir werden nicht heute, morgen oder nächste Woche darüber reden. Wir werden uns Schritt für Schritt an diesen Zeitraum heran arbeiten und erst wenn du wirklich bereit bist, darüber zu reden, dann werde ich hier sitzen und dir zuhören!", erklärte Kai mit ungewohnter Ernsthaftigkeit. Joey brauchte einen Moment, bis die Worte ihn wirklich erreichten und er verstand, was der andere ihm sagen wollte. Doch als er die Tragweite der Worte endlich verstand, war es, als würde ein Gewicht von seinen Schultern und von seiner Brust genommen werden. Er atmete erleichtert auf und Seto zog ihn wieder näher an sich. Dankbar lächelte Joey Kai an, dann nahmen sie ihr Tagesgespräch auf. Kapitel 52: Der erste Tag ------------------------- Kapitel 52 - Der erste Tag Der Sommer war fast zu Ende. Zwar war es noch warm, aber die Tage waren schon etwas kürzer geworden und bei dem einen oder anderen Baum gab es bereits die ersten verfärbten Blätter. Joey stand im Foyer und blickte angestrengt auf die große Uhr, die dort hing. Er war nervös und etwas ängstlich. An irgendetwas erinnerte ihn diese Situation. Dann fiel es ihm wieder ein. So war es auch gewesen, als er zum Gericht bestellt worden war. An dem Morgen hatte er kaum was zustande gebracht. Er spürte, wie zwei Arme sich um seine Hüfte schlangen und dann Setos Kopf auf seiner Schulter zur Ruhe kam. Sanft gab Seto ihm einen Kuss auf die Wange und Joey lächelte ihn sanft an. "Nervös?", fragte Seto. "Und wie!", gestand Joey. "Gibt nichts wovor du Angst haben brauchst!", bestärkte der Brünette ihn. "Nicht?", hakte der Blonde mit einem kessen Grinsen nach. "Nein! Nichts!", bestärkte der Jungunternehmer ihn nochmal. "Aber jetzt wird erstmal gefrühstückt." Dann zog der Brünette, in dessen Armen er heute Morgen aufgewacht war, in die Küche. Dort bugsierte er ihn an den Tisch, der bereits mit dem allmorgendlichen Frühstück bedeckt war. Für jeden das, was er am Morgen am liebsten frühstückte. Für Mokuba war das Pancakes mit Ahornsirup. Seto begnügte sich meist mit einer Tasse Kaffee, gelegentlich noch Brötchen mit Marmelade dazu. Joey bevorzugte Cornflakes oder ein Müsli. Sie hatten es sich in den letzten Wochen angewöhnt gemeinsam zu frühstücken und sich über ihre Tagespläne auszutauschen. Während für Mokuba die Schule wieder losgegangen war, war Seto wieder täglich für einige Stunden in der Firma, bevor er seine Arbeit für den restlichen Tag nach Hause verlegte. Joey war bislang überwiegend zu Hause geblieben. Seine Therapie machte gute Fortschritte. Mittlerweile konnte er in Begleitung seiner Freunde oder Setos wieder das Haus verlassen, wobei er oft versuchte, dass zu vermeiden. Das Aufarbeiten des Tages seiner Entführung hatte seine innere Sperre gelöst. Dennoch fühlte er sich extrem unwohl, wenn er die Sicherheit der Villa verlassen musste. Aber er zwang sich dann einfach dazu ein fröhliches, entspanntes Gesicht aufzusetzen und seinen Freunden den Spaß zu lassen. Abends war er dann an so einem Tag so erschöpft, dass er fast sofort einschieß, kaum das er lag. Wenn er nicht so erschöpft war genoss er Setos Nähe. Die Wärme und die Geborgenheit, die von dem anderen ausgingen. Nachdem er davon erfahren hatte, dass auch Seto ein Missbrauchsopfer gewesen war, hatte sich seine Angst, dass dieser ihn verlassen und wegwerfen könnte gelegt. Die Albträume waren immer noch präsent. Sie suchten den Blonden zwar nicht mehr jede Nacht heim, aber sie hatten nichts an ihrer Heftigkeit verloren. Immer wieder wachte Joey schweißgebadet, zitternd auf und weinend auf. Oft hatte er das Gefühl schmutzig und wertlos zu sein. Doch Seto nahm ihn eng in seinen Arm und flüsterte ihm wunderbare Dinge ins Ohr. Dinge wie, dass er für ihn das wertvollste auf der Welt wäre. Erst dann beruhigte sich Joey wieder und sie konnten ihren Schlaf nach einem kleinen Gespräch fortsetzen. Einmal die Woche kamen Sergeant Nagasato vorbei und sprach mit ihm. Einerseits wollte sie ihn auf dem Laufenden halten, zum anderen tastete sie sich immer wieder an seine Entführung heran. Doch noch immer mied Joey die Woche seiner Entführung. Der Sergeant hatte Verständnis dafür und drängte ihn nicht. Ließ ihm seine Zeit und dafür war Joey der Frau dankbar. Schließlich hatte Joey dank Seto, seiner Freunde und Kai die Kraft gefunden seinen Vater offiziell wegen dem Missbrauch an sich anzuzeigen. Sergeant Nagasato hatte sich alle Zeit der Welt genommen um Joeys Aussage zu seiner Kindheit und Jugend aufzunehmen und die Aussagen mit verschiedenen Krankenhausberichten zu unterlegen oder Nachbarn zu befragen. Schließlich hatte sie alles zusammen, was sie brauchte, damit Staatsanwältin Lee in dieser Sache aktiv werden konnte. Alles, nur nicht Joeys Vater! Der war noch immer nirgends aufzutreiben. Vielleicht war er längst tot, so wie es Osachi war, ging es gelegentlich durch Joeys Kopf. Einerseits würde ihn das erleichtern, andererseits wollte der den Mistkerl im Knast verrotten sehen. "So, wir müssen los, wenn du nicht direkt am ersten Tag zu spät kommen möchtest!", riss ihn Seto aus seinen Gedanken. Joey blickte auf und nickte. Dann folgte er Seto wieder ins Foyer. Noch immer kostete es ihn eine kleine Überwindung die Türschwelle zu überschreiten. Doch immerhin bekam er keine Panikattacken mehr. Er war kein Gefangener mehr. Wenn er wollte, konnte er dieses Haus verlassen! Vor der Tür wartete Touji auf ihn. Touji Horaki. Es hatte Seto einiges an Überzeugungsarbeit gekostet seinen Geliebten von der Notwendigkeit eines neuen Personenschützers zu überzeugen. Doch schlussendlich hatte Joey eingelenkt und sich gefügt. Touji war ein Angestellter in Roberts Firma, die nun von dessen Frau geführt wurde. Zu Touji scheute Joey den Kontakt. Er hatte akzeptiert, dass er einen Personenschützer benötigte, doch er wollte ihn nicht zu nah an sich ran lassen. Der Gedanke, sich mit dem Mann Anfang 30 anzufreunden und ihn dann - wie Robert - sterben zu sehen, war für den Blonden kaum erträglich. Daher wahrte er Abstand. Keine Gespräche. Kein Kennenlernen. Als Touji am ersten Tag kam war er in Begleitung von Roberts Witwe Kazumi. Das hatte Joey fürchterlich in Panik versetzt. Er hatte nicht gewusst, wie er der Frau, deren Mann seinetwegen ermordet worden war, begegnen sollte. Gerade als seine Panik ihn überwältigen wollte hatte die Frau ihn in den Arm genommen und gut zugeredet. Sie hatte ihm klipp und klar gesagt, dass sie ihm keine Schuld am Tod ihres Mannes gab und es Robert eine Herzensangelegenheit gewesen war, ihn zu beschützen, weil Joey ihn so sehr an sich selbst erinnert hatte. Das hatte eine tonnenschwere Last von Joeys Schulter genommen. Seitdem stand er immer wieder mit Kazumi in Kontakt und erkundigte sich nach ihren Kindern und dem Neugeborenen. Der Personenschützer nickte ihm zu und folgte ihm zum bereitstehenden Wagen. Fuguta öffnete die Tür und ließ Seto und Joey einsteigen. Touji nahm auf dem Beifahrersitz neben Fuguta Platz. Autofahren... noch so eine Alltäglichkeit, die Joey schwer fiel. Anfangs konnte er sich nicht überwinden auch nur in ein Auto einzusteigen. Er hatte regelrecht Panikanfälle darin bekommen. Doch dank Kais Geduld und Stressbewältigungstaktiken hatte Joey auch das überwunden. Jedenfalls solange es nicht die Marke und das Modell war, indem er damals den Mord an Robert miterlebt hatte. In jedem anderen Auto saß der Blonde angespannt dar und spielte mit einem Armband, dass Kai ihm geschenkt hatte. An dem Armband war ein kleiner, runder, flacher Anhänger auf dem ein Red Eyes Black Dragon eingraviert war. Immer wenn Joey Stress empfand sollte er über den Anhänger streichen. So ließ er die gesamte Autofahrt den Anhänger zwischen seinen Fingern hin und her wandern. Keine halbe Stunde später erreichten sie ihr Ziel und der Wagen wurde zielsicher in die Tiefgarage gesteuert. Setos Parkplatz war direkt vor seinem Privataufzug. Sie stiegen aus und er zog Joey wieder zu sich heran. Vorsichtig legte er seine Hände an die Seite des Gesichtes seines Geliebten und küsste ihn vorsichtig und sanft. Joey genoss den Kuss. Forderte zwei Mal eine Verlängerung und zog Seto noch näher an sich, bis sie es endlich schafften sich von einander zu lösen. "Du wirst zu spät kommen.", kam es tadelnd von Seto. "Du aber auch.", grinste Joey ihn an. "Ich bin der Chef von dem Laden hier. Ich kann nicht zu spät kommen!", berichtigte Seto. "Verdammt.", erwiderte Joey weiterhin verspielt grinsend. "Nicht, dass man mich am ersten Tag zum Big Boss ins Büro schickt!" "Ich glaub nicht, dass du dafür jemand brauchst, der dich schickt.", kam es mit einem sanften Lächeln von Seto, der Joey dann endlich in den Aufzug zog. Touji und Fuguta folgten nicht. Ehe der Aufzug sein Ziel, nämlich die oberste Etage erreichte, hielt er noch einmal auf dem Weg, damit Joey auf der Etage der Personalabteilung aussteigen konnte. "Wenn etwas ist, dann weißt du, wo du mich jederzeit findest!", flüsterte Seto ihm ins Ohr, bevor er ihn noch einmal sanft küsste. "Ich hol dich zum Mittagessen dann ab." "Ah, neee.", kam es plötzlich von Joey. "Wir treffen uns in der Lobby." "Warum?", fragte Seto etwas irritiert nach. "Weil dass mein erster Tag hier ist und ich nicht möchte, dass es heißt, ich hätte den Job nur, weil ich mit dir zusammen bin.", erklärte der Blonde verlegen. "Kann ich verstehen. Okay, dann treffen wir uns in der Lobby.", gab Seto nach und lächelte stolz. Joey erwiderte das Lächeln mit seinem kessen Grinsen, bevor er sich noch einmal zu Seto streckte und sich einen Kuss stahl, bevor er den Aufzug eilig verließ. Sich von Seto zu trennen und nun alleine den breiten Flur zur Glasfront der Personalabteilung entlang zu gehen, fiel dem Blonden schwer. Die ganze Zeit zupfte er an seinem Anhänger am Handgelenk. Als er sich kurz umwandte konnte er sehen, dass Seto den Aufzug am Weiterfahren hinderte und ihm hinterher sah. Das gab Joey ein Gefühl der Sicherheit. Schließlich erreichte er den Eingang der Personalabteilung und verschwand durch die Tür. Kapitel 53: Narben ------------------ Kapitel 54 – Narben "Und wie war dein erster Tag?", fragte Serenity enthusiastisch und lächelte in die Kamera. Joey erwiderte das frische und ehrliche Lächeln seiner jüngeren Schwester, während er nickte. "Ja, ich denke ganz gut. Die Abteilung ist recht klein, wir sind nur zu sechst und ich bin herzlich aufgenommen worden.", beantwortete Joey die Frage. "Das ist ja wundervoll. Siehst du, ich hab dir doch gesagt, du machst dir völlig umsonst Gedanken, Brüderchen. Wie könnte dich auch irgendwer nicht mögen?", sie lachte ihn an. Noch vor einigen Wochen wäre es undenkbar gewesen, dass Joey mit seiner Schwester sprach, schon gar nicht mit Kamera über ein Programm, wie Skype. Er hatte schon schweißnasse Hände und Schnappatmung bekommen, wenn er den Telefonhörer nur in die Hand genommen hatte. Zu groß war die Angst davor gewesen, dass Serenity merken würde, dass etwas nicht in Ordnung war, sie ihm ansah, dass es ihm nicht gut ging oder ihn etwas über diese Woche hätte fragen könnte. An einem regnerischen Nachmittag war der Blonde in das Hausbüro seines Freundes gegangen und wollte ihn zum Mittagessen holen. Da hatte Seto ganz unverbindlich ein hypothetisches Gespräch mit ihm begonnen. "Was würdest du deiner Schwester als erstes sagen, wenn du mit ihr jetzt sprechen würdest?", hatte Seto ganz unverbindlich gefragt. "Das ich sie sehr lieb hab und sie vermisse.", hatte Joey sofort geantwortet. "Ich bin mir sicher, sie würde diese Bekundung erwidern und sich dann danach erkundigen, warum du dich so lange nicht gemeldet hast.", setzte Seto das hypothetische Spiel fort. Joey hatte kurz inne gehalten und nachgedacht. "Vielleicht, dass ich beschäftigt gewesen bin?", kam es unsicher von dem Blonden. "Hm, ich glaub nicht, dass Serenity sich damit zufrieden geben würde. Sie würde sicherlich die Unsicherheit hören und wissen, dass es nur eine Ausrede wäre.", konterte Seto. "Ich weiß nicht, was ich ihr auf die Frage antworten würde.", kam es leise von Joey. "Warum erzählst du ihr nicht die Wahrheit?", kam es vorsichtig von Seto. "Nein!", war es entschieden von Joey gekommen. "Sie… sie ist meine kleine Schwester und das Letzte was ich will ist, dass sie sich Sorgen macht oder… sie muss das nicht wissen." "Du weißt, dass sie dein Verschwinden mitbekommen hat, genauso wie Jack! Beide waren drauf und dran herzufliegen, nur um bei der Suche nach dir zu helfen.", gab Seto zu bedenken. Für einen Moment trat eine Stille ein und Joey schien kurz in sich zu gehen. "Ich würde ihr sagen, dass ich eine schwere Zeit hinter mir habe und ich erst einiges für mich selbst klären musste. Das es mir aber jetzt langsam wieder besser geht und sie sich keine Sorgen machen braucht. Dass du und Tristan sich gut um mich kümmern und ich in Kai jemand gefunden habe, der mir professionell weiterhilft, damit bald alles wieder ins Lot kommt.", kam es schließlich von Joey. Der Blonde ließ den Kopf kurz hängen, bevor er wieder zu Seto aufblickte. "Sie… ist am Telefon und… du hast die Freisprecheinrichtung an, oder?", fragte Joey zögerlich nach. Seto hatte seine Hand an die Wange seines Geliebten gelegt und ihn sanft angelächelt. "Ja.", bestätigte Seto. Tränen waren in Joey Augen gestiegen und er hatte mit sich gerungen. "Joey?", kam plötzlich die Stimme seiner Schwester aus dem Lautsprecher. Joey wollte antworten. Doch auf einmal hatte er diesen Kloß im Hals und eine Träne löste sich aus seinem Auge, während er immer wieder schluckte. "Joey, ich hab dich auch sehr lieb und ich vermisse dich.", sprach die junge Frau weiter. "Du bist und bleibst mein großer Bruder. Und ich werde immer zu dir aufblicken. Egal was passiert, nichts kann meine Liebe für dich auslöschen." Joey entkam ein Schluchzend. "Oh, Joey… nicht weinen, bitte… sonst muss ich auch weinen! Ich bin doch nur dein Schwesterchen.", sprach Serenity beruhigend weiter und man konnte ihr anhören, dass sie auch den Tränen nahe war. "E… es ist schön deine Stimme zu hören, Schwesterchen.", kam es leise von Joey, dem immer noch Tränen über das Gesicht liefen. "Nein, es ist schön, deine Stimme zu hören.", man konnte hören, wie Serenity lächelte. Seto hatte Joey sich dann in seinen Stuhl setzen lassen und Joey hatte sich eine ganze Weile mit seiner Schwester unterhalten. Tatsächlich tat es ihm unwahrscheinlich gut mit ihr zu sprechen. "Wir würden dich gerne in ein paar Wochen besuchen kommen.", kam es unmittelbar von Serenity. Joey stockte und blickte geschockt in die Kamera. Erst viel zu spät wurde ihm bewusst, dass sein Gesichtsausdruck übertragen wurde. Er versuchte sie unbeschwert und freudig anzulächeln. "Aber du hast Schule.", konterte der Blonde. "Ich hab aber auch Ferien!", gab Serenity ihm zu bedenken. "Nun ja, aber ich arbeite jetzt. Da kann ich mir nicht schon im ersten Quartal meiner Anstellung Urlaub nehmen.", erklärte Joey eifrig. "Aber abends und an den Wochenenden könnten wir etwa Zeit miteinander verbringen.", warf seine jüngere Schwester ein. "Und über den ganzen Tag lass ich dich alleine rumsitzen?", kam es empört von Joey. "Ich würde nicht alleine kommen... unser Dad würde mich begleiten. Wir sind durchaus in der Lage uns zu beschäftigen.", entkräftete die junge Frau seine Argumentation. Verdammt, warum war sein Schwesterchen nur so klug und gewandt. "Joey, warum versetzt dich der Gedanke, dass wir zu Besuch kommen, nur so in Panik?" Ertappt blickte Joey kurz zur Seite und schluckte. "Tut es nicht… ich würde mich wirklich freuen, wenn ihr kommen würdet.", erwiderte Joey schließlich und lächelte in die Kamera. Sofort strahlte Serenity ihn an. "Oh, Joey… ich freu mich ja so sehr darauf dich endlich wieder in meine Arme schließen zu können. "Ja, ich mich auch… aber jetzt muss ich für heute Schluss machen, Schwesterchen. Ich wünsch dir noch einen wundervollen Tag!", begann der Blonde das Gespräch zu beenden. "Danke, Brüderchen. Schlaf gut und träum was Schönes.", wünschte Serenity ihm, da sie sich der 14stündigen Zeitdifferenz durchaus bewusst war. War es bei ihr in den USA gerade acht Uhr am Morgen, so war es in Japan, bei Joey, bereits 22 Uhr am Abend. Sie warf noch einige Küsschen in die Kamera während Joey winkte. Dann legte Serenity auf und der Blonde schloss den Laptop und starte auf ihn. Zwei starke Arme kamen von hinten um seine Hüfte und Setos Kopf schob sich auf seine Schulter. Sanft platzierte der Brünette einen Kuss auf Joeys Wange, bevor er seine eigene an die des Blonden legte. "Warum versetzt dich der Gedanken, dass die beiden zu Besuch kommen, nur so in Panik?", wiederholte Seto Serenitys Frage, der Joey vorhin nur ausgewichen war. Der Blonde ließ den Kopf hängen und schien nach den richtigen Worten zu suchen. "Weißt du, was Serenity und ich immer machen, wenn wir uns nach längerer Zeit sehen?", fragte Joey seinen Freund. Dieser schüttelte mit dem Kopf. "Wir gehen schwimmen!" Erkenntnis zog in Setos Gesicht ein. "Du willst nicht, dass sie sieht, welche Spuren diese Woche auf dir hinterlassen hat.", schlussfolgerte Seto smart. Joey schluckte und nickte dann. "Joey… es gibt nichts, wofür du dich schämen musst.", versuchte Seto dem Blonden die Angst zu nehmen. "Nichts?", erwiderte dieser jedoch mehr als zweifelnd und blickte Seto ungläubig an. Dann löste er sich aus der Umarmung und zog sein Shirt aus. Darunter kamen die Narben zum Vorschein, die von den Verletzungen übrig geblieben waren. Die vielen, kleinen, runden Brandnarben, wo seine Peiniger Zigaretten auf ihm ausgedrückt hatten, die sich über den unteren Bauchbereich und den Lendwirbelbereich des Rückens zogen. Einige wenige hatte er auch an den Armen. Hier und da, wo Joey mit einem Messer verletzt worden war, zogen sich kleine, gerade Linien über die mittlerweile blasse Haut. Die Spuren an den Handgelenken, die er durch die engen Fesseln zurück behalten hatte. Nicht zuletzt die Narbe an seiner Pulsader, die von seiner Verzweiflungstat zeugte. "Meinst du, sie wird mich anschauen und mir sagen, dass ich gut aussehe?", fragte Joey angriffslustig und mit einer Verbitterung in der Stimme, die Seto nicht von ihm gewohnt war. Seto sah Joey selten ohne Shirt, seit er entführt worden war. Erst jetzt fiel ihm auf, wie mager der Blonde geworden war. Schon nach der Entführung hatte er kaum was runter bekommen. Das war in den vergangenen Wochen nicht viel besser geworden und so hatte Joey, der noch nie viel auf den Rippen gehabt hatte, noch weiter an Gewicht verloren. Man konnte jeden Knochen deutlich erkennen. Gerade als Joey sich wieder sein Shirt über den Kopf ziehen wollte hielt ihn Seto auf und nahm ihm das Kleidungsstück ab. Verwirrt blickte Joey ihn nur an und angelte noch einmal nach dem Shirt, doch Seto warf es aus dem Bett. Als Joey hastig hinterher wollte, griff der Brünette seinen Liebsten am Handgelenk und zog ihn zu sich zurück. Einen langen Moment ließ er seinen Blick über den Körper des Blonden schweifen, was diesem mehr als unangenehm war. Das merkte Seto vor allem daran, dass Joey seinen freien Arm immer mehr über die Brust und den Bauch schob und die Narben verbergen wollte. Doch der Brünette zog ihm den abwehrenden Arm fort und wollte dann die Finger auf eine der Narben legen. "Nicht!", kam es zittrig und leise von Joey. "Bi… bitte!" Seto hob seinen Blick und konnte sehen, dass Joey den Tränen nahe war. "Es gibt nichts, wofür du dich schämen musst.", wiederholte Seto sanft und legte dann seine Finger auf die Narbe. Joey zuckte heftig zusammen und wollte nach hinten weg rutschen. Doch Seto hielt ihn auf, so dass Joey schließlich rücklings auf dem Bett zur Ruhe kam und die Tränen nicht mehr aufhalten konnte. "Schau mich an.", forderte Seto den Blonden sanft auf, der seine Augen zusammengekniffen und sein Gesicht zur Seite abgewendet hatte. "Bitte, Schatz!" Die Brust des Blonden bebte unter den Tränen. Dennoch kam er der Bitte nach. In seinem Blick lag so viel Scham und Angst. Er biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Seto beugte sich langsam über ihn und küsste ihn behutsam. Nur zögerlich erwiderte Joey den Kuss. "Nichts!", wiederholte Seto nach dem Kuss mit Nachdruck. Dann fuhr er mit seinen Finger einige der Narben nach. "Spürst du das? Das sind nur meine Finger, die über deine Haut gleiten. Deine Wärme genießen. Die Weichheit deiner Haut." "HÖR AUF!", schrie Joey plötzlich verzweifelt auf und Seto zuckte zurück, als ihm klar wurde, dass er wohl eine Grenze überschritten hatte, für die Joey noch nicht bereit war. Sofort nutzte Joey die Gelegenheit und rutschte von Seto weg. Zog seine Beine eng an die Brust und versuchte mit seinen Armen das zu bedecken, was die Beine frei ließen, während er sich schamhaft abwandte. Seto stand auf, ging zwei Schritte und hob das Shirt wieder auf. Langsam ging er zu Joey zurück und kniete sich vorsichtig hinter ihn. Noch immer bebten seine Schultern. Behutsam hielt er dem Blonden sein Shirt hin, der nur zögerlich danach griff. Kaum hatte Seto das Shirt losgelassen streifte sich Joey das Kleidungsstück eilig über. Dann wischte er sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. "Tut mir leid.", nuschelte Joey leise. "Nein… es tut mir leid!", erwiderte Seto betroffen. "Ich wollte nicht, dass du dich unbehaglich fühlst. Wollte dir nur zeigen, dass es nichts an dir gibt, was mich abstößt oder stört. Dass ich dich genauso liebe, wie du bist!" Nur langsam hob Joey seinen Blick und suchte den Blickkontakt mit Seto. Schließlich fand er ihn und nach einem weiteren Zögern warf er sich dem Brünetten schließlich an den Hals und klammerte sich fest an ihn. Erst nach einem Moment lösten sie sich wieder von einander und Joey küsste Seto vorsichtig und langsam. Als der Kuss nach einem langen Augenblick schließlich ausklang strich Seto seinem Freund eine Strähne aus dem Gesicht. "Komm, es ist schon spät und wir sollten schlafen, sonst sind wir morgen todmüde, wenn wir raus müssen.", kam es ganz sanft von Seto. Joey nickte und ließ sich von Seto auf die richtige Seite des Bettes ziehen. Dann stellte er den Laptop auf den Nachttisch, während Seto die Bettdecke zurück schlug, so dass sie bequem drunter schlüpfen konnten. Dann zog der Brünette Joey in seinen Arm und eng an seine Brust. Sanft strich er ihm weiter durch das Haar. "Seto?", hörte er die schüchterne Stimme seines Geliebten. "Hm?", kam es nur neugierig von ihm. "Ich liebe dich!", flüsterte Joey. "Ich dich auch, Joey!", erwiderte Seto mehr als glücklich. Kapitel 54: Kalt erwischt ------------------------- Kapitel 55 - Kalt erwischt Joey streckte sich und speicherte dann die letzten Feinheiten seines Entwurfes ab. Es war bereits Freitag und die erste Woche im neuen Job hatte der Blonde souverän hinter sich gebracht. Er konnte nicht sagen warum, aber er hatte sich hier unglaublich schnell eingewöhnt und sicher gefühlt. Vielleicht lag es daran, dass er wusste, dass niemand Unbefugtes das Firmengebäude betreten konnte. Oder weil er die Gewissheit hatte, dass sein Geliebter nur wenige Stockwerke über ihm war und er jederzeit zu ihm konnte. Er wusste es nicht, aber er hatte auch nicht viele Gedanken daran verschwendet. Er war hier, im Art Departement, freundlich und offen aufgenommen und sofort eingebunden worden. Tatsächlich war sein Chef von dem was Joey ablieferte beeindruckt gewesen. Das hatte den Blonden erst verlegen gemacht, dann aber sein Selbstvertrauen gestärkt. In der Vergangenheit war er selten für irgendetwas gelobt worden. Doch das Lob seines Vorgesetzten und seiner Kollegen hatten ihn regelrecht angefeuert. Hatte seine Kreativität erst recht sprießen lassen und ihn unglaublich produktiv werden lassen. Er hätte sich die Arbeit hier viel... steifer vorgestellt. Doch die sechs Leute in dieser Abteilung trugen nicht einmal Anzüge. Während alle anderen Angestellten der Kaiba Corp dem Dresscode von Anzug oder Kostüm unterlagen schien das Art Departement eine Ausnahmeregel zu besitzen. Denn es war völlig in Ordnung, wenn sie hier in Jeans und Shirt auftauchten, solange die Kleidung sauber und gepflegt wirkte. Als eine Hand auf seiner Schulter zur Ruhe kam erschrak der Blonde kurz und blickte zu seinem Chef auf. "Es ist Freitag Joey... mach Schluss für heute und genieß dein Wochenende.", meinte Mamoru zu ihm. Mamoru Ejima war hagerer Mann, Anfang dreißig, der immer lächelte und scheinbar nie schlechte Laune kriegen konnte. Dennoch hatte er sich den Respekt und die Anerkennung seiner Kollegen verdient. "Ja, mach ich gleich.", nickte Joey ihm zu, während Mamoru seine Tasche nahm und sich umhängte. "Wünsch ich dir auch." Mamoru hob zum Gruß die Hand, während er aus dem Großraumbüro strebte und Joey alleine zurück ließ. Joey blickte auf seinen Monitor und stellte zufrieden fest, dass das Speichern erfolgreich abgeschlossen wurde. Also fuhr er seinen Computer runter und getreu dem Motto 'Der letzte macht das Licht aus' ging er noch einmal durch die Räume, die zu dem Büro gehörte und schaltete Geräte und Licht aus. Eine Gänsehaut bildete sich auf seinem Unterarm. Die plötzlich eintretende Stille und die Gewissheit alleine zu sein behagten dem Blonden überhaupt nicht. War er denn überhaupt wirklich alleine? Er blickte noch einmal in die dunklen Räume, in denen er eben noch Geräte wie Drucker oder Kaffeemaschinen ausgeschaltet und selbst in Dunkelheit gehüllt hatte. Auf einmal zog sich etwas in seinem Bauch zusammen. Also nahm er sich seine Tasche, hängte sie sich um und verließ die Abteilung. Aber auch der Flur war verlassen. Irgendwoher kam ein dumpfes Dröhnen einer Maschine, vermutlich einem Poliergerät. Doch als er um die Ecke ging, war da niemand. Keine Putzkraft und kein Hausmeister. Seine Schritte hallten unnatürlich laut auf dem Flurboden, während er die Aufzüge ansteuerte. Für einen Augenblick hätte der Blonde schwören können, dass er hinter sich Schritte hörte. Doch er wusste, dass das nicht sein konnte. Hinter ihm lag lediglich das Art Departement und da war er der letzte Mitarbeiter gewesen. Dennoch musste er sich umdrehen und vergewissern. Wie er erwartet hatte, war er allein im Flur. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er spürte, wie Schweiß auf seine Stirn trat. Er schluckte und erreichte endlich die Aufzüge. Nervös betätigte er mehrmals hintereinander den Knopf nach unten. Gespannt hob er seinen Blick zur Anzeige über der Fahrstuhltür, die ihm anzeigte, in welchem Stock der Aufzug sich gerade befand. Erst nach einigen, endlos scheinenden Augenblicke setzte sich der Aufzug in Bewegung, der irgendwo über ihm sich befunden hatte. Immer wieder blieb er stehen. Vermutlich nahm er mehr Leute auf. Mit einem Ding öffnete sich schließlich die Tür und gab den Blick auf einen übermäßig gefüllten Aufzug frei. Bei dem Anblick all der fremden Menschen, die überwiegend aus Männer bestand trat Joey einen Schritt zurück und lächelte entschuldigend. Dann schloss sich die Aufzugstür wieder und der mobile Raum bewegte sich weiter nach unten. Joey ließ kraftlos die Schulter sinken. Er atmete tief ein und begann an seinem Armbändchen zu zupfen. Die ganze Situation hier machte ihn nervös. Er wollte gerade auf den Aufzugsknopf drücken, als er inne hielt. Er war mitten in der Tagesphase, wo fast alle im Gebäude Schluss machten. Die Chance einen halbwegs leeren Fahrstuhl zu ergattern ging gleich gegen Null. Selbst wenn würde er sich auf dem Weg nach unten weiter füllen. Joey biss sich auf die Unterlippe. Dann fiel sein Blick auf die Tür neben den Aufzügen. Die Treppen. Er wand sich von den Aufzügen ab und nahm die Treppe. Doch das Treppenhaus war nicht viel besser als der Flur vor dem Aufzug. Er war alleine. Seine Schritte hallten von dem ewig hohen Treppenhaus ab und vermehrten sich, so dass der Eindruck entstand, dass noch jemand hier war. Immer wieder blieb Joey stehen und blickte über die Brüstung erst nach oben und dann nach unten, doch er war nach wie vor alleine. In seinen Ohren rauschte das Blut. Schließlich kam er endlich im Erdgeschoss an und verließ das Treppenhaus. Er stand direkt im großen Foyer, durch den eine Menge an Menschen strebte. Statt erleichtert zu sein, endlich nicht mehr alleine zu sein und möglicherweise von einem Psychokiller verfolgt zu werden flammte in ihm seine Angst genau vor diesen - ihm fremde - Menschen auf. Sein Atem ging bereits grob abgehackt. Dann spürte er erneut eine Hand auf seiner Schulter. Erschrocken drehte er sich um und blickte Touji ins Gesicht. Sein Personenschützer hatte hier auf ihn gewartet, wie er es am Morgen gewünscht hatte. Denn eigentlich wollten sie sich mit Honda und Otogi nicht sehr weit weg von hier treffen. "Ist alles in Ordnung bei Ihnen?", fragte Touji mit einem besorgten Unterton. Joey nickte nur. "Ja... Ja, alles gut... lassen sie uns gehen!", kam es wenig überzeugend von dem Blonden. Touji nickte und ließ Joey den Vortritt. Der Personenschützer hatte die Anweisung sich stets drei bis fünf Meter hinter Joey zu halten, da dieser nicht wollte, dass jeder sofort wusste, dass er auf einen Bodyguard angewiesen war. Als sie die Kaiba Corp verließen gerieten sie in einen Strom an Menschen, der sie mitriss. Es war eng, laut und die verschiedensten Eindrücke prasselten auf Joey ein. In seinem Ohr klang Setos Stimme, wie er ihm anbot, dass sein Fahrer ihn zu dem Treffen fahren könnte. Doch Joey hatte abgelehnt. Er wollte seinem Geliebten beweisen, dass er am Alltag teilnehmen konnte, ohne das bei jedem Schritt und Tritt ihm jemand die Hand halten musste. Doch das hier... das hatte er nicht erwartet. Im Augenwinkel sah er blondes Haar an sich vorbei huschen. Sofort versteifte er sich und wollte stehen bleiben, doch der Strom der Menschen ließ es nicht zu. Hastig blickte er sich um. Wo waren die blonden Haare hin. Er versuchte hinter sich zu schauen und Touji zu erblicken, doch auch das gelang ihm nicht. Panik flammte in ihm auf. Die Menschenmasse kam an eine große Kreuzung, die für sie gerade auf grün sprang und Joey einfach weiter mit sich zog. Er versuchte an den Rand des Stroms zu kommen, was ihm nach der Kreuzung endlich gelang, so dass er die nächste Möglichkeit nutzte den Bürgersteig zu verlassen. Die nächste Möglichkeit war eine kleine Seitengasse. Dunkel. Leer. Die Menschenmenge schob sich unaufhörlich weiter und Joey versuchte in ihr Touji zu finden. Sein Herz schlug ihm mittlerweile bis zum Hals und er zupfte immer heftiger an seinem Armband. Dann spürte er wieder eine Hand auf seine Schulter. Für einen Moment war er erleichtert, weil er mit seinem Personenschützer rechnete, auch wenn er sich in dem Moment nicht erklären konnte, wie der hinter ihn gekommen war. Doch als er mit einem heftigen Stoß an eine Hauswand gepresst wurde, wusste er, dass die Sicherheit trügerisch gewesen war. Joey Augen weiteten sich in Angst und Panik. Sein Mund wurde schlagartig trocken. Sein ganzer Körper spannte sich an und er suchte mit den Fingern halt an der Wand, die in seinem Rücken stand. Jetzt wusste er, dass er sich eben nicht getäuscht hatte. Vor ihm stand sein Vater, der ihn wütend und gierig angrinste. Doch Joey konnte sich nicht rühren, nicht einmal atmen. "Du mieser, undankbare Sohn einer Hurer!", knurrte sein Vater ihn an. "Du hast mich angezeigt? Wegen Kindesmissbrauch? Dein Ernst?" In der Stimme des Mannes vor ihm schwang Unglaube, Hass und Panik mit. Doch ihm antworten konnte er nicht. Das quittierte der Senior mit einem Schlag in den Magen, der die restlich verbliebende Luft aus den Lungen stieß und Joey sich vornüber beugen ließ, bevor sein Vater ihn an der Schulter wieder nach oben gegen die Wand riss. "Wir gehen jetzt auf die nächste Wache und da wirst du deine Anzeige zurück ziehen!", bestimmte der Mann. Joey hatte mittlerweile begonnen zu zittern. Er wollte nicht mit diesem Mann mit. Er würde ihn nach der Wache garantiert nicht gehen lassen. Dieser Drecksack würde ihn wieder in den Sumpf aus Ekel, Scham und ... Übelkeit begann sich in Joey zu entwickeln. "Hast du überhaupt eine Ahnung, was du damit losgetreten hast?", fauchte sein Vater wütend. "Die Yakuza ist hinter mir her. Hat Angst, dass wenn ich festgenommen werde über mehr plaudere, als den mir zur Lasten gelegten haltlosen Vorwürfe meines Sohnes!" Haltlose Vorwürfe? Die Worte hallten Joey durch den Kopf, als hätte sie jemand in einer großen Halle geschrien und der Schall wurde immer wieder von den Wänden zurück geworfen. "Die wollen mich tot sehen!", brüllte der Mann ihn an, während er seine Faust wieder auf ihn niedersausen ließ. Joey zuckte zusammen und kniff die Augen zusammen, doch der Schlag blieb aus. Er hörte ein kurzes Stöhnen, einen Schlag und wie etwas Schweres zu Boden ging und spürte, wie der Griff seines Vaters ihn plötzlich los ließ. Joey sackte zu Boden, zitterte mehr als je zuvor, wagte kaum zu atmen und hatte immer noch die Augen fest zugekniffen. "Entschuldigen Sie bitte.", meinte eine ihm vertraute Stimme. Nur zögerlich öffnete der Blonde seine Augen und blickte in die des Personenschützers, der seine Hand an seine Wange legte. Die Hand wirkte so warm. Als Joey an Touji vorbei blickte, sah er seinen Vater bewusstlos auf dem Boden liegen. Dann stülpte Touji seine Jacke über Joeys Schultern und schloss sie vorne ein wenig. "Ich habe Sie im Gedränge kurz aus den Augen verloren. Das tut mir unwahrscheinlich leid!", entschuldigte sich der Mann, der ihm wahrscheinlich gerade das Leben gerettet hatte, noch einmal mit ehrlichem Bedauern in der Stimme. Doch etwas erwidern konnte Joey nicht. Sein Vater stöhnte schmerzverzerrt. "Ich habe die Polizei bereits informiert, sie sollte gleich hier sein und auch Fuguta gebeten, den Wagen herzubringen.", versuchte der Personenschütze die Aufmerksamkeit seines Schützlings auf sich zu lenken. Doch dieser war völlig gebannt von seiner größten Angst, die da halbbewusstlos am Boden lag und immer wieder aufstöhnte. Wenige Minuten später kam Sergeant Nagasato mit einigen Kollegen dazu. Immer noch stand Joey völlig neben sich. Reagierte nicht auf Fragen. Die Polizisten legten seinem Vater, der gerade wieder zu sich kam, Handschellen an. "Joey... Joey, mein Sohn... sag ihnen die Wahrheit...", begann der Alte zu keifen. In diesem Moment kam auch Seto in der Gasse an. Er ging vor ihm in die Hocke und zog ihn an sich ran. "Sag es Ihnen... sag ihnen, dass du gelogen hast...", brüllte Wheeler Senior weiter, während er abgeführt wurde. Der Sergeant ging ebenfalls neben Joey in die Hocke. Legte beruhigend ihre Hand auf die Schulter des Blonden. Der zuckte nur völlig verschreckt zusammen und blickte sie mit großen Augen an. "Du ehrloser Schwanzlutscher... Du bist nicht mal den Dreck unter meinen Fingernägeln wert... geschadet hat es dir ja nicht, immerhin hat es dir so gefallen, dass du dich jetzt von einem Kaiba in den Arsch ficken lässt!" keifte der Mann, während die Beamten versuchten ihn in das Polizeiauto zu verfrachten, was sich als schwieriger herausstellte, als gedacht, da er sich massiv wehrte. Doch schließlich hatten die Streifenpolizisten ihn endlich im Wagen und schlossen die Tür. "Hören Sie nicht auf ihn!", meinte Sergeant Nagasato. "Er ist wütend und versucht Sie nur zu verletzten. Da er das nicht mehr mit Schlägen und Tritten kann, bedient er sich der Sprache." Joey mied den Augenkontakt mit der Frau. "Ich werde meinen Partner jetzt nach Hause bringen.", kam es schließlich von Seto. Vorsichtig stand er auf und zog Joey mit sich hoch. Als sie einen Schritt gehen wollten, sackte Joey wieder ein. Seine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Doch Seto fing ihn auf und half ihm erneut in einen sicheren Stand. Dabei fiel Joeys Blick auf den Polizeiwagen und sah, wie sein Vater sich darüber amüsierte, dass er gestolpert war. Irgendetwas zerbrach in dem Blonden. Er konnte es jetzt noch nicht benennen, aber er spürte deutlich, wie etwas in ihm kaputt ging. Er schluckte, dann fuhr das Polizeiauto weg. Seto führte ihn zur Limousine, die hinter dem Polizeiauto gestanden hatte und jetzt etwas vorfuhr. Vorsichtig lenkte Seto ihn in das Innere des Wagens, während Joey die Blicke der Menschen, die zum Stehenbleiben gezwungen worden waren, auf sich spüren konnte. Die Scham flutete ihn. Dann brachte Seto ihn endlich weg von hier. Weg von der Straße. Weg aus der Öffentlichkeit. Weg von den ganzen Blicken, die auf ihm geruht hatten. Kapitel 55: Nachbeben --------------------- Kapitel 56 - Nachbeben Die ganze Fahrt über hatte Joey geschwiegen. Seto hatte ihn in seinen Arm gezogen, doch es kam ihm so vor als wäre der Blonde wo anders. Keine Regung kam von seinem Freund, der gerade seinem größten Albtraum begegnet war. Begegnet war gut. Dieser Drecksack hatte versucht ihn anzugreifen und konnte durch das Eingreifen von Touji endlich festgenommen werden, nachdem die Polizei Wochen erfolglos nach ihm gefahndet hatte. Erst jetzt fiel Seto auf, dass Joey die Jacke des Personenschützers über der Schulter trug und sie vorne festhielt. Seine Hände zitterten. Nicht vor Kälte, dass war Seto sofort klar. Es war die Nachwirkung der Begegnung mit Wheeler Senior gewesen. Wahrscheinlich stand der Blonde unter Schock. Also zog Seto sein Smartphone und schickte eine Nachricht an Doktor Akari und Kai. Einige Minuten später fuhr der Wagen endlich die Auffahrt zur Villa hinauf, bevor er zum Stehen kam und von außen die Tür geöffnet wurde. Seto versuchte Joey ins hier und jetzt zu holen, doch das gelang ihm nicht. Doch der andere ließ sich bewegen und so schob er ihn sanft und vorsichtig zur Tür, wo ihn Touji in Empfang nahm. Erst als Joey stand blinzelte er und blickte zu seinem Personenschützer hoch. "Danke!", flüsterte der Blonde kaum hörbar und Touji lächelte kurz bevor er ergeben den Kopf kurz neigte und sich verbeugte. Dann kam Seto neben ihm zum Stehen und legte wieder einen Arm um Joeys Taille. Sie gingen zur großen Haustür, die - wie immer - perfekt getimt geöffnet wurde, so dass sie direkt eintreten konnten. Doktor Akari und Kai warteten bereits in der Eingangshalle. Seto gab ihnen mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie ihnen nach oben folgen sollten. Doch Joey blieb stehen und blickte über seine Schulter zu Touji, der an der Tür stehen geblieben war. Für gewöhnlich wartete er im Aufenthaltsraum darauf, dass es notwendig wurde Joey zu begleiten. "Kommst du nicht?", fragte Joey unsicher. Touji wirkte überrascht. Nicht nur, dass der Blonde ihn scheinbar bat mit nach oben zu kommen, sondern auch, dass er nahtlos zum Du übergegangen war. Dann wandte Seto sich zu ihm um. Der Blick des Geschäftsmannes war streng und kalt. "Worauf warten Sie, Touji?", fragte Seto schließlich. Also schloss der Personenschützer auf und folgte der kleinen Gruppe. Im oberen Stockwerk suchten sie zielstrebig Joeys Zimmer auf, in dem Seto seinen Geliebten auf die Bettkante manövrierte. Langsam öffnete er die Jacke, die der Personenschützer dem Blonden überlassen hatte, und streifte sie ihm von den Schultern. Vorsichtig nahm er sie weg und reichte sie Touji, der sie mit einem Kopfnicken entgegennahm. "Du bist kreidebleich.", stellte Seto mit sanfter Stimme fest und wollte seine Hand an Joeys Wange legen. Doch dieser zuckte erschrocken vor der Hand des Brünetten weg und blickte ihn entsetzt an. Diese Reaktion seines Geliebten ließ Seto innehalten und einen Schritt zurück treten. Als Doktor Akari an ihn heran trat und nach Joey Hand griff zuckte der Blonde abermals zurück. "Das kommt vom Schock.", erklärte Kai sanft. "Das ist praktisch eine automatische Abwehrreaktion. Die wird von ganz alleine wieder abflauen." "Aber direkt nach der Begegnung oder auch im Wagen hat Joey nicht so reagiert.", kam es verwirrt von Seto. Kai blickte zu Touji, der sich seine Jacke gerade über den Arm gelegt hatte. "Touji, würden Sie Joey bitte noch einmal die Jacke um die Schultern legen?", fragte der Psychologe den Personenschützer. Dieser blickte überrascht und fragend auf, nickte dann und ging wieder zu dem völlig verängstigten Blonden. Langsam nahm er seine Jacke wieder vom Arm, faltete sie auseinander und legte sie Joey über die Schultern. Sofort schien dieser sich zu entspannen. "Wäre es möglich, dass sie eine Weile auf ihre Jacke verzichten können?", fragte Kai weiter. Touji nickte nur, bevor er einen Schritt zurück trat. Seto ließ sich vorsichtig neben Joey auf die Bettkante nieder. "Erzählst du uns, was passiert ist?", fragte Seto sanft. Joey versank etwas mehr in der zu großen Jacke, die er sich vorne wieder etwas zu zupfte, während er seine Füße auf die Liegefläche und an seine Brust ran zog. Dennoch sah es so aus, als würde er die Jacke nicht ausfüllen. "Will nicht.", kam es leise, aber trotzig von Joey. Der Brünette blickte auffordernd zum Personenschützer. Der blickte zurück und wusste nicht so recht, wie er jetzt reagieren sollte. Aber er entschied sich dann, die Frage seines Auftraggebers zu beantworten. "Wir haben den Kaiba Tower gegen 17.45 Uhr verlassen. Wir gerieten in den Feierabendstrom und ich habe für einige Minuten Herrn Wheeler", Joey zuckte zusammen, als Touji ihn beim Familiennamen nannte, "aus den Augen verloren. Als ich ihn..." "Sie haben ihn aus den Augen verloren?", kam es fassungslos und empört von Seto. "Sie werden bezahlt, damit sie bei ihm bleiben!" "Es war nicht seine Schuld!", kam es leise von Joey. "Er wird bezahlt, dass er immer in deiner Nähe ist und dich vor Schaden bewahrt!", keifte Seto, der erst zu spät merkte, dass er den falschen mit erhobener Stimme ansprach. "Schuldzuweisungen sind nie sinnvoll, Seto!", maßregelte Kai nun. Seto blickte ihn an und brauchte zwei, drei Atemzüge, um seine Beherrschung wieder zu finden. Dann blickte er zu Touji. "Weiter!", kam es bestimmend von dem Jungunternehmer. "Als ich Herrn Wheeler in der Gasse ausmachte, bemühte ich mich schnellstmöglich zu ihm zu kommen. Bei meiner Ankunft wurde er von seinem Vater bereits gegen die Hauswand gedrückt und er holte gerade zum Schlag aus. Ich setzte Herrn Wheeler Senior außer Gefecht, kümmerte mich um Herrn Wheeler, verständigte die Polizei und Sie!", beendete der Personenschützer seinen Bericht. Seto wandte sich wieder seinem Streuner zu, von dem mittlerweile nur noch sein Haar aus der Jacke ragte. "Hey Joey...?", fragte Seto behutsam. "Komm schon, Schatz... es tut mir leid, dass ich dich eben angefaucht habe. Schau mich bitte wieder an." Nur zögerlich hob Joey seinen Kopf und blickte zu seinem Geliebten auf, der ihn besorgt ansah. Sanft lächelte Seto ihn an und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Was ist passiert, bevor Touji zu dir kam?", hakte Seto vorsichtig nach. Der Blonde schluckte und blickte wieder verlegen in das Innere der Jacke. "E... er war plötzlich hinter mir!", kam es kaum zu verstehen durch die gefütterte Jacke. "Was hattest du denn in der Gasse zu suchen?", hakte Seto besorgt weiter nach. "I... ich dachte... dachte blondes Haar in der Menge gesehen zu haben. Ich... ich dachte... er wäre schon ganz nah an mir und ich wollte einfach... weg... raus aus der Masse.", erklärte Joey halbverzweifelt. Seto legte seinen Arm um seinen Geliebten, um ihm etwas mehr Halt zu geben. Doch Joey rückte ein Stück weg. Von dieser Reaktion war Seto irritiert. Was hatte sein Geliebter nur? Er schien, seit er die Jacke von Touji wieder um hatte, doch viel entspannter. Also warum mied er auf einmal seine Zuwendungen. "Und dann?", forderte Seto ihn sanft auf, weiterzuerzählen. "Jemand legte mir von hinten die Hand auf die Schulter. Ich dachte erst, es wäre Touji, aber dann wurde mir bewusst, dass das gar nicht ginge und da wurde ich von ihm bereits an die Wand gestoßen!", erzählte Joey, der durch diese frische Erinnerungen immer näher an den Rand der Träne getrieben wurde. Die Angst und die Panik wallte wieder in hm hoch. Er begann abgehackt zu atmen. Kai ging neben ihm in die Hocke und wollte ihm in eine Position verhelfen, in der es ihm leichter fallen würde gegen die aufkommende Panik anzukämpfen. Doch auch vor ihm schreckte Joey zurück. Touji trat vor, legte seine Hand auf die Wange des Blonden und suchte den Blickkontakt. Als Joey zu ihm sah beugte Touji ihn nach vorne, so dass das blonde Haar schließlich zwischen den eigenen Knien hing. Nur langsam beruhigte sich der Atem seines Schützlings. Seto gefiel diese Entwicklung gar nicht. Wie war es nur dazu gekommen, dass Joey von seiner ablehnenden Haltung gegenüber Touji plötzlich nur noch ihn alleine an sich heran ließ? Kai ging neben Touji in die Hocke und blickte zu Joey auf. "Geht es wieder?", fragte er besorgt nach. Joey nickte zögerlich und richtete sich langsam wieder auf. "Möchtest du weiter erzählen?" Joey schüttelte wieder den Kopf. "Er hat ihn geschlagen!", merkte Touji schließlich an. Joey blickte ihn entsetzt an, während auch alle anderen zu dem Mittzwanziger blickten. "Wer hat wen geschlagen?", hakte Kai vorsichtig nach. "Der alte Wheeler Herrn Wheeler. In den Magen.", antwortete der Schützer. "Ist das wahr, Schatz?", wollte Seto behutsam wissen. Joey versuchte nur sein altes, unbeschwertes Sunnyboy-Grinsen aufzusetzen. "War halb so schlimm!", wiegelte Joey ab. "Da hat er mich früher schon härter erwischt!" "Darf ich es mir trotzdem einmal ansehen?", fragte nun Doktor Akari, der sich hinter Touji und Kai gestellt hatte. Joey biss sich auf die Unterlippe. "Besser der Doc schaut sich das mal an.", kam es leise von Touji. Noch einmal biss sich Joey auf die Unterlippe, bevor er die ihn umgebende Jacke einen Spalt weit öffnete und sein Hemd hochzog. Darunter kam ein tiefvioletter Bluterguss zum Vorschein. Kai machte seinem Kollegen und Freund Platz, so dass Akari vor Joey in die Hocke gehen konnte und dann seine Hände zum Abtasten an Joeys Bauch legen wollte. Doch wieder zuckte der zurück. "Nur schauen!", kam es hektisch von dem Blonden. Akari nickte und sah kurz zu Kai, dann zu Seto. Joey ließ sein Hemd wieder runter und schloss die Jacke wieder. "Joey... hat dein Vater irgendetwas zu dir gesagt, bevor Touji dazu kam?", hakte Seto schließlich nach, um die angespannte Situation zu umgehen. "Ist unwichtig.", murmelte Joey nur. "Hey, nein Schatz... komm schau mich an...", forderte Seto erneut den Blonden. Nur widerwillig blickte dieser zu ihm. "Es ist nicht unwichtig. Komm schon, was hat er gesagt." Wieder stiegen Tränen in Joeys Augen auf. "Das sie ihn tot sehen wollen.", kam es schließlich nach einem Augenblick der Stille von Joey, dem die ersten Tränen über das Gesicht liefen. "Wer möchte ihn tot sehen?", hakte Kai behutsam nach. "Die Yakuza... sie... sie haben Angst, dass er bei einer Verhaftung etwas ausplaudern könnte, was nichts mit den haltlosen Vorwürfen zu tun hat.", wiederholte er unbewusst das, was sein Vater ihm gesagt hatte. "Haltlos?", kam es schockiert von Seto. Joey versank wieder etwas mehr in Toujis Jacke. Weitere Tränen quollen ihm aus den Augen. Scham flutete ihn. "Die Vorwürfe, die wir erheben sind nicht haltlos!", versuchte Seto Joey klar zu machen. Doch dieser war für seine Argumentation absolut nicht zugänglich. "Schatz... nein... er hat dir Gewalt angetan. Das können wir sogar belegen. Glaub ihm also nicht ein Wort von dem, was er dir gesagt hat, hörst du?" Wut flammte in Seto auf. Wut über den alten Wheeler! Dieser dreiste, unverschämte Kinderschänder, der nicht davor zurück geschreckt war, seinen Sohn erneut anzugreifen. Der ihn der Lüge bezichtigte. Die Vorwürfe als haltlos bezichtigten, obwohl sie es nicht waren. Der ihn einen Schwanzlutscher und wertlos beschimpfte und ihm unterstellte, dass es Joey gefallen haben muss, von ihm missbraucht worden zu sein, nur weil sein Sohn sich als homosexuelle geoutet hatte. Setos Blick fiel auf Touji. Auf einmal richtete sich die gesamte Wut auf den Personenschützer. Er stand auf und stieß den Mann von Joey weg. "Sie hatten eine klare Aufgabe und dabei haben Sie auch noch versagt. Das ist absolut untragbar.", keifte der Geschäftsmann auf einmal. "Wenn Sie ihren Job nicht beherrschen, dann sollte ich mir wohl jemand suchen, der das tut!" Dabei hatte Seto den verblüfft dreinschauenden Mann immer wieder Schritt um Schritt zurück gedrängt. Statt was zu erwidern behielt Touji die Ruhe. Ließ Seto sich an ihm abreagieren. Doch als er ihm mit der Kündigung drohte ging ein Ruck durch Joey, der die Jacke abstreifte, aufsprang und sich zwischen ihn und Seto drängte. "NEIN!", brüllte Joey entsetzt. "Du... du hast drauf bestanden, dass ich einen Personenschützer brauche und du wirst ihn mir nicht wieder wegnehmen!" Überrascht, da er eine solche Reaktion nicht von dem Blonden erwartet hatte, blickte Seto ihn an. "Du bekommst einen Neuen!", versuchte Seto ihn zu beruhigen. "Einen, der sein Handwerk versteht!" "NEIN!", brüllte Joey wieder. "Du warst nicht dabei. Du weißt nicht, was geschehen ist oder wie sich das plötzlich alles entwickelt hat. Touji trägt keine Schuld daran. Er... er hat mir mein Leben gerettet. Ohne ihn... hätte mein Vater mich gezwungen auf der nächsten Wache meine Anzeige zu wiederrufen und hätte mich danach wieder mitgenommen. Wer weiß wohin. Ich... Ich schwör dir, Seto... wenn du ihn jetzt entlässt, dann verschwinde ich und komm nicht mehr wieder!" Von der Drohung des Blonden entsetzt wich Seto einige Schritte zurück. Was zum Teufel ging hier gerade vor. Doch dann besann er sich und nickte resigniert. "Ist schon okay, Joey...", kam es leise von dem Geschäftsmann. "Ich... ich war nur so wütend, dass dein Vater dir so nahe gekommen war... ich hab wohl überreagiert... es tut mir leid... wirklich!" Wieder begannen Joey Tränen über das Gesicht zu laufen. Seine Beine gaben nach und Seto fing den Blonden schließlich auf. Er presste sich an seine Brust, klammerte sich in das Hemd und weinte. Kapitel 56: Verquere Vaterliebe ------------------------------- Kapitel 56 – Verquere Vaterliebe Vorwort-Warnung: Dieses Kapitel enthält die verdrehten Ansichten und Gedanken eines Mannes, der vor sich selbst den Missbrauch und die Vergewaltigung des eigenen Sohnes rechtfertigt… Bitte bedenkt, dass der Mann schwer alkoholabhängig ist, wenn nicht sogar noch andere Drogen konsumiert und daher eine völlig verzerrte Realitätsauffassung hat. Joseph Wheeler Senior saß auf dem Metallstuhl, mit den Händen an den Metalltisch vor ihm gekettet. Da er bei seiner Verhaftung mehr als Widerstand geleistet und auch beim polizeilichen Erkennungsdienst sich mehr als unkooperativ verhalten hatte, hatten die Beamten ihn hier mit Handschellen fixiert. Er saß bestimmt schon seit einer halben Stunde hier und war mit sich und seinen Gedanken alleine. Seine Gedanken, die seinen Sohn verfluchten. Wie hatte dieser undankbare Bengel es nur wagen können seine Liebe als Kindesmissbrauch bei der Polizei anzuzeigen. Er hatte ihm immer wieder seine Zuneigung geschenkt und ihm geholfen zum Mann zu werden. Hatte ihn an das Thema langsam und bedächtig heran geführt und ihm gezeigt, wie man fickte. Sicherlich war sein Sohn mit einer der ersten in der Klasse, der sich die Hörner hatte abstoßen können. Dafür sollte er ihm verdammt nochmal dankbar sein. Als sein Sohn ein gewisses Alter erreichte hatte Wheeler Senior doch nur erwartet, dass er seinen Teil zum Haushalt und der Lebenssicherung beitrug. Und das nicht einmal konsequent und regelmäßig, sondern nur, wenn es finanziell wirklich eng wurde. Doch schon da hatte sich sein Sohn mehr als verwöhnt und undankbar gezeigt. Statt seinen Teil beizutragen, hatte er erst geheult, dann gejammert, schließlich geschrien, bevor er dann irgendwann anfing sich zu wehren. Himmel, man hätte den Eindruck gewinnen können, dass es um sein Leben gehen würde. Dabei sollte er doch nur hier und da einen 'Freund' bedienen. Was war schon dabei… Herrje… er war da schon längst recht erfahren. Immerhin hatte er ihn ganz behutsam ran geführt. Sein Sohn konnte froh sein, dass er es nicht wie sein Vater getan hatte. Der hatte sich nicht die Mühe gemacht ihn darauf vorzubereiten, was all die Männer mit ihm tun würden, damit er seinen Teil zum Haushalt beitragen konnte. Die Tür schwang auf und eine Frau in den Dreißigern und ein jüngerer Mann traten ein. Definitiv hatte die Fotze die Hosen an. Sicherlich war das eine dieser Feministinnen, die ihren Platz in der Welt völlig verkannte und die man einfach mal gescheit durchnehmen müsste, damit sie erkannte, wo sie hingehörte. Vielleicht nicht nur einmal… vielleicht nicht alleine… Jedenfalls schien sie recht frigide zu sein und schon lange keinen Schwanz mehr in ihrer Muschi gehabt zu haben. Nur zu gerne würde er sie auf ihren rechten Weg zurückführen. Ihr Kollege – ein Schluck Wasser – schien von ihr bereits sehr gut abgerichtet worden zu sein. Er kuschte und unterwarf sich mit jeder Geste, die er vollzog. Sicherlich hatte man ihm bereits im Kindesalter, bevor ihm die ersten Sackhaare gewachsen waren, die Eier abgeschnitten. Sicherlich sang er Sopran. Auf Wheeler Senior wirkte der junge Cop, als hätte er vor seinem eigenen Schatten Angst. "Joseph Wheeler Senior!", sprach ihn die Schlampe an. "Abschaum der übelsten Sorte. So übel, dass der Knast der reinste Albtraum werden wird!" Knast? Ging diese chronisch untervögelte Tussi wirklich davon aus, dass er wegen den Lügen seines Sohnes wirklich auch nur einen Tag im Knast verbringen würde? Dann hatte sie den Schuss aber auch nicht mehr gehört. Kein Richter der Welt würde ihn für die Liebe eines Vaters verurteilen und wegsperren. "Mein Sohn lügt!", kam es prompt von ihm, der wirklich diese Ansicht vertrat. "Oh… womit lügt denn ihr Sohn?", kam es provokant von der Bullentussi. "Mit allem!", konterte Joseph. Er war ein ganz schlauer und würde nicht in die Falle der Frau tappen, die sie ihm so pseudogeschickt gestellt hatte. Immerhin war er ein echter Kerl und sie nur ein hirnloses Fickloch. "Der lügt schon, wenn er nur sein Maul aufmacht." "Sie wollen also behaupten, dass sie nie zu ihrem Sohn ins Bett gestiegen sind?", hakte die begriffsstutzige Schlampe nach. "Was?", kam es empört gespielt von Joseph, der wusste, dass seine Darbietung mehr als glaubwürdig und überzeugend war. "Ich hab mir nichts zu Schulden kommen lassen." "Hm… außer ihre Schulden bei der Bōryokudan.", kam es spitzfindig von der Fotze. Woher wusste sie das? Natürlich… sein Sohn hatte aus dem Nähkästchen geplaudert. Na das würde er ihm austreiben, sobald er seiner wieder Habhaft geworden wäre. Doch jetzt grinste er sie nur süffisant an. "Schätzchen.", setzte er an und wollte schon weitersprechen, als sie ihre Augenbrauen überrascht hochzog und scheinbar irgendetwas nicht glauben konnte. "Sergeant Nagasato!", kam es bestimmend von der Wildkatze. Feuer hatte sie, ja! Wäre er mit ihr alleine, würde er ihr jetzt zeigen, wo der Hammer hing und wo er reinpassen würde. "Wie auch immer!", kam es abschätzig von ihm. "Wettschulden sind Ehrenschulden und gehen niemand etwas an, außer dem Gläubiger und den Schuldner. Außerdem bin ich schuldenfrei!" Dabei machte er eine Geste bei der er die Handinnenflächen zwei Mal übereinander zog und sie dann hob, als hätte er eben etwas verschwinden lassen. "Auf wessen Kosten, Joseph?", hakte die kleine Schnepfe nach. Wheeler Senior blickte sie nur an. Bei ihr klang es so, als ob er etwas falsch gemacht hätte. Er hatte Schulden gehabt und konnte sie zum Stichtag nicht begleichen, also hatte er das gemacht, was er immer tat: Naturalien angeboten. Die einzigen Naturalien, die was wert waren, war der Arsch seines Sohnes. Der war einfach Gold wert und wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte er ihn schon vor zwei oder drei Jahre vermarktet. Doch dank der Undankbarkeit seines Bengels war es kaum möglich Stammkunden zu gewinnen, denn wer bevorzugte einen Arsch, der je nach Laune Termine nicht einhielt oder absagte? Bordelle kamen auch nicht in Frage. Sobald sein Junge bockte und sein Theater abzog wären sie da raus geflogen. Abgesehen davon, dass die meisten Bordellen eh erst Material zuließ, dass längst über seine Spitzenzeiten hinaus war. Wann checkte die verweichlichte – sogenannte moderne – Welt, dass mit dem Erreichen der Geschlechtsreife der Nachwuchs als erwachsen behandelt werden sollte. So wie in der guten alten Zeit, vor der Verwestlichung dieses damals so großartigen Landes. Wenn die Fotzen bluteten, konnten sie auch die Beine breit machen. Wenn Jungs in den Stimmbruch kamen und ihnen Sackhaare wuchsen konnten sie sich bücken. So einfach war das schon immer gewesen und so würde es auch ewig bleiben, egal welche gesellschaftlichen Normen geraden galten. Die Normen änderten sich ohnehin unablässig, aber die Naturgesetze blieben bestehen. "Was wollen Sie überhaupt von mir?", fauchte der alte Wheeler genervt. "Nur weil mein Bengel irgendwelche Phantastereien zu Protokoll gibt, wird sofort jedes Wort für bare Münze genommen? Wie wäre es Mal mit Beweisen?" "Beweise?", kam es von der Schlampe. Jaha, damit hatte sie wohl nicht gerechnet, dass er mit diesem Argument kam. Sein Sohn konnte viel behaupten, doch dann stand sein Wort gegen seines. Also das Wort eines Schläger, Lügner und Schulschwänzer, gegen das seines Vaters. Wem würde man da wohl eher glauben. Zur Not konnte er es darauf schieben, dass die Mutter des Jungens sich mit der Schwester abgesetzt hatte. Der Junge war wütend und wollte jemanden dafür die Schuld geben. Auf einmal legte die Bullentussi eine Akte auf den Tisch und schlug sie auf. Die Augen des abgehalfterten Versagers wurden größer und ungläubiger. Dann nahm sie Bilder aus der Akte. Auf den Bildern war sein Junge zu sehen. Sterile Umgebung. Krankenhaus? Man konnte auf den Bildern die verschiedensten Verletzungen erkennen. Prellungen. Blutergüsse. Schürfwunde. Platzwunden. Striemen. Brandwunden von Zigaretten. "Und weiter… er prügelt sich halt gern! Was soll ich dagegen machen?", kam es von dem Alten, als er sich wieder fing. "DAS kommt nicht von einer Prügelei.", fauchte die Wildkatze wieder. "Wir haben mehrere medizinische Berichte und Einschätzungen, fachkundige Meinungen, die genau erklären, wie es zu diesen Verletzungen kam. Dazu noch die Aussagen ihres Sohnes, die sich genau mit diesen decken!" "Mein Anwalt wird auch 'fachkundige Meinungen' ranschaffen, die darlegen werden, dass es dafür auch andere Erklärungen geben kann!", konterte Joseph und fühlte sich unglaublich klug. "Mal dran gedacht, dass der Junge sich ausprobiert hat und einer seiner perversen Freunde ihn als Punchingball benutzt haben könnte?" "Wie wollte er sich denn ausprobieren?", hakte die Tussi interessiert nach. Jaha, jetzt kam sie ins Grübeln. Nicht mehr lange und sie würde erkennen, wie haltlos die Anschuldigen waren. "Sich in seinen kleinen, schwulen Arsch ficken lassen. Ich wette er hat vor Vergnügen gequietscht und nach mehr verlangt. Hat seinen Arsch aufreizend geschwunden, damit man ihm zeigt, wo der Hammer hingehört!", argumentierte Joseph belustigt. "Vielleicht hat er ja drum gebettelt, mal härter rangenommen zu werden… wie so ein kleines notgeiles Luder!" Fassungslos blickte die Fotze ihn an. Es war Zeit, dass er ihr den Rest gab und sobald er hier raus war… "Ich mein schauen Sie doch hin. Wenn das alles, was Sie mir vorwerfen, wahr wäre… warum hält er dann heute noch den Arsch hin und lässt sich bis in die Besinnungslosigkeit vögeln, nur damit der Kaiba-Typ ihn aushält und ihm ein Leben bietet, was ein rechtschaffender Mann – wie ich – ihm nicht bieten kann? Da würde ich mir auch irgendwelche Horrorgeschichten aus den Finger saugen, wie: Daddy hat mich angefasst und mit zwölf gevögelt und meinen Arsch mit vierzehn an irgendwelche Yakuza verkauft, um seine Schulden abzubezahlen… Oder: Daddy hat mich seine Schulden bei der Yakuza eine Woche lang abarbeiten lassen, buhuuu." Auf einmal setzte die Bullenschlampe ein mehr als zufriedenes Lächeln auf und auch der Schluck Wasser neben ihr begann triumphierend zu grinsen. Was war los? Waren die beiden wirklich so gehirnamputiert, dass sie nicht verstanden, dass sie verloren hatten? Die Schnepfe sammelte die Bilder wieder ein, schlug die Akte zu und stand auf. Ihr Grinsen war noch breiter geworden und Joseph hätte seine rechte Hand dafür gegeben es ihr aus dem Gesicht wischen zu dürfen. "Das war ein sehr aufschlussreiches Gespräch, Joseph… Vor allem, weil Sie uns nie gefragt haben, was ihr Sohn eigentlich so behauptet, um Sie in die Pfanne zu hauen! Daher beeindruckt es mich ungemein, dass sie diese Punkte durch eine übernatürliche Eingebung scheinbar zugeflüstert bekommen haben.", kam es arrogant von der Tussi. Joseph hielt einen Moment inne und dachte nach. Doch, er war sich sicher, irgendwer vom Präsidium hatte es ihm gesagt. Er war verhaftet worden. Man hatte ihm seine Rechte vorgelesen. Ihn zum Erkennungsdienst gebracht und ihn dann hier reingesetzt, bis frigide Muschi und der schwanzloser Kastrat zu ihm kamen. Verdammt… nein, Moment… In der Mahjong-Stube, als man ihm sagte, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorlag, da… Kenshin hatte nur von Kindesmissbrauch gesprochen… Nur langsam schien es dem Abschaum zu dämmern, dass er sich verplappert hatte. Seine Augen wurden größer und blickten zu Sergeant Nagasato auf. Sie hatten ihn. Er hatte praktisch ein Geständnis abgelegt. Nagasato warf einen Blick über ihre Schulter zur großen Spiegelwand und hörte ein leises Klopfen. Ihr Signal, dass alles in trockenen Tüchern war. "Wir sind hier fertig.", meinte sie wieder in sachlichem Ton zu ihrem Tatverdächtigen. "Sie, Joseph, werden einfahren und wenn ihre Knastbrüder spitz kriegen, weshalb Sie sitzen, dann werden Sie erfahren, wie sich ihr Sohn dabei gefühlt hat. Nur mit dem Unterschied, dass Sie nicht die Möglichkeit haben werden, aus dieser Hölle zu entkommen!" Damit wandte sie sich um und verließ den Verhörraum. Hinter sich hörte sie, wie der Drecksack einen Wutanfall bekam und verzweifelt an seinen Handschellen zerrte, die immer noch mit dem Tisch verbunden waren. Ein Grinsen bildete sich auf ihren Lippen. Einer weniger, ging ihr durch den Kopf. Einer weniger! Kapitel 57: Scherben -------------------- Kapitel 58 - Scherben Leise betrat Seto das Schlafzimmer seines Freundes. Dieser lag - überraschenderweise - ruhig in seinem Bett und schlief. Es war gestern ziemlich schwer gewesen ihn überhaupt davon zu überzeugen, sich hinzulegen und schlussendlich musste Doktor Akari ihm ein Beruhigungsmittel geben. Erst dann hatten sie geschafft den Blonden in das Bett zu legen. Dennoch wollte Joey ihn nicht gehen lassen. Also verabschiedete er die beiden Ärzte und den Personenschützer hier, statt sie wie gewohnt zur Tür zu bringen und legte sich dann zu seinem Geliebten. Er schloss ihn fest in seine Arme und wollte ihm zeigen, dass alles in Ordnung war und dass niemand ihm etwas antun konnte. Die Nacht war alles andere als erholsam. Immer wieder war Joey in Panik aufgeschreckt und hatte geschrien. Seto verwunderte das gar nicht, nachdem der Blonde seinem Vater begegnet war. Diese Begegnung hatte einiges in seinem Freund aufgewühlt und wieder in Unruhe gebracht. Jedes Mal ergoss sich Joey in Tränen und Seto brauchte einiges an Worten und Geduld, damit er den Blonden beruhigt bekam, so dass dann die Erschöpfung ihn wieder in die Bewusstlosigkeit riss. Doch seit Joey gegen fünf Uhr eingeschlafen war, blieb alles ruhig. Gegen acht Uhr hatte Seto das Schlafen für sich aufgegeben und hatte sich vorsichtig von dem Blonden gelöst, um ihn nicht zu wecken. Er war in sein eigenes Zimmer gegangen, hatte sich schnell geduscht und frisch angezogen. Dann schaute er noch einmal nach Joey. Dieser lag nach wie vor friedlich schlafend im Bett. Er brauchte diesen Schlaf, also hatte Seto die Tür wieder geschlossen und war in das Erdgeschoss gegangen. Dort hatte er sich eine Tasse Kaffee gegönnt und sich die Zeit genommen in die Zeitung reinzuschauen. Als Mokuba dazukam erkundigte sich dieser nach Joey. Seto machte keinen Hehl aus Joeys Verfassung. Sein kleiner Bruder hatte ihn nur besorgt angesehen. Der Ältere konnte seinem jüngeren Bruder deutlich ansehen, dass dieser Joey nur allzu gern irgendwie geholfen hätte. Dann hatte sich der Jüngere einen Bagel geschnappt, diesen aufgeschnitten und verwandelte ihn in ein reichlich belegtes Schinken-Käse-Sandwich. Dann setzte er diesen Bagel Seto vor, der ihn nur überrascht ansah. Mokuba hatte ihn nur angegrinst und gemeint, dass er bei Kräften bleiben muss, wenn er Joey durch diese Zeit helfen wollte. Das hatte Seto ein Lächeln abgerungen und er hatte sich dankbar für die Fürsorge seines Bruders den Bagel einverleibt. Sie waren gerade dabei sich nett zu unterhalten, als die Türglocke ertönte. Seto legte seine Zeitung zusammen und stand auf. Als er in die Eingangshalle kam sah er Sergeant Nagasato und Staatsanwältin Lee. "Guten Morgen, die Damen!", begrüßte Seto die beiden Staatsbediensteten mit einem schmalen Lächeln. "Guten Morgen, Herr Kaiba.", begrüßte ihn der Sergeant, die ihm zunickte. Staatsanwältin Lee reichte ihm die Hand, die Seto entgegennahm und schüttelte. "Was kann ich für die Damen tun?", fragte Seto freundlich. "Wir müssten mit Herrn Wheeler sprechen.", kam es von Staatsanwältin Lee. "Wegen seinem Vater." Setos Blick wurde ernst und er bedachte die beiden Frauen abwechselnd. "Gibt es ein Problem, Herr Kaiba?", fragte Sergeant Nagasato schließlich besorgt. "Die Begegnung mit seinem Vater, hat Joey sehr mitgenommen. Er hatte keine sehr gute Nacht und schläft gerade.", erklärte er den beiden Frauen. Wären es x-beliebige Polizeibeamte gewesen, hätte der Jungunternehmer längst nicht so viel Preis gegeben, doch zwischen den beiden Frauen und ihnen - Joey und ihm - hatte sich in den letzten Wochen eine Vertrauensbeziehung aufgebaut. "Verstehe... aber dennoch wäre es wichtig, sobald als möglich mit ihm zu sprechen!", kam es von Lee, die sich dann wieder zum Gehen wandte. Auch Sergeant Nagasato wandte sich um und verließ mit der Staatsanwältin das Haus. "Gibt es ein Problem?", wollte Seto wissen. "Nur Detailfragen!", erwiderte Lee sanft mit einem Lächeln. "Wir befürchten, dass Wheeler Senior möglicherweise auf unzurechnungsfähig hinaus möchte, um sich seiner Verantwortung und der Strafe zu entziehen. Daher wollten wir einige Punkte zum Alltag klären, damit wir diesem Antrag entgegenwirken können." "Hat er wirklich eine Chance damit durchzukommen?", fragte der Jungunternehmer geschockt. "Ich werde alles tun, damit er nicht durchkommt.", versprach ihm Lee zuversichtlich. "Dieses Schwein werde ich so schnell nicht mehr gehen lassen." "Wir verlassen uns darauf.", kam es mit einem fordernden Unterton von Seto. Dann stiegen die beiden Frauen in den Dienstwagen des Sergeanten und fuhren davon. Seto schloss die Tür hinter sich wieder und bestieg die Treppe in das obere Stockwerk. Leise betrat Seto das Schlafzimmer seines Freundes. Dieser lag - überraschenderweise - ruhig in seinem Bett und schlief. Oder doch nicht? Als Seto heran trat sah er, dass Joeys Augen offen waren. Sie blickten ihn missmutig an. Dennoch lächelte Seto den Blonden an, während er sich auf die Bettkante niederließ und ihm eine blonde Strähne aus dem Gesicht strich. "Du bist ja wach.", kam es sanft von dem Jungunternehmer. Doch Joey erwiderte nichts und blickte ihn nur weiter missmutig an. Seto wollte die Decke ein wenig zurück schlagen, doch Joey hatte sich völlig in dieser eingerollt. Besorgt blickte Seto zu seinem Freund. "Wie wär's wenn du aufstehen und duschen würdest und wir dann im Anschluss schön frühstücken gehen?", schlug Seto sanft vor. Doch Joey drehte sich wortlos um und zog die Decke über seinen Kopf. Vorsichtig legte Seto seine Hand auf Joey Arm. Er spürte durch die Decke, wie der andere zitterte. Also legte sich der Brünette langsam hinter den Blonden und zog ihn an sich ran und damit in seinen Arm. "Hey, Joey... komm sprich mit mir.", bat Seto sanft. Doch als Antwort bekam er nur ein gedämpftes Schluchzen. Er schloss seine Arme fester um seinen Freund, dem scheinbar immer noch der Schreck vom Vortag in den Knochen saß. Also gab ihm Seto die Zeit die er brauchte. Nach einer Weile verstummte das Schluchzen wieder. "Schatz?", sprach ihn Seto sanft an. "Komm... dreh dich zu mir und schau mich an, bitte." Erst geschah gar nichts, dann begann sich Joey in seinen Armen zu drehen, so dass er nun mit dem Gesicht an Setos Brust lag. Nur zögerlich hob der Blonde schließlich seinen Blick. In diesem spiegelte sich die Angst seines Geliebten wieder. Aber nicht nur Angst... es war auch wieder dieser Ausdruck vorhanden, denn der Blonde zu Beginn ihrer Beziehung immer wieder gehabt hatte. Damals, als er die Angst gehabt hatte, dass er nicht gut genug für Seto war. "Was... was hat dein Vater zu dir gesagt, was dir immer noch im Kopf rumgeht?", hakte Seto sanft nach. Sofort senkte Joey seinen Blick wieder, war aber nicht bereit, die Frage seines Freundes zu beantworten. "Hey, komm schon, Schatz.", forderte Seto sanft. "Mit mir kannst du über alles sprechen, dass weißt du!" "I... ich habe nicht... gelogen!", brachte der Blonde schließlich kaum hörbar hervor. "Nicht... gelogen!" Wieder drängten sich Tränen in seine Augen und liefen ihm über die Wange. Sanft strich Seto sie ihm weg. "Das weiß ich, Schatz. Das würde ich auch nie glauben!", bestärkte Seto ihn. "I... ich wollte das alles nicht!", kam es aufgelöst von dem Blonden. "W... warum soll ich für etwas dankbar sein, was ich nicht wollte?" Seto zog ihn wieder näher an sich heran und schloss seine Arme enger um ihn. "Das musst du nicht.", stimmte Seto ihm wieder zu. "A... Aber... in einem... einem Punkt hatte er Recht!", kam es ganz leise von Joey, der sich eng an Setos Brust presste und seine Hände im Shirt des Älteren festkrallte. "I... ich bin nichts wert." Seto legte seine Finger unter Joeys Kinn und hob den verweinten Blick seines Geliebten zu sich. Sanft legte er seine Lippen auf die des Blonden und schmunzelte ihn danach sanft an. "Für mich bist du das Wertvollste auf der Welt.", flüstert Seto liebevoll. Weitere Tränen lösten sich aus Joeys Augen. Dieser konnte gar nicht glauben, was Seto ihm sagte. Immer wieder brüllte in seinem Inneren den Satz, den sei Vater ihm zugeschrien hatte, vor all diesen Menschen: Du bist nicht mal den Dreck unter meinen Fingernägeln wert... geschadet hat es dir ja nicht, immerhin hat es dir so gut gefallen, dass du dich jetzt von einem Kaiba in den Arsch ficken lässt! Etwas in seinem Inneren erbebte wieder und er spürte, dass da dieser Bruch in ihm war. Er erinnerte sich wieder daran, wie Seto ihn zum Wagen bringen wollte und seine Beine aber weich wie Wackelpudding gewesen waren. Er war gestolpert, doch Seto hatte ihn aufgefangen und wieder in einen sicheren Stand verholfen. Als er seinen Blick hob, sah er seinen Vater im Polizeiwagen sitzen, wie er sich darüber amüsierte, dass er gestolpert war. Diese Boshaftigkeit, die sein Vater in diesem Moment ausstrahlte hatte ihm klar gemacht, dass in diesem Mann - der ihm hätte ein Vater sein sollen - keinerlei Liebe, Mitgefühl oder Reue steckte. Der Mann empfand nicht die geringste Schuld, im Gegenteil. Scheinbar hatte der Mann diese ganze Scheiße, die er ihm jahrelang eingeimpft hatte, wirklich ernst gemeint und nicht nur gesagt, um ihn damit zu isolieren und leichter kontrollieren zu können. Dieser Mann - den er niemals wieder Vater nennen würde - war ein wahrhaftiges Monster Kapitel 58: Schritt für Schritt ------------------------------- Kapitel 59 - Schritt für Schritt Seto saß auf Joeys Bettkante und fuhr sich fahrig durch die Haare. So langsam war er mit seinem Latein am Ende und er wusste nicht, was er noch tun sollte. Vor ihm im Bett lag sein Freund, fest eingewickelt in seine Decke, die er sich über den Kopf gezogen hatte. Wann immer Seto ihm die Decke hob, um seinen freund ins Gesicht schauen zu können wandte dieser sein Gesicht in das Kissen. Dabei hatte der Tag so gut begonnen. Sie waren nebeneinander aufgewacht, Joey in Setos Arm, und hatten sich angelächelt. Sanft hatte Seto ihm eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen und ihn dann geküsst. Vorsichtig und langsam. Schließlich hatte der Kuss an Intensität zugenommen und war leidenschaftlicher geworden. Schließlich brach der Kuss und Joey hatte Seto so flammend angeschaut. Seine Hände waren über Setos Brust zu seinem Hosenbund gewandert und wollten dann unter diesen fahren. Da hatte Seto ihn aufgehalten. Seit ihrer missglückten Nacht nach dem Abschlussball, waren sie nicht mehr in dieser Richtung körperlich intim geworden. Es hatte sich nie ergeben und nach Joeys Entführung war körperliche Nähe ohnehin so ein Ding geworden, dass der Blonde manchmal gar nicht ertrug. Von daher war Seto mehr als überrascht, als sein Freund die Initiative ergriff. "Hey, Schatz... was soll das werden?", wollte Seto sanft wissen. Doch Joey hatte ihn nur überrascht angeblickt, bevor die Verlegenheit auf sein Gesicht Einzug gehalten hatte und die Wangen rot färbten. "I... ich... wollte nur... also... du und ich... wir... ähm...", stammelte Joey verunsichert herum. Sanft legte Seto seine Hand an seine Wange und zog seinen Blick wieder auf sich. Liebevoll lächelte der Brünette ihn an. Musterte ihn mit prüfendem Blick. Fuhr in sein Haar hinein und der Blonde schloss genießerisch seine Augen. Dann legte Seto sanft seine Lippen auf die seines Freundes und sie versanken eine Weile in einem langsamen, intensiven Kuss. Plötzlich spürte er, wie Joey erneut eine Hand unter den Bund seiner Hose gleiten ließ und schließlich sanft über sein Glied strich. Seto stöhnte seicht in ihren Kuss, während seine Hand zum Hinterkopf strich und dort seinen Griff festigte. Joey begann frech zu Grinsen. Dann festigte sich sein Griff um Setos langsam hart werdendes Glied. "Joey... nicht... hör auf!", bat Seto, nachdem ihr Kuss ein Ende gefunden hatte. "Aber... es scheint dir zu gefallen...", konterte der Blonde. "Ja... ja, es gefällt mir auch, aber... wir sind noch nicht soweit!", erklärte der Brünette behutsam. Joey stockte. Das Grinsen war augenblicklich verschwunden und er blickte seinen Freund prüfend an. Seto blickte liebevoll zurück. Strich weiter durch das blonde Haar. "Wir?", hakte Joey nach und in seiner Stimme lag ein Unterton, der mehr als zweifelnd klang. "Du... du meinst ich bin noch nicht soweit... Aber das bin ich... das will ich dir beweisen..." Der Blonde setzte seine Tätigkeit energisch fort, doch Seto griff erneut nach seiner Hand und wollte sie aus seiner Hose ziehen. "Schatz... was ist denn los...?", wollte der Jungunternehmer wissen. Doch das fachte nur Joeys Unmut weiter an, der hektisch seine Hand aus Setos Griff befreite und wegzog. "Was mit mir los ist? Was ist mit dir los? Na komm schon Seto... ich... will dich...", fauchte Joey wütend. "Aber ich schein nicht gut genug dafür zu sein." Plötzlich änderte sich Joeys Mimik. Die Wut wich der Verzweiflung und schlagartig liefen ihm die Tränen über das Gesicht. Er wandte sich ab und wollte aus dem Bett springen, doch Seto griff erneut nach seinem Arm und hielt ihn auf, zog ihn zu sich zurück. "Schatz...", wollte er ansetzen, doch Joey stieß ihn von sich, während er sich in seine Decke einwickelte und sich zusammenrollte. Wieder zog Seto die Decke vom Kopf seines Freundes. Dieser versenkte sein Gesicht wieder im Kissen. An den Bewegungen seiner Schultern konnte Seto deutlich sehen, dass der andere weinte. Langsam legte er sich wieder neben seinen Geliebten und schob seinen Arm unter ihn. Als ihm das gelungen war zog er ihn zu sich, so dass Joey Gesicht an seiner Brust lag. Behutsam strich Seto ihm durch das blonde Haar. Wartete. Schließlich versiegten Joeys Tränen wieder. Dennoch presste er sein Gesicht weiter gegen Setos Brust. "Dieses Mal möchte ich alles richtig machen.", begann Seto behutsam, ruhig und leise zu erzählen. "Nicht von gleich auf jetzt oder aus dem Stand in die Vollen... Ich möchte mich mit dir da ganz langsam ran tasten, so dass wir uns beide gegenseitig kennen lernen können. Schritt um Schritt gehen. Immer etwas weiter gehen, bis wir beide... du UND ich soweit sind, dass wir uns einander hingeben können, ohne dass da Bilder aufblitzen und uns an Erlebnisse erinnern, die wir nicht wollten." Nur zögerlich hob Joey seinen Kopf und damit seinen Blick zu Setos. Er lächelte ihn sanft an. Fragend blickte der andere ihn an. "Heißt... heißt das...", kam es stockend und mit brüchiger Stimme. "Nachdem ich frei von Gozaburo gewesen war hab ich dieses Thema... meine Sexualität stets weggeschoben und es vermieden mich damit auseinander zu setzen.", eröffnete Seto in einem ruhigen Tonfall. "Erst als ich dich kennen lernte, da ist in mir etwas stärker geworden, was ich nicht mehr so einfach ignorieren konnte. Aber... diese Nacht nach dem Abschlussball... war auch mein erster Versuch eine positive Erfahrung in diese Richtung zu machen... aber wir sind zu schnell voran geschritten. Wir haben Schritte übersprungen, die vielleicht wichtig gewesen wären und ich möchte diesen Fehler nicht wiederholen!" Joey war völlig baff. Damit hatte er nicht gerechnet, dass es Seto ähnlich ging, wie ihm. Immer wenn Seto von 'wir' sprach, war Joey davon ausgegangen, dass es nur ein klinisches 'wir' war und er eigentlich damit immer nur ihn meinte. Doch nun... wie konnte er außer Acht lassen, dass Seto mit seiner Vergangenheit, die seiner doch so gleich war, nicht ähnliche Schwierigkeiten mit Intimität haben könnte? Wieso war er nur so ich-bezogen gewesen? Wieder drängten sich Tränen in seine Augen und stahlen sich über seine Wange davon. Sanft strich Seto sie ihm weg und hob wieder seinen Blick zu sich hoch. Milde lächelte er den Blonden an. "Was hat mein Geliebter nur?", fragte Seto. Joey blickte ihn überrascht mit funkelnden Augen an. "G... Geliebter?", fragte Joey unsicher. "Ja, natürlich!", erwiderte Seto sanft. "Was sonst?" Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf Joeys Lippen, während er sich wieder an seine Brust kuschelte. "Es ist schön, wenn du mich so nennst!", wisperte der Blonde. Seto beugte sich ein wenig zu ihm. "Geliebter!", flüsterte er ihm ins Ohr. Eine Gänsehaut bildete sich auf Joeys Rücken und zog sich über seinen ganzen Körper. "Es tut mir leid, Seto.", kam es leise von dem Jüngeren. "Was tut dir leid?", hakte Seto nichtverstehend nach. "Ich hab gar nicht bedacht, dass du...", brach Joey ab und suchte kurz nach Worten. "Du wirkst immer so stark und selbstsicher, dass ich manchmal vergesse, dass wir uns in so vielen Punkten gleichen." Seto platzierte einen Kuss auf Joeys Haar. "Das ist nicht schlimm, Schatz...", flüsterte Seto. "Schritt... für Schritt dann?", kam es zögerlich von Joey. Seto lächelte ihn sanft an und nickte. "Schritt für Schritt.", bestätigte der Brünette schließlich, während er sich zu dem Blonden beugte und langsam seine Lippen auf Joeys legte. Dieser erwiderte langsam den Kuss und schien sich ganz Seto hinzugeben. Seto legte seine Hand an Joeys Wange und genoss den Kuss und die Innigkeit mit dem Blonden. Kapitel 59: Noch ein paar Schritte weiter? ------------------------------------------ Kapitel 60 - Noch ein paar Schritte weiter? "Nein!", kam es energisch von Joey, der demonstrativ seine Arme vor der Brust verschränkte. "Ich bin soweit gegangen, wie ich konnte... aber... aber das kann nicht euer Ernst sein!" "Joey.", kam es behutsam von Sergeant Nagasato. "Sie sind schon so weit gegangen... gehen Sie nur noch ein paar Schritte weiter mit uns!" "NEIN!", erwiderte der Blonde etwas lauter. "I... ich kann das nicht. Sie... Sie haben gesagt, ich brauch nur eine Aussage machen und die Anzeige stellen und alles andere liegt in ihren Händen. Und jetzt... jetzt soll ich das ganze... öffentlich... in einem Gerichtssaal wiederholen? Ich mach mich doch nicht zum Gespött... und dann stellt er sich hin und sagt, dass ich lügen würde und..." Der Blonde sprang auf und begann durch den Wintergarten zu tigern. Doch weit kam er nicht, denn Seto schob sich vor ihn und in seinen Weg, legte seine Hände auf die Schultern seines Geliebten und zog ihn eng an sich ran. Schloss die Arme schützend um ihn. "Du bist stark... du bist Joey Wheeler und dir war es schon immer egal, was die Leute über dich dachten oder sagten.", versuchte der Brünette ihm gut zuzureden. Für einen Moment lehnte sich Joey mit der Stirn an Seto und genoss die Nähe und den dargebotenen Schutz. "Ver... Verlang das bitte nicht von mir...", kam es flehend von Joey."Du... du weißt ja nicht, wie er sein kann... was er über mich sagen wird. Er wird alles tun, nur um mich als Lügner dastehen zu lassen und... und er wird Dinge erzählen, die so nicht wahr sind." "Er kann nicht erzählen oder behaupten, was meine Liebe zu dir erschüttern könnte.", versicherte der Jungunternehmer seinem Geliebten. Da spürte Joey auf einmal eine Hand auf seiner Schulter. Nur zögerlich blickte er aus dem Augenwinkel über diese und sah in die blauen Augen der ebenfalls Brünetten Frau, in deren dunkelbraunes Haar ein paar blonde Strähnen lagen und das sie in einer modischen Kurzhaarfrisur trug Sie blickte ihn mitfühlend und verständnisvoll an. "Joey... ich weiß, wie schwer Ihnen das jetzt vorkommen muss. Aber wir werden Sie nicht alleine lassen. Ihr Partner wird im Gerichtssaal bei den Zuschauern sitzen, ebenso Sergeant Nagasato und ich werde auch da sein.", versicherte die Mittdreißiger ihm behutsam. "Sicherlich wird es von Seiten des Verteidigers ihres Vaters unangenehme Unterstellungen, Behauptungen und Fragen geben, aber wir werden Sie gründlich darauf vorbereiten. Werden das durchspielen und dafür Sorge tragen, dass Sie da gut durch die Befragung kommen." Wieder verbarg Joey seinen Blick an Setos Brust. Er wusste einfach nicht, ob er das schaffen würde und auf der anderen Seite wollte er aber die Menschen, die sich so für ihn einsetzten auch nicht enttäuschen. "Ich denke, Joey wird darüber noch mal nachdenken müssen und morgen mit Kai darüber sprechen.", kam es schließlich von Seto, der erkannte, dass sein Geliebter mit der Situation gerade völlig überfordert war. "Okay...", kam es einlenkend von der Staatsanwältin. "Morgen wird ihr Vater..." "Nennen Sie ihn nicht so!", unterbrach Joey die Frau unwirsch und blickte sie böse und missmutig an. Die gerade mal 1,57 Meter große Frau blickte ihn überrascht an und nickte dann einlenkend. "Morgen wird...", Staatsanwältin Lee hielt einen Moment inne, um eine neue Bezeichnung für Joeys Vater zu finden. "... der Mistkerl dem Haftrichter vorgeführt. Dieser wird entscheiden, ob er bis zur Verhandlung in Gewahrsam bleibt oder auf freien Fuß gesetzt wird. In Anbetracht, wie schwer es war seiner habhaft zu werden und der enormen Gefahr, die er für Sie darstellt, wird der Richter ihn in Gewahrsam behalten, bis die Verhandlung los geht. Er wird auch den Starttermin für diese festlegen. Ich würde mich dann morgen Abend noch einmal bei Ihnen melden." Der Blonde verkrallte sich immer mehr in Setos Hemd. Der Brünette nickte schließlich. "Ist gut...", meinte Seto zur Staatsanwältin. "Dann sehen wir morgen Abend weiter." Damit nickte Staatsanwältin Lee und Sergeant Nagasato ihm zu und verließen sie. Seto stand noch eine Weile mit Joey so dar, bis dieser langsam seinen Blick zu ihm hob. "B... bin ich feige?", fragte der Blonde zaghaft. "Nein!", kam es geschockt von Seto, der dem Blonden eine Strähne aus dem Gesicht strich. "Wie kommst du darauf?" "W... weil ich den halben Weg gegangen bin und jetzt auf der Zielgerade...", seine Stimme brach weg und er musste schlucken. "Dir mag es jetzt noch völlig abwegig vorkommen, dass du vor Gericht aussagen kannst, aber Kai, Sergeant Nagasato und Staatsanwältin Lee, genauso wie ich, werden dir helfen und bei dir sein.", konterte Seto sanft. Der Blonde begann energisch seinen Kopf zu schütteln. Tränen stiegen ihm in die Augen, lösten sich und liefen ihm über die Wangen. Sanft wischte Seto sie ihm weg. Lächelte ihn aufmunternd an. "Hey und ich werde auch bei dir sein.", kam es plötzlich vom Eingang des Wintergartens. Beide wandten sich um und sahen Tristan, der da stand und sie angrinste. Dann kam er die Stufen runter und kam zu ihnen. "Ich wollte nachschauen, wie es meinem besten Freund geht." Joey versuchte ihn anzugrinsen, aber es wollte ihm nicht gelingen. "Oh... doch so schlecht?", stellte Tristan besorgt fest. Dann legte er eine Hand an Joeys Wange. "Du bist nicht alleine. Seto. Mokuba. Duke. Ryou. Yugi. Kai. Doktor Akari. Sergeant Nagasato. Staatsanwältin Lee. Ich. Wir stehen alle auf deiner Seite. Stehen neben dir, hinter dir und wir stellen uns jederzeit auch vor dich." Wieder verließ eine Träne Joey Auge. Aber im Gegensatz zu den vorigen war es eine Träne aus Freude. "Als er mir in der Gasse aufgelauert hat... da konnte ich nichts tun... nichts... ich war so steif vor Angst... ich konnte nicht mal was sagen! W... wenn ich ihm im Gericht begegne... was wenn ich dann wieder so erstarre?", gestand Joey ein. "Dann wirst du zu Seto und mir schauen. Du wirst die ganze Zeit uns die Antworten auf die Fragen geben, die dir gestellt werden. Dich ganz auf uns konzentrieren und ihn völlig ignorieren.", erklärte Tristan sanft. "Und Lee wird sicherlich mit dir diese Situation auch trainieren... und vielleicht kann sie erwirken, dass dein Vater..." "Nenn ihn nicht so!", unterbrach Joey seinen besten Freund, wie zuvor die Staatsanwältin. "Wie soll ich ihn nennen?", fragte Tristan behutsam nach. Joey zuckte mit den Schultern. "Die Staatsanwältin nannte ihn Mistkerl.", meinte Joey leise. "Okay... vielleicht kann die Staatsanwältin erwirken, dass der Mistkerl nicht im Saal ist, wenn du deine Aussage machst.", beendete Tristan schließlich seinen Satz. Der Blonde ließ seine Schultern sinken und schien über die Worte nachzudenken. Seto führte ihn zurück zur Sitzgruppe und endlich nahm Joey wieder Platz. Tristan setzte sich zu ihnen und sie plauderten noch eine Weile, so dass Joey sich langsam wieder etwas entspannen konnte. Es tat ihm gut, dass sein bester Freund da war. Das, nach allem was Tristan von ihm erfahren und gesehen hatte, dennoch so zu ihm stand bedeutete dem Blonden viel. Das er ihn und seine Freundschaft verlieren konnte, war lange seine größte Angst gewesen. Das sich diese Angst als völlig unbegründet erwiesen hatte war eine mehr als erfreuliche Erfahrung für Joey gewesen. Seto stand schließlich unter einem Vorwand auf und ließ die beiden alleine. Joey blickte ihm hinterher und lächelte milde. Der Brünette wusste, dass er manchmal einfach etwas Zeit allein mit Tristan brauchte. Und für sein Verständnis war der Blonde seinem Freund mehr als dankbar. Kapitel 60: Ein entspannter Samstag ----------------------------------- Kapitel 61 - Ein entspannter Samstag Als Joey an diesem Samstagmorgen aufwachte fühlte er sich das erste Mal in dieser Woche einigermaßen fit! Diese Woche war für ihn fürchterlich anstrengend gewesen. Angefangen hatte sie mit einem erneuten Aufflammen seiner Agoraphobie, so dass er sich am Montagmorgen fürchterlich schwer damit tat, dass Haus überhaut zu verlassen. Nur mit viel Zeit und Geduld, hauptsächlich aber schlussendlich durch Touji, konnte Joey seine Angst vor dem Verlassen der Villa erneut überwinden. Doch die Autofahrt zur Firma war eine wahrhaftige Geduldsprobe, vor allem für Seto, da Joey einfach nicht ruhig sitzen bleiben konnte. In der Firma angekommen blickte Joey dieses Mal aus dem Aufzug zu Touji und hielt ihm die Tür auf. Dieser blickte fragend erst zu Joey, dann zu Seto und als der CEO nickte, stieg er hinzu und begleitete Joey in die Abteilung. Wollte er letzte Woche nicht auffallen, indem er einen Personenschützer mitbrachte, war es dem Blonden in dieser Woche egal, ob sich daraus Fragen entwickelten. Er hatte Touji einfach in Blickreichweite gebraucht. Ansonsten bekam er einfach keine Ruhe in sich. Dann wurde er von Seto kurz nach der Mittagspause damit überrascht, dass dieser in der Abteilung vorbei kam und einige Worte mit dem Abteilungsleiter sprach. Danach hatte der Abteilungsleiter Joey zu sich gerufen und ihm mitgeteilt, dass er bis auf weiteres nur noch halbtags arbeiten würde. Wütend hatte Joey sofort Seto angestiert, der ihn nur sanft angelächelt hatte. Dann hatte er wieder zu seinem Vorgesetzten geblickt und versucht diesen in seinem Entschluss umzustimmen, doch vergebens. Wenn der Big Boss etwas anordnete, dann würde man 'seinen' Entschluss nicht überdenken. Mehr als wütend war Joey aus dem Büro gestürmt, dicht gefolgt von Touji, der ihn irgendwann einholte und in einen Seitengang zog. Der Ältere half ihm, sich wieder zu beruhigen. Schließlich gelang es dem Personenschützer Joey aufzuzeigen, dass Seto ihn damit nicht ärgern oder bloß stellen wollte, sondern nur sein Wohl im Blick hatte. Dennoch machte es Joey wütend, dass Seto das so ohne weiteres ohne ein Gespräch mit ihm über seinen Kopf hinweg entschieden hatte. Hätte sich sein Freund die Mühe gemacht, hätte Joey gar nichts dagegen gehabt, die Option sogar begrüßt. Aber so war es einfach... scheiße gewesen. Nachmittags hatte er dann einen Termin bei Kai. Auf diese Sitzung hätte er echt verzichten können. Sie war unproduktiv und unerfreulich gewesen. Natürlich wollte Kai das Zusammentreffen mit Joeys Vater thematisieren, doch dem Blonden war einfach nicht danach gewesen. Er wollte weder über das Geschehene, noch über die Gerichtsverhandlung sprechen, die - wie ihm die Staatsanwältin mitgeteilt hatte - ab Mitte Oktober stattfinden würde. Solange würde sein... Solange würde dieser Mistkerl in Haft bleiben und keine weitere Chance bekommen sich ihm zu nähern. Mitte Oktober... also genau dann, wenn Shizuka mit Jack zu Besuch sein würde. Wie sollte er nur dafür sorgen, dass die beiden davon nichts mitbekamen. Er... er wollte einfach nicht, dass die beiden irgendwelche Details darüber erfuhren, wie sein Leben nach der Scheidung ausgesehen hatte. Was sein... Was dieser Mistkerl mit ihm gemacht hatte und wozu er ihn gelegentlich gezwungen hatte. Am Abend hatte er Seto verweigert mit in sein Zimmer zu kommen. Immer noch war er wütend, dass der andere so über seinen Kopf hinweg entschieden hatte. Doch nachdem Joey in der Nacht aus einem Albtraum geschreckt war, war er zu Seto ins Zimmer geschlichen, der scheinbar noch wach gelegen hatte und ihn mit dem Anheben der Decke zu sich ins Bett einlud. Die darauffolgenden Tage waren ähnlich. Am Morgen musste er sich regelrecht zwingen die Villa zu verlassen, am Mittag musste er von seinem Chef förmlich rausgeworfen werden, damit er wieder nach Hause ging. Nachmittags hatte er Termine mit Kai, der diese Woche wieder täglich vorbei kam und nach und nach davon überzeugte, dass sein... dass dieses Monster weggesperrt hörte und dass dazu eben seine Aussage vor Gericht notwendig war. Schließlich hatte Joey eingewilligt. Die Zeit bis Seto nach Hause kam überbrückte Joey damit, dass er sich mit seinem Arbeitslaptop in das Firmennetzwerk einloggte und eben von Zuhause weiter arbeitete. Obwohl er wusste, dass man ihn im Netzwerk sah... sehen musste... wollte er nicht untätig bleiben und niemand - weder Seto, noch sein Vorgesetzter - maßregelte ihn diesbezüglich. So war die Woche schließlich vorüber gegangen. Ein Klopfen riss Joey aus seinen Gedanken und er setzte sich in seinem Bett auf. "Ja?", bat er seinen Besucher schließlich herein. Die Tür öffnete sich und hochgegelte Haare schoben sich zuerst durch den entstehenden Spalt. Tristan. Sofort legte sich ein Lächeln auf Joeys Gesicht. "Hey, Kumpel.", begrüßte der Brünette ihn mit einem Grinsen. "Wie geht es dir?" "Ganz gut... und was liegt bei dir an? Was treibt dich so früh hier raus?", fragte Joey. "Früh ist gut, Alter... Mal auf die Uhr geschaut?", konterte Tristan. Irritiert blickte Joey auf seine Uhr und stellte fest, dass es bereits halb zwölf war. "Oh...", kam es nur überrascht von dem Blonden. "Hey, Lust mit mir was zu unternehmen?", fragte ihn sein bester Freund und Joey nickte, bevor er darüber nachdachte. Tristans grinsen wurde breiter, als er an die Kommode trat und ein paar Klamotten raus kramte. Er warf sie ihm zu. "Dann auf ins Bad und zieh das an.", kam es gut gelaunt von dem Brünetten, der sich auf einen im Raum stehenden Sessel fallen ließ. Sofort schwang Joey seine Beine aus dem Bett und eilte ins Badezimmer. Nach seiner Morgentoilette und der Katzenwäsche schaute er sich die Sachen an, die Tristan raus gekramt hatte. Eine Shorts, die ihm bis zu den Knien ging und ein T-Shirt. Skeptisch darüber, ob er wirklich in den beiden Teilen das Haus verlassen würde, da sie auch schon Mitte September hatten und die Temperaturen bereits kühler geworden waren. Doch er zog sie an und ging wieder zu seinem besten Freund. Der stand mit Schwung auf und grinste erfreut. Dann öffnete dieser die Zimmertür und machte eine Handgeste, dass Joey zuerst das Zimmer verlassen sollte. Dieser blickte auf seine nackten Füße. "Soll ich mir keine Socken anziehen?", fragte Joey verwundert, da das sockenlose Tragen von Schuhen ihn an eine Zeit erinnerte, in der er sich den Luxus von Socken nicht leisten konnte... Doch Tristan schüttelte nur verneinend den Kopf. Mit einem mulmigen Gefühl verließen sie sein Zimmer und steuerten die Treppe nach unten an. Als sie im Erdgeschoss waren führte Tristan ihn erst ins Wohnzimmer und dann weiter in den Wintergarten. Schließlich zu einer Tür, die Joey noch nie aufgefallen war. Als sie diese durchschritten blieb Joey wie vom Schlag getroffen stehen und seine Augen weiteten sich. Sie hatten einen Raum betreten, dessen gefliester Boden eine Senke gefüllt mit Wasser aufwies. Es... es gab in der Villa einen gottverdammten Pool. Und der war gar nicht mal so klein. Mit einem freudigen Quietschen kam Mokuba - in einer Badehose gekleidet - auf ihn zugestürmt und umarmte ihn. Unsicher, was hier vorging legte er einen Arm um den Jüngsten. Dann sah er, wie Seto auch aus einem Nebenraum kam. Auch er trug eine Badeshorts und stellte sich hinter seinen Bruder. Neben sich zog sich Tristan das Shirt über den Kopf und die Jeans von der Hüfte. Darunter kam auch bei ihm eine Shorts bis zu den Knien zum Vorschein. "Wir machen heute einen Pool-Tag.", erklärte Mokuba freudig und überschwänglich, bevor er Joey an seiner Hand packte und ein paar Schritte Richtung Pool zog. Eine seichte Röte legte sich auf Joeys Gesicht. Er liebte Schwimmen eigentlich, aber... er schluckte. "Worauf wartest du, Joey?", fragte Tristan, der ihm einen Arm um die Schulter legte. "Sonst bist du der erste, der im Wasser ist." "Ähm...", stammelte Joey lediglich. Nur zu gern wäre er jetzt einfach so ins Becken gesprungen und hätte ein paar Bahnen geschwommen oder hätte Tristan getunkt. Aber... dazu würden die anderen sicherlich erwarten, dass er sein Shirt auszog. "Zu zögerlich.", kam es vorwurfsvoll von Tristan, der ihm plötzlich einen Stoß versetzte, so dass der Blonde mit einem überraschten Schrei ins Wasser stürzte. Als er wieder auftauchte sprang Tristan lachend neben ihn, bevor er ein paar Meter schwamm. "Oho... seit wann lässt du dir das gefallen, wenn dich jemand einfach so ins Wasser stoßt, hm?", kam es spitzfindig von seinem besten Freund. Und auf einmal... waren alle Bedenken von Joey vergessen. T-Shirt hin oder her, er schwamm dem Brünetten nach, holte ihn ein und tunkte ihn zur Strafe. Dann gesellten sich auch Seto und Mokuba zu ihnen und keiner von ihnen schien sich daran zu stören, dass er immer noch ein T-Shirt trug. Nach einer Weile setzten sie sich an den Poolrand und eines der Dienstmädchen brachte ihnen einige Sandwiches und alkoholfreie Drinks. Danken nahmen sie es ihr ab und genossen die Zwischenmahlzeit. Dabei fiel Joey auf, das das Shirt unangenehm an ihm klebte und seine Bewegungsfreiheit einschränkte. Ohne groß darüber nachzudenken zog er es sich schließlich aus und nahm einen Schluck von seinem Drink. Tristan, Seto und Mokuba grinsten stolz, aber ohne ihn direkt anzusehen. "Alter, wir sollten mal wieder zu Burger World.", kam es plötzlich von Tristan. "Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor, dass wir da zu letzt mampfen waren." Überrascht blickte Joey seinen besten freund an und dachte kurz nach. Es war wirklich schon eine Ewigkeit her... März, wenn nicht sogar schon im Februar... über ein halbes Jahr zumindest. Langsam nickte Joey schließlich. "Sollten wir wirklich mal wieder machen.", stimmte der Blonde schließlich zu. "Gut, weil ganz ehrlich, Alter... du brauchst mehr auf den Rippen, als du jetzt hast!", kam es wie beiläufig von Tristan. Erst jetzt wurde Joey so richtig bewusst, dass er mit dem Entledigen des T-Shirts den anderen den ungehinderten Blick auf seinen Körper erlaubt hatte. Mit einem Seitenblick versuchte er kurz heraus zu finden, wohin er sein Shirt geworfen hatte. Doch Tristan boxte ihn nur spielerisch gegen die Schulter. "Komm Kumpel... lass uns noch 'ne Runde schwimmen!", damit schlug er dem Blonden sanft, aber mit genug Schwung in den Rücken, dass dieser über die Kante gestoßen wurde und samt Drink im Pool landete. Tristan blickte erschrocken hinterher und musste dann auflachen. Doch dann tauchte vor ihm direkt der Blonde aus dem Wasser wieder auf, griff nach seinem Handgelenk und zog ihn - sich selbst vom Beckenrand abstoßend - ins Wasser. Tristan ging samt Sandwich, welches er noch in der anderen Hand gehalten hatte baden. Die Scham und der Ärger wichen bei Joey dem Spaß, den er mit Tristan gerade hatte. Es war eine Ewigkeit her, dass er mit seinem Kumpel schwimmen war oder überhaupt so unbefangen Spaß gehabt hatte. Das war wie Balsam für die Seele zu spüren, dass sein Freund ihn immer noch so nahm, wie er war und nicht lang um irgendetwas drum herum sprach. Schließlich trieben sie zu zweit Kopf an Kopf, die Beine in unterschiedliche Richtungen gestreckt, auf dem Rücken liegend auf dem Wasser. "Danke Tristan.", kam es leise von Joey. "Falsche Adresse, Kumpel.", kam es nur von Tristan. "War Setos Idee!" Überrascht hob der Blonde seinen Kopf aus dem Wasser und blickte zum Rand wo Seto seine Beine ins Wasser baumeln ließ. Mokuba war nirgends mehr zu sehen. Also änderte Joey seine Position, tauchte unter und schwamm zu Seto. Direkt vor diesem kam er aus dem Wasser, stemmte die Hände auf den Beckenrand zwischen Setos Schenkel und schob sich damit noch ein wenig weiter aus dem Wasser. Dann küsste er den Brünetten sanft. "Danke Seto, für den tollen Tag.", bedankte sich Joey nun bei dem richtigen. Seto lächelte nur und legte seine Hand an die feuchte Wange des Blonden. "Es freut mich, dass du Spaß hast.", erwiderte Seto, bevor er sich vorbeugte und seine Lippen wieder auf die des Blonden legte. Kapitel 61: Joeys Angst ----------------------- Kapitel 61 - Joeys Angst Joey würde es nie laut zugeben, aber der Tag mit Tristan, Seto und Mokuba am Pool hatte Kraft gekostet. Aber er hatte auch verdammt gut getan. So war es wenig verwunderlich, dass er bereits um 22.00 Uhr in Setos Arm in sein Bett gefallen war und eingeschlafen war. Seto strich ihm sanft über den Rücken, während er auf seinem Tablett noch ein wenig las. Es waren gerade zwei Stunden, dass sie ins Bett gegangen waren, als Joey begann zu zucken und leise zu wimmern. Sofort legte Seto sein Tablett auf den Nachttisch und beugte sich zu seinem Liebsten. Sanft strich er ihm durch die Haare und legte seine Lippen auf seine Stirn. Doch Joey stöhnte nur gequält auf. "N... nein... n... nicht... i... ich habe nicht... nichts verraten... biiitte...", begann der Blonde im Schlaf zu murmeln. Seto kannte das schon. Seit Joey sich dazu entschieden hatte im Prozess auszusagen mehrten sich die Albträume wieder. "Ich... ich werde mir nicht den Bauch aufschlitzen... nein... ich... ich bin nicht Osachi..." Seto erstarrte. Nicht Osachi? Bauch aufschlitzen? Ihm war bewusst, dass Joey etwas über den Tod des Junganwalts wusste, doch das klang, als wäre er dabei gewesen. Den Bauch aufschlitzen? Sich selbst? Wie beim Seppuku? Der Blonde began zu zittern und einige Tränen pressten sich durch die geschlossenen Augen. Der Brünette zog ihn näher zu sich und hauchte ihm einige beruhigende Worte ins Ohr. Tatsächlich schien sich Joey daraufhin etwas zu beruhigen. Noch im Schlaf presste sich Joey enger an ihn. Sanft streichelte er ihm wieder über den Kopf und das blonde, ihm etwas zu lang gewordene Haar. "Und wie geht es dir heute, Joey?", fragte Kai, der Joey und Seto gegenüber sitzte. "Hm...", kam es sehr lustlos und müde von Joey. "Ist das ein gutes Hm oder ein schlechtes Hm?", fragte Kai mit einem Grinsen. Der Blonde blickte zu ihm auf und musste auch kurz lächeln. Er zupfte nervös an seinem T-Shirt, bis Seto seine Hand über die Hände seines Geliebten legte. Überrascht blickte der Blonde zu ihm auf. Lächelte wieder verunsichert. "Also, wie war dein Wochenende bislang, Joey?", spezifizierte Kais seine Frage. "Gut... wir haben gestern den Tag am Pool verbracht.", kam es stolz von Joey. Kai blickte ihn überrascht an und schaute dann zu Seto. Dieser nickte, ebenfalls stolz wie Oskar. "Erzähl mir ein wenig davon.", bat Kai sanft und Joey begann zu erzählen. Es war genau das richtige, um sich für das Gespräch aufzuwärmen und eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Man konnte deutlich spüren, wie sehr Joey das Spiel im Wasser genossen hatte und wie sehr er Schwimmen liebte. "Das ist einfach großartig... da ihr ja den Pool direkt im Haus habt hindert dich nichts daran, deiner Leidenschaft wieder regelmäßig nachzugehen.", meinte Kai ermutigend. Plötzlich schnappte Joeys Blick zu Seto und blickte diesen mit großen Augen an. "G... geht das wirklich?", fragte Joey unsicher, aber mit Vorfreude bereits gespickt. "Sicher geht das.", kam es sanft lächelnd von Seto, der ihm eine Strähne beiseite strich. "Solang du dich damit zurück hältst Drinks oder Sandwiches reinzuwerfen." Plötzlich schien Joey wie ausgewechselt zu sein, bei dem Gedanken tatsächlich wieder öfters schwimmen zu können. Sein gesamtes Gesicht hatte sich aufgehellt und er strahlte förmlich dabei. "Wie war deine Nacht?", wechselte Kai schließlich das Thema und sofort erstarrte Joey wieder, während er nur sehr langsam sich wieder seinem Therapeuten zuwandte. "Hätte besser sein können.", gab er aber schließlich zu. "In wie fern?", hakte Kai vorsichtig nach. "Schlaf recht unruhig... manchmal... schreck ich auf.", erzählte Joey und blickte vor sich auf den niedrigen Kaffeetisch. "Und von was träumst du so?", fragte Kai nach. Joey zuckte nur mit den Schultern. "Führst du noch dein Traumskizzenbuch?" Der Blonde schluckte und nickte. Nur zögerlich zog er es unter einem Kissen hervor und hielt es fest vor sich auf seinem Schoss. Keiner sprach ein Wort oder versuchte nach dem Skizzenbuch zu greifen. Schließlich schlug Joey es auf und blätterte durch die - teilweise erschreckenden - Zeichnungen, bis er auf den letzten anhielt. Eine nur schematisch dargestellte Person lag am Boden, ihr Bauch geöffnet, irgendwas quoll ihr aus dem Schnitt. Ein Kurzschwert neben ihr am Boden, ein dunkler Fleck symbolisierte wohl eine Blutpfütze. Dann schlug er zur nächsten Seite. Es zeigte Osachis Gesicht. Nur sein Gesicht. Es spiegelte pure Verzweiflung wieder. Dann stockte Joey, bevor er zur letzten benutzten Seite umschlug. Es zeigte ihn selbst, wie er am Boden kniete und vor sich ein rituelles Messer liegen hatte. Um den Bauch eine Bindung. Um ihn herum schattenhafte Figuren, die auf ihn herab blickte. Der Blonde biss sich auf die Unterlippe. "Osachi.", hörte Joey plötzlich Seto eine Frage beginnend. "Er wurde gezwungen Seppuku zu begehen, oder?" Joey riss seine Augen erschrocken auf, bevor er seinen Blick von dem Brünetten auf das mittlerweile wieder geschlossene Skizzenbuch lenkte. Er schluckte zwei, drei Mal. Dann nickte er. "Du hast Angst, dass die Yakuza dich noch einmal haschen könnte und dich auch dazu zwingt?", fragte Seto besorgt weiter. Eine Träne löste sich aus Joeys Augen, bevor er in die andere Richtung blickte. Dann wurde ihm die Tempo-Box von Kai hingehalten. Er nahm sich ein Taschentuch und wischte sich die Träne wieder weg. "Joey, ich denke es ist an der Zeit darüber zu sprechen.", kam es vorsichtig von Kai. Wieder schluckte Joey, bevor er langsam nickte. Seto rückte etwas näher und legte einen Arm um seine Schultern. Zog ihn noch etwas zu sich. "Der Oyabun, war unzufrieden.", begann Joey zögerlich. "Oyabun?", fragte Kai unwissend nach. "Der... Chef der jeweiligen Yakuza.", erklärte Joey ruhig ohne danach weiter zu sprechen. "Warum war er unzufrieden?", wollte Kai wissen. "Weil Osachi Robert getötet hatte. Das war wohl nicht eingeplant und Osachi hatte sich dabei nicht sehr geschickt angestellt. Er war sofort unter Verdacht geraten und der Oyabun befürchtete, wenn die Polizei seiner habhaft werden würde, würden sie mit genügend Druck ihn zum Sprechen bringen.", erzählte Joey schließlich, ruhig - als würde er über einen Film sprechen. Wieder sprach er nicht weiter. Erst als Seto ihn wieder etwas mehr zu sich zog schien Joey sich dessen bewusst zu werden. "Er bettelte um sein Leben, doch der Oyabun... Osachi hat... ähm... hatte eine Schwester. Damit erpresste der Oyabun ihn. Wenn er sich nicht umbringen würde, würde der Oyabun ihn töten lassen und dann würde es Osachis Schwester schlecht ergehen.", erklärte Joey. "Was empfandest du in diesem Moment für den Anwalt?", wollte Kai wissen. Überrascht blickte Joey auf, der versucht hatte, seine Gefühle bei Seite zu schieben und nicht bewusst wahrzunehmen. Doch mit dieser Frage... rückten diese plötzlich in den Vordergrund. Wieder musste Joey schlucken. "Ich hab ihn gehasst, dafür das er Robert getötet hat, aber... er tat mir auch leid... denn scheinbar hatte er all das nur für seine Schwester gemacht. Und obwohl er seine Aufgabe erfüllt hatte, verlangte der Oyabun, dass er sich umbrachte.", kam es kaum hörbar von Joey. Erneut löste sich eine Träne aus seinem Augenwinkel, die er trotzig wegwischte. "Du hast auch eine Schwester", stellte Kai nüchtern fest. Sofort schnappte Joeys Kopf hoch und er blickte Kai mit großen Augen an. Dann nickte er. "Also hast du dich mit ihm identifiziert." Joey knirschte mit den Zähnen. Hass, Mitgefühl... immer wieder die Frage, was er wohl in Osachis Situation getan hätte. Wie konnte er für diesen Mann nur so widersprüchliche Gefühle haben. Er hatte ihm Robert genommen. War dafür verantwortlich, dass dessen Frau und Kinder ohne ihn weiterleben mussten. Und dennoch... für die eigene Schwester etwas zu tun, was man sonst wohl nie in Betracht gezogen hätte... auch Joey würde alles für das Wohl seiner Schwester machen. "Der Oyabun verlor nach drei oder vier Seppuku-Ansätze von Osachi die Geduld und wollte ihm seine Ehre schon absprechen und bedrohte seine Schwester. Da hat Osachi sich den Bauch aufgeschnitten und ist verblutet.", beendete Joey seine Erzählung und biss sich wieder auf die Unterlippe. "Warum denkst du, dass die Yakuza dich im Nachhinein auch noch dazu zwingen würde?", wollte Kai wissen. "Der Oyabun... er wusste das ich wach war. Ich hatte diesen Sack über den Kopf und dennoch hatte er gemerkt, dass ich wach bin. Er sagte, dass es gut wäre, dass es keine weiteren Zeugen gibt, sonst müsste er nach der Schuldbegleichung noch eine weitere Leiche beseitigen.", gestand Joey und konnte die Tränen einfach nicht mehr länger zurück halten. "Aber du hast dich bislang geweigert über diese Woche zu sprechen...", kam es nicht verstehend von Seto. "Mein... dieser Mistkerl... er sagte mir, dass die Yakuza hinter ihm her wäre... weil sie Angst hätte, dass er etwas ausplaudern könnte, um seine Haut zu retten.", offenbarte Joey das letzte fehlende Puzzelteil seinem Freund. "Deshalb wollt er, dass ich mit ihm auf die Wache gehe und die Anzeige wieder zurück ziehe. Was... wenn sein Anwalt in der Verhandlung etwas über diese Woche fragt... ich kann dazu nichts sagen... das... das würde uns alle in Gefahr bringen." Der Blonde ging in verzweifeltes Weinen auf. Seto zog ihn an seine Brust und legte seine Arme schützend um ihn. Wechselte einen Blick mit Kai. Dieser nickte nur. Das war genug für heute. Kai blieb noch, bis sich Joey wieder etwas beruhigt hatte und dann versuchte er noch ein paar beruhigende Argumente zu finden, um Joey die Angst zu nehmen. Dann machte er sich auf den Weg und verließ die beiden. Seto und Joey saßen noch eine ganze Weile im Wintergarten, Joey eng an Seto gekuschelt, während der Brünette ihm sanft über Rücken und Nacken strich und immer wieder sanft in sein blondes Haar hinein glitt. Kapitel 62: Katastrophales Wiedersehen -------------------------------------- Kapitel 62 - Katastrophales Wiedersehen Joey saß im Wohnzimmer an seinem Laptop, lehnte sich gerade gegen die Rückenlehne der Couch und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. Immer noch verfluchte er Setos letztwöchige Intervention bei seinem Abteilungsleiter, die ihn nun zu einem Teilzeitarbeitnehmer machte. Noch immer ärgerte er sich über diese - gutgemeinte - Aktion seines Freundes... es gab ihm das Gefühl, übergangen worden zu sein. Aber ändern konnte er es jetzt ohnehin nicht mehr. Er konnte jetzt nur noch hier, im Wohnzimmer der Villa, sitzen und in die Luft starren. Seinen letzten Ticket - so wurden in der Abteilung Arbeitsaufträge genannt, die in das Projektmanagement System eingepflegt wurden - hatte er schon auf der Arbeit abgearbeitet. Wäre er jetzt noch im Büro hätte er bei seinen Kollegen schauen können, ob er da irgendwo helfen könnte. Aber so... war er zum Nichtstun verdammt, bis sein Chef ihm vielleicht ein Ticket einstellen würde. Joey blickte sich um. Außer ihm war keiner da. Er wusste, irgendwo wuselte das Dienstmädchen herum und der Koch war in der Küche. Touji war in seinem Aufenthaltsraum. Er hatte sich vorhin dahin zurück gezogen, als Kai dazu gekommen war und mit Joey eine Stunde abgehalten hatte. Doch Kai war jetzt auch schon eine Weile weg. Der Blonde hasste das Alleinsein. Er blickte auf die Uhr und stöhnte innerlich auf. Mokuba würde frühestens in anderthalb Stunden nach Hause kommen. Fahrig ging er sich durch die Haare. "Herr?", hörte er die Stimme des Dienstmädchens und zuckte schreckhaft zusammen. Als er sich zu ihr wandte erstarrte er. Kalter Schweiß trat auf seine Stirn und er begann sofort zu zittern. Sein Geist brüllte ihn an wegzurennen, doch seine Beine gehorchten nicht. Der Blonde war so in seiner Angst gefangen, dass er nicht mal mehr Luft holen konnte. "Ich denke, Sie können jetzt gehen. Danke!", kam es von einer tiefen Stimme, die Joey bekannt war, denn vor ihm stand der Oyabun des Yakuza-Clans, der ihn im Sommer hatte entführen lassen. Das Mädchen blickte unentschlossen zu Joey, doch dann legte der Oyabun seine Hand auf ihre Schulter und sie bekam Angst. Daher nickte sie, wandte sich um und ging. Der Mann blickte sich im Wohnzimmer um, als würde er die Einrichtung bewundern, bevor er sich auf der Couch niederließ und Joey fast schon sanft anlächelte. Noch immer konnte sich Joey nicht bewegen. "Hübsch habt ihr es hier!", kam es fast anerkennend von dem Mann. "Wie kommen Sie hier rein!", kam es auf einmal schroff vom Wohnzimmereingang, als Touji in den Raum kam. Sofort eilte er zu Joey, stellte sich vor ihn und schirmte ihn ab. Joey presste sich in seinen Rücken und lehnte die Stirn an seinen Personenschützer. "Durch die Tür.", antwortete der Oyabun. "Und wie kommen Sie auf dieses Anwesen?", hakte Touji scharf nach. "Ich habe am Tor gesagt, ich hätte ein Anliegen, dass ich nur mit Herrn Wheeler persönlich besprechen kann. Daraufhin wurde ich durchgelassen!", erklärte er geduldig und freundlich ohne sein Lächeln zu verlieren. "Ich muss Sie bitten zu gehen!", versuchte Touji freundlich, aber bestimmt die Zügel in der Hand zu behalten. "Ich denke, diese Bitte muss ich zurückweisen, solange ich mein Anliegen nicht vorgebracht habe!", kam es amüsiert von dem älteren Mann. "Und je schneller ich das vorbringen kann, desto eher werde ich gehen!" Dann wandte der Oyabun seinen Blick von Touji und wirkte, als würde er einmal durch den Personenschützer hindurch blicken. Noch ehe Touji was erwidern konnte, ergriff der Yakuza erneut das Wort. "Joseph... mir ist zu Ohren gekommen, dass dein Vater festgenommen wurde, weil du gegen ihn eine Anzeige gestellt hast. Das ist dein gutes Recht und ich hoffe, dir widerfährt Gerechtigkeit in dieser Angelegenheit. Auch hörte ich davon, dass dein Vater möglicherweise etwas gesagt hat, dass dich vermuten ließe, dass wir ein Interesse an dir hätten. Daher bin ich - alleine - hier her gekommen, um dir zu versichern, dass wir Quitt sind und du von uns nichts zu befürchten hast." "War es das nun?", fragte Touji schroff. "Ja!", kam es mit einem Nicken von dem Oyabun, der daraufhin aufstand. Er blickte dem Personenschützer noch einmal in die Augen. Dann wandte er sich zum Gehen. Als er das Wohnzimmer verlassen wollte blieb er nochmal stehen und hatte ein süffisantes Grinsen auf dem Gesicht. "Joseph, solltest du mal etwas brauchen... weißt du, wo du mich finden kannst!" Touji hörte die Haustür, blieb aber noch einen Moment stehen. Dann sah er das Hausmädchen in das Wohnzimmer hinein blicken und ihm zunicken. Er nickte zurück und gab ihr ein stummes Zeichen, dass sie die Tür schließen solle. Sie kam der Aufforderung sofort nach. Erst als auch diese Tür geschlossen war, wandte sich der Personenschützer zu seinem Schützling, der sich an ihn gekrallt hatte, den Kopf hängen ließ, so dass ihm die Haare über die Augen fiel und mehr den je am ganzen Körper zitterte. Vorsichtig legte er seine Hände auf Joeys Schulter der daraufhin laut zu weinen begann, bevor seine Beine nachgaben. Touji fing ihn auf und brachte ihn zu einem Sessel, in den er ihn hinein setzte. Der Blonde schlang seine Arme eng um sich, zog seine Beine auf die Sitzfläche und weinte immer lauter. Touji wusste nicht, was er tun sollte. Wie er seinen Schützling hätte beruhigen sollen. Also schloss er seine Arme um ihn und drückte ihn ein wenig an sich. Nach kaum zehn Minuten kam ein Auto den Weg hinauf gebrettert und Touji konnte die Kiesel fliegen hören, die durch die zu hohe Geschwindigkeit 'wegspritzten'. Kaum einen Augenblick später hörte er die Haustür und dann wurde bereits die Wohnzimmertür aufgerissen. Ein völlig außer Atem geratener Seto stand im Türrahmen und blickte zu Touji, der immer noch den schluchzenden Joey hielt. Seto trat langsam heran, denn er wollte den Blonden nicht erschrecken. Dann nickte er Touji zu, der sich langsam von Joey löste und Seto Platz machte. Sofort klammerte sich Joey an seinen Freund. Seto schlang seine Arme um ihn und zog ihn nah an sich heran. Es hatte Stunden gedauert bis Seto Joey soweit hatte sein Beruhigungsmittel zu nehmen. Danach hatte er ihn in sein Zimmer gebracht, da das Beruhigungsmittel den Blonden extrem schläfrig machte und tatsächlich: Kaum lag Joey auf seinem Bett war er in einen traumlosen Schlaf gefallen. Seto hatte das Zimmer noch einmal verlassen. Vor der Tür stand Touji und Roland, der mittlerweile auch eingetroffen war. "Wie konnte das passieren?", keifte Seto den Personenschützer an. "Der Oyabun hatte am Tor angegeben, dass er Herrn Wheeler etwas persönlich mitteilen müsste. Die Torwache hat ihn dann durchgelassen. Hier oben hat das Mädchen die Tür geöffnet und wurde von der einnehmenden Persönlichkeit des Mannes eingeschüchtert. Nachdem er sie weggeschickt hatte kam sie sofort zu mir und hat mich informiert. Ich bin sofort zu Herrn Wheeler und hab mich zwischen ihn und den Mann gestellt.", erklärte Touji knapp und präzise. "Das ist einfach inakzeptabel.", schrie Seto und wandte sich dann an seine rechte Hand. "Ich will, dass diese inkompetenten Idioten am Tor gefeuert werden. Besorg mir Leute, die ihre Arbeit verstehen und nicht jeden - VOR ALLEM DEN, DEN SIE NICHT REINLASSEN SOLLEN - durchlassen, egal was man ihnen erzählt. Wozu gibt es diese Scheiß Besucherliste!?", schrie Seto fast schon, wobei man spürte, wie schwer es ihm fiel sich zu beherrschen. "Werde ich sofort veranlassen, Sir!", kam es gehorsam von Roland, der aber stehen blieb. "DAS ist katastrophal... das wirft uns im besten Fall um Wochen zurück und im schlimmsten Fall... ARG!", Seto fuhr sich raufend mit den Händen durch das Haar. "Sag Kai, dass er morgen früh als erstes hier her kommen soll. Als allererstes." Dann wandte sich Seto ab, um wieder in Joeys Zimmer zurück zu kehren. Dabei murmelte er weiter und ließ seinem Ärger freien Lauf, bevor er sich endlich beherrschte und sich seiner Alltagskleidung entledigte und in bequemere Sachen schlüpfte, um sich dann zu Joey zu legen. Als dieser die Wärme und Nähe seines Freundes wahrnahm rückte er näher und klammerte sich schutzsuchend an ihn. Seto schlang seine Arme um ihn und legte auch ein Bein über die Beine seines Geliebten. Kapitel 63: Der Verlust der Sicherheit -------------------------------------- Kapitel 63 - Der Verlust der Sicherheit "Hey Joey-Kumpel... ich bin's, Tris... komm lass mich rein!", bat Tristan, der zum vierten Mal an die verschlossene Zimmertür klopfte. Doch wie die drei zuvor gegangenen Male reagierte der Blonde auch jetzt nicht. Er blickte zu Seto. "Alter, wie konnte das passieren?", keifte Tristan ungehalten den anderen Brünetten an, der ihn nur stoisch anblickte und die Arme vor seiner Brust verschränkte. "Das hab ich gestern auch schon gefragt und habe die Verantwortlichen gefeuert!", konterte Seto erbost. "Ich mein, wie saudämlich muss man sein, einen MAFIA-BOSS einfach mal so durchzulassen?", fragte Tristan weiter und schien sich weiter zu echauffieren. "Sir... es ist nicht gerade so, dass dem Oyabun das Wort Yakuza auf der Stirn stand.", wandte nun Touji ein. "Er trug einen maßgeschneiderten Businessanzug und von seinen Tätowierungen, von denen er sicherlich zahllose hat, war nichts zu sehen." "Musste er denn keine Angaben zu seiner Person machen?", keifte Tristan empört. "Natürlich hat er Angaben zu seiner Person gemacht... aber glauben Sie, dass jeder Oyabun am Tor namentlich bekannt ist?", erwiderte Touji. "In seinen Ausweispapieren steht schließlich nicht als Beruf: Oyabun einer örtlichen Yakuza!" "Es geht hier nicht um JEDEN Oyabun von Domino City... sondern nur um diesen einen!", kam es mehr als erhitzt von Tristan. "Erst vor anderthalb Wochen sein Vater... und jetzt sein Vergewaltiger? Was habt ihr erwartet, wie er auf so viel emotionalen Stress reagieren würde?" Tristan wandte sich wieder der Tür zu und klopfte - zum fünften Mal - an. "Komm schon Kumpel... hier sind neben mir nur noch Seto und Touji...", versuchte er ein weiteres Mal den Blonden hinter der Tür zu überzeugen. "Er wird nicht aufmachen, Tristan!", kam es resigniert von Seto. "Wir versuchen schon seit heute früh rein zu kommen!" "Ist euch mal in den Sinn gekommen, dass Joey in seinem Zustand möglicherweise etwas Saudämliches getan haben könnte?", fauchte Tristan Seto an. "Also hol den verdammten Generalschlüssel und schließ diese Tür auf." "Das war das erste, was wir versucht haben, Tristan. Er hat das Schloss von Innen blockiert.", erklärte Seto genervt. "Wieso ist er überhaupt alleine gewesen?", wollte Tristan erbost wissen. "Weil ich heute Morgen kurz an die Tür musste, etwas unterschreiben. Ich war vielleicht zehn Minuten weg. In der Zeit muss er wach geworden sein und hat sich verbarrikadiert.", erklärte Seto und hatte Mühe ruhig zu bleiben. "Okay, dann jetzt anders! Kosten übernimmst du!", kam es entschlossen von Tristan. "Kosten übernehme ich?", kam es irritiert von Seto, doch Tristan hatte sich längst wieder der Tür zugewandt. "Letzte Chance die Tür zu öffnen, Joey!", rief der Brünette durch die Tür, wartete einen Augenblick und lauschte. "Wir kommen jetzt rein!" Damit trat Tristan zwei Schritte zurück, hob das Bein und trat gegen die Stelle der Tür, an dem das Schloss saß. Die Tür gab nicht sofort nach, also trat Tristan ein zweites Mal dagegen. Doch erst mit dem dritten Mal schwang die Tür nach Innen auf. Vorsichtig trat Tristan ein und blickte sich um. Jemand hatte die Übervorhänge zugezogen und somit die Lichtverhältnisse verschlechtert. Im Halbdunkeln blickte er sich um. Das Zimmer war sorgfältig zerlegt worden. So etwas kannte Tristan von Joey nur von der Zeit, direkt nach der Entführung, wenn dieser einen heftigen Albtraum gehabt hatte. "Joey...?", fragte Tristan in das Zwielicht. Als einzige Antwort hörte er ein unterdrücktes Schluchzen. Er orientierte sich daran und das Schluchzen führte ihn in die Ecke zwischen zwei Kommoden. Hinter einer Topfpflanze saß zusammengekauert der Blonde, die Arme eng um sich geschlungen. Langsam trat Tristan an die Topfpflanze und rückte sie weg. Sofort reagierte Joey, in dem er die Arme hoch nahm und versuchte seinen Kopf zu schützen. Vorsichtig kniete sich Tristan vor ihn. Neben ihm ging auch Seto in die Knie. "Hey Joey...", kam es sanfter von Tristan. "Anstrengender Morgen gehabt, hm?" Langsam versiegte das Schluchzen, bevor sich eine Lücke zwischen den Armen bildete und der Blonde sie beiden verweint anblickte. "D... du ahnst ja nicht, wie sehr.", antwortete Joey mit brüchiger Stimme. "Was'n passiert?", fragte Tristan besorgt nach, bevor er vorsichtig seine Hand nach Joey ausstreckte und sie zwischen die Arme schob, um einen wegzuschieben. Schließlich strich er ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er spürte das Zittern des Blonden. "Er ist einfach hier rein spaziert...", brachte der Blonde leise vor. "Hat sich mit mir unterhalten, als wäre nichts gewesen! Als hätten wir nur ein Geschäft abgewickelt." Wieder lösten sich Tränen bei dem Blonden. "Das wird nie wieder passieren, Schatz.", schaltete sich jetzt Seto ein. "Hier kommen nur noch die rein, die auch auf der Besucherliste stehen." "M... meinst du wirklich, der wird sich davon abhalten lassen?", zweifelte Joey verzweifelt. "Wenn... wenn der Oyabun irgendwo rein will, dann findet er einen Weg." "Nein...", widersprach nun Tristan. "Das Wachpersonal wurde verstärkt und es wurde neue Anweisungen ausgegeben. Und Seto wird die Sicherheitsmaßnahmen modernisieren und weiter ausbauen." Seto blickte kurz entgeistert zu Tristan, dann wieder zu Joey und nickte zustimmend. "Das hier wird der sicherste Platz auf der Welt werden.", versprach der Jungunternehmer. "Und vergiss nicht... Touji ist auch noch da... er hat dich beschützt, sich vor dich gestellt. Selbst wenn dieser Typ dich hätte mitnehmen wollen, hätte Touji ihn daran gehindert." Joey blickte auf und zwischen Tristan und Seto hindurch. Noch an der Tür stand sein Personenschützer und hielt respektvoll Abstand. Dann blickte der Blonde zu seinem besten Freund und seiner Liebe. Es fiel ihm schwer ihnen Glauben zu schenken. Der Schreck vom Vortag saß ihm immer noch tief in den Knochen. Auch wenn der Oyabun ihm versicherte, dass sie Quitt waren und er nichts mehr von dessen Yakuza zu befürchten hatte... so richtig glauben konnte Joey es nicht. Im Gegenteil. Vor seinem geistigen Auge sah Joey, wie der Oyabun zurück kam und ihn von seinen Speichellecker packen ließ. Wie sie ihn aus der Villa zogen und zurück in die Lagerhalle brachten, in der er die Woche im Sommer verbracht hatte. Die Schmerzen und die Hitze, die Scham, der Ekel und der Selbsthass flammten wieder in ihm auf. Als er eine Berührung an seinem Gesicht wahrnahm zuckte er zusammen. Sofort wurde er ins Hier und Jetzt geschleudert und blickte völlig entsetzt in Setos Gesicht. Dieser versuchte ihn anzulächeln. Doch irgendwie schob sich das Bild eines der Yakuza über seinen Liebsten, der ihn süffisant und gierig angrinste und sich erregt über die Lippen leckte. "Neeein... geh weg!", schrie der Blonde panisch auf, schob sich in einem ungeahnten Kraftschub an der Wand nach oben und stieß Tristan und Seto um, wollte flüchten und sich der Nähe der anderen entziehen. Doch in seiner Tür stand Touji. Wie ein gehetztes Tier blickte er sich panisch um. Sein bester Freund und sein Geliebter waren wieder aufgestanden und versuchten ihn zu greifen. Doch etwas in ihm sträubte sich immens gegen eine erneute Berührung. Da fiel sein Blick auf sein Bett. Wobei... nicht AUF das Bett, als viel mehr auf den Raum unter seinem Bett. In seiner Verzweiflung warf sich Joey auf den Boden und robbte unter das Bett, rollte sich eng zusammen und konnte nicht anders als erneut zu weinen. Die Bilder in seinem Kopf wollten einfach nicht aufhören und überlagerten teilweise die realen Eindrücke und Wahrnehmungen. Als der Blonde sich UNTER das Bett flüchtete blickten Seto und Tristan sich verdutzt an. Mit so einer Reaktion hatte keiner von ihnen gerechnet. Dann atmete Tristan einmal tief ein, ging zu dem Bett und ging auf die Knie, beugte sich vor und schaute zu Joey. Doch er erkannte sofort, dass momentan kein Rankommen an den Blonden gab. Also setzte er sich auf dieser Seite vor das Bett und lehnte sich mit dem Rücken an. "Ich bin da Joey... ich geh auch nicht weg!", meinte Tristan sanft. "Lass dir die Zeit, die du brauchst und wenn du soweit bist, dann bin ich da." Tristan blickte dann erst zu Seto, der den wortlosen Wink verstand und sich neben den besten Freund seines Geliebten setzte. Dann fixierte Tristan Touji, der immer noch in der Tür stand und nun erschrocken zurück blickte. Schließlich verstand der Mann scheinbar, was Tristan wollte, schloss die Tür hinter sich - soweit das möglich war mit dem zerstörten Schloss - und ließ sich auf der anderen Seite von Tristan auf den Boden nieder. So saßen sie zu dritt vor dem Bett, lauschten dem Weinen des Blonden und warteten. Kapitel 64: Grundbedürfnisse ---------------------------- Kapitel 64 - Grundbedürfnisse Joey wusste nicht, wie lange er unter dem Bett gelegen hatte, als sich ein Grundbedürfnis seines Körpers meldete. Er drehte sich um und sah, dass auf der Seite, von der er unter das Bett gekrochen war, mittlerweile vier Personen saßen. Wann da noch eine Person dazu gekommen war konnte der Blonde nicht sagen, das war völlig an ihm vorbei gegangen. Genauso, wer da dazu gekommen war. Drei von den Personen waren Seto, Tristan und Touji... der vierte... war etwas schmäler und kleiner... Mokuba! Nicht der Kleine! Der Blonde mochte es gar nicht, wenn der Jüngste ihn so am Boden sah... dieses Mal sogar wortwörtlich. Er wusste zwar, dass der Schwarzhaarige längst Bescheid wusste, sowohl, was der Mistkerl getan hatte, als auch, was in der Woche im Sommer geschehen war. Aber dennoch wollte Joey vor ihm nicht schwach wirken. Der Kleine sollte in ihm den ewig gut gelaunte Blonden sehen und nicht das Wrack, dass er tatsächlich war. Da meldete sich wieder seine Blase bei ihm und erinnerte ihn daran, dass er gar keine Zeit hatte hier rumzuliegen und mit sich und den Gegebenheiten zu hadern. Er musste. Jetzt. Also wandte sich Joey der anderen Bettseite zu und begann sich langsam dort heraus zu ziehen. Sein Körper kam ihm seltsam schwerfällig vor, als würde ein tonnenschweres Gewicht auf ihm lasten und versuchen ihn runter zu drücken. Nur mit Mühe gelang es ihm sich hinzuknien und schließlich aufzustehen. Scheinbar hatten die anderen noch nicht bemerkt, dass er wieder unter dem Bett heraus gekommen war. Scham flammte auf einmal bei Joey auf. Er war fast achtzehn und hatte sich unter das Bett geflüchtet, wie ein verängstigter Vierjähriger bei einem Herbststurm. Oh man, noch peinlicher ging es nun wirklich kaum noch... außer wenn er hier weiter dumm rumstehen würde... dann würde er die Peinlichkeit gewiss noch toppen. Also setzte er den ersten Schritt vorsichtig und spürte, dass sein Bedürfnis an Dringlichkeit gewann. Also wischte er seine Hemmungen beiseite und eilte - einmal an den vier verdutzt schauenden Bettwächter vorbei - ins Badezimmer. Ihm war bewusst, dass wenn er das Bad verließ, die vier besorgt vor der Badezimmertür stehen und ihn abfangen würden. Aber was sollte er machen? Er konnte sich nicht im Badezimmer verbarrikadieren. Das würde die Situation nur weiter peinlicher machen. Doch wenn er raus ginge, würden sie ihn nur dazu bringen die Sicherheit seines Zimmers aufzugeben und mit nach unten zu gehen... oder gar das Haus zu verlassen. Allein bei diesem Gedanken bildete sich schon kalter Schweiß auf seiner Stirn. Er wusste, dass das eine Reaktion war, die seiner Agoraphobie geschuldet war. Also der Angst davor die Wohnung oder in diesem Fall sein Zimmer zu verlassen. Aber wollte er sich wirklich von seiner Phobie so einschränken lassen? Er konnte und wollte nicht den Rest seines Lebens auf dieses Zimmer beschränkt sein. Und mit einer Sache hatte Seto recht gehabt: Touji war da gewesen, hatte sich vor ihn gestellt und ihn beschützt. Selbst wenn der Oyabun versucht hätte ihn mitzunehmen, hätte sein Personenschützer das zu verhindern gewusst. Hätte er doch, oder? Und was, wenn der Oyabun nicht alleine gekommen wäre... welche Chance hatte Touji gegen den Oyabun und dessen Lakaien? Nein! Stopp... das war wieder seine Phobie, die ihn beherrschen wollte. Er musste einfach daran glauben, dass Touji das zu verhindern gewusst hätte und in Zukunft auch zu verhindern wusste. Er spülte ab und wandte sich dem Waschbecken zu. Als er sich die Hände gewaschen hatte beugte er sich vor und spritzte sich das kalte, erfrischende Wasser ins Gesicht, bevor er das Wasser abdrehte und zum weichen Handtuch griff. Langsam tupfte er sich das Gesicht ab, bevor er sich die Hände abtrocknete. Ihm wurde bewusst, dass er das sehr langsam tat, weil sein Unterbewusstes, welches fest im Griff der Phobie war, Zeit schinden wollte. Das war ein frustrierender Zustand. Also hängte er das Handtuch nun etwas eiliger weg und öffnete die Tür. Anders als erwartet standen nicht die vier, die vor dem Bett gesessen hatten vor der Tür, sondern Kai. Wann... wann war Kai gekommen? Der Blonde blickte an ihm vorbei und sah, dass Mokuba, Seto, Tristan und Touji immer noch vor dem Bett saßen. Warum saßen sie immer noch da? "Hey Joey.", begrüßte sein Psychologe ihn. "Hallo.", erwiderte Joey unsicher. Dann trat Kai einen Schritt beiseite und versperrte ihm den Blick auf seine Freunde und machte eine einladende Geste zum Sofa, welches am anderen Raumende dem Bett gegenüber stand. Es dauerte einen Moment, bis Joey langsam nickte und dann zum Sofa ging. Kai folgte ihm und sie setzten sich. Dabei hatte Kai ihn so manövriert, dass er von den anderen wenn überhaupt nur noch die Haare sehen konnte. "Ich hörte, du hattest gestern Besuch!", begann Kai das Gespräch gleich am Knackpunkt und hielt sich diese Mal nicht lange mit Smalltalk auf. "Ja.", bestätigte Joey Kais Hörensagen. "Wer hat dich besucht?", fragte Kai sanft. "Der Oyabun.", antwortete der Blonde, der sich sicher war, dass sein Gegenüber die Antwort bereits gekannt hatte. "Der, der Osachi gezwungen hat...", wollte Kai nachfragen, wurde aber von Joey direkt unterbrochen, da dieser nicht wusste, was davon Mokuba schon wusste. "Ja... ja genau der!", kam es schnell von Joey, der vor sich blickte. "Was wollte er?", hakte der Ältere nach. "Er... hat von der Festnahme meines... des Mistkerls gehört und hofft, dass mir Gerechtigkeit widerfährt. Dann wollte er mir versichern, dass ich von ihm und seiner Yakuza nichts zu befürchten hätte. Das wir Quitt wären.", fasste Joey die gestrige Begegnung kurz zusammen. "Ist das denn nicht etwas Gutes?", fragte Kai sanft. "Möglich?", zweifelte Joey deutlich. "Möglich?", wiederholte Kai prüfend. "B... bislang hat die Yakuza stets eingehalten, was sie zusagte.", erwiderte der Blonde leise. "Was hatte sie dir denn davor schon zugesagt?", wollte Kai nun wissen. Joey schluckte. Nervös begann er mit seinen Fingern zu nesteln. Um diese Frage zu beantworten, musste er etwas aus der Woche offenbaren, über die er auf keinen Fall sprechen wollte. Doch Kai würde weiter eine Antwort fordern, ebenso Seto, der in Hörreichweite saß und alles mitbekam. "Er... er sicherte mir zu, dass ich wieder nach Hause kann, wenn... wir Quitt seien.", versuchte Joey möglichst allgemein zu antworten. "Du meinst, nachdem sie dich entführt hatten, hatte er dir das zugesichert.", wollte Kai sicher gehen, es richtig verstanden zu haben. Joey nickte nur und zog die Füße auf das Sofa, während er seine Beine an den Oberkörper ran zog und sie mit den Armen umfasste. "Was gehörte noch zu eurer Absprache?", versuchte Kai langsam vorzudringen. Er wusste, dass wenn er es schaffte, dass der Blonde nur noch ein kleines Stück weiter erzählte, er zukünftig einen Zugang zu der Zeit hatte, über die der Blonde die letzten Monate so beharrlich geschwiegen hatte. "Tut nichts zur Sachen.", wiegelte Joey jedoch ab und biss sich unsicher auf die Unterlippe. "Du brauchst dich wegen nichts schämen, Joey.", versuchte Kai ihm das nötige Selbstvertrauen zu geben, um seine Frage doch noch zu beantworten. Doch Joey wandte seinen Blick zum Fenster, welches entgegengesetzt zu Kai lag. Das war für den Therapeuten ein eindeutiges Zeichen, dass er an dieser Stelle heute nicht weiter kommen würde. Ein lautes Knurren durchbrach die eintretende Stille. Joey Gesicht rötete sich ein wenig. Noch ein Grundbedürfnis seines Körpers meldete sich. "Hey Seto.", rief Kai plötzlich Richtung Bett. Der Angesprochene reckte sich ein wenig und blickte zu dem Psychologen. "Was hat dein Koch heute als Mittagessen vorbereitet?" "Als... Vorspeise einen Caesar Salad mit Avocado, Tomaten und gebratener Geflügelbrust. Die Hauptspeise besteht aus Burger mit Pommes und als Nachtisch einen warmen Apfelkuchen mit Vanilleeis und Schokosauce." Mistkerl, ging es Joey durch den Kopf. In etwa war das genau das, was der Blonde bei Burger World am liebsten bestellte. Woher wusste Seto das. Da fiel sein Blick auf den, der neben Seto saß: Tristan! "Also, wie sieht's aus, Joey... Hunger ist ja scheinbar vorhanden... sollen wir was essen gehen?", stellte Kai die Frage in den Raum. Kapitel 65: Burger und Freunde ------------------------------ Kapitel 65 - Burger und Freunde Joey stand zwei Schritte vor seiner geöffneten Zimmertür. Seine Hände zitterten und verkrallten sich im Stoff seiner Hose. Kai stand vor ihm und lächelte ihn beruhigend an. Der Blonde hatte das Gefühl, dass sein Herz gleich seinen Brustkorb durchstoßen und heraus springen würde. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er eigentlich auch gar keinen Hunger, auch wenn sein Magenknurren ihn Lügen strafen mochte... aber wog er seinen Hunger mit seiner aufkommenden Panik ab, dann überwog einfach die Angst und er spürte, wie er immer mehr das logische Denken verlor. Plötzlich spürte er, wie seine rechte Hand sanft in eine andere Hand genommen wurde. Er blickte zur Hand und folgte dem dazugehörigen Arm hinauf, bis er Seto ins Gesicht schaute, der ihn ermutigend anlächelte. Dann spürte Joey auch an seiner linken Hand eine andere Hand und als er seinen Blick wandte, lächelte ihm Mokuba stolz entgegen. Links und rechts ein Kaiba... wer würde sich jetzt noch an ihn trauen... und dennoch, schaffte er es einfach nicht, noch einen Schritt zu gehen. Dann spürte er auf jeder seiner Schulter eine Hand. Als er über sie nach hinten blickte sah er auf der einen Seite Tristan und auf der anderen Touji. Plötzlich - wie von alleine - machte Joey einen weiteren Schritt nach vorne. Dem folgten noch einer und noch einer und ehe er sich versah war er an der Treppe. Stufe um Stufe stieg er dem Erdgeschoss und damit der Eingangshalle entgegen. Sein Herz schlug schnell, aber nicht panisch. Schließlich kam er im Esszimmer an. Der Tisch war bereits gedeckt und in der Mitte standen schon die Burger unter einer Abdeckhaube. Touji und Tristan lösten sich von ihm, während Seto und Mokuba ihn zu seinem Stammplatz an dem runden Tisch führten. Mit dem Fenster im Rücken und der Tür im Blick ließ sich Joey auf seinen Stuhl manövrieren. Seto saß links von ihm, neben ihm sein kleiner Bruder, während Tristan und Touji sich rechts von ihm niederließen. Ihm gegenüber nahm Kai Platz. "Wie fühlst du dich jetzt, wo du hier unten am Tisch sitzt?", wollte Kai auf einmal von ihm wissen. Joey spielte unter dem Tisch nervös mit seinen Fingern. "Angespannt.", eröffnete der Blonde ehrlich. "Aber... gut." "Die Anspannung wird mit der Zeit wieder nachlassen... so wie bei deinen vorherigen phobischen Ausbrüchen.", versicherte Kai ihm. Dann kam der Koch herein und servierte den Salat. Nur langsam begann Joey den Salat zu verputzen. Er liebte Caesar Salad und vor allem die Hähnchenbrust war ein Genus. Gerade als sie mit dem Salat fertig waren schwang auf einmal die Tür des Esszimmers auf und Joey sprang erschrocken auf. Doch dann blickte er in die überraschten Gesichter von Duke und Yugi. "Schau dir das an, Yug.", kam es gespielt empört von Duke. "Die haben schon ohne uns angefangen." "Ja, aber so wie es aussieht, haben sie bislang nur Salat verdrückt.", konterte Yugi breit lächelnd. "Hey Joey." Tristan grinste den Blonden an, während er ihn wieder auf seinen Stuhl zog. "Als die zwei gehört haben, dass es Burger gibt, sind sie sofort her geeilt.", berichtete Tristan schmunzelnd Joey. Die beiden Nachzügler zogen sich noch zwei Stühle ran und setzten sich links und rechts neben Kai. Mokuba war derweil aufgestanden, beugte sich über seinen Teller, um an die Abdeckhauben ranzukommen und hob diese dann vom Tisch. Darunter kam eine Burger-Pyramide zum Vorschein. Die Burger sahen echt gut aus, musste Joey bei sich zugeben. Alle griffen zu den Burgern und auch Joey nahm sich einen, doch er konnte nicht sofort zuschlagen. Der Schreck von eben war ihm etwas auf den Magen geschlagen und er brauchte einen Moment, bis sich dieser wieder beruhigt hatte. Doch schließlich hatte er sich auch den Burger einverleibt, als die Tür erneut aufging. Er wäre aufgesprungen, doch sein Magen fühlte sich schwer und träge an. So schnellte nur kurz sein Puls in die Höhe, bis er erkannte, dass es nur der Koch war, der den warmen Apfelkuchen mit Vanilleeis und Schokosauce brachte. Er stellte jedem ein Stück vor und verabschiedete sich mit einem Lächeln wieder. Der warme Kuchen war ein Traum. Er schmeckte einfach köstlich und die Note von Zimt, sowie der selbst eingekochten Apfelmasse in Kombination mit dem kalten Vanilleeis und der Schokosauce... Davon hätte Joey noch locker drei oder vier Stücke verputzen können. Als das Essen langsam ausklang stand Kai als erstes auf. "Ich werde mich jetzt auf den Heimweg machen. Wie ich sehe, bist du in den allerbesten Händen. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend und wir, Joey, sehen uns dann morgen um 13.00 Uhr hier wieder.", kam es locker von seinem Therapeuten. Joey blickte zu ihm auf und nickte. "Danke, Kai!", rief er ihm noch hinterher. Kai hob nur die Hand, ohne sich noch einmal umzudrehen. "Nicht dafür, Joey...", erwiderte er, bevor er das Esszimmer verließ. Die kleine Gruppe zog schließlich vom Esszimmer ins Wohnzimmer um, in dem sie sich einer Runde 'Bario Kart' hingaben. Im Verlauf des Abends warf Joey seine Anspannung gänzlich ab und genoss es, mit seinen Freunden einige vergnügliche Stunden zu verbringen. "Hey Joey.", kam es schließlich von Yugi. "Hm?", war alles, was der Blonde erwiderte, während er versuchte seine Führung weiter auszubauen. "Ich hab übrigens immer von 13.30 bis 15.30 Uhr Mittagspause...", setzte der Kleinste in der Runde an. "Da du ja im Moment nur halbtags arbeitest würde ich gern meine Mittagspause mit dir verbringen... was sagst du?" Joey blickte den Bunthaarigen an und war baff. Dann nickte er dankbar. "Das wäre echt großartig, Yug.", erwiderte der Blonde glücklich. "Hey, ich könnte auch ab 15.00 Uhr vorbei schauen.", warf Duke schmollend ein. "Immer bis 16.00 Uhr." Auch er bekam ein dankbares Lächeln von Joey geschenkt. "Danke...", meinte er schließlich leise. "Ach was, doch nicht dafür Joey... Wozu hat man schließlich Freunde?", winkte Duke grinsend ab. "Hey... was macht ihr eigentlich am Wochenende?", kam es plötzlich aufgeregt von Mokuba. Alle blickten ihn überrascht an, dann zuckte Yugi mit den Schultern. "Noch nichts, wieso?", antwortete der Bunthaarige dem Jüngsten in der Runde. "Wie wär's, wenn wir Samstag eine Poolparty machen?", schlug der Schwarzhaarige vor. "Eine Poolparty?", kam es zweifelnd von Duke. "Jap... wir haben einen Pool, den wir kaum nutzen...", erklärte Mokuba mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dem man kaum etwas abschlagen konnte. "Eine Poolparty klingt doch richtig gut.", pflichtete Yugi schließlich bei. Auch Duke und Tristan nickten. "Schade das Ryou nicht da ist, der hätte bei sowas seine helle Freude." "Wo ist Ryou denn?", fragte der Blonde nach, der sich vorhin schon gewundert hatte, dass der Weißhaarige gar nicht zum Essen mitgekommen war. "In England bei seinem Vater.", erklärte Yugi. "Also kommt er wieder?", hakte Joey nach. "Ja, klar... ist nur ein Urlaub, weil Ryous Studium erst im Februar losgeht.", erklärte Duke. Sie saßen noch eine Weile beisammen und erzählten über dies und das und schmiedeten Pläne für das Wochenende. Obwohl der Tag gar nicht gut für Joey angefangen hatte, hatte er sich gut entwickelt und die Anspannung fiel nach und nach von ihm, bis er gänzlich entspannt war. Der Schock des gestrigen Tages rückte in den Hintergrund und die Gesellschaft seiner Freunde bestärkte ihn für die restliche Woche bis zum Wochenende, an dem sie alle gemeinsam eine 'Poolparty' feiern wollten. Kapitel 66: Sanfter Vorstoß --------------------------- Kapitel 67 - Sanfter Vorstoß Nervös kaute Joey auf seinen Fingernägel herum. Eine Angewohnheit, die er schon früher hatte, wenn er angespannt und nervös gewesen war. Er saß in seinem Zimmer auf der gepolsterten Fensterbank und blickte aus dem Fenster, während die Vorhänge ihn ins Zimmer hinein verbargen. Noch immer fiel es dem Blonden schwer sich frei im Haus zu bewegen, wenn er alleine war. Die Angst, dass der Oyabun entgegen seines Versprechens doch wieder hier einfiel, steckte ihm noch deutlich in den Knochen. Oder ihn auf dem Weg zur Arbeit abpasste oder irgendwie auf der Arbeit in eine Situation bringen konnte, dass er sich seiner bemächtigen konnte. So hatte Seto alles arrangiert, damit er diese Woche von zu Hause hatte arbeiten können. Ein Klopfen ließ ihn zusammenfahren. Er reagierte nicht. Lugte durch den Spalt des Vorhanges quer durch den abgedunkelten Raum zur Tür. Diese öffnete sich langsam und schwarze, wuschelige Haare drängten sich durch die Öffnung. Suchend blickte sich Mokuba um. Joey schlug den Vorhang etwas zurück und gab zu erkennen, wo er sich befand. Mokuba kam mit einem erleichterten Lächeln zu ihm gelaufen und kletterte zu ihm auf die Fensterbank. Das Lächeln wich einem besorgten Ausdruck und das war etwas, was Joey einfach nicht ertrug: Den Kleinen so besorgt zu sehen. Nicht wegen ihm. Also blickte er noch einmal kurz aus dem Fenster in den Garten, bevor er ein Lächeln aufsetzte und wieder zu dem Jüngeren blickte. "Na Moki... was gibt es?", fragte Joey sanft. "Du musst das nicht tun... wirklich nicht!", kam es behutsam von dem Jüngeren zurück, der seine Hand jetzt an Joeys Wange legte. Dieser klammerte sich jedoch an seine Maske. "Was meinst du?", stellte sich der Ältere dumm. "Diese Maske tragen. Mich anlächeln, als würdest du dir nicht gerade Gedanken darüber machen, ob dieser Oyabun zurück kommt.", brachte es der Kleine auf den Punkt. Für sein Alter hatte er eine erstaunliche Auffassungsgabe, stellte Joey fest. Sein Lächeln schwand, wurde aber neu von dem Blonden befeuert, was ihm aber dieses Mal nicht so gut gelingen wollte. "Lass mich doch ein wenig für dich stark sein.", bat Joey mit brüchiger Stimme. Mokuba, der auf seinen Fersen gekniet hatte hob sich ein wenig und beugte sich zu dem Blonden vor, um ihn sanft zu umarmen. "Aber Joey, du bist doch stark.", erwiderte der Schwarzhaarige sanft und Joey spürte, dass der Jüngere es wirklich so meinte, auch wenn er sich gar nicht erklären konnte, wie der andere diesen Eindruck gewinnen konnte. Vor allem, nachdem der Blonde den halben Dienstag zusammengekauert unter dem Bett gelegen hatte. "Viele würden sich davon, was dir passiert ist, unterkriegen lassen und die Flinte ins Korn werfen. Doch du stellst dich dem. Jeden Tag kämpfst du, um ein Stück Normalität zurück zu gewinnen. Und wenn dann da mal ein nicht so guter Tag dabei ist, ist das nicht schlimm... dann sind Seto und ich... Tristan, Duke, Bakura und Yugi da und fangen dich auf." Jetzt legte auch Joey seine Arme um den Jüngsten und drückten ihn fest an sich. Eine kleine Träne löste sich aus seinem Auge und er nickte. Er wollte dem Kleinen einfach glauben. Dieser stemmte sich ein wenig von ihm, legte seine Hände auf Joeys Wangen und strich dem Blonden die Tränen weg, während er ihn sanft anlächelte. "Und jetzt zieh dich um. Seto hat mir geschrieben, dass sie auf dem Rückweg sind und alle eingesammelt haben...", meinte Mokuba in einem sanft gebieterischen Tonfall, während er Joey angrinste. "Ich warte vor der Tür und wenn du in fünf Minuten nicht raus kommst, komm ich wieder rein." Mokuba versuchte eine strenge Miene aufzusetzen, wodurch er einfach nur niedlich aussah, weil es ihm einfach nicht gelingen wollte. Dann rutschte der Jüngere von der Fensterbank, tapste durch das Zimmer zur Tür und schloss diese hinter sich. Wenige Minuten später trat Joey in seiner knielangen Badehose und einem T-Shirt vor sein Zimmer. Dort wurde er von einem strahlenden Mokuba in Empfang genommen, der sich seine Hand schnappte und ihn mit sich zur Treppe zum Erdgeschoss zog. Ob sich Mokuba bewusst gewesen war, dass Joey diese Geste brauchte - an der Hand genommen zu werden - oder ob es aus einem kindlichen Bedürfnis heraus geschehen war, war Joey dabei gleich. Gerade als sie den unteren Treppenabsatz erreichten ging die Haustür auf. Für einen Moment überschwemmte Adrenalin Joeys Körper, da sofort vor seinem geistigen Auge aufflackerte, wie der Oyabun durch die Tür kam. Doch schon am heiteren Geplauder und Lachen erkannte Joey seinen Irrtum. Seine Freunde stoben in die Eingangshalle und als sie ihn und Mokuba sahen begrüßten sie die beiden herzlich. Joey entspannte sich wieder und begrüßte seine Freunde. Er war überglücklich, dass sie das Wochenende mit ihnen verbringen würden, angefangen mit der Poolparty, die Mokuba am Dienstagnachmittag vorgeschlagen hatte. Doch bevor sie los legen konnten mussten sie sich umziehen. Mokuba löste sich von dem Blonden und führte die anderen hinauf, um ihnen ihre Zimmer zu zeigen. Derweil legte Seto seine Arme um Joeys Schulter und zog ihn mit dessen Rücken an seine Brust. Joey genoss das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, welches ihm sein Geliebter vermittelte. So sehr, dass er seinen Kopf in den Nacken und damit auf Setos Schulter legte. Dieser wandte sich etwas mehr zu ihm und küsste ihn vorsichtig. Genießerisch erwiderte Joey den Kuss und legte etwas mehr Leidenschaft hinein. Als sie sich lösten, bemerkten sie, dass sie nicht mehr alleine waren. Vor ihnen stand Yugi, der sie sanft anlächelte. "Wie geht es dir, Joey?", fragte der Bunthaarige behutsam. "Gut...", antwortete Joey prompt, bevor er sich selbst berichtigte. "Besser." "Das ist gut.", kam es erleichtert von Yugi. Dabei schien der Kleinste der Runde den Blonden lange zu mustern. Ihm war - wie den anderen ihrer Clique auch - natürlich nicht entgangen wie dünn Joey geworden war. Schon immer hatte der Blonde etwas weitere Sachen getragen, wohl um die Spuren der Übergriffe seines Vaters besser zu verbergen, doch jetzt wirkten die Klamotten einfach viel zu groß und schlabbrig. Schließlich lächelte Yugi ihn sanft an und umarmte ihn noch einmal. Noch ehe Joey etwas sagen konnte hörte er aus dem oberen Stockwerk, wie Tristan und Duke, zusammen mit Mokuba zurück kamen. Auch sie hatten sich umgezogen und trugen, genauso wie Yugi Badeklamotten und einen Bademantel. Sie schienen gerade über irgendeinen Film zu diskutieren. Schließlich kamen sie bei ihnen an und legten freudig ihre Arme um Joey Schulter. Dann führte Mokuba sie zum Pool. Sofort jaulte die Clique freudig auf, als sie den Pool sahen und Tristan nutzte die Gelegenheit Duke ins Wasser zu stoßen. Dieser war davon so überrascht, dass er nicht mehr reagieren konnte und mit einer großen Wasserfontaine ins Becken stürzte. Alle lachten vergnügt und Tristan entschuldigte sich bei dem Punk und wollte ihm wieder aus dem Wasser helfen. Doch Duke nutzt die helfende Hand des Brünetten um sich zu revanchieren, griff nach der Hand, stützte einen Fuß gegen den Beckenrand und stieß sich zur Poolmitte hin ab und zog so Tristan mit sich ins Wasser. Die am Rand stehenden hielten sich - mit Ausnahme von Seto - die Bäuche und lachten amüsiert, als sie dieses Schauspiel beobachten. Plötzlich machte Yugi eine Vorwärtsbewegung und riss Joey mit sich und beide landeten auch im Pool. Gerade als Mokuba für eine ähnliche Aktion ansetzen wollte wurde er von Seto bereits hochgehoben und in einem Bogen mit einem quietschenden Schrei ins Becken geworfen. Seto schritt, während die fünf in der Mitte damit beschäftigt waren sich gegenseitig zu tunken und nass zu spritzen, gemächlich am Beckenrand entlang, bis er am Einstieg - einigen Stufen, die ins Wasser führten - ankam. Dort entledigte er sich seiner Jeans und dem Shirt, welche er noch trug und stieg dann gemütlich und ohne Eile in das Wasser. Sie hatten eine ganze Weile im Pool getobt und saßen jetzt am Rand des Pools. Joeys T-Shirt klebte an ihm und auch wenn er mit ihm seinen Oberkörper verstecken wollte bildete es diesen nun sehr deutlich ab. "Hey Kumpel.", sprach ihn Tristan an, der ihm sanft den Ellenbogen in die Seite stieß. "Wie lang willst du den nassen Stoff noch an dir kleben haben?" Mit großen Augen blickte Joey ihn, bevor der Blick etwas Verzweifeltes bekam. Der Blonde schluckte und wusste nichts darauf zu erwidern. Er ließ nur beschämt den Kopf ein wenig hängen. Es war eine Sache, wenn Tristan so etwas fragte, wenn sie unter sich waren, doch das waren sie jetzt nicht. "So wirst du nur schneller frieren.", pflichtete plötzlich Duke bei. Joey konnte spüren, wie sein Gesicht heiß wurde und sich vor Verlegenheit rot färbte. Da spürte er, wie Seto sein Gesicht näher an ihn schob und seine Lippen fast sein Ohr berührte. "Das sind deine Freunde... vor ihnen braucht dir nichts peinlich zu sein... Nichts... Sie werden weder lachen, noch sich von dir abwenden, Schatz.", flüsterte der Brünette ihm sanft ins Ohr. Er... er hatte Recht, wurde Joey auf einmal bewusst. Diese Menschen standen zu ihm, obwohl sie von all dem Dreck wussten, was sein Vater mit ihm gemacht hatte. Sie wussten von seinem Versuch sich das Leben zu nehmen. Waren immer sofort zur Stelle, wenn er sie brauchte. Gaben ihm Rückhalt, bestärkten ihn, gaben ihm Kraft. Langsam begann er sich das Shirt über den Kopf zu ziehen, so dass es nur noch auf seinen Armen vor der Brust hängte. Der Blonde fühlte sich eigenartig, so entblößt hier zu sitzen. Früher, als sie noch gemeinsam an den See oder ins Freibad gegangen waren, hatte er auch niemals sein Shirt ausgezogen. Hatte Ausreden verwendet, wie, dass er schnell starken Sonnenbrand kriegen würde oder ihm das Lüftchen zu kühl war, um das Shirt auszuziehen. Denn sonst hätten sie all die blauen Flecken gesehen, die er durch die Prügel seines Vaters hatte. Doch heute hatte er keine blauen Flecken mehr an seinem Körper. Heute waren es Narben. Natürlich wussten die anderen von den Narben, aber es war eine Sache, von etwas zu wissen und eine ganz andere, sie wirklich zu sehen. Wie in Zeitlupe ließ er das Shirt sinken und legte es langsam hinter sich. Er wollte seine Arme nicht vor der Brust verschränken, auch wenn der Drang danach enorm stark in ihm war. Zudem mied er den Blick zu seinen Freunden. Ein Platschen riss ihn aus seinen Gedanken und als er vor sich blickte lächelte ihn Yugi aus dem Wasser heraus an. Dann hielt der Kleinste ihm auffordernd die Hand hin. Nur langsam legte Joey seine Hand in die des Bunthaarigen, der ihn sanft vom Rand ins Wasser zog. Als das Wasser ihn wieder ganz umgab entspannte sich der Blonde wieder. Dann folgten auch die anderen und sie tobten noch ein wenig herum. Als sie alle völlig außer Atem waren ließen sie sich eine Weile auf der Wasseroberfläche treiben. Irgendwie hatte es Yugi zu ihm verschlagen und der Bunthaarige ergriff erneut die Gelegenheit für ein paar Worte. "Joey...?", begann der Kleinere. "Hm?", erwiderte Joey entspannt. "Ich bin dein Freund und ich würde dir nie was Böses wollen.", begann Yugi unsicher. Joey öffnete seine Augen und blickte zu dem Bunthaarigen herüber, legte die Stirn in Falten. Was wollte sein Freund ihm sagen, dass er das erst verbalisieren musste? "Du... du warst schon immer dünn... aber seit der Sache im Sommer haben wir den Eindruck, dass du immer magerer wirst..." schnitt der Kleinere endlich das Thema an, was ihm scheinbar unter den Fingernägel brannte. Peinlich berührt blickte Joey wieder zur Decke. Was hätte er auch darauf erwidern sollen? Er aß regelmäßig, darauf achtete schon Seto und Mokuba, doch er bekam kaum was runter. Der Stress und die innere Angespanntheit, die er oft ins ich trug, ließen nicht zu, dass er mehr aß, denn sonst erbrach der Blonde und das war ihm zuwider. "Keine Sorge, Kumpel... lieb von euch, dass ihr euch Sorgen macht, aber alles im grünen Bereich.", erwiderte Joey. Alles im grünen Bereich? Selbst Doktor Akari hatte bei der letzten Untersuchung angemerkt, dass er gefährlich nahe an die Grenze zum Untergewicht gerutscht war. "Wir würden gerne gleich grillen... wärst du mit von der Partie?", fragte Yugi ihn mit einem Lächeln. "Klar.", stimmte Joey mit Freude zu. Auch wenn er wusste, dass er dabei kaum mehr essen würde, als bei einer normalen Mahlzeit freute er sich darauf, endlich mal wieder mit seinen Freunden einen Grill zu befeuern. Zwar war es draußen relativ kühl geworden, aber nicht so, dass man direkt fror. Also warum sollten sie nicht grillen? Und tatsächlich freute sich Joey darauf. Kapitel 67: Der Wert eines Lebens --------------------------------- Kapitel 67 - Der Wert eines Lebens "Der Mistkerl will ein Gespräch?", kam es verblüfft von Sergeant Yuki Nagasato, der die Staatsanwältin Amy Lee gegenüber stand. Diese wirkte ebenso wenig begeistert davon, aber sie nickte. "Sein Anwalt war bei mir und bat mich, zusammen mit dir, zum nächstmöglichen Besuchertermin zu kommen. Er hätte uns etwas anzubieten.", schilderte Amy ihrer Freundin Yuki. "Das ist eine Fahrt von einer dreiviertel Stunde bis ins Bezirksgefängnis. Ich hoff, dass er uns was echt Gutes zu bieten hat!", erwiderte Sergeant Nagasato mürrisch, während sie aufstand und ihr Jackett von der Stuhllehne zog und sich überzog, bevor sie vom Kleiderständer ihre Jacke anzog. "Das hoff ich auch.", pflichtete ihr die Staatsanwältin zu. Als Yuki und Ami aus dem Dienstfahrzeug ausstiegen streckten sie sich, nach der 45 minütigen Fahrt. Beide waren nicht zum ersten Mal hier. Eigentlich war es eine schöne Umgebung, die auf der einen Seite von Feldern dominiert wurde, die aber zu dieser Jahreszeit bereits abgeerntet waren und brach dalagen und auf der anderen Seite das Gebirge, dass den Talkessel, in dem die Region lag, umgab. Es war ein schöner Tag, mit wenigen Schäfchenwölkchen, die vor dem blauen Himmel ihrer Wege gingen. Diese idyllische Landschaft wurde durch den grauen, mehrfach umzäunte und ummauerten Gebäudekomplex mit den zahlreichen Wachtürmen gestört, der hier so deplatziert wirkte, wie ein Panzer auf dem Woodstock Festival. "Wenn dieser Arsch uns umsonst hier raus bestellt hat, nagel ich ihn an die Wand.", kam es bedrohlich von der Polizistin, die auf ein Wiedersehen mit diesem fehlgeleiteten und völlig verblendeten, chauvinistischen Pädophilen verzichten konnte. "Ich werde mich dann umdrehen, damit du freie Hand hast.", kam es beruhigend von der Staatsanwältin mit einem sanften Unterton. Es war immer eine nervige Prozedur für Yuki Nagasato als Polizistin ein Gefängnis zu betreten. Sie musste all ihre Waffen zuerst in einen Sicherheitsbehälter verschließen, dann einen Besucherantrag ausfüllen, in dem sie ihr Anliegen genau schilderte, bevor sie dann mit ihren Begleitpersonen einen Besucherausweis erhielt und in einen speziellen - privaten - Gesprächsraum gebracht wurden. Dann mussten sie darauf warten, dass der Gefangene, den sie zu sprechen wünschten hergebracht wurde. Doch schließlich wurde Joseph Wheeler Senior in Begleitung seines Anwalts herein gebracht und an seinem Sitzplatz gesichert, so dass er weder für seinen Anwalt, noch für die beiden Frauen eine Gefahr darstellen konnte. Nun ja, so wie der Mann heute aussah bezweifelten beide Frauen, dass er überhaupt für irgendwen eine Gefahr darstellte. Sein Gesicht war halbseitig blau verfärbt und geschwollen, ihm fehlten zwei Zähne und die Spuren der Gewalt zogen sich auch unter seiner Kleidung fort, wenn sie Hals und Arme so betrachteten. Scheinbar hatte der Mann die Gefängnisgerechtigkeit erfahren... oder die Yakuza hatte ihn erwischt. "Joseph.", kam es überrascht, aber mit einem schadensfrohen Unterton, von Sergeant Nagasato. "Was ist passiert?" "Als ob Sie das nicht wüssten!", zischte der abgehalfterte Mann mit unterdrücktem Ärger und Wut. "Ich hab in der Tat keine Ahnung.", kam es mit erhobenen, abwehrenden Händen von der Polizistin. "Mein Mandant wurde in den letzten zwei Tagen mehrfach angegriffen.", beantwortete der Strafverteidiger die gestellte Frage. Der Strafverteidiger war ein Mann Anfang dreißig, der scheinbar noch nicht lange Strafverteidiger war. Sein braunes Haar war ordentlich zurück gekämmt und der Anzug, den er trug, schien von der Stange zu sein. An seinem linken Handgelenk trug er eine billig aussehende Armbanduhr, deren Armband zweifach geflickt worden war. Ein Senffleck auf dem Hemd, der unter der Krawatte herausschaute ließ darauf schließen, dass er oft in Eile irgendein Fastfood in sich reinstopfte. Wie Amy Lee bereits wusste, war sein Name Zenzo Dan. "Von wem?", hakte Yuki nun nach und schien ehrlich daran interessiert zu sein. "Von seinen Mithäftlingen.", kam es oberflächlich von dem jungen Anwalt, der sich scheinbar vorgenommen hatte diesen Mistkerl nach bestem Wissen und Gewissen zu verteidigen. "Was war der Anlass dafür?", bohrte Yuki weiter, die sich bereits denken konnte, was los war. Scheinbar hatte Wheeler Senior bereits einen Vorgeschmack auf seinen Gefängnisalltag erhalten, sobald er mal verurteilt war. Sicherlich war er mit einem Mithäftling ins Gespräch gekommen und hatte davon gefaselt, dass er völlig zu Unrecht hier wäre und dann seine verdrehte Wahrheit zum Besten gegeben. Man konnte von den Insassen einer Strafanstalt halten was man wollte, doch selbst diese kannten Grenzen, die sie sühnten, wenn einer diese übertrat. Und Kindesmissbrauch wurde ganz übel und konsequent geahndet. "Komm schon, Schneckchen...", wollte der Alte loskeifen, als sein Anwalt ihm eine Hand auf den bandagierten Arm legte und ihn zur Ordnung mahnte. "Schneckchen?", kam es empört von der Polizistin. "Entschuldigen Sie bitte meinen Mandanten. Er hat starke Medikamente gegen die Schmerzen bekommen, die ihn etwas neben sich stehen lassen.", erklärte der Strafverteidiger, der versuchte die Situation zu retten. "Wir sind hier, weil ihr Mandant uns herbat, angeblich, weil er uns etwas anzubieten hätte. Hier sind wir, aber unsere Zeit ist begrenzt... also kommt jetzt noch etwas Produktives oder haben wir den Weg umsonst gemacht?", blaffte Yuki den Strafverteidiger an. Ihr Geduldsfaden war bezüglich dieses widerwärtigen Mistkerls ohnehin schon dünn, aber er verstand sich vorzüglich darauf, ihn noch weiter zu spannen. Also musste er sich nicht wundern, wenn ihr Geduldsfaden schließlich riss. "Entspann dich.", kam es von dem Kinderschänder. "Ich will ja nicht an deine Möse!" "Nein... aber wenn ich ein hilfloser Junge wäre, dann würdest du an meinen Arsch wollen!", konterte sie mit einem provozierenden Grinsen. "Muss ich mir das echt sagen lassen?", brauste jetzt Joseph auf und blickte dabei seinen Anwalt an. "Herr Wheeler, bitte.", kam es beschwichtigend von dem Anwalt. "Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es auch heraus!" Die Frauen mussten sich ein Grinsen verkneifen. Scheinbar war die Art seines Mandanten dem Strafverteidiger selbst zuwider. Der Mann im hellblauen Gefängnisoverall sah ihn nur verblüfft an. "Scheiße, du stehst auf meiner Seite, Jungchen.", murrte der Insasse. "Das heißt aber nicht, dass ich ihre Unverschämtheiten einfach so hinnehmen muss.", gab Zenzo Dan zurück. "Ich, als ihr Anwalt, kann Ihnen nur raten, sich verdammt nochmal am Riemen zu reißen und solche Unverschämtheiten zu lassen, vor allem, wenn Sie auf die Hilfe und das Entgegenkommen der Damen hoffen wollen." Joseph hob seine Hände, die mit Handschellen und einer Kette an dem Tisch festgemacht waren in einer Geste der Ergebenheit. Seine gesamte Körpersprache begann sich auf einmal zu ändern. Der Chauvinist wirkte auf einmal kleinlaut, gebeutelt und verzweifelt. "Ich will, dass Sie mich nicht wegen der Geschichte mit meinem Jungen verurteilen lassen.", fing der Senior an und Yuki konnte nicht anderes, als kurz spöttisch aufzulachen, bevor er fortfuhr. "Ich kann Ihnen Informationen bieten zu der Kitabatake-gumi*. Mit diesen Informationen können sie die älteste Kumi in Domino zerschlagen und den Oyabun wegsperren." "Sie können nicht wirklich glauben, dass wir Sie wieder auf freien Fuß setzen werden.", kam es nun empört von Amy, die sich die ganze Zeit vornehm zurück gehalten hatte. "Das ist lachhaft!" "Nein, ist mir schon klar, dass die... 'Damen' mich wegsperren wollen, weil ihre beschränkte Auffassungsgabe nicht die Wahrheit erfassen kann.", kam es herablassend von dem Mann, der aussah, als wäre er wiederholt gegen eine Wand gefallen. "Ich erde mich dabei verschiedener Dinge schuldig bekennen. Sie sorgen dafür, dass ich die Mindeststrafe erhalte und diese in einem Gefängnis absitze, wo man weder von den Lügen weiß, die hier kursieren, noch die Kitabatake-gumi Einfluss hat und an mich rankommt." "Warum?", kam es jetzt laut fragend von Yuki. Die Polizistin war irgendwann aufgestanden und stemmte jetzt ihre Hände auf den Metalltisch. "Was ist los Joseph... hast du schon einen Vorgeschmack auf das erhalten, was die Insassen mit Kinderschänder so tun? War das etwa nicht ganz nach deinem Geschmack?" "Sergeant, ich bitte Sie!", kam es nun tadelnd von dem Strafverteidiger. "Sie wollen sich doch nicht auf das Niveau meines Mandanten herab begeben und sich dann möglicherweise mit Erfahrung schlagen lassen." Yuki bedachte den Anwalt kurz scharf. Hatte der Anfang noch geklungen, als wolle er sie zurechtweisen, hatte sie den Eindruck, dass er genauso wenig von dem Mistkerl hielt, wie Amy und sie. "Mein Mandant ist sich darüber im Klaren, dass die hier angesprochene Mindeststrafe länger ist, als die mögliche Höchststrafe, die er auf Grund den Anschuldigungen seines Sohnes bekommen könnte, aber höchstwahrscheinlich nicht bekommen wird.", begann der Junganwalt. "Doch er weiß auch, dass er im Falle einer Bewährungsstrafe sein Leben verwirkt hätte, da die angesprochene Kumi seiner Habhaft werden würde. Und selbst wenn er zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt werden würde, würde er diese nicht überleben. Jedenfalls nicht, wenn seine Mithäftlinge erfahren, wofür er verurteilt wurde. Mein Mandant ist also bereit garantiert und länger einzusitzen, als bei der ursprünglichen Klage, sofern Sie ihm entgegenkommen." Yuki und Ami blickten aus den Augenwinkeln zueinander. Dann stand Amy auf und richtete ihr Kostüm, welches sie heute trug. "Das kann ich nicht sofort entscheiden. Ich muss mit dem Bezirksstaatsanwalt, sowie dem Anzeigesteller sprechen.", kam es neutral klingend von Amy. Sie spürte den ungläubigen Blick ihrer Freundin auf sich, die nicht verstand, warum sie nicht sofort 'Nein', 'Nope' oder 'Auf gar keinen Fall' sagte. Doch hier und jetzt, war nicht der geeignete Zeitpunkt ihr das zu erläutern. Während der Prozedur aus dem Gefängnis wieder heraus zu kommen hatten die beiden Frauen kein Wort miteinander gesprochen. Als die Polizistin all ihre Habseligkeiten wieder hatte und sie die Strafanstalt verließen reichte es Amy. "Ich sag es nicht gerne, aber dieser Deal ist gut!", meinte Amy. "Das kannst du doch nicht wirklich denken!", keifte Yuki zurück. "Komm schon Yuki... du weißt genauso gut, wie ich, dass er für das, was er dem Jungen angetan hat, bei einem uns wohlgesonnenen Richter höchstens vier oder fünf Jahre aufgebrummt bekommt, von denen er wohl die letzten beiden auf Bewährung ableisten dürfte.", rechtfertigte sich die Anwältin. "Es ist so gut wie unmöglich, dass er die Höchststrafe von zehn Jahren bekommt, es sei denn wir finden andere - nicht existente Opfer. Für das andere, was er uns anbietet, bekommt er mindestens 10 Jahre ohne Bewährung, wenn nicht sogar ein paar Jahre mehr! Und sollte es nicht unser Ziel sein, diesen Mistkerl so lange wie es geht wegzusperren?" Yuki ließ die Worte ihrer Freundin auf sich wirken und schlug frustriert gegen ihren Wagen. "Was ist das für eine Welt, in der man für das Zerstören einer kindlichen Seele und eines ganzen Lebens Bewährungsstrafen bekommt, aber wenn man beim Klauen von einer Handtasche bis zu einem Jahr Knast aufgebrummt bekommt?", kam es verzweifelt von der Polizistin. "Wenn du zu Joey gehst und ihm von dieser Option erzählst, wirst du nur sein ohnehin kaum vorhandenes Selbstwertgefühl völlig zerstören. Du wirst signalisieren, dass sein Leid nichts wert ist und du seine Gerechtigkeit auf Grund anderer Prioritäten opferst." Wieder entstand ein Schweigen zwischen den Frauen, bevor sie einstiegen und zurück in die Stadt fuhren. * Anm.: Kumi / -gumi (jap.) - Bande: So, wie es keine ganzheitliche Mafia gibt, sondern diese sich in 'Familien' untergliedert, so gibt es auch keine ganzheitliche Bōryokudan / Yakuza, sondern diese untergliedern sich in Banden / Gruppen sogenannten Kumi bzw. wenn man eine bestimmte meint hängt man dem Namen der Bande das Suffix -kai oder -gumi an. Kapitel 68: Wertlos ------------------- Kapitel 68 - Wertlos "Ich will für Sie hoffen, dass das nur ein geschmackloser Scherz sein soll.", kam es leise und bedrohlich von Seto, der nicht sitzen bleiben konnte und aufgestanden war. Ungläubig blickte er die beiden Frauen an: Staatsanwältin Amy Lee und Sergeant Yuki Nagasato. "Herr Kaiba, Sie können uns glauben, dass wir mit dieser Entwicklung alles andere als zufrieden sind.", begann Sergeant Nagasato. "Aber er hat dieses Angebot gemacht und der Bezirksstaatsanwalt würde die Chance gerne wahr nehmen, die Kumi, die für Joeys Entführung und Horrorwoche verantwortlich ist, zu zerschlagen." "Aber der Alte ist doch nur ein dummer Schwätzer... er ist ein Spieler, der überhaupt nichts weiß.", keifte Seto laut und konnte nicht fassen, dass die Staatsanwaltschaft das tatsächlich in Erwägung zog. Dann spürte er auf einmal eine Hand auf seinem Unterarm und als er neben sich blickte lächelte Joey ihn nur sanft an. "Seto... ist in Ordnung.", kam es leise von dem Blonden. "In... In Ordnung?", kam es fassungslos vom Jungunternehmer. "Gar nichts ist in Ordnung. Wenn du dem Vorschlag zustimmst, wird er für das, was er dir angetan hat nie belangt werden." "Dafür käm er aber für eine lange Zeit ins Gefängnis. Das ist doch viel besser, als wenn er eine Bewährungsstrafe bekommt und frei durch die Gegend stromern würde.", wandte Joey leise ein. "Aber dir würde keine Gerechtigkeit widerfahren, Schatz.", holte Seto erneut aus. "Meine Gerechtigkeit wäre die Gewissheit, dass ich mich da draußen frei bewegen kann ohne Angst haben zu müssen auf ihn zu treffen. Zu wissen, dass er ohne eine Chance auf Bewährung mindestens 10 Jahre einsitzt." Seto zog seinen Freund an sich und presste ihn fest an seine Brust. Etwas sträubte sich in Seto bei dem Gedanken, dass sein Freund den Anspruch auf Gerechtigkeit aufgab, nur damit die Staatsanwaltschaft möglicherweise die Kumi zerschlagen könnte. "Wir sollten vorher mit Kai darüber sprechen.", versuchte Seto einen Aufschub zu erwirken. "Nein, wirklich... so ist es besser. Für alle.", kam es leise von Joey, der sich dann an die Staatsanwältin wandte. "Wo muss ich unterschreiben?" "Joey...", kam es jetzt von Amy. "Du solltest auf deinen Freund hören... sprich erst mit deinem Therapeuten darüber. Die Zeit haben wir." "Nein!", kam es entschlossen von Joey. "Sofern Sie mir garantieren, dass er für eine lange Zeit weggesperrt wird, ist mir alles Recht." Unentschlossen blickte Amy zu ihrer Freundin Yuki, bevor sie zu Seto schaute. Doch auch dieser sah ratlos aus. Dann zog sie aus ihrer Aktentasche das Schriftstück, welches festhielt, dass Joey darauf verzichtet, gegen seinen Vater rechtlich vorzugehen, wenn dieser seinerseits erheblich zur Zerschlagung der Kumi beiträgt und für die Verbrechen, die er in dieser Verbindung begangen hatte ins Gefängnis gehen würde. Kurz zögerte Joey, dann unterschrieb er das Dokument, schob es Amy zusammen mit deren Kugelschreiber zurück und wandte sich ab. "Joey...", kam es nochmal von Amy. "Bist du dir wirklich ganz sicher? Wenn du das hier nicht willst, steh ich auf deiner Seite und werde alles tun, was in meiner Macht steht, dass er wegen den Verbrechen an dir so lang wie möglich weggesperrt wird. Der Blonde wandte sich mit einem bitteren Lächeln noch einmal zu ihr. "Wir wissen beide, dass die Chance ihn deswegen wegzusperren gleich Null ist. So ist es besser...", erwiderte er mit bitterem Unterton, bevor er sich wieder abwandte und den Raum verließ. "Ich hoffe, es lohnt sich!", kam es zischend von Seto, bevor er sich auch abwandte und Joey folgte. Erst im Wintergarten holte Seto Joey ein. Joey stand dort vor den Orchideen und blickte diese an. Dabei biss sich der Blonde auf die Unterlippe und sah aus, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Sanft umschloss Seto ihn von hinten mit seinen Armen und zog ihn eng an sich. Nur langsam lehnte sich Joey an die Brust seines Freundes und schloss für einen Moment die Augen. Er schluckte zwei, drei Mal, bevor er die Augen wieder öffnete und eine Träne sich löste. "So ist es wirklich besser.", kam es mit erstickender Stimme von dem Blonden. Seto hob seine Hand und strich ihm die Träne weg. Doch der ersten folgte eine zweite. "Wenigstens wird er für eine lange Zeit weggesperrt." "Warum weinst du dann?", hakte Seto nach, der schon ahnte, dass mehr hinter der Träne steckte, als Erleichterung. "Weil es jetzt offiziell ist...", antwortete Joey traurig, bevor er seinen Blick zu Boden senkte. "Was ist offiziell?", hakte Seto behutsam nach. "Ach egal.", kam es auf einmal gespielt fröhlich von Joey, der sich von Seto lösen wollte. Dieser zog ihn wieder zu sich, dieses Mal so, dass sie einander anschauen konnte. "Noch können wir deine Einwilligung wieder zurück ziehen, Joey.", gab der Brünette zu bedenken. "Und dann?", kam es bitter und wütend von Joey. "Du hast sie doch gehört... die Höchststrafe von 10 Jahren ist unwahrscheinlich. Obwohl er mich fünf Jahre lang... was hat Amy gesagt? Wahrscheinlicher wäre eine Strafe zwischen zwei und vier Jahre, wobei er mindestens zwei Jahre seiner Strafe auf Bewährung ausgestellt bekäme? Ist das Gerechtigkeit? So wird er wenigstens garantiert für mindestens zehn Jahren aus dem Verkehr gezogen." Plötzlich konnte Joey nicht anders als sich mit der Stirn an Setos Brust zu lehnen und bitterlich zu weinen. Das Gefühl, dass das eigene Leid scheinbar nichts wert war zermürbte das bisschen Selbstwertgefühl, welches er sich in den letzten Wochen mühevoll aufgebaut hatte wieder. Was war das nur für eine Welt, in der man schon ein Jahr Gefängnis bekam, wenn man das Eigentum anderer beschädigte, aber auf Bewährung raus kam, wenn man ein ganzes Leben zerstört hatte? Nun hatte er es doch ganz offiziell: Sein Leben war nichts wert. Als Kai an diesem Nachmittag kam empfing ihn Seto. Dieser setzte ihn über die Entwicklungen am Vormittag in Kenntnis und was für ein Tiefschlag das unterm Strich doch schließlich für Joey gewesen war. Als sie dann zu Joey gingen, der immer noch im Wintergarten saß und aus der Glasfront starrte, reagierte dieser nicht. Weder auf die Begrüßung, noch auf den Smalltalk. Erst als Kai den Vormittag ansprach blickte ihn Joey bitterböse an, bevor er aufsprang und aus dem Wintergarten stapfen wollte. Seto hechtete ihm hinterher und stellte sich ihm in den Weg. "Lass mich vorbei.", fauchte Joey. "Nein!", kam es sanft von Seto. "Du sollst mich hier raus lassen!", knurrte Joey ihn nochmals an. "Kai versucht mit dir zu reden.", erwiderte Seto nur tonlos. "Schön... ich will aber nicht mehr!", zischte der Blonde. "Was willst du nicht mehr?", bohrte Seto nach. "Das alles... ich hab keine Lust mehr über den ganzen Scheiß zu sprechen. Bringt doch eh nix! Ich hab immer noch Albträume, kann dieses verdammte Haus wieder nicht verlassen, und besser fühl ich mich dadurch auch nicht. Nur entblößt und dumm und schwach!", brüllte Joey wütend. "Joey...", setzte Seto sanft an, doch wurde direkt von seinem Freund unterbrochen. "NEIN!", schrie dieser ihn nur an. "Schluss, aus, fertig mit Seelenstripteas. Du hast sie doch gehört... mein Leid spielt keine Rolle. Ist unwichtig. Nichts wert...!" Wieder kamen Joey die Tränen und als Seto sie ihm wegstreichen wollten zog Joey trotzig seinen Kopf nach hinten weg. "Es wird nicht mehr lange dauern, dann wirst auch du die Schnauze von mir und meiner Unfähigkeit, dich an mich ran zu lassen, voll haben!", flüsterte der Blonde, während er den Kopf hängen ließ. Damit schob er sich an Seto vorbei und rannte zum Foyer und dann die Treppe hinauf. Bestürzt blickte Seto ihm hinterher. Als er ihm nach wollte wurde er von Kai aufgehalten. "Er braucht Zeit... und er wird dich provozieren, damit er Recht behält... sei besonnen!", mahnte ihn der Psychologe und Seto nickte verstehend. Kapitel 69: Aus dem Schneckenhaus locken ---------------------------------------- Kapitel 69 - Aus dem Schneckenhaus locken "Wie sieht es aus?", fragte Kai Seto, während sie die Treppe hinauf stiegen. "Unverändert.", kam es geknickt von dem Jungunternehmer. "Seit vorgestern liegt er im Bett. Reagiert nicht auf Klopfen. Kommt man so ins Zimmer zieht er seine Decke über den Kopf und verweigert jegliche Interaktion. Abends schließt er die Tür dann ab. Ich hör durch die Tür, wie er Albträume hat. Schreit. Aufwacht. Weint. Aber er will mich nicht zu sich lassen. Er isst auch nichts mehr..." "Hm... das ist alles sehr bedenklich!", wandte Kai besorgt ein. Dann erreichten sie Joeys Zimmertür. Seto klopfte an. "Joey... Kai und ich würden gerne mit dir sprechen!", rief Seto durch die geschlossene Tür. Doch wie schon gestern und vorgestern am Abend kam keine Reaktion von dem Blonden. Vorsichtig öffnete Seto die Tür des Zimmers. Die Vorhänge waren zu gezogen und die Fenster geschlossen. Die Luft war miefig und stickig. Im Bett nahm der Brünette eine Bewegung wahr, als sich sein Geliebter mehr zusammen rollte und die Decke noch enger um sich schlang. Seto blickte mit diesem 'was hab ich gesagt'-Ausdruck zu Kai. Der nickte nur und schob Seto und sich ins Innere des Raumes. Sie schlossen hinter sich die Tür. Kai deutete Seto an, dass er zu den Fenstern gehen sollte, um die Vorhänge zurück zu schlagen und sie auf Kippe zu stellen. Seto nickte und tat, wie ihm geheißen wurde. Das führte nur dazu, dass Joey sich noch enger zusammen rollte. Dann nahm sich Kai und Seto ein Stuhl, stellten sie auf die Seite zu der Joey blicken würde, wenn er sich nicht die Decke über den Kopf gezogen hätte und nahmen Platz. "Seto... was bedeutet dir Joey?", fragte Kai, als würde er ganz normal Smalltalk betreiben. "Er ist mir mit der Wichtigste auf der Welt und ich will ihn nie wieder an meiner Seite missen.", antwortete Seto sofort ohne nachzudenken. "Wie fühlst du dich, wenn du Joey jetzt hier so liege siehst?", kam die zweite Frage des Psychologen. "Es bricht mir das Herz.", kam es mit brüchiger Stimme von Seto. "Mein Geliebter leidet und ich will ihm helfen. Selbst wenn es nur bei ihm sein ist... aber das will er nicht." "Was denkst du, warum Joey nicht will, dass du in seiner Nähe bist?", forschte Kai weiter nach. "Weil er Angst hat.", erwiderte Seto kurz und knapp. "Angst? Wovor?", trieb Kai das Gespräch weiter. "Angst davor, dass ich ihn nicht mehr will.", antwortete Seto traurig. "Warum sollte er davor Angst haben?", wollte Kai wissen. "Weil er denkt, er sei nichts wert und er mir nicht das geben könnte, was ich seiner Meinung nach von ihm will.", erklärte Seto, während ihm eine Träne über die Wange lief. "Ist dem so?", bohrte Kai weiter. "Nein! Wie ich bereits sagte, ist Joey für mich eine von zwei Personen, die mir alles bedeuten. Und das andere... der körperliche Aspekt einer Beziehung... spielt für mich keine Rolle." "Wieso spielt sie keine Rolle für dich?", führte Kai Seto weiter ins Gespräch. "Weil es nicht das ist, was ich an ihm liebe. Ich liebe Joey... den chaotischen Sunnyboy, ebenso wie den wahren... den verletzten Joey, den er all die Jahre so sorgfältig hinter seiner Fassade versteckt hat. Ich weiß, dass für ihn momentan alles düster und grau wirkt. Wahrscheinlich denkt er, dass es niemals wieder schöne, sonnige Tage geben wird... ich kenn das von mir... als ich in seiner Lage war... da habe ich oft ähnlich gedacht." "Was hat sich geändert?", wollte Kai neugierig wissen. "Ich habe ihn kennen gelernt. Er hat meinen Alltag so oft bereichert und auch wenn ich es nie offen gezeigt habe, hab ich seine Nähe und unsere Wortgefechte immer geliebt und genossen." Plötzlich schob sich eine zittrige Hand unter der Decke in seine Richtung. Seto blickte zu Kai, der nur ermutigend nickte und etwas schmunzelte. Vorsichtig nahm Seto die Hand in seine eigene und strich sanft mit dem Daumen über den Handrücken. Dann drang das Schluchzen unter der Decke hervor. Vorsichtig schob Seto seine andere Hand unter die Decke, bis sie Joeys Nacken fand und den Blonden an sich und in seinen Arm zog. Weinend presste sich Joey an den Brünetten. Sein Haar hing in fettigen Strähnen an ihm herunter und er brauchte dringend eine Dusche, doch das alles war Seto in diesem Moment einfach egal. Endlich hatte er wieder einen Zugang zu seinem Geliebten gefunden. Behutsam legte er eine Hand an Joeys Wange und küsste ihn sanft. "Ich warte dann unten auf euch beiden.", meinte Kai, während er aufstand, den Stuhl wieder an dessen Platz rückte und schließlich das Zimmer verließ. "Du Dummkopf.", flüsterte Seto in Joeys Ohr. "Ich werde nie... NIEMALS 'die Schnauze von dir voll haben'. Bitte... bitte glaub mir das, mein Schatz. Bitte!" Joey konnte nichts erwidern und nickte nur, während ihm immer noch die Tränen über das Gesicht liefen. Seto hielt ihn einfach noch eine Weile so fest, bevor er dem Blonden aus dem Bett half. Alleine stehen war für Joey kaum möglich, nachdem er anderthalb Tage nur im Bett gelegen hatte. Vorsichtig begleitete Seto den Blonden ins Badezimmer und half ihm sich zu duschen. Als Seto und Joey nach einer halben Stunde endlich in die Küche kamen musste Seto ihn immer noch stützen. Der Blonde wirkte ausgemergelter als er ohnehin schon war. Mokuba, der bis eben noch neben Kai am Tresen gesessen hatte, sprang auf und kam zu Joey gerannt. Dieser versuchte ihn anzulächeln. Der Schwarzhaarige drückte sich an ihn und schlang seine Arme um ihn. Joey erwiderte die Umarmung sanft und ohne Kraft. Dann führte Seto ihn weiter zum Tresen, wo er auf einem der Hocker Platz nahm. Mokuba setzte sich neben den Blonden. "Wir haben dir einen Burger mit Pommes besorgt und eine Apfeltasche.", erklärte Mokuba freudig, während Seto seinem Freund einen Teller hinstellte, auf dem besagtes angerichtet war. Schwach lächelte Joey, doch er fühlte sich nicht im Stande das jetzt runter zu bekommen. "Geht nicht?", hakte Seto behutsam nach. Joey schlug beschämt seine Lider nach unten und blickte vor sich auf den Tresen. Das Gefühl, dass er die Anwesenden enttäuschte entstand erneut in ihm. Wäre er doch nur im Bett geblieben. Doch dann spürte er eine Hand an seiner Wange, die sein Kinn anhob, so dass er aufblickte. Seto lächelte ihn sanft an. Dann wandte der Brünette sich kurz ab, ging zum Kühlschrank und holte etwas raus. Was auch immer er in der Hand hatte schüttelte er mir Schwung, bis er den Verschluss entriegelte und ihm eine kleine Flasche vorsetzte. Es war keine besonders große Flasche, vielleicht gerade mal ein Fünftel Liter, 200 Milliliter. Fragend blickte der Blonde zu seinem Freund, der ihn immer noch liebevoll anlächelte. "Ich hab mit Doktor Akari gesprochen, wegen deinem Problem etwas runter zu kriegen. Er hat mir empfohlen, dass hier für dich zu besorgen. Es ist eine hochkalorische, ballaststoffarme Trinknahrung, die dir helfen soll wieder etwas an Gewicht zu gewinnen.", erklärte sein Freund ihm. "Probier mal." Skeptisch nahm Joey die kleine Flasche in die Hand und ließ den Verschluss hochschnappen. Scheinbar war die Flasche darauf ausgelegt sie auch bei Aktivität oder beim Liegen nutzen zu können, ohne dass man den Inhalt überall verteilte. Der Blonde setzte an, nahm einen Schluck und war... überrascht. Das was er da schmeckte glich in Konsistenz und Geschmack einem Milchshake... einem Schokomilchshake. Er nahm gleich noch einen Schluck und zauberte damit allen ein zufriedenes Grinsen auf das Gesicht. "Und es gibt davon noch andere Geschmacksrichtungen.", kam es enthusiastisch von Mokuba. "Von Schoko über Erdbeere und Vanille, bis hin zu Multifrucht, Waldfrucht und Cappuccino." Überrascht blickte der Blonde den jüngeren an, der nur breit grinste und seine Schultern hochzog. "Sorry.", nuschelte Mokuba nur. "Aber ich hab sie probiert und ich fand sie spitze." Sanft strich Joey dem Jüngsten über das rabenschwarze Haar und lächelte ihn sanft an. Dann nahm er noch einen Schluck. Dieser Milchshakeverschnitt war echt gut und in ihm entstand kein so großer Widerstand, wie er ihn sonst verspürte, wenn es in letzter Zeit ums Essen ging. "Ich hab dich lieb, Joey.", kam es schließlich von dem Schwarzhaarigen plötzlich und ließ Joey ihn überrascht anblicken. Dann nahm er ihn in den Arm und drückte den kleinen Bruder seines Freundes an seine Brust. Kapitel 70: Rückkehr von Jack und Serenity ------------------------------------------ Kapitel 70 - Rückkehr von Jack und Serenity "Das sieht echt gut aus, Joey.", lobte Mamoru ihn mit einer Begeisterung, die er selten an den Tag legte. "Einfach großartig. Ich denke jetzt kannst du ganz beruhigt Feierabend machen und in deinen Urlaub starten." Joeys Blick fiel auf die Wanduhr. Es war halb zwölf und eigentlich ging seine Teilzeitarbeitszeit bis 13.00 Uhr. Kaum zu glauben, dass sie schon Mitte Oktober hatten. Daher schüttelte er nur verneinend mit dem Kopf. Doch sein Chef schien fest davon überzeugt zu sein ihn nun schon heim zu schicken. "Du hast gesagt, dass deine Schwester heute aus Amerika kommt. Da hast du doch sicherlich noch einiges vorzubereiten oder?" Ertappt blickte der Blonde seinen Chef an und nickte. "Also!", kam es zufrieden von Mamoru, der aufstand, zu seiner Bürotür ging, diese öffnete und sich an Touji wandte. "Touji, nimm den Kindskopf und schleif ihn in seinen wohlverdienten Urlaub!" Dann drehte sich Mamoru wieder zu Joey. "Genieß deine zwei Wochen mit deiner Schwester, Joey... und danach startest du wieder durch.", schmunzelte ihn der Mittdreißiger an und Joey nickte nur mit einem seichten Schmunzeln. Dann stand er auf, reichte seinem Chef die Hand, der diese entgegen nahm und schüttelte, bevor er ihn mit der anderen Hand aus seinem Büro schob. Die letzten Wochen waren hart und anstrengend gewesen. Erst sein Vater, der ihn überfiel. Das erneute Aufflammen seiner Agoraphobie. Dann die Nachricht, dass sein Vater einen Deal angeboten hatte und der Bezirksstaatsanwalt diesen Deal annehmen wollen würde, doch das nur konnte, wenn Joey seine Anzeige wegen Missbrauch zurück ziehen würden und für immer ruhen zu lassen. Er hatte eingewilligt und dann hatte ein Gefühl der Wertlosigkeit ihn überrollt. Hatte sein Leben zum Stillstand gebracht und seine Sicht auf die Welt beschränkt. Doch Seto, Kai und die anderen hatten ihn nicht aufgegeben. Hatten immer wieder einen Weg zu ihm gesucht und gefunden. Versicherten ihm, was für ein wichtiger und wertvoller Teil ihres Leben er sei. Danach hatte er viel Home Office gemacht. 12, 16 Stunden täglich. Unterbrach seine Arbeit nur, wenn Kai zur Sitzung kam oder Seto ihn aus seinem mittlerweilen eingerichteten Hausbüro in sein Zimmer und damit ins Bett zog. Seine Agoraphobie hatten sie erst erneut besiegen können, nachdem vor zwei Wochen Sergeant Nagasato und Staatsanwältin Lee ihnen ihren Erfolg mitteilte: Sie hatten die Kumi, die Joey im Sommer entführt hatte und mit denen sein Vater in einem engen Bund stand komplett ausgehoben. Nicht einmal das kleinste Licht in dieser Organisation war ihrem Zugriff entkommen. Nun hatten sie sich alle wegen organisiertem Verbrechen, Zuhälterei, Freiheitsberaubung, Entführung, Zwangsprostitution und Drogenhandel zu verantworten. Keiner von ihnen würde weniger als 10 Jahren erwarten. Doch wie viel sie wirklich aufgebrummt bekamen würde sich erst im November zeigen. Joeys Vater hatte sich nicht ganz der gleichen Verbrechen schuldig gemacht, dennoch wurde für die kommende Woche erwartet, dass er zu 15 Jahren Haft ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt werden würden. 15 Jahre... das war kein Lebenslänglich, aber es war mehr als zwei Jahre auf Bewährung. Auch gesundheitlich hatte sich viel bei ihm getan. Er hatte dank Doktor Akari, Seto und der Trinknahrung wieder etwas zugelegt. Noch nicht so viel, dass er darauf verzichten konnte den Milchshakeverschnitt zu sich zu nehmen, doch wenigstens wirkte er nicht länger wie ein lebendes Skelett. Normales Essen war dennoch immer noch ein Thema, dass sie alle vor ein Rätsel stellten. Wann auch immer Joey versuchte normal mit seinen Freunden was zu essen bekam er kaum was runter. Das Bisschen was er runter bekam führte zu Übelkeit, gelegentlich zu Erbrechen. Es war nicht so, als wenn Joey das so gewollt hätte, aber scheinbar rumorte da irgendetwas in seinem Unterbewusstsein. Etwas, was er selbst nicht greifen konnte. Doch Kai versuchte bereits es mit ihm gemeinsam zu ergründen. Er packte seine Sachen und wollte gerade seinen Firmenlaptop einstecken, als sich eine Hand auf den geschlossenen Computer legte. "Nope.", ertönte die Stimme seines Freundes, der ihn sanft anlächelte. "Den wirst du schön hier lassen!" "Aber ich könnte doch hin und wieder...", wollte Joey aufbegehren. Doch Seto schüttelte bereits mit dem Kopf. "Nein!", erwiderte sein CEO erneut. "Du hast Urlaub... und Besuch... du wirst keine Zeit haben auch nur einen Moment an die Arbeit zu denken." Joey seufzte, blickte auf den Laptop und nickte schließlich. Dann nahm er seine Sache, verabschiedete sich bei seinen Kollegen und verschwand in Begleitung von Seto und Touji zum Aufzug und dann nach unten in die Tiefgarage. Nervös nestelte Joey an seinen Finger, während er zum 15. Mal in der letzten viertel Stunde auf die Ankunftstafel blickte und die Zeiten und Gates studierte. Eigentlich sollte das Flugzeug von Serenity und Jack erst in einer Stunde landen, aber scheinbar hatten sie Rückenwind gehabt und die Flugzeit hatte sich dadurch verkürzt. Nicht das Seto der Ansicht war, dass Joey diese Stunde überstanden hätte, so nervös und aufgekratzt er jetzt schon war. Immer wieder trat der Blonde von einem Fuß auf den anderen. Es wirkte fast wie ein Hüpeln. Hinter ihnen standen Touji und Roland. Ohne Touji wäre Joey wohl hier auf dem Flughafen seiner Agoraphobie erlegen. Sie hatten sich darauf verständig, dass Touji auch weiterhin - obwohl die Kumi vollständig in Haft saß und Joey nicht mehr gefährlich werden konnte - für Joeys Sicherheit sorgen sollte. Der Leibschützer gab Joey ein gewisses Maß an Sicherheit. Ohne ihn würde der Blonde immer noch in seinem Zimmer sitzen und sich nicht hinaus trauen. Auf einmal hatte Seto das Gefühl ihm würde gleich das Trommelfell platzen. Ein lautes Quietschen, produziert von einer menschlichen Stimme, durchzog das Empfangsterminal. Als sie sich zur Quelle des Geräusches drehten stürmte Serenity bereits auf ihren Bruder zu und schlang glücklich ihre Arme um ihn. Dieser war erst erschrocken, doch ließ sich von seiner Panik nicht beherrschen. Langsam schloss auch er seine Arme um seine Schwester und drückt sie. Dann gesellte sich auch Jack mit zwei Koffern im Schlepptau zu ihnen. "Hallo Joey.", grüßte der Amerikaner seinen Sohn. Der lächelte ihn nur zaghaft an und nickte zur Begrüßung, während Serenity sich immer noch an ihn kuschelte. Dann begrüßte Jack auch Seto und die beiden Herren im Hintergrund. Seto legte seinen Arm sanft um Joeys Schulter, während sie den Flughafen wieder verließen. Dann machten sie sich auf den Weg zur Villa, in der ihre Besucher zwei Gästezimmer beziehen würden. Seto wusste, dass Joey diese räumliche Nähe nicht recht war. Doch da Mokuba in einem Skype-Gespräch mit Serenity die Gastfreundschaft angeboten hatte, hatte Joey keine Möglichkeit gewusst, die ausgesprochene Einladung wieder zurück zu nehmen. Jedenfalls keine, die nicht unzählige Fragen nach sich gezogen hätten. "Wir haben ein Essen vorbereitet und eure Zimmer sind auch schon soweit bezugsfertig. Ihr seid sicherlich erschöpft und möchtet euch nach der Stärkung etwas hinlegen.", mutmaßte Seto. Jack nickte zustimmend, während Serenity neben ihrem Bruder völlig aufgekratzt und energiereicht wirkte. In diesem Moment war sie Mokuba soviel ähnlicher, als sonst jemand in diesem Wagen. Bei diesem Gedanken musste Seto schmunzeln. Doch der Eindruck, dass Serenity voller Energie war täuschte, denn kaum hatten sie gegessen und sie war zur Ruhe gekommen schlug die Müdigkeit zu und zwang sie immer mehr in die Knie, auch wenn sie dagegen anzukämpfen versuchte. Schlussendlich trug Jack seine Tochter in ihr Zimmer und legte sie ins Bett, deckte sie zu und zog dann die Vorhänge etwas zu. Dann zog er sich selbst in sein Zimmer, welches neben Serenitys lag zurück. Auch Joey hatte dieser Tag eine Menge Kraft gekostet. So war es kaum verwunderlich, dass er fast sofort in Setos Arm eingeschlafen war, nachdem sie sich hingelegt hatten. Kapitel 71: Mehr Schein als Sein? --------------------------------- Kapitel 71 - Mehr Schein als sein? Die Geschwister waren ihrer Tradition treu geblieben: Nach den Monaten seit ihrem letzten Treffen im April waren sie schwimmen gegangen. Zwar nur in dem Pool in der Villa, aber schwimmen war schwimmen. Joey saß mit seiner Schwester am Rand des Pools. Sein nasses T-Shirt klebte an seinem Oberkörper. Erst jetzt fiel ihm zum ersten Mal wirklich auf, wie deutlich man trotz des nassen Shirts sehen konnte, wie viel er abgenommen hatte. Seine Schwester schmiegte sich an ihn. Sie sagte nichts, aber Joey wusste, dass sie was sagen wollte und Fragen hatte. Und er fürchtete sich vor diesen. "Wirst du nächste Woche zur Urteilsverkündung gehen?", fragte Serenity ihn plötzlich und riss den Blonden aus seinen Gedanken. Er hatte mit Fragen gerechnet, aber nicht mit dieser. Joey mied den Augenkontakt zu seiner Schwester und schüttelte den Kopf, während er weiter auf die Wasseroberfläche starrte. "Naaah... denke nicht! Warum auch?", erwiderte er und versuchte gleichgültig zu klingen. "Weil er unser Vater ist?", konterte Serenity. Weil er ihr Vater war, hallte es durch Joeys Kopf. Ja, ein vergewaltigender, ihn an Männer verkaufender, ihn bedrohender, ihn nicht liebender Vater... Nein! Er wollte diesen Menschen... nein... Joey befand, dass dieser Mistkerl kein Mensch war! Er wollte dieses Monster nie wieder sehen. "Nein, ist er nicht.", kam es leise mit zitternder Stimme von ihm. "Willst du mir sagen, was im Sommer geschehen ist?", kam es behutsam von der Brünetten, die ihre Hand auf seinen Unterarm legte. Genau diese Frage hatte Joey erwartet und gefürchtet. Doch sie jetzt zu hören erschütterte ihn und er spürte, die Tränen in sich aufsteigen. Aber er wollte nicht weinen. Nicht jetzt. Nicht vor seiner kleinen Schwester. Schon gar nicht wegen dieser Sache. Also tat Joey, was er schon immer in einer solchen Situation gemacht hatte: Er grinste seine Schwester fröhlich an und winkte ab, bevor er sich ins Wasser fallen ließ und sie mit sich zog. Sie quietschte kurz auf und wollte ihn das büßen lassen. Also jagte sie ihn ein wenig durch den Pool, während er lachend vor ihr 'floh'. Schließlich schaffte sie es und wurde seiner habhaft und tunkte ihn kurz als Strafe unter. Dafür kitzelte er sie und sie ergriff die Flucht. Nach einer Weile trieben sie nebeneinander auf der Wasseroberfläche, um wieder zu Kräften zu kommen. Vor allem Joey war wesentlich schneller außer Atem geraten, als beide es gewohnt waren. Schließlich hatten die beiden Wasserratten genug und stiegen aus dem Becken. Joey reichte seiner Schwester einen Bademantel und dann ein Handtuch für ihre Haare, bevor er sich ebenfalls ein Handtuch für seinen Kopf schnappte. Er rubbelte sich die Haare, doch als er damit fertig war, stellte er fest, dass seine Haare immer noch tropften. Da umarmte ihn seine Schwester, die ihren Kopf auf seine Schulter schob und ihn anlächelte. "Weißt du, was du brauchst?", fragte sie heiter. Joey blickte sie fragend an. "Einen Haarschnitt!", kam es von ihr schließlich. "Komm, lass uns in die Stadt gehen und dir mal wieder eine ordentliche Frisur verpassen." Joey grinste sie an und begann seinen Kopf wild zu schütteln, so dass die Wassertropfen nur so flogen und seine kleine Schwester amüsiert auflachte. Dann nickte er. Sie saßen seit einer halben Stunde beim Friseur. Joeys Knie wippte nervös in schnellem Takt auf und ab. Durch das große Schaufenster konnte er die Leute der Mall sehen. Einige eilten hektisch vorbei. Andere bummelten. Wieder andere hatten sich irgendwo zum Essen hingesetzt. Noch vor einigen Monaten hätte der Blonde das hier sein zweites Zuhause genannt. Es war so groß, dass er trotz des täglichen Besuchs anonym blieb. Er hatte Stunden in der Spielhalle im Erdgeschoss verbracht. Vor allem war die Mall je nach Jahreszeit immer gut klimatisiert: Im Winter schön warm, im Sommer kühl. Und sie hatte fast rund um die Uhr auf. Wenn er es geschickt angestellt hatte, dann hatte er hier im Winter schon die eine oder andere Nacht verbracht. Besser als im Park in der Kälte in seiner Nische zu liegen und zu drohen zu erfrieren. Aber das waren Dinge, die er seiner kleinen Schwester nie erzählt hätte. Schließlich wurden sie vom Friseur aufgerufen und sie erhoben sich. Als sie bei dem Stuhl ankamen stockte Joey kurz. Er wusste nicht genau warum, aber irgendwas war an dem Stuhl, was ihn noch nervöser machte. Nur sehr langsam nahm er Platz und sofort krallten sich seine Hände um die Lehnen. Der Friseur war ein junger Mann mit Punkfrisur: Hochgegelt, mutige Farbe, teilweise an den Seiten modisch rasiert. Serenity beschrieb ihm, welche Frisur sie sich für ihren Bruder vorstellte. Joey sprach ihr da nicht rein. Ihm war ja nicht mal aufgefallen, dass seine Haare mittlerweile schulterlang waren. Nervös beobachtete er den Friseur, wie er aufmerksam nickte und in seinen Haaren rumfummelte. Schließlich schienen sich die beiden einig zu sein. Der Friseur nahm den Kittel und legte ihn mit Schwung um Joeys Hals. Diese plötzliche Enge um seinen Hals ließ Joey aufspringen und sich den Kittel wieder herunter reißen. Erschrocken blickte der Friseur und Serenity ihn an. Joey nuschelte eine Entschuldigung und eilte aus dem Salon. Serenity dicht hinter ihm. Doch bevor sie ihn erreichen konnte fing ihn Touji bereits ab und zog den Blonden in einen Seitengang der Mall. Joey wollte die Hände an seiner Schulter wegschlagen, doch sein Personenschützer drückte ihn gegen eine Wand. "Beruhige dich, Joey!", mahnte der Mann ihn. Joeys Hände krallten sich in die Arme des Mannes und biss sich angestrengt auf die Unterlippe. "Komm schon, Joey... Atme ruhig, langsam und tief... nicht hektisch." Touji hatte Recht. Also versuchte er seinen Atem zu beruhigen. Der kalte Angstschweiß stand auf seiner Stirn. "Schließ deine Augen und konzentriere dich auf deine Atmung.", wies ihn sein Vertrauter an, während dieser eine Hand auf seine Brust legte. Joey tat, was Touji von ihm verlangte. Langsam gewann er seine Fassung zurück. Sein Atem wurde wieder ruhiger. Allmählich öffnete der Blonde wieder seine Augen. "Gut so.", lobte Touji ihn mit einem sanften Lächeln. Joey erwiderte das Lächeln müde und erschöpft. Dann spürte er eine weitere Hand an seinem Oberarm. Erschrocken wandte er sich zur Seite und sah in die besorgen Augen seiner Schwester. Scheiße! In seiner Panik hatte er vergessen, dass sie auch da war. Wie sollte er ihr das jetzt alles erklären? Erklären, dass der Kittel mit seiner Enge an seinem Hals ihn an etwas erinnert hatte, was er vergessen wollte. "Joey, alles in Ordnung?", fragte Serenity schüchtern. Der Blonde nickte und zog seine Schwester in eine Umarmung. Drückte sie fest an sich und versenkte sein Gesicht in ihrem wohlriechenden Haar. Sie umarmte ihn auch. "Komm, lass uns nach Hause fahren... du siehst müde aus.", kam es von der Brünette, die sich von ihm löste und ihn an die Hand nahm. Dann schlenderten sie, mit Touji im Rücken, zum Parkhaus, um nach Hause zu fahren. "Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst.", sagte Serenity, während sie sich in einen Sessel im Zimmer ihres Vaters fallen ließ. "Er... redet nicht mit mir, er ist kaum mehr als Haut und Knochen und diese Reaktion im Friseursalon... diese Panik... pure Angst..." "Joey hat viel durchgemacht, Serenity.", wandte Jack ein, der vor ihr auf die Knie gegangen war und tröstend seine Hand auf ihre Schulter legte. "Ja, ich weiß. Aber ich dachte, wenn ich hier bei ihm bin, dann würde er sich mir mehr öffnen und sich mir anvertrauen.", gab sie zurück und eine Träne löste sich aus ihrem Auge. "Aber er ist noch viel zurück haltender, als beim Videochat. Er versucht mich zu täuschen und lacht mich an, treibt seine Späße, wie in unserer Kindheit, aber ich durchschau ihn." "Vielleicht braucht er einfach noch ein paar Tage, bis er wirklich realisiert hat, dass du hier bei ihm bist.", versuchte Jack seine Tochter zu trösten und aufzubauen. "Ja, du hast sicherlich Recht... aber ihn so zu sehen... Daaad... das bricht mir das Herz.", weinte Serenity leise weiter. "Und wenn unser... dieser Mistkerl nicht schon im Gefängnis wäre... dann würde ich ihn büßen lassen, dass er meinen geliebten Bruder zerbrochen hat." Kapitel 72: Die Sorgen eines Vaters ----------------------------------- Kapitel 72 - Die Sorgen eines Vaters Joey saß auf seinem Bett. Ihm liefen die Tränen über das Gesicht. Es war ein äußerst anstrengender Tag gewesen. Nicht nur die Panikattacke beim Friseur hatte geschlaucht, sondern den ganzen Tag so zu tun, als wäre alles wieder gut. Aber welche Wahl hatte er auch schon gehabt, Serenity war schließlich seine kleine, unschuldige Schwester. Und für seine Panikattacke hätte er sich selbst ohrfeigen können. Er war nur froh gewesen, dass Touji da gewesen war. Ein Klopfen störte die Stille seines Zimmers und ließ den Blonden zusammenfahren. Schnell wischte er sich mit den Händen über das Gesicht und stand langsam auf, bevor er zögerlich zur Tür ging. Die Tränen wollten sich einfach nicht zurückhalten lassen. So konnte er die Tür unmöglich öffnen, da er nicht wusste, wer davor stand. "Hey Joey.", hörte er die Stimme seines Geliebten. Joey öffnete die Tür und sah mit großen Augen den Brünetten an. Der blickte besorgt, versuchte ihn aber etwas anzulächeln. Seto trat ein und schloss hinter sich die Tür. Er strich Joey die Feuchtigkeit aus dem Gesicht, bevor er seine Hand in dessen Nacken legte und ihn an sich zog. Der Blonde schloss seine Arme um ihn und presste sich wie ein Ertrinkender an eine Rettungsboje. "War ein langer, anstrengender Tag für dich, hm?", fragte Seto eher rhetorisch. Joey nickte trotzdem und sog den Geruch seines Geliebten in sich ein. Die Wärme und Nähe zu Seto schenkte ihm Kraft und das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Wenige Minuten später lagen sie in Joeys Bett, der Blonde eng in den Arm des Brünetten gekuschelt. Er war todmüde, aber er war noch nicht soweit, dass er schlafen konnte. Seto strich ihm sanft über das Haar und den Rücken. Seto hatte ihm kein Gespräch aufgezwungen. Wollte scheinbar nur für ihn da sein. Oder erwartete der Brünette, dass Joey von sich aus das Gespräch eröffnete? Nein! Das konnte sich der Blonde nicht vorstellen. Er war einfach nur froh, dass Seto bei ihm war und ihn hielt. Und schließlich... dämmerte Joey endlich weg. Als sie am Morgen aufgestanden waren fühlte sich Joey gut erholt und energiereich. Das hatte er alleine - und davon war der Blonde fest überzeugt - Seto zu verdanken. Wäre der Brünette gestern Abend nicht zu ihm gekommen hätte er vermutlich die halbe Nacht geweint. Und irgendwie schämte er sich dafür. Doch das war Schnee von gestern. Beim Frühstückstisch hatte Serenity auf das noch bestehende Problem mit den viel zu langen Haaren ihres Bruders hingewiesen und gefragt, ob sie es heute noch einmal mit dem Friseur probieren sollten. Joey hatte sie locker angelächelt und zugestimmt. So hatten sich die beiden Geschwister in Begleitung von Touji erneut auf den Weg in die Stadt begeben. Seto wusste, wie viel Kraft allein das Schauspiel beim Frühstück den Blonden gekostet hatte. Der zweite Versuch sich die Haare bei einem Friseur schneiden zu lassen würde ihn noch mehr Kraft kosten und wenn sie gegen Mittag nach Hause kamen, wäre der Blonde sicherlich völlig erschöpft. Aber sicherlich würde er - um den Schein, dass alles in Ordnung ist - sich nicht hinlegen wollen. Seto seufzte, während er sich hinter den Schreibtisch seines Hausbüros niederließ. Ein Klopfen ließ ihn überrascht aufblicken. Er bat denjenigen, der vor seiner Tür stand, herein. Die Tür ging auf und Jack trat ein, der hinter sich die Tür wieder schloss. "Jack.", begrüßte Seto den leiblichen Vater seines Freundes und stand auf, um hinter seinem Tisch wieder hervor zu kommen. "Stör ich?", fragte der Amerikaner. "Nicht doch. Nimm Platz. Kann ich dir etwas zum Trinken anbieten?", fragte Seto, während er auf seine Sitzgarnitur deutete. Doch Jack hob dankend ablehnend die Hände, während er sich auf die Couch niederließ. Seto setzte sich zu ihm. "Ich würde gerne mit dir über Joey sprechen.", kam Jack umgehend auf den Punkt und das war etwas, was Seto an dem Mann schätzte: Er hielt sich nicht lange mit Drumherumreden auf. "Hab schon damit gerechnet.", gab der Brünette zu. "Erst einmal danke ich dir, dass du mich immer auf dem Laufenden gehalten hast und mir gegenüber immer offen und ehrlich warst.", begann der Geschäftspartner. "Ich habe von dem, was du mir anvertraut hast, nicht alles Serenity offenbart. Sie weiß von den körperlichen Misshandlungen durch Wheeler Senior und von der Entführung, sowie, dass Joey übel zusammengeschlagen gefunden worden ist, aber alles was einen sexuellen Aspekt hatte hab ich ihr vorenthalten." "Das ist gut... es würde alles sehr verkomplizieren, wenn Joey merken würde, dass seine Schwester über ALLES Bescheid wüsste.", gab Seto zu. "Aber genau das ist das Problem.", wandte Jack ein. "Sie ist ein kluges Mädchen. Bereits gestern ist ihr aufgefallen, wie verändert Joey ist, obwohl er versucht so zu wirken, als sei nichts geschehen. Ihr, ebenso wie mir, ist durchaus aufgefallen, wie dünn Joey geworden ist und die Panikattacke, derer sie gestern Zeuge wurde, hat sie bereits auf die Spur gebracht, dass da noch mehr im Argen liegt." Seto lehnte sich nach hinten und überlegte. "Das mit dem Gewicht, da sind wir dran... das hat sich bereits etwas gebessert.", räumte der Brünette ein. "Gebessert? Heißt das, er hatte noch weniger Gewicht, als jetzt?", hakte Jack entsetzt nach. "Ja... unser Hausarzt und ich haben ihm eine Trinknahrung beschafft, die er eifrig verschlingt und so sein Gewicht langsam wieder aufbaut.", erklärte Seto. "Die Panikattacke gestern... kann ich mir nicht ganz erklären." "Weiß man denn mittlerweile, was in dieser Woche geschehen ist?", fragte Jack besorgt nach. Seto schüttelte den Kopf. "Er verweigert nach wie vor jedes Gespräch zu diesem Zeitraum, obwohl die dafür verantwortliche Kumi festgenommen worden ist und derzeit auf ihre Verurteilung wartet. Dennoch will er darüber nicht reden.", erklärte Seto. "Und der alte Wheeler... er wird nächste Woche wegen dem Missbrauch an Joey verurteilt?", wollte Jack interessiert wissen. Wieder schüttelte Seto den Kopf. "Nicht?" "Nein.", kam es leise von dem Brünetten. "Er wird wegen diverser Verbrechen verurteilt, die er in Verbindung mit der Yakuza begangen hatte." "Und der Missbrauch an Joey?", kam es fassungslos von Jack. "Wheeler Senior hat einen Deal angeboten: Die Anklage wegen Missbrauch wurde fallen gelassen, dafür hat er Informationen geliefert, die es ermöglicht haben, die Kumi auszuheben.", erklärte Seto traurig. "Was... sowas kann die Staatsanwaltschaft doch nicht einfach so auf Joeys Kosten annehmen.", blaffte Jack. "Joey hat dem Deal zugestimmt.", wandte Seto betrübt ein. Jetzt war es Jack, der sich fassungslos nach hinten fallen ließ. "Warum?", fragte er nach einigen Minuten. "Wenn Wheeler Senior wegen dem Missbrauch vor Gericht gekommen wäre, dann hätte er zwischen zwei und vier Jahren bekommen, davon zwei Jahre auf Bewährung. Die Staatsanwältin hat dem Deal nur zugestimmt, wenn dieser Mistkerl mindestens zehn Jahre Haft ohne Chance auf Bewährung bekommt. Wie viel genau er bekommt, wird am Mittwoch bekannt gegeben.", erklärte Seto. "Aber... heißt das, dass das Leid meines Sohnes nichts wert ist?", kam es entsetzt von Jack. "So interpretiert es Joey jedenfalls.", räumte Seto ein. "Er... ist auf Grund des Deals mehrere Tage in eine Depression gefallen und kam nicht aus dem Bett. Es hat uns einige Energie gekostet, ihn wieder aufzurichten." "Ich kann es ihm nicht verdenken.", wandte Jack betroffen ein. "Hör mal, Seto... ich hätte gerne etwas mehr und engeren Kontakt zu meinem Sohn. Kannst du mir da einen Tipp geben?" "Du brauchst Zeit... und viel Geduld.", war das erste, was Seto anmerkte. "Such seine Nähe, wenn er im Wintergarten sitzt und zeichnet. Seine Zeichnungen sind immer eine gute Möglichkeit ein Gespräch zu beginnen." "Okay... danke Seto.", dankte Jack ihm und stand langsam wieder auf. "Ich lass dich dann mal in Ruhe weitermachen." "Wenn du etwas brauchst... meine Tür steht dir jederzeit offen.", erwiderte Seto mit einem Lächeln. Dann verließ Jack das Büro wieder. Kapitel 73: Ein Vater offenbart ------------------------------- Kapitel 73 - Ein Vater offenbart Joey saß im Schneidersitz auf der Couch im Wintergarten, seinen Zeichenblock auf den Beinen und einen Bleistift in der Hand. Er skizzierte eine Szene, für eine Idee, die er gehabt hatte und nach seinem Urlaub vorschlagen wollte. Dafür hatte er schon einige Skizzen angefertigt. Es war ein anstrengender Vormittag gewesen. Serenity hatte ihn nochmal zum Friseur geschleift. Dort ruhig zu bleiben und nicht erneut in Panik auszubrechen hatte ihn viel Kraft gekostet. Doch schließlich hatte er es nach einer halben Stunde endlich hinter sich. Der Friseur hatte sein Haar wieder gekürzt und in Form gebracht, wie man ihn zu seiner Schulzeit gekannt hatte. Als sie den Friseur verlassen hatten sah er seiner Schwester an, dass sie gerne noch mehr mit ihm unternommen hätte. Doch als sie ihn anblickte hatte sie nur gelächelt und gemeint, dass ihm die Frisur gut stand und Seto nun auf gar keinen Fall mehr die Finger von ihm lassen könnte. Dann waren sie nach Hause gefahren. Kaum waren sie angekommen kam Mokuba zu ihnen. Er hatte ihn angeschaut und für den Bruchteil einer Sekunde hatte Joey in seinem Blick Sorge erkannt. Dann hatte der Jüngere auf seine ganz eigene Art gegrinst und Serenity gefragt, ob er sie auf ein Eis in der Stadt einladen dürfte. Sie hatte gekichert und fragend zu Joey geblickt. Der hatte sie nur umarmt und gemeint, dass Mokuba wusste, wo es das beste Eis der Stadt gab. Dann hatte sie vor Glück gequietscht, hatte ihn umarmt, bevor sie mit Mokuba loszog. Der Blonde hatte Mokuba nur dankbar angelächelt und der hatte ihm sanft zugenickt, als er Serenity gefolgt war. Joey liebte seine Schwester, aber sie hier zu haben, war anstrengender, als er vermutet hätte. Ihr einen Joey zu präsentieren, den sie gewohnt war, war ungeahnt Kräftezerrend. Er verstand nicht warum? Früher fiel es ihm ganz leicht seine Maske zu tragen und seine Freunde und - bei den wenigen Gelegenheiten, die sie ihn besucht hatte - Serenity zu täuschen. Warum empfand er es heute nur so anstrengend? Er musste den Kopf frei kriegen und daher hatte er sich hierher zurück gezogen und wollte ein wenig Zeichnen. Das hatte ihm schon immer geholfen, sich neu zu fokussieren und Kraft zu schöpfen. Gerade wenn er eine Idee hatte, die er ausarbeiten wollte. Doch auf einmal stellten sich die Härchen auf seinen Unterarmen auf und er wusste, dass er nicht mehr alleine war. Als er seinen Blick über seine Schulter zum Übergang zum Wohnzimmer warf, sah er, dass er Recht hatte: Dort stand an den Türrahmen gelehnt Jack und beobachtete ihn. "Willst du dort Wurzeln schlagen?", fragte Joey. Er wusste immer noch nicht so Recht, wie er mit diesem Mann umgehen sollte. Mittlerweile hatte er im Kopf akzeptiert, dass dieser Mann sein Erzeuger war und Serenity schien er auch ein guter Vater zu sein. Jack hatte auch ihm Gegenüber versucht Verantwortung zu übernehmen. Hatte ihm ein Konto eingerichtet, eine Wohnung gekauft und diese eingerichtet. Aber Joey hatte das alles nicht wirklich annehmen können. Das war ihm vor einigen Monaten falsch vorgekommen. Und auch heute bereitete es ihm ein mulmiges Gefühl, als hätte er sich etwas erschlichen, was er nicht verdient hatte. Jack löste sich aus dem Türrahmen und kam näher. Vor der Couch blieb er stehen und deutete auf den Platz neben Joey. "Darf ich?", fragte Jack. Joey blickte zu ihm auf, musterte ihn für einen Moment, bevor sein Blick auf den räumlich doch sehr nahen Sitzplatz fiel. Obwohl er sich bei dem Gedanken, dass Jack so nah bei ihm war, kaum ertrug nickte Joey schließlich. Jack nahm Platz, wahrte aber respektvoll Abstand. Joey wollte weiter zeichnen. "Das sieht beeindruckend aus.", kam es unerwartet von Jack. Joey blickte wieder zu ihm auf und nickte dankend. Dann wollte er den Bleistift erneut ansetzen. "Aber hier hast du einen perspektivischen Fehler.", meinte Jack sanft und deutete auf eine Stelle in der Zeichnung. Joey folgte dem Fingerzeig und musste feststellen, dass Jack recht hatte. Es war nur ein kleiner, unscheinbarer Fehler und einem Betrachter, der von Perspektiven kaum was verstand, wäre er vermutlich nicht aufgefallen, aber... "Wie hast du den Fehler erkannt?", kam es verwirrt von dem Blonden. Der Ältere lächelte sanft. "Ich hab mal in einer Semesterarbeit einen ähnlichen Fehler gehabt. Seitdem hab ich ein Auge für diese Art von Fehler.", erklärte Jack. Joey blickte überrascht zu ihm auf. "Semesterarbeit?", hakte er neugierig nach. "Ja... ich hab am Pratt Institute in New York City Kunst studieren.", antwortete Jack, der seinen Blick von der Zeichnung zu Joey gehoben hat und nun sein Staunen sehen konnte. "Du... hast Kunst studiert?", zweifelte Joey offen Jack an. "Oh ja... sehr zum Unmut meines Vaters.", begann Jack von sich zu erzählen. "Der hatte sich gegen das Kunststudium ausgesprochen und mir zu Beginn den Geldhahn abgedreht. Er hoffte, dass ich so seinem Willen nachgeben würde und Betriebswirtschaft studieren würde. Aber das kam für mich nicht in Frage und so hab ich nebenbei als Kellner in einem Cafe gejobbt." "Aber,... heute führst du ein Unternehmen?", kam es verwirrt von Joey. Jack nickte und sein Gesichtsausdruck wurde etwas trauriger. "In meinem dritten Jahr an der Uni starb mein Vater an einem Herzinfarkt.", eröffnete Jack die traurige Wendung in seinem Leben. "Ich musste nach Hause und wollte meine Mutter, die die Firmenleitung übernommen hatte, unterstützen. Doch ich merkte schnell, dass mir das notwendige Wissen dazu fehlte. Also brach ich mein Kunststudium ab und studierte Betriebswirtschaft... Mein alter Herr hat also am Ende seinen Willen bekommen. Meine Mutter verstand den Wechsel als Reue und warf mir den Tod meines Vaters vor. Dass er diesen Herzinfarkt nur gehabt hätte, weil ich so stur und eigensinnig gewesen wäre. Als ich fertig studiert habe, wollte sie mich sofort ins Unternehmen holen, doch ich entschied mich nach Japan zu gehen und dort erste Berufserfahrungen zu sammeln." "Und da hast du dann unsere Mutter kennen gelernt?", fragte Joey weiter. "Ja... zunächst waren wir nur Kollegen und hatte gar nicht viel miteinander zu tun. Aber dann kam ein Projekt rein, an dem wir beide gemeinsam arbeiteten. Das waren viele Überstunden, oft bis tief in die Nacht hinein.", erzählte Jack weiter. "Ah... und da habt ihr dann eine Affäre angefangen?", warf Joey fragend ein. "Nein.", antwortete Jack. "Daraus entstand eine Freundschaft. Sie hat mit mir viel über ihren Kummer gesprochen und ich habe zugehört." "Kummer?", kam es überrascht von Joey. "Deine Mutter hat gegen den Wunsch ihrer Eltern studiert. Auch sie hatte über die vier Jahre Studienzeit jobben müssen, weil ihre Eltern ihr jegliche Unterstützung versagten. Immer wieder wurde sie von ihrer Mutter besucht, die ihr vorwarf, dass sie die Familie entehrte, indem sie als Tochter nach höherem strebte. Immer wieder bat deine Großmutter deine Mutter, dass sie endlich heiraten möge, ihr Enkel schenken solle und ihrem Mann eine gute Hausfrau sein solle. Als sie im letzten Studienjahr nach Hause fuhr stellte ihre Mutter ihr deinen Vater vor, jemand mit dem deine Mutter zur Schule gegangen war. Aber den sie nicht liebte. Doch der familiäre Druck wuchs an und so willigte sie ein. Sobald sie mit der Uni fertig war würde sie ihn heiraten. Doch kurz vor ihrem Abschluss trat eine Firma an sie heran und bot ihr einen echt guten Job an. Zu gut, als dass sie ihn ablehnen konnte. Als sie die Verlobung lösen wollte drohte ihr ihre Eltern damit, dass wenn sie diese Schande über sie bringen würde, sie nicht mehr ihre Tochter sei. Also hat sie sich mit ihrem Verlobten unterhalten und überzeugt nach Domino City zu ziehen. So, dass sie ihren Job antreten konnte und gleichzeitig ihr Versprechen, ihn zu heiraten, halten konnte. Er stimmte zu. Es hätte das Happy End sein können, doch das war es nicht. Deine Mutter war eine sehr erfolgreiche Frau, die schnell mehr verdiente als dein Vater. Das kratzte sein Ego an und das ließ er deine Mutter spüren. Nicht nur, dass er auf die Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten bestand, er schlug sie auch gelegentlich. Er holte sie von der Arbeit ab und wenn sie Überstunden machte kam es nicht selten vor, dass er im Büro auftauchte und eine Szene machte. Als wir unser Projekt ausarbeitete tauchte er einmal mitten in der Nacht auf und warf ihr ein Verhältnis mit mir vor. Als ich ihm versicherte, dass dem nicht so wäre, wollte er mich schlagen. Ich wehrte mich und überantwortete ihn dem Sicherheitsdienst. Er hat daraufhin Hausverbot erhalten. Es ist blanke Ironie, dass ich dadurch erst erkannte, dass ich für deine Mutter mehr empfand, als nur Freundschaft. Und wenig später hat sie mir ihre Liebe gestanden. Verstehst du Joey... das war damals nicht nur eine Affäre. Wir waren ein Paar. Ein richtiges Paar. Sie hatte ihren Mann verlassen und wollte die Scheidung einreichen, damit ich sie heiraten konnte. Zu diesem Zweck hatte ich auch meine Mutter eingeladen, damit sie deine kennenlernen konnte. Doch nachdem meine Mutter da war und wieder nach Hause geflogen war hat sich deine Mutter von mir getrennt. Sie meinte, sie könne ihren Eltern nicht die Schande einer Scheidung antun und einen 'Gaijin*' heiraten. Ich hätte das nicht so einfach hinnehmen sollen, doch mich erreichte in diesem Augenblick die Nachricht, dass meine Mutter zusammengebrochen sei und meine Anwesenheit zuhause erforderlich wurde. Also bin ich nach Hause geflogen. Meine Mutter starb wenige Wochen später und - als Haupterbe - musste das Familienunternehmen übernehmen." Das war eine Menge Input, die Joey da von Jack erhalten hatte. Doch dann wurde er stutzig. "Aber... du hast im April gesagt, ihr hattet nur eine Affäre und sie hätte dir nichts von ihrer Schwangerschaft mit mir gesagt, weil du nach Amerika zurück musstest und sie dich nicht zwischen die Stühle setzen wollte.", warf Joey kritisch ein. "Nun, das war die geschönte Kurzfassung, wenn du so willst.", gab Jack zu. "Du warst damals in keiner guten Verfassung und hattest schon auf die Nachricht, dass ich dein Vater sei sehr extrem reagiert." Joey wurde wieder nachdenklich. Es war wahr, er hatte vor einem Jahr nicht gut auf die Tatsache reagiert, dass Jack sich als sein Erzeuger vorgestellt hatte. Noch auf die Nachricht, dass seine Mutter bei einem Autounfall gestorben war. Ein halbes Jahr? War seitdem wirklich erst ein halbes Jahr vergangen? Die letzten Monate fühlten sich wie eine Ewigkeit an. Es war so viel geschehen, hatte sich so viel entwickelt... "Du arbeitest bei Kaiba Corp als Grafiker?", wechselte Jack zum ursprünglichen Thema zurück. Joey nickte nur. "Du hast wirklich ein großartiges Talent. Hast du mal in Erwägung gezogen Kunst zu studieren?" "Ich... will im Winter einige Bewerbungen fertig machen und mich bei verschiedenen Unis bewerben.", kam es gedankenverloren von Joey, in dessen Kopf Jacks Erzählung immer noch sickerte. "Wenn ich dich da irgendwie unterstützen kann, sag mir Bescheid. Ich hab einige Verbindungen zu verschiedenen Kunsthochschulen, denn auch wenn ich nur ein langweiliger Businesstyp bin, bin ich meiner Leidenschaft immer treu geblieben.", erklärte Jack und lächelte den Blonden sanft an. "D... darf ich dich etwas fragen?", kam es unsicher von Joey, der wieder auf seinen Block starrte. "Sicher, du darfst mich alles fragen.", stellte Jack ihm einen Freifahrtsschein aus. "Hast du Familie?", kam es leise von Joey. "Ich habe eine Frau und mit ihr zwei Kinder, James und Grace. Zwillinge, die Ende des Jahres fünf werden.", antwortete der Mann neben ihm. "Bist du mit ihr glücklich?", hakte Joey vorsichtig nach. "Wir sind gute Freunde.", erklärte Jack mit einem sanftmütigen Lächeln. "Gute Freunde?", fragte Joey verwirrt. "Ich hab sie damals geheiratet, weil es von mir erwartet wurde. Und ich liebe sie auch. Aber nicht so, wie ich deine Mutter geliebt habe. Das hat sie gespürt und versucht es zu ignorieren. Doch vor einem Jahr haben wir uns hingesetzt und darüber gesprochen. Wir sind nach wie vor verheiratet, haben das gemeinsame Sorgerecht für die Zwillinge und leben auch zusammen, wobei zusammen sich hier nur auf den Wohnsitz bezieht. Sie ist meine beste Freundin, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite steht.", erklärte Jack. "Wie... wie hat sie reagiert, als du ihr erzählt hast, dass Serenity deine Tochter ist?", wollte Joey besorgt wissen. "Sie war überrascht.", offenbarte der Amerikaner ihm. "Als sie Serenity kennenlernte war sie sofort vernarrt in deine Schwester. Die beiden verstehen sich wirklich sehr gut und die Zwillinge haben sie sofort als Schwester akzeptiert." "Das ist gut.", kam es leise von Joey. "Die drei würden auch gerne dich Mal kennen lernen.", eröffnete sein Erzeuger ihm schließlich. Überrascht blickte Joey zu ihm auf. Doch dann schüttelte er schüchtern den Kopf. "Das... wäre keine gute Idee!", wiegelte der Blonde ab. "Wieso nicht?", wollte Jack wissen. "Ich war schon kein sehr guter Bruder für Serenity...", gestand der Blonde, der betrübt seinen Kopf hängen ließ. "Das sieht deine Schwester aber anders.", warf nun Jack berichtigend ein. "Sie idealisiert mich. Wenn sie wüsste, was...", abrupt unterbrach sich Joey und blickte beschämt seitlich weg. Jack legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes, der auf einmal so gebrochen wirkte. "Sie liebt dich bedingungslos.", gab Jack zu bedenken. "Genauso, wie ich als dein Vater." Die Worte des Älteren berührten etwas in Joeys Innerem. Er wusste nicht, was es war, doch in ihm begann etwas zu erbeben. Energisch begann er den Kopf zu schütteln. "Das würdest du nicht sagen, wenn du Bescheid wüsstest.", keifte Joey auf einmal, dem die Nähe, die zwischen ihnen entstanden war auf einmal nicht mehr ertragen konnte. "Ich weiß Bescheid.", kam es behutsam von Jack. Erschrocken und entsetzt blickte Joey zu ihm. Er versuchte heraus zu finden, ob Jack wusste, von was er da sprach oder ob das nur eine geschickte Finde gewesen war. "Ich stehe auch mit Doktor Akari in Verbindung, seit du aus dem Krankenhaus im April entlassen worden bist. Er hat mich, als dein Vater, ins Bild gesetzt.", erklärte Jack. Joey sprang auf und sein Zeichenblock, der auf den Beinen lag, fiel zu Boden. Der Bleistift in seiner Hand brach mit einem lauten Knacken, als Joey von Scham geflutet wurde und spürte, wie in ihm die Tränen aufstiegen. Wenn Jack es wusste... wusste dann Serenity auch alles? Nach einem Moment der Schockstarre, wandte Joey seinen Blick ab, während er sich abwandte und er aus dem Wintergarten eilen wollte. Doch Jack schnitt ihm den Weg ab und stellte sich seinem Sohn in den Weg. "Joey... es ist alles in Ordnung... du musst dich vor mir nicht schämen.", versuchte Jack ihm dieses Gefühl zu nehmen, dass der Blonde ganz offensichtlich empfand. "W... w... weiß es S... Serenity?", wollte Joey wissen, während er stur auf den Boden starrte. "Nein... sie weiß nur von den Schlägen und den Misshandlungen.", beantwortete Jack Joeys Fragen. "Von dem jahrelangen sexuellen Missbrauch und den Vergewaltigungen im Sommer hab ich ihr nic... Joey?" Joey hatte begonnen am ganzen Körper zu zittern, als Jack von Missbrauch und Vergewaltigung gesprochen hatte. Die Tränen quollen aus seinen Augen, ganz gegen seinen Willen. Abwehrend hob er seine beiden Hände und schob sich dann an dem Amerikaner vorbei und eilte weiter, hinauf ins Wohnzimmer und von dort durch die Halle zur Treppe und dann in sein Zimmer. * Anm: Gaijin (jap) - wörtlich: Mensch von außerhalb; umgangssprachlich: Außenseiter. Gaijin ist mit negativen Nebenbedeutungen belastete Bezeichnung für Nichtjapaner, besonders westliche Ausländer. Kapitel 74: Ein echter Vater ---------------------------- Kapitel 74 – Ein echter Vater Seto saß an seinem Schreibtisch und tippte einen Bericht, als er Jacks Stimme im Foyer hörte. Alarmiert schloss er seinen Laptop, stand auf und eilte nach vorne in den Eingangsbereich seiner Villa. Dort sah er Jack, der gerade die Treppe hinauf eilen wollte. Seto griff nach seinem Handgelenk und hielt ihn auf. "Was ist hier los?", fragte Seto streng. "Wir haben uns über sein Talent unterhalten und ich hab ihm erzählt, wie es damals wirklich zwischen seiner Mutter und mir war.", begann Jack sein Gespräch mit seinem Sohn zusammenzufassen. "Dann fragte er nach meiner Familie und ich meinte, dass seine Geschwister ihn gern mal kennen lernen würden. Er wiegelte ab und meinte, dass er kein guter Bruder für Serenity gewesen wäre. Ich widersprach ihm und sagte ihm, dass seine Schwester und ich ihn bedingungslos lieben. Doch er meinte nur, dass ich das nicht sagen würde, wenn ich Bescheid wüsste… also hab ich…" "Du hast ihm offenbart, dass du Bescheid weißt?", kam es fassungslos von Seto. "Die Situation war völlig entspannt und ich wollte ihm einfach die Scheu nehmen.", erklärte Jack mit großem Bedauern in der Stimme, der wohl gerade einsah, dass es zu früh gewesen war. "Es tut mir leid… die Scham hat ihn gepackt und ich hab mich ihm in den Weg gestellt. Wollte ihm die Scham nehmen. Wollte ihm ein Vater sein ohne zu Berücksichtigen, dass seine Erfahrungen mit Wheeler Senior alles andere als positiv sind. Es mag unglaublich klingen, aber seit ich weiß, dass Joey und Serenity auch meine Kinder sind möchte ich für sie da sein, beschützen und wenn sie Kummer haben ihnen zeigen, dass es auch bessere Zeiten geben wird." "Ja, schon gut, ich verstehe das.", würgte Seto den Amerikaner ab. "Hör zu Jack. Im besten Fall wird er nur mich zu sich lassen… im schlimmsten Fall niemand. Sei so gut, wenn wir da jetzt hoch gehen, warte vor der Tür." "Ist okay.", nickte der Mann ihm verstehend zu. Dann bestiegen sie die Treppe hinauf und gingen vor die Tür des Blonden. Vorsichtig klopfte Seto an. Keine Reaktion. Das war nie ein gutes Zeichen. Vorsichtig öffnete Seto die Tür und spähte durch den Spalt. "Joey?", rief Seto fragend in den Raum. Doch wieder keine Reaktion. Also schob sich der Jungunternehmer durch den Spalt und schloss hinter sich die Tür. Er merkte gar nicht, dass die Tür nicht ins Schloss fiel. Er ging ein paar Schritte und fand in der hinteren Ecke hinter dem Bett Joey in der Ecke sitzen. Langsam näherte sich Seto seinem Freund. Ging vor ihm in die Knie. Er hatte seine Knie eng an den Oberkörper gezogen und die Stirn auf ihnen abgelegt. Die Arme seines Streuners waren eng um den Körper geschlungen. Ein seichtes Beben des Rückens verriet Seto, dass Joey weinte. "Joey?", sprach der Brünette ihn sanft an. Doch das führte nur dazu, dass der Blonde laut schluchzend musste. So laut, dass Jack vor der Tür, durch den Spalt, der sie offen war, es hören konnte. Er trat etwas näher, um mehr hören zu können. Vorsichtig legte Seto seine Arme um den Blonden und zog ihn sanft aus seiner komprimierten Haltung an seine Brust. Er hatte es fast geschafft, als Joey sich nach vorne gegen ihn fallen ließ und noch lauter aufschluchzte. Trösten strich Seto ihm über den Rücken. "Hey, Joey… es ist alles gut!", versuchte Seto ihn zu beruhigen. Joey erwiderte etwas, aber Seto konnte es nicht verstehen, da das Weinen und Schluchzend einfach das gesprochene Wort überlagerten. Sanft stemmte er seinen Freund von sich, so dass er ihn ansehen konnte. Dann strich er ihm mit einer Hand die Feuchtigkeit von den Wangen, was relativ hoffnungslos war, denn es drängten weitere Tränen aus Joeys Augen und flossen über das Gesicht. Seto zog ihn wieder an sich, schlang seine Arme um ihn und hielt ihn etwas länger. Schließlich schien sich der Blonde etwas zu beruhigen oder zumindest keine Tränen mehr zu haben. "So, Schatz… was ist los?", hakte Seto sanftmütig nach. "Er weiß alles…", schluchzte Joey wieder auf und presste sich wieder fester an Seto. "Ja, ich weiß.", kam es ehrlich von dem Brünetten. "W… warum hast du es mir nicht gesagt?", fragte Joey verzweifelt. "Weil du dann nie dem Besuch der beiden zugestimmt hättest.", erwiderte Seto. "Ich wollte dir zeigen, dass es nichts gibt, wofür du dich vor den beiden schämen musst. Sie sind deine Familie." Diese Worte fielen Seto nicht leicht. Familie war ein Konstrukt, welches für ihn selbst mit dem Schmerz des Verlustes geprägt war. Immerhin hatte er seine Eltern verloren und statt von einem liebenden Vater adoptiert zu werden geriet er in die Fänge eines Sadisten. Außerdem hatte Seto Angst. Angst, dass Joey erkannte, dass er Recht hatte und lieber bei seiner Familie leben wollen würde, als bei ihm. Aber hier ging es nicht um seine egoistischen Bedürfnisse nach der Nähe seines Geliebten. Es ging um Joeys psychische Gesundheit. "Serenity ist meine Schwester.", kam es leise schluchzend von Joey. "Und Jack dein Vater.", ergänzte Seto. Joey schüttelte den Kopf, während er weiter weinte. "Doch… und er bemüht sich… er will dich besser kennen lernen und für dich da sein. So, wie es ein Vater tun sollte und nicht so, wie dieser Wheeler. Er würde dir niemals weh tun." "I… Ich weiß nicht, wie ich ihm begegnen soll.", kam es verzweifelt von Joey. "W… wenn ich mit ihm allein bin hab ich sooo große Angst und jetzt… jetzt, wo ich weiß, dass er weiß, dass ich…" Joeys Stimme brach unter dem Schluchzen erneut zusammen und er klammerte sich an Seto, während er sein Gesicht in dessen Hemd versteckte, welches mittlerweile durch all die Träne bereits nass war. Seto strich ihm wieder sanft über das Haar und als seine Hand im Nacken des Blonden ankam kraulte er ihn behutsam. "Es hat sich nichts geändert, Schatz. Du brauchst dich vor ihm nicht schämen. Es ist wie bei Tristan, Mokuba oder mir... oder den anderen deiner Freunde. Bei ihnen hast du doch auch keine Scheu ihnen unter die Augen zu treten, oder?" Joey schüttelte den Kopf. "Das… was anderes!", kam es undeutlich von ihm. "Nein, ist es nicht.", widersprach Seto erneut. "Die… kennen mich… ich vertrau ihnen.", murmelte Joey undeutlich. "Aber am Anfang nicht. Da hast du versucht alles vor ihnen zu verstecken. Erinnerst du dich noch an das Gespräch im Wintergarten und an das was die anderen da zu dir gesagt haben?", versuchte Seto erneut Joey von seinem Standpunkt abzubringen. "D… das ich stark bin und sie mir helfen werden, wenn ich es zulasse. Dass ich nicht alleine bin und sie immer hinter mir stehen und wenn nötig sich auch vor mich stellen. Das wir gemeinsam stark sind.", wiederholte der Blonde die Worte seiner Freunde, die sich damals in sein Hirn gebrannt hatten und seit dem jeden Tag neue Kraft schenkten. Weder Seto, noch Joey hatten gemerkt, dass Jack mittlerweile in das Zimmer eingetreten war. Die Worte, die sein Sohn wiederholte sprachen ihm aus der Seele. Doch wie sollte er es dem Blonden, der so ein stark ausgeprägtes Vertrauensproblem hatte, nur klar machen? Erst als er sich neben Seto kniete bemerkte der Jungunternehmer den Amerikaner. Da Joey in die andere Richtung blickte und somit den Rücken zu Jack gewandt hatte, bekam er von dessen Anwesenheit nichts mit. "Soll ich dir mal was sagen?", setzte Seto erneut an. "Ich bin mir ganz sicher, dass Jack genau das gleiche sagen würde, wenn du dich nicht vor ihm verstecken würdest." "Warum bist du dir so sicher?", wollte Joey wissen, dessen Weinen endlich nachgelassen hatte und nun erschöpft an Setos Brust lag. "Weil er dein Leiden nicht erträgt und selbst, wenn du ihn wegstößt bei dir bleibt und darauf wartet, dass du ihm erlaubst, dir wieder nahe zu sein. Was sagst du Joey…?" "Wer würde mich schon gern als Sohn haben, Seto… nicht mal mein 'Vater' wollte mich als Sohn und der dachte, ich wäre sein Abkömmling.", argumentierte Joey immer noch dagegen. "Aber, wenn er dich nicht als Sohn haben wollen würde, warum wäre er dann den ganzen langen Weg hier her gekommen?", wollte Seto ihn vom Gegenteil überzeugen. "Wegen Serenity… wer könnte meine Schwester nicht lieben? Sie wollte mich besuchen und sie hat ihn mitgeschleppt.", spann Joey weiter seine Unsinnstheorie. "Was, wenn ich dir sage, dass die Idee für den Besuch gar nicht von Serenity stammt.", flüsterte Seto Joey ins Ohr. Dieser hob den Kopf und blickte ihn fragend an. "Jack wollte schon im Sommer herkommen, als du entführt wurdest. Als er hörte, dass du gefunden wurdest und du in schlechter Verfassung warst, war er schon drauf und dran herzufliegen. Nur dem guten Zureden von Doktor Akari ist er in den USA geblieben und hat abgewartet. Immer wieder hat er sich erkundigt, wann er endlich kommen dürfte. Aber erst, nachdem du wieder angefangen hast mit Serenity zu sprechen, rückte das Thema Besuch endlich in greifbare Nähe… und als euer Kontakt immer unbefangener wurde gab Doktor Akari in Rücksprache mit Kai grünes Licht. Da hat dich Serenity dann gefragt." Joey musste diese Information erst einmal sacken lassen. Dieser Mann, der behauptete, sein leiblicher Vater zu sein, hatte ehrliches Interesse an ihm als Sohn. Obwohl er von all dem Scheiß wusste, den sein… den dieser Mistkerl ihm angetan hatte? Warum sollte jemand wie Jack an jemand wie ihm Interesse haben? Das war doch völlig unlogisch… andererseits… Etwas begann in ihm zu arbeiten. Elternliebe war im Grunde eine Form von Liebe und Liebe war nie logisch. Aber… Sein Verstand wollte schon das nächste Argument liefern, warum das reines Wunschdenken war, als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Setos Hände lagen in seinem Nacken und in seinem Rücken. Wenn Seto also keine dritte Hand gewachsen war – eher unwahrscheinlich – dann war da noch jemand im Zimmer. Eine Vorahnung ließ ihm erneut einige Tränen über das Gesicht laufen, während er sich ganz langsam, wie in einer Slowmotionbewegung, zur anderen Seite wandte und in die braunen Augen von Jack blickte. Der lächelte ihn sanft und väterlich an. Joey biss sich auf die Unterlippe, bevor er spürte, wie Seto sich etwas von ihm löste. Sanft legte Jack eine Hand an Joeys Wange und strich ihm die Träne behutsam weg. "Du bist mein Sohn und ich bin sehr stolz, dass das so ist!", erklärte Jack sanft. Eine weitere Träne löste sich bei Joey… da gab es scheinbar wirklich jemand, der ihn als Sohn wollte und stolz auf ihn war. Obwohl er ihn doch kaum kannte. Dann zog Jack den Blonden langsam zu sich und legte seinen Arm vorsichtig um Joey Schulter. Der Blonde schloss die Augen und… entspannte sich. Von diesem Mann hatte er nichts zu befürchten. Das sagte ihm sein Inneres, welches sonst die ganze Zeit Alarm schlug. Doch dieser Mann… sein Vater würde ihm nicht weh tun. Ihn nicht benutzen. Nicht verkaufen. Obwohl die kleine Angst, weit hinten in seinem Bewusstsein, erwachte, dass das alles nur ein Traum wäre, wagte Joey es und legte zögerlich seinen Arm um den Amerikaner und dann, er wusste selbst nicht wieso, klammerte er sich an ihn und weinte. Doch diese Tränen waren nicht der Scham geschuldet, sondern waren pure Freudentränen. Er… er hatte endlich einen Vater. Einen echten Vater! Kapitel 75: Narben II --------------------- Kapitel 75 - Narben II Als Serenity und Mokuba wieder heim kamen, fanden sie Jack und Seto im Wohnzimmer sitzend vor und sich nett unterhaltend. Mokuba sprang neben Seto auf die Couch und Serenity umarmte ihren Vater, nachdem sie die zahlreichen Einkaufstüten vorher abgestellt hatte. "Na nu... wo ist denn Joey?", wollte die Brünette wissen, als sie feststellte, dass Joey gar nicht im Raum war. "Er hat sich nochmal kurz hingelegte, bevor die anderen kommen.", antwortete Seto ihr sanft. "Die anderen?", fragte Serenity verwirrt. "Joeys Freunde.", ergänzte Seto. "Wir dachten, weil du auch so gerne schwimmst, wie Joey, dass wir heute eine kleine Poolparty machen könnten.", erklärte Mokuba etwas ausführlicher, als sein Bruder scheinbar bereit war. "Oh, das wäre entzückend.", kam es begeistert von der Brünette, die ihre Tüten wieder aufnahm. "Dann geh ich mich mal umziehen." "Ich geh mich auch umziehen.", kam es jauchzend von Mokuba, der ebenfalls aufsprang und Serenity nach oben begleitete. Als Mokuba und Serenity den Flur entlang liefen kamen sie an Joeys Zimmer vorbei. Serenity stoppte kurz und betrachtete sich die Tür. Sie trat einen Schritt auf die Tür zu, dann griff Mokuba nach ihrem Handgelenk. Überrascht blickte sie ihn fragend an. "Ich wollt nur kurz nach meinem Brüderchen schauen.", erklärte sie dem Schwarzhaarigen. "Ja, das dachte ich mir schon.", gab Mokuba sanft zu. "Aber Joey mag es nicht, wenn jemand sein Zimmer betritt. Die einzigen, die das wirklich dürfen sind Tristan und Seto." "Warum?", fragte Serenity verwirrt. "Das zu beantworten, steht mir nicht zu.", wich Mokuba der Beantwortung aus. "Mokuba, du weißt doch etwas!", bohrte Serenity nach. "Hat es etwas mit den Misshandlungen meines Vaters zu tun?" "Bitte, Serenity... wenn du Fragen hast, frag Joey.", erwiderte Mokuba mit einem entschuldigten Ausdruck im Gesicht. Joeys Schwester lächelte ihn sanft an. "Du hast Recht, Mokuba... sorry, ich wollte dich nicht bedrängen.", gab sie nach, blickte noch einmal zu der geschlossenen Tür, die zum Zimmer ihres Bruders führte und ging dann zögerlich weiter. Ihr Zimmer lag Mokubas genau gegenüber. Sie lächelte sanft, bevor sie in ihres ging, um einerseits ihre Einkäufe noch einmal zu kontrollieren und andererseits sich umzuziehen. Mokuba blickte ihr noch kurz hinterher und verschwand dann in seinem. Eine halbe Stunde später klopfte es an Serenitys Zimmertür. Sie schlüpfte in ihren Bademantel, band den Gürtel zu und eilte dann zur Tür. Als sie diese öffnete begann sie freudig zu strahlen. Vor der Tür stand Joey, der sie sanft anlächelte. Er hatte eine Badehose an, die bis zu den Knien reichte und darauf ein weites T-Shirt, welches ihm viel zu groß war oder zumindest so wirkte. "Na Schwesterchen...", fragte er in seiner Sunnyboy-Manier. Nicht an ihm erinnerte sie daran, dass er gestern beim Friseur eine Panikattacke bekommen hatte. Er wirkte eigentlich genauso, wie Serenity ihn in ihrer Erinnerung hatte. Und das war es, was sie plötzlich erschreckte. Er legte einen Arm um ihre Schulter. "Bereit für die Poolparty?", fragte ihr großer Bruder weiter und sie nickte. Das Strahlen hatte etwas abgenommen, dennoch lächelte sie immer noch. Er zog sie aus dem Zimmer, sie zog hinter sich die Tür zu um das Klamottenchaos auf ihrem Bett zu verstecken. "Wie war es mit Moki in der Stadt?", hakte er im lockeren Smalltalk-Tonfall nach. "War okay...", antwortete sie. Joey grinste breit. "Nur okay?", setzte er nach. "Hab gehört, du hast einige Boutiquen geplündert." "Aaach, sooo viele waren es gar nicht. Vielleicht vier oder fünf.", versuchte sie mit einem Grinsen abzuwiegeln. "Seee-reee-niii-ty!", kam es im Singsang von Joey. "Okay, es waren sieben. SIEBEN Boutiquen!", gestand sie peinlich berührt und mit einer gewissen Röte auf den Wangen endlich ein. Joey musste auflachen, als er das verzweifelte Geständnis seiner Schwester hörte. Verlegen blickte sie zur Seite weg und ihr Blick fiel auf das Handgelenk ihres Bruders, das von ihrer Schulter hängte. So nah sah sie die rundumlaufende feine Narbe am Handgelenk und für einen Moment meinte sie an der Unterseite des Handgelenks noch eine andere, breitere Narbe zu sehen. Sie erschrak innerlich, als ihr bewusst wurde, was das für eine Narbe war. Hatte ihr Bruder... neeein, sie blickte ihn an und die Heiterkeit ließ sie sofort diesen Gedanken wieder verwerfen. So etwas würde ihr Bruder niemals machen. Er würde niemals aufgeben und diesen Weg beschreiten. Denn ihr Bruder ließ sich nie durch irgendetwas unterkriegen! Warum war ihr diese Narbe gestern nicht schon aufgefallen, als sie schwimmen waren? Nach einem Augenblick des Grübelns fiel ihr ein, dass ihr Bruder gestern Schweißarmbänder beim Schwimmen getragen hatte. Sie hatte sich noch gewundert, warum jemand solche Accessoires beim Schwimmen tragen sollte. Da war wieder dieses bittere Gefühl der Erkenntnis, als sich ihr Verdacht wieder in den Vordergrund drängte. Wenn... wenn ihr Bruder doch versucht hatte sich das Leben zu nehmen, was hatte ihn dann dazu getrieben? Ihr entging hier doch etwas... oder? Sie hob ihre eigene Hand und verschränkte sie mit den Fingern ihres Bruders. Er blickte lächelnd zu ihr und sie erwiderte das Lächeln. "Hey, alles in Ordnung, Schwesterchen?", fragte der Blonde sie plötzlich. Sie nickte hastig. "Jaaa... ich hab nur überlegt, ob ich das eine Kleid wirklich behalten soll oder nicht wieder umtausche.", log sie ihn an. "Oh man... das ist wirklich eine schwerwiegende Entscheidung.", neckte er sie. Als sie beim Pool ankamen waren Tristan, Duke und Yugi schon da. Seto und Mokuba traten hinter sie. Jack dahinter. Tristan kam sofort zu Joey und begrüßte ihn mit einem Handschlag. Joey zog ihn an sich ran und umarmte ihn. Duke und Yugi begnügten sich mit einem verbalen 'Hallo'. "Serenity, du kennst doch sicherlich noch Tristan, Duke und Yugi, oder?", fragte Joey, der in seiner Frage unauffällig die Vorstellung seiner drei Freunde unterbrachte. "Klar, kenn ich die Chaoten noch.", grinste Serenity, bevor sie die Jungs begrüßte. Dann drehte sich Joey um und sah Jack. "Ähm... das sind meine besten Freunde.", wollte Joey ihm gerade die drei vorstellen, als Jack abwinkte. "Ich kenn sie aus dem Krankenhaus.", meinte der Amerikaner sanft zu ihm und lächelte ihn dann an. "Oh... ja... stimmt... die drei begrüßten auch den Älteren. Scheinbar erinnerten sie sich auch an den Mann, der sich dann als Joeys leiblicher Vater heraus stellte. Serenity eilte zu den Kleiderhaken, schlüpfte aus ihrem Bademantel und präsentierte sich in einem Bikini, der deutlich erkennen ließ, dass sie langsam zur Frau reifte. Joey eilte rasch zu ihr und stellte sich vor sie. "Zeigt das nicht etwas viel von... na ja... dir?", fragte er besorgt und mit einem maßregelnden Unterton. Sie kicherte. "Joey, es ist ein ganz normaler Bikini. So etwas tragen in Amerika alle meine Freundinnen.", erklärte sie lachend. "Ja, die können auch tragen was sie wollen, aber du bist meine kleine Schwester und...", begann er zu argumentieren, als Tristan neben ihm auftauchte, seinen Arm um den Blonden legte und anerkennend Pfiff. "Wow, Serenity... du siehst großartig aus.", versuchte Tristan sich an einem Kompliment, bevor er einen Ellenbogen von Joey in die Seite bekam und einen bösen Blick kassierte. "Hey, das ist meine kleine Schwester!", giftete Joey ihn an. "Ach und deswegen kann sie nicht großartig aussehen?", konterte Tristan lachend, während er zwei, drei Schritte nach hinten sprang. Joey ging ihm hinterher, stieß ihn spielerisch und schubste ihn ins Wasser. Tristan ruderte mit den Armen, suchte Halt und fand Joeys Shirt. Mit einem lauten Ritsch riss der Stoff des Shirts, während dieser auch das Gleichgewicht verlor und seinem besten Freund ins Wasser folgen musste. Als er wieder auftauchte hörte er bereits das vergnügte Lachen von Tristan, der seinen Arm um ihn legte und ihm eine Kopfnuss verpasste. Joey musste auch lachen und versuchte Tristan nass zu spritzen. Nachdem die beiden die Poolparty förmlich eingeweiht hatten folgten schließlich auch Duke, Yugi und Mokuba in das kühle Nass, während Serenity sich eher gesitteter am Poolrand in das Becken gleiten ließ. Nur Seto und Jack blieben vorerst noch am Rand stehen. So tollten sie eine halbe Stunde durch das Wasser, bis sie völlig außer Atem zum Rand schwammen. Joey stemmte seine Hände auf den Rand und schob sich aus dem Wasser, bevor er sein Knie auf ihn schob und sich dann umwandte, um sich hinzusetzen. Als er wieder zum Becken blickte sah er Serenity, die ihn entsetzt anblickte. Sein Grinsten wich sofort aus seinem Gesicht, während er sich wieder ins Wasser rutschen ließ und zu ihr schwamm. "Hey, Schwesterchen... alles in Ordnung?", fragte er besorgt. Einige Träne löste sich aus ihren Augen und Joey wusste nicht, was sie hatte. Sanft legte er seine Hände an ihre Wange und suchte ihren Blick. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Als er zur Seite blickte sah er in betroffenen Augen Yugis. "Was... was ist denn?", wollte Joey wissen, der gerade gar nichts verstand. "Joey... dein Shirt...", begann Yugi. Nicht verstehend blickte der Blonde ihn an. "Das Rückenteil ist gerissen und... ähm... als du eben raus bist..." Joey kam es so vor als würde für einen Augenblick die Zeit still stehen, als er verstand, was ihm der Bunthaarige versuchte zu sagen. Das Shirt musste vorhin gerissen sein, als Tristan versucht hatte, sich an ihm festzuhalten und als er sich eben aus dem Pool gestemmt hatte war wohl sein Rücken nackt zu sehen gewesen. Er blickte zum Beckenrand, wo er auch die betroffenen Blicke von Seto und Jack fand. Er schluckte und wog seine Möglichkeiten ab. Plötzlich grinste er, wie es für ihn typisch war und blickte Serenity aufmuntert an. "Hey, halb so wild, Schwesterchen...", versuchte er zu frotzeln und ihre Stimmung wieder zu heben. "Sind doch nur Narben." Plötzlich sprang sie ihn an, schlang ihre Arme um ihn, schob eine Hand in sein Haar und presste ihn eng an sich. Sie schluchzte bitterlich. Im ersten Moment völlig überrascht legte er dann seine Arme um sie und rieb ihr beruhigend über den Rücken. "Komm schon, Schwesterchen...", redete er ihr gut zu. "Lass dir doch den Spaß nicht durch die dummen Narben verderben, hm?" Als Serenity nicht reagierte trug er sie zu den Stufen des Pools und hob sie aus dem Wasser. Er setzte sie auf einem Poolstuhl ab und kniete sich vor sie. Sanft strich er ihr über die tränennassen Wangen. Auf einmal griff sie nach seiner Hand und betrachtete sich offen die Narbe an seinem Handgelenk. Er biss sich auf die Unterlippe, als ihm bewusst wurde, dass er das ungewohnte Accessoire vergessen hatte. "W... was hat er dir nur angetan?", kam es flüsternd von Serenity. Betroffen blickte er zwischen sich und seine Schwester auf die freie Sitzfläche. Was sollte er seiner Schwester auf diese Frage jetzt antworten? Kapitel 76: Entschlossenheit ---------------------------- Kapitel 76 - Entschlossenheit Serenity blickte mit tränennassem Gesicht ihren großen Bruder an, der vor ihr kniete und versucht hatte ihre Stimmung zu retten und wieder anzufachen. Doch nachdem sie seinen Rücken gesehen hatte, mit all den Narben, war ihr alles andere als zu lachen zu Mute. Auf ihre Frage, was ihr Vater ihm nur angetan hatte, hatte der Blonde seinen Blick zwischen sie gesenkt und schien darüber zu sinnieren, was er ihr antworten sollte. "Warum willst du mir nicht antworten, Brüderchen?", fragte sie ihn verzweifelt. Doch selbst diese direkte Anrede brachte den Blonden nicht dazu wieder zu ihr aufzuschauen. Sie sah, wie ihr großer Bruder schluckte. Einmal. Zweimal. Dreimal. "E... es ist nicht so, dass ich nicht wollen würde.", kam es mit brüchiger, leiser Stimme von Joey. "I... ich kann es dir nicht erzählen, weil ich mich selbst kaum und nur sehr sporadisch erinnere." "Aber du erinnerst dich ein wenig... an was erinnerst du dich?", hakte die junge Frau nach. Wieder senkte Joey seinen Blick. Man merkte, dass er nicht gewillt war ihr diese Frage zu beantworten. "Brüderchen...? Was macht dir nur solche Angst?" Seto und Jack waren hinter Joey getreten und er neigte den Kopf ein wenig so, als würde er um die Ecke hinter sich schauen können. "Na komm schon, Grinsekatze...", kam es leise von Joey. "Es ist doch ein viel zu schöner Tag, um ihn sich durch sowas jetzt verderben zu lassen..." Seto ging neben ihm in die Hocke und legte sanft seine Hand auf die des Blonden. Joey wusste, das Seto dafür war, Serenity alles zu sagen. Doch das wollte Joey nicht. "Brüderchen... wieso willst du mir nicht davon erzählen?", kam es verzweifelt von der Brünetten, die ihn flehend anblickte. "Serenity.", kam es jetzt behutsam von Seto. "Joey hat noch mit niemanden über diese Woche im Sommer gesprochen." "Was...?", kam es entsetzt von der kleinen Schwester. "Aber wieso nicht, Joey?" Der Blonde wandte seinen Blick von seiner kleinen Schwester. Doch sie legte beide Hände an seine Wangen und richtete seinen Blick wieder auf sie. Sanft und behutsam versuchte sie ihn anzulächeln. "Oh, Sunnyboy... warum schämst du dich nur so sehr?", hakte sie weiter unaufhörlich nach. Joey entkam eine Träne aus seinem Auge, die sich langsam über die Wange zog, bis sie von Serenitys Daume sanft weggewischt wurde. Dann umarmte die Brünette ihren Bruder eng und inniglich. "Du kannst mir alles erzählen, Brüderchen... ich bin deine Schwester und ich werde dich immer - IMMER - lieb haben, hörst du?" Jetzt nahm Joey seine Schwester fest in den Arm und drückte sie an sich. Als sie sich langsam von einander lösten blickte sie ihn und sein unförmig vor der Brust hängendes Shirt lange an. Dann, wie in Zeitlupe, griff sie nach dem Fetzen Stoff und begann ihn langsam über Joeys Kopf zu ziehen. Gerade als sie das Shirt endgültig von ihm ziehen wollte hielt Joey sie auf. Er musterte sie lange, bevor er ihre Hände freigab und sich das Shirt von der Brust und den Armen ziehen ließ. Als Serenity sah, was für Spuren diese Woche im Sommer auf dem Körper ihres Bruders hinterlassen hatte begann sie zu ahnen, dass man ihr etwas Essenzielles vorenthalten hatte. Ihr Vater war ein Säufer und ein Schläger, aber diese Spuren gingen weit über das Maß dessen hinaus, zu was ihr Vater fähig war... oder? Konnte sie das wirklich mit Gewissheit behaupten? Wie gut kannte sie den Mann, den sie als Vater all die Jahre angesehen hatte, überhaupt? Vorsichtig streckte sie ihre Hand einer langen Narbe an Joeys Seite aus, doch bevor sie diese berühren konnte zuckte Joey nach hinten weg. Sie versuchte ihn aufmuntern anzulächeln, doch es fiel ihr schwer. Diese Ungewissheit nagte einfach an ihr. Dennoch wollte sie ihren Bruder nicht länger bedrängen. Sie hatte das Gefühl, würde sie weiter bohren würde ihr Bruder irgendwann zusammen klappen. Das war das Letzte, was sie wollte. Auch wenn sich alle die größte Mühe gaben locker und fröhlich zu sein, so recht wollte sich eine ausgelassene Stimmung nicht mehr einstellen. Es war noch keine acht Uhr am Morgen, als Serenity mit einer Boutiquentüte im Foyer zur Haustür schritt. Sie wollte die Tür gerade öffnen, als sie hinter sich die Stimme des Jungunternehmers hörte. "So früh schon auf?", fragte er überrascht. "Oh, guten Morgen, Seto.", begrüßte sie ihn mit einem überwältigend Lächeln. "Hm... dieses Lächeln muss in der Familie liegen!", stellte Seto trocken fest. "Immer wenn Joey mich von etwas ablenken möchte, lächelt er mich genauso an." "Ablenken? Wovon sollte ich dich ablenken wollen?", konterte die Brünette kess. "Keine Ahnung.", gab Seto zu und betrachtete sie nachdenklich. Heute hatte die junge Frau eine Jeans und ein Shirt an, dass sie sorgfältig in die Hose gesteckt und den Übergang mit einem Gürtel verdeckte. "Willst du etwas umtauschen?" "Ja.", log Serenity ihn eiskalt an. "Ich hab mir da gestern ein Kleid gekauft, von dem ich heute einfach nicht mehr so überzeugt bin." "Dann warte einen Augenblick. Ich lass ein Fahrer mit einem Wagen kommen.", bot Seto ihr an. "Das ist nicht nötig... so ein kleiner Spaziergang wird mir gut tun.", versuchte Serenity sein Angebot auszuschlagen. "Nichts da... kleiner Spaziergang? Wenn dein Bruder in zehn Minuten aus der Dusche kommt und mich fragt, wo du bist und ich ihm sage, dass ich dich zu Fuß in die Stadt laufen gelassen habe, reist er mir den Kopf von den Schultern.", erklärte Seto und wirkte wirklich für einen Moment so, als habe er Angst vor Joeys Reaktion. Serenity schmunzelte sanft und nickte dann einlenkend. Keine fünf Minuten später fuhr ein Wagen der gehobenen Mittelklasse vor und ein Fahrer stieg aus, um die hintere Tür zu öffnen. Serenity begrüßte ihn freundlich, stieg ein und wartete darauf, dass der Fahrer ebenfalls einstieg. Als er endlich eingestiegen war und losfuhr fragte er, wo die Boutique lag. "Ja... die Boutique... nun ja... ich würde gerne zum Bezirksgefängnis!", kam es endlich von Serenity. Der Fahrer nutzte den Rückspiegel um sie kritisch zu mustern. Dann nickte er und wendete den Wagen. Serenity rutschte nervös auf der Rückbank hin und her. Sie wusste, dass es keine gute Idee war, dass sie das direkte Gespräch mit ihrem Vater suchte. Doch seit der Poolparty nagten Fragen an ihr, die sie beantwortet haben wollte. Seto hatte versucht ihr zu erklären, warum Joey nicht in der Lage war darüber zu sprechen, doch auch bei diesem Gespräch hatte sie das Gefühl, dass der andere ihr etwas nicht gesagt hatte. Sie war kein Kind mehr und es ärgerte sie, dass ihr Bruder und dessen Freund meinte sie bevormunden oder vor was auch immer beschützen zu müssen. Daher hatte sie beschlossen ihren Vater besuchen zu gehen. Auch hier war ihr bewusst gewesen, dass wenn sie ihr Vorhaben offen ausgesprochen hätte, alle sofort versucht hätten es ihr auszureden. Daher hatte sie sich an ihre kleine Lüge gestern erinnert, als ihr die Narbe an Joeys Handgelenk das erste Mal aufgefallen war und er nachgefragt hatte, worüber sie sich den Kopf zerbrach. Genau diese Lüge hatte sie nun erneut aufgegriffen und hatte sich somit - erfolgreich - aus dem Haus gestohlen. Schließlich wurde nach nur einer halben Stunde Autofahrt der Wagen langsamer und parkte auf einem großen Parkplatz. Ihr Blick fiel sofort auf den Betonkasten, der die schöne, ländliche Umgebung völlig entstellte und störte. Ein flaues Gefühl in ihrem Magen entwickelte sich und sie fragte sich noch einmal, ob sie das wirklich tun wollte. Was wäre, wenn ihr Vater nicht bereit war auf ihre Fragen zu antworten oder er ihr irgendwelche Lügen erzählte? Doch jetzt war sie schon einmal den gesamten Weg hier raus gekommen, jetzt zu kneifen wäre völlig unsinnig und lag nicht in ihrer Natur. Also strafte sie sich, stieg aus und marschierte auf den Besuchereingang des Gefängnisses zu. Kapitel 77: Ein Besuch mit Folgen. ---------------------------------- Kapitel 77 - Ein Besuch mit Folgen Als Serenity aus dem Gefängnis kam hatte sie Kopfschmerzen und ihr war schwindelig. Nicht nur, dass sie Stunden auf die Besuchszeit hatte warten müssen, auch das Gespräch mit ihrem Vater war alles andere als gut gelaufen. Er hatte sie 'Prinzessin' genannt, genauso wie ihre Mutter früher, wenn er sie auf die Palme bringen wollte. Dann erkundigte er sich, wie es der 'verlogenen Schlange' ging. Als sie ihm sagte, dass ihre Mutter im Februar gestorben war, war von ihm nur ein gehässiger Kommentar gekommen, dass jeder bekam, was er verdiente. Schon allein dieser Hass hatte ihr fast den Boden unter den Füßen weggezogen. Schließlich hatte er gefragt, was sie hier wollte. Noch ehe sie antworten konnte hatte er süffisant gegrinst und gemeint, dass er sich nicht um noch ein Balg kümmern könnte, schon gar nicht, wenn er hier drin saß. Sie hatte seinen Kommentar übergangen und war direkt zum Thema gekommen: Die Frage, was er im Sommer mit Joey gemacht hatte. Doch sein süffisantes Grinsen war noch breiter und schmieriger geworden, während er sich über das unsauber rasierte Kinn strich. In diesem Moment erweckte er den Eindruck als würde er sich an etwas recht anzügliches und aufgeilendes erinnern. Verwirrt blickte sie ihn an, während sie auf eine Antwort wartete. Dann hatte ihr Vater nur gemeint, dass alles was Joey erzählen würde nur eine Lüge sei. Das er ihn mit seinen Lügen hier reingebracht und sein Leben in Gefahr gebracht hatte und ihm - dem armen Opfer widriger Umstände, nichts anderes übrig geblieben war den Kanarienvogel zu machen, um seine Haut zu retten. Dafür hatte er sich verschiedener Vergehen schuldig bekannt und würde nun lange Zeit ins Gefängnis kommen. Doch eine Antwort hatte er ihr auf ihre Frage nicht gegeben. Also fragte sie erneut nach, was er mit ihrem Bruder im Sommer getan hatte, dass dieser sogar versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Auf diese Information, die ihm scheinbar neu gewesen war, begann er zu grinsen und hakte nach, ob 'dieser Schwanzlutscher' sich tatsächlich dabei so dumm angestellt hatte, dass es nicht geklappt hatte. Zorn war in Serenity aufgewallt, sie hatte beide Hände auf den Tisch geschlagen, sich hoch gestemmt und über die Tischplatte gebeugt und ihn gefragt, wie er sowas nur über seinen Sohn sagen konnte? Warum er ihr nicht endlich antwortete. Doch er hatte wieder nur gegrinst und sich genüsslich zurück gelehnt. Meinte nur, dass in ihr mehr Temperament stecken würde, als in der Fotze von Ex-Frau. Dann setzte er nach, dass er lieber sie, als den Nichtsnutz von Sohn behalten hätte, weil sie ihm wenigstens ordentlich Geld eingebracht hätte. Sicherlich hätte sie sich nicht so gesträubt, die Beine breit zu machen, wie dieser Taugenichts. Geschockt hatte sie sich aufgerichtet und ihn angeschaut, während sich Tränen in ihren Augen sammelten. Doch scheinbar war Josef noch lange nicht fertig. Denn er begann darüber zu sinnieren, wie viel Geld er mit ihr hätte verdienen können. Dass das weit über den Strich hinaus ging. Die Worte, die er danach verwendete, konnte Serenity nicht einmal gedanklich wiederholen, so widerwärt und niveaulos fand sie diese. Noch während ihr die ersten Tränen über das Gesicht liefen, hatte sie in einem erstaunlich ruhigen Tonfall nur gemeint, dass sie sehr froh darüber sei, dass weder Joey, noch sie von ihm - einem Totalversager - abstammten. Verwirrt hatte er sie angeschaut und wollte nur wissen, ob sie jetzt ihren Verstand verloren hätte. Da offenbarte sie ihm, dass ihre Mutter ihn betrogen hatte. Nicht nur einmal. Und dass Joey und sie von diesem anderen Mann gezeugt worden waren. Das war das erste Mal in diesem Gespräch gewesen, dass dem alten Wheeler dieses widerwärtige Grinsen aus dem Gesicht gefallen war. Und mit dieser Genugtuung - wenn es auch nur eine kleine gewesen war - hatte sich Serenity umgedreht und war gegangen. Wieder wallten in ihr die Tränen der Frustration auf. Eine löste sich aus ihrem Auge und sie strich sich diese mit der Hand weg. Wie konnte dieser Mann, den sie so lange für ihren Vater gehalten hatte, nur zu diesem Monster werden? Der seinen eigenen Sohn als 'Schwanzlutscher' bezeichnete, davon sprach, dass er bedauerte, dass der Selbstmordversuch missglückt ist und er - wenn sie bei ihm geblieben wäre - sie verkauft oder auf den Strich geschickt hätte. Scheinbar hatte er bis zum Ende des Gesprächs nicht gewusst, dass Joey und sie gar nicht seine leiblichen Kinder waren... also wie konnte dieser Mann nur so grausam gegenüber seinen eigenen Kinder sein? Sie verstand das nicht. Dann trat jemand vor sie und als sie aufblickte, blickte sie in die wütenden, bernsteinfarbenden Augen ihres großen Bruders. Doch noch ehe er ihr etwas sagen konnte sprang sie an seine Brust, schlang ihre Arme um ihn und weinte bitterlich. Er legte sofort seine Arme um sie und begann sie zu trösten. So wütend Joey auch gewesen sein mochte, die Wut war augenblicklich verraucht, als seine Schwester laut schluchzend in seine Arme gefallen war. Er war eigentlich stink sauer gewesen, dass sich Serenity erst unter einem Vorwand aus dem Haus geschlichen, sich Stunden lang nicht gemeldet oder an ihr Handy gegangen war und sich dann rausstellte, dass sie zum Gefängnis gefahren war, in dem der alte Wheeler saß. Er hatte ihr eigentlich die Leviten lesen und sie fragen wollen, was ihr einfiel, dass zu tun. Doch jetzt,... jetzt wollte er einfach nur, dass sein Schwesterchen aufhörte zu weinen und ihre Unbefangenheit zurück gewann. Der Blonde wusste, dass vor allem Letzteres etwas war, was unerfüllt bleiben würde. Ihre Unbefangenheit hatte schon gestern beim Schwimmen ein Knacks bekommen. Doch nach einem Gespräch mit diesem Mistkerl... Langsam führt er sie zurück zu den beiden Wagen, die da standen. An dem einen Wagen standen Seto und Jack und wartete, während Isono und der andere Fahrer ein Gespräch führte. Jack kam ihnen ein wenig entgegen und schloss sie beide in seine Arme. Joey wollte sich schon lösen und ihm Serenity überlassen, als Jacks Umarmung fester wurde und deutlich machte, dass es ihm nicht nur um die Brünette ging, sondern er auch für den Blonden da sein wollte. Als Joey das realisierte spürte er wieder die Tränen in sich aufsteigen, die er schon gestern Morgen, als er erkannt hatte, dass Jack wirklich sein Vater - nein, er nahm sich ein Beispiel an seiner Schwester und behielt dieses Wort für Wheeler Senior vor - dass Jack wirklich sein Dad sein wollte. Doch diese Tränen wollte er sich jetzt nicht erlauben. Nicht, solange seine Schwester fertig mit sich und der Welt war und er nicht wusste, was der Mistkerl ihr erzählt hatte. Also stiegen sie in den Wagen, mit dem Jack, Seto und er hergefahren waren, nachdem Seto den Fahrer von Serenity angerufen hatte, um zu erfragen, wo sie waren. Der Fahrer des anderen Wagens hatte die Anweisung bekommen, den Wagen zurück zu fahren. Joey hoffte nur, dass Seto ihn nicht einfach entlassen würde, schließlich konnte der Fahrer nichts dazu, dass Serenity ihr Ziel geändert hatte. Nachdem sie schließlich zu Hause angekommen waren brachte Jack Serenity in ihr Zimmer, damit sie sich ein wenig hinlegen und weiter beruhigen konnte. Kaum hatten die beiden die Treppe erklommen und waren um die Ecke verschwunden zog Seto Joey in seine Arme und hielt ihn ganz fest. Er hatte gesehen, wie die Angst immer weiter in seinem Freund hochgeschlagen war. Die Angst davor, dass Wheeler Senior Serenity irgendetwas erzählt haben könnte... darüber, dass er ihn nicht nur geschlagen hatte. Darüber, was im Sommer wirklich gelaufen war. Die Ungewissheit zerrte regelrecht an dem Blonden und Seto hatte das erkannt. Also zog er ihn ins Wohnzimmer und dort auf der Couch in seinen Arm. Joey kuschelte sich eng an seinen Freund. Seto sprach ihm beruhigende Worte zu und reduzierte die Anspannung in ihm deutlich spürbar. Schließlich kam Jack zu ihnen und meinte, dass Serenity jetzt ein wenig schlafen würde und später sicherlich bereit wäre, ihnen zu erzählen, was der alte Wheeler von sich gegeben hat. Joey biss sich nervös auf die Unterlippe. Einerseits wollte er wissen, was der Alte seiner kleinen Schwester erzählt hatte. Auf der anderen Seite... hatte er wahnsinnige Angst davor genau das zu erfahren. Dennoch... Gewissheit war einfach besser als die ständige Ungewissheit. Kapitel 78: Nicht so gesträubt, wie... -------------------------------------- Kapitel 78 - Nicht so gesträubt, wie... Joey saß mit Seto und Jack im Wintergarten zum Tee zusammen. Auf dem niedrigen Kaffeetisch standen neben dem Tee auch ein Kuchen und eine Schale mit Gebäck. Mokuba war noch nicht aus der Schule zurück. Seto hatte seinen Arm um Joeys Schulter gelegt. Irgendwie fühlte sich das merkwürdig an. Nicht, dass Joey es nicht gewohnt war, dass sein Freund ihn so hielt. Aber in Anbetracht, dass sie weder unter sich waren, noch in Gesellschaft seiner Freunde, sondern sein... es zu denken wirkte immer noch surreal auf den Blonden... Dad ihnen gegenüber saß, fühlte es sich merkwürdig an. Joey kannte außer Jack keine anderen Amerikaner und wusste nur aus Film und Serien oder den Medien, welche Moralvorstellungen viele Amerikaner hatten. Daher wusste er, dass Homosexualität auch in den USA ein problematisches Thema war. "Was geht dir durch den Kopf, Joey?", wollte Jack auf einmal wissen. Scheinbar hatte er dem Blonden angesehen, dass er über etwas nachdachte und dabei ganz unbewusst den Älteren angestarrt hatte. "Du bist Amerikaner.", begann Joey. "H... hast du kein Problem damit, dass ich... nun ja... schwul bin?" Sein Magen fing an zu kribbeln. Warum hatte er diese dämliche Frage nur gestellt? "Nein!", kam es offen von Jack. "Warum nicht?", wollte Joey wissen, der die prompte Antwort, die ihm gegenüber so wohlwollend klang, nicht einfach glauben konnte. Ich mein, würde Jack überhaupt wirklich sagen, wenn es ihn stören würde? Immerhin war geplant, dass Serenity und er noch bis übernächsten Freitag hier zu Gast sein sollten. "Weil ich selbst bi-sexuell bin!", kam es sanft grinsend von dem Amerikaner. "Ich finde es nicht wichtig WEN man liebt, solange man liebt und geliebt wird. Außerdem versuche ich zu vermeiden in den beschränkten Kategorien der heutigen Gesellschaft zu denken." "Wie meinst du das?", wollte jetzt Seto wissen. "Nehmen wir das Thema Geschlecht!", begann Jack zu referieren. "Ein Großteil der sogenannten westlichen Welt unterteilt ihre Gesellschaft in männlich und weiblich. Doch das ist schlicht und ergreifend falsch! Die Wissenschaft hat längst bewiesen, dass es keine festen Grenzen zwischen männlich und weiblich sind. Die Grenzen sind fließend und dadurch gibt es zahlreiche weitere Geschlechter. Es gibt Menschen, die sind äußerlich weiblich, haben aber XY-Chromosomen, dann gibt es Menschen die haben beide Ausprägungen der Geschlechtsorgane, also sowohl Penis als Vagina oder Eierstöcke wie Hoden und das wieder in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Aber auch wenn man mal die Geschlechtsmerkmale weglässt und sich die Gehirne anschaut, stellt man fest, dass Merkmale, die als typisch männlich oder weiblich galten bei einer breiteren Masse an Untersuchungsteilnehmer ebenfalls fließend unterschiedlich ausgeprägt sein können. Und außerdem denke ich nicht, dass Geschlechter starre Konstrukte sind. Eine Frau, die in die Wechseljahren kommt, bei der senkt sich der Östrogenanteil auf ein Niveau eines Mannes. Gerade in der Kunstwelt trifft man auf ein breites Spektrum an Menschen, die sich nicht klassisch in eine von zwei Schubladen stecken lassen wollen, die lange darunter gelitten haben, dass man sie in der Kindheit dazu zwingen wollte entweder das eine oder das andere zu sein und dich sich mit Hilfe der verschiedenen Kunstformen nun ausdrücken." Der Blonde war überrascht. Er selbst hatte nie wirklich darüber nachgedacht, dass es mehr als Männer und Frauen gab und aus diesem Gesichtspunkt Begrifflichkeiten, wie Homosexualität oder Heterosexualität, obsolet wurden. Aber auch das sein Dad eine solch moderne Einstellung zu dem Thema hatte, war... erfrischend. Erfrischend, weil ihm hier ein Kampf erspart wurde,... Moment! Hatte sein Vater gesagt, dass er bi-sexuell ist? Hieß das, dass er schon mal mit einem Mann... also zusammen war und so? "Ja.", kam es plötzlich von Jack, der ihn immer noch amüsiert anlächelte und scheinbar die Frage aus Joeys Gesicht gerade zu abgelesen hatte. Verlegen senkte der Blonde seinen Blick. "In meiner Studienzeit hatte ich sowohl mit Mädels, als auch mit Jungs Kontakte und nachdem meine Frau und ich uns getrennt haben, geh ich gelegentlich mit einem Freund etwas trinken." Joey hob plötzlich abwehrend die Hände. "Geht mich gar nichts an!", versuchte er das Thema abzuwürgen, denn die Informationen über das Sexleben seines Dads waren etwas, worauf er verzichten konnte. "Oh, referierst du wieder über Geschlechter?", kam es plötzlich vom Übergang zum Wohnzimmer, in dem Serenity stand. Untypischerweise hatte Joeys kleine Schwester sich die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden und sie lächelte sanft zu ihrem Dad, während sie die wenigen Stufen zum Wintergarten hinunter stieg. Joey sprang auf und kam auf sie zu, bevor er sie - mit einem unmerklichen, kleinen Zögern - umarmte und sie fest an sich drückte. Sie erwiderte die Umarmung und hielt ihn eine ganze Weile einfach nur fest. Was sollte das bedeuten? War sie jetzt voll im Bild und wollte damit ihr Mitfühlen signalisieren? Oder war sie immer noch tief getroffen und suchte Halt bei ihm? Doch schließlich lösten sie sich von einander und Joey versuchte seine Schwester sanft anzulächeln, während er sie zum Kaffeetisch führte und ihr dann dort eine Tasse vom Tee einschenkte, die er ihr mit ein bisschen Gebäck reichte. Auch sie lächelte ihn sanft an. Nervös nahm er wieder neben Seto Platz, so dass sie zwischen Jack und ihm saß. Sein Schwesterchen nahm einen Schluck. "Fühlst du dich besser, Sonnenschein?", fragte Jack sanft. Serenity lächelte schwach und nickte. "Ja, Dad. Danke der Nachfrage.", antwortete Serenity. "Was hast du dir dabei gedacht?", begehrte Joey plötzlich auf, der die Spannung der Unwissenheit kaum noch aushielt. Erschrocken blickte seine Schwester zu ihm und senkte dann ihren Blick. Ja, dass hatte sie sich selbst gefragt, seit sie zurück gekommen waren. Was hatte sie sich von diesem Besuch nur erhofft? Antworten, klar... aber warum war ihr nicht klar gewesen, dass sie diese nicht bei diesem Mann finden würde? "Ich wollte... Antworten, die du mir nicht geben kannst oder nicht geben willst.", kam es leise von der Brünette, die den Blick zu ihrem Bruder scheute. Etwas erzitterte in Joey und zog sich in seinem Magen zusammen. Er schluckte und spürte die Verzweiflung in sich aufsteigen. Wollte er eben noch nachhaken, spürte er jetzt, dass seine Stimme ihn verraten würde, wenn er es wagen würde, jetzt zu sprechen. "Und hast du deine Antworten bekommen?", fragte Jack. Serenity schüttelte ihren Kopf und blickte dann erst zu ihrem Dad auf, bevor sie zu ihrem Bruder sah. Sie erschrak, als sie sah, wie blass er auf einmal geworden war. Sie stand auf und nahm dann neben ihm auf der Bank Platz. "Er hat mich nur verspottet, sich über den Tot unserer Mutter lustig gemacht und dann wurde er widerwärtig.", berichtete Serenity sanft ihrem Bruder, während sie eine Hand auf die des Blonden legte, die sich in sein Hosenbein verkrampft hatte. "Er ist ein MONSTER und hätte ich das früher erkannt, ich hätte alles getan, damit Mutter dich zu uns holt." 'Er ist ein MONSTER', hallte es in Joeys Kopf nach. Was... was hatte das zu bedeuten? Hatte dieser Mistkerl irgendetwas erzählt? Warum sonst würde Serenity ihn sonst für ein Monster halten? Doch der Blonde hatte einfach nicht den Mut zu fragen. Wie auch, ohne nicht Preis zu geben, was er vor ihr verstecken wollte. "In wie fern wurde er widerwärtig?", fragte stattdessen Jack nach und Joey blickte überrascht zu dem Mann auf. Er erkannte, dass der Amerikaner ihn auch gut lesen konnte und ihm die Fragen abnahm, die Joey nicht selbst stellen konnte. Und dafür war der Blonde mehr als dankbar. "Er meinte, er hätte sich gewünscht, dass Mutter mich an Joeys Stelle bei ihm gelassen hätte, denn ich hätte ihm ordentlich Geld eingebracht, weil ich mich nicht so gesträubt hätte die Beine breit zu machen wie...", sie stockte auf einmal, als ihr die Bedeutung des Satzes bewusst wurde. Sie blickte zu Joey, der angestrengt geradeaus starrte und versuchte nicht zu reagieren. Doch im perlte eine Träne aus den Augen. In diesem Moment wusste Serenity, dass das, was sie erst jetzt mit diesem Satz verstanden hatte, wohl wahr sein musste. Der Schock ergriff ihr Herz und schnürte sich eng darum, während sie ihre Hand ganz langsam vor ihren Mund schlug. Doch dann löste sie sich aus ihrem Schock und schob einen Arm um Joeys Schulter. Konnte sein Zittern spüren, dass man nicht sehen konnte. Noch eine Träne perlte aus seinem Auge. Die Berührung seiner Schwester erweckte auch ihn aus seinem Schock. "E... Entschuldigt mich bitte!", kam es stimmlos von dem Blonden, bevor er versuchte aufzustehen. Doch seine Beine wollten ihm nicht gehorchen und er stolperte über Seto, der ihn sanft auffing. "Brüderchen?", kam es verzweifelt von Serenity. Das schien Joey anzuheizen, so schnell es möglich war aus dem Wintergarten flüchten zu wollen, doch sein ganzer Körper fühlte sich auf einmal so steif und taub an. Er... musste hier weg. Weg von seiner Schwester und dem Wissen, dass sie ihn nun sehen würde, wie er war. Wie er nicht sein wollte. Nicht vor ihr! Doch Seto hielt ihn an den Schultern fest, während Serenity ihm ihre Hand an den Rücken legte. Der Blonde blickte zu seinem Freund hoch. Schluckte ein weiteres Mal. Die Tränen waren unaufhaltsam. Liefen ihm über die Wangen. Da spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Es war nicht die zierliche Hand seiner Schwester. Und auch nicht die seines Geliebten. Als er auf die Hand aus dem Augenwinkel blickte und ihr über den Arm folgte, sah er Jack. Er lächelte mild und aufbauend, dann zog er ihn an seine Brust und schloss einen Arm um ihn. Mit der anderen Hand zog er Serenity zu sich und schloss den anderen Arm um sie. So hielt er seine beiden Kinder, die ihm so lange vorenthalten gewesen waren, fest an sich gedrückt. Auch Serenity weinte und kuschelte sich langsam Richtung Joey, bis sie ihn auch in den Arm nehmen konnte und den Kopf ihres Bruders zu sich zog. Verzweifelt schloss er seine Arme um sie und drückte sie eng an sich. "Es wird alles wieder gut, Brüderchen.", flüsterte Serenity sanft und tröstend in sein Ohr, während sie ihm sanft über den Rücken strich. Kapitel 79: Meilenstein ----------------------- Kapitel 79 - Meilenstein "NEIN!", kam es energisch von Joey, bevor er geräuschvoll seinen Stuhl nach hinten schob und vom Frühstückstisch aufstand. Sofort sprang auch Jack auf, eilte hinter dem Blonden her und schob sich vor ihn, ohne ihn anzufassen. Sofort hob Joey abwehrend seine Hände und wich einen Schritt von seinem Dad zurück, während er ihn entschlossen anstierte. "Nein! Das will ich nicht!" "Aber Joey...", kam es behutsam von Serenity, die auch aufgestanden war und sich neben ihn gestellt hatte. Vorsichtig legte sie eine Hand an Joey Arm, darauf gefasst, dass er sich ihrer Berührung entziehen würde. Seit sie wusste, dass ihr Vater Joey zu... Dingen gezwungen hatte fiel es ihrem Bruder schwer ihre Anwesenheit zu ertragen. Die Scham störte ihr geschwisterliches Verhältnis enorm und das tat Serenity furchtbar leid. Sie würde ihm gerne helfen diese Scham abzulegen, die er nicht vor ihr haben brauchte. Doch auch alles gutgemeinte Zureden hatte sie ihm nicht genommen. "Brüderchen... du brauchst einen Abschluss, sonst wirst du dich nie frei bewegen können vor lauter Angst, dass er hinter irgendeiner Ecke lauern könnte." "Dieses Verfahren hat NICHTS mit mir zu tun. NICHTS!", keifte Joey, der sich tatsächlich der Berührung seiner Schwester entzog und nach hinten zurück wich, bis er gegen Seto stieß, der plötzlich hinter ihm stand. Etwas erzitterte in ihm, denn er wusste, dass Seto der gleichen Ansicht war, wie Jack und Serenity. "Ich weiß, dass du das denkst, Joey.", kam es sanft von Seto, dessen Mund sich nah an dem Ohr des Blonden befand, während er seine Arme um ihn schlang und vor dessen Bauch die Finger verschränkte. "Ich weiß, wie sehr dir dieser Deal zugesetzt hat. Das du dich dadurch wertlos fühltest." Verdammt, warum sprach Seto das aus. Das war noch etwas, was seine Schwester nicht wissen musste. Wissen sollte. "Brüderchen...", setzte Serenity wieder an. "Jack und ich werden auf jeden Fall hin gehen. Und ich bin mir sicher, wenn du mit uns kommen würdest, dann würde dich Seto begleiten. Du wärst nicht alleine und..." "NEIN!", kam es erneut energisch von dem Blond, der sich in der Umarmung seines Freundes wand. Doch dieser ließ nicht zu, dass er sich diesem Gespräch entzog. Das hatte er in den letzten Wochen viel zu oft zugelassen. "L... lass mich... lass mich los, Seto." "Nein! Du wirst jetzt nicht weglaufen.", kam es streng von Seto, bevor er spürte, wie Joey begann zu zittern. Er wollte dieses Gespräch nicht führen. Vor allem aber wollte er nicht zur Urteilsverkündung seines alten Herrn. Dieser Mistkerl ging ihm am Arsch vorbei. Was würde das schon bringen, wenn er genau wusste, wie lang dieses Monster weggesperrt würde. Yuki und Ami hatten ihm zugesichert, dass es mindestens 15 Jahren sein würde. Mehr interessierte ihn nicht. Da spürte er auf einmal eine Hand an seiner Wange. Als er seinen Blick fokussierte sah er Jack vor ihm, der ihn sanft anlächelte. Joey schluckte. Jack hatte ein Talent dafür, ihn auf der einen Seite zu beruhigen und auf der anderen Seite mit einem neuen Standpunkt seine Sicht der Dinge zu vergrößern, wodurch er dann gewisse Sachen durchaus anders sehen konnte. Doch der Blonde wollte in diesem Punkt nicht von seiner Meinung abweichen. "Keiner wird dich zwingen, Joey.", begann Jack. "Aber wenn du gehen wollen würdest, wärst du nicht alleine. Wir wären alle bei dir und für dich da." "Und er kann dir nichts tun!", kam es sanft von seiner Schwester. "Er wird auch nichts sagen dürfen, es ist nur die Urteilsverkündung. Da wurde bereits alles gesagt, was es zu sagen gab." Joey wusste nicht wie die drei es geschafft hatten. Die drei hatten eigentlich bei ihm auf Granit gebissen. Doch dann war Mokuba überraschend früh nach Hause gekommen. Er war zu dem Blonden gelaufen und meinte, dass er sich extra heute von der Schule beurlauben ließ, um Joey bei diesem Gang zu unterstützen. Joey wollte den Kleinen nicht mit seiner Weigerung enttäuschen. Also hatte er zähneknirschend das Sträuben eingestellt. Sie hatten einen größeren Wagen genommen, in dem sie alle Platz gefunden hatten. Hätten sie doch nur einen Standardwagen genommen, dann hätte Joey sich vielleicht mit seiner Abneigung gegen solche Fahrzeuge heraus reden können. Doch die Großraumlimousine hatte so wenig mit dem Wagen zu tun, den er im Sommer genommen hatte, als er wegen seiner vorzeitigen Mündigkeit ebenfalls auf dem Weg zum Gericht gewesen war. Also war er mit noch mehr Zähneknirschen eingestiegen und hatte sich in eine Ecke gepresst. Die ganze Zeit hatte er geschwiegen und sich an keinem der Gespräche beteiligt. Unruhig rutschte der Blonde immer wieder hin und her, während er mit seinen Fingern am Saum seines Shirts nestelte. Je tiefer sie in die Stadt fuhren, desto mehr biss er sich auf die Unterlippe. Als der Wagen schließlich vor dem Gerichtsgebäude zum Stehen kam war seine Anspannung kaum noch zum Aushalten. Er wollte NICHT aussteigen. Doch Mokuba und Serenity lächelten ihn sanft an und hielten - jeder für sich- ihm eine helfende Hand entgegen. Joey kam sich vor, als könnte man sein Zittern klar und deutlich sehen. Kaum hatte er den Wagen verlassen und wollte sich aufrichten, sackte er kurz weg, da seine Beine so weich waren, dass sie ihm keinen Halt boten. Dafür war Seto sofort da, der ihn stützte und hielt. Sie waren kaum drei Schritte gegangen, als Seto mit ihm stehen blieb. Als dieser auch nach ein paar Sekunden nicht weiter ging blickte Joey unsicher zu ihm auf. Seto lächelte ihn sanft an und deutete mit den Augen vor sich. Nur zögerlich lenkte der Blonde seinen Blick auf die Menschen vor ihnen und... konnte es nicht fassen. Vor ihm standen Tristan, Duke, Yuki und Ryou. Ryou? War der nicht in England studieren? Doch alle lächelten ihn zuversichtlich an, bis Tristan überwand, was sie trennte und spielerisch durch das blonde Haar wuschelte. "Hast wohl gedacht, dass wir dir das Vergnügen, zu hören, für wie lang er im Bau vergammeln darf, alleine überlassen, was?", kam es im scherzhaften Ton von Tristan. Etwas von der Schwere wich von Joeys Schulter und er grinste verhalten. Dann umarmte er seinen besten Freund. Sie waren alle gekommen, sogar Ryou, der in seinen ersten Semesterferien her gekommen war, um ihn zu unterstützen. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins Gericht. Sowohl die Staatsanwaltschaft, an deren Tisch Ami Lee gesessen hatte, als auch Joseph Wheeler und sein Strafverteidiger standen auf, als der Richter herein kam, die drei Stufen zu seinem Stuhl hinauf stieg und dann Platz nahm. "In der Sache 'Der Staat gegen Joseph Wheeler Senior' hat der Angeklagte ein Schuldeingeständnis von sich gegeben. Nach Sichtung aller Unterlagen ist das Gericht jedoch nicht geneigt, der Empfehlung der Staatsanwaltschaft zu folgen.", kam es streng vom Richter. In diesem Moment verkrampfte sich Joey. Sollte das heißen, dass der Richter diesem Mistkerl weniger als 15 Jahren aufbrummen würde? Wozu hatte er dann dem Deal zugestimmt und auf sein Recht verzichtet? Ami Lee hatte ihm doch versprochen, dass der Alte für eine lange Zeit aus dem Verkehr gezogen wurde. Seto und Tristan bemerkten die Anspannung und legten beide eine Hand auf Joeys Rücken. Während Setos Hand mehr am Nacken lag und den Blonden sanft kraulte, strich Tristan über den Rücken seines besten Freundes, der den Tränen nahe war. "Ein Subjekt wie Sie, hat in dieser Gesellschaft keinen Platz und läge es in meiner Befugnis, würde ich Sie wegsperren und den Schlüssel wegwerfen. Da aber die von ihnen eingestandenen Strafsachen eine solche Strafe nicht rechtfertigen, kann ich Ihnen 'nur' das Höchstmaß von 25 Jahren auferlegen. Daher verurteilt Sie dieses Gericht zu einer Haftstrafe von wenigsten 20 Jahren und nicht mehr als 25 Jahren in der Haftanstalt Nagai Fuyu." 25 Jahre, ging es Joey durch den Kopf. Dieser Mistkerl würde für 25 Jahre weggesperrt werden. Etwas sehr schweres fiel ihm vom Herzen und Erleichterung machte sich in dem Blonden breit, der - ohne dass er es gemerkt hatte - begonnen hatte zu weinen. Kapitel 80: Wertvoll -------------------- Kapitel 80 - Wertvoll Joseph Wheeler Senior wurde unter großem Gezeter und Gegenwehr aus dem Gerichtssaal gebracht. Immer wieder brüllte er, dass die 'Schlampe von Staatsanwältin' ihn betrogen hätte. Das sie ihn 'aufs Kreuz gelegt hätte'. Scheinbar war er zwar willig gewesen für 15 Jahren ins Gefängnis zu gehen, aber 25 Jahren... Kurz bevor die Gerichtsdiener ihn aus dem Saal gezogen hatten, sah der Alte Joey. "Das ist alles deine Schuld, SOHN... wegen deinen dreckigen Lügen... Bist halt durch und durch der Sohn deiner betrügerischen Mutter. Hoffe, du schmorrst bald mit der Schlampe in der Hölle.", brüllte er durch den Gerichtssaal. "Heult rum, nur weil er seinen Beitrag zum Haushaltsgeld beisteuern soll... dämliches Fickloch, du!" Viele der Anwesenden richteten ihre Blicke auf Joey, dessen Wangen vor Scham gerötet waren. Ihm liefen nach wie vor Tränen über das Gesicht, doch statt der Erleichterung, waren es jetzt bittere Tränen. Seto und Tristan, die ihn flankierten schoben sich etwas vor ihn, damit die anderen Besucher der Verhandlung ihn nicht länger anstarren konnten. Joey war wieder zurück auf die Sitzbank gesunken und wünschte sich, er hätte sich nicht überreden lassen der Urteilsverkündung beizuwohnen. Dann wäre ihm diese öffentliche Demütigung durch diesen Mistkerl erspart geblieben. Der Saal leerte sich immer weiter und schließlich ließen sich auch Seto und Tristan wieder neben ihm auf die Sitzbank nieder. Erst jetzt konnte Joey sehen, dass Staatsanwältin Lee zu ihnen gekommen war. "Hey Joey...", begrüßte sie ihn. "Warum hast du nicht Bescheid gesagt, dass du kommst?" "War eine spontane Entscheidung.", kam es nur leise von dem Blonden. "Ich denke, dass es richtig war, dass du hergekommen bist.", kam es sanft von der Staatsanwältin. "Ja... sicher... so eine öffentliche Demütigung... die hätte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen wollen.", kam es mit einem spottenden Unterton von dem Blonden. "Joey...", setzte Amy behutsam an, doch Joey hob nur abwehrend die Hände. "25 Jahre also... mehr als du versprochen hast!", kam es leise von dem Blonden, der seinen Blick zu ihr gehoben hatte. "Du hast ein großes Opfer gebracht, damit wir einen großen Fisch aus dem Verkehr ziehen konnten.", begann Amy zu erklären. "Ja, ja... schön... man, der Alte muss echt ne Menge Dreck stecken haben, dass der Richter ihn zu mehr verknackt, als du gefordert hast.", kam es wieder mit einem bitteren Ton von dem Blonden. "Vielleicht hat der Richter aber auch mit jemanden zu Abend gegessen, der ihm erzählt hat, was der Preis für diesen großen Fisch war. Der ihm von einem Jungen und seinem Martyrium, sowie dem großen Opfer erzählt hat, dass dieser Junge gebracht hat. Vielleicht hat der Richter einen Sohn, der mit zehn Jahren von einem Fremden in ein Waldstück gezerrt und dem auch Gewalt angetan wurde.", begann Amy mit ihrer Hypothetisch-Stimme zu sinnieren. Dabei sprach sie ganz bewusst nicht von 'Missbrauch' oder 'Vergewaltigung', denn sie wusste, wie Joey auf diese Worte reagieren würde. Überrascht und entgeistert blickte Joey nun ganz zu ihr auf. Ebenso wie Seto und die anderen, die den Blonden begleiteten. Sie lächelte nur sanft und legte Joey eine Hand auf die Schulter. "Es mag sein, dass ich ihn nicht öffentlich wegen dem angeklagen konnte, was er dir angetan hat, aber der Richter hat dir und dem, was man dir angetan hatte einen Wert beigemessen und entschieden diesen Mistkerl mit dem Höchstmaß für die Verbrechen zu verurteilen, die er gestanden hat.", kam es abschließend von der Staatsanwältin. Dann wandte sie sich ab und wollte gehen. "Danke!", kam es von Joey, der aufgesprungen war. Amy wandte sich noch einmal zu ihm um und lächelte. "Nicht dafür, Joey. Ich hab nur meine Arbeit gemacht!", erwiderte sie mit einem glücklichen Lächeln und verschwand schließlich aus dem Gerichtssaal. Joey war in seinem Zimmer und zog sich um. Er wusste nicht wieso, aber die Vorstellung, den ganzen Tag in der gleichen Jeans oder Businesshose herum zu laufen, war ihm fremd geworden. So zog er es seit dem Sommer vor Zuhause eher lockere Trainingshosen oder Jogginghosen zu tragen. So hatte er das Gefühl Zuhause zu sein, ein Gefühl, dass er schon in der Kindheit nach der Scheidung seiner Eltern verloren hatte. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte gerade die Hose angezogen und suchte nun nach seinem Lieblings-Shirt. Der einzige, der ihn hier in seinem Zimmer aufsuchte und klopfte, war Seto. Also bat der Blonde herein, während er weiter in den Tiefen seiner Kommodenschublade nach seinem Shirt suchte. Die Tür ging auf und wieder zu. Sicherlich würde Seto ihn gleich umarmen. Seit Serenity ihn gefragt hatte, ob Jack und sie ihn besuchen dürften hatte Seto immer wieder darauf bestanden, dass Joey immer wieder sein Shirt auszog, wenn sie abends zusammen im Bett lagen. Am Anfang fiel Joey das alles so wahnsinnig schwer, dass er die Decke vor seine Brust zog. Doch mit der Zeit hatte er zumindest vor Seto seine Scheu verloren. Als die Umarmung ausblieb und Seto auch nichts sagte, wandte sich Joey um. "Sag Mal, weißt du wo mein Lieblings-Shirt abgeblieb...", die letzten Silben seines Satzes blieben Joey im Halse stecken. In seinem Zimmer stand nicht sein Freund, sondern seine Schwester, die ihn ausführlich musterte. Eilig zog er ein beliebiges Shirt aus der Kommode und wollte es sich überstülpen, doch Serenity überwand was sie trennten und legte ihre Hände auf Joeys Brust. "Warum tust du das?", wollte sie plötzlich wissen. Irritiert blickte Joey sie an. "Was denn?", erwiderte Joey, der den Kontext nicht verstand. "Du gehst mir aus dem Weg und du versteckst das hier vor mir, obwohl ich es doch längst gesehen habe.", spezifizierte die Jüngere, was sie meinte, während ihre Finger über die Narben auf Joeys Bauch fuhren. "Nicht!", kam es entsetzt von dem Blonden, der sein Shirt endlich über die Brust und den Bauch zog. "Bitte... fass sie nicht an." "Warum nicht, Joey?", wollte die Brünette wissen. "Weil... weil...", stammelte Joey, der fieberhaft nach einer Begründung suchte. "Weil was?", bohrte seine kleine Schwester weiter nach. "WEIL ICH NICHT WILL, DASS DU DICH EKELST!", platzte es auf einmal aus Joey heraus, der sich beschämt abwandte. Doch Serenity schob sich wieder vor ihn und blickte ihm in die Augen. "Niemals würde ich mich vor dir ekeln.", dabei schob sie sein Shirt hoch und strich erneut über die Narben. Zittrig zog Joey die Luft scharf ein. Er griff nach Serenitys Händen und schob diese von sich. "Was... was will mein Schwesterchen?", versuchte er das Thema zu wechseln. "Ich will das einzige, weswegen ich her gekommen bin: Mein Brüderchen.", erklärte sie mit fester Stimme, während sie immer noch den Augenkontakt mit ihm hielt. "Dein Brüderchen gibt es aber nicht mehr!", kam es leise von Joey. "Alles was noch vorhanden ist, ist dieses Wrack, dass vor dir steht und dass ich dir niemals zeigen wollte." Jetzt legte die junge Frau ihre Hand an seine Wange und strich zärtlich über die Haut. "Du irrst dich, Joey.", lächelte sie ihn an. "Du bist nach wie vor mein Brüderchen. Und nichts und niemand wird das ändern. Für mich bist du immer noch der stärkste, mutigste und aufrichtigste Junge auf der Welt, der mich stets vor den Gemeinheiten anderer Kinder beschützt hat und der mir seine Eiskugel abgegeben hat, wenn mir meine zu Boden fiel." Als sie von früher sprach löste sich bei Joey eine kleine Träne. "Oh, du Dummkopf.", kam es plötzlich maßregelnd von ihr und der Blonde blickte sie fragend an. "Hast du wirklich geglaubt, ich würde mich vor dir ekeln? Weder diese Narben, noch dass, was ich in den letzten Tagen erfahren habe, ekelt mich. Du bist immer noch du: Der wertvollste und wichtigste Mensch in meinem Leben." Joey wusste nicht wieso, aber er konnte einfach nicht anders, als Serenity in seine Arme zu ziehen und sie fest an sich zu drücken. Sie schloss ohne zögern ihre Arme um ihn und drückte sich eng an seine Brust. "Ich hab dich so unglaublich lieb, Joey.", flüsterte sie leise und genoss die Nähe zu ihrem Bruder. Genau das war es, weswegen sie hergekommen war. Weil sie diese Umarmung von ihm so sehr vermisst hatte. Kapitel 81: Völlig abwegig -------------------------- Kapitel 81 - Völlig abwegig Joey nahm die drei Stufen vom Wohnzimmer in den Wintergarten und schloss hinter sich die Glastür, die beide Räumlichkeiten von einander trennten. Im Wintergarten stand Kai und lächelte ihn freundlich an. "Hey Joey.", begrüßte sein Psychologe ihn. Joey nickte ihm nur zum Gruß zu, bevor er sich seinem Therapeuten gegenüber setzte. "Wie geht es dir heute?" Der Blonde blickte kurz vor sich, bevor er wieder aufblickte und Kai anlächelte. "Gut!", kam es überrascht von dem Blonden. "Das freut mich zu hören.", kam es ehrlich überrascht von Kai. "Warum geht es dir so gut?" "Ich... war gestern bei der Urteilsverkündung.", kam es ruhig von Joey. "Bei der von deinem Vater?", hakte der Arzt nach. Joey nickte. "Und?" "Der Richter hat ihm die Höchststrafe verpasst.", kam es mit einem undefinierten Lächeln von Joey. "25 Jahre..." "Ich dachte, Staatsanwältin Lee hat 15 Jahre gefordert?", fragte Kai nach. "Ja... doch jemand hat dem Richter von mir und dem erzählt, was er mit mir gemacht hat.", erzählte Joey, während er an Kai vorbei aus den großen Fenster in den Garten blickte. "Er hat... deinem Leid einen Wert gegeben.", erkannte Kai. "Ja... hat er.", erwiderte Joey leise und ihm rollte eine einzelne Träne über die Wange. "Wie hast du dich gefühlt, als du das erfahren hast?", wollte nun der Mann auf der anderen Seite des Kaffeetisches. "Leichter.", antwortete der Blonde. "Leichter?", hakte Kai nach. "Ich weiß auch nicht.", antwortete Joey ehrlich. "Als Amy mir erzählte, dass der Richter zehn Jahre auf die vereinbarte Haftstrafe geschlagen hat, weil er von der Sache mit mir wusste, hat sich das gut angefühlt... ist... ist das falsch?" "Nein, das ist nur natürlich.", bestätigte Kai ihm. "Dieses Gefühl, dass jemand meinem Leid einen Wert beigemessen hat...", setzte Joey erneut an. "Versteh mich nicht falsch, Kai... du und Seto, habt es mir die ganzen letzten Monate immer wieder gesagt, aber... das ein Richter deshalb eine Absprache zwischen dem Mistkerl und Amy kippt und ihn zehn Jahre länger einbuchtet, fühlte sich so befreiend an." Eine Träne löste sich aus Joeys Auge. Er strich sich die Träne fort. "Das war sogar die Demütigung davor wert.", ergänzte der Blonde mit einem bitteren, schiefen Lächeln. "Welche Demütigung?", griff Kai diesen Punkt auf. "Als er abgeführt werden sollte hat er ziemlich getobt, weil ihm der Richter mehr Jahre aufgebrummt hat.", begann Joey zu erzählen. "Als er mich sah, meinte er, dass das alles meine Schuld sei und ich ein... dämliches... dämliches Fickloch sei. Vor allen Leuten, die im Gerichtssaal waren." "Wie hast du darauf reagiert?", wollte Kai wissen. "Ich wollte im Erdboden versinken, als mich alle so angeschaut haben.", gestand Joey. "Aber Seto und Tristan sind aufgestanden und haben sich vor mich gestellt und so die Blicke der anderen Menschen abgefangen." "Du hast in Tristan einen wirklich großartigen Freund.", bemerkte der Psychologe. "Ja, dass hab ich... und ich bin sehr froh, dass er sich nicht von mir abgewendet hat, nachdem er von allem erfahren hat und nach der Woche im Sommer gesehen und mit mir mitgemacht hat." "Gibt es etwas, was du ihm nicht sagen würdest?", hakte Kai nach. Joey blickte ihn an, fragte sich kurz, was er mit dieser Frage beabsichtigte, sinnierte dann aber selbst über die Antwort. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich glaube, er ist der einzige Mensch, mit dem ich wirklich über alles reden könnte!", gestand Joey ein. Klar, er konnte Seto viel erzählen, doch es gab einfach Sachen, die wollte Joey seinem Freund nicht offenbaren. Sachen, die ihre - nicht vorhandene - Intimität stören könnten. "Hast du mit ihm mal über diese Woche gesprochen?", gab Kai Preis, worauf er hinaus wollte. Doch Joey schüttelte den Kopf und senkte seinen Blick beschämt. "Warum nicht?", wollte der Ältere von dem Blonden wissen. "Weiß nicht... weil... weil...", stammelte Joey herum ohne wirklich zu wissen, warum er auch Tristan gegenüber nicht über diese Woche sprechen wollte. Er knirschte kurz mit den Zähnen. "Möchtest du dann mit mir darüber sprechen?", setzte Kai sanft an und hoffte, dass Joey sich ihm bezüglich dieser verhängnisvollen Woche zu öffnen. Doch der Blonde schüttelte, weiterhin mit gesenktem Blick, den Kopf. "Das ist in Ordnung... nichts wofür du dich schämen musst, Joey.", versuchte Kai ihm das Gefühl der Scham und des Versagens zu nehmen. Plötzlich klopfte es an der Verbindungstür zum Wohnzimmer, bevor sie geöffnet wurde. Erschrocken wandte Joey sich zur Tür und sah, wie Serenity herein kam. Sofort stand er auf und ging ihr entgegen. "Was tust du hier?", fragte Joey überrascht. "Ich... hab gehört, dass dein Therapeut da sei und... ich möchte dich gerne unterstützen.", erklärte seine Schwester sanft. "D... das ist wirklich sehr lieb von dir, Schwesterchen... aber... das... also das geht so nicht...", versuchte Joey sie abzuweisen. "Ich dachte, wir hätten geklärt, dass es nichts gibt, was meine Liebe zu dir beenden könnte oder mich dazu bringen kann, mich vor dir zu ekeln.", argumentierte die Jüngere sanft weiter. Ihre Argumentation war so entwaffnend und der Blonde wusste einfach nicht, wie er sie davon überzeugen sollte, dass das keine gute Idee sei. Doch dann griff sie nach seiner Hand und ging an ihm vorbei, während sie ihn mit sich zog. An der Sitzgarnitur stand Kai und beobachte das ganze interessiert. Dann verbeugte sich Serenity vor ihm. "Hallo, ich bin Serenity, die Schwester von Joey.", stellte sie sich selbstsicher vor. "Ich hab schon viel von Ihnen gehört Doktor Reijirou." "Nenn mich doch bitte Kai, dass machen alle!", bot der Ältere ihr an. "Ich... ähm... würde meinen Bruder gerne bei der Sitzung unterstützen.", brachte die Jüngste im Wintergarten ihr Anliegen vor. "Nun... das ist löblich, aber unüblich. Ein Gespräch zwischen mir und einem Patient basiert auf Vertrauen und daraus resultierender Offenheit. Sobald jemand dem Gespräch hinzustößt kann diese Anwesenheit die notwendige Offenheit beeinflussen. Daher muss ich dich bitten wieder zu gehen.", erklärte Kai. Er hatte das Unwohl sein von Joey durchaus registriert und wollte so den schwarzen Peter übernehmen. Serenity blickte traurig auf und schien die Welt nicht zu verstehen. Sie blickte zu Joey, der sie nur verlegen anschaute. "V... vielleicht beim nächsten Mal, Serenity.", versuchte Joey sie zu vertrösten. Sie umarmte ihn sanft und nickte. "Ja... vielleicht beim nächsten Mal. Bitte entschuldigt, dass ich euch gestört habe. Das wollte ich nicht.", trat die Brünette schließlich den Rückzug an und wirkte mehr als geknickt. Joey musste sich zusammenreisen, um sie nicht aufzuhalten und sie doch hier zu behalten. Aber mit ihr hier, bei einem Gespräch mit Kai... soweit war er einfach noch nicht. Das und die Reaktion seiner Schwester ließen in ihm Schuldgefühle sprießen. Nachdem sie die Tür hinter sich wieder geschlossen hatte wandte sich Kai wieder an Joey. "Du musst das nicht tun, Joey.", sprach der Psychologe ihn sanft an. Irritiert wandte sich der Blonde zu ihm und schaute ihn fragend an. "Du musst dich nicht schuldig fühlen, weil du sie und ihre Bitte abgewiesen hast." "Nicht?", kam es zweifelnd von dem Jüngeren, der wieder zur Glastür blickte und durch diese hindurch Serenity auf der Couch sitzen sah. "Nein.", bestätigte der Mittdreißiger. "Was weiß sie alles?" "Oberflächlich... eigentlich alles!", hauchte Joey geknickt, während er sich wieder auf den Rattan-Zweisitzer niederließ. "Sie... hat die Narben gesehen, als wir am Wochenende eine Poolparty für sie geschmissen haben. Dann ist sie zu diesem Monster in den Knast gefahren und der hat ihr grob angedeutet, was... was er von mir verlangt hat. Dazu war sie gestern mit im Gerichtssaal." "Was meint sie mit, ihr habt geklärt, dass es nichts gibt, was ihre Liebe zu dir beenden könnte oder sie dazu bringt, sich vor dir zu ekeln?", griff Kai die Aussage der jungen Frau auf. "N... Nachdem... sie erfahren hat, was dieser Mistkerl von mir verlangt hat... bin ich ihr ausgewichen... als wir gestern nach dem Gericht heim kamen bin ich in mein Zimmer um mich umzuziehen, da... hat sie mich aufgesucht und mir den Kopf gewaschen.", erklärte Joey leise. "Und jetzt?", wollte sein Gegenüber wissen. Joey zuckte ratlos mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Ausweichen ist nicht mehr... das lässt sie nicht zu... aber... das sie jetzt grob Bescheid weiß... das macht mich kirre.", meinte Joey betroffen. "Warum?", hakte Kai sanft nach. "Weil ich ihr großer Bruder bin. Ich sollte stark sein und sie beschützen. Nicht ein nervliches Wrack sein, dass vor dem eigenen Schatten Angst hat.", keifte Joey frustriert und sprang wieder auf. Als er sich ein wenig drehte, sah er, dass sich Serenity erschrocken aufgesetzt hatte und ihn mit großen Augen beobachte. Also zwang sich Joey wieder zur Ruhe und nahm wieder Platz. "Rede mit ihr!", schlug Kai vor. "Rede mit ihr über alles und mach auch nicht Halt vor den Details." "Spinnst du?", kam es fassungslos von dem Blonden, dem zugleich sein Ausbruch bewusst wurde."Tschuldigung. Ich... ich wollte... das war nicht so gemeint." "Warum nicht, Joey?", fragte Kai, weiterhin entspannt und behutsam. "Weil... weil sie meine kleine Schwester ist... und sie erst 14 ist!", argumentierte Joey verzweifelt. "Sie ist deine Familie... damit nimmt sie eine einzigartige Position unter all den Menschen, die um dich herum sind, ein... vertrau dich ihr an!", versuchte Kai ihn weiter zu bestärken. Joey blickte ihn ein wenig missmutig an. Dann stand er langsam wieder auf und blickte kurz durch die verglaste Front hinaus in den Garten. "M... mal schauen... so wie es aussieht ist unsere Zeit schon wieder um... Danke für das Gespräch.", kam es leise von Joey. Kai stand auf und nickte ihm freundlich zu. "Wir sehen uns dann Samstag wieder.", erinnerte der Psychologe ihn und der Blonde nickte ergeben. Dann verabschiedete sich Kai und ließ Joey im Wintergarten alleine. Doch lange blieb der Blonde nicht allein. Er spürte, wie Serenity hinter ihn trat, ihre Arme von hinten an seiner Seite vorbei schlängelte und über seine Brust kreuzte, während sie mit ihrer Wange auf seinem Rücken zur Ruhe kam. Für einen Augenblick schloss Joey seine Augen und ließ sich Kais Vorschlag durch den Kopf gehen. Abwegig, dachte Joey und dennoch war da eine leise Stimme, die ihn flüsternd mit einem 'wirklich?' anzweifelte. Kapitel 82: Junge Liebe ----------------------- Kapitel 82 – Junge Liebe "Hey Kumpel.", hörte Joey hinter sich die vertraute Stimme Tristans, der mit einem breiten Grinsen auf ihn zukam und ihm freundschaftlich auf die Schulter schlug, als er nahe genug war. "Na, wie geht es dir?" Joey erwiderte das Grinsen seines besten Freundes und dieses Mal war es kein aufgesetztes, falsches Grinsen, mit dem er sonst versuchte über sein wahres Wohlbefinden hinwegzutäuschen. "Gut… und wie war dein Freitag?", antwortete der Blonde und begann den üblichen Smalltalk mit Tristan. Dieser winkte ab, behielt aber sein Grinsen. Also wie immer, ging es Joey durch den Kopf. Was so viel hieß, wie, dass es ganz okay, aber irgendwo langweilig gewesen war. "Seto meinte, wir wollen die letzten Sonnentage nutzen und noch einmal Grillen?", kam es schließlich von Tristan. Joey nickte bestätigend. "Ja… nur du, Seto, Mokuba, meine Schwester und mein Dad.", erklärte Joey sanft. "D… Dein Dad?", kam es recht überrascht von Tristan, der noch nicht wirklich darüber im Bilde war, dass Joey so langsam seinen Standpunkt gegenüber Jack zu überdenken begonnen hatte. "Jack?", machte Joey deutlich, von wem er sprach. "Seit wann nennst du Jack Dad?", hakte Tristan ehrlich interessiert nach. Der Blonde zuckte mit den Schultern. "Seit… er mir gesagt hat, dass er voll im Bilde ist und mich dennoch, als seinen Sohn haben möchte.", kam es leise von Joey, der dabei den Kopf etwas senkte. Vorsichtig legte Tristan eine Hand an Joey Wange und hob dessen Blick zu sich hoch, während er ihn sanft anlächelte. "Du hast gedacht, wenn er es erfährt, würde er dich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen, oder?", fragte Tristan rhetorisch. Auch ohne eine Antwort des Blonden wusste er, dass er richtig lag. Mittlerweile, nachdem sich seine Lücken in Sachen Joey geschlossen hatten, kannte er den Blonden in und auswendig und wusste, was er dachte. "Aber du hast wieder gemerkt, dass die Indoktrinierung deines Vaters dich belügt. Denn Menschen, denen du etwas bedeutest würden sich niemals vor dir ekeln… schon gar nicht wegen etwas, was nicht deine Schuld ist." Wie jedes Mal, wenn Tristan ihm diese Predigt hielt spürte Joey, wie in ihm die Tränen aufstiegen. Es tat jedes Mal aufs Neue gut, dass zu hören. Denn noch immer wirkten die Worte seines Va… des Monsters in ihm nach, die er ihm über die Jahre immer wieder eingebläut hatte. Aber längst nicht mehr so stark, wie anfänglich, als das alles im März seinen Lauf genommen hatte. "Ich sollte das langsam wissen, oder?", kam es mit einem bitteren Lächeln von Joey. "Ach das wird noch werden, Kumpel.", versuchte Tristan ihn aufzubauen. "Jack weiß also Bescheid?" "Ja… und dennoch will er, dass ich ihn mal in den USA besuchen komme, um seine… ähm… meine Halbgeschwister kennen zu lernen.", erzählte Joey weiter. "Du hast noch andere Geschwister?", staunte Tristan überrascht. "Ja… James und Grace, Zwillinge. Sie werden zum Jahresende hin fünf.", prasselte Joey die Informationen, die er von Jack erhalten hatte heraus. "Heißt das, dass Jack eine Frau hat?", hakte Tristan vorsichtig nach. "Irgendwie schon.", antwortete der Blonde. "Irgendwie?", verstand Tristan nicht so Recht. "Also sie sind seit einem Jahr getrennt, leben aber noch zusammen und sind nicht geschieden. Jack meinte, sie sei seine beste Freundin.", erzählte Joey aufgeregt. "O-kay… scheinen ja lockere Beziehungen zu sein.", kam es etwas verwirrt von Tristan, der all die Informationen erst mal noch sortieren musste, damit sie ein klares Bild für ihn ergaben. "Aber er scheint einiges recht locker zu nehmen, oder?" "Was meinst du?", wollte Joey wissen, der nicht verstand, worauf Tristan hinaus wollte. "Na ja, sonst hört man doch immer, dass Amerikaner sehr reserviert und traditionell sind, aber mit Seto und eurer Beziehung scheint er gar keine Probleme zu haben.", führte Tristan erklärend aus. "Mein Dad ist bi-sexuell.", platzte es aus Joey förmlich heraus. Tristan hatte seinen besten Freund schon lange nicht mehr so enthusiastisch bei einem Gespräch erlebt. "Echt jetzt?", kam es überrascht von dem Brünetten, der sich vom Enthusiasmus anstecken ließ. "Hammer!" "Ja, ne…", stimmte Joey mit ein. Dann erreichten sie die Terrassentür, die einen Spalt weit offen war. Draußen waren Seto und Jack bereits am Grill am Werkeln, während Mokuba und Serenity nebeneinander saßen und sich unterhielten. Die junge Frau lächelte freudig, als sie Tristan sah. "Hey Tris…", begrüßte sie ihn überschwänglich, was dazu führte, dass Seto und Jack sich zum Neuankömmling umwandten und ihn mit einem Kopfnicken begrüßten. "Hey Serenity… na, flirtet Mokuba mit dir?", kam es neckend von Tristan, der sich den beiden gegenüber setzte. "Ich flirte nicht.", kam es entrüstet von Mokuba, auf dessen Wangen eine leichte Röte einzog. "So? Warum wirst du dann rot, Junge?", neckte Tristan nun den jüngeren Kaiba. "Werde ich gar nicht!", keifte Mokuba, wurde aber nur noch röter. Das entlockte Serenity ein glockenklares Lachen. "Komm schon Tris… hör auf ihn zu ärgern.", bat sie den besten Freund ihres Bruders. "Schon okay… Moki weiß doch, dass es nur Spaß ist… oder Moki?", fragte Tristan schmunzelnd. "Klappe!", kam es schmollend von Mokuba. Joey ließ sich neben Tristan nieder und schmunzelte ebenfalls. Dann servierten Jack und Seto auch schon die ersten Burger. Doch statt sich über den Burger her zu machen holte Joey aus der Kühlbox unter dem Gartentisch einer seiner Trinkpäckchen hervor und stieß den Strohhalm durch die dafür vorgesehene Schutzfolie. Er wusste, dass sein Magen nicht sonderlich gut auf Burger reagierte. Er konnte sich immer noch nicht erklären, warum das so war… aber bei der meisten festen Nahrung stellte sich schon nach wenigen Bissen eine Übelkeit ein, die im schlimmsten Fall dazu führte, dass er sich übergeben musste. "Was trinkst du da?", wollte Serenity interessiert wissen. "Das hat mir Seto besorgt… es ist eine Art Flüssignahrung mit der ich etwas an Gewicht zulegen kann.", erklärte Joey und war von sich selbst und seiner Offenheit überrascht. Er nahm einen weiteren Schluck und genoss das Aroma von Erdbeere. "Darf ich mal probieren?", fragte Serenity ihn plötzlich. "Ähm… klar.", meinte Joey und reichte ihr das Päckchen. Sie nahm einen Schluck und war davon scheinbar begeistert. "Das schmeckt ja wie ein Milchshake.", stellte sie erfreut fest. "Ja… ist irgendwie cool…", kam es beiläufig von Joey, der versuchte die Situation, dass er überhaupt auf so eine Nahrungsergänzung angewiesen war, herunter zu spielen. "Ich war auch überrascht, wie gut die Dinger schmecken. Ich könnte jeden Tag dutzende davon trinken.", versuchte Mokuba sich in das Gespräch einzuklinken. "Ja, dass glaub ich dir und dann müssten wir dich durch die Gegend rollen.", begann Tristan den Jüngeren wieder zu necken. "HEY… sag mal, was hab ich dir getan?", keifte Mokuba empört über den Tisch. "Wo er Recht hat…", meldete sich Seto plötzlich zu Wort. Geknickt ließ Mokuba seinen Kopf hängen. Scheinbar konnte er heute hier nicht einen Zentimeter an Boden gewinnen und musste schwere Treffer einstecken. "Nicht. Witzig.", fauchte Mokuba leise und nahm seinen Burger in die Hand, um trotzig hinein zu beißen. "Lass dich nicht ärgern, Moki.", wand nun Serenity sanft lächelnd ein. ."Die sind nur neidisch, weil sie nicht halb so gut aussehen, wie du." Auf einmal begann Mokuba wieder zu grinsen und zu strahlen. Tristan, Seto, Joey und Jack wechselten Blicke und schmunzelten dann auch breit. Junge Liebe… war sie nicht erfrischend? Kapitel 83: Kein Vertrauen -------------------------- Kapitel 83 – Kein Vertrauen!? (Adult:Gewalt) Die Sonne war bereits untergegangen und die Temperaturen fielen immer mehr, was kein Wunder war, war es doch schon Mitte Oktober. Dennoch saßen Seto, Joey und Mokuba mit ihren Gästen noch auf der Terrasse. Der Grill lieferte ein wenig Wärme, auf denen die letzten Frikadellen warm gehalten wurden. Nichts desto trotz fröstelte Serenity ein wenig, war sie doch durch das Leben an der kalifornischen Küste andere Temperaturen gewöhnt. Mokuba stand auf und flüsterte ihr zu, dass er gleich wieder zurück kommen würde, dann entschwand er. Als er wenige Minuten später zurück kam legte er Serenity ein weiches Wolltuch um die Schulter. Sie dankte ihm mit einem zauberhaften Lächeln und Mokuba strahlte wieder. Nachdem sich Serenity ein wenig in das Wolltuch gewickelt und an Mokuba angelehnt hatte fiel ihr Blick auf den nur halb aufgegessen Burger ihres Bruders. Es war immer noch sein erster Burger, während alle anderen bereits zwei, in Tristans und Mokubas Fall sogar schon drei Burger verputzt hatten. "Brüderchen.", rief sie sanft und vorsichtig über den Tisch. Joey, der gerade mit Tristan über Filme sinnierte wandte seinen Blick zu ihr. "Was ist denn, Schwesterchen?", wollte er wissen, was sie hatte, da sie ihn sorgenvoll anblickte. Doch dann folgte er einem kurzen Blick seiner Schwester auf seinen eigenen Teller. Da wurde ihm klar, um was es gleich gehen würde. "Du hast heute noch gar nicht viel gegessen.", begann die Brünette behutsam. "Du musst doch einen Bärenhunger haben." "Ach weißt du… diese Drinks sättigen ganz gut.", versuchte Joey zu erklären. "Wirklich?", hakte Serenity zweifelnd nach. "Weil früher… da war es ganz egal, was wir vorher gegessen hatten… wenn da Burger in Reichweite waren hast du dich drauf gestürzt bis du dich übergeben musstest." Betroffen senkte Joey seinen Blick, bevor er mit einem Lächeln wieder zu ihr aufblicke. Noch ehe er etwas sagen konnte schlug sie mit beiden Händen auf den fragil wirkenden Gartentisch und stemmte sich in die Höhe. "Lass das…", zischte sie ihn wütend an. Erschrocken blickte Joey sie an und war etwas in seinem Stuhl zurück gewichen. Jack legte eine Hand auf Serenitys Hand und zog sie wieder auf ihren Stuhl zurück. "Man Joey… ich bin deine Schwester… warum belügst du mich immer mit diesem falschen Lächeln?", wollte sie schließlich verzweifelt wissen und an ihrer Stimme konnte man hören, dass sie den Tränen nahe war. "Ich… ich…", stammelte Joey verzweifelt, bevor er sich besann und reumütig zu ihr blickte. "Es tut mir leid, Serenity… ich will doch nur, dass du eine schön Zeit hier hast und dich nicht ständig um mich sorgst." "Aber ich sorge mich nun mal um dich…", platzte es aus der jungen Dame heraus. "Weil du so abgemagert bist, dass ich Angst habe dich zu zerbrechen, wenn ich dich in den Arm nehme. Weil du scheinbar von unserem Vater zu Dingen gezwungen worden bist, zu denen niemand gezwungen werden sollte. Weil ich sehe, wie du leidest und das stets versuchst mit deinem Sunnyboy zu überspielen… Weil du mir nicht vertraust…" "I… ich vertraue dir doch!", kam es jetzt entsetzt vom Blonden zurück, der mit dem Oberkörper wieder etwas nach vorne gezogen war. "N… natürlich vertrau ich dir…" "Aber warum willst du dann nicht mit mir über alles sprechen?", wollte die Brünette verzweifelt wissen. "Warum schickst du mich dann weg, wenn dieser Kai da ist?" "Weil… weil diese Gespräche…", Joey fuhr sich fahrig durch die Haare und wusste nicht, was er antworten sollte. Beschämt senkte er seinen Blick wieder auf den Tisch und fing an mit dem Salatblatt auf seinem Burger zu spielen. "Ja… ich sehe, wie du mir vertraust!", kam es leise von Serenity, als er nach einem langen Moment immer noch nicht geantwortet hatte. Joey blickte wieder zu ihr auf. Seine Augen glänzten. "Sag mir, was ich tun soll, um dir zu beweisen, dass ich dir vertraue?", bat Joey mit kaum mehr als einem Flüstern. "Erzähl mir, was im Sommer passiert ist!", fordere Serenity bestimmend. "Ohne Ausflüchte, ohne irgendetwas wegzulassen oder zu beschönigen." "Serenity…", kam es gequält von Joey. "Ja, schon okay… ich verstehe das schon!", lenkte sie betrübt ein und ließ sich nach hinten gegen ihre Rückenlehne sinken. Ein betretenes Schweigen entstand. "Also gut…", kam es bockig von Joey. "Du willst es also wissen? Dann erzähl ich dir, wie ich unter einem Vorwand aus dem Haus gelockt wurde. Wie mein Anwalt meinen Personenschützer bat anzuhalten, weil er angeblich mit mir noch ein paar Punkte für eine ausgedachte Anhörung durchgehen wollte. Willst du wissen, wie Robert mich über den Rückspiegel angeschaut hat, als ihm bewusst wurde, dass er im Sterben lag, weil mein Anwalt ihm die Kehle durch geschnitten hat? Man… das Blut ist in Fontänen gegen die Windschutzscheibe gespritzt. Wie im Film, Serenity… wie im Film!" "Was…?", keuchte Serenity plötzlich, nachdem sie sich wieder gerade aufgesetzt hat. "Nein…? War es nicht das, was du hören wolltest? Ah, ich verstehe. Du willst hören, wie mich mein Anwalt mit Chloroform betäubt hat. Wie ich dann nackt mit einem Sack über meinem Kopf und auf den Rücken gefesselten Händen auf einer nach Pisse stinkenden Matratze aufgewacht bin. Willst du wissen, wie es war zuzusehen, wie der Drecksack von Anwalt vom Oyabun der Kumi mit der eigenen Schwester erpresst und dazu gezwungen wurde, sich selbst den Bauch aufzuschlitzen? Oh man, dieses Platschen, als seine Gedärme nach vorne aus dem Bauch gefallen und auf den Betonboten geklatscht sind…" "HÖR AUF!", schrie ihn Serenity entsetzt an. "Du wolltest es doch wissen!", schrie Joey nun über den Tisch zurück, während er sich in den Stand hochstemmte. "Ohne Ausflüchte, ohne irgendetwas wegzulassen oder zu beschönigen! Willst du wissen, was ich gefühlt habe, als nach ein paar Stunden mir jemand den Sack endlich vom Kopf nahm und ich unseren Vater vor mir knien sah? Wie er mich mit diesem gierigen Blick gemustert hat, als sei ich aus purem Gold und ganz alleine sein Eigentum? Das war purer Ekel… und eine Angst… wie ich sie nie zuvor gespürt habe. Als er seine Hand über mich gleiten ließ wollte ich ihm vor die Füße kotzen, doch er hat mir seine Zunge in den Rachen gerammt, während er an mir rumgefummelt hat." Tränen bahnten sich über Serenitys Gesicht, während sie völlig fassungslos nur noch zuhören konnte, wie ihr Bruder völlig in Rage von etwas erzählte, was er seit Monaten für sich behalten hatte. Dabei wurde er immer lauter. "Und dann kam der Knaller: Er hat mich verkauft! Verkauft an die Scheißyakuza. Weil sie ihm sonst die Hände abgehackt hätten, damit er nie wieder Mah-Jongg spielen könnte. Er hat mich einen Sklaven genannt und dass die 'Herren', denen er Geld schulden würde, an mir als Fickloch interessiert seien. Ja… das im Gericht war nicht das erste Mal, dass er mich so nannte! Für ihn war ich nie was anderes, als eine Ware, die er je nach Bedarf anbieten konnte, um Schulden abzuarbeiten oder die Kasse aufzustocken. Doch der Oyabun… er hat ihn von mir weggezogen, mich aufgesetzt und mir ein Angebot gemacht und verdammt, ich hab es angenommen… weil die Alternative…" Joey hatte förmlich geschrien, als seine Stimme plötzlich zusammenbrach. In diesem Moment der Zwangspause und als er seine Schwester so weinen sah, sowie die geschockten Blicke der anderen Anwesenden wahrnahm, wurde ihm bewusst, was er alles Preis gegeben hatte. Er schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund und stolperte nach hinten, wo er gegen seinen Stuhl stieß. Doch das bremste ihn nicht in der Bewegung, so dass der Stuhl laut scheppernd umfiel. Eilig wandte sich der Blonde ab und wollte die Terrasse verlassen. Doch plötzlich packte ihn jemand am Handgelenk und Joey reagierte panisch. Wollte sich dem Griff und der Berührung entziehen. Doch dieser war fest um sein Handgelenk geschlossen und zog ihn ruckartig zurück. Joey sah in die braunen Augen seiner Schwester, aus der immer noch Tränen quollen. Sanft hob sie zitternd ihre andere, freie Hand und strich Joey über die Wange. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass auch er weinte. Er musste irgendwann bei seiner Erzählung angefangen haben zu weinen. Plötzlich schlang er seine Arme um Serenity, zog sie eng an sich und verbarg sein Gesicht an ihrer Halsbeuge, während er laut schluchzte. Sie schloss ihn in ihre Arme. Doch da war noch etwas anderes. Es war nicht nur Serenity, die ihn plötzlich umarmte. Links von ihnen hatte Seto sich an sie geschmiegt, von rechts war es Tristan. Irgendwo dazwischen war Mokuba und hinter ihm stand Jack. So viel Zuspruch, obwohl er gerade gestanden hatte, dass er einen Handel mit dem Oyabun eingegangen war, hatte der Blonde nicht erwartet. Seine Beine gaben auf einmal nach und er sackte zu Boden. Die Menschen um ihn herum folgten ihm. Es verging eine Weile, bis seine Tränen weniger wurden und sie wieder aufstanden. Seto und Tristan brachten ihn zurück zum Gartentisch. Serenity setzte sich neben ihn und kuschelte sich weiter an ihren großen Bruder, der einen Arm um ihre Schulter legte. "Ich weiß, es fällt dir schwer, aber bitte erzähl weiter.", hakte Jack schließlich ein. Mit verschwommener Sicht blickte Joey zu seinem Dad und legte verzweifelt den Kopf etwas schief, währen er sich auf die Unterlippe biss. Seto setzte sich auf seine andere Seite, während Tristan und Mokuba gegenüber neben Jack Platz nahmen. "Der Oyabun bot mir an, dass ich mit einer einmaligen Aktion die Schulden, die mein Vater auf mich abgewälzt hatte, ableisten könne oder… ich eben als Sklave in einem seiner Bordelle arbeiten könnte. Ich… ich wollte einfach eine Chance haben wieder zurück zu Seto zu kommen… die hätte ich in einem Bordell irgendwo in einer fremden Stadt, möglicherweise in einem anderen Land nicht gehabt. Also entschied ich mich für die einmalige Aktion… aber nie im Leben… hätte ich gedacht… das er… ich meine…", begann Joey erneut zu schluchzten, als sich seine Stimme zu überschlagen begann. Tristan streckte sich über den Tisch und legte seine Hand auf die seines besten Freundes. "Mach langsam, Kumpel… komm schon… mach langsam… wir werden nicht weggehen.", versicherte ihm Tristan. Joey nickte nur. "I… Ich hatte schon früher… die… die Beine breit gemacht für die Schuldeneintreiber der Kumi… Aber dieses Mal, waren die Schulden meines Vaters wesentlich höher. Der Oyabun griff hinter sich und als er seine Hand wieder vor holte presste er ein Tuch auf mein Gesicht. Ich hab mich noch gewehrt… doch dann wurde alles schwarz um mich.", führte Joey leise weiter aus, bevor er eine Pause einlegte und etwas mehr in sich sackte. Seine Schwester lag an seiner Schulter und hatte eine Hand an seine Wange gelegt. Seto kraulte ihn sanft im Nacken, während Tristan immer noch eine seiner Hände hielt. Große, schwere Träne perlten Joey über die Wangen. "Ich… wurde mit Riechsalz geweckt. Man hatte mich auf einen Stuhl gefesselt und mir so Zeug angezogen.", begann Joey nach einer Weile. "So Zeug?", hakte Jack vorsichtig nach. "Lack- und Lederkram. So ein Brustgeschirr, Halsband, Hand- und Fußmanschetten, so ein… Unterteil, welches man teilweise abnehmen konnte.", führte der Blonde aus, während er seinen Blick auf seine Beine senkte. "Sie fingen damit an, mich zu… reizen… mich zu quälen… und… mein Körper reagierte… ich weiß nicht, wieso… aber er tat es. Und dann…" Als sein Blick auf seine Schwester fiel wurde Joey auf einmal bewusst, dass er DAS, was sie ihm als nächstes angetan hatte, nicht erzählen konnte, solange sie da war. Dicke Tränen kullerten ihm über das Gesicht, einerseits, weil die Erinnerungen trotz der verstrichen Zeit immer noch so verdammt lebendig und frisch in seinem Kopf war, andererseits, weil er wusste, dass Serenity seine Weigerung weiterzuerzählen dahingehend interpretieren würde, dass er ihr nicht vertraute. Doch er wollte einfach nicht, dass seine kleine, unschuldige Schwester ein Bild von ihm in den Kopf gesetzt bekam, welches sie nie wieder vergessen könnte und immer dann sehen würde, wenn sie ihn ansah. Dann sollte sie doch lieber denken, dass er ihr nicht vertraute. Das Weinen wurde heftiger und nur am Rande bekam er mit, wie ihm Speichel aus dem halb geöffneten Mund lief. Schließlich verschwamm alles um ihn herum und es wurde schwarz. Kapitel 84: Dankbarkeit ----------------------- Kapitel 84 – Dankbarkeit Seto hatte Joey aufgefangen, als dieser bewusstlos wurde und einfach auf seinem Stuhl begann umzukippen. Dann hatte er seinen anderen Arm unter die Kniekehle des Blonden geführt und ihn hochgehoben. "Ich bring ihn in sein Zimmer… ich werde dann nicht mehr runter kommen. Tristan, falls du willst, weißt du, wo du schlafen kannst.", teilte Seto den anderen mit. Dann wandte er sich mit Joey ab und verschwand ins Wohnzimmer. Die anderen saßen noch immer völlig geschockt da. Mussten erst einmal verdauen, was sie eben erfahren hatte. Mokuba war aufgestanden und zu Serenity gegangen. Dort setzte er sich neben sie und zog sie in seinen Arm, um sie zu trösten, denn sie weinte wieder. "Unglaublich!", kam es schließlich leise von Jack. "Wie… wie kann man einem Kind so etwas nur antun?" "Ich weiß es nicht.", gestand Tristan leise ein. Wieder flammten die Bilder auf, wie er Joey in dessen Badezimmer gefunden hatte. Nackt. Geschunden. Gefoltert. Vergewaltigt. Am Ende mit sich und der Welt. Alles was der Blonde damals wollte, war, dass Seto ihn nicht so sah. Eine Träne löste sich aus seinem Auge und er wischte sich diese eilig weg. "Ich mag mir gar nicht ausmalen, was dem noch alles gefolgt ist!", kam es leise von Mokuba. "Das möchte niemand von uns… und dennoch werden wir bei ihm sein, wenn er weiter erzählt und zuhören, denn das ist, was Joey braucht: Menschen, die trotz all dieser Grausamkeit zu ihm stehen und ihm helfen, dass zu überwinden.", erklärte Tristan mit fester Überzeugung. "Du bist wirklich ein sehr guter Freund, Tristan, und ich bin froh, dass du meinem Sohn beigestanden hast, als dieser Oyabun ihn endlich gehen gelassen hat.", kam es stolz von Jack, der seine Hand auf Tristans Schulter ablegte und versuchte ihn anzulächeln. "Joey ist mein bester Freund… was anderes kam für mich nicht in Frage.", erklärte Tristan. "Es war sicherlich keine einfache Zeit, oder?", hakte Jack vorsichtig weiter. "Es hat uns viel Mühe gekostet ihn wieder aufzurichten. Ihn davon zu überzeugen, dass er nicht dreckig oder wertlos sei.", erzählte Tristan langsam. "Sobald er schlief hatte er Albträume. Wenn er aus diesen schreckte schrie und weinte er. Später, als seine Verletzungen teilweise verheilt waren und er wieder aufstehen konnte, kam es nicht selten vor, dass er aus dem Bett sprang und Dinge durch die Gegen warf, weil er immer noch im Traum gefangen war. Dem folgte Stundenlanges Weinen und das Verbot, dass Seto reinkommen durfte. Überhaupt hat es bald eine Woche gedauert, bis Seto zu ihm durfte. All die Scham und die Schuld und die Angst hatten Joey furchtbar fest im Griff." "Ich durfte schon etwas früher zu ihm. Er versuchte wie immer zu wirken, doch das gelang ihm nicht oft. Jedenfalls am Anfang. Nachdem der Oyabun hier einfach rein spaziert ist, war es wieder ganz schlimm.", erzählte Mokuba. "Wie bitte? Was?", kam es plötzlich fassungslos von Jack. "Wie meinst du das, dass der Oyabun hier einfach rein spaziert ist?" "Unser Wachpersonal am Tor hat sich überlisten lassen. Daraufhin hat Seto sie rausgeworfen, neue eingestellt und verdoppelt, sowie ganz neue Anweisungen ausgegeben.", versuchte Mokuba die Situation zu retten. "Hat… hat er versucht Joey erneut zu entführen? Hat er ihm was getan?", kam es nun entsetzt von Serenity. "Er war alleine hier und wollte nur mit Joey sprechen. Ihm versichern, dass die Kumi und er Quitt seien und sie hofften, dass man ihm bezüglich seines Vaters Gerechtigkeit verschaffen würde.", erklärte Tristan nun. "Und was meinst du damit, dass es danach wieder schlimm war?", wollte Jack weiter wissen. "Joey hat sich in sein Zimmer eingesperrt… wollte es nicht mehr verlassen. Hatte furchtbare Panikattacken. Wir musste mit ihm die Sicherheit, die er verloren hat, ganz neu und Raum für Raum neu erarbeiten. Dennoch zieht er sich auch heute noch in sein Zimmer zurück und versteckt sich auf der Fensterbank hinter den Übergardienen, wenn er alleine ist. Obwohl er weiß, dass der Oyabun und die ganze Kumi jetzt hinter Gittern sitzen.", erzählte Mokuba weiter. "Vielleicht würde ein Tapetenwechsel ihm gut tun?", begann Serenity laut nachzudenken. "Wie meinst du das?", wollte Mokuba wissen. "Na ja, vielleicht sollten wir, wenn wir nach Hause fliegen, Joey mitnehmen. Da kann er sich sicher fühlen, denn dort würde die Kumi, ob nun im Gefängnis oder nicht, niemals an ihn rankommen.", führte Serenity weiter aus. "Hm… ich denke nicht, dass das umsetzbar wäre.", wandte Tristan ein und Mokuba war erleichtert, dass der Brünette auf seiner Seite war. Das Letzte, was der jüngere Kaiba erreichen wollte war, dass Jack und Serenity ihnen Joey wegnahmen. "Joey würde sich mit Händen und Füßen dagegen wehren Seto zu verlassen." "Aber hier scheint es ihm nicht gut zu gehen!", warf Serenity besorgt ein. "Das würde es auch nicht in Amerika. Aber hier hat er einen Psychologen, der Zugang zu ihm gefunden und schone eine Menge bei Joey erreicht hat. Hier sind seine Freunde, von denen jeder einzelne für Joey sterben würde, wenn es notwendig wäre. Er hat hier einen Job, den er liebt und Kollegen, bei denen er sich wohl fühlt. Einen Personenschützer, dem er vertraut und als Einziger in dieser Rolle akzeptiert.", argumentierte Tristan ruhig. Serenity sackte wieder etwas in sich zusammen und nickte nur bedächtig. Scheinbar hatte Tristan sie davon überzeugt, was für eine schlechte Idee das wäre, Joey jetzt von hier wegzuholen. Stille entstand und erst nach einer ganzen Weile unterbrach Serenity diese. "Er wird nicht darüber reden, wenn ich dabei bin!", schien sie plötzlich zu erkennen. "Das liegt aber nicht daran, dass er dir nicht vertrauen würde.", wandte Tristan sofort ein. "Ja, ich weiß… wahrscheinlich ist es einfach so eine Sache, die man nicht der kleinen Schwester erzählen kann…", gab sie zu erkennen, dass sie es ihrem Bruder nicht übel nehmen würde. "Daher hab ich die Bitte an euch es mir zu erzählen, wenn ihr es erfahrt… lasst mich bitte nicht im Ungewissen, was diese Monster mit meinem Bruder getan haben." "Schätzchen.", wollte jetzt Jack einwenden, doch Serenity hob ihre Hand und gab zu verstehen, dass sie da keinen Einwand oder Ablehnung akzeptieren würde. "Entweder das, oder ich bleibe hier, bei ihm!", kam es entschlossen von ihr. "Ganz deine Mutter.", meinte Jack lächelnd, beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte schwach. "Ich bin müde, ich werde auf mein Zimmer gehen.", meinte die Brünette schließlich und stand langsam auf. Mokuba tat es ihr gleich. "Ich begleite dich.", bot er ihr an und sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln. Dann gab Serenity ihrem Dad noch einen Kuss auf die Wange und verließ zusammen mit Mokuba die Terrasse. Nun saß Tristan mit Jack alleine am Tisch auf der Terrasse. Tristan lehnte sich nach hinten, legte den Kopf in den Nacken und blickte in den sternenreichen Nachthimmel. "Wenn ich könnte, würde ich ihm seinen Schmerz nehmen.", murmelte Tristan gedankenverloren. "Das du bei ihm bist und ihm beistehst wird ihm den Schmerz nehmen.", bestärkte Jack noch einmal und Hochachtung lag in seiner Stimme. "Meinst du wirklich?", kam es zweifelnd von Tristan, der seinen Kopf etwas gedreht hatte, damit er Jack ansehen konnte. Dieser nickte ihm zu. "Davon bin ich überzeugt.", ermutigte der Ältere den Brünetten noch einmal. "Wenn ich dir bei irgendwas irgendwie helfen kann, Tristan, dann komm zu mir, okay?" Tristan zog die Augenbrauen nachdenklich über der Nasenwurzel zusammen. "Wie meinst du das?", wollte er genauer wissen. "Wenn du mal Geld brauchst oder etwas anderes… dann werde ich dir gerne helfen, soweit es in meinen Möglichkeiten steht.", präzisierte Jack. "Ich will kein Geld… ich tu das nicht, weil ich mir etwas davon verspreche… ich tu das, weil Joey mein bester Freund ist!", wiegelte Tristan leicht empört ab. "Du verstehst mich falsch: Ich wollte dich nicht entlohnen… nur einen Trumpf in die Hand geben. Ob du ihn irgendwann ausspielst oder nicht, überlasse ich voll und ganz dir… Damit möchte ich dir nur meine Dankbarkeit zeigen.", stellte Jack richtig. Dann stand auch er auf und verabschiedete sich von Tristan. Tristan blieb noch eine ganze Weile alleine am Tisch sitzen und dachte nach. Kapitel 85: Vertrauen --------------------- Kapitel 85 – Vertrauen Mokuba begleitete Serenity zu ihrem Zimmer, welches rein zufällig seinem gegenüber lag. Sie waren gerade die Treppe hochgekommen und in den Flur des Flügels eingebogen als sie an Joeys Zimmer vorbei kamen. Trotz der geschlossenen Tür konnte man Joey bitterlich weinen hören. Dann bemerkte Mokuba, wie Serenity stockte und stehen blieb. Sie drehte sich zu der Zimmertür ihres Bruders und blickte dieses nachdenklich an. Gerade als sie einen Schritt auf diese zu gehen wollte griff er nach ihrer Hand und zog sie zu sich zurück. "Nicht.", kam es behutsam von Mokuba. "Joey… dein Bruder duldet niemand außer Seto oder Tristan bei sich, wenn er so weinen muss." "Aber… ich möchte ihn doch nur trösten.", wandte Serenity verzweifelt ein. "Ich weiß…", erwiderte Mokuba mit einem traurigen Blick. "Mir geht es auch nicht anders, wenn ich ihn so weinen höre. Doch ich musste lernen, dass er das nicht möchte. Und ich bin mir sicher, dass er auch vor dir nicht weinen will." Mit diesen Worten zog Mokuba Serenity weiter, die in diesem Moment selbst nicht anders konnte, als einigen Tränen zu erlauben ihr über das Gesicht zu laufen. Als sie an Serenitys Zimmer ankamen blickte sie Mokuba Hilfe suchend an. Dieser nickte nur und folgte ihr in ihr Zimmer. Als Seto Joey in dessen Bett legen wollte war Joey wach geworden, hoch geschreckt und hatte im ersten Moment nicht gewusst, wo er war. Doch als er seinen Freund gesehen hatte war die Ungewissheit wie ein Stein von ihm gefallen. Dann kam die Erinnerung an das, was er auf der Terrasse enthüllt hatte. Beschämt schlug sich Joey die Hände vor sein Gesicht und begann wieder zu weinen. Er hatte vor allen zugegeben, dass er einen Handel mit dem Oyabun geschlossen hatte. Jetzt… würde alles in einem anderen Licht erscheinen. So, als ob er all das, was im Sommer geschehen war, gewollt hatte. Wer würde ihm jetzt noch glauben, dass es nicht so war? Dann spürte er Hände um seine Handgelenke und wie seine Hände vom Gesicht gezogen wurden. Schließlich blickte er in die glasklaren, blauen Augen seines Geliebten, der ihn voller Schmerz anblickte. War das der Ausdruck von Enttäuschung? Mit Sicherheit. Ein Mann, wie Seto, würde eine Hure, wie ihn, niemals an seiner Seite dulden. Joey ergab sich seiner Verzweiflung und der Stimme, die ihm sein ganzes Leben schon die Reaktionen und das Gesagte seiner Mitmenschen übersetzte und 'richtig' interpretierte. Warum glaubte er dieser verdammten Stimme überhaupt noch? In den letzten Wochen wurde mehr als einmal bewiesen, dass sich die Stimme irrte. Und dennoch… sie war einfach so dominant und überzeugend in seinem Kopf. Seto zog ihn vorsichtig zu sich und drückte ihn sanft an seine Brust. Behutsam streichelte er durch das blonde Haar und kraulte den Nacken. Doch Joey konnte sich einfach nicht beunruhigen. Der Jungunternehmer kannte diese Art des Weinens von seinem blonden Freund schon. Wusste, dass es nur der Ausdruck der Verzweiflung war, die in Joey hochschlug. "Es ist alles gut, mein Schatz.", flüsterte Seto zärtlich in Joey Ohr. Doch Joey konnte sich einfach nicht beruhigen. Er klammerte sich an seinen Freund, in der Angst schon Morgen gehen zu müssen und nicht mehr erwünscht zu sein. Also legte sich Seto mit Joey im Arm und an der Brust hin. Er streichelte sanft über Joeys Rücken. Konnte hier und da die Narben unter dem dünnen T-Shirt-Stoff spüren. "Weißt du, Joey…", begann Seto in einem ruhigen Tonfall. "Du musst dich nicht schämen, dass du auf den Handel mit dem Oyabun eingegangen bist. Du hast nur getan, was du tun musstest, um dein Leben zu retten und zu mir zurück kommen zu können." Mit einem zweifelnden Blick hob Joey seinen Kopf und schaute zu Seto. Doch scheinbar entschied er sich, dass er Setos Wohlwollend nicht glauben konnte. Daher legte Seto seine andere Hand an Joey Wange und sorgte dafür, dass dieser den Blickkontakt nicht abbrechen konnte. "Ich… habe auch den einen oder anderen Handel akzeptiert, auf den ich nicht stolz bin. Aber alle waren sie notwendig gewesen, nicht zuletzt, weil ich nur so Mokuba vor den gleichen Erfahrungen schützen konnte, die ich machen musste.", begann Seto langsam zu erzählen. Joey musterte Seto prüfend. Sanft lächelte Seto ihn an. "Ich war damals vierzehn. Gozaburos Übergriffe nahmen ab und ich dachte, ich hätte das Schlimmste endlich hinter mir. Doch dann bemerkte ich, welche Blicke er Mokuba zuwarf. Wie er oft dieses Lächeln bekam, welches er kurz nach unserer Adoption bekommen hatte, wenn er mich ansah. Da wusste ich, dass Gozaburo sein Interesse von mir langsam auf Mokuba zu verlagern begann. Wahrscheinlich wurde ich damals langsam zu alt für ihn, dafür rückte Mokuba in das Alter vor, was für dieses Schwein ansprechend war. Weißt du, ich habe lange mit Kai über Pädophilie gesprochen und dabei gelernt, dass die Präferenzen – die Vorlieben – eines Mannes, dessen Sexualität auf Kinder geprägt ist, eng gefasst sind. Männer, die sich nur für Mädchen zwischen sieben und zehn Jahre interessieren, würden niemals ein älteres Mädchen oder einen Jungen anfassen. Gozaburo stand demnach ganz offensichtlich auf Jungs ab zehn Jahren bis zur Pubertät. Als ich begann in die Pubertät zu kommen, verlor er nach und nach das Interesse an mir. Aber das dieses Interesse sich auf meinen Bruder zu richten begann… das konnte ich nicht dulden. Also… hab ich begonnen aktiv Gozaburos Interesse wieder auf mich zu lenken." Seto musste eine Pause einlegen. Eine Träne quoll aus seinem Auge. Joey hob seine Hand und wischte diese sanft fort. Seto griff nach der Hand seines Geliebten. "Nach zwei, drei Wochen stellte mich der Alte zur Rede. Da hab ich ihm gesagt, dass ich bereit wäre alles für ihn zu machen, wenn er Mokuba fern bliebe. Er stellte Forderungen… dass ich mich nicht mehr wehren würde,… zu nichts nein sage… ich ihm jederzeit ohne Zedern gefällig sein werde… Ich willigte ein und er grinste mich bösartiger an, als jemals zuvor. Dann sagte er mir, dass der Deal stehen würde und er schon morgen alles in die Wege leiten würde Mokuba auf ein Internat zu schicken." "Er… er hat dich ausgetrickst?", hakte Joey ungläubig nach. "In gewisser Weise. Er meinte damals zu mir, wenn Mokuba ständig so kokett um ihn herum springen würde, könnte er für nichts garantieren und dann würde er möglicherweise ohne eigenes Verschulden sein Versprechen mir gegenüber brechen. Also wäre der einzige Weg, meiner Forderung nachzukommen, ihn wegzuschicken.", gestand der Jungunternehmer mit brüchiger Stimme ein. Bei der Erinnerung löste sich eine weitere Träne. Joey schob sich ein wenig nach oben und küsste Seto die Träne weg, bevor er seine Wange an die des Brünetten schmiegte. "Das muss furchtbar für dich gewesen sein.", meinte Joey mitfühlend. "Er hatte Recht. Es war der einzige Weg sicherzustellen, dass dieser Drecksack seine Griffel von meinem Bruder ließ. So weh es auch tat. Doch als mein Bruder aus dem Haus war änderten sich seine 'Bedürfnisse'. Er wurde gewalttätiger und grausamer. Seine Perversionen nahmen ganz neue Dimensionen an.", erzählte Seto leise weiter. "Ich bewundere dich.", kam es leise von Joey. Fragend blickte Seto ihn an. "Na ja,… du… hast so viel Scheiß erlebt und obwohl du von Mokuba getrennt warst und das Monster dir immer mehr zusetzte, hast du irgendwo die Kraft gefunden, aufzustehen, einen Plan zu schmieden und den Alten zu besiegen." "Es war purer Überlebenswillen.", korrigierte Seto Joeys Bewunderung nach unten. "Ich tat das nicht, um mich zu befreien, sondern alleine um Mokuba auf Dauer zu schützen." "Mach dich nicht kleiner, als du bist.", maßregelte Joey schroff. Ein Lächeln zeichnete sich auf Setos Gesicht ab, als er dem Blonden eine Strähne aus dem Gesicht strich. "Ich werde dich jetzt küssen.", kündigte Seto sein Vorhaben an, bevor er sich tatsächlich zu Joey beugte und ihn langsam und vorsichtig küsste. Joey lehnte sich vertrauensvoll in den Kuss. Während sie in dem Kuss versanken strich Seto behutsam an Joeys Seite entlang, bis er am Hosenbund ankam und schob seine Hand dann unter das T-Shirt, nur um dann den Rückweg anzutreten und das Oberteil so nach oben zu schieben. Schließlich unterbrach er den Kuss, damit er das T-Shirt über den Kopf des Blonden ziehen konnte. Wie fast immer legte Joey einen Arm über seine Brust und hoffte so, dass er einen Großteil der Narben verbergen konnte. Aber Seto, der ihn wieder küsste löste sich schließlich von seinen Lippen und wanderte über den Hals und das Schlüsselbein Richtung Brust. "Uuuh… Seto… nicht…", kam es leise von Joey, der nicht wollte, dass Seto irgendetwas tat, was in ihm Ekel auslösen würde. "Warum nicht?", fragte Seto mit großen Augen. "Na… du weißt schon…", stammelte Joey herum. "Nein. Tu ich nicht.", konterte Seto sanft und küsste erneut die Brust seiner großen Liebe. "Na, wegen der Narben!", platzte es plötzlich aus Joey heraus. "Mir sind deine Narben egal.", widersprach Seto und fuhr mit einem Finger eine der Narben nach. Joeys Hand schnellte zu der nachfahrenden Hand und hob diese von seiner Haut. "D… das sagst du jetzt und dann stellst du fest, wie eklig sie sind.", kam es fast schon panisch von dem Blonden. "Es gibt nichts an deinem Körper, vor dem ich mich ekeln würde.", argumentierte Seto erneut dagegen. "Biiitte…", kam es jetzt in einem flehenden, fast weinerlichen Unterton. Seto hielt inne, hob seinen Kopf und schob sich wieder zu Joey hoch, so dass er ihm direkt in die Augen schauen konnte. Joey versuchte in den Kissen zu versinken, was natürlich nicht klappte. "Joey… ich liebe dich… bedingungslos. Es gibt nichts, was mich an dir ekelt oder mich stört… bitte glaube mir das.", sprach der Brünette mit fester und überzeugender Stimme. Joey biss sich unsicher auf die Unterlippe. Dann nahm Seto seine Hand und befreite sie langsam aus Joeys Griff, bevor er sie wieder auf eine Narbe setzte. "Siehst du… das macht mir nichts aus. Diese Narbe gehört zu dir… sie ist ein Teil von dir und ich scheu sie nicht.", setzte Seto erneut an, um Joey endlich zu überzeugen. Er sah, wie Joeys Augen feucht wurden. "Du bist wunderschön, Joey!", hauchte Seto auf einmal und provozierte somit, dass sich eine seichte Röte auf Joeys Gesicht legte und der Blonde verlegen zur Seite wegschaute. Doch Seto wandte den Blick seines Geliebten wieder auf sich und küsste ihn. Erst nach einem Augenblick erwiderte Joey den Kuss langsam. Wieder glitt Setos Hand über die nackte Brust dessen, den er an seiner Seite niemals wieder missen wollen würde. Kapitel 86: Nie wieder! ----------------------- Autorenvorwort: Sorry, dass ihr eine ganze Woche auf dem Trockenen saßt, aber manchmal macht die Gesundheit nicht so mit, wie man es gerne hätte und setzt einen total außer Gefecht... *sich ganz tief verbeugen* - MAC01 Onlyknow3 Kapitel 86 - Nie wieder! Als Kai in den Wintergarten kam blieb er erstaunt stehen. So voll hatte er es hier nicht erwartet. Vor ihm in der Sitzgruppe verteilt saßen neben Joey auch Seto, Tristan, Serenity, Jack und Mokuba. Er begrüßte alle und ging dann zu seinem Sessel, den man ihm wohl offenkundig freigehalten hatte. "Ganz schön voll heute.", bemerkte er schließlich, als er Platz genommen hatte. "Ja, ein wenig.", kam es leise von Joey. "Aber ich denke, es wäre wichtig, dass sie heute dabei sind, weil ich ehrlich gesagt, keine Lust habe mich zu wiederholen." "Wiederholen?", hakte Kai nach. "Geht es um gestern Abend?" "Du... weißt also davon?", erkannte Joey betrübt. "Ja, ich hab vorhin mit Seto gesprochen gehabt. Er meinte, du hättest gestern einen Durchbruch geschafft.", offenbarte Kai. Joey blickte aus dem Augenwinkel zu seinem Freund, der neben ihm saß. Er hätte sich denken können, dass Seto heute Morgen mit Kai telefoniert hatte. Es war nicht das erste Mal, dass Seto so gehandelt hatte und dennoch fühlte sich Joey in solchen Momenten immer recht entblößt. Doch er drängte das Gefühl der Scham wieder zurück. Er hatte sich für heute etwas vorgenommen und dazu durfte er sich nicht in diese Position drängen langen. "Ich werde heute mit dir über Osachi, Roberts Tod und den Deal mit dem Oyabun sprechen.", begann Joey leise. "Und danach werden wir nie wieder über diese verdammte Woche sprechen. Du wirst nicht versuchen mich mit irgendeinem Psychologentrick zum Sprechen zu bekommen oder günstige Gelegenheiten der Schwäche nutzen, um mich darüber sprechen zu lassen. Ansonsten wird es keine weiteren Sitzungen darüber hinaus geben, wenn du es doch versuchst." All blickten in fassungslos und erstaunt an. "Hey Joey, Kumpel... meinst du wirklich dass das der richtige Weg ist?", wandte Tristan vorsichtig ein. Joey nahm seinen Blick nicht von Kai, der diesem stand hielt. "Ich sag ja nicht, dass ich nicht irgendwann mal an einen Punkt kommen könnte, wo ich von mir aus von dieser Woche reden möchte... aber... ich ertrage es nicht länger, ständig das Gefühl zu haben, dass alle Welt von mir erwartet, dass ich darüber spreche. Jedes Mal, wenn ich mit einer Sitzung durch bin, fühl ich mich, als würde ich alle enttäuschen, weil ich derzeit eben nicht darüber sprechen möchte...", erklärte der Blonde und wurde traurig. "Aber das ist doch Blödsinn, Brüderchen.", versuchte nun Serenity einzuwenden. "Niemand ist von dir enttäuscht." "Das kannst du mir noch so oft sagen, wie du willst, Schwesterchen. Solange mein Gefühl mir etwas anderes sagt, kann ich das nicht glauben. Selbst wenn mein Verstand weiß, dass es richtig ist.", erklärte Joey. "Lass dich von deinen Gefühlen nicht ins Bockshorn jagen, mein Sohn.", wandte nun Jack ein. "Ich habe doch nichts mehr, außer meinen Gefühlen, Dad... was... was soll ich ohne diese tun?", kam es fast verzweifelnd von seinem Sohn, der nun zu ihm blickte. "Ich kann nicht einen Teil meiner Gefühle verleugnen und ignorieren, aber andere erlauben und akzeptieren. Und ich bin nicht bereit alle meine Gefühle wegzusperren, nur damit ich der Vernunft folgen kann." Dabei hatte er eine Hand auf Setos Knie gelegt. Er konnte entweder alle Gefühle ignorieren oder keine. Es gab da keinen Mittelpfad für ihn. Und da es Gefühle gab, die er nicht verleugnen wollte,... nicht verleugnen konnte, musste er sich allen seinen Gefühlen stellen. "Du hast deinen Mut und deine Kraft.", wandte Mokuba plötzlich ein. "Vielleicht denkst du ja, dass dem nicht so sei... das du keine Würde und keine Selbstachtung mehr hättest... aber das ist falsch... und vor allem hast du uns... uns alle!" Entgeistert blickte Joey Mokuba an und wusste nicht was er dem Kleinen erwidern sollte. Was er sagte klang in Joeys Ohren so lächerlich. Er war weder mutig, noch hatte er Kraft. Er hangelte sich von Tag zu Tag und oft genug kam es vor, dass er den Halt verlor und es nicht einmal schaffte aus dem Bett aufzustehen. Und was seine Würde und Selbstachtung anbelangte... die hatte man ihm im Sommer nachhaltig genommen. Davon war nichts mehr übrig. Doch wie hätte er das Mokuba und auch Serenity erklären sollen ohne etwas Preis zu geben, was er nicht Preis geben wollte? "Auch das glaubst du nicht, oder Kumpel?", fragte Tristan sanft nach. Joey war gar nicht bewusst gewesen, dass er seinen Blick zu Boden gerichtet hatte. Doch jetzt blickte er zu seinem besten Freund auf. Ohne Tristan hätte er den Sommer ganz bestimmt nicht überstanden und würde jetzt nicht hier sitzen. Es war unglaublich gewesen, wie gut dieser ihn mittlerweile lesen konnte. Wusste was in ihm vorging und was er manchmal dachte. Er schluckte. "Aber Mokuba hat Recht.", stimmte Serenity eifrig zu, während sie eine Hand auf Joeys eigene legte. "Du hast uns... und wir wollen dir helfen." "Aber ihr könnt mir nicht helfen!", brach es verzweifelt aus Joey heraus. "Verstehst du das denn nicht?" "Warum können wir denn nicht helfen?", wollte seine Schwester ebenso verzweifelt wissen, da sie es einfach nicht verstehen konnte. "Weil... ich zerbrochen bin... in so viele, unzählbare Teile, dass man nur noch einen Besen nehmen kann, um mich wegzufegen... da gibt es nichts, was man reparieren könnte... das wäre so, als ob du Sand zusammenkleben möchtest, um daraus wieder einen Kiesel zu formen.", erklärte Joey und diesen Gedanken laut auszusprechen forderte ihm ein, zwei Tränen ab. Sanft strich Seto sie ihm von den Wangen. Fragend blickte Joey ihn an. Sein Freund hatte als einziger noch nichts dazu gesagt. Doch dieser lächelte ihn nur sanft an und zog ihn mehr in seinen Arm, der die ganze Zeit um Joeys Schulter gelegen hatte. Da wusste der Blonde, dass Seto - egal was er selbst davon halten mochte - immer hinter ihm stehen würde. "Wie gesagt, ich... bin bereit heute über Osachis Betrug, Roberts Tod und den Deal mit dem Oyabun zu reden. Danach... hör ich auf mich zu sträuben die Jahre mit meinem Va... mit dem Mistkerl aufzuarbeiten. Aber über diese Woche im Sommer... will ich einfach nicht sprechen!", wiederholte Joey noch einmal und verdammte sich, weil seine Stimme immer noch zittrig war. "Ich halte das für einen Fehler, Joey.", kam es von Tristan. Serenity und Jack stimmten dem Brünetten zu. Mokuba blickte ihn nur an, bevor er zu ihm ging und ihn umarmte. "Wenn es das ist, was du im Moment brauchst, dann kann es nicht verkehrt sein.", murmelte er ihm leise zu, während er versuchte Joey anzulächeln. Joey erwiderte das Lächeln des jüngeren Kaibas. Doch dann fiel sein Blick wieder auf Kai. Der begann auch sanft zu lächeln und nickte. "Ich bin einverstanden.", kam es von dem Psychologe, woraufhin Jack und Serenity völlig fassungslos ihn anstierte. Scheinbar hatten sie gedacht, dass er Joey versuchen würde davon zu überzeugen, dass er einen Fehler machte. Doch Tristan musste grinsen. Er hatte nichts anderes von diesem Mann erwartet. Er hatte Joey noch nie gedrängt oder gezwungen über etwas zu sprechen, was dieser nicht wollte. Also hatte er auch weiterhin Vertrauen zum dem Mann, der seinem besten Freund schon so enorm geholfen hatte. "Dann lassen wir dich und deinen Psychologen mal alleine.", kam es leise von Serenity. "Ich möchte, dass ihr bleibt.", kam es leise von Joey. Überrascht blickte seine kleine Schwester ihn an. "Um Kai nun auch davon zu erzählen, möchte ich mir eure Stärke leihen, denn ihr alle seid mir die wichtigsten Menschen... ihr alle... seid meine Familie.", mit diesen Worten blickte er zu Tristan, der scheinbar nicht ganz verstanden hatte, was Joey gesagt hatte. Also stand der Blonde auf und ging zu seinem besten Freund. "Alle... die hier sind... sehe ich als meine Familie... und du, bist längst mehr als 'nur' mein bester Freund... auch du bist für mich Familie!", brachte der Blonde es noch einmal auf den Punkt. Tristans Augen weiteten sich ungläubig, denn das hatte er nicht erwartet. Dann umarmten sich die beiden. Kapitel 87: Der nächste Schritt ------------------------------- Kapitel 87 – Der nächste Schritt Joey lag neben Seto im Bett und hatte sich an ihn gekuschelt. Der Tag war anstrengend gewesen mit der Sitzung bei Kai und all den anderen, die daran teilgenommen hatten. Der Blonde war erleichtert, dass Kai seinen Bedingungen zugestimmt hatte und dieser Druck, den er seit Wochen auf sich gespürt hatte, endlich weg war. Natürlich wusste er, dass dieser Druck nur von ihm aus gegangen war. Seine Gefühle hatten ihm etwas suggeriert, was nicht so war... wie schon sein ganzes Leben lang eigentlich. Doch jetzt hatte er seinen falschen Gefühlen den Nährboden entzogen. Jetzt konnten sie ihm keine Schuldgefühle mehr einreden. Auf einmal fühlte er sich so leicht. Er schmiegte sich noch etwas enger an seinen Fels in der Brandung. Seto hatte von Anfang an zu ihm gestanden und das hatte ihn mehr als überrascht. Mindestens genauso hatte ihn auch Setos Geständnis überrascht, dass er ihn mochte… mehr als nur mochte. Anfangs hatte Joey das für einen Teil eines bösen Streiches gehalten. Dennoch hatte er sich dazu entschieden, es glauben zu wollen. Seto hatte ihm durch das Kennenlernen mit Jack geholfen. Geholfen, dass alles besser zu verstehen und akzeptieren zu können. Auch mit seinen Albträumen am Anfang hatte Seto ihm geholfen. Hatte ihn getröstet. War über Nacht geblieben, wenn er aufgeschreckt war. Sein Verständnis schien grenzenlos zu sein. Zwar hatte Seto immer wieder gefragt, ob Joey über seine Albträume sprechen wollte, doch er hatte es stets akzeptiert, wenn der Blonde das nicht wollte. Er hatte ihm – zusammen mit den anderen – geholfen den versäumten Stoff nachzuholen und einen doch guten Schulabschluss zu erarbeiten. Hatte einen einmaligen und wunderschönen Abschlussball arrangiert. Und selbst als Seto von dem erfahren hatte, was Joey so lange versucht hatte zu verbergen, hatte er ihn nicht weggestoßen oder sich abgewandt. Er war geblieben. Nein… Er war da erst richtig zu ihm aufgerückt, hatte ihm den Rücken gestärkt und ihm geholfen Schritte gegen diesen Mistkerl einzuleiten. Nach der Woche im Sommer, war Seto so geduldig gewesen. Er hatte Joeys Willen akzeptiert, dass dieser sich seinem Freund nicht so lädiert und übel zugerichtet präsentieren wollte. Hatte ihm die Zeit gegeben Mut zu fassen, wieder vor ihn zu treten. Na ja, eigentlich war Seto vor ihn getreten, da der Blonde da noch Bettruhe wahren musste. Seto war zu ihm gekommen und hatte sofort seine Angst zerschlagen, dass er ihn nicht mehr haben wollen würde. Und auch danach bewies Seto ihm immer wieder seine Liebe durch seine grenzenlos scheinende Geduld. Wenn Joey durch einen Albtraum keine Nähe oder gar seine Anwesenheit ertragen hatte, hatte Seto sich zurück gezogen. Andererseits war er für ihn da, wenn der Blonde absolut nicht alleine sein wollte. Gab ihm Zärtlichkeit und Liebkosungen, wenn Joey sie wünschte, und räumte ihm Freiraum ein, wenn es notwendig war. Und nie – niemals – zeigte Seto auch nur den Anflug von Frustration oder Ungeduld… und das seit fast drei Monaten. Joey wusste nicht wieso, aber irgendetwas war in ihm erwacht. Es war ein Verlangen nach Setos Nähe. Nicht diese Art Nähe, die er ihm schon immer gewährt hatte, seit er hier eingezogen war. Sondern die Nähe, die sie bislang nur ein einziges Mal versucht hatten zu haben und die dank einer Panikattacke nicht zustande gekommen war. Nach dem Abschlussball waren sie beide enorm… geil gewesen. Sie waren nach oben in Setos Schlafzimmer gegangen und dort hatten sie versucht, miteinander zu schlafen. Doch Joey hatte in dem Moment, der eigentlich der Schönste ihrer Beziehung hätte werden sollen, einen Flashback gehabt und dadurch eine waschechte Panikreaktion bekommen. Sanft ließ der Blonde seine Finger über der nackten Brust seines Drachen, wie er Seto früher oft genannt hatte, streichen. Vollführte kreisende Bewegungen, mal tiefer, dann wieder höher. Wie… wie sollte er Seto klar machen, dass er gerne den nächsten Schritt gehen wollen würde… oder es zumindest einmal probieren würde? Plötzlich legte sich Setos Hand über seine auf der Brust seines Freundes. Überrascht blickte Joey auf und sah direkt in die blauen Augen seines Drachens. Der schmunzelte ihn sanft an. "Noch wach?", fragte Seto mit einem ruhigen Ton. "Hm…", kam es nur von Joey. "Kannst du nicht schlafen?", wollte Seto besorgt wissen. "Hab über etwas nachgedacht.", gestand der Blonde verlegen, ohne seinen Blick abzuwenden. "Über was denn, mein Schatz?", hakte Seto vorsichtig nach. "Weißt du noch… nachdem der Mistkerl verhaftet worden war… da hatte ich ein paar schlimme Tage… ich hab versucht dich anzuheizen und dich dazu zu kriegen, mit mir Sex zu haben?", begann Joey unsicher. "Ja, daran kann ich mich gut erinnern.", kam es von Seto. "Was ist damit?" "Ich hab mich eingeigelt, weil ich dachte, dass du mich nicht wolltest...", kam es leicht beschämt von dem Blonden, dem sein damaliges Verhalten immer noch peinlich war. "Doch du hast mir dann erklärt, warum du nicht mit mir von jetzt auf gleich in die Vollen gehen wolltest… und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir uns Zeit nehmen und uns Schritt für Schritt ran tasten werden." "Das ist richtig.", gab Seto zu. "A… Aber… bislang… da haben wir noch überhaupt keinen Schritt gemacht…", kam es ganz leise von Joey. "Haben wir nicht?", reagierte Seto überrascht. "N… Nein?", antwortete der Blonde verunsichert. "Hm… und was schwebt dir als erster Schritt so vor?", hakte Seto sanft nach. "Ähm… also… uhm… ich… ich weiß nicht… aber…ich würde gerne einen Schritt machen wollen… sofern du… ähm… also… uffz.", stammelte sich Joey einen ab. Langsam beugte sich Seto zu ihm und küsste ihn sanft. Als sie sich wieder von einander trennten schmunzelte der Brünette ihn an. Seine andere Hand, die auf Joeys Schulter lagt streichelte langsam über den Rücken des Blonden. "H… heißt das 'ja'?", fragte Joey vorsichtig nach. "Ja, das heißt 'ja'.", bestätigte Seto. "Aber wie soll unser erster Schritt aussehen, mein Schatz?" "Ja, also,… ähm… ich weiß nicht… was ist denn für gewöhnlich der erste Schritt in einer 'normalen' Beziehung?", kam es überlegend von Joey. "Ich denke nicht, dass wir uns über den ersten Schritt Gedanken machen müssen.", wandte Seto sanft ein. "Hm, wieso nicht?", wollte der Blonde verwirrt wissen. "Weil wir den schon hinter uns haben… ich denke der erste Schritt ist das Eingestehen für die Gefühle, die man für einander hegt… dann lernt man sich ein wenig kennen, bevor man dann mit Küssen und kleineren Berührungen weitermacht.", erklärte Seto, als hätte er dazu Recherchen angestellt und würde jetzt darüber referieren. "Und dann?", wollte Joey prüfen, wie weit sein Freund wohl die 'Schritte einer Beziehung' recherchiert hatte. "Hm… das ist unterschiedlich und kommt immer auf die Persönlichkeiten der Beteiligten an… ich würde sagen, nach diesen kleineren Berührungen kommt als nächstes ein wenig nackte Haut und gegenseitige Erkundung der Körper… Liebkosungen, Streicheleinheiten… vielleicht Petting zum Erforschen der Reaktionen und dann, wenn man ausgelotet hat, wer was mag und nicht mag oder wobei man sich wohl fühlt kommt der Sex?", führte Seto weiter nachdenklich aus. Joey musste schmunzeln. Das war gerade so Seto-typisch. Dann blickte Seto wieder zu ihm, denn beim Referieren war sein Blick an die Decke gewandert. Verwundert betrachtete er seinen blonden Schatz. "Dieses Schmunzeln steht meinem Geliebten unglaublich gut.", hauchte Seto ihm entgegen. Sofort röteten sich Joeys Wange vor Verlegenheit und bei dem Wort 'Geliebter' erschauderte er wohlig. Seto beugte sich wieder etwas näher zu ihm. Dann hörte er die Stimme des Brünetten, als sei sie alleine für ihn bestimmt, als er nur zwei Worte wiederholte: "Mein Geliebter!" Kapitel 88: Die Verzweiflung der jüngeren Geschwister ----------------------------------------------------- Kapitel 88 – Die Verzweiflung der jüngeren Geschwister Die Tür der Villa schwang auf, bevor Mokuba und Serenity lachend das Haus betraten. Mokuba hatte zahlreiche Tüten in der Hand, die er an der Garderobe kurz abstellte, um aus seinen Schuhen zu schlüpfen und Serenity tat es ihm gleich. Er hatte die Brünette zu einem Bummel durch die Stadt eingeladen und anschließend zu einem ausgedehnten Mittagessen ausgeführt. Serenity hatte die Einladung gerne angenommen, nichts ahnend, dass Mokuba sie damit vor allem von ihrem Bruder ab- und weglenken wollte. Es hatte Mokuba nicht gewundert, dass Joey am Morgen total blass, mit leicht geröteten Augen und ein paar Ringen unter den Augen zum Frühstückstisch gekommen war. Denn er hatte in der Nacht mitbekommen, wie Joey aus einem heftigen Albtraum geschreckt war und laut geschrien hatte. Mokuba war gerade auf dem Weg von der Küche zurück in sein Zimmer gewesen, als Joey Schrei ihn vor dessen Zimmer Tür zum Stehen gebracht hatte. Nur zu gerne wäre Mokuba in diesem Moment in das Zimmer gestürmt und hätte geholfen den Blonden wieder zu beruhigen. Doch er hatte es nicht getan. Denn er wusste, dass Joey das nicht wollte. Joey hatte noch nie gewollt, dass er ihn in Panik sah. Der Blonde hatte diese irrwitzige Vorstellung, dass er ihn dann für schwach halten könnte oder die Achtung vor ihm verlieren würde. Unsinn… Joey gehörte doch mittlerweile genauso zu seiner Familie wie Seto und Roland. Dennoch hatte er dem Wunsch des Blonden entsprochen und war nicht in das Zimmer gestürmt. Er hatte einfach nur im Flur gestanden und hörte, wie Seto versuchte seinen Geliebten zu beruhigen. Es kam Mokuba wie eine Ewigkeit vor, bevor Setos Versuche von Erfolg gekrönt gewesen waren und Joey nicht mehr panisch klang. Ein leises Schluchzen nahm stattdessen den Raum der vorrangegangenen Panik ein. Daher hatte Mokuba am Morgen beschlossen Serenity in die Stadt einzuladen, damit Joey sich noch etwas ausruhen und entgangenen Schlaf nachholen konnte. Vor allem wollte er aber auch Serenity von ihrem Bruder ablenken. Sie machte sich – seit sie voll im Bilde war – unglaublich große Sorgen um den Blonden, was mehr als nur verständlich für Mokuba gewesen war. Doch es musste für sie schwieriger sein, als für sie, war das alles für die jüngere Schwester des Blonden neu und ungewohnt. Sie konnte nicht wissen, dass Joey nach wie vor einen Zyklus mit Höhen und Tiefen durchmachte, auch wenn dieser Zyklus – im Gegensatz zu kurz nach seiner Rückkehr aus seiner Gefangenschaft – mittlerweile Tage umfasste und nicht mehr nur Stunden. Also hatte er das Mädchen, welches in seinem Magen für ein ordentliches Kribbeln sorgte, zu einer Shoppingtour eingeladen. Nachdem sie sich anfänglich noch arg geziert hatte, sich von Mokuba einladen zu lassen, hatte sie schließlich doch ganz gut zugeschlagen und Mokuba musste schmunzeln. Er hatte noch nie jemanden so um Klamotten feilschen sehen, wie Serenity. Und sie war gut darin. Danach hatten sie in einem herrlichen Bistro mit schöner Dachterrasse Halt gemacht und hatten sich ein wundervolles Mittagessen gegönnt. Dabei hatten sie sich darüber ausgetauscht, wie schwer das Leben mit älteren Brüdern sein konnte und was sie sich für ihre Zukunft vorstellten. Dabei stellte Mokuba fest, dass die Brünette ein klares Ziel vor Augen hatte: Sie wollte mal Medizin studieren und dann Unfallchirurgin werden. Dass hatte den Dunkelhaarigen tief beeindruckt und er hatte sich auf einmal wie ein unreifes, kleines Kind gefühlt, da er sich nicht festlegen konnte. Er hatte eine Auswahl, aber diese Auswahl reichte vom Betriebswirt, um seinen Bruder in der Firma zu unterstützen, über Designer für Kinderspielplätze und Freizeitparks bis hin zum Anwaltsberuf, um später einmal Staatsanwalt zu werden. Serenity hatte ihn zwar für alles gelobt und zeigte sich beeindruckt von der Vielzahl seiner Interessen, aber bislang hatte er nie gezielt auf einen Beruf hin gearbeitet. Im Gegensatz zu Serenity. Als sie zu Serenitys Zimmer gingen blieb die Brünette unvermittelt stehen. Als Mokuba aufschaute sah er, dass sie auf der Höhe von Joeys Zimmer waren. Serenity nahm ihrem Gönner und Begleiter eine Tüte ab, deren Inhalt sie alleine bezahlt hatte, und wandte sich der Tür zum Zimmer ihres Bruders zu. Sie lauschte kurz, konnte aber nichts hören, also klopfte sie zaghaft. Als auch danach kein Geräusch von drinnen zu hören war, öffnete sie die Tür. "Nitty… was tust du da?", wollte Mokuba nervös von ihr wissen. Er hatte sich irgendwann im Laufe des Tages angewöhnt Serenity nur noch Nitty zu nennen, weil sie ihm erzählt hatte, dass sie Zuhause von ihren kleinen Geschwistern und ihren Freunden auch so genannt wurde. "Ich möchte nur Joey schnell ein Geschenk hinlegen.", antwortete sie mit einem sanften Lächeln und schob die Tür auf. "Aber dein Bruder hasst es, wenn jemand in sein Zimmer geht.", versuchte Mokuba sie davon abzuhalten, während er vorsichtig nach ihrer Hand angelte. "Mokuba… er scheint nicht da zu sein, ich hüpf nur kurz rein, leg ihm das Geschenk auf das Bett und komme sofort wieder raus.", erklärte die junge Frau fröhlich, bevor sie auch schon das Zimmer betrat. Sie ging zum Bett ihres Bruders und zog aus der Tüte ein kleines, flaches Geschenk. Dieses legte sie an ein Kissen gelehnt ab und wandte sich schon zur Tür, um das Zimmer wieder zu verlassen, als ihr Blick auf einen Skizzenblock auf dem Nachttisch fiel. Neugierde flammte in der kleinen Schwester auf und zögerlich griff sie nach dem Block. "W… Was tust du denn da?", rief Mokuba ihr verzweifelt von der Tür aus zu. Doch diesen Anflug von Panik ignorierend ließ sie sich auf die Tagesdecke nieder und schlug den Block auf. Die Zeichnungen waren alles andere, als das, was sie von ihrem geliebten Bruder gewohnt war. Anfangs waren zahlreiche Zeichnungen übermalt worden. Teils so stark, dass das Papier kaputt gegangen war. Doch je weiter sie nach hinten blätterte, desto weniger Unbeherrschtheit bemerkte sie. Stattdessen entsetzten die Skizzen und Zeichnungen sie. Es waren Zeichnungen von ihrem Vater, dämonisiert, grausam grinsend, böse funkelnd, sich gierig über die Lippen leckend, wie er nach dem Betrachter des Bildes griff. Sie sah Männer, die sie nicht kannte, wie sie halbe Monster waren, die sich etwas einverleibte. Manchmal sah sie auch Zeichnungen von einem schmutzigen Raum, eine Matratze am Boden auf dem ein Körper lag. Ein anderer Körper mit offenem Bauch daneben auf dem Boden. Bilder von grotesken Stühlen und Ketten an Wänden oder von der Decke hängend. Tränen begannen ihre Sicht zu trüben. Sie begann zu verstehen, was sie sich da anschauten. Es waren Erinnerungen… Schreckbilder, die ihren Bruder bis heute verfolgten. Eine Träne tropfte auf die letzte Zeichnung: Es war deutlich zu erkennen, dass Joey sich selbst gemalt hatte, aber nicht wie er wirklich aussah, sondern wie er sich fühlte. Grotesk, entstellt, monströs, verdorben, verkümmert, schmutzig. Eine weitere Träne traf das Papier der Zeichnung und verwischte dort, wo sie aufkam, das Grafit des Bleistiftes, so dass ein kreisförmiger Fleck zurück blieb. Serenity schlug den Block zu und warf ihn eilig zurück auf den Nachttisch, wo er aber nicht liegen blieb und runter fiel. Doch sie war bereits aus dem Zimmer gelaufen und flüchtete sich den Gang entlang in ihr eigenes Zimmer. Mokuba seufzte, schloss die Zimmertür wieder und folgte dann der Brünetten. Als er sie einholte lag sie auf ihrem Bett und weinte bitterlich. Er stellte die Einkaufstüten auf die Chaiselongue bevor er zögerlich zu ihr ging. Er setzte sich auf die Kante des Bettes und legte seine Hand tröstend in ihren Rücken. Sie schluchzte lauter auf. Da zog Mokuba sie vorsichtig in seinen Arm. Tröstend strich er der jungen Frau über den Rücken. Ihre Verzweiflung schwappte langsam auch auf ihn über, doch er wollte sich ihr nicht ergeben. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sich auch bei ihm ein, zwei Tränen lösten und stumm über die Wange liefen. So hielt er Serenity eine ganze Weile, bis sie sich soweit wieder beruhigt hatte. Mit geröteten Augen blickte sie zu ihm auf und wollte ihm danken, als Mokuba sich auf einmal zu ihr beugte und seine Lippen sanft auf die von Serenity legte. Die Brünette wusste nicht, wie ihr geschah. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch schienen auf einmal auf Hochtouren mit den Flügeln zu schlagen. Sie schloss die Augen und trotz der Verzweiflung, die sie bis vor ein paar Augenblicken noch in sich verspürt hatte, begann sie den Kuss – ihren ersten Kuss überhaupt – zu genießen. Kapitel 89: Ein Blick in den Spiegel ------------------------------------ Ein weiteres Bonuskapitel, für unsere viel treuen Leser und Kommi schreiber. Wünschen euch viel Spaß beim lesen. LG Onlyknow3 MAC01 Kapitel 89 – Der Blick in den Spiegel Joey war in der Bibliothek gewesen, als er dachte die Haustür gehört zu haben. Er war in einen Abenteuerroman vertieft gewesen und kurz glaubte er Lachen zu hören. Lachen… früher hatte er auch viel gelacht. Nicht weil er so fröhlich gewesen wäre, sondern weil er damit seine Freunde davon überzeugen wollte, dass alles in Ordnung war. Hatte auch immer gut funktioniert… vielleicht zu gut? Er fragte sich seit längerem, wie es wohl gewesen wäre, wenn seine Freunde ihn schon früher durchschaut hätten. Wenn… er schüttelte den Kopf und schalt sich einen Dummkopf. Diese 'was wäre wenn'-Gedanken führten zu gar nichts, raubten ihm Zeit und Kraft, genauso wie sie seine Stimmung nur drückten. Dann wandte er sich sein Buch wieder zu und lass weiter, wie eine kleine Gruppe Menschen im frühen 19. Jahrhundert versuchten über einen Vulkan auf Island zum Mittelpunkt der Erde vorzudringen und dabei eine fantastische Welt entdeckten. Er hätte nie gedacht, dass ER mit so einem Roman etwas anfangen konnte, doch es war tatsächlich eine willkommene Unterhaltung. Als er schließlich zum nächsten Kapitel vordrang legte er sich eines der Lesebändchen des Buches zwischen die Seite und klappte es zu. Er streckte sich und sein Nacken knackte laut. Dann stand er auf und verließ die Bibliothek. Seto schien nach wie vor in seinem Hausbüro beschäftigt zu sein. Vorhin hatte er eine Kurznachricht auf dem Handy bekommen und seitdem schien er ein Telefonat zu führen. Mokuba und Serenity schienen noch nicht zu Hause zu sein, also schlenderte Joey zum Aufenthaltsraum für die Angestellten. An dem runden Tisch saß Touji und las Zeitung. Als er ihn sah legte er die Zeitung fort und stand auf. Joey gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass das nicht notwendig war. "Möchtest du irgendwo hin?", fragte Touji pflichtergeben. "Nein… nein.", antwortete Joey hastig, während er sich zu Touji an den Tisch setzte. "Warum bist du hier?" "Wo sollte ich sonst sein?", wollte Touji verwirrt wissen. "Keine Ahnung… bei deiner Familie?", gab der Blonde zurück. "Ich hab keine Familie.", gestand Touji ohne Reue oder Bedauern in der Stimme. "Jeder hat Familie!", wandte Joey zweifelnd ein. "Nein… nicht jeder!", erwiderte der Personenschützer mit einem sanften Lächeln. "Keine Eltern, Geschwister, Tanten, Onkel, Großeltern oder einen besonderen Menschen in deinem Leben… oder Kinder?", hakte Joey ungläubig nach. "Ich bin ein Waisenkind und… mit Beziehungen hab ich es nicht so…", gestand Touji schließlich ein. "Ich glaube, ich könnte so weit gehen zu sagen, dass meine Beziehung zu dir die längste ist, die ich je gepflegt habe." Mit großen Augen blickte Joey zu ihm und wusste nicht, ob er sich geschmeichelt oder verschreckt fühlen sollte. "Sorry, ich wollte dich mit dem dummen Spruch nicht erschrecken.", ruderte Touji zurück. "Nein, schon gut…", begann Joey zu grinsen, als ihm bewusst wurde, dass er überzogen reagierte. "Aber jetzt mal ernsthaft, warum bist du hier? Ich meine, ich werde heute ganz sicher nirgends mehr hingehen und es sind reichlich Leute im Haus… wie wär's, wenn ich dir für den Rest des Tages freigebe und du dich mit Freunden ein wenig amüsieren gehst?" "Du kannst mir nicht frei geben.", wandte Touji mit einer erhobenen Braue ein. "Und selbst wenn, würde ich bleiben und auf dich Acht geben." "Bitte sag mir jetzt nicht, dass du keine Freunde hast.", kam es entsetzt von dem Jüngeren. Touji musste auflachen. "Doch… Freunde habe ich…", gestand Touji verschmitzt grinsend. "Aber die sind auch alle gerade bei der Arbeit." "Aber du sitzt wegen mir nur hier rum und langweilst dich..", kam es leidlich von Joey. "Ach was… mach dir darüber keine Gedanken, Joey. Ich langweile mich nicht. Aber lieb, dass du dir Gedanken über mich machst.", erwiderte sein Personenschützer sanft. "Aber vielleicht gehst du mal den Kleinen retten…" "Den Kleinen?", fragte Joey nicht wissend, wen Touji meinen könnte. "Ja… Mokuba… er kam vorhin mit deiner Schwester hier vorbei und sie sind hoch… er war schwer beladen mit allerlei Tüten.", erklärte Touji. Da wurde Joey bewusst, dass er sich vorhin nicht verhört hatte. Er hob seine Augenbrauen und nickte. "Dann geh ich ihn mal retten.", lachte Joey, während er wieder aufstand und den Raum verließ. Als er oben ankam entschloss Joey sich noch einmal kurz in sein Zimmer zu gehen und sich etwas frisch zu machen. Nachdem er die Tür geöffnet hatte fiel sein Blick auf das in buntem Papier eingeschlagene Geschenk, welches irgendwer dort platziert hatte. Er nahm es in die Hand und war überrascht, wie leicht es war. Dann riss er das Papier auf und musste schmunzeln. In dem Papier war ein T-Shirt gewesen und er war sich sicher, dass es von Serenity kam. Immer wenn sie ihn in der Vergangenheit besucht hatte, hatte sie ihm ein Shirt geschenkt. Eines seiner absoluten Lieblingsshirts, ein weißes mit blauem Quadrat auf der Brust und blauen Ärmeln, war auch von ihr gewesen. Und dieses Neue gefiel ihm auch ganz gut. Also zog er sein aktuelles Shirt aus, warf es auf den nahen Stuhl und schlüpfte in das neue Shirt. Doch er musste feststellen, dass es ihm bei weitem zu groß war und er es kaum ausfüllte. Egal… er wollte es jetzt tragen. Joey wollte sich schon wieder der Tür zu wenden, als sein Blick auf sein Traumtagebuch fiel… der Skizzenblock, den er von Seto geschenkt bekommen hatte, um seine Schreckbilder aus seinen Albträumen darin zu bannen. Wieso lag es auf dem Boden? Er hob es auf und schlug zufällig die letzte Seite auf… sein… Selbstbildnis, wie er mit knirschenden Zähnen feststellte. Er wollte den Block schon wieder zuschlagen, als ihm etwas auffiel: Auf dem Bild seiner selbst waren hier und da kleine runde Flecken zu sehen. Dort hatte offensichtlich irgendeine Feuchtigkeit den Grafit verwischt. Sein Blick fiel auf das T-Shirt, dass er trug. Serenity musste in seinem Zimmer gewesen sein, nachdem sie mit Mokuba nach Hause gekommen war. Sicherlich hatte sie den Block gesehen und dann ihrer Neugierde nach gegeben. Er presste die Lippen fest aufeinander und spürte dann, wie Wut in ihm aufstieg. Er schlug den Block zu und eilte – ihn immer noch in der Hand haltend – aus seinem Zimmer in Richtung des Zimmers seiner Schwester. Ihre Tür stand ein wenig auf und als er herein kam erwischte er Serenity und Mokuba dabei, wie sie sich küssten. "Was…", kam es schockiert von Joey, wobei er nicht genau wusste, worüber er genau schockiert war. Erschrocken stoben Serenity und Mokuba auseinander und blickten ihn überrascht an. Mokuba stand auf und wollte sich erklären, doch Joey hob nur abwehrend die Hand. "Nicht jetzt Mokuba… ich muss da was mit meiner Schwester klären, also sei so gut und gönn uns ein wenig Privatsphäre.", schnauzte Joey, immer noch wütend. Geknickt wollte Mokuba schon das Zimmer verlassen, als auch Serenity aufsprang, ihn am Handgelenk festhielt und ihrerseits wütend zu Joey blickte. "Wie kannst du wagen, Mokuba aus meinem Zimmer zu werfen?", fauchte sie trotzig, da sie dachte, dass Joey mit ihr über den Kuss reden wollte. "Wie kannst du es wagen einfach in mein Zimmer zu gehen und dir Dinge anzuschauen, die nicht für dich bestimmt sind.", zischte Joey als Konter, während er sein Skizzenblock schwenkend hochhielt. Serenity erkannte ihren Irrtum und wurde etwas blass um die Nasenspitze. "Das… ich… ähm… ich wollte dir nur ein Geschenk auf das Bett legen.", versuchte sie sich zu erklären. "Ich hatte dir aber gesagt, dass du nicht in mein Zimmer gehen sollst, egal ob ich da bin oder nicht!", kam es energisch von Joey. "Jaha… das hast du und seit ich einen Blick da rein geworfen habe, ist mir auch klar geworden, warum ich das nicht soll.", keifte nun Serenity ihrerseits zurück, während sie ihm den Block aus der Hand riss und ihn kurz mit dem Daumen durchblätterte. "Du wolltest aufhören, mich außen vor zu lassen und mit mir reden.", warf sie ihm schließlich vor. "Da gibt es nichts zu reden… das ist nur mein Traumtagebuch!", fand sich Joey plötzlich selbst in der Defensive wieder und wusste nicht, wie er dahin gekommen war. "Es gibt da NICHTS zu reden?", fauchte Serenity zurück, während sie Joeys Selbstbildnis aufschlug und ihm entgegen hielt. "DAS hier sieht aber nicht so aus, als ob es nichts gäbe, worüber du reden solltest." Joey wollte ihr den Block wieder abnehmen, doch sie zog ihn ihm weg. "Gib mir den Scheißblock.", forderte Joey wütend. Da packte sie ihn plötzlich an seiner Hand und zog ihn in das angrenzende Badezimmer, in dem ein großer Standspiegel platziert war. Sie zog ihren großen Bruder vor den Spiegel. "Was… was soll der Scheiß… Lass mich los und gib mir den Block.", versuchte Joey sich zu wehren, doch Serenity stellte sich hinter ihn und deutete an ihm vorbei auf den Spiegel. "SCHAU!", schrie sie ihn förmlich an. Doch der Blonde versuchte sich direkt wieder vom Spiegel abzuwenden, was sie nicht zuließ, denn wie sie mittlerweile rausgefunden hatte, war sie ihm körperlich überlegen. "DU SOLLST SCHAUEN!", schrie sie ihn erneut an und er erstarrte in seiner Bewegung. Nur zögerlich folgte er ihrem Finger und blickte in den Spiegel. "DAS DA… DAS IM SPIEGEL… DAS IST MEIN BRUDER, DEN ICH ÜBER ALLES LIEBE!" Dann hielt sie mit der anderen Hand den immer noch aufgeschlagenen Block an ihm vorbei, so dass er sein Spiegelbild und sein Selbstportrait gleichzeitig sehen konnte. "Siehst du…", setzte sie dieses Mal sanfter erneut an. "Da im Spiegel ist nichts grotesk, entstellt, monströs, verdorben, verkümmert oder schmutzig." Ihre Stimme hatte einen Hauch von Verzweiflung. Es fiel Joey unglaublich schwer sein Spiegelbild zu betrachten. Ein brennender Schmerz entwickelte sich in seinem Inneren, während er seine Lippen wieder fest aufeinander presste. "Da ist mein starker, mutiger Bruder… der sich von nichts… NICHTS unterkriegen lässt.", versuchte sie ihm weiter Mut zu machen. Eine Träne löste sich aus Joeys Auge, die ihre Bahn über seine Wange zog. "B… Bitte… Schwesterchen…", begann er kaum hörbar zu flehen. "Lass mich…" Sie ließ den Block fallen und schlang ihre Arme von hinten um Joey und presste sich verzweifelt an ihn. Ihr Kopf auf seiner Schulter. "Niemals…", flüsterte sie ihm behutsam zu und auch aus ihren Augen drängten sich erneut Tränen. "Mag sein, dass du das Gefühl hast, so zu sein, wie du dich gezeichnet hast… aber diese Stimme, die dir das einredet, lügt dich an… Brüderchen." Beschämt ließ Joey seinen Kopf hängen und er legte eine Hand über sein Gesicht. Da spürte er auf einmal, dass noch jemand nah an ihn heran trat und ihn langsam umarmte. Schwarze Haare drängten sich gegen sein Gesicht. Er legte einen Arm um Mokuba. "Die Staatsanwältin hat alles getan, dir zu deinem Recht zu verhelfen und der Richter hat dir mit seinem Schuldspruch und sein Strafmaß doch bewiesen, dass du einen Wert hast… du bist nicht wertlos… bist nicht schmutzig… bist nicht alleine. Wir sind bei dir, stehen hinter dir, neben dir, vor dir… wir lieben dich… also bitte, Brüderchen… höre auf dich selbst zu hassen. Bitte!", flüsterte sie weiter. Joey zog seine Schwester vor sich und umarmte sie mit seinem zweiten Arm. Hatte sie Recht? Hasste er sich selbst? Irgendwo schon, oder? Ekel und Hass waren schon seit langem die vorherrschenden Gefühle, die er sich selbst gegenüber hatte. "Hör auf dich selbst zu hassen und hör auf, dich selbst zu bestrafen.", kam es nach einem langen Augenblick und Serenity blickte zu ihm hoch. Eine Träne tropfte von Joeys Gesicht auf ihres. Sie legte sanft eine Hand an seine Wange. "I… ich bestraf mich nicht selbst.", kam es mit brüchiger Stimme von dem Blonden. "Doch… das tust du… deshalb hast du solche Probleme mit dem Essen… ich weiß nicht, warum du dich auf diese Art und Weise bestrafst, aber du tust es.", erwiderte sie sanft. Forschend blickte er seine Schwester an und fragte sich, ob sie auch damit Recht hatte. Und wenn sie Recht hatte, wie sollte er sich aus seiner Selbstbestraffung befreien? Dann spürte er eine weitere Hand in seinem Rücken und als er über seine Schulter blickte sah er Seto, der seine Stirn an seine lehnte. Kapitel 90: Die Vorbereitung der Schlacht ----------------------------------------- Kapitel 90 – Die Vorbereitung der Schlacht "Er schläft jetzt.", kam es informativ von Seto, als er sich ins obere Wohnzimmer zu Serenity, Jack und Mokuba gesellte. "Das hat ihn sehr viel Kraft gekostet." "Das tut mir leid.", kam es beschämt von Serenity, die ihren Kopf hängen ließ und an ihrem knielangen Faltenrock rumknubbelte. "Dir muss nichts Leid tun, Serenity. Im Gegenteil… ich bin dir zu Dank verpflichtet.", meinte Seto, der sich neben sie setzte und eine Hand auf ihre Schulter legte. Nur zögerlich blickte sie zu ihm auf und sah ihn fragend an. "Kai und ich haben schon länger drüber gegrübelt, warum Joey dieses Problem mit dem Essen entwickelt hat. Aber das es eine Form der Selbstbestrafung sein könnte… ist uns nicht in den Sinn gekommen." "Vielleicht, weil ihr zu nah dran seid?", kam es einwenden von Jack. Seto bedachte den Amerikaner einen langen Moment und nickte dann bedächtig. "Möglich.", gestand er schließlich ein. "Wir sind wahrscheinlich dadurch etwas gehemmt, dass wir gesehen haben, in welchem Zustand er war, als wir ihn fanden. Daher versuchen wir oft den direkten Konflikt zu meiden, was nicht immer die beste Lösung ist." "Erzähl mir davon…", bat Serenity ihn auf einmal. Verwirrt blickte Seto sie kurz an und musterte sie. "Warum?", wollte der Jungunternehmer schließlich von ihr wissen. "Weil ich es wissen muss…", erklärte Serenity. "Bitte…" Seto blickte zu Jack. Doch auch er war von der Bitte seiner Tochter überrumpelt, also erzählte Seto ihr, wie das im Sommer war. "Ich war mit Tristan gerade in meinem Büro, als das Telefon klingelte.", begann Seto langsam zu erzählen. "Es war eine Angestellte des Putzservice, den du – Jack – für die Wohnung gebucht hast. Sie berichtete davon, dass die Wohnungstür ein Spalt weit offen wäre und jemand in der Wohnung sei. Wir machten uns sofort auf den Weg. Als wir ankamen fanden wir im Wohnzimmer auf dem Boden einen schmutzigen Mantel und sahen eine blutige Spur, die sich Richtung Schlafzimmer zog. Wir folgten ihr, bis wir erkannten, dass sie ins Badezimmer führten. Durch offene Tür sahen wir deinen Bruder am Boden liegen, übelst zugerichtet, dreckig, verletzt… Ich wollte sofort zu ihm, als Tristan mich aufhielt. Er überzeugte mich davon, dass es kontraproduktiv wäre, wenn ich zu diesem Zeitpunkt zu Joey gehen würde. Zuerst verstand ich es nicht, doch Tristan erklärte mir, dass Joey es vielleicht nicht ertragen könnte, wenn er wüsste, dass ich ihn so gesehen habe. Also zog ich mich ins Wohnzimmer zurück. Es vergingen ein paar Minuten, da hörte ich plötzlich einen panischen Schrei und ein Geräusch, als sei jemand hingefallen. Ich eilte hin, um nachzusehen, da sah ich, wie Joey sich zusammenrollte und Tristan ein Handtuch über ihn ausbreitete. Roland tauchte hinter mir auf und zog mich wieder ins Wohnzimmer zurück. Irgendwie ist Tristan durch Joeys Panik hindurch gekommen und nach einer Weile kamen sie beide aus dem Badezimmer, wobei Tristan sehr darauf bedacht war, deinen Bruder vor mir abzuschirmen. Sie gingen ins Schlafzimmer, wobei Tristan Joey mehr trug, als dass Joey alleine gehen konnte. Dort zog er ihm etwas an und dann trug er ihn zum Auto. Als wir hier ankamen wartete mein Hausarzt – Doktor Akari – bereits. Die Untersuchung und die Versorgung seiner Wunde dauerten fast drei Stunden. Immer wieder geriet Joey in Panik und wehrte sich gegen einzelne Untersuchungen. Schließlich wusch Tristan ihn und zog ihm etwas Frisches an. Dann gab Doktor Akari deinem Bruder ein Beruhigungsmittel und er schlief ein. Die erste Zeit war sehr anstrengend. Joey konnte nicht alleine bleiben, duldete aber nur Tristan bei sich. Nach einigen Tagen durfte dann Mokuba zu ihm… dann versuchte dein Bruder wie immer zu wirken, was ihn Kraft kostete, die er kaum hatte. Das erschöpfte ihn schnell, was dazu führte, dass er einschlief. Dann hatte er immer furchtbare Albtraume, aus denen er laut schreiend erwachte. Oft erkannte er nicht, dass er aufgewacht war und schlug panisch um sich. In solchen Momenten durfte nur Tristan bei ihm sein. Alle anderen mussten rausgehen, sonst bekam Joey Panik- und Tobsuchtsanfälle. Dank der Therapie, die er mit Kai macht, haben die Albträume langsam nachgelassen. Aber noch heute kommt es vor, dass er in der Nacht von einem Albtraum gequält wird. Solche Nächte sind kaum erholsam und der Tag, der auf so eine Nacht folgt, ist sehr anstrengend." "Tage, wie der heutige?", hakte Jack wissend nach. Seto bedachte ihn wieder mit einem langen Blick, bevor er nickte. "Ja… er hatte heute Nacht einen Albtraum… und es hat einen Moment gedauert, bis ich ihn beruhigen konnte.", antwortete Seto wahrheitsgemäß, während Mokuba betrübt den Kopf hängen ließ. "Wovon hat er geträumt?", wollte Joeys Vater wissen. "Er wollte nicht darüber reden… er zeichnete auf den Albtraum sein Selbstbildnis.", erklärte Seto sachlich. "Wie kam es zu dem Suizidversuch?", fragte Serenity mit brüchiger Stimme, denn sie hatte irgendwann während der Erzählung angefangen stumm zu weinen. Für sie war es unglaublich, durch was für eine Hölle ihr Bruder gegangen war. Was er ihr verschwiegen hatte. Es hatte eine ganze Weile und eine List gedauert, bis Joey sich dazu durchringen konnte, mit ihr zu telefonieren. Jetzt verstand sie warum. Er war davor einfach damit beschäftigt gewesen all die Scherben und kleinen Stücke wieder irgendwie zusammen zu setzen, damit er überhaupt irgendwie funktionieren konnte. "Zwei Detectives von der Mordkommission drängten auf ein Gespräch mit Joey.", begann Seto die Frage zu beantworten. "Wir konnten sie knapp zwei Wochen abwimmeln, doch dann bestanden sie gegen Doktor Akaris Anraten darauf ihn sehen zu wollen. Als sie dann in sein Zimmer stapften bekam Joey Panik und schloss sich in seinem Badezimmer ein. Einer der Detectives war ein antikes Relikt längst vergangener Zeit. Er meinte, dass man 'unseresgleichen' gar nicht vergewaltigen könne und Joey eine Woche lang rumgehurt sei, dass nun beruhigte und deshalb ein 'Märchen' erzählen würde." Seto musste eine Pause einlegen, da ihn die Erinnerung an das Folgende noch heute ungemein schmerzte und innerlich in Panik versetzte. Um ein Haar hätte er seine große Liebe wegen der altmodischen Ansicht eines Polizeibeamten verloren. "Joey hatte durch die Badezimmertür gehört, was der Mann sagte.", setzte Seto schließlich mit unsicherer Stimme fort. "Er war damals noch sehr unsicher und die Erlebnisse mit dem Schmerz noch zu frisch… Es war ein Glück, dass gerade in diesem Moment Doktor Akari dazu kam." Der Brünette sah, wie seine Hände anfingen zu zittern. Die Tränen konnte er nur mühevoll zurück halten. Da schoben sich plötzlich zierliche, kleine Hände über seine und hielten sie sanft fest. Als er aufblickte sah er in Serenitys braune Augen. "Ich danke dir, für alles was du für meinen Bruder getan hast.", kam es mit brüchiger Stimme von der jungen Frau, die sich zu einem Lächeln zwang. Seto nickte nur, da er seiner Stimme gerade nicht traute. "Ich bin so froh, dass du ihn so aufrichtig und mit vollem Herzen liebst… und sich Joeys Traum erfüllt hat." "S… Sein Traum?", kam es plötzlich überrascht von dem Jungunternehmer. "Hat er es dir nicht erzählt?", fragte Serenity, die jetzt einen amüsierten Unterton in die Stimme bekam. "Er schwärmt mir schon seit der ersten Klasse der Oberschule von dir vor." Seto war baff und blickte Serenity fassungslos an, während sein Unterkiffer herunter klappte. Jetzt kicherte auch Mokuba ein wenig. "Besteht noch die Gefahr, dass Joey es noch einmal versuchen könnte?", wollte Jack wissen, dem alles andere als zum Lachen zu Mute war. Mokuba schüttelte seine dunkle Mähne. "Nein!", antworte der jüngere Kaiba. "Joey hat es direkt bitterlich bereut, als er nach dem Versuch wieder zu sich kam. Und auf Anraten von Kai haben wir Yugi und den anderen dann von allem erzählt. Die haben dann eine Intervention gestartet. Das hat Joey zuerst den Boden weggezogen, doch unsere Freunde haben ihn aufgefangen und seitdem… wenn ihn etwas beschäftigt oder bedrückt redet er mit ihnen." "Das ist gut…", kam es erleichtert von dem Amerikaner. "Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Joey sich weiter selbst bestraft.", kam es auf einmal entschlossen von der jungen Brünetten. "Da sind wir alle deiner Meinung, Serenity, aber was schwebt dir vor?", kam es von Seto. "Du kannst ihn nicht zwingen… einerseits, weil er sich sonst erbricht, und andererseits, weil er schon zu oft zu etwas gezwungen worden ist." Alle versanken in nachdenklicher Stille. "Was wäre, wenn wir…", kam es von Mokuba, der aber sofort wieder abwinkte. "Ach ne, dass haben wir ja schon probiert." "Wir müssen die Verknüpfung lösen.", kam es plötzlich von Jack. "Er darf Essen nicht länger mit Bestrafung gleichsetzen. Also müssen wir auf ihn einwirken, wenn er isst. Wir müssen Essen wieder mit Genuss verbinden." "Wir haben in den letzten Wochen oft sein Lieblingsessen aufgetischt, aber mehr als einen viertel Burger schafft er einfach nicht.", klärte Seto auf. "Vielleicht sind die Burger zu groß.", warf Serenity nachdenklich ein und sprach eher zu sich selbst, als zu den anderen. "Das ist es.", meinte Mokuba, der enthusiastisch aufsprang und breit grinste. Alle blickten fragend zu ihm. "Nitty hat Recht, die Burger und Portionen sind einfach zu groß." "Zu große Burger?", wiederholte Jack ungläubig, während Seto einen merkwürdigen Ausdruck im Gesicht bekam. "Nitty?", kam es nicht verstehend von ihm. Mokuba wurde schlagartig rot im Gesicht. "Serenity.", erklärte der Schwarzhaarige verlegen, da ihm Serenitys Kosename herausgerutscht war. "Nitty?", wiederholte Seto nur fassungslos, der kein Idiot war und wusste, was es zu bedeuten hatte, wenn jemand einen Kosename verwendete. "Mich nennen daheim alle so.", versuchte Serenity die Situation zu retten. "Aha.", erwiderte Seto zweifelnd. "Aber es geht hier auch nicht um meinen Spitznamen, sondern um meinen Bruder.", versuchte die Brünette das Thema wieder auf das wirklich wichtige zu lenken. Und tatsächlich funktionierte das Manöver, denn Seto nickte und wand seinen Blick von seinem kleinen Bruder ab. "Also kleinere Burger und Portionen?", griff Seto mit zweifelndem Tonfall die Idee wieder auf. "Mini-Burger mit Pommes und einer Mini-Apfeltasche… so dass man halt nur zwei Bisse wenn überhaupt braucht, um sie zu essen.", spann Serenity weiter. "Genau, ein Happs und sie sind weg. Und eh man sich versieht hat man zehn davon verputzt.", griff Mokuba den Faden von Serenity auf und führte ihn fort. "Dann sollten wir mal mit Takeaki sprechen.", kam es entschlossen von Seto. "Takeaki?", kam es fragend von Serenity. "Unserem Koch!", erwiderte Seto mit einer solchen Selbstverständlichkeit, als wäre es doch logisch, dass ein Mann mit dem Namen Takeaki nur ein Koch sein konnte. "Das erklärt einiges.", erkannte Serenity auf einmal ihren Fauxpas, da sie zwar schon seit einer Woche hier Mahlzeiten einnahm, aber nie jemand für deren Zubereitung gesehen hatte. Seto zog sein Handy aus der Hosentasche, wählte den Hausanschluss und bat dann seinen Koch zu ihnen, um mit ihm das Essensproblem weiter zu beratschlagen. Kapitel 91: Tränen des Glücks ----------------------------- Kapitel 91 – Tränen des Glücks Als Joey langsam aus der Dunkelheit seines Bewusstseins wieder auftauchte nahm er als erstes eine vertraute Nähe wahr, die ihn umgab und ihm sagte, dass alles in Ordnung und er in Sicherheit sei. Dann schob sich ein Geruch in sein erwachendes Ich, welcher er auch gut kannte. Es war der betörende Duft seines Geliebten. Das nächste, was er bewusst wahrnahm war, dass er in einem Arm lag und jemand ihn im Nacken kraulte. Für einen Moment brummte er auf und klang dabei wie eine schnurrende Katze. Nur langsam öffnete er seine Augen und blickte in die Saphire des Mannes, den er schon immer geliebt hatte und von dem er nie gedacht hatte, dass er auch etwas für ihn empfinden könnte. Doch er hatte sich geirrt und darüber war er mehr als froh. Langsam beugte sich Seto zu ihm und legte seine Lippen auf die von Joey. Dieser war davon überrascht. Normalerweise küsste Seto ihn nicht im Bett, nachdem Joey einmal extrem darauf reagiert hatte. Doch dieser Kuss, hier und jetzt, fühlte sich gut… fühlte sich richtig an und Joey lehnte sich in den Kuss, schloss die Augen wieder ein Stück und genoss die Zärtlichkeit seines Freundes. "Wie fühlst du dich?", fragte Seto, nachdem ihr Kuss geendet hatte. "Besser.", antwortete Joey. "Wie lange habe ich geschlafen?" "Nicht lange… vielleicht zwei Stunden?", gab der Brünette sanft zurück. Ein Knurren durchzog die Stille und auf Joeys Wangen zog ein Rotschimmer auf. Gerade als er seinen Blick verlegen senken wollte küsste Seto ihn ein weiteres Mal. Die Scham verschwand schlagartig aus Joeys Gedanken und er spürte nur eine unglaublich einnehmende Liebe in sich. "Die anderen haben Abendessen vorbereitet…", erklärte Seto leise, als sie sich erneut trennten. Joey versuchte zu lächeln, aber tatsächlich wünschte er sich, irgendwie um ein gemeinsames Essen herum zu kommen. Es war nicht so, dass er nicht gerne mit den anderen zusammen war… aber Essen… 'Hör auf dich selbst zu bestrafen', hallte Joey Serenitys Worte durch den Kopf. Wieder versank er in Gedanken. Hatte sie Recht? Früher… bevor er 'aufgeflogen' war hatte er eigentlich sehr gerne und bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegessen. Okay, das lag auch daran, dass er Zuhause selten etwas Essbares fand und nicht immer Geld hatte sich etwas zu kaufen. Aber er hat mit Genuss gegessen und sich nie davor geekelt. Im Gegenteil, er hatte sich auf jede Mahlzeit gefreut, wie ein Schneekönig. Doch seit dem Sommer war es anders… vieles war seitdem anders. Er hatte schon vor der Entführung angefangen weniger zu essen… kurz nachdem er bei einer Panikattacke, ausgelöst durch den Brief des Jugendamtes, Seto alles offenbart hatte, was dieser niemals erfahren sollte. Joey hatte sich damals so sehr geschämt, dass er Seto nicht einmal länger als ein paar Sekunden in die Augen schauen konnte ohne anzufangen zu weinen. Auf einmal traf es den Blonden, wie ein Donnerschlag. Seine kleine Schwester, die ihn seit seinem Aufwachen aus dem Koma nicht mehr gesehen hatte, hatte gerade einmal eine Woche gebraucht, um zu erkennen, was los war. Sie hatte erkannt, woran sich Seto, Kai und er selbst die Zähne ausgebissen hatte: Es war eine Selbstbestrafung. Er hatte damals angefangen sich dem Genuss zu verwehren, weil er sein Geheimnis nicht hatte bewahren können. Nach der Woche im Sommer bestrafte er sich dafür, dass Robert seinetwegen gestorben war und er Osachi unterlegen gewesen war und dass er diesen Deal mit dem Oyabun eingegangen war. Jeder einzelne Punkt war ein Ausdruck seines ganz persönlichen Versagens… so empfand es Joey zumindest. Doch wie sollte er diesem antrainierten Verhalten entkommen? Sein Körper reagierte mittlerweile ganz automatisch auf den Reiz des Essens. Alleine bei dem Gedanken etwas zu essen zog sich sein Magen schmerzlich zusammen und ein Übelkeitsgefühl entstand. Wenn er dann wirklich was aß musste er ganz bedächtig sein, denn auch nur einen Bissen zu viel und er würde sich übergeben. "Hey… worüber denkst du nach?", kam es behutsam von Seto. Joey lächelte nur seicht und schüttelte den Kopf. "Nichts Wichtiges… komm, lass uns aufstehen, bevor die Quälgeister noch Suchtrupps schicken.", scherzte der Blonde sanft. Seto zog ihn noch ein weiteres Mal in einen sanften Kuss. Dieser dauerte etwas länger, als die beiden vorangegangenen. Doch als sie sich von einander lösten konnte Joey sein Herz wild schlagen spüren. Sein Bauch fühlte sich an, als würden tausend Schmetterlinge gleichzeitig mit ihren Flügeln schlagen. Er war glücklich. Einfach glücklich, dass sich sein Traum mit Seto erfüllt hatte. Als sie in die Küche kamen waren Jack, Serenity und Mokuba schon fertig mit dem Vorbereiten des Abendessens. Serenity kam sofort auf Joey zu und umarmte ihn herzlich. Auch der Blonde schlang seine Arme um seine Schwester und küsste sie auf das Haar. Schließlich lösten sie sich von einander und die Brünette zog ihn zum Esstisch. Gerade als er sich hinsetzte servierte ihm Jack einen Teller auf dem ein Hamburger mit Pommes lag, aber… das war k ein normaler Hamburger. Er blickte fragend zu seinem Dad auf und dieser lächelte sanft, während er eine Hand auf die Schulter seines Sohnes legte und nur ermutigend nickte. "Was… was ist das?", fragte Joey verwirrt. "Abendessen.", kam es vergnügt von Serenity, die gerade zwei weitere Teller auf den Tisch stellte, auf denen exakt die gleichen Mini-Burger lagen. "Von wem? Von Liliputaner?", hakte der Blonde ungläubig nach. "Nein…", kam es nun von Mokuba, der eine größere Servierplatte in die Tischmitte stellte. Auf ihr Türmten sich einige Mini-Burger. "Nur uns ist aufgefallen, dass wir in letzter Zeit immer reichlich wegwerfen, weil unsere Portionen zu groß sind. Also haben wir sie kleiner gemacht. Das hat den Vorteil, dass wir alles was wir nicht packen einfrieren können und besser dosieren können, wie viel wir von was essen." Mit einer skeptischen Braue musterte Joey den Schwarzhaarigen ausführlich. "Aha…", war alles was er dazu sagen konnte. Doch dann setzten sich alle an den Tisch und begannen ihre Mini-Burger und die Fritten zu essen. Was eben noch wie ein Witz gewirkt hatte schien tatsächlich ernst gemeint zu sein. Joey betrachtete sich den Burger, der vor ihm auf dem Teller lag genauer. Er sah aus wie die Standardversion, nur dass er ungefähr nur ein Viertel der Masse ausmachte. Er nahm den Burger hoch und nach einem Biss war er schon zum Großteil verschwunden. "Hast du schon deine Präsentationsmappe angefangen?", fragte Jack plötzlich und Joey blickte auf, ohne im ersten Moment zu wissen, wovon sein Dad sprach. "Für die Uni-Bewerbungen." "Oh… ähm… nein noch nicht, ich sammle noch Motivideen.", antwortete Joey, nachdem er endlich gecheckt hatte, was Jack wissen wollte. "Wenn du möchtest, können wir uns ja mal zusammen hinsetzen und ein Brainstorming machen.", schlug der Amerikaner vor. Stimmt ja, ging es Joey durch den Kopf. Jack hatte ihm ja erzählt, dass er selbst einmal Kunst studiert hatte. Also nickte Joey mit einem dankbaren Lächeln, dass sein Dad ihn von seinem Erfahrungsschatz profitieren ließ. Auf einmal löste sich eine Träne aus Joeys Auge und lief ihm über die Wange. Eilig strich er sie sich weg. "Brüderchen?", kam es sofort besorgt von Serenity. Doch Joey winkte nur lächelnd ab. "Alles gut… ich bin nur… glücklich.", kam es von dem Blonden, der davon selbst mehr als überrascht schien. Serenity lächelte ihn an und zog ihn in ihren Arm, während sie sich an ihn drückte. Sie schien zu spüren, dass es wirklich die Wahrheit war. Joey war glücklich, denn zum ersten Mal in seinem Leben bekam er einen Eindruck davon, was es hieß, Fürsorge von einem Vater zu bekommen ohne, dass dieser etwas von ihm erwartete oder verlangte. Ihm bei etwas behilflich war, weil er ihm helfen konnte. Das war ein unglaubliches Gefühl und es löste eine weitere Träne aus, die Joey dieses Mal aber laufen ließ. Kapitel 92: Auf Kreativsafari ----------------------------- Kapitel 92 – Auf Kreativsafari Joey kam in sein Zimmer, in dem das Bett schon aufgeschlagen war und Seto in ihm saß und etwas lass. Erschöpft ließ sich Joey auf das Bett fallen und atmete lautstark aus, als sei er einen Marathon gelaufen. "Wie ist es gelaufen?", fragte Seto mit einem Schmunzeln. "Ich glaub, ich war noch nie sooo produktiv wie heute.", antwortete Joey erschöpft, aber glücklich. Als Joey aufgestanden war dachte er noch, dass es ein ganz normaler Tag werden würde und er ein wenig Zeit mit Serenity am Pool verbringen würde. Mit ihr mal ein wenig über Mokuba und ihre Gefühle zu ihm sprechen könnte. Doch als er sie beim Frühstück, zu dem es Mini-Pancakes gab, fragte, lehnte sie ab und lächelte ihn breit an. Als hätte sie geahnt, dass er mit ihr so ein typisches Bruder-Schwester-Gespräch führen wollte. Gerade als er anfangen wollte, sie davon zu überzeugen seiner Bitte doch entgegenzukommen hatte sich Jack eingeklinkt und ihn gefragt, ob er ihn heute begleiten würde. Joey hatte ihn gefühlt eine halbe Ewigkeit angeschaut und dann zugestimmt. Als er fragte, wohin es gehen sollte, hatte Jack ihn sanft angelächelt und gemeint, dass er das noch sehen würde. Ein mulmiges Gefühl hatte sich bei Joey breit gemacht und er hatte sich im ersten Moment gefragt, ob es ein Fehler gewesen war, zuzustimmen. Ein Bild aus dem Sommer drängte sich kurz hoch, als er mit Osachi zum Gericht fahren wollte. Mental schüttelte er den Kopf. Sein Dad war weder Osachi, noch das Monster, von dem Joey 17 Jahre lang geglaubt hatte, es sei sein Vater. Jack… konnte er vertrauen… sicher? Ganz sicher. Serenity stand auf, gab ihm einen Kuss auf die Wange und meinte, dass Mokuba sie ins Kino eingeladen hatte. Noch ehe Joey etwas sagen konnte, verschwand sie mit einem Lächeln aus der Küche. Der Blonde schaute seiner kleinen Schwester nur kurz ratlos hinterher. Er hatte nicht einmal mit ihr gesprochen… über die Gefahren der Liebe und so. Mental klatschte er sich für diesen Gedanken an die Stirn. Ohne es zu merken hatte er sich ein halbes Dutzend Mini-Pancakes einverleibt und sein Glas Orangensaft ausgetrunken. Als er zu Seto und Jack sah grinsten diese ihn stolz an. "Waff?", hatte Joey mit vollem Mund gefragt. Doch beide winkten auf einmal ab und widmeten sich ihrem eigenen Frühstück. Schließlich war Jack aufgestanden und hatte ihn gefragt, ob er bereit wäre. Joey stopfte sich gerade den neunten Mini-Pancake in den Mund und nickte. Während er aufstand nahm er noch einmal einen kräftigen Schluck von seinem Kaba. Dann folgte er seinem Dad, der ihn zur Haustür führte und bat, dass er sich bitte Schuhe anziehen sollte. Etwas unsicher war er der Bitte seines Dads gefolgt und in seine Turnschuhe geschlüpft. Dann blickte er zu Seto, der mitgekommen war und fragte ihn, ob er sich nicht auch Schuhe anziehen wollte. Doch Seto hatte nur sanft gegrinst und den Kopf geschüttelt. Er habe noch was zu tun, hatte er gemeint, bevor er Joey einen liebevollen Kuss gab und ihm einen schönen Tag wünschte. Dann hatte sich sein Freund abgewandt und war zu seinem Hausbüro gelaufen. Verunsichert und etwas verzweifelt hatte Joey ihm hinterher geblickt. Er sollte nach da draußen… ohne Seto? Doch dann trat Touji aus dem Aufenthaltsraum für Bedienstete und nickte ihm zu. Etwas Ruhe kehrte wieder in den Blonden. Dann drehte er sich zu Jack, der bereits an der Haustür stand und darauf wartete, dass Joey soweit war, die Villa zu verlassen. Als der Amerikaner erkannte, dass es soweit war öffnete er die Tür und ließ Joey mit Touji vorgehen, bevor er selbst folgte. Vor dem Haus stand ein Wagen für sie bereit. Nur zögerlich wollte Joey hinten einsteigen, als sein Dad ihn bat auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Wieder hatte Joey ihn verwundert angeschaut. Er war es nicht gewohnt vorne zu sitzen. Doch er nickte und kam auch dieser Bitte nach. Kaum hatte er sich angeschnallt stieg auch Jack ein und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Touji war hinten eingestiegen. Als Joey sich zu Touji umwandte sah er auf einmal, dass auf dem Rücksitz ein Schwung neuer Skizzenblöcke mit verschiedenen Merkmalen lag und eine Art Nähkorb, den man auseinander ziehen konnte. Was zum… Noch bevor er etwas fragen oder sagen konnte fuhr Jack los und Joey klammerte sich an den Haltegriff auf seiner Seite, denn der Amerikaner fuhr wie eine gesenkte Sau an. Für einen Moment befürchtete der Blonde, dass sie Bekanntschaft mit dem Tor des Anwesen machen würden, doch Jack bremste gekonnt. Nachdem das Tor aufgegangen war fuhr Jack auf die Straße und fädelte sich auf der Gegenspur ein. "Jack… in Japan herrscht Linksverkehr.", kam es mit einer leichten Spur von Panik von Touji. "Oh… stimmt.", kam es nur nüchtern von Jack, der die Fahrbahnseite wechselte und nun richtig fuhr. Dennoch hatte er noch eine gute Geschwindigkeit drauf. Jack fuhr mit Joey durch die Stadt, hielt immer wieder an bestimmten Gebäude und Plätze, sowie an dem Park, in dem er damals Joey zum ersten Mal angesprochen hatte, an. Jedes Mal stiegen sie aus und Jack suchte einen Punkt, von dem man einen besonders guten Blick auf das Objekt hatte, vor dem sie standen oder in dem sie sich befanden. Dann reichte er ihm einen Skizzenblock und klappte das Nähkörbchen auf, nur dass kein Nähzeug darin war. Es war voll mit Bleistiften, Kreide, Grafit, einer Ölfarbenpaletten, einem Aquarellkasten, verschiedenen Pinsel, Unmengen verschiedenartiger Radiergummis und Anspitzer, sowie einem kleinen Messer, Lineale, Marker und Holzbuntstifte. Er selbst hatte sich auch einen Block genommen und hatte einfach losgezeichnet. Dadurch motiviert hatte auch Joey schließlich alles Mögliche zu Papier gebracht. Gebäude, Umgebungen, Personen, Situationen oder Fantasiegestalten. Dann fuhr Jack mit ihm zur Küste. Hielt immer wieder an den verschiedensten Punkten, zunächst am Strand, dann später an der Küstenstraße die Klippen hinauf. Nach einigen Zwischenstopps kamen sie schließlich auf einem Berg an, der eine wundervolle Aussicht über Domino City bot. Dieser Ausblick… schrie gerade zu danach, dass Joey ihn festhielt. Als sie so alleine da oben waren flammte ganz kurz noch einmal Angst in Joey auf. Doch dass sein Dad gerade voll konzentriert am Skizzieren war und Touji neben ihm Position bezogen hatte ließ die Angst sofort im Keim ersticken. Noch einmal musste Joey sich mental ins Gedächtnis rufen, dass Jack nicht das Monster von Vater war, bei dem Joey so lange gelitten hatte. Als hätte Jack gespürt, was in seinem Sohn vorging, hatte er zu ihm aufgeschaut und auf seine typische, amerikanische Art angelächelt, bevor er ihm eine Hand an die Wange legte und ihn in seinen Arm zog. Durch die Wärme und Nähe, die ihm auf so eine bis dahin völlig unbekannte Art entgegen gebracht wurde, verschwand die Angst wieder dort, wo sie her gekommen war und Joey lächelte seinen Dad glücklich an. Auf dem Rückweg fuhr sein Dad in ein Familienviertel, in dem die Straßen von freistehenden Ein-Familien-Häuser gesäumt wurden. Jedes Haus hatte eine andere Farbe. Auch das lud den Blonden ein, sie zu zeichnen. Wie sie so da saßen und die Häuser skizzierten meinte Jack irgendwann, dass er damals, bevor seine Mutter sich von ihm getrennt hatte, in Erwägung gezogen hatte eines dieser Häuser zu sie zu kaufen. Er betonte, wie gerne er hier geblieben wäre und mit ihr, sowie ihm und Serenity ein gemeinsames Leben gehabt hätte. Joey hatte aufgeschaut und keinen Zweifel daran gehabt, dass sein Dad das wirklich so meinte, wie er es erzählte. Dann blickte der Blonde wieder die Häuser entlang und sinnierte darüber, wie viel anders sein Leben wohl verlaufen wäre, wenn damals alles etwas anders gelaufen wäre. Schließlich fuhren sie zum großen Tiergarten von Domino City. Joey war nur einmal zuvor hier gewesen, im Rahmen eines Schulausfluges. Beinahe hätte er damals nicht mitgekonnt. Er hatte über die Ferien zwei Jobs gehabt, um sich das Geld für diesen Tagesausflug zusammen zu sparen. Doch zwei Abende vor dem Ausflug hatte sein Vater sein Geld gefunden und… in die nächste Spielstube der Yakuza getragen. Doch einer von Joeys Arbeitgeber war so zufrieden mit seiner Arbeit gewesen, dass er ihm einen großzügigen Bonus gezahlt hatte. Eigentlich hatte der Blonde damals zur Abwechslung seine Freunde im Park zum Futtern einladen wollen… doch dank seinem Vater konnte er sich diese Großzügigkeit dann nicht leisten. Doch all das spielte keine Rolle mehr. Mit Jack ging er von Gehege zu Gehege, blieb bei interessanten Tieren stehen und zeichnete oder malte sie. Sie wanderten durch das Affenhaus, sowie die große Voliere mit den exotischen Vögeln, wagten sich durch das Reptilienhaus, bis sie endlich im Aquarium des Zoos ankamen. Dort bekam Joey einen Blick auf die Meerestiere, die er sonst wohl nur beim Schnorcheln oder Tauchen erhascht hätte… wenn er sowas denn gekonnt hätte. "Wo wart ihr denn?", fragte Seto neugierig, während Joey ein wenig zu ihm ran rückte. "Ich glaube,… überall.", kam es erschöpft von dem Blonden. Seto klappte sein Buch zu und legte es zur Seite auf den Nachttisch. Dann rutschte er zu seinem Geliebten, nur um festzustellen, dass dieser bereits selig schlief. Ein Schmunzeln huschte über das Gesicht des Jungunternehmers. Dann schob er Joey etwas mehr und richtiger ins Bett, bevor er ihm vorsichtig die Hose auszog. Dann schob er ihm das durchgeschwitzte T-Shirt nach oben und hob es über den Kopf. Als das geschafft war deckte er ihn zu und legte sich neben den Blonden. Kaum lag Seto rutschte Joey im Schlaf an ihn ran und kuschelte sich eng an ihn. Wohlig brummte der Blonde auf, während ein weiteres Schmunzeln auf Setos Gesicht entstand. Dann löschte er das Licht und zog Joey noch etwas näher an sich, während er einen Arm um ihn legte. Kapitel 93: Familienausflug --------------------------- Kapitel 93 - Familienausflug Joey saß im Wintergarten und ging gerade seine Zeichnungen, Skizzen und Bilder von der Kreativsafari durch. Er hatte drei Blöcke fast voll bekommen. Dabei hatte er darauf geachtet, dass er einen Block für Gebäude und urbane Umgebungen, einen zweiten für natürliche Umgebungen und Tiere und den dritten für Skizzen und Portraits von Menschen verwendet hatte. "Die sehen ja fantastisch aus.", kam es begeistert auf einmal von seiner Schwester. Er sah auf und dann skeptisch wieder auf die gerade aufgeschlagenen Bilder. "Findest du?", kam es selbstkritisch von Joey. "Du bist echt wahnsinnig talentiert.", lobte Serenity ein weiteres Mal. Er blickte lächelnd zu ihr auf, bevor er neben sich auf die Rattancouch klopfte und ihr signalisierte, dass sie doch neben ihm Platz nehmen sollte. "Was hältst du von einem Bruder-Schwester-Tag?", fragte er sie sanft. Sie begann glücklich zu lächeln und nickte. "Nur wir beide?", fragte sie. "Wenn du das so möchtest…", erwiderte der Blonde. "Aber, wenn du Mokuba mitnehmen möchtest, ist das auch okay." "Nur wenn du Seto mitnimmst und Dad könnte uns auch begleiten?", wandte sie ein. Joey nickte. Zwar hatte er sich das nicht so vorgestellt, aber er wollte einfach, dass seine Schwester noch ein paar letzte schöne Tage in Japan hatte, bevor sie wieder zurück nach Amerika fliegen würde. "Supi…", freute sie sich und wirkte auf einmal wieder, wie die kleine Schwester, die er kannte und nicht wie die halb erwachsene Frau, die sie schon war. "Und wo gehen wir hin?" "Ich hab da vorgestern, als ich mit Dad unterwegs war, einen Jahrmarkt auf der Promenade am Strand gesehen… da gab es einige Fahrgeschäfte… wenn du magst…", schlug Joey vor. Tatsächlich hatte er auch von diesem Jahrmarkt eine Zeichnung auf seinem Block. Serenity quietsche freudig und Joey interpretierte diesen Laut als Zustimmung. Er klappte seine Blöcke nach und nach zu und räumte seine Zeichenmaterialien in das Nähkästchen, wie er den Koffer weiterhin nannte, den sein Dad ihm nach der Safari geschenkt hatte. Währenddessen sprang seine Schwester enthusiastisch auf und begann durch das Haus zu laufen und alle von ihrem neuen Tagesplan zu berichten. Keine Stunde später parkte Fuguta den Wagen am Pier und sie stiegen aus dem großzügigen Oberschichtwagen aus: Seto mit Joey, Mokuba, der Serenity half, sowie Jack und Touji, der immer noch Joeys ständiger Schatten war. Laute Musik und eine Vielzahl von leckeren Gerüchen zog vom Jahrmarkt zum Parkplatz herüber und Serenity schwang sich an Joeys Arm. "Es ist schon furchtbar lange her, dass wir zwei auf so einem Jahrmarkt waren.", meinte sie und man konnte ihr die Freude regelrecht ansehen. "Ja… das stimmt.", kam es bedauernd, aber lächelnd von dem Blonden, er sich noch einmal umwandte, um sich zu vergewissern, dass Touji auch wirklich in seiner Nähe war. Obwohl alle Mitglieder der Yakuza zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren, fühlte sich Joey immer noch nur dann sicher, wenn Touji auf ihn aufpasste. Dann liefen sie gemächlich zum Eingang des Jahrmarktes, der tatsächlich auf einem Pier errichtet worden war. Sie bezahlten den Eintritt, wobei Joey sein Gehalt dazu nutzte alle einzuladen und dann strebte bereits Mokuba zur ersten Bude, der einem ein gigantisches Stofftier versprach, wenn man mit Dartpfeilen eine gewisse Anzahl an Luftballons zum zerplatzen brachte. Natürlich wollte sich der Schwarzhaarige unter Beweis stellen und für Serenity ein Plüscheinhorn gewinnen. Serenity feuerte ihn eifrig an und nach fünf Durchgängen hatte er es geschafft: Er hatte genügend Punkte gesammelt, die er dann für das rosa Plüscheinhorn im XXL-Format einlösen konnte. Serenity freute sich sehr über das Geschenk und drückte es fest an sich, während sie Mokuba ein Küsschen auf die Wange drückte. Dann zog Serenity ihn zur ersten Fressbude, an der es kandierte Äpfel gab. Dieses Mal gab sie ihm einen aus. Während die beiden immer wieder von links, nach rechts und Bude zu Bude liefen schlang Seto einen Arm um Joeys Schultern. Dieser blickte ihn erschrocken an. "Hm?", wollte Seto mit einem liebevollen Lächeln wissen "Wir… wir sind nicht zu Hause.", flüsterte Joey seinem Geliebten zu. "Na und?", konterte Seto kess. "Was spielt es für eine Rolle wo wir sind?" "Aber… du bist eine Person des öffentlichen Lebens… wenn es einem gelingt von uns ein Foto zu machen, könnte das in der Zeitung landen und deinen Ruf…", versuchte Joey zu argumentieren, als Seto abrupt stehen blieb, den Blonden zu sich drehte und ihn küsste. Es war ein langer, intensiver Kuss. Seto wusste, dass es riskant war Joey unvorbereitet auf diese Art und Weise zu küssen. Noch immer bekam der Blonde manchmal - und immer seltener - beim Küssen einen Flashback. Doch als sie sich voneinander wieder lösten lächelte Joey ihn einfach nur glücklich an. "Sollen sie doch… das ist mir egal, solange du an meiner Seite bist.", entkräftete Seto jedes voran angebrachte Argument des Blonden. Der Lächelte, von dem Kuss in die Wolken gehoben, weiterhin glücklich. Dann verschränkte er seine Finger mit denen seines Geliebten, während er sich mit dem Kopf an dessen Schulter anlehnte und sie weiter schlenderten. "Sag mal… kommt es mir nur so vor oder entwickelt sich da etwas zwischen deiner Schwester und meinem Bruder?", fragte Seto fast beiläufig. "Nope.", kam es flapsig von Joey. "Du irrst dich nicht… vor ein paar Tagen hab ich sie beim Knutschen erwischt." "WAS?", entfuhr es leicht geschockt dem Jungunternehmer. "Wann?" "Na am Sonntag… nachdem sie unterwegs waren und Serenity mir das neue Shirt geschenkt hatte." "Echt jetzt?", fragte Seto ungläubig nach und Joey nickte nur. Als sie an das Kettenkarussell kamen löste sich Serenity ein wenig von Mokuba und sprang zurück zu Joey. Sie ergriff seine Hand und deutete auf das Karussell. "Fahr das mit mir… bitte!", bat sie ihren älteren Bruder. Der blickte auf das Karussell und dann kritisch zu seiner Schwester. "Meinst du nicht, dass wir beide dafür schon zu alt sind?", fragte er. Doch Serenity schüttelte nur den Kopf. "Dafür kann man nie zu alt sein.", erwiderte sie enthusiastisch, bevor sie ihn von Seto weg und zum Kartenhäuschen zog. Wenige Minuten später saßen sie in den Schaukelsitzen, die an den Ketten mit dem oberen Teil des Karussells befestigt waren, und dann ging es los. Es dauerte einen Moment, doch dann gab sich Joey dem fabelhaften Gefühl hin, dass das Karussell in ihm auslöste. Wie seine Schwester grölte auch er bei jedem Mal, wenn der Korb auf Grund der Drehbewegung hier und da ein Stückchen absagte. Als sie aus dem Karussell kamen war Joey wie ausgewechselt. Seto war erstaunt, als Joey ihn an der Hand packte und weiter zog, bis sie vor der Achterbahn standen. Mit breitem Grinsen nickte er energisch, als Seto sich das Fahrgeschäft skeptisch besah und nicht wusste, ob das Joeys Ernst war. Doch spätestens als ihn Joey zum Ende der Schlange zog wusste er, dass es der Ernst seines Geliebten war. Mokuba und Serenity folgten ihrem Beispiel und wollten sich das Adrenalinspektakel entgehen lassen. Die wilde Fahrt wurde durch ein Foto, welches gemacht wurde, als die Waggons an der höchsten Stelle in den freien Fall übergegangen waren, gekrönt. Damit das Adrenalin die Gelegenheit hatte, sich wieder etwas abzubauen bestiegen sie als nächstes die große Schiffsschaukel, in die sie auch Jack mitzogen. Doch als die Schaukel sich mehrfach überschlug, wurde ihnen bewusst, dass das nicht das richtige gewesen war um sich zu beruhigen. Aber wer wollte sich schon beruhigen? Sie hatten einfach nur Spaß, so wie früher. Da sie nun also aufgegeben hatten das Adrenalin wieder auf Normallevel fallen zu lassen strebte die Gruppe schließlich zum Free Fall Tower. Serenity schüttelte heftig den Kopf. "Nein... da kriegt ihr mich nicht hoch.", meinte sie nur, während sie weiter ihr langes, braunes Haar schüttelte. "Ist okay.", kam es sanft lächelnd von Mokuba, der vorsichtig nach ihrer Hand griff. "Ich bleib bei dir hier unten." "Seid ihr sicher?", fragte Joey, mit einem leicht provozierenden Unterton und einem fetten Grinsen im Gesicht. "Das ist eine der tollsten Attraktionen überhaupt." "Nein! Du kriegst mich da nicht hoch.", beharrte Serenity weiterhin. "Ich bleib auch hier unten.", kam es sanft on Jack. "Wir setzen uns dort drüben mal hin und bestellen schon mal etwas zu essen und zu trinken, während wir euch beim Runterfallen zuschauen." "Okay.", nickte der Blonden den drei zu und zog dann Seto mit sich, der nicht sehr glücklich wirkte. Aber er sagte nichts und ließ sich mitschleifen. Es war schön seinen Freund endlich wieder so befreit und lachend zu sehen. Doch fünf Minuten später, als sich der Haltegriff über seinen Kopf nach unten bewegte und ihn auf dem Sitz einklemmte, bereute er seine Opferbereitschaft. Dann wurden sie langsam an dem senkrechten Turm hochgezogen. Joey hielt seine Hand. Schließlich waren sie ganz oben und die Aussicht war fantastisch und im nächsten Moment wurde die Sperre gelöst und sie sausten im freien Fall Richtung Erdboden. Seto war sonst sehr stolz auf seine Selbstbeherrschung, aber in diesem Moment entfuhr ihm ein entsetztes 'Oh Scheiße!'. Nach zwei Durchgängen gesellten sie sich wieder zu ihren jüngeren Geschwister und Jack. Joey hätte am liebsten noch mal gewollt, doch in Anbetracht, dass Seto kaum stehen konnte, weil seine Beine total weich waren, hatte er sich doch mit dieser einen Fahrt begnügt. Und Seto war dafür dankbar. Sie saßen eine halbe Stunde am Tisch im Freien und teilten sich eine Pizza. Joey hatte aus seiner Umhängetasche einen Block gezogen und skizzierte einige Eindrücke der vergangenen Stunden und das hektische Treiben der Leute um sie. Nachdem sie die Pizza vertilgt hatten und selbst Joey sich ein Stück genehmigt hatte zogen sie weiter und auf einmal quietschte seine Schwester wieder entzückt auf. Vor ihnen lag ein Autoskooter. Also schnappten sie sich jeder ein Autoskooterwagen und dann versuchten sie sich gegenseitig aus dem Weg zu boxen. Nachdem sie sich da eine Weile vergnügt hatten schlenderten sie weiter, nicht ohne dass sich Serenity und Mokuba eine Zuckerwatte teilten. Sie waren fast fertig mit ihrem Rundgang über den Jahrmarkt, als dieses Mal Mokuba aufgeregt auf eine Fahrattraktion deutete: die Geisterbahn. Serenity sah ihn fragend an, doch er lächelte sie einfach nur an und zog sie dann mit zum Einstieg. Joey blickte zu Seto und dieser lächelte nur, bevor er nickte und sie den Jüngeren folgten. Zwischen ihnen und den Jüngeren waren noch zwei andere Personen, so dass sie nicht hintereinander durch die Geisterbahn fahren würde. Seto und Joey konnten sehen, wie Mokuba ein Arm um Serenity legte, als sie in ihrer Gondel saßen und Serenity sich bereits jetzt etwas enger an ihn schmiegte. "Siehst du das?", kam es auf einmal aufgeregte von Joey. "Ja, natürlich. Was hast du denn gedacht, warum er mit ihr hier rein wollte.", fragte Seto mit einem Schmunzeln. "Na wegen dem Schrecken!", kam es nüchtern von Joey und Seto schaute ihn überrascht an. Dann lachte Seto amüsiert auf. "Ich zeig dir gleich, warum Leute Geisterbahn fahren... mit Schrecken hat das nicht viel zu tun.", flüsterte er dem Blonden ins Ohr, dessen Wangen sich etwas rötete. Dann durften sie auch einsteigen. Schon nach der ersten Kurve versanken sie in einem heißen, leidenschaftlichen Kuss, der Joeys Knie weich werden ließ und Lust auf mehr machte. Erst als Tageslicht ihnen entgegen kam lösten sich die beiden. "Uhm... Seto...", kam es auf einmal etwas peinlich berührt von Joey. "Hm?", kam es verliebt von Seto. "Ich... glaub wir sollten noch eine Runde fahren.", meinte der Jüngere und erst jetzt bemerkte Seto, dass sein Freund knallrot im Gesicht war. Er wollte schon fragen was los sei, als er sah, wie Joey versuchte die Beine übereinander zu schlagen. Der Brünette musste wieder schmunzeln, entrichtete beim Kontrolleur noch einmal zwei Tickets, der auf Grund des geringen Aufkommens an der Bahn nichts dagegen hatte, dass sie sitzen blieben. Dieses Mal hielten sie sich zurück, so das Joey wieder die Oberhand über seinen Körper gewinnen konnte. Schließlich konnten sie am Ende aussteigen. Immer noch peinlich berührt schmiegte sich Joey an seinen Arm und mied den Blickkontakt zu den anderen. Als sie dann an den letzten Buden mit Andenken und Souvenirs vorbei waren und noch einmal etwas Geld gelassen hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Joey lag in Setos Arm und war glücklich... das war ein unglaublicher Tag gewesen, den er sehr genossen hatte. Auch Mokuba und Serenity wirkten mehr als glücklich, vor allem weil Serenity ein Lebkuchenherz um den Hals trug, mit der zaghaften Frage 'Ich bin dein, bist du mein?'. Na wenn das nicht mal subtil gefragt ist, dachte Joey bei sich, während er lächelte. Dann fiel sein Blick auf Jack, der ebenfalls sehr zufrieden wirkte. Scheinbar machte es seinen Dad glücklich, wenn sie einen schönen Tag hatten. Wieder löste sich eine kleine Träne der Freude aus Joeys Auge. Seto strich sie ihm vorsichtig weg und küsste ihn dann noch einmal sanft. Kapitel 94: Den nächsten Schritt wagen -------------------------------------- Kapitel 94 – Den nächste Schritt wagen Joey kam aus dem Badezimmer seines Zimmers und war in den dunklen Frottee-Bademantel gehüllt, den Seto im vor einigen Wochen geschenkt hatte. Er genoss es, wie sich das Frottee an seinen Körper schmiegte und die Feuchtigkeit aus der Dusche von seinem Körper aufnahm. Gemächlich trocknete er sich mit einem Handtuch die blonden Haare, als zwei Arme ihn von hinten umschlangen. Kurz zuckte er zusammen, wie er es immer tat, wenn er unerwartet berührt oder umarmt wurde. Es war einfach ein Reflex, der aus seinen Erfahrungen herrührte. Doch noch im gleichen Augenblick hörte er eine Stimme in seinem Kopf, die ihm ins Gedächtnis rief, dass er hier in Sicherheit war und es nur einen gab, der im Moment bei ihm war. Also lachte er vergnügt auf. "Seto…", kam es fröhlich, mit gespielt tadelndem Unterton von dem Blonden. Dann spürte er auch schon die Lippen seines Freundes an seinem Hals. Er schloss seine Augen halb und genoss die Berührung, während er leise aufbrummte. "Ich liebe dich.", flüsterte Seto zwischen zwei Liebkosungen in sein Ohr und die Schmetterlinge, die Joey sehr lange kaum oder gar nicht gespürt hatten, flatterten endlich wieder auf. "Ich dich auch, Seto.", gab Joey die Bekundung zurück. "Mein Geliebter.", hörte er den Brünetten flüstern und der Blonde bekam daraufhin eine Gänsehaut. Das Seto ihn als Geliebten titulierte empfand Joey immer noch als etwas ganz besonderes. Dann spürte er, wie die Hände seines Freundes über seine bedeckte Brust strichen und als die eine Hand endlich die Überlappung gefunden hatte, schob sie sich auf die nackte Haut. "S… Seto… was tust du da?", wollte Joey, im ersten Moment etwas verunsichert, wissen. "Vertraust du mir, Joey?", fragte Seto anstatt ihm zu antworten. "Wenn… wenn nicht dir, wem dann?", stammelte der Blonde verwirrt, während Setos Hand vorsichtig immer tiefer glitt. "Dann würde ich gerne den nächsten Schritt wagen, wenn du… wenn du das auch möchtest?", beantwortete Seto endlich Joeys Frage, der seinen Kopf ein wenig mehr zu Setos Gesicht wandte und ihn mit großen Augen anblickte. "W… warum heute?", wollte Joey irritiert wissen. "Weil ich deinem perfekten Tag so gerne noch ein i-Tüpfelchen schenken möchte.", erklärte Seto. "Und… weil sich auch in dir etwas anstaut, wie man in der Geisterbahn gesehen hat." Wieder zog eine Röte auf Joey Wangen und er blickte kurz zur Seite. "Hey, das ist nichts, wofür man sich schämen muss, mein Schatz… und wenn du heute den nächsten Schritt nicht machen möchtest, ist das auch in Ordnung.", hauchte Seto ihm ins Ohr. Wie sollte er nicht wollen. Seto hatte doch Recht. Als sie vorhin in der Geisterbahn geknutscht hatten, hatte er – ungewollt – einen Ständer bekommen. Sie hatten sogar noch eine extra Runde drehen müssen, weil es sonst sofort aufgefallen wäre, wenn sie regulär ausgestiegen wären. Daher lehnte sich Joey mehr an die Brust seines Drachens, der immer noch hinter ihm stand. "I… Ich möchte…", kam es schüchtern von dem Blonden. "Okay… ich höre jederzeit auf, wenn du es willst, mein Schatz… also zögere nicht zu sagen, wenn es dir doch zu weit geht, ja?", bat der Brünette seinen Freund. Dieser nickte nur, während er spürte, wie sich die Hand immer tiefer bewegte, bevor sie vom Gürtel des Bademantels aufgehalten wurde. Die äußere Hand Setos löste den Knoten des Gürtels, der den Mantel zusammenhielt und dieser glitt auseinander. Entblößte die helle Haut, die immer mal wieder von Narben unterbrochen wurde. Joey versuchte weiterhin entspannt zu bleiben. Immer wieder sagte er sich gedanklich, dass dieses Hand zu dem Mann gehörte, der ihn trotz allem immer noch liebte. Das Seto niemals etwas tun würde, was er nicht wollte. Er sein Angebot mit dem Unterbrechen ernst gemeint hatte. Dennoch ließ es sich nicht vermeiden, dass Joey sich etwas anspannte. Seto machte einen Schritt, so dass auch Joey einen tun musste. Währenddessen glitt die Hand in Joeys Schambehaarung. Kraulte verspielt durch das kurze Haar. Umgriff schließlich das halberigierte Glied seines Geliebten vorsichtig und ohne Druck. Hielt es einfach nur. Er wollte, dass sich Joey an seine Hand da unten gewöhnte. Dennoch entging ihm nicht, dass Joeys Anspannung wuchs. Also machte Seto noch einen Schritt und Joey musste einen Ausgleichsschritt machen. Dann zog er Joey vorsichtig auf das Bett. Er konnte sehen, dass Joey die Augen heruntergeschlagen, aber nicht geschlossen hatte. Der Brünette wusste, dass Joey die visuelle Bestätigung brauchte, wo er war. "Du bist in meinen Armen.", flüsterte Seto ihm sanft ins Ohr, während er seine Beine links und rechts neben Joey ausstreckte, so dass der Blonde zwischen seinen Schenkel saß. Joey hatte seine leicht angewinkelt und seine Hände ruhten auf Setos Beinen. Sie hielten sich fest. "Hier bin nur ich, mein Schatz.", hauchte der Brünette ihm erneut ins Ohr. Seto konnte spüren, wie Joeys Glied langsam fester wurde und an Umfang gewann. Wieder legte er seine Lippen sanft an Joeys Hals und küsste ihn ein weiteres Mal. Gleichzeitig strich er vorsichtig über die Länge des Blonden. Dieser drückte ein wenig seinen Rücken durch und ein Stöhnen entkam ihm. Daraufhin biss sich Joey sofort auf die Unterlippe. Doch Seto führte seine freie Hand hinauf und löste den Biss. "Es darf dir gefallen, mein Geliebter… und wenn es dir gefällt, dann darfst du auch stöhnen.", wisperte Seto ihm behutsam ins Ohr. Die seichte Röte auf den Wangen des Blonden wurde einen Tick stärker. Dann wandte Seto Joeys Kopf wieder zu sich und küsste ihn leidenschaftlich, so wie in der Geisterbahn. Sofort spürte der Brünette das Glied seines Freundes zucken und sich mehr in seine Hand legen. Also streichelte Seto erneut von oben nach unten und zurück. Dieses Mal stöhnte Joey in den Kuss und sein Griff an Setos Beine wurde fester. Doch Seto ließ ihn nicht gehen. Während ihre Zungen sinnlich miteinander rangen schob Seto die Vorhaut ein wenig nach hinten und entblößte die Eichel. Diese glänzte bereits ein wenig und so führte der Brünette seine Finger über die empfindliche Spitze. Wo Joey zuvor noch verhalten und zaghaft aufgestöhnt hatte, stöhnte er auf einmal laut und lustvoll in den Kuss. Als Seto weitermachte musste der Blonde den Kuss brechen. Seine Schultern drückten sich gegen die Brust seines Geliebten, während sich sein Becken nach vorne bewegte. Seine Hände klammerten sich fester an den Oberschenkel seines Drachen – wie er Seto früher immer genannt hatte – fest, während dessen Berührung an seinem besten Stück ihn fast den Verstand kostete. Setos Griff wurde etwas beherzter und die hoch-und-runter-Bewegung etwas zügiger. Joey legte seinen Kopf in den Nacken und damit auf Setos Schulter. Seine Augen waren nur noch einen winzigen Spalt weit geöffnet. Dann erhöhte der Brünette erneut den Takt seiner Hand in Joeys Schritt. Das Stöhnen wurde hemmungsloser und dann… dann zog sich etwas in Joey zusammen und er ergoss sich in Setos Hand. Gleichzeitig beugte er sich nach vorne, während seine Hände sich wie Schraubstöcke um Setos Beine krallten. Er stöhnte noch einmal laut und gequält. Sein ganzer Körper erbebte und zitterte unter seinem Orgasmus. Nach einem langen Augenblick und nachdem Joeys Körper nicht mehr so bebte zog Seto ihn sanft zurück an seine Brust. Dabei stellte er fest, dass Joey seine Beine ein wenig mehr angezogen hatte und sein Gesicht abgewandt hatte. Seine Hände waren immer noch fest in Setos Beine gekrallt und er biss sich erneut auf die Unterlippe. Setos eine Hand lag immer noch um den – nun langsam erschlaffenden – Penis seines Freundes und hielt den Erguss unter Verschluss. Langsam führte er seine freie Hand an Joeys Kinn und wandte seinen Kopf wieder zu sich. Erst jetzt konnte er dicke Tränen sehen, die über die Wangen des Blonden liefen. Ganz behutsam strich Seto diese Tränen fort. "Ich bin hier, Joey… es ist alles gut.", sprach Seto leise auf ihn ein. "Komm, Schatz, öffne bitte deine Augen und schau mich an… hm?" Joey hatte die Augen fest zugekniffen und nur zögerlich kam er der Aufforderung seines Geliebten nach. Weitere dicke Tränen ergossen sich über sein Gesicht. Seto lächelte ihn sanft an. "Siehst du… nur ich…", versicherte Seto erneut und Joey begann sein Gesicht mit einer Hälfte so gut es eben ging gegen die Brust seines Freundes zu pressen, während er laut aufschluchzte. Seto gab ihm die Zeit, die er brauchte. Ließ ihn weinen, während er seinen freien Arm schützend um ihn schlang und ihn liebevoll hin und her wiegte. Schließlich versiegte das Schluchzen und nur noch vereinzelnde Tränen zogen ihre Bahnen über das Gesicht. Joey schluckte und blickte schüchtern zu Seto. Dieser lächelte ihn immer noch an. "T… Tut… tut mir leid…", stammelte Joey beschämt. "Es gibt nichts, was dir leid tun müsste, mein Schatz.", erwiderte Seto verständnisvoll. "E… es war schön… sehr schön sogar.", meinte Joey leise. "Aber irgendetwas… hat dich zum Weinen gebracht.", merkte Seto vorsichtig an. "D… Das… war… n… nichts…", versuchte der Blonde seine Reaktion klein zu reden. "Doch… das war etwas und du darfst das nicht totschweigen… ich weiß, wie schwer es fällt über die eigenen Gefühle zu reden, aber genau das musst du.", belehrte Seto ihn liebevoll. Joey schloss kurz seine Augen. "E… es würde mir leichter fallen, mit dir zu reden, wenn deine Hand… nicht… da unten wäre.", brachte Joey peinlich berührt vor. Seto löste seine Umarmung ein wenig und angelte nach der Cleanexbox, die immer auf dem Nachttisch stand. Er zog zwei, drei Tücher aus der Box und begann seine Hand von dem erschlafften Glied zu lösen. Dann säuberte er erst seine Hand und dann Joeys Schritt. Schließlich drehte Seto ihn zu sich und legte Joeys Beine über die eigenen und zog ihn näher. Erst jetzt bemerkte Joey, dass auch Seto nackt war. Genau genommen war Joey gar nicht nackt. Noch immer hatte er seinen Bademantel über den Schultern, aber jetzt zu Seto gehend, war da kein Stück Stoff, dass sie beide trennte. Schüchtern blickte Joey auf die halbe Erektion, die Seto hatte. Dann legte Seto wieder seine Finger unter Joeys Kinn und hoben dessen Blick zu ihm hoch. "Also… warum hat mein Geliebter eben weinen müssen?", fragte Seto behutsam noch einmal nach. "Ich weiß es wirklich nicht … es war einfach, als ob da plötzlich etwas von mir gefallen wäre.", versuchte Joey schüchtern zu erklären. "Etwas, dass von dir gefallen ist?", hakte Seto nach. "Ja… d… das was du… da so gemacht hast… fühlte sich gut und sehr schön an und dann kam… mein…", stammelte Joey immer unsicherer, bis er nicht mehr zu hören war. "Höhepunkt?", ergänzte Seto und Joey nickte nur. "Und dann…?" "Dann… ich kann es nicht richtig erklären, Seto… Das was da in mir passiert ist fühlte sich nicht schlecht an, aber ich musste auf einmal einfach weinen.", erklärte Joey weiter. Sanft lächelte Seto ihn an und zog ihn an seine Brust. Strich ihm sanft über den Rücken und küsste ihn liebevoll auf die Stirn. "Vielleicht… ist einfach etwas innere Anspannung von dir gefallen…", spekulierte Seto vorsichtig. "Innere Anspannung?", fragte Joey verwirrt. "Als ich vorhin angefangen habe, da hast du dich angespannt.", erläuterte der Brünette geduldig. "Wahrscheinlich, weil deine bisherigen Erfahrungen so schmerzhaft waren. Das diese Erfahrung das nicht war, wird deine Anspannung gelöst haben und möglicherweise hast du geweint, weil du so erleichtert warst." Für einen langen Moment herrschte Stille, bevor Joey wieder zu Seto aufschaute. "Ich… Ich glaube, du hast Recht.", gestand der Blonde schließlich ein. Dann kuschelte er sich eng an seinen Freund, der seine Arme wieder um ihn schloss und ihn hielt. "Seto?", kam es noch einmal leise von Joey. "Hm?", brummte der Ältere nur. "Ich liebe dich!", hauchte der Blonde glücklich. "Ich dich auch, mein Geliebter.", erwiderte Seto sanft. Kapitel 95: Flashback --------------------- Kapitel 95 – Flashback Als Joey an diesem Tag wach wurde, fühlte er sich… schuldig. Schuldig, weil er Seto nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, als dieser nach seinen Tränen gefragt hatte. Wie hätte er ihm auch erklären sollen, dass er in dem Moment, in dem er seinen Höhenpunkt erlebt hatte, einen Flashback gehabt hatte. In dem Moment, als er gekommen war, hatte er sich selbst gesehen, wie er dazu provoziert worden war abzuspritzen. Sein Körper… er hatte ihn damals verraten. Hatte reagiert, obwohl er es nicht gewollt hatte. Nichts von dem, was diese Männer mit ihm getan hatte, hatte er gewollt. Und dennoch… reagierte sein Körper auf jede Berührung mit Lust. Lust, die er nicht wollte. Das alles verwirrte ihn. Sie hatten ihn gequält, verletzt, angeschrien, vergewaltigt… und dennoch hatte sein Körper reagiert. Sein Glied war angeschwollen und hart geworden und irgendwann bekam er einen Erguss. Wenn nicht, wurde von ihnen nachgeholfen. Er hatte sie angefleht aufzuhören, ihn in Ruhe zu lassen oder ihn einfach zu töten. Hauptsache, dass alles fand ein Ende. Er blickte zu Seto, der noch schlafend neben ihm lag und ihn im Arm hielt. Wie hätte er all das seinem Freund sagen sollen? Was, wenn er die Reaktionen seines Körpers, die er damals gehabt hatte, fehlinterpretieren würde. Ihm vorwerfen würde, dass er es gewollt hätte, weil er sonst nicht… Genau das hatten auch diese Männer gesagt. Immer und immer wieder: 'Man, du musst ja voll auf das alles abfahren, so wie du abgehst.' Langsam und vorsichtig schälte er sich aus der Umarmung seines Drachen und stellte fest, dass er immer noch nackt war. Schamesröte zog ihm ins Gesicht und er sprang eilig aus dem Bett. Dann sammelte er sich aus seiner Kommode saubere Klamotten zusammen, bevor er wieder ins Bad eilte. Dort stellte er sich unter die Dusche und begann sich zu waschen. Er wusste nicht, wie lange er unter der Dusche gestanden hatte, als sich zwei Arme von hinten um ihn schlangen. Wieder zuckte er schreckhaft zusammen, konnte aber einen panischen Aufschrei gerade noch so unterdrücken. Er wurde immer besser darin, seine Panik zu unterdrücken. Jedenfalls in solchen Momenten. Dann spürte er die Lippen seines Geliebten auf seinem Hals. Mit einer Kopfbewegung wollte er Seto dazu bringen, dass zu lassen. "Guten Morgen, mein Schatz", flüsterte Seto ihm gegen das Geräusch der Dusche ins Ohr. "Hast du gut geschlafen." Nein, hab ich nicht, ging es Joey durch den Kopf. Doch dass sagte er natürlich nicht. Er nickte nur bejahend. Wenn er ehrlich geantwortet hätte, hätte das nur zur Folge gehabt, dass Seto nachfragen würde. Dafür hatte er jetzt nicht die Kraft. Sein Herz hämmerte regelrecht gegen sein Brustbein. Dann griff Seto neben ihm vorbei und nahm das Duschgel. Joey liebte den Geruch von Setos Duschgel, dass dieser seit einiger Zeit hier deponiert hatte. Irgendwann hatte Seto gesagt, dass es viel zu umständlich sei, dass er immer fürs Duschen in sein eigenes Zimmer ging. Also hatte der Blonde ihm vorgeschlagen einige Hygieneprodukte bei ihm im Bad zu lassen. Das hatte der Brünette dann auch getan. Plötzlich spürte er, wie Seto begann ihm den Rücken einzuseifen. An jedem anderen Morgen hätte Joey diese Geste begrüßt… aber ausgerechnet heute… ertrug er diese Nähe nicht. Also schob er sich an Seto vorbei aus der Dusche, schnappte sich ein Handtuch und begann sich abzutrocknen. "Hey, Joey… was ist denn los?", fragte Seto überrascht, der seinen Kopf Joey nach draußen hatte folgen lassen. "Nichts ist los… mir ist nur gerade nicht danach.", antwortete Joey hastig, während er befand, dass er trocken genug war. Also griff er nach seiner Boxer und stieg hinein, bevor er sie nach oben zog. "Kein… gegenseitiges Einseifen unter der Dusche?", fragte Seto zögerlich. "Heute nicht, okay?", gab Joey zurück, ohne einen Blickkontakt herzustellen. Dann streifte er sich sein Shirt über und verließ, mit der Hose über in der Hand, eilig das Badezimmer. Verwundert blickte Seto ihm nur hinterher. Normalerweise reagierte der Blonde nur so kurz angebunden und abweisend, wenn er einen Albtraum gehabt hatte. Dann schreckte er darauffolgenden Morgen seine Nähe… bis es sich gegen Mittag wieder legte und er sich um 180 ° wandte und dann besonders intensiv Setos Nähe suchte. Aber Joey hatte keinen Albtraum gehab, das hätte Seto gemerkt. Als Seto mit duschen fertig war trocknete er sich ab und zog sich was an, bevor er ins Schlafzimmer zurück kehrte und es leer vorfand. Kein Joey! Vorsichtshalber blickte Seto auch noch einmal unter das große Bett, denn es wäre ja nicht das erste Mal, dass Joey darunter Schutz suchte. Doch zu seiner Erleichterung fand er seinen Geliebten nicht unter dem Bett. Aber wo war er dann? Nachdenklich verließ Seto das Badezimmer und machte sich auf den Weg zur Küche. Er hoffte, dass er seinen Geliebten dort finden würde. Als er eintrat sah er am Esstisch Jack, Serenity und Mokuba. Letzter wandte sich freudestrahlend zu Seto und begrüßte seinen älteren Bruder auf die übliche Art und Weise: gutgelaunt und enthusiastisch. Doch kein Joey, stellte Seto fest. Da zerbrach neben ihm im eigentlichen Küchenbereich ein Glas. Sofort sprang Serenity auf und eilte in die Küche. Als Seto ihr folgte fand er den Blonden auf dem Boden kniend, wie er gerade große Glasscheiben einsammelte. Serenity war neben ihm in die Knie gegangen und auch Seto folgte ihrem Beispiel. Als Joey ihn sah schnitt er sich mit einer Scherbe in die Handfläche. "Bruderherz…", rief Serenity aufgeregt, die sofort die verletzte Hand ergriff und ihn auf die Füße und weg von den Scherben zog. Besorgt schob sie ihn auf einen Hocker am Tresen. Gerade als sie sich wegdrehen wollte hielt Mokuba ihr den Erste-Hilfe-Koffer bereits entgegen. Sie lächelte ihn dankend an und stellte den Koffer auf den Tresen. Mit einer Pinzette bewaffnet begann sie die kleinen Splitter aus der Wunde zu entfernen, bevor sie mit einer Wundkompresse das Blut abwischte und vorsorglich Desinfektionsmittel drauf sprühte. Dann besah sie sich die Wunde. "Ich denke nicht, dass der Schnitt genäht werden muss… so tief scheint er mir nicht.", meinte die Brünette, bevor sie eine frische Wundkompresse auf die Handinnenfläche legte und dann mit einem selbstklebenden Verband fixierte. Schließlich lächelte sie ihn an, während Mokuba die benutzten Sachen entsorgten und den Erste-Hilfe-Koffer wieder wegbrachte. "Du bist aber heute Morgen echt schusselig… komm setz dich, ich hol dir etwas zu trinken.", meinte sie sanft lächelnd. Seto folgte Joey, der sehr geknickt wirkte. Während Serenity und Mokuba das zersprungene Glas aufkehrten. "Hey, alles in Ordnung, Schatz?", fragte Seto besorgt. Joey blickte nur kurz unter seinem blonden Pony zu Seto auf, bevor er wieder hinunter schaute. Er nickte nur. Doch Seto hatte nicht das Gefühl, dass dem so war. Da kam bereits Serenity und stellte dem Blonden ein Glas Orangensaft neben seinem Teller. "So lasst uns frühstücken.", lachte sie ihn an, bevor sie wieder neben Mokuba Platz nahm. Entgegen der Entwicklungen in den vergangenen Tagen zog es Joey vor, sich nach hinten an den Stuhl zu lehnen und nichts zu essen. Ihm war einfach nicht danach. Noch immer steckte der Flashback in seinen Knochen. Es hatte ihn ohnehin gewundert, dass er davon keinen Albtraum bekommen hatte. Vielleicht hatte er nicht geträumt, weil er sich am Vorabend so vehement die Panik verboten hatte… stattdessen hatte er sich nur das Weinen erlaubt und war von Seto getröstet worden. Der Blonde spürte die besorgten und fragenden Augen auf sich, während er da saß und keine Mini-Waffeln in sich stopfte oder einen der Mini-Crêpes probierte. Aber das war ihm egal. Klar verstand er, warum sie sich sorgen machten. Doch wenn er wieder ein normales Essverhalten entwickeln sollte, dann musste man ihm auch gestatten mal nicht zu essen. So hang er seinen Gedanken schweigend und in sich gekehrt nach und verlor nach und nach aus den Augen, was um ihn herum war. Er war schlicht traurig darüber, dass er die Liebkosung seines Freundes – die ihm durchaus gefallen hatten – nicht im Finale hatte genießen können. Kapitel 96: Eine schmerzhafte Enthüllung ---------------------------------------- Kapitel 96 – Eine schmerzhafte Enthüllung Joey blickte aus der Fensterfront des Wintergartens und bekam gerade so gar nichts mit. Das änderte sich erst, als er eine warme Hand spürte, die sich auf seine legte, die auf seinem Bein ruhte. Er blinzelte und es dauerte einen langen Augenblick, bis er wieder im hier und jetzt war. Fragend blickte er Seto an, der ihn besorgt ansah. "Das mein ich.", wandte sich Seto zu Kai, der ihnen gegenüber auf seinem angestammten Platz saß. "Was?", kam es verwirrt von Joey, der zwischen seinem Freund und seinem Therapeuten hin und her schaute. "Seto erzählte gerade von eurem Fortschritt gestern Abend und deinem ungewohnten Verhalten heute Morgen und Vormittag.", fasste Kai sachlich zusammen. "M… meinem ungewohnten Verhalten?", kam es ungläubig von Joey. "Man, ich hab heute nur keinen sehr guten Tag… das hat doch jeder Mal." "Natürlich hat das jeder Mal, aber Seto befürchtet, dass das vielleicht mit eurem gemeinsamen Erlebnis gestern Abend zusammenhängen könnte.", gab der Psychologe zu bedenken. "Nenn es bitte nicht so.", kam es angespannt von Joey. "Was soll ich nicht wie nennen?", hakte Kai behutsam nach. "Das, was Seto und ich tun… unsere Intimitäten… nenn sie bitte nicht Erlebnisse… damit würdest du sie mit dem gleichsetzen, was mein Vater mit mir getan hat, weil du dass auch so nennst.", erklärte Joey traurig. "Das tut mir leid, dass war mir nicht bewusst. Du hast vollkommen Recht, dass man eure Erfahrungen, die ihr im Rahmen eurer Beziehung sammelt, nicht mit dem vergleichen sollte, was du mit deinem Vater erlebt hast.", gestand Kai ein. Joey verschränkte seine Finger mit denen von Setos Hand, die immer noch auf seiner lag. Einerseits tat es gut, Seto neben sich zu wissen, andererseits wünschte er sich gerade, dass er nicht da wäre. Oder noch besser: Dass er zwar da wäre, aber eben nichts von dem Gespräch mitbekam. "Joey?", rief ihn Kai mit einem auffordernden Unterton. Wieder blickte Joey auf und wusste nicht so recht, was sein Therapeut gerade von ihm wollte. Es fiel ihm heute einfach unglaublich schwer dem Gespräch zu folgen. "Könnte deine Zerstreutheit mit deiner neuen Erfahrung mit Seto zusammenhängen?" Was sollte er nun tun? Wenn er die Wahrheit sagte, dann würde Seto erfahren, dass er ihn angelogen hatte, zumindest zum Teil angelogen hatte. Wenn er nicht die Wahrheit sagte konnte ihm Kai nicht richtig helfen. Es war eine vertrackte Situation. "Joey…", kam es auf einmal sanft von Seto. "Ich weiß, dass es da ein Zusammenhang gibt. Das war mir schon seit der Dusche klar." Erschrocken blickte Joey seinen Freund an, bevor er beschämt den Blick senkte. "Hey, nein… komm… schau mich bitte an.", bat Seto ihn. Doch wie hätte er ihm in die Augen blicken und ihm dann sagen können, dass er ihm einen Flashback verheimlicht hatte. Er wollte doch einfach nur, dass sie eine schöne Erinnerung hatten… auch… wenn – wie hatte Kai es jetzt ausgedrückt? – die Erfahrung für ihn eben am Ende nicht ganz so schön war. "Was willst du vor mir verstecken?", bohrte Seto behutsam weiter. Joey wandte seinen Kopf zur Seite ab. "Es…. Es war wirklich alles sehr schön… deine Berührungen und was du mir ins Ohr geflüstert hast… alles war perfekt und hab ich sehr genossen…", begann Joey. "Aber?", fragte Seto. Doch in seiner Stimme schwang etwas Angst mit. Da blickte Joey seinen Freund auf einmal entschlossen an. "Als ich kam… da musste ich weinen…", setzte der Blonde zu einer Erklärung an. "Weil die Anspannung von dir gefallen ist.", ergänzte Seto selbstsicher und merkte in diesem Moment, dass das wohl eine Lüge gewesen war. "In dem Moment, als ich… kam… da haben sich… Bilder hoch gedrängt.", erklärte Joey leise, während Seto ihn betroffen anblickte. "Was für Bilder?", klinkte sich Kai wieder in das Gespräch ein. "Das tut nichts zur Sachen.", wiegelte Joey ab, während er seinen Blick von Seto nahm und wegschauen wollte. Doch da legte sich eine Hand vorsichtig an seine Wange und wandte den Blick zurück auf Seto. "Doch, dass tut es…", flüsterte Seto leise. "Diese Bilder… quälen dich. Das hört erst auf, wenn du darüber sprichst." "Nein!", kam es mit fester Stimme von Joey. "Warum möchtest du nicht über diese Bilder sprechen, Joey?", hakte der Psychologe wieder nach. "Weil diese Bilder zu der Woche gehören, über die wir nicht sprechen… das habt ihr mir versprochen!", offenbarte der Blonde schließlich. "Wir werden dich nicht zwingen oder drängen, aber bedenke bitte, mein Schatz, dass sie dich nicht loslassen werden, wenn du versuchst, sie in dir wegzusperren. Und dann können sie jeden schönen Moment zwischen uns zerstören.", gab Seto zu bedenken. Joey ließ entmutigt seinen Kopf hängen. Er konnte Seto nicht sagen, dass er in der Woche mehrfach abgespritzt hatte. Dass er immer wieder einen Ständer hatte, während diese Männer… Eine Träne perlte über Joeys Wange. Die Angst, dass Seto wirklich denken könnte, dass er das alles, was in der Woche im Sommer geschehen war, gewollt haben könnte… es genossen hatte… machte ihn wahnsinnig. "Seto?", hörte Joey auf einmal seinen Therapeuten. "Könntest du mir bitte ein Wasser holen?" Seto blickte immer noch Joey an, als er langsam nickte. "Ja, klar… bin… bin gleich wieder da, okay, Joey?", wollte Seto sicher gehen, dass es für Joey in Ordnung war, wenn er für ein paar Minuten alleine mit Kai waren. Dieser nickte nur. Dann stand er auf und verließ den Wintergarten. "So, Joey… wir sind unter uns… was soll Seto nicht erfahren?", kam Kai sofort auf den Punkt ohne weitere Zeit, die nur knapp bemessen war, zu verschwenden. Joey blickte seinen Therapeuten an und eine weitere Träne rollte über seine Wange. "Ich wollte nichts von dem, was die mit mir gemacht haben.", setzte Joey verzweifelt an. "Mit 'die' meinst du die Männer, die dich im Sommer vergewaltigt haben, richtig?", hakte Kai der Klarheit halber nach. Joey nickte. "Aber…?" "Ich weiß nicht wieso… aber mein Körper… er… er…", weitere Tränen drängten sich aus Joeys Augen. "Er hat reagiert und du hattest eine Erektion?", vervollständige Kai den Satz und Joey nickte, während er seine Füße auf die Sitzfläche zog und sie eng mit seinen Armen umschloss. "Und du bist dabei auch gekommen?" Der Blonde presste sein Gesicht gegen seine Knie und schluchzte lauter. "Joey… Joey schau mich an.", bat Kai sanft. Nur sehr zögerlich folgte Joey der Aufforderung seines Psychologen. "Du fühlst dich von deinem Körper verraten, weil er so reagiert hat und du hast Angst, dass man es so auslegen könnte, dass du es gewollt hast… aber die Reaktion deines Körpers war normal. Er hat nur auf Reize reagiert." Zweifelnd sah Joey seinen Therapeuten an. Konnte ihm nicht glauben. Die Männer hatten es mehr als einmal gesagt: 'Man, du musst ja voll auf das alles abfahren, so wie du abgehst.' Als er hinter sich die Tür des Gartens hörte wischte er sich hastig mit dem Handrücken über das Gesicht, aber mit wenig Erfolg. Als Seto zu ihnen zurück kehrte und Kai die kleine Flasche Wasser reichte, sah er die Verzweiflung seines Geliebten. Sofort nahm Seto wieder neben dem Blonden Platz und zog ihn behutsam in seinen Arm, in den sich der andere regelrecht fallen ließ. Sanft strich der Brünette ihm durch das Haar. "Seto?", kam es erneut in einem fragenden Tonfall von Kai. "Ja?", antwortete Seto unsicher. "Wärst du bereit, hier und jetzt, über Gozaburo zu sprechen?", fragte Kai bedächtig. Seto blickte ihn kurz entsetzt an, schaute dann auf das Häufchen Elend in seinem Arm und nickte. "Wenn es Joey hilft… ja.", willigte er ein. "Danke.", kam es erleichtert von Kai. "Erzähl doch bitte davon, was während dem Übergriff an deinem vierzehnten Geburtstag geschehen ist." Mit geweiteten Augen blickte Seto Kai kurz an, bevor er wieder nickte. "Gozaburo wollte mir zum Geburtstag ein ganz besonderes 'Vergnügen' zu teil werden lassen.", begann der Jungunternehmer mit belegter Stimme zu sprechen. "Statt wie üblich eilig und brutal sich zu nehmen, was er wollte, ließ er sich richtig Zeit. Er zog mich auf seinen Schoss und drang langsam in mich ein. Es tat trotzdem höllisch weh. Aus Reflex wollte ich nach vorne weg, doch seine Hände legten sich wie Schraubstöcke um meine Hüfte, holten mich zurück und pressten mich auf seinen Schritt. Ich wand mich und wo ich sonst die Gelegenheit hatte, meine Tränen in einem Kissen zu verstecken, flossen sie mir jetzt deutlich sichtbar über die Wangen. Gozaburo genoss jede einzelne Träne. Das fachte ihn nur weiter an. Nach ein paar Stößen presste er mich noch einmal fest auf seinen Schoss und hielt mich dort. Ohne sich zu bewegen. Ihn in mir zu haben… machte mich wahnsinnig vor Ekel. Also versuchte ich erneut fort zu kommen. Doch wieder zog er mich mit einem heftigen Ruck zurück und bohrte sich in mich. Ich schrie auf. Da griff er mir plötzlich in den Schritt. Er begann mich zu streicheln und als sich mein Penis langsam aufrichtete legte er seine Finger um ihn und begann mich zu massieren. Mein Körper reagierte und ich verstand nicht warum. Das alles war so widerwärt und ekelhaft und dennoch… bekam ich eine Erektion. Schließlich setzten die Stöße wieder ein und auf einmal… kam ich. Und dadurch kam auch er… in mir. Als wir beide soweit fertig waren ließ er mich endlich von seinem Schoss rutschten und ich fiel zu Boden. Dort ließ er mich liegen und als er über mich drüber stieg, sagte er 'Happy Birthday, Seto… du bist jetzt ein Mann'." Eine Träne löste sich aus Setos Augen. Trotz der Therapie mit Kai schmerzte es, sich daran zu erinnern oder es gar zu erzählen. Aber wenigstens versank er nicht mehr in Scham und Selbstschuldzuweisung. Immer noch war der Ekel vorhanden, aber nicht vor sich, sondern vor diesem Monstrum. Die Wut und der Hass hatten sich im Laufe seiner eigenen Therapie in Traurigkeit und Bedauern gewandelt. Plötzlich spürte Seto eine Hand an seiner Wange und als er zu Joey blickte, schaute er ihn mit großen und ungläubigen Augen an. Seto lächelte ihn sanft an. "Bitte denke nicht, dass mir das, was er an diesem Tag mit mir gemacht hat, gefallen hätte. Mein Körper… früher hätte ich gesagt, er hat mich betrogen, aber heute weiß ich, dass er einfach nur reagiert hat… weil das ganz normal ist, wenn er Reizen ausgesetzt ist.", erklärte Seto nüchtern. "So… das war eine sehr produktive Stunde… wir sehen uns dann am Samstag wieder, ja?", kam es von Kai, der aufstand und sich auf den Weg machte, den Wintergarten zu verlassen. Doch Seto hatte im Moment nur Augen für Joey, der ihn immer noch forschend und ängstlich anschaute. Irgendwo im Hintergrund hörten sie, wie die Tür aufging und sich wieder schloss. "Joey?", setzte Seto vorsichtig an. Der Blonde schaute ihn nur unverwandt an ohne verbal zu reagieren. "Du hast im Sommer auch ejakuliert, als sie dich missbraucht haben, oder?" Beschämt senkte Joey seinen Blick und lehnte sich mit der Stirn an Setos Brust. Dieser zog ihn wieder etwas näher und schlang schützend seine Arme um Joey, während er seinen Kopf selbst auf den seines blonden Streuners ablegte. Joey hatte wieder begonnen bitterlich zu weinen. Seto wusste, wie ihm zu Mute war. Damals… nachdem Gozaburo ihn einfach so hatte liegen lassen, hatte er auch noch lange geweint. Als sein Blick zur Gartentür glitt sah er Serenity und Mokuba davor stehen, wie sie besorgt zu ihnen sahen. Doch das war unwichtig. In diesem Augenblick zählte nur Joey und der brauchte noch einen Moment. Es war, als hätten sein Bruder seine Gedanken gelesen, denn er wandte sich von der Tür ab und zog Serenity mit sich, um ihnen noch ein weiteres Weilchen ihre Privatsphäre zu gönnen. Kapitel 97: Ein Versprechen --------------------------- Kapitel 97 - Ein Versprechen Seto hatte sich mit Joey wieder in dessen Zimmer zurückgezogen. Mokuba, der sich stets große Sorgen um den Blonden machte, wenn dieser so emotional aufgewühlt war, hatte nichts gegen seinen Drang unternehmen können, als vor der Zimmertür zu warten. So war ihm nicht entgangen, dass die beiden ein langes, ernstes Gespräch geführt hatten, in dessen Rahmen Joey immer wieder weinen musste. Wieder war das Bedürfnis in ihm erwacht, einfach in das Zimmer zu laufen und Joey zu umarmen, doch wieder war da dessen Wunsch präsent, dass er vor Mokuba nicht derartig schwach wirken wollte. Also war Mokuba hier draußen vor der Tür sitzen geblieben. Da es Serenitys und Jacks letzter Abend in Japan war hatten sie die Idee gehabt für das Abendessen zu sorgen. Das allein war der Grund, warum Joeys kleine Schwester nicht bei Mokuba vor der Tür saß, sondern mit ihrem Vater in der Küche am hantieren war. Sie wollten den drei Japanern einen Einblick in ein amerikanisches Festessen geben, immer darauf bedacht, dass Essen so zuzubereiten, dass es Miniaturen der eigentlichen einzelnen Komponenten gab, damit sich Joey nicht überfordert fühlte. Das war eine Herausforderung, doch Serenity hatte noch nie eine solche gescheut. Schon gar nicht, wenn es um ihren Bruder ging. Also hatte sie mit Jack überlegt, ausprobiert und schließlich umgesetzt, bis eine Vielzahl aus fantastischen Gerüchen durch das Haus zog. Erst als alles fertig war erlaubte Jack Serenity nach Mokuba zu schauen. Sie fand ihn genau dort, wo sie ihn erwartete: Vor Joeys Zimmertür. Also setzte sie sich neben ihn und lehnte sich an. Er legte sofort einen Arm um ihre Schultern. "Na, wie ist der Stand der Dinge?", fragte sie Mokuba. "Es ist vor einer Weile still geworden. Wahrscheinlich schläft Joey ein wenig… das tut er oft, wenn er so emotional aufgewühlt ist.", erklärte Mokuba fachkundig. "Und Seto ist noch drinnen?", hakte Serenity sanft nach. "Ja… er lässt Joey nie alleine, wenn er so drauf ist.", antwortete Mokuba. "Seit Joeys Versuch… Vorsicht ist besser als Nachsicht." "Ich bin euch so dankbar dafür, dass ihr auf meinen Bruder so gut aufpasst.", kam es plötzlich von Serenity. Mokuba blickte sie überrascht und mit einer seichten Röte auf den Wangen an. "Er gehört für uns zur Familie…auch wenn es lange gedauert hatte, bis Seto endlich den Mut hatte sich seine Gefühle einzugestehen. Als es darauf ankam hat er ohne Zögern gehandelt.", lobte Mokuba seinen großen Bruder und seine Bewunderung war klar heraus zu hören. "Aber du bist Joey auch ein guter Freund und… Bruder!", kam es anerkennend von Serenity. Mokuba lächelte stolz, bevor seine Miene erstarrte und er abwinkte. "Nein… auf gar keinen Fall bin ich für Joey ein Bruder!", verneinte er vehement, während Serenity ihn erschrocken anschaute und musterte. "Wenn ich Joeys Bruder wäre, wärst du meine Schwester und das geht auf gar keinen Fall, denn… dazu… hab ich dich viel zu gern." Auf einmal musste Serenity auflachen, als sie endlich verstand, worauf Mokuba hinaus wollte. Von dem hellen und reinen Lachen ließ sich auch Mokuba anstecken und lachte mit. Doch dann beugte er sich zu ihr und küsste sie vorsichtig. Im ersten Moment etwas geschockt, da sie sich immer noch nicht daran gewöhnt hatte, dass Mokuba und sie auf diese vertraute Art und Weise miteinander umgingen, erwiderte sie schließlich den Kuss und genoss ihn. "So etwas…", nahm Mokuba seinen Gedanken erneut auf, als ihr Kuss endete. "…wäre als Bruder und Schwester völlig falsch und nicht möglich." "Du bist meinem Bruder ein guter Freund… ein sehr guter Freund.", berichtigte sie ihre vorherige Aussage, während sie ihn anlächelte. Gerade als sie erneut in einem Kuss versinken wollten hörten sie Geräusche aus dem Inneren des Zimmers und standen auf. Wenige Minuten später kamen Seto und Joey heraus und waren überrascht davon, dass ihre jüngeren Geschwister hier gewartet hatten. Sie umarmten sie und dann führte Serenity sie in die Küche. Dort hatte Jack den Tisch bereits festlich gedeckt und wartete auf die Kinder. Als sie endlich kamen umarmte er vorsichtig seinen Sohn, der die Umarmung mittlerweile ohne Zögern erwiderte und ihn fest drückte. Es kam Jack vor, als hätte Joey wirklich endlich akzeptiert, dass er sein Dad war und auch sein wollte, ebenso, dass er ihm vertrauen konnte. Das machte Jack unglaublich stolz und glücklich. "Na, mein Großer.", flüsterte er sanft in das Ohr des Blonden. "Alles wieder im Lot?" Joey nickte nur und lächelte seinen Dad ebenso glücklich an, wie sich der Ältere fühlte. Sanft legte Jack kurz seine Hand an Joeys Wange und legte seine Stirn an die seines Erstgeboren. Dann trennten sie sich wieder und Jack lud mit einer Geste an den Tisch ein. "Wir wollten euch zum Abschluss unseres Besuchs etwas typisch Amerikanisches auftischen. Also haben wir die eine Miniaturausgabe eines traditionellen Weihnachtsessen gekocht.", erklärte Jack kurz, als würde er nun gleich eine Weltneuheit präsentieren. Alle nahmen rund um den Tisch Platz und dann ging es bereits los mit der Vorspeise. Als Joey sah, dass alle Gerichte, die gereicht wurden, in kleinen Ausgaben ihrer selbst, serviert wurden, musste er lächeln. Er hätte es nie gedacht, aber die Mini-Variante von irgendetwas zu essen fiel ihm leichter, als die Standardausgabe in sich hinein zu stopfen. Während dem Essen redeten sie über alles Mögliche, vor allem erzählte Jack aber davon, wie so ein Weihnachtsfest in den Staaten gefeiert wurde. "Wie wär's?", platzte es auf einmal aus Serenity heraus, die aufgesprungen war und über das gesamte Gesicht strahlte. "Kommt doch alle über Weihnachten und Neujahr zu uns… dann kann ich dir zeigen, wo und wie wir leben." Joey hätte viel erwartet, aber nicht, dass seine Schwester eine Einladung aussprechen würde. Ihm ging wieder durch den Kopf, dass Jack ihm mal erzählt hatte, dass er noch zwei Kinder hatte, die ihn unbedingt mal kennen lernen wollte. Da meldete sich wieder sein Minderwertigkeitskomplex. "Ähm… ich weiß nicht, ob das möglich ist, Schwesterchen.", begann Joey. "Ich bin noch recht neu in der Firma und hab jetzt schon mehr Ausfälle, als ich eigentlich da gewesen bin. Es wundert mich ohnehin, dass ich keine Abzüge auf dem Lohnzettel hatte." "Da scheint dich jemand in der Firma zu mögen.", flüsterte Seto mit einem Grinsen in Joeys Ohr. "Aber ich hab auch jetzt schon mein Jahresurlaub gänzlich aufgebraucht.", setzte Joey wieder an. "Also wird das wohl nichts werden." "Na ja, dann ist es gut, dass du den Chef persönlich kennst. Der kann nämlich auch Urlaub über das normale Maß hinaus bewilligen.", wisperte Seto ihm wieder zu und wurde mit einem Schlag gegen den Oberschenkel belohnt. "Joey.", kam es dieses Mal von Jack. "Ich weiß, dass dir der Gedanke an eine Reise in die USA nicht behagt… vor allem, weil du denkst, dass du deinen Geschwistern nichts zu bieten hättest. Aber das stimmt nicht. Und wenn du ihnen die Gelegenheit gibst, werden sie es dir beweisen." Ertappt blickte Joey wieder auf seinen benutzten und leeren Teller. Er rang mit sich. Einerseits wollte er seine Schwester nicht enttäuschen, andererseits wollte er seinen Vater nicht vor dessen Familie in Verlegenheit bringen. "Oh, Brüderchen… ", kam es klagend von Serenity. "Nein… sowas darfst du nicht denken." Verdaddelt blickte Joey seine kleine Schwester an. "Was… woher…?", stammelte Joey, als er von Serenity unterbrochen wurde. "Ich bin deine Schwester und weiß, wie du tickst… und was du denkst… und ich verbiete dir diesen Gedanken!", mahnte sie ihn streng, so dass Joey nur noch lächeln konnte. "Also gut… ich kann zwar nicht für Seto und Mokuba sprechen, aber… ich werde schauen, dass ich euch über Weihnachten besuchen komme.", meinte Joey schließlich und hoffte, dass Serenity sich damit zufrieden geben würde. Doch sie hielt ihm den kleinen Finger entgegen und er seufzte. Das hatte er befürchtet. Ein Versprechen auf den Ehrenfinger konnte er unmöglich brechen. Das wusste auch Serenity. Doch schließlich hakte er seinen kleinen Finger in den seiner Schwester ein, bevor sie gemeinsam die Worte sagten, die alles besiegelten: "Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen." Kapitel 98: Reisegepäck ----------------------- Kapitel 98 – Reisegepäck So schön der Vorabend im Wohnzimmer auch ausgeklungen war, desto hektischer war nun der Morgen. An der Haustür sammelten sich Koffer, Taschen und Tüten. Auch das große XXL-Plüscheinhorn saß auf einem Koffer und wachte mit strengem Blick über das Gepäck, welches sich hier auftürmte. Als Jack den nächsten Koffer seiner Tochter zu dem Berg an Gepäck brachte kratzte er sich verwundert am Hinterkopf. Er hätte schwören können, dass sie mit nicht einmal annähernd halb so viel Gepäck hier her gekommen waren. Also wo kam der Rest her? In dem Moment kam Serenity angetanzt – ja, wirklich, sie tänzelte regelrecht – und stellte einen weiteren Koffer dazu. Sie strahlte ihn an. "Ach was werde ich die Boutiquen hier vermissen.", meinte sie in bitter-süßer Melancholie, die in einem krassen Gegensatz zu ihrer Körpersprach stand. "Ich glaube eher, dass die Boutiquen dich vermissen werden.", kam es neckend von ihrem Vater, woraufhin sie ihm sanft gegen den Oberarm schlug, bevor sie lachend wieder davon lief. Jack blickte ihr hinterher und sah jetzt schon die horrenden Gebühren für das Übergepäck auf sich zu kommen. Er seufzte schwer. "Mein Schwesterchen hat gut zugeschlagen, was?", kam es plötzlich von seiner Seite, als Joey ihn sanft mit der Schulter anstieß und anlächelte. Sein Lächeln wirkte ehrlich und natürlich. Weder aufgesetzt, noch erzwungen. Jack legte seinen Arm um seinen Sohn, der sich mittlerweile an die Geste gewöhnt hatte und weder vor ihr davon zuckte, noch sie kaum ertrug, wie es am Anfang der Fall gewesen war. "Deine Schwester hat einen exquisiten Geschmack, was Mode angeht.", erwiderte Jack mit einem gespielt-leidenden Unterton in der Stimme. Joeys Lächeln wandelte sich in ein amüsiertes Grinsen. "Nicht nur darin, wie mir scheint.", neckte Joey nun seinen Vater. Dieser war einfach nur verblüfft. Noch letzte Woche wollte Joey ihm nicht glauben, dass er väterliches Interesse an ihm hatte oder hätte seine Berührung gar nicht so lange ertragen. War das wirklich erst letzte Woche? Es kam Jack vor, als läge das schon Monate hinter ihnen. "Ich werde euch vermissen.", kam es leise von Joey, der seinen Kopf ein wenig hängen ließ. Wieder blickte Jack erstaunt zu seinem Sohn. "Ich werde dich auch sehr vermissen, Joey.", gestand Jack ihm. Joey blickte zögerlich auf und lächelte dann glücklich, aber etwas verhalten. Dann sog er die Luft tief ein und vertrieb die gerade noch aufwallende Traurigkeit. "Joey?", begann Jack erneut. Der Blonde blickte zu ihm auf. "Wenn es dir Recht wäre, dann würde ich gerne mit dir regelmäßig skypen." Jetzt war es Joey, der verblüfft zu seinem Vater blickte. Dann löste sich eine kleine Träne der Rührung. Joey wusste nicht, was ihn mehr rührte: Dass sein Vater wirklich den Kontakt zu ihm pflegen wollte oder, dass er ihn erst um Erlaubnis bat und es nicht als Selbstverständlichkeit erwartete. Joey nickte. "D… das wäre mir sehr Recht… Dad.", willigte er schließlich ein. Dann – auf einmal – umarmte ihn Jack und drückte ihn fest an seine Brust. "Joey… wann immer du jemand zum Reden brauchst, du kannst dich jederzeit bei mir melden… wenn du Hilfe brauchst, komme ich sofort rüber. Und bitte denke niemals, dass du mich stören oder belasten würdest. Du bist mein Sohn… mein Erstgeborener und ich liebe dich.", flüsterte der Amerikaner ihn sanft ins Ohr. Das veranlasste Joey dazu ihn noch enger zu umarmen. "Knuddelparty.", hörten sie auf einmal Serenity schreien, als sie angesaust kam und sich den beiden in die Arme warf. Joey lachte auf und drückte auch Serenity fest an sich. Noch in der Umarmung begann er dann schließlich seine kleine Schwester zu kitzeln, woraufhin sie laut lachend zu Boden ging und um Gnade bettelte, während ihr Bruder sie weiter kitzelte. Schließlich lagen sie beide nebeneinander auf dem Fußboden und sahen sich gegenseitig an. "Ich werde dich vermissen, Schwesterchen.", kam es leise von Joey. Sie lächelte ihn sanft an und legte ihre Hand an seine Wange. "Du wirst mir sehr fehlen, Brüderchen.", erwiderte sie mit belegter Stimme. So einfach, wie ihr Herumtänzeln es vielleicht vermittelt hatte, fiel Serenity die Heimfahrt gar nicht. Dann half Jack seinen beiden Kindern beim Aufstehen und besah sich den scheinbar endgültigen Berg an Gepäck. "Hm… ich bezweifle, dass ihr das alles wirklich aufgeben könnt.", kam es trocken von Seto, der auf Jacks anderer Seite plötzlich aufgetaucht war und dem Amerikaner einen Schreckmoment einhandelte. "Himmel, Seto…", kam es lachend von Jack, bevor er sich den Haufen erneut anschaute. "Du hast wahrscheinlich Recht." "So viel ist das doch gar nicht.", protestierte Serenity schmollend. "Dennoch bietet so ein Flugzeug nur begrenzten Stauraum in seinem Laderaum.", wandte Seto wieder ein. "Ja, und was machen wir nun?", kam es ratlos von der jungen Frau. "Wir…", seufzte Joey schließlich. Doch dann zuckte er mit den Schultern. "Keine Ahnung." "Brauchst du denn das alles?", fragte Jack prüfend. "Aber natürlich, brauch ich das alles, sonst hätte ich es doch nicht gekauft, Daddy.", kam es empört von der Brünetten. Jack seufzte und Serenity blickte ihn mit großen Augen an. "Unglaublich, mach das noch mal.", kam es auf einmal enthusiastisch von Serenity. Nicht verstehende blickte Jack sie an. "Seufz noch mal so, wie eben." Jack verstand seine Tochter nicht, aber er kam seiner Bitte nach. Dann wandte sich Serenity zu Seto zu, der hinter ihr stand. "Hast du's gesehen?", fragte sie ihn aufgeregt. Seto nickte mit einem mysteriösen Schmunzel. Joey blickte verwirrt seinen Vater an und dann seine Schwester. "Was'n?", fragte er nicht-verstehend. Da packte Serenity seine und eine Hand von Jack und zog sie beide vor den nächsten Spiegel. Unmut erwachte in Joey, denn noch immer ertrug er sein Spiegelbild nicht. Doch davon ließ sich seine Schwester nicht beirren. "Seufzt mal, bitte.", forderte sie ihren Vater und ihren Bruder auf. Diese blicken sich kurz verwirrt an, blickten dann in den Spiegel und seufzten, bevor sie erstarrten. Serenity quietschte freudig auf. "Ihr habt es auch gesehen.", freute sie sich. Joey und Jack blickten sich ungläubig an. Tatsächlich sahen sie sich beim Seufzten so ähnlich, dass man sie – wenn der Altersunterschied nicht gewesen wäre – für Zwillinge hätte halten können. Als Joey realisierte, dass er Jack auch äußerlich irgendwie ähnlich war keimte ein neues Gefühl in ihm auf: Stolz. Er. Sah. Seinem. Vater. Ähnlich. Eine kleine Träne löste sich bei Joey, die Jack sanft wegwischte und ihn noch einmal an sich zog und in die Arme schloss. Auch Joey schlang seine Arme um seinen Vater. Jack war alles, was er sich jemals als Vater gewünscht hatte, aber nie gewagt hatte daran zu glauben, dass es wirklich so einen auf der Welt gab… schon gar nicht für ihn. Dass er sich geirrt hatte machte ihn gerade in diesem Augenblick unglaublich glücklich. Als sie zurück zum Gepäck kamen öffnete sich plötzlich die Haustür und Mokuba kam rein. Joey blickte auf die Uhr: Es war gerade mal neun Uhr. Wo war der Schwarzhaarige um die Uhrzeit gewesen? "Oi, das ist aber viel Gepäck, dass kriegt ihr nie aufgegeben.", meinte Mokuba. Alle blickten ihn an und er schaute ertappt in die Runde, bevor er mit den Schultern zuckte. "Was'n? Ich hab die Regeln der Fluggesellschaften nicht gemacht." "Uns ist schon bewusst, dass die beiden ein kleines Gepäckproblem haben.", kam es sanft von Seto, der einen Arm um die Schultern seines jüngeren Bruders legte. "Wir überlegen gerade, wie wir das Problem lösen." "Was gibt es denn da groß zu überlegen?", wollte Mokuba wissen. "Einfach schauen, was ihr nicht sofort Zuhause braucht, verpackt es als Paket und gebt es auf der Post auf. Wird zwar auch nicht billig, aber wenigstens machen sich Nittys Schnäppchen dann auf den Weg." Immer noch blickten alle den Schwarzhaarigen an. Mit einem Mal, als hätte irgendwo jemand einen Knopf gedrückt, hellten sich auf einmal alle Gesichter auf einmal auf. "Moki hat Recht.", kam es wieder enthusiastisch von der Brünetten, die ihm nur freudig um den Hals fiel und ihn drückte. Er erwidere das Drücken und hielt sie lange und fest an sich gedrückt. Dann löste sie sich und begann alle Koffer noch einmal zu öffnen und komplett umzusortieren. Kapitel 99: Abschied von Jack und Serenity ------------------------------------------ Kapitel 99 – Abschied von Jack und Serenity "So, dass Gepäck wurde aufgegeben und es ist noch etwas Zeit bis zum Boarding… wie wär's wenn wir dort drüben im Cafe noch was trinken?", schlug Joey breit grinsend vor. Es war soweit. Sie waren nach all den kleinen Stolpersteinen endlich am Flughafen angekommen. Erst hatten sie etwas verschlafen. Dann eröffnete Serenity, dass sie noch nicht fertig gepackt hatte. Als sie fertig war mit packen stellten sie fest, dass sie viel zu viel Gepäck hatten. Am Liebsten hätte Joey gefragt, ob die beiden nicht einfach in Japan bleiben wollten, doch das wäre nicht fair gewesen. Serenity hatte sich in den Staaten gut eingelebt und hatte Freunde gefunden und Jack hatte noch seine Ex-Frau und zwei weitere – jüngere – Kinder. Also war hier bleiben keine Option für die beiden. Nachdem Mokuba also mit der glorreichen Idee gekommen war, dass sie ihnen das überschüssige Gepäck doch per Post nachsenden könnte, hatte Serenity das gesamte Gepäck umsortiert und neu gepackt. Beim Frühstück hatte sie sich dann eine Trinkschokolade über das Top geschüttet und wühlte sich noch einmal durch ihre Sachen auf der Suche nach einem bestimmten Oberteil, welches sich natürlich nicht finden lassen wollte. Also musste sie etwas anderes überziehen. Dann standen sie im Stau… und Joey hatte innerlich wirklich irgendeine Gottheit angefleht, dass sie den Flug verpassen würde… und wenn er seinen Dad und seine Schwester nur einen weiteren Tag bei sich halten könnte, hätte ihn das zufrieden gestellt. Doch natürlich kannte Isono da eine alternative Routenführung und so hatten sie den Flughafen doch noch pünktlich erreicht. Verdammt auch, ging es Joey frustriert durch den Kopf. Sie nahmen in dem Cafe mit den völlig überteuerten Preisen Platz und bestellten sich ein paar Getränke. "Hast du denn alles für den Flug?", fragte Joey seine kleine Schwester. "Da drüben ist noch ein Zeitschriftenladen, sollen wir dir noch etwas für den Flug kaufen gehen?" "Lieb von dir, Brüderchen, aber ich hab alles, außerdem wird auf dem Flug ein schöner Film gezeigt.", erwiderte sie lächelnd. Es zerriss den Blonden fast. Seine Schwester wirkte, als ob sie es gar nicht erwarten könnte aus Japan abzureisen und ihn zurück zu lassen. Doch dann umarmte sie ihn schwungvoll und drücke ihn an sich. "Oh Gott, ich werde dich sooo unglaublich vermissen, Joey.", flüsterte sie ihm ins Ohr. "Was würde ich dafür geben, wenn ich dich einfach mitnehmen könnte." Langsam umarmte Joey seine Schwester und drückte sie eng an sich. "Unter anderen Umständen… würde ich mitkommen, Serenity… aber ich bin mit Seto sehr glücklich und möchte nicht mehr ohne ihn sein.", gestand er ihr leise ins Ohr. Sie löste sich ein wenig und blickte ihm in die Augen, dabei lächelte sie ihn überglücklich an und legte ihre Hand an seine Wange. "Ich bin sehr froh darüber, dass du dein Glück gefunden hast, Brüderchen.", meinte sie strahlend zu ihm. Dann wandte sie sich zu Seto und lächelte ihn an. "Und ich bin sehr froh darüber, dass du dich so wundervoll um ihn kümmerst und ihm hilfst, Seto…" Seto blickte überrascht auf und setzte seinen Kaffee, der ihm gerade serviert worden war, ab, bevor er nur verlegen lächelte. "Meine Tochter hat Recht… dafür möchte ich dir auch sehr herzlich danken, Seto…", kam es auf einmal von Jack, der zwischen Seto und Mokuba saß. "Dafür muss mir niemand danken… das ist selbstverständlich, wenn man jemand liebt.", kam es von Seto, dem der Dank langsam unangenehm wurde. Serenity fiel ihm auf einmal um den Hals und quietschte. "H… Hab ich was Falsches gesagt? Ich glaube deine Schwester ist kaputt..." "Nein… genau das Richtige…", kam es von einer über beide Ohren grinsenden Serenity, als sie sich von Seto wieder löste. Dann erschien Jack und Serenitys Flug auf der großen elektronischen Tafel mit der Info, dass das Boarding jeden Augenblick beginnen würde. Also war es nun an der Zeit die beiden zur Sicherheitskontrolle zu bringen. Davor blieben sie noch einmal stehen. Jack umarmte Joey herzlich, bevor er ihn stolz anlächelte. "Wir sehen uns dann in zwei Monaten.", meinte er väterlich und Joey nickte. Dann reichte Jack Seto die Hand. "Und du wirst mitkommen." Derweil presste sich Serenity an ihren Bruder und hatte mittlerweile Tränen in den Augen. Auch Joey fiel der Abschied von seiner kleinen Schwester unglaublich schwer. Kaum zu glauben, dass er noch vor zwei Wochen kaum erwarten konnte, bis sie wieder nach Hause fliegen würde. Und jetzt… jetzt wollte er sie gar nicht gehen lassen. "Ich werde dich sehr vermissen, Schwesterchen.", flüsterte Joey ihr ins Ohr und sie lachte, während ihr vereinzelnd Tränen über das Gesicht liefen "Ich dich auch, Brüderchen und ich freu mich schon darauf dir meine neue Heimat zeigen zu können.", meinte sie und klang mehr als glücklich bei diesem Gedanken. Nur schwer lösten sich die beiden Geschwister von einander. "Ähm… gute Reise, Nitty.", kam es schüchtern und zurückhaltend von Mokuba. Sie wandte sich zu ihm und lächelte ihn an. "Danke, Moki.", gab sie zurück und Joey rollte mit den Augen. Das war ja nicht mit anzusehen, wie die beiden sich hier in Zurückhaltung übten. Also stieß er Mokuba sachte mit dem Ellenbogen an. Dieser blickte ihn an. Joey lächelte nur und machte ihm mit einer Geste klar, dass er sie ruhig mit mehr als nur einer formalen Verabschiedung gehen lassen durfte. Mokuba lächelte ihn kurz an, bevor er nach Serenitys Hand griff, sie zu sich zurück drehte, seine zweite Hand an ihre Wange legte und sie leidenschaftlich küsste. Joey wären fast die Augen aus dem Kopf gekullert. Der Kleine kam ganz nach seinem Bruder, wie der Blonde mit einem Schmunzeln nach dem ersten Schock feststellte. Er hatte ja mehr an eine Umarmung und ein Bussi auf die Wange gedacht, aber scheinbar war Mokuba ihm etwas voraus. Serenity wirkte, als würde ihr das sehr gut gefallen, denn sie umschlang Mokuba und erwiderte den Kuss mit gleicher Intensität. Als sie sich schließlich lösten waren die Gesichter beider jüngerer Geschwister knallrot. "Wow.", kam es von beiden gleichermaßen, während sie lächelten. Dann legte Jack eine Hand auf Serenitys Schulter. "Ich reis euch wirklich nur ungern auseinander, aber wir müssen jetzt wirklich los.", meinte er sanft zu seiner Tochter. Diese nickte nur. "Du kommst doch auch im Dezember mit, ja?", fragte sie Mokuba, der breit grinste und nickte. "Darauf kannst du dich verlassen.", versprach der Schwarzhaarige ihr. Jetzt lächelte Serenity über das gesamte Gesicht und wandte sich dann zum Gehen. Seto, Joey und Mokuba standen auf der Zuschauertribüne der großen Halle und sahen, wie das Flugzeug, dass nun Richtung Los Angelas starten würde vom Abflugterminal gelöst wurde und nach hinten rollte, während es eine halbe Drehung vollzog. Dann rollte es auf die Startbahn und richtete sich aus. Für einen Moment glaubten sie Serenity an einem der kleinen Fenster zu erkennen, was auf diese Entfernung völlig unmöglich war, jedenfalls ohne Hilfsmittel. Dann setzte sich das Flugzeug in Bewegung, nahm Geschwindigkeit auf und hob ab. Die drei blieben noch eine ganze Weile stehen und blickten dem Flugzeug hinter her. Es fiel Joey sehr schwer sich schließlich von der großen Fensterfront abzuwenden und mit den beiden Kaiba-Brüdern den Heimweg anzutreten, denn er vermisste seine Schwester jetzt schon und Mokuba… dem ging es nicht anders. Kapitel 100: Fest im Griff -------------------------- Kapitel 100 - Fest im Griff Joey lag auf der Seite zusammengekauert im Bett, hinter ihm Seto, der ihn zärtlich streichelte und einen Kuss in seinem Nacken platzierte. Einige stummen Tränen liefen dem Blonden über das Gesicht und tropften dann auf das Kopfkissen, auf dem er lag. Seto zog ihn etwas enger an sich. "Hey, es ist alles in Ordnung.", flüsterte der Brünette ihm ins Ohr. Doch statt Trost förderten die Worte seines Liebsten nur die eigene Verzweiflung und er schluchzte laut auf. Alles in Ordnung? Nein! Es war gar nichts in Ordnung. Es war einfach nur frustrierend. In der Woche seit Serenity und Jack nach Hause geflogen waren hatten sie mehrmals versucht intim zu werden und den nächsten Schritt, der von beiden gewünscht war, zu festigen. Doch es endete immer wieder gleich: Jedes Mal, wenn Joey kam, brach er in bitteren Tränen aus und wandte sich beschämt von Seto ab. Dieser reagierte immer mit viel Verständnis und Geduld, tat alles, um ihn zu trösten, doch das half alles nichts. Joey fühlte sich dennoch unendlich schuldig, dass er diesen Austausch von Zärtlichkeiten einfach nicht genießen konnte. "Hey, mein Schatz... na komm schon, schau mich an.", bat Seto sanft. Doch Joey vergrub sein Gesicht nur noch mehr in dem Kissen. Doch Seto ließ ihn nicht alleine. Wandte sich nicht entnervt ab. Er zog ihn liebevoll noch etwas näher an sich und streichelte ihn sanft. Bekundete seine Liebe auf so viele verschiedenen Art und Weisen. "Und wie läuft es bei euch so?", fragte Kai mit einem sanften Schmunzeln. Sofort wandte Joey peinlich berührt seinen Blick von seinem Therapeuten, während Seto ihm mit dem Daumen über den Handrücken strich. "Oh, doch so gut?" "Joey hat sich an die Berührung meiner Hand in seinem Schritt gewöhnt und er kann diese nun genießen...", setzte Seto langsam zu einer Antwort an. "Aber?", hakte Kai vorsichtig nach, obwohl er die Antwort bereits kannte. Seto blickte liebevoll zu Joey und wollte ihm Gelegenheit geben sich an dem Gespräch zu beteiligen, doch dieser starrte nur aus der Glasfront des Wintergartens auf den nahen Teich. "Beim Erguss drängen sich ihm immer wieder Bilder auf und er muss weinen. Das frustriert ihn so sehr, dass er sich von mir abwendet und sich nicht mehr beruhigen lässt.", führte Seto schließlich das Problem aus. "Ist das so, Joey?", versuchte nun der Psychologe den Blonden mit ins Gespräch zu holen. Doch dieser biss sich nur auf die Unterlippe, während sich Schamesröte auf seine Wangen legte. "Joey?", rief nun auch Seto ihn behutsam. Irgendwie machte das den Blonden wütend und er ließ sein Gesicht wieder zu den beiden schnappen. "Was wollt ihr von mir?", fauchte er ungehalten. "Seto hat doch alles gesagt." "Hey, Joey... keiner macht dir einen Vorwurf.", versuchte Kai die Situation zu entschärfen. "Ach nein... wie gütig.", kam es weiterhin bissig von dem Blonden. "Schatz...", wollte Seto ansetzen, doch sofort stierte ihn bernsteinfarbende Augen an. "Schatz mich nicht an...", schnitt ihm Joey das Wort ab. "Hast du gerade mein Kosename für dich de-substantiviert?", kam es verblüfft von dem Brünetten. "Und wenn schon... das tut doch absolut nichts zur Sache.", keifte der Blonde weiter. "Warum bist du so wütend?", wollte Seto nun ohne Umschweife wissen. Joey wollte aufspringen und gehen, doch Seto packte ihn am Handgelenk und hielt ihn auf. In Rage wirbelte Joey wieder herum, wollte Seto wegstoßen und sich losreißen, doch Seto steckte den Stoß ein ohne seinen Griff zu lockern. "Lass mich los...", brüllte Joey ihn an. Doch Seto blieb ruhig stehen und zog den Blonden wieder an sich, schloss den zweiten Arm um seinen Geliebten und drückte ihn sanft an sich. Joey trommelte mit seiner Faust ein paar Mal gegen Setos Brust und gab dann seinen Widerstand auf. Keinen Augenblick später ergab er sich einem tiefen Schluchzen. Er wollte doch nichts weiter als mit Seto intim werden und diese Intimität genießen können ohne immer wieder diese Bilder vor seinen Augen aufflackern zu sehen. Warum konnte er nicht vergessen? Vergessen was gewesen war und woran er sich nicht erinnern wollte. Er ließ sich von Seto wieder zum Rattansofa bringen, wo sie sich hinsetzten. Nach einer ganzen Weile versiegten die Tränen endlich und der Blonde blickte scheu auf. "E... es tut mir leid...", stammelte er undeutlich. Seto lächelte ihn nur sanft an und strich ihm durch das blonde Haar. "Dir muss nichts leid tun, mein Schatz.", flüsterte Seto. "Ich weiß, wie du dich fühlst und was in dir vorgeht... mir ging und geht es auch so." Verblüfft blickte Joey zu ihm auf. "Joey... du bist nicht alleine. Du kannst mit mir jederzeit über alles, was dir durch den Kopf geht reden. Dir muss vor mir nichts peinlich sein. Genauso, wie mir nichts vor dir peinlich sein muss.", argumentierte der Jungunternehmer weiter. Joey hörte in sich hinein und musste feststellen, dass sein Drache Recht hatte. In einer Beziehung sollte man mit dem Partner doch über alles reden können ohne Angst oder dass man vor Scham im Erdboden versank. Aber es gab nun Mal Dinge, die wollte der Blonde selbst vor sich nicht eingestehen oder noch einmal durchleben, wenn er sie erzählte. Seto strich ihm sanft über die Wange und zog so Joeys Aufmerksamkeit wieder auf sich. "Danke, dass du mir Gesellschaft leistest, Kumpel.", meinte Joey lächelnd, während er sich neben Tristan auf die Couch fallen ließ. "Hey, nicht dafür...", winkte Tristan ab, der heute vorbei gekommen war, da Seto länger in der Firma bleiben musste. Er hatte noch eine Sitzung mit Telefonkonferenz, die bis in die Nacht hinein reichen würde. Joey reichte ihm das Joypad und startete das Spiel 'Akuma 3'. Sie schnetzelten sich gemeinsam durch die Katakomben und Massen an Gegner. "Und wie läuft es so bei Seto und dir?", fragte Tristan interessiert nach, während er einen Elite-Gegner über die Wupper bombte. Joeys Figur starb prompt, während der Blonde kurz inne hielt, bevor er weiter spielte. "Alles Bestens.", meinte Joey tonlos. "Hey Joey, ich bin's: Tristan - dein bester Freund.", kam es tadelnd von dem Brünetten, der ihnen den Weg zum Levelboss ebnete. Wieder hielt der Blonde beim Spielen inne und schien zu überlegen. Auch Tristan blieb mit seiner Figur stehen und wandte seinen Blick von dem gigantischen Fernseher ab und seinem besten Freund zu. "Na komm... was ist es?" "Seto... Seto und ich... wir wollen... also... uhm... wir versuchen intim zu sein.", begann Joey stockend. "Und wo liegt das Problem?", hakte Tristan vorsichtig nach. "Also... er... uffz... Himmel, dieses Gespräch ist einfach peinlich. Willst du was trinken?", kam es plötzlich themenwechselnd von dem Blonden, während er das Joypad auf den Tisch ablegte und aufstand. Auch Tristan legte sein Joypad auf den Tisch, sprang auf und griff nach Joeys Arm, um ihn an der Flucht zu hindern. "Kumpel... du weißt, vor mir muss dir nichts peinlich sein... das hatten wir schon im Sommer geklärt.", rief Tristan ihm erneut ins Gedächtnis. Joey ließ seinen Kopf hängen. Sein bester Freund hatte mehr von ihm gesehen, als ein guter Freund je sehen sollte. Hatte mehr erfahren, als Joey jemals Preis geben wollte. Und dennoch... er war hier und war immer noch sein bester Freund. "Immer wenn ich komme krieg ich einen Flashback und muss heulen, wie ein Schlosshund.", platzte es mit einer Spur von Wut aus dem Blonden, wobei die Wut sich nicht gegen Tristan, sondern eher gegen sich selbst richtete. Tristan legte eine Hand sanft an seine Wange und zog ihn dann wieder auf die Couch. "Weiß Seto, warum du weinen musst?", fragte Tristan nach. "Ja... er und Kai wissen es.", kam es leise von Joey, der seinen Blick gesenkt hatte. "Was für ein Flashback ist das?", wollte Tristan vorsichtig wissen. "W... Wenn ich komme erinnert mich das daran, dass diese Typen - vom Sommer - mich dazu brachten abzuspritzen.", kam es leise und sich schämend von Joey. "Hey... du weißt, dass Abspritzen eine Reaktion deines Körpers ist, die durch äußere Einflüsse entsteht, egal ob wir das wollen oder nicht, ja?", wollte Tristan sicher gehen, dass seinem besten Freund das bewusst war. Dieser nickte. "D... das weiß ich, aber ich will diese Flashbacks los werden.", meinte der Blonde leise. "Ich sag es nicht gern...", setzte Tristan vorsichtig an. "Dann lass es.", bat Joey ihn halbherzig, der sich schon denken konnte, was nun kommen würde. "Die Flashbacks werden solange bleiben, bis du dich dazu durchringst über den Sommer zu sprechen.", sprach sein bester Freund ungerührt weiter. Man hätte es nicht glauben können, aber Joey konnte seinen Kopf noch tiefer hängen lassen, während er sich auf die Unterlippe biss. "I... Ihr habt mir versprochen, dass ihr mich mit der Woche im Sommer in Ruhe lassen werdet.", kam es kaum hörbar von Joey. Tristan rückte ein wenig mehr auf und legte einen Arm um ihn, während er ihn etwas näher an sich zog. "Kumpel... du weißt, wir würden dir deinen Willen lassen, wenn dich diese Woche nicht bis heute so im Griff hätte und verfolgen würde.", kam es zärtlich von Tristan. "Aber du musst dir einfach selbst eingestehen, dass totschweigen nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hat." Eine Träne löste sich aus Joeys Auge. Er wusste, dass Tristan Recht hatte. Dennoch war der Widerwille über die offensichtliche Lösung seines Problems stark. "Oder du konditionierst dich durch Training.", kam es sinnierend von dem Brünetten. "Hä?", kam es nichtverstehend von dem Blonden. "Na ja... Hol dir einfach immer wieder einen runter und wenn du kommst konditionierst du dich auf einen bestimmten Gedanken, der dem Flashback entgegen wirkt. Keine Ahnung, ob das wirklich so klappen könnte, aber einen Versuch wär es doch wert.", erklärte Tristan mit stoischer Ruhe. Sich einen runter holen? Und beim Kommen auf einen bestimmten Gedanken konzentrieren, um dem Flashback entgegen zu wirken? So dumm klang das gar nicht in den Ohren des Blonden. Dankbar lächelte er seinen besten Freund an. "So und jetzt lass uns mal das Level clearen, auf jetzt.", kam es breit grinsend von Honda, der ihm dann den Joypad reichte, während er nach seinem eigenen griff. Kapitel 101: Konditionnierung ----------------------------- Kapitel 101 - Konditionierung Joey lag wach neben Seto, der ihn im Arm hielt und friedlich schlief. 'Du konditionierst dich durch Training', waberten Tristans Worte noch durch seinen Kopf. 'Hol dir einfach immer wieder einen runter und wenn du kommst konditionierst du dich auf einen bestimmten Gedanken, der dem Flashback entgegen wirkt.' Konnte das wirklich funktionieren? Er bräuchte erst einmal also einen bestimmten Gedanken. Einen, der machtvoll genug war, damit er den Flashback abmildern könnte. Doch das war einfacher gesagt, als getan. Gab es so einen Gedanken überhaupt? Sein Blick fiel auf Seto und da wurde ihm klar, dass er die Antwort war. Er hatte den Sommer nur für ihn überstanden. Hatte alles getan, nur damit er zu ihm zurück kehren konnte. Wenn es also einen Gedanken gab, der dem Flashback entgegen wirken konnte, dann der an seinen Drachen. Okay, er hatte also einen Gedanken. War einfacher, als er gedacht hatte. Doch das nächste... würde sich nicht so leicht lösen lassen. Denn es beinhaltete, dass er anfing sich selbst zu berühren und sich einen runter zu holen. Genau das, was er eigentlich versuchte stets zu vermeiden. Er wollte sich nicht DA anfassen. Sich nicht stimulieren bis er kam. Er spürte, wie sein Körper alleine bei dem Gedanken schon begann zu zittern. Instinktiv zog Seto ihn im Schlaf näher zu sich und schlang seine Arme enger um ihn. Joey wollte dieses Gefühl von Geborgenheit nur für einen Augenblick genießen. Also schloss er die Augen und... driftete in den Schlaf. Es war halb eins mittags, als Joey die Villa betrat. Nach wie vor verweigerte Seto ihm eine Vollzeitstelle und solange sein direkter Vorgesetzter sich von Seto einschüchtern ließ arbeitete Joey nur bis zwölf Uhr. Er hasste das. Einerseits wurde so nur offensichtlicher, dass er durch Vitamin B in die Firma gekommen war und eine Sonderstellung einnahm. Das war etwas gewesen, was er zu Beginn kategorisch abgelehnt hatte. Er wollte keine Sonderbehandlung oder das seine Kollegen hinter seinem Rücken begannen über ihn zu tuscheln. Doch das er jetzt nur noch Teilzeit arbeitete, bei vollen Bezügen und das auf Anweisung des obersten Boss... wie sollte er so jemals ein ehrliches Feedback bekommen, wenn sein Chef Angst vor seinem eigenen Chef aka Joeys Freund hatte? Andererseits war er hier bis 17.00 Uhr oft alleine, da Mokuba bis mindestens 15.00 Uhr Schule und danach oft noch eine außerschulische Aktivität hatte. Klar, manchmal kamen Yugi, Tris, Duke oder sein Vater vorbei, aber auch das konnte er nicht täglich von ihnen verlangen und meist blieben sie nur ein oder zwei Stunden. Klar, drei Mal die Woche kam Kai, doch auch dieser blieb im besten Fall nur anderthalb Stunden. Aber... vielleicht sollte er aufhören darüber zu jammern, dass er knapp vier Stunden zu überbrücken hatte und den Vorteil darin sehen. Er hatte sich auf einigen Internetseiten zu dem Thema Konditionierung zwecks Abgewöhnung schlechter Angewohnheiten eingelesen und alle sagten, dass das am Besten ginge, wenn man eine Zeit für sich sein konnte. Joey ballte seine Hände zu Fäusten. Ließ wieder locker, nur um gleich darauf die Hände erneut zu ballen. Dann, nach einem kurzen Zögern, stieg er die Treppe hinauf. Er ging in das Zimmer, in dem er mit Seto immer schlief und durchquerte es, um zum Badezimmer zu kommen. Dort stellte er sich vor den Spiegel und schaute sich an. Das fiel ihm verdammt schwer. Für einen Moment hatte er den Eindruck, dass sein eigenes Spiegelbild über ihn lachte. Er schloss seine Augen kurz und als er sie wieder öffnete stand sein Spiegelbild ihm normal gegenüber und blickte ihn genauso fragend an, wie er es. Er ließ es nicht aus den Augen, während seine Hand langsam sich zu seinem Hosenknopf vortastete. Zögerlich und mit drei Anläufen schaffte Joey es schließlich sich die Hose zu öffnen. Die Hose, die ohnehin nur locker auf seiner Hüfte hing rutschte ihm runter und blieb dann irgendwo in den Kniekehlen hängen. Mit zittriger Hand befühlte der Blonde den Stoff seiner Boxer, während er seine Hand weiter Richtung Schritt lenkte. Kaum hatte sich die Hand über seinen schlafen Penis gelegt zuckte sie auch zugleicht weg, während Joey sich nach vorne beugte und mit der anderen, freien Hand sich vom Waschbecken abstützte. Was war schon dabei sich da anzufassen? Selbst? Warum war das für ihn nur so ein Problem? Er zog trotzig Luft zwischen den Zähnen hindurch, richtete sich auf und blickte sich fest im Spiegel an. Dann führte er seine Hand zurück an seinen Schritt. Es kostete ihn gerade seine gesamte Selbstbeherrschung nicht sofort wieder seine Hand wegzuziehen. Er versuchte mit der Atemtechnik, die ihm Kai gezeigt hatte, ruhig zu bleiben und die eigene Hand dort einfach auszuhalten. Sein Herz wummerte gegen sein Brustbein und drohte dieses zu sprengen. Doch er wollte nicht aufgeben. Es dauerte eine schiere Unendlichkeit, bis sein Herz sich einkriegte. Na ja, es schlug immer noch härter und schneller, als normal, aber er hatte jetzt nicht mehr das Gefühl gegen den Drang, seine Hand wegzuziehen, ankämpfen zu müssen. So weit, so gut. Er zog seine Hand etwas höher zum Bund seiner Boxer. Langsam fummelte er die Fingerspitze unter den Gummizug und ließ sie wieder tiefer sinken. Er spürte das krause Schamhaar. Es fühlte sich jetzt - wo es trocken war - so ganz anders an, als unter der Dusche und nochmal ganz anders, als Setos. Trocken und spröde. Seine Hand zitterte wieder. Der Blonde schluckte schwer, bevor er seine Hand noch etwas tiefer gleiten ließ und schließlich sein schlaffes Glied erreichte. Es war nicht anders, als wenn er pinkeln musste. Da hatte er doch auch kein Problem damit ihn zu halten. Aber im Moment musste er nicht pinkeln und hielt diesen schlafen Muskel aus einem ganz anderen Grund. Er wollte sich einen runterholen, einen Flashback provozieren, sich dann gezielt Seto ins Bewusstsein rufen und damit diese ganze Situation endlich entkräften. Doch ehe er weiter machen konnte spürte er auf einmal, wie ihm etwas im Hals hochstieg. Sofort zog er seine Hand aus der Unterwäsche und konnte sich nur noch nach vorne beugen und sich in das Waschbecken erbrechen. Dabei konnte er nicht vermeiden zu weinen, weil er versagt hatte. Als er fertig war gaben seine Beine langsam nach und er sackte vor dem Waschbecken auf die Knie. Seto hatte alles getan, damit er heute früher aus der Firma verschwinden konnte. Er wusste, dass sein Streuner es nicht ertrug alleine zu Hause zu sein. Schon gar nicht an einem Tag, an dem Kai nicht kam und keiner seiner Freunde Zeit hatte. Also hatte er Termine umgelegt, Arbeit delegiert und hatte sich frei gemacht. Zwar müsste er zu Hause noch ein paar Dinge fertig machen, aber wenigstens wäre er dann bei Joey. Als er die Haustür reinkam durchzog ein herrlicher Geruch den Eingangsbereich. Er folgte dem Geruch in die Küche und fand Joey beim Backen vor. Doch er backte nicht einfach irgendetwas. Auf der Anrichte standen mehrere Bleche Kekse, zich unterschiedliche Sorten Muffins stapelten sich wortwörtlich und dazwischen standen immer wieder Kuchen. Als Seto noch einen Schritt in die Küche tat sah er Takeaki, seinen Koch neben der Tür stehen und ratlos dreinblicken. "Was ist denn hier los?", fragte Seto verwirrt. "Das kann ich ihnen nicht beantworten, Sir. Der junge Mann kam in die Küche und fing einfach an zu backen. Ich hab versucht ihn anzusprechen, aber er ist wie in einem Wahn und reagierte nicht. Als ich versuchte ihn nach der vierten Runde Muffins aus der Küche zu führen begann er zu zittern und zu weinen. Also... hab ich ihn gelassen.", erklärte sich der langjährige Angestellte. "Ist gut, Sie können dann für heute Schluss machen und vielleicht möchten Sie sich etwas von den Backwaren später einpacken.", meinte Seto ruhig. Takeaki nickte und verließ die Küche, um sich umziehen zu gehen. Derweil trat Seto hinter Joey und legte seine Hände auf dessen Schulter. Doch davon ließ sich Joey gar nicht aufhalten, der unaufhaltsam weiter den Teig in der Schüssel selbst rührte. "Joey?", fragte Seto sanft. Auf einmal wandte sich der Blonde um und grinste ihn an. "Du bist aber heute früh.", meinte dieser auf einmal. "Ich... wollte nicht, dass du hier so alleine bist.", kam es behutsam von Seto. "Ach, dass ist aber lieb von dir, Schatz.", kam es mit einer beängstigende Singsang-Stimme von Joey. "Schatz.", setzte Seto langsam an. "Was tust du da?" "Ich?", kam es von Joey, als wüsste er gar nicht, worauf Seto hinaus wollte. "Du hast so viel gebacken... hab ich irgendein Anlass vergessen?", kam es langsam von Seto. Joey blickte sich um und schien erst jetzt zu realisieren, was er alles produziert hatte. "Oh... das... hm... mir war einfach danach etwas zu backen... ich... bin wohl in einen Wahn geschlittert.", kam es betroffen von dem Blonden, der die Schüssel, in dem er gerade noch die Zutaten für einen Teig gewissenhaft verrührt hatte, abstellte. "Aber... ich kann davon morgen was zur Arbeit mitnehmen. Und Mokuba was in die Schule... vielleicht können wir auf dem Weg zur Arbeit Tristan und Yugi etwas vorbei bringen oder... also..." "Hey... sssh... wir werden schon eine Verwendung dafür finden. Na komm... lass uns ins Wohnzimmer gehen.", meinte Seto sanft und zog Joey mit sich. Dort setzten sie sich auf die Couch und der Brünette zog seinen Streuner eng in seinen Arm. Kaum saßen sie lehnte sich Joey erschöpft an ihn und schlummerte weg. Ratlos blickte Seto auf den blonden Schopf, platzierte einen Kuss auf dem Haar und streichelte ihn sanft. Was war nur vorgefallen, dass Joey sich ganz offensichtlich einer Ersatzhandlung hingeben musste? Kapitel 102: Frustquellen ------------------------- Kapitel 102 - Frustquellen "Du überdramatisierst voll.", entgegnete Joey wütend. "Ja,... ich habe gebacken und weiter? Willste sagen, dass das, was ich gebacken habe Scheiße geschmeckt hat?" "Nein, das möchte ich nicht sagen. Wenn du backst schmeckt es immer gut, das weißte doch.", erwiderte Seto und eine gewisse Verzweiflung lag in seiner Stimme. Seit Joey im Backwahn gewesen war hatte er alles, was von Seto kam als Angriff verstehen wollen. "Warum thematisierst du es denn dann?", fragte Joey nichtverstehend und immer noch wütend. "Weil es eine Ersatzhandlung war und du mir nicht verraten willst, was dazu geführt hat.", erklärte Seto sanft und besorgt. "Es war keine Ersatzhandlung.", versuchte Joey Setos Einschätzung zu negieren. "Du bist in die Küche und hast Takeaki einfach aus Jux und Tollerei ignoriert und kiloweise Backwaren produziert?", hakte Seto prüfend nach. "Man, mir war einfach danach was zu backen. Ich hatte eben Langeweile, weil der Chef meines Chefs ihm verbietet mich Vollzeit zu beschäftigen. Also sitz ich den halben Tag nutzlos rum.", schnauzte der Blonde angriffslustig. "Aber das ist doch, damit du mehr Zeit hast, um mit Kai zu arbeiten.", argumentierte Seto. "Und wieso muss ich nach einem halben Tag schon nach Hause, wenn ich gar keinen Termin bei Kai habe?", wollte Joey wissen. "Du lenkst gerade völlig vom Thema ab.", wich Seto der Beantwortung aus. "Nein... du lenkst vom Thema ab.", fauchte der Blonde. "Stopp.", kam es sanft von Kai und sofort erstarb das Streitgespräch zwischen Seto und Joey, die beide zu ihm sahen. "Joey... du bist heute sehr angriffslustig und aggressiv. Das liegt doch nicht nur daran, dass Seto dich immer noch in Teilzeit auf der Arbeit hält, also was macht dich wirklich so fuchsig?" "War klar, dass du ihn in Schutz nimmst.", kam es trotzig von Joey, der seine Arme vor der Brust verschränkte. "Setos nicht mal begründeter, ungefragter Eingriff in mein Arbeitsverhältnis ist okay, aber wenn ich mal ein paar Stunden etwas backe wird gleich eine Staatsaffäre daraus gemacht." "Joey...", kam es sanft mahnend von Kai. "Nein!", meinte Joey, der aufsprang. "Ist schon okay... ich bin ja der bekloppte." Der Blonde wollte sich abwenden, als Seto sich vor ihn stellte und seine Hände auf Joeys Schulter legte. Bittend und versöhnlich blickte er ihn an. "Joey, bitte... du bist nicht bekloppt... wir wollen dir doch nur helfen.", meinte der Brünette behutsam. "Ja, was... steht auf meiner Stirn 'hilfsbedürftiger Welpe', oder was? Ich bitte um Hilfe, wenn ich welche brauch.", keifte Joey wütend. "Nein, dass tust du eben nicht.", konterte Seto. "Du frisst alles in dich hinein, weil du lange Zeit auf dich allein gestellt warst. Aber du bist nicht länger allein." Joey blickte Seto stumm an. Es stimmte schon, was Seto so bemerkt hatte. Auf einmal löste sich seine Wut in Wohlgefallen auf und Bedauern trat an ihrer Stelle. "Tut... mir leid.", kam es leise von Joey, der seinen Kopf hängen ließ und den Blick senkte. "Dir muss nichts leid tun, Schatz... aber rede doch bitte mit uns... und glaub mir: Kai steht nicht auf meiner Seite. Er ist absolut neutral.", kam es sanft von Seto, der mit Joey zurück zum Sofa ging. "Tut mir leid, Kai.", meinte Joey erneut leise. "Wie Seto schon sagte: Dir muss nichts leid tun.", erwiderte Kai verständnisvoll. "Du hattest also Lust zu backen...?" "Ich... war nur frustriert.", gestand Joey leise. "Was hat dich denn frustriert?", hakte Kai vorsichtig nach. "Die Gesamtsituation?", kam es schulterzuckend von Joey, der nicht so klang, als wär er sich sicher, dass es wirklich daran lag. Meist war das ein deutliches Indiz dafür, dass er den wahren Grund nicht offenbaren wollte. "Was zählst du zu dieser 'Gesamtsituation' alles dazu?", wollte der rothaarige Therapeut wissen. "Na ja... dass ich weiterhin verdonnert werde nur Teilzeit zu arbeiten. Meine Unfähigkeit mit Seto intim zu sein, ohne gleich los zu schluchzen. Dazu kommt, dass ich meine Schwester und mein Dad furchtbar vermisse.", zählte Joey immer noch leise auf. "Wie wär es, wenn du nur noch an den Tagen Teilzeit arbeitest, an denen du Termine mit Kai hast und an den beiden anderen Tagen wieder Vollzeit arbeiten würdest?", fragte Seto vorsichtig und kompromissbereit. Joey blickte ihn mit großen Augen an. "Wirklich?", fragte er unsicher. "Ja... ich rede morgen mit Ejima.", versprach der Brünette mit einem sanften Lächeln und Joey erwiderte das Lächeln glücklich. Er umarmte seinen Drachen dankbar. "Wann hast du das letzte Mal mit Serenity und Jack geskypt?", fragte Kai. "Ähm... gestern Abend.", antwortete Joey verlegen. "Aber skypen ist kein Ersatz für körperliche Präsenz." "Das stimmt. Soweit ich im Gedächtnis habe werdet ihr in vier Wochen für zwei Wochen zu ihnen nach Amerika fliegen?", hakte Kai weiter nach. "Ja... stimmt.", meinte Joey leise. "Und wenn ihr schon etwas früher hinfliegt?", schlug Kai sanft vor. "Die Amerikaner feiern in zwei Wochen doch Thanksgiving. Wäre das keine Option, wenn ihr für ein verlängertes Wochenende hinfliegen würdet?" "Aber Thanksgiving liegt auf einem Donnerstag und meist sind die amerikanischen Flughäfen total überlastet, weil da sehr viele nach Hause fliegen und vor allem kann ich ja nicht schon wieder auf der Arbeit fehlen... hatte ja erst zwei Wochen frei.", argumentierte Joey halbherzig gegen den Vorschlag. "Wir könnten Mittwochabend nach der Arbeit losfliegen und würden dann Mittwochvormittag in Amerika landen. Dann fehlst du nur am Donnerstag, weil der Freitag der gleichen Woche unser Kinrou kansha no hi - Arbeitsdank-Tag - ist, der bei uns ein Feiertag ist und wir fliegen dann samstags zurück und kommen Sonntagabend wieder daheim an.", meinte Seto sanft. Joey blickte ihn ein weiteres Mal mit großen Augen an. "Würde das wirklich gehen?", fragte der Blonde total unsicher. "Aber sicher geht das... und Mokuba würde sich auch freuen, wenn wir Nitty schon so bald besuchen würden.", erklärte Seto sanft. "Aber... sicherlich macht das jetzt voll die Umständen für Dad und Serenity, wenn wir jetzt doch schon zu Thanksgiving kommen.", wiegelte Joey ab. "Lass sie uns doch heute Abend fragen, hm?", meinte Seto liebevoll, während er Joey näher an sich zog. "Okay.", kam es einlenkend von dem Blonden. "So... zwei deiner Frustquellen haben wir also gelöst... was ist mit der Dritten: Intimität zwischen euch?", kam es von Kai und Joey blickte ihn erschrocken an. Er hatte ganz vergessen, dass der Rothaarige noch da war. Sofort wurden seine Wangen rot und er blickte verlegen fort. "Ehrlich gesagt...", setzte Seto vorsichtig an. "Seit dem letzten Mal, von dem wir dir berichtet haben, haben wir es nicht noch einmal probiert." "Oh... warum nicht?", hakte Kai interessiert nach. "Nun...", kam es unsicher von Seto, der nicht wusste, wie er es formulieren sollte. "Weil ich keinen Bock darauf habe.", kam es wieder angespannt von Joey. "Es bringt doch nichts, wenn ich jedes Mal heulen muss." "Aber wie soll sich das ändern, wenn ihr es nicht weiter probiert?", wandte Kai ein. "Vielleicht legt sich das Problem ja von ganz alleine.", gab Joey zurück. "Du weißt, dass das nicht so funktioniert.", gab Seto zu bedenken. "Wird es schon... bin mir ganz sicher.", kam es wieder trotzig von dem Blonden, der nicht offenbaren wollte, dass er versuchte sich zu konditionieren. "Aber, Schatz...", wollte Seto erneut einhaken. "Vielleicht brauch ich einfach noch etwas mehr Zeit.", fauchte Joey und verschränkte wieder die Arme vor der Brust. Kai gab Seto ein Zeichen es für heute gut sein zu lassen. Seto seufzte und nickte. Dann verabschiedete sich Kai bis zum nächsten Termin. Kapitel 103: Betrügerische Ängste --------------------------------- Kapitel 103 - Betrügerische Ängste "Oh, das wäre wundervoll.", kam es überschwänglich von Serenity aus dem Laptop, nachdem Seto sie und Jack gefragt hatte, ob sie für einen kleinen Besuch schon zu Thanksgiving kommen dürften. Dabei spürte er die ablehnende Haltung seines Streuners und verstand diese nicht. Er selbst hatte doch gesagt, dass er seine Schwester und seinen Dad vermissen würde und es kaum aushielt, bis sie über Weihnachten und Silvester nach Amerika fliegen würde. Nur für ihn hatten sie sich diese Lösung zusammengeschustert und nun... schien es ihm ganz und gar nicht recht, dass er die Sache in die Tat umsetzen wollte. "Das wäre wirklich schön, wenn ihr drei uns besuchen kommen würdet.", pflichtete auch Jack bei, der neben Serenity saß. "Marcia, James und Grace können es kaum noch erwarten ihren großen Bruder kennen zu lernen." Falscher Ansatz, dachte Seto, als er spürte, wie sich Joey weiter in seinem Arm versteifte und sogar etwas zu zittern begann. Ja, dieses Thema war noch so ein Punkt, mit dem Joey sich noch nicht so recht anfreunden konnte. Immer noch war er der Meinung, dass er für die beiden Zwillingen eine Enttäuschung als Bruder darstellen würde und alles gute Zureden hatte ihn bislang in diesem Punkt nicht beruhigen oder überzeugen können, dass es anders sein würde. "Joey...", sprach Jack schließlich seinen Sohn direkt an. "Mach dir nicht so viele Sorgen." "Mach ich nicht.", erwiderte Joey zurückhaltend. "Oh doch...", wandte Serenity sanft lächelnd ein. "Man kann dir ansehen, wenn du an dir selbst zweifelst." Geschockt blickte Joey in die Kamera, bevor er betroffen den Kopf hängen ließ. "Ach, Brüderchen.", kam es seufzend von seiner Schwester. "Wann wirst du mir glauben, dass du der beste große Bruder der Welt bist und dass deine Angst, völlig unbegründet ist, hm?" "Ich glaub dir doch.", kam es kleinlaut von Joey, der immer noch auf seine Finger blickte, die miteinander hantierten. "Also zwei Zimmer für euch drei?", fragte Jack nach. "Ähm... wenn es möglich wäre, bräuchten wir vier Zimmer.", meinte Seto und wurde sowohl von Serenity und Jack, als auch Joey überrascht angeschaut. "Roland und Touji werden uns drei begleiten. Wenn ihr nicht so viel Platz habt, werden wir die beiden natürlich in einem Hotel einquartieren. Das wäre auch kein Problem." "Ach was. Platz haben wir hier genug, nicht wahr?", meinte Jack lachend und Serenity nickte. "Joey?", fragte sie schließlich nach einem langen Moment und Joey blickte wieder zu ihr auf den Monitor. "Ich hab dich ganz doll lieb und vermisse dich sehr. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ihr schon zu Thanksgiving kommen würdet." Zaghaft lächelte der Blonde schließlich und nickte. "Wird schon klappen, Schwesterchen.", meinte er sanft zu ihr und sie lächelte ihn auf ihre ganz eigene Art an. "Ich bin stolz auf dich.", kam es unerwartet von ihr. "Du bist stark und mutig und ich freu mich so sehr, dich schon so bald wieder zu sehen." "Wir vermissen dich beide sehr.", ergänzte Jack. Als sie ihr Gespräch beendet hatten und Seto den Laptop wegräumte sah Joey immer noch vor sich hin. Erst als Seto ihn von hinten umarmte und zu sich zog erwachte er aus seiner Starre. "Hey... was ist denn los?", fragte Seto behutsam. "Ich dachte, du vermisst deine Schwester so sehr, dass du es bis Weihnachten nicht mehr aushalten würdest." "Hm... ist schon richtig.", kam es leise von Joey. "Aber warum warst du dann so unwillig sie zu fragen, ob ein Besuch okay wäre?", hakte Seto sanft nach. "Weil... sie auf jeden Fall 'Ja' sagen würde, weil sie mich nicht zurückweisen will. Egal, ob es in ihre Pläne passt oder nicht. Das wollte ich nicht.", erklärte Joey die halbe Wahrheit. "Sie hat 'Ja' gesagt, weil es ihr genauso geht, wie dir, mein Schatz.", erwiderte Seto sanft. "Du bist ihr großer Bruder und nach all der Zeit der Trennung würde sie jede Gelegenheit nutzen, um bei dir zu sein." Joey blickte über seine Schulter zu seinem Freund. Wägte ab, ob das stimmen konnte. Nachdem seine Schwester bei ihrem Besuch so viel über ihn erfahren hatte... vor allem Dinge, die er ihr niemals offenbaren wollte, fiel es ihm schwer zu glauben, dass sie nach wie vor zu ihm stand. Aber dieses Gefühl hatte er auch lange bei seinen Freunden gehabt, bevor diese ihn eines Besseren belehrte. Also... wollte er trotz seiner Zweifel glauben, dass es genauso war, wie Seto es ihm sagte. "Komm, lass uns schlafen.", meinte Seto sanft und zog ihn noch etwas mehr nach hinten. Oben angekommen schob Joey seine Füße unter die gemeinsame Decke und wollte sich schon hinlegen, als er ein Zupfen an sich spürte. Er blickte zu seinem Drachen, der an seinem Shirt zupfte. "Möchtest du das heute Nacht an behalten?", fragte Seto vorsichtig. Joey blickte an sich herunter und hätte am liebsten sofort mit 'Ja' geantwortet, aber er wollte Seto nicht vor den Kopf stoßen. Also zog er sein Shirt aus. Eilig wollte er nun unter die Decke als Seto ihn zu sich zog und sanft küsste. Nur langsam erwiderte Joey den Kuss. Es war schon etwas länger her, dass er durch einen Kuss getriggert worden war. Und auch jetzt konnte er sich dem Kuss einfach hingeben und ihn genießen. Doch als er Setos Hand spürte, die sanft über seine Brust strich verspannte er sich wieder, bis der Kuss zwischen ihnen brach. "Nicht.", bat Joey leise. "Warum nicht?", fragte Seto. "W... weil...", suchte Joey eine Antwort. "Ich werde mich nicht ekeln.", kam Seto ihm zuvor. Joey blickte den Brünetten an. Prüfend. Suchend. Erkennend. Langsam entspannte er sich wieder in Setos Arm, der dann langsam weiter streichelte. Eigentlich... fand Joey Setos Berührungen gar nicht schlimm oder unangenehm. Aber die Angst, dass der andere sich dann doch vor den Narben ekeln könnte, beherrschte ihn. Seto beugte sich runter und küsste Joeys Brust. Joey blickte an die Decke. Biss sich unsicher auf die Unterlippe. Seto wanderte mit seinen Küssen quer über seine Brust. Rutschte etwas tiefer. Küsste ihn über den Bauch. Dann rutschte Seto wieder etwas mehr nach unten und kam am Bund von Joeys Nachthose an. Vorsichtig schob er den Bund etwas nach unten und küsste sich voran. Ein seichtes Keuchen entkam Joey, der seine Augen geschlossen hatte und versuchte diese Liebkosung zu genießen. Langsam schob Seto die Hose weiter hinunter, als etwas in Joeys verkrampfte. "Halt, warte.", kam es atemlos von dem Blonden. Seto blickte von unten zu ihm herauf. "Alles in Ordnung?", fragte er besorgt. "K... Könntest du... bitte wieder hoch kommen?", bat Joey seinen Drachen. Der blickte ihn verwirrt an, folgte seiner Bitte aber. "Es kam mir so vor, als würde dir das gefallen, was ich mache.", kam es unsicher von Seto. "Ja... das... tut es... hat es...", stammelte der Blonde, der sich wieder in die Kissen fallen ließ und sich kurz fahrig durch das Haar strich. "Aber?", hakte Seto sanft nach. "Nichts aber... ich weiß auch nicht... manchmal reagiere ich einfach auf etwas, was nicht greifbar ist.", gestand Joey reuig. "Das ist in Ordnung, mein Schatz... das ist ganz normal.", versuchte Seto seinen Streuner zu beruhigen. "Wirklich?", erwiderte Joey unsicher. "Ja, doch. Denk dran: Du bist mitten in einem Entwicklungsprozess. Vieles, was dich verunsichert liegt noch im Argen... Aber mit Kais Hilfe wirst du das überwinden und dann wirst du das voll und ganz genießen können.", bestärkte Seto ihn. Joey kuschelte sich eng in Setos Arm und ließ die Worte auf sich wirken. Dann dämmerte er langsam weg. Kapitel 104: Reise, Reise ------------------------- Kapitel 104 - Reise, Reise "Holst du deine Tasche?", fragte Seto seinen Streuner sanft. Dieser nickte und verschwand nach oben. Derweil kam Mokuba herunter und stellte seine Tasche quietsch vergnügt an der Haustür ab. "Ich find es großartig, dass wir schon jetzt kurz nach Amerika fliegen.", meinte Mokuba aufgeregt, der sich vor allem auf das Wiedersehen mit Serenity freute. Es war unverkennbar, dass er für Serenity sehr viel empfand. "Ich denke, dieser Kurzurlaub wird uns allen gut tun.", meinte Seto liebevoll zu seinem kleinen Bruder, der nur nickte. "Wenn wir irgendwann hier wegkommen, sicherlich.", erwiderte Mokuba grinsend. In diesem Moment ging die Tür auf und Roland kam herein. Er griff nach Setos und Mokubas Tasche und trug beides zum Wagen. Fragend blickte Seto die Treppe hinauf. "Ich geh mal schauen, wo Joey bleibt.", meinte Seto sanft, legte eine Hand auf Mokubas Schulter und lächelte ihn an. "Geh du doch schon mal zum Auto." Mokuba nickte und sprang regelrecht durch die geöffnete Haustür und dann die wenigen Stufen hinunter zum Kiesgrund, auf dem das Auto stand, indem Roland gerade die Taschen verstaute. Seto stieg die Stufen hinauf und schritt zu Joeys Zimmer. Schon als er sich der Tür näherte hörte er den Blonden murmeln. Vorsichtig öffnete er die Tür und sah, wie Joey ein Teil seiner Kleider wieder aus der Tasche räumte und aufs Bett warf, bevor er zu seiner Kommode eilte und dort nach etwas zu suchen begann. Der Brünette schloss zu seinem Streuner auf und umarmte ihn sanft von hinten. "Was hat mein Streuner?", fragte er sanft, während Joey kurz zusammenzuckte. "Ich... such Sachen, die etwas erwachsener wirken.", meinte der Blonde mit verzweifeltem Unterton. "Wieso... hab ich nur so lächerlich kindliche Klamotten." "Deine Sachen sind doch nicht kindlich.", meinte Seto vorsichtig. Doch Joey wirbelte mit einem Shirt, auf dem der rotäugige, schwarze Drache aufgedruckt war. "So?... Wer rennt in meinem Alter noch mit sowas rum?", fragte er fauchend seinen Geliebten. "Jemand, dem dieser Drache viel bedeutet.", antwortete Seto liebevoll. "Aber... doch kein großer Bruder...", kam es fast schon panisch von Joey zurück. "Hey... Streuner... schau mich an.", bat Seto den Blonden. Doch dieser wollte schon in seiner Kommode weiterwühlen, als er inne hielt und seinen Blick zu Seto hob. "Es ist ganz egal, was du an hast... die Zwillinge werden von dir begeistert sein und dich sofort lieben." Joey zitterte kurz, bevor er sich mit seiner Stirn an Setos Brust lehnte. Seto schmunzelte sanft. Hatte er es doch richtig eingeschätzt. Immer noch hatte Joey Angst davor, dass seine kleinen Halbgeschwister ihn als Bruder ablehnen könnten. Behutsam umfing Seto den Blonden mit seinen Armen. Drückte ihn an sich und kraulte ihm bedächtig den Nacken. Das entspannte den Blonden wieder etwas. "So... und nun packen wir deine Tasche.", meinte Seto nach einigen Minuten. Sie gingen zum Bett und sammelten die Kleidungsstücke wieder ein, die Joey zuvor aus seinem Gepäck geworfen hatte. Seto faltete diese wieder und reichte Joey diese dann. So überließ er dem Blonden die Wahl, ob er das Kleidungsstück einpacken würde oder nicht. Nach einer viertel Stunde griff Seto nach der gepackten Tasche und mit seiner anderen Hand nach Joeys Hand. Dann zog er ihn vorsichtig aus seinem Zimmer und zur Treppe. Dort scheute Joey noch einmal. "Aber... was...", wollte Joey erneut einwenden. Doch Seto blieb stehen und lächelte ihn ermutigend an. "Das wird nicht geschehen.", erwiderte Seto, während Joey noch nach Worten suchte, die er in den letzten Tagen nur allzu oft ausgesprochen hatte. Seto wünschte, er könnte Joey seine Selbstzweifel nehmen. Doch er musste diese selbst überwinden. Das konnte ihm keiner abnehmen. Schließlich ließ sich Joey die Treppe hinunter führen. Doch vor der Tür blieb er erneut stehen. "Und wenn...", setzte der Blonde erneut ein und wurde wieder prompt von Seto unterbrochen. "Nein, auch das wird sich nicht bewahrheiten.", meinte Seto liebevoll. Wieder blickte Joey ihn lange mit seinen braunen, ängstlichen Augen an, bevor dieser wieder nickte und sich über die Schwelle ziehen ließ. Draußen wartete Touji auf ihn und Mokuba stand am Auto und strahlte ihn an. Sofort änderte sich Joeys Körpersprache und er lächelte Mokuba an. Er wollte nicht, dass der Jüngere erkannte, wie viel Angst er tatsächlich vor dieser Reise hatte. Dann stiegen sie endlich ein und fuhren los. Den gesamten Flug war Joey furchtbar unruhig gewesen. Auf dem 14stündigen Flug hatte er keinen Augenblick Ruhe gefunden und war oft aufgesprungen und rumgelaufen. Selbst Mokuba war nach ein paar Stunden so erschöpft gewesen, dass er in seinem Sitz im Privatflugzeug eingeschlafen war, weil er nicht mit Joey Schritt halten konnte. Immer wieder war auch Seto aufgestanden, hatte sich Joey in den Weg gestellt und ihn liebevoll umarmt, um ihn dann zu ihren Sitzen zu ziehen und ihn wenigstens für ein paar Minuten neben sich zu halten. Als sie dann endlich landeten war Joey größtenteils erschöpft. Er hatte ohnehin nur begrenzte Energiereserven, vor allem, da er seit dem Mittag nichts mehr gegessen hatte. Aber Seto wusste, dass Jack und Serenity ein Brunch vorbereitet hatten, dass auf Joeys besondere Esssituation zugeschnitten war. Mokuba sprang erfrischt die Treppe hinunter, die an das Flugzeug geschoben worden war. Unten stand bereits ein gehobener Mittelklassenwagen, vor dem Jack und Serenity standen. Als Seto mit Joey zur Flugzeugtür wollten blieb Joey erneut stehen und starrte Seto stumm an. Seto lächelte ihn ein weiteres Mal sanft an, legte seine Hand an die Wange des Blonden und küsste ihn zärtlich. "Du brauchst keine Angst haben. Da draußen warten nur Serenity und dein Dad.", sprach Seto ihm erneut Mut zu. Joey nickte nur und verschränkte seine Finger noch etwas fester mit denen von Seto. Dann traten sie zur Tür und über die Schwelle auf die Treppe. Ein lautes, freudiges Quietschen war zu hören und sie waren kaum unten angekommen, da fiel Serenity ihrem Bruder bereits um den Hals, der alle Mühe damit hatte nicht umzukippen. "Daaa bist du ja endlich...", meinte sie aufgeregt, während sie ihren Bruder umarmte. Auch Joey legte einen Arm um seine Schwester und drückte sie an sich. Der Geruch ihrer Haare stieg ihm in die Nase. Ein blumig-fruchtiger Geruch. "Ich hatte sooo Angst, dass du einen Rückzieher machen würdest." "Hätt' ich auch fast.", gestand Joey leise. "Aber mein Drache hat mich geführt." Serenity blickte ihn mit ihren grünlichen Augen an, bevor sie sich Seto zuwandte und ihn kurzerhand auch umarmte. "Schön das auch du da bist und viiielen Dank, dass du meinen Bruder keinen Rückzieher machen gelassen hast.", meinte sie flüsternd zu Seto. Dieser legte kurz einen Arm um sie und lächelte sie an, als sie sich wieder lösten. Auch Jack war an sie heran getreten und nahm nun seinen Sohn lange in den Arm. Er spürte offensichtlich, wie nervös sein Sohn war und jetzt einfach Halt brauchte. "Ich bin auch froh, dass ihr jetzt schon gekommen seid.", flüsterte Jack Joey ins Ohr. "Es ist doch eben etwas anderes, sich leibhaftig gegenüber zu stehen als zu skypen, nicht wahr?" Joey nickte und klammerte sich regelrecht an seinen Dad, dem er das vor sieben Monaten noch nicht hatte glauben wollen. Ihn auf Abstand gehalten hatte. Den Gedanken ihn auch nur Vater oder Dad zu nennen war ihm damals so absurd vorgekommen. Doch jetzt... nachdem er letzten Monat bei ihnen war und offenbart hatte, dass er alles wusste und dennoch an ihm als Sohn interessiert war, hatte so vieles für Joey geändert. Er hätte nie gedacht, dass Vaterliebe so wichtig für ihn sein könnte. Roland hatte bereits das Gepäck verstaut als sie in den Wagen einstiegen. Dabei hatte er Jack gebeten, fahren zu dürfen und Jack hatte dem zugestimmt, da es ihm die Gelegenheit gab sich mehr mit seinem Sohn zu beschäftigen, der den Zuspruch seines Vaters scheinbar dringend brauchte, so nervös wie er auf einmal wieder wurde, als der Wagen sich in Bewegung setzte. Kapitel 105: Zum Zerreisen gespannt ----------------------------------- Kapitel 105 - Zum Zerreisen gespannt Seto saß neben Joey und hielt dessen Hand in seiner, strich mit dem Daumen über die weiche Haut. Jack saß auf der anderen Seite von Joey und hatte einen Arm um dessen Schulter gelegt. Nervös rutschte Joey immer wieder hin und her. Seine Anspannung war deutlich zu sehen, obwohl er versuchte zu grinsen und locker zu wirken. Serenity, die Joey gegenüber saß, legte ihre Hand auf die noch freie Hand ihres Bruders. "Die Zwillinge freuen sich schon sehr auf dich.", meinte sie sanft. Joey blickte sie mit großen Augen an. Nickte, während er immer noch versuchte zu grinsen. Wieder rutschte er hin und her. Seto rückte etwas auf, um dem Blonden den Spiel zu nehmen. Jack verstand und tat das gleiche auf der anderen Seite. So war Joey fest zwischen ihnen eingekeilt. "Du musst dich vor nichts fürchten, mein Sohn.", meinte Jack schließlich. Joey blickte zu ihm, versuchte ein weiteres Mal vergeblich zu grinsen. "Ich hab keine... keine Angst...", erwiderte Joey und klang wenig überzeugend. "Brüderchen...", meinte Serenity sanft, während sie von ihrer Sitzbank rutschte und sich vor Joey kniete. Sie lächelte ihn auf ihre ganz eigene Art an. "Du bist der beste Bruder, den man sich wünschen kann. Du bist immer für einen da. Versetzt Berge, wenn es sein muss. Beschützt mit deinem Leben. Das ist alles was zählt." Zweifelnd blickt Joey seine Schwester an. Dann setzte sie sich auf und umarmte ihn liebevoll. Er lehnte sich für einen kurzen Moment an sie. Doch dann bog der Wagen auf ein Grundstück ein. Sofort war da wieder die Anspannung in dem Blonden. Er wollte wieder mit dem Hin-und-Her-Rücken kompensieren, doch Seto und Jack waren zu nah, als dass er das hätte tun können. Auf einmal hatte Joey das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. "Hey... hey ganz ruhig.", meinte Jack besorgt. "Atme langsamer. Sie werden nicht gleich da stehen und auf dich warten." Verwirrt blickte Joey seinen Dad an. Dieser lächelte sanft und strich ihm über die Wange. "Ich hab schon damit gerechnet, dass du sehr aufgeregt sein wirst und daher bat ich Marcia mit den Zwillingen nicht vor dem Haus zu warten, so damit ihr erstmal in Ruhe ankommen und euch frisch machen könnt.", meinte Jack sanft. Ungläubig schaute Joey ihn an und schmunzelte dankbar, bevor er sich an ihn drückte. Die Erleichterung flutete ihn. Jack zog ihn mehr in seinen Arm und der Wagen kam schließlich langsam zum Stehen. Tatsächlich wartete niemand vor dem Haus. Joey saß auf dem Bett in dem Gästezimmer, welches sein Dad Seto und ihm überlassen hatte. Seto war im angrenzenden Badezimmer duschen. Er hatte Joey mitnehmen wollen, doch dieser hatte nicht gewollt. Was für ein schwacher Mensch er doch war. Er hatte eine Panikattacke bekommen, nur weil er Jacks Frau und Kinder hatte kennenlernen sollen. Aber die Angst, dass sie von ihm enttäuscht sein könnten hatte ihn fest im Griff. Doch jetzt war er hier, in ihrem Zuhause. Warum hatten sie sich kein Hotelzimmer genommen? Weil Seto genau gewusst hatte, dass er sich dann nicht aus dem Zimmer wagen würde. Doch hier... es wäre unhöflich, wenn er sich jetzt die nächsten drei Tage hier verstecken würden. Erst drängen sie sich seinem Dad und dessen Familie für Thanksgiving auf und nun... Joey spürte eine Hand an seiner Wange und blickte blinzelnd auf. Vor ihm stand Seto, mit einem Handtuch um die Hüfte und noch leicht feucht. Er lächelte ihn an und ging dann vor ihm in die Knie. So konnte er ihn von unten herauf anschauen. "Was geht dir durch den Kopf?", fragte Seto sanft. Doch Joey schüttelt nur den Kopf. "Du bist nicht schwach.", kam es auf einmal von seinem Drachen und Joey blickte ihn überrascht an. "Joey... du warst nie schwach. Schau doch nur, was du in nur einem halben Jahr alles erreicht hast: Du bist deinem Vater entkommen, hast einen glänzenden Schulabschluss gemacht, hast dich au seinem tiefen Loch heraus gezogen, eine Therapie begonnen, hast deinen Freunden die ganze Wahrheit offenbart, machst einen fabelhaften Job und bald wirst du studieren. Jemand, der schwach wäre, hätte nichts davon geschafft." Joey hatte sich seine Hand über die Brust gelegt und hatte Mühe die Tränen zurück zu halten. Sanft zog Seto ihn in seine Arme und drückte ihn fest an sich. Küsste ihn auf die Wange, strich ihm durch das blonde Haar und ließ ihn wissen, dass er nicht alleine war. Niemals wieder sein würde. Mokuba war von Marcia und den Zwillingen herzlich begrüßt worden, als er mit Serenity ins Wohnzimmer kam. Das Wohnzimmer war nicht übermäßig groß und wurde durch die Sitzgruppe, die U-Förmig vor dem Kamin aufgestellt worden war, dominiert. Das Feuer im Kamin prasselte, da draußen bereits Schnee lag und es ordentlich kalt war. Viel kälter als in Japan, wie Mokuba hatte feststellen müssen. Sie unterhielten sich gemütlich und für den Wirbelwind war es ungewohnt in einer für ihn fremden Sprache zu sprechen. Klar, beherrschte er die Sprache fließend, denn er hatte Seto schon oft auf Geschäftsreisen begleitet und dieser hatte Wert darauf gelegt, dass er sich zumindest in dieser Allerweltsprache auszudrücken vermochte. Dennoch kam er nicht oft dazu sie anzuwenden. War seine Aussprache in Ordnung? Hatte er einen Akzent? Wandte er die Redewendungen und Sprachgebräuche richtig an? Doch Marcia und die Zwillinge schienen ihn bestens zu verstehen und so verschwand seine Unsicherheit immer mehr. "Duuu, Onkel Mokuba...", kam Grace zu ihm gesprungen und schaute ihn mit ganz großen Augen an. Mokuba hob sie auf seinen Schoss, so dass sie mit ihm auf Augenhöhe war. "Ja, Grace?", meinte er lächelnd. "Nitty sagte, wir haben noch einen großen Bruder... und dass der auch mitgekommen sei...", sagte die kleine Blonde unsicher. "Das ist richtig.", bekräftigte Mokuba die Aussage der jungen Amerikanerin. "Aber warum ist er dann nicht hier bei uns? Mag er uns gar nicht kennen lernen?", fragte sie in ihrer kindlichen Unschuld. "Grace... wir haben doch da heute Morgen drüber gesprochen, weißt du nicht mehr?", kam es sanft von Serenity, die der kleinen Schwester auf die Nase tippte und lächelte. "Joey ist schon total gespannt auf euch, aber er ist nicht ganz fit und muss sich erst etwas ausruhen, weil die Reise von Japan hier her so lange war." "Aber Mokuba ist doch auch hier und ist doch genauso weit gekommen.", erwiderte die jüngste Johnson mit kindlicher Logik. "Ich bin aber auch jünger als dein Bruder.", wandte Mokuba ein. "Wie alt ist denn Joey?", kam es jetzt von James, der zu ihnen aufgeschlossen hatte und auf den Zweisitzer geklettert war um sich von hinten über Mokubas Schulter zu lehnen. "Na ja... älter als Nitty und ich.", meinte Mokuba überrascht von der Frage. "So alt wie Daddy?", fragte Grace mit großen Augen. "Aber Schatz... das geht doch nicht.", wandte Marcia ein. "Weil Daddy doch dann selbst noch ein Kind wäre." "Aber du sagst doch immer, dass Daddy ein Kindskopf ist.", kam es einwenden von James. Jack musste lachen. "Touché", kam es von dem Ältesten, der seine Frau nur angrinste. "Was haben wir nur für kluge Kinder." Auf einmal erklang ein Klopfgeräusch und als alle zum Türbogen sahen, stand dort Seto und neben ihm Joey mit seinem typischen Grinsen, dass er über die Jahre einstudiert hatte. "Stören wir?", fragte Seto höflichkeitshalber. "Aber nein.", kam es sofort erfreut von Jack, der zusammen mit Marcia aufstand, während die Zwillinge halb auf Mokuba und Serenity hängen blieben. Jack führte seine Frau vor Seto und Joey. "Das ist Seto Kaiba und das... ist mein großartiger, äußerst begabter, gut aussehender Sohn Joey.", stellte er mit stolzgeschwellter Brust die beiden seiner Frau vor. Auf Joeys Wange zog eine seichte, verlegene Röte, während er Marcia die Hand reichte. "Hi.", war alles was er schüchtern über die Lippen brachte, während Seto einen Arm um ihn geschlungen hatte, um ihm Kraft und Mut zu geben. "Oooh, es freut mich, dich endlich einmal kennen zu lernen.", kam es sofort erfreut von der Frau, die ihn regelrecht anstrahlte. "Darf ich dich umarmen?" Unsicher nickte Joey und wurde sogleich von der Frau fest umarmt. Er wusste Anfangs nicht so recht wohin mit seinen Armen, entschloss sich dann aber sie ebenfalls etwas zu drücken. Dann ließ sie ihn los, legte ihre Hände an Joeys Gesicht und lächelte ihn weiter überglücklich an. "Und dein Vater hat in allen Punkten Recht." Wieder senkte Joey verlegen den Blick etwas. "Du musst nicht schüchtern sein, Joey...", lächelte Marcia charmant. "Jack hat mir schon so viel über dich erzählt, dass ich das Gefühl habe, dass du schon lange zu unserer Familie gehörst." Kurz blickte Joey sie geschockt an, dann zu seinem Vater, der ihn nur beruhigend anlächelte und eine Hand auf Schulter legte. Der Blonde entspannte sich ein wenig. Dann begrüßte Marcia auch Seto, den sie vor lauter Freude fast vergessen hätte. Auf einmal spürte Joey etwas an sich zupfen. Als er runter schaute, sah er die beiden Fünfjährigen. Er ging sanft lächelnd in die Knie. "Bist du...", setzte James an. "...unser großer Bruder Joey?", schloss Grace die Frage. Joey nickte einmal. "Ja, dass bin ich... und dann müsst ihr Grace und James sein.", dabei tippte er absichtlich die beiden in falscher Reihenfolge an. Beide kicherten und schüttelten den Kopf. "Neeein... ich bin James und das ist Grace.", berichtigte James seinen großen Bruder. "Oooh, natürlich... wie konnte ich euch beiden nur verwechseln.", kam es gespielt verlegen von Joey. "Darf ich dich auch umarmen?", fragte Grace mit einem Anflug von Schüchternheit. "Klar... bin doch euer großer Bruder.", meinte Joey und Grace schloss ihn schnell in ihre viel zu kurz wirkenden Arme. James guckte nur scheu. "Möchtest du auch?", fragte Joey und James nickte. Also legte Joey einen Arm um den Jungen und ließ sich auch von ihm umarmen. "Schön dich kennen zu lernen, Joey.", meinte Grace glücklich lächelnd. "Schön auch euch kennen zu lernen, Grace und James.", erwiderte Joey lächelnd und tippte dieses Mal in der richtigen Reihenfolge den Kindern auf die Brust. Serenity strahlte. Genau das hatte sie die ganzen letzten Monaten vor sich gesehen: Joey, der auf Anhieb gut mit den Zwillingen klar kam und die ihn sofort und unwiderruflich in ihre Herzen geschlossen hatten. Als sie zu ihrem Vater schaute lächelte auch er mehr als zufrieden und überglücklich. Kapitel 106: Traumland? ----------------------- Kapitel 106 - Traumland? Als Seto aus dem Bad kam und dort das Licht ausschaltete sah er, wie Joey total erledigt bereits im Bett vor sich hin schlummerte. Es war nach den anfänglichen Schwierigkeiten für den Blonden doch noch ein recht schöner Tag geworden. Den ganzen Nachmittag hatte er mit den beiden Zwillingen herum getollt und hatte mit ihnen gespielt. Zwischen durch hatte er sich erzählen lassen, was die beiden derzeit toll fanden, angefangen bei den Frühstückflakes, über Cartoons, bis hin zu ihren Lieblingscomics. Aber die beiden hatten auch großes Interesse an Joey gezeigt. Wollten alles und noch mehr über ihn wissen, soweit ihr kindlicher Horizont es zuließ. Am Ende hatten sie sich auf der Couch links und rechts neben ihn gekuschelt und waren eingeschlafen. Marcia und Jack hatten sie dann in ihr Zimmer und ins Bett gebracht. Als die beiden zurück kamen hatte sich Joey bereits eng in Setos Arm gekuschelt und Jack ließ sich neben seinem Sohn nieder. "So platt waren sie schon lange nicht mehr.", hatte Jack anerkennend gemeint und seinen Sohn sanft in seinen Arm gezogen und ihn gedrückt. "Und sie lieben dich... ich soll dir noch ausrichten, dass sie sich schon auf morgen freuen." "Die zwei sind großartig.", meinte Joey nur sanft. Eigentlich hatten sie noch eine Weile mit Marcia und Jack zusammensitzen und reden wollen, doch Joey war nicht weniger platt als die zwei Kleinen, hatte er doch im Flugzeug keinen Moment still gesessen und seine kleine Panikattacke im Auto hatte ihn auch einiges an Energie und Kraft gekostet. Also hatte Seto ihn auf ihr Zimmer gebracht. Vorsichtig schlüpfte Seto neben Joey ins Bett und zog ihn sanft in seine Arme. Sofort kuschelte sich der Blonde eng an ihn und schien sich noch etwas wohler zu fühlen. Es war lange her, dass Seto seinen Streuner so friedlich und entspannt erlebt hatte. Gerade in den letzten zwei Wochen war irgendwas im Busch gewesen, was Joey ihm aber nicht offenbaren wollte. Seto war schon eine Weile wach, während Joey immer noch in seinem Arm lag und schlief. Der andere war diese Nacht nicht einmal wach geworden und das war eine Seltenheit. Zwar wachte er nur noch selten schreiend auf, aber er fuhr mindestens zwei Mal pro Nacht schreckhaft zusammen. Nicht so in dieser Nacht. Plötzlich senkte sich die Klinke der Tür, bevor diese langsam aufgedrückt wurde. Noch ehe Seto reagieren konnte kamen die beiden Zwillinge ins Zimmer gerannt und sprangen freudig grölend ins Bett. Sofort schlug Joey seine Augen erschrocken auf und wollte hochschrecken, doch die beiden Zwillinge hatten sich gegen ihn geworfen und knuddelten ihn in die Kissen. Joey musste lachen, als er erkannte, dass es die Kleinen waren. Schließlich tauchte auch Marcia plötzlich im Türrahmen auf und blickte erschrocken ins Bett. "James. Grace. Sofort aus dem Bett.", rief sie streng ihre Kinder, die sich aber an ihren neuen großen Bruder pressten und ihn umarmten. Marcia seufzte lächelnd. "Es tut mir leid, ihr beiden. Ich hatte mich nur für einen Moment umgedreht, als mir die beiden ausgebüchst sind. Ich hoffe, sie haben euch nicht allzu sehr erschrocken." Irgendetwas an ihrer Ausdrucksweise verriet Seto, dass Marcia voll im Bild über ihren Stiefsohn war und er hoffte, dass Joey dieser Anhaltspunkt entging. Doch ein Blick zu seinem blonden Streuner ließ seine Hoffnung zerbröseln. Er blickte seine Stiefmutter auf diese prüfende Art und Weise an, die er immer dann zur Schau trug, wenn er sich unsicher war, ob es wirklich so war, wie er es verstanden hatte. "Alles gut... wer könnte den beiden auch schon böse sein.", meinte Joey ruhig. "Gut... so und jetzt kommt ihr beiden Terrormäuse... fertig anziehen und dann zum Frühstück.", meinte die Mutter der Zwillinge sanfter. Die beiden drückten Joey noch zwei Küsse auf die Wange, bevor sie aus dem Bett krabbelten und dann an ihrer Mutter vorbei das Zimmer verließen. Marcia lächelte den beiden noch einmal sanft zu. "Bis gleich beim Frühstück.", meinte sie hoffnungsvoll. Dann schloss sie hinter sich die Tür und Joey sank zurück in Setos Arm, bevor er sich an dessen Brust verkroch und eine Decke über sich zog. "Alles in Ordnung, Schatz?", fragte Seto und wusste bereits, dass dem nicht so war. "Sie weiß es, oder?", kam es nuschelnd von dem Blonden. "Ich bin mir nicht sicher.", versuchte Seto die Situation zu retten. Ein Klopfen ertönte und Joey rollte sich noch etwas enger an Seto. "Ja, bitte.", rief Seto und als die Tür aufging kamen Serenity und Jack herein. Serenity lächelte, wie es in ihrer Natur lag, warmherzig. "Serenity." Joey zuckte kurz zusammen, dann stemmte er sich wieder in eine sitzende Position und als die Decke von ihm runter rutschte versuchte er zu lächeln. "Hey, guten Morgen.", meinte das Schwesterchen, während sie sich auf das Bett setzte und ihren Bruder umarmte. "Morgen ihr beiden.", kam es freundlich von Jack. "Wir sind gerade Marcia und den Zwillingen begegnet.", meinte Serenity sanft und etwas legte sich über ihr Gesicht. Verlegenheit. "Ich muss dir was sagen Joey." Joey hatte einen Arm um seine Schwester gelegt und sie noch etwas näher an sich gezogen, während Jack vor dem Bett in die Hocke gegangen war und eine Hand auf die seiner Tochter legte. "Als wir aus Japan zurück kamen, hatte ich sehr damit zu kämpfen, was ich alles erfahren hatte... das Leid, dass man dir angetan und mit dem du täglich zu kämpfen hast, hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Daher hab ich mit jemand reden müssen, doch Dad... war geschäftlich unterwegs, also hab ich mit Marcia drüber gesprochen.", offenbarte sie vorsichtig und mit einer Spur Angst. "A... also weiß sie es wirklich?", fragte Joey mit belegter Stimme. "Ich... ich weiß von Dad, wie schwer es dir fällt mit jemand umzugehen, der es weiß und deshalb hab ich es dir gestern nicht gesagt. Ich wollte, dass du ihr unvoreingenommen und ohne Scham gegenüber trittst, damit du spürst, dass sie eine ganz liebe Frau ist, vor der dir nichts peinlich sein muss.", ergänzte seine Schwester zügig. Ein Moment der Stille entstand. "Ist schon okay.", meinte Joey auf einmal und lächelte Serenity an. Sein Dad legte eine Hand an seine Wange und sein Lächeln geriet ins Wanken. Jack stand auf und setzte sich auf die Bettkante, bevor er Joey zu sich zog und fest in den Arm nahm. Joey Schulter begannen zu beben. Serenity schmiegte sich an Joeys Seite. "Brüderchen... Marcia mag dich wirklich. Das hat nichts mit Mitleid zu tun.", erklärte Serenity beschwichtigend. "Bitte... verzeih mir, dass ich es ihr erzählt habe. Joey löste sich und zog dann Serenity in seine Arme. "Ist wirklich in Ordnung, Schwesterchen.", meinte der Blonde sanft. "Verzeih mir, dass ich dich mit meinem Kram so belastet habe." "Nein... du hast mich damit nicht belastet... Joey...", wollte Serenity aufbegehren. "Ist schon okay, meine süße Serenity.", er löste sich etwas von ihr und strich ihr sanft über die Wange. "Ich bin dir nicht böse. Wirklich nicht..." Jetzt war es Serenity, die ihrem Bruder um den Hals fiel und erleichtert aufseufzte. "Ich hab dich so lieb, Brüderchen.", flüsterte sie ihm zu. "Ich hab dich auch sehr lieb, Schwesterchen.", konterte Joey sanft. "Aber jetzt husch... wir müssen noch ins Bad und uns anziehen, sonst ist das Frühstück zu Ende bevor wir unten ankommen." Sie ließ ihn wieder los, strahlte ihn mit ein, zwei Tränen in den Augen an und nickte. Sie drückte ihm noch einmal einen Kuss auf und sprang dann vom Bett, bevor sie das Zimmer verließ. Jack war noch sitzen geblieben. Joey sah ihn unsicher an. "Marcia ist immer noch die gleiche, wie gestern.", meinte er sanft. "Es gibt keinen Grund den Umgang mit ihr zu ändern." Joey nickte, ließ aber seine Schultern und den Kopf hängen. Jack zog ihn erneut in seinen Arm und küsste ihn auf das Haar. "Mein großer, tapferer, mutiger Sohn...", flüsterte er ihm zu. "Ich lieb dich." "Ich... hab dich auch lieb, Dad.", kam es leise von Joey und es fühlte sich komisch an das zu sagen. Nie hatte er dem Monster, der nun im Knast versauerte, etwas Ähnliches gesagt oder auch nur empfunden. Aber bei Jack... war das anders. Zu Jack hatte er eine gewisse Zuneigung entwickelt und das obwohl er ihn erst sieben Monate kannte und erst seit knapp einem Monat wirklich als sein Dad sah. Davor war der Kontakt höchst formal und distanziert gewesen. "Wir sehen uns gleich am Frühstückstisch, okay?", fragte Jack und Joey nickte, als sie sich lösten. Dann stand auch Jack auf und verließ das Zimmer. Zurück blieb nur ein ziemlich geknickter Joey, der nun von Seto umarmt und an dessen Brust gezogen wurde. "Wir werden das zusammen meistern.", meinte Seto sanft und Joey schmiegte sich an seinen Drachen. Seine Wärme und Liebe gaben ihm Kraft. Dann nickte der Blonde erneut und sie standen auf, um ihre Morgentoilette zu absolvieren. Als sie die Treppe herunter kamen blieb Joey kurz vor dem Esszimmer stehen. Seto blickte ihn kurz fragend an, zog ihn dann zu sich und küsste ihn sanft. Strich ihm eine Haarsträhne hinter das Ohr. Als er sich von Joey löste spürte er, wie sich dessen Herzschlag beruhigt hatte. Dann zog er ihn sanft durch die Schwingtür. "Joooey.", jubelten die Zwillinge, die aufsprangen und stürmisch auf ihn zuliefen. Er ging in die Knie, so dass die beiden ihm um den Hals fallen konnten. Sanft umarmte er sie noch einmal. "Na ihr beiden... wir haben uns heute Morgen doch schon gesehen.", meinte Joey amüsiert. "Wir freuen uns trotzdem...", meinten die beiden freudig. Es war komisch. Wenn er die beiden in die Arme schloss fühlte es sich an, als würde er Serenity und sich selbst als Kinder umarmen. "Na, jetzt lasst euren großen Bruder doch auch mal etwas frühstücken.", meinte Marcia sanft und Joey anlächelnd. Joey lächelte kurz zurück, bevor er seinen Blick abwandte. Die Zwillinge lösten sich von ihm und nahmen ihn an je einer Hand und zogen ihn dann an den Frühstückstisch. "Schau mal, Nitty sagte, du magst Pancakes.", meinte James. Als sie am Frühstückstisch ankamen war Joey davon überrascht, dass alles in einem Miniaturformat zubereitet war, wie bei ihrem Besuch in Japan. Gerührt lächelte er Serenity zu und küsste sie auf die Stirn. Dann nahm er mit Seto zusammen Platz am Tisch und aß tatsächlich etwas von dem Frühstück, dass an seine Bedürfnissen angepasst worden war. Dabei unterhielten sie sich locker. "Und später spielen wir mit Papa Thanksgiving-Ball.", meinte James dann aufgeregt. "Thanksgiving-Ball?", wiederholte Joey, der nicht wusste, was damit gemeint war. Jack grinste. "An Thanksgiving gibt es immer ein großes Football-Spiel im Fernsehen und davor spielen wir selbst ein wenig draußen.", erklärte Jack. "Aber... draußen liegt Schnee.", kam es verwirrt von Joey. "Das gehört dazu, Joey.", meinte Marcia sanft. "Amerikanische Männer sehen es als einen Beweis ihrer Männlichkeit an, bei ungeeignetem Grund Football zu spielen." "Hey... es ist eine Tradition.", maulte Jack. "Ich bezweifel, dass dein Vater mit dir an Thanksgiving in den Garten gegangen und mit dir im Schnee Football gespielt hat.", kam es sanft von Marcia, die aufgestanden war, um sich Kaffee nachzuschenken und nun Jack auch etwas einzuschenken und ihn auf die Wange zu küssen. Wie harmonisch die beiden miteinander umgingen, obwohl sie - laut Jack zumindest - gar nicht mehr zusammen waren. Marcia bemerkte den verwirrten Blick ihres Stiefsohns und lächelte ihn erneut sanft an. "Wir haben uns trotz allem lieb und sind beste Freunde.", meinte sie erklärend, während sie sich wieder hinsetzte. Genau so etwas hatte Jack ihm auch erklärt gehabt. Dennoch, wenn Joey an seine Eltern zurück dachte, die sich immer nur angeschrien und gefetzt hatten, bis seine Mutter die Scheidung eingereicht und sich von ihnen getrennt hatte, kam ihm das hier wie in einem Traumland vor. Aber es war schön zu sehen, dass es auch anders ging. Also lächelte er nur zurück und nahm sich noch einen Mini-Pancake. Kapitel 107: Dankbar für.... ---------------------------- Kapitel 107 - Dankbar für... Nach dem Frühstück half Joey Marcia beim Abräumen des Frühstückstisches. Als er ihr die letzten Teller brachte stellte er überrascht fest, dass sie sich eine Schürze umgebunden hatte. "Was machst du denn?", fragte er verwundert. "Wenn wir in acht Stunden etwas essen wollen muss ich so langsam anfangen mit dem Kochen.", meinte sie sanft lächelnd. "Soll das heißen, dass du jetzt schon anfängst das Abendessen zu kochen?", kam es verblüfft von ihm. "So ein Truthahn braucht seine Zeit.", antwortete Marcia mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. "Kann ich dir helfen?", fragte Joey vorsichtig. "Möchtest du den Tag nicht lieber mit deinem Dad und deinen Geschwister verbringen?", hakte Marcia sanft nach. "Ich... ähm... wollte ohnehin fragen, ob ich einen Kuchen beisteuern dürfte.", meinte Joey verlegen. Eigentlich wollte er Marcia kennen lernen. Sicher sein, dass sie Serenity eine gute Mutter war und nicht der sprichwörtliche Drache, den man aus so vielen Märchen und Erzählungen kannte. Immerhin waren Serenity und er nicht ihre Kinder. "Klar.", lächelte sie ihn an und zeigte Joey, wo er alles fand. "Ähm... ich wollte mal einen Kürbiskuchen probieren oder... ähm... fändest du einen Apfelkuchen besser?", fragte Joey unsicher die Frau seines Dads nach ihrer Meinung. "Das klingt beides gut.", meinte sie sanft, während sie sich neben ihn stellte und die beiden Rezepte, die er auf seinem Smartphone aufgerufen hatte, betrachtete. "Also ich wollte Kürbis als Beilage servieren, wenn du aber einen Kürbiskuchen backen möchtest, würde ich mir das sparen." "Hm... wär es dann nicht sinnvoller, wenn ich einen Apfelkuchen backe?", fragte Joey weiterhin unsicher. "Er würde auch sehr gut zu Thanksgiving passen und die Geschmackspalette gut ergänzen.", stimmte Marcia zu. "Okay... dann... back ich einen Apfelkuchen.", meinte Joey. Die beide begannen mit ihren Vorarbeiten für das, was sie machen wollten. Hier und da bat ihn Marcia um Hilfe und er ging ihr zur Hand. Wenn er etwas brauchte und nicht fand, reichte sie es ihm. Dabei plauderten sie über dieses und jenes, aber nichts Tiefergehendes oder Weltbewegendes. Einfach ein bisschen über das Kochen und Backen, das Wetter und die Unterschiede zum Wetter in Japan zur gleichen Zeit. Nach zwei Stunden kam Jack mit Seto herein und schauten den beiden ein wenig zu, die scheinbar gar nicht registriert hatten, dass sie dazu gekommen waren. Also setzten sie sich an den Tresen und beobachteten die beiden mehr als zufrieden. Als Joey den Kuchen aus dem Ofen holte und ihn auf den Tresen stellen wollte erschrak er und hätte fast den Kuchen fallen lassen. Doch Jack war mit einem Handtuch zur Stelle und fing den Kuchen auf. "Seit... wann seid ihr denn da?", fragte Joey überrascht, der eilig Jack die heiße Backform aus der Hand nahm, die nur durch das dünne Küchenhandtuch vor der Hitze geschützt war. "Och... eine Weile.", meinte Jack mit einem sanftem Grinsen. "Ihr wart so perfekt aufeinander eingespielt, dass wir euch nicht stören wollten." "Quatschkopf.", kam es liebevoll lächelnd von Marcia. "In Wirklichkeit wolltest du doch nur checken, ob du irgendwo naschen kannst." "Du kennst mich zu gut.", lächelte Jack zurück. "Sorry, Jack, dieses Jahr kein Teig für dich.", meinte sie weiter süßholzraspelnd, während sie den Ofen öffnete und den Truthahn ein weiteres Mal mit dem eigenen Saft übergoss. Jack ließ traurig die Schultern sinken. "Bist du... etwa ein Schleckermäulchen?", fragte Joey unsicher nach. Jack nickte und setzte sich wieder neben Seto. Nachdem Joey den Kuchen endlich mal abgestellt hatte wandte er sich um, ging zur Anrichte und hantierte dort kurz. Dann brachte er ein Glasschälchen mit etwas rohem Teig zu seinem Dad. "Ich... hatte den Zwillingen etwas nebenhin gestellt, weil ich dachte, dass sie irgendwann hier auftauchen würden.", meinte Joey und lächelte seinen Dad an, der vor Freude zu Strahlen begann. Er nahm ein Löffelchen aus dem Schälchen und schob sich den Teig in den Mund. Er schloss die Augen und brummte genussvoll auf. "Das ist wundervoller. Marcia, dieses Jahr hast du dich selbst übertroffen.", meinte Jack verzückt. "Der Kuchen ist nicht von mir. Den hat Joey gebacken.", berichtigte sie ihren Mann. Dieser schaute überrascht zu seinem Sohn. "Du kannst wundervoll backen.", meinte Jack voller Stolz. Joey wurde nur leicht rot im Gesicht, während er verlegen wegschaute. Seto stand auf und umrundete den Tresen, um Joey in den Arm zu nehmen. Noch immer fiel es Joey schwer mit Komplimenten umzugehen. "Wie wär's wenn ihr Jack nehmt und die Zwillinge und draußen der Familientradition frönt, im Schnee Football zu spielen. Aber zieht euch warm an.", schlug Marcia sanft vor. Jack nickte, löffelte schnell den Rest aus dem Schälchen, bevor er es in die Spülmaschine stellte und dann eine Hand auf die Schulter seines Sohnes legte. "Das klingt gut, seid ihr mit dabei?", fragte er lächelnd Seto und Joey. "Wird sicher Spaß machen.", meinte Seto. Dann verließen die drei die Küche und Marcia blickte den drei kurz hinterher. Es war schön gewesen jemand beim Kochen zu haben, der ihr half und der ihr einen Teil der Arbeit abgenommen hatte. Sie mochte Joey. Sehr sogar. Der Schnee lag fast kniehoch und den Zwillingen ragte er bis über die Hüfte. Mokuba und Serenity hatten beschlossen aus dem warmen Wohnzimmer nur zuzusehen. Jack hatte grob die Regeln erklärt und gezeigt wo die beiden Torzonen lagen. Dann begannen sie. Sie benutzten einen etwas kleineren Football, mit dem die Zwillinge besser hantieren konnten. Nachdem die Zwillinge sich nicht hatten einigen können, wer von ihnen mit Joey auf einer Seite spielen durfte entschied Jack, dass beide mit Joey in einem Team sein durften, während Seto und er die gegnerische Mannschaft stellten. Natürlich wurde nicht verbissen nach den Regeln gespielt. Es ging in erster Linie um den Spaß und darum, dass auch die Zwillinge sich als wichtiger Teil des Spieles fühlten. Als James einmal den Ball tatsächlich fing schnappte sich Joey den Fünfjährigen und trug ihn samt Ball über den Schnee hinweg zu ihrer Torzone, wo er ihn absetzte und er den kleineren Ball auf den Boden warf. Die Jungs jubelten und liefen zu Grace, um sie auch zu umarmen und am Erfolg teilhaben zu lassen. Jack freute es, wie gut Joey und die Zwillinge sich verstanden und trotz der anfänglichen Scheu des Blonden seine jüngere Geschwister überhaupt kennen zu lernen war er regelrecht aufgeblüht und wirkte gänzlich anders. Ausgelassener. Als sie nach ein paar Runden wieder ins Haus kamen strebten sie ins Wohnzimmer an den Kamin, um sich aufzuwärmen. Serenity kam mit Mokuba aus der Küche und jeder trug ein keines Tablett auf denen Tasse mit heißer Schokolade standen. "Man, dass war ja vielleicht spannend euch zuzuschauen.", meinte Serenity sanft, während sie den Zwillingen ihre zwei Tassen reichte und dann aufstand und Joey eine weitere Tasse anbot. Er nahm sie an und nippte kurz daran. Schmeckte wie seine Nahrungsergänzung, nur dass das hier warm war. Serenity lehnte sich an seinen Arm und lächelte ihn stolz an. "Nitty ist glücklich.", kam es aufmerksam von Grace und Serenitys Lächeln wurde breiter, während sie nickte. "Ja, sehr.", meinte sie. "Warum?", fragte James. "Weil endlich meine ganze Familie um mich herum ist.", meinte sie sanft und blickte zu Joey auf. "Jaaa.", jubelten die Zwillinge freudig und kuschelten sich an Joey und Serenity. Jack konnte nur lächeln. Dann wandte er sich ab und ging zum Fernseher. Diesen schaltete er ein und richtete ein Programm auf, auf dem sie das traditionelle Thanksgiving-Footballspiel der NFL sehn konnten. Doch das Spiel war eher nebensächlich, denn Joey spielte weiter mit den Zwillingen, die ihr Lieblingsspiel ausgepackt hatte, für das auf dem Spielplan erst einmal zahlreiche Gerätschaften aufgebaut werden musste. Es ging irgendwie um Mäuse, die versuchen ein Stück Käse zu stibitzen und dabei eine Vielzahl an Fallen umgehen mussten. Nach der dritten Runde kam Marcia rein und setzte sich neben Jack, der sich mittlerweile ein Bier geholt hatte, und nippte an seiner Flasche. Sie fieberte ein paar Minuten mit ihrem Mann und der Mannschaft mit, bevor sie wieder aufstand und Joey sanft anlächelte. Er lächelte zurück, während Serenity sich an ihn gelehnt hatte. Vorsichtig schob er sie etwas von sich und im ersten Moment wollte sie wohl empört protestieren, bevor sie bemerkte, dass Joey sie zu Mokuba geschoben hatte. Dieser umarmte die Brünette sofort und schmiegte sich nun seinerseits an sie an. Sie lächelte dankbar und wandte sich dann ihrem Freund zu. Marcia hatte sie zum Essen gerufen. Als sie ins Esszimmer kamen fanden sie eine reicht gedeckte und mit Wildblumen geschmückte Tafel vor. Sie nahmen alle nach und nach Platz. Der Geruch des Truthahns war einfach köstlich und ließ den meisten am Tisch das Wasser im Mund zusammen laufen. "So, dass ist euer erstes Thanksgiving.", meinte Jack und sah dabei von Serenity über Joey zu den beiden Kaiba-Brüder. "Bevor wir uns auf dieses üppige und schmackhafte Essen stürzen ist es Brauch, dass jeder kurz sagt, wofür er in diesem Jahr dankbar ist. Und ich möchte mit gutem Beispiel voran gehen: Ich bin überaus dankbar für meine wundervollen Kinder, von meinen zwei kleinen Wilden, über meine wunderschöne und intelligente Tochter, bis zu meinem sehr talentierten und wundervollem Erstgeborenen." Schlagartig wurde Joey rot im Gesicht, während er weiterhin lächelte. Dann blickte er zu Marcia, die ihm eine Hand sanft auf den Unterarm gelegt hatte. "Ich bin dafür dankbar, dass meine Familie dank euch beiden, Serenity und Joey, gewachsen ist und wir den heutigen Tag gemeinsam verbringen.", meinte Jacks Frau voller Wärme und Zuneigung. Unter dem Tisch tastete Joey nach Setos Hand, der ihm seine reichte und die Finger verschränkte. "Wir...", kam es auf einmal James. "Wir sind dankbar für unsere große Schwester Serenity und dafür, dass wir jetzt auch einen ganz großen und tollen Bruder haben." Die Runde kam zu Mokuba. "Ich bin dankbar dafür, dass ich in Serenity einen Menschen gefunden habe, mit dem ich mir eine Zukunft wünsche.", kam es ebenfalls verlegen von dem jüngeren Kaiba-Bruder. Jetzt war es Serenity, die leicht errötete. "Oooh... Moki...", kam es ganz entzückt von Serenity, die sich vorbeugte und ihm einen sanften Kuss gab. Danach räusperte sie sich verlegen, während Marcia und Jack die beiden sanft anlächelten. "Also ich... ich bin auch dankbar dafür, jemand gefunden zu haben, mit dem ich gerne meine Zukunft gestalten möchte, aber - und ich hoffe das ist für dich okay Moki - am meisten dankbar bin ich dafür, dass mein Bruder endlich ein Leben führen kann, wie er es sich wünscht.", kam es liebevoll von der Brünette, die zu ihrem Bruder blickte, der beschämt seinen Blick auf seine Schenkel gelegt hatte. Er wusste, worauf sie anspielte und das trieb ihn an den Rand der Tränen. Auf einmal schob Joey seinen Stuhl nach hinten und stand auf. Er eilte aus dem Zimmer und wollte hoch ins obere Stockwerk, als jemand nach seinem Handgelenk griff. Als er zurück gezogen wurde sah er - zu seiner Überraschung - seinen Dad, der ihn an sich zog und fest in den Arm nahm. Joey presste sein Gesicht gegen seine Brust und kämpfte gegen die Tränen. "War gerade alles etwas viel, hm?", fragte Jack väterlich und behutsam. Joey klammerte sich an ihm fest und konnte nicht anders, als zu weinen. Kapitel 108: Eine ihn liebende Familie -------------------------------------- Kapitel 108 - Eine ihn liebende Familie Als Seto Joey und Jack folgte fand er beide an der Treppe stehend vor. Joey presste sein Gesicht an Jacks Brust und schien zu weinen. Er ging zu ihnen und stellte sich hinter Joey, umschlang ihn vorsichtig mit seinen Armen und legte seinen Kopf auf Joeys Schulter. "Es war alles etwas viel für meinen Sohn.", meinte Jack liebevoll und behutsam. Seto lächelte und nickte. Dann küsste er Joey liebevoll auf die Wange. "Komm, wir gehen für einen Moment mal nach oben.", schlug Seto sanft vor. "Ich denke, dass wird Joey gut tun.", stimmte Jack sanft ein, der vorsichtig Joey etwas von seiner Brust wegstemmte, damit er ihn anschauen konnte. "Ihr kommt dann, wenn du dich dann bereit fühlst, okay?" Joey konnte nur nicken, bevor Seto ihn sanft die Treppe hinauf führte und mit ihm in ihr Gästezimmer ging. Jack ging zurück ins Esszimmer, wo die Zwillinge schon aufgeregt auf ihren Stühlen standen. "Wo ist Joey?", fragte James aufgeregt. "Haben wir was falsch gemacht?", wollt Grace gleich wissen. Jack schmunzelte und ging zu den beiden, kniete sich zwischen die beiden Stühle und zog dann seine Zwillinge auf seine Knie. "Wisst ihr, euer Bruder war sehr lange alleine und hatte keine Familie.", begann Jack zu erklären. "Aber Nitty war doch seine Schwester.", begehrte Jack auf. "Das ist richtig.", kam es sanft von der Brünetten. "Aber meine Mama hat mich mitgenommen, als sie ihren Mann verließ und hatte Joey bei ihm gelassen." "Warum hat sie ihn dort gelassen?", fragte Grace nicht verstehend. "Das weiß ich nicht.", kam es von Serenity, die fand, dass die gesetzlichen Feinheiten des japanischen Scheidungsrechts noch etwas arg abstrakt für Fünfjährige waren. "Hat deine Mama Joey nicht lieb gehabt?", fragte James entsetzt. "Doch... mit Sicherheit hatte sie ihn lieb, aber sie konnte nur einen von uns mitnehmen.", erklärte Serenity. "Und... Joey war dann ganz alleine?", fragte Grace zurück kommend auf Jacks Erklärung noch einmal nach. "Was war denn mit dem Mann, bei dem seine Mama ihn gelassen hat?" "Dieser Mann war nicht gut zu Joey...", setzte Jack vorsichtig an. "Dieser Mann hat Joey ganz heftig weh getan und ihn geschlagen." "WAAAS?", schrie Jack jetzt entsetzt auf. "Warum hat der Mann das gemacht?" "Weil dieser Mann ganz böse ist.", antwortete Serenity sanft, die mittlerweile um den Tisch gegangen war und sich neben ihren Dad gekniet hatte. "Er ist in Wahrheit nämlich ein Monster." "Aber Joey hat das Monster getötet oder?", fragte Grace jetzt hastig. "Das Monster wurde für gaaanz lange weggesperrt und kann Joey jetzt nie wieder weh tun.", erklärte Serenity geduldig. "Aber jetzt ist Joey nicht mehr alleine.", kam es fest entschlossen von James. "Jetzt hat er Dad und Mom und Nitty und Gracy und mich." "Und Seto und Mokuba.", ergänzte Serenity und schaute lächelnd zu Mokuba, der zurück lächelte. "Seto ist Joeys Freund, wie Mokuba deiner ist, oder?", fragte Grace sanfter. Serenitys Lächeln wurde noch etwas breiter und glücklicher. "Das ist richtig, ihr Knirpse.", meinte sie sanft und stupste beide auf die Nase, was beide laut auflachen ließ. "Und wo ist Joey jetzt?", fragte James erneut. "Er ist mit Seto kurz in ihr Zimmer gegangen. Wisst ihr... Joey hat gemerkt, wie sehr wir alle ihn lieb haben und froh sind, dass er heute hier ist und das hat ihn sehr, sehr glücklich gemacht. So glücklich, dass er weinen musste.", erklärte Jack weiter. "Aber er wird sicher gleich wieder zu uns kommen." Die beiden Zwillinge nickten simultan und umarmten erst ihren Dad und dann ihre große Schwester. Dann ließen sie sich auf ihre Stühle setzen und sie begannen alle zu essen. Im oberen Stockwerk hatte Seto Joey behutsam zum Bett gezogen und sich mit ihm im Arm hingelegt. Sanft kraulte er ihn im Nacken und hin und wieder küsste er ihn sanft auf die Stirn. "Sie... haben mich wirklich gern, oder?", kam es irgendwann leise von dem Blonden. "Ja, das haben sie.", bestätigte Seto Joeys Feststellung. "Aber sie kennen mich doch gar nicht.", entgegnete der Blonde. "Vielleicht ist das für die Zwillinge gar nicht wichtig. Vielleicht zählt es für sie nur, dass du jetzt da bist.", meinte Seto sanft. "Kinder sind so. Veränderungen werden prompt akzeptiert. Neue Familienmitglieder sofort ins Herz geschlossen, vor allem, wenn diese sich so begeistert mit ihnen beschäftigen." "Die zwei sind aber auch süß.", meinte Joey leise. "Und Marcia?", hakte Seto vorsichtig nach. "Sie... ist nett. Eine gute Köchin. Sehr geduldig.", meinte Joey noch leiser. "Aber... ob das auch echt ist?" "Bestimmt. Ich glaube, wenn sie dich nicht mögen würde, dann würde sie dich nicht so mit den Zwillingen herumtollen lassen.", versuchte Seto Joeys Bedenken auszuräumen. Joey schmiegte sich enger an Seto und sog dessen Geruch tief in sich ein. Er wurde wieder ruhiger. Entspannte sich. "Joey...", hörte er Seto leise fragen und blickte zu ihm auf. "Hmm?", antwortete er ihm wortlos. "Möchtest du hier bleiben?", fragte Seto fast schon ängstlich. Sofort saß Joey senkrecht im Bett und starrte Seto fragend an. "W... was... wieso...?", kam es erschrocken von dem Blonden. "Na ja... das hier ist deine Familie... du scheinst dich sehr wohl bei diesen Menschen zu fühlen. Könnte doch sein, dass du gerne mehr Zeit mit ihnen verbringen möchtest, als nur diese drei Tage.", erläuterte Seto zaghaft. "Wi... willst du mich nicht mehr?", kam es geschockt von Joey. Jetzt war es Seto, der schlagartig saß und Joey fest in seine Arme schloss. "Doooch... natürlich will ich dich nach wie vor. Ich liebe dich, mein Streuner.", meinte er schnell. Scheinbar hatte er gar nicht damit gerechnet, dass man seine Frage auch so verstehen konnte. "Ich will nur nicht, dass du meinst auf etwas wegen mir verzichten zu müssen." "Ich will bei dir sein... Ja... ich fühl mich hier wohl, aber meine Zukunft liegt bei dir...", meinte Joey, dem die Unsicherheit deutlich anzuhören war, da nach wie vor ein kleiner Zweifel in ihm nagte, der ihm einreden wollte, dass Seto ihn nicht wollte. "Damit machst du mich sehr, sehr glücklich, mein Joey.", hauchte Seto und küsste seinen Freund voller Liebe. Joey erwiderte den Kuss und genoss ihn. Es hatte lange gedauert, bis er das gekonnt hatte, doch jetzt genoss er jeden Kuss seines Drachens. Sie hatten sich eine halbe Stunde gegönnt, bevor sie wieder runtergegangen waren und dann zurück ins Esszimmer kamen. Die Zwillinge grölten freudig, als ihr großer Bruder wieder zu ihnen stieß, sprangen von ihren Stühlen und fielen ihm um den Hals. Drückten ihm ein paar Bussis auf die Wange und drückten ihn fest. "Wir haben dich ganz doll lieb.", flüsterte James in das eine und Grace in das andere Ohr. "Ich hab euch auch lieb.", erwiderte Joey sanft und drückte seinerseits die beiden Zwillinge. "Ich will auch mal so stark und mutig sein, wie du.", meinte James. Joey blickte ihn überrascht an. "Woher möchtest du denn wissen, dass ich stark und mutig bin?", fragte Joey etwas irritiert. "Du hast bei einem Monster gelebt, was dir aua gemacht hat und du hast es weggesperrt, damit es das nie wieder kann.", kam es stolz und anhimmelnd von dem kleinen Jungen. Erschrocken blickte Joey zu seinem Dad und Serenity auf, die ihn nur sanft anlächelten. "Wir haben ihnen erklärt, warum du vorhin so plötzlich raus musstest.", meinte Jack sanft. Joey verstand. Klar, seine Reaktion hatte gerade bei den Kleinen Fragen aufgeworfen, die beantwortet werden wollten. Daher konnte er es seinem Dad auch nicht übel nehmen, das er den Zwillingen vom Monster erzählt hatte. Aber er würde später mal fragen müssen, was genau er ihnen erzählt hatte. Dann löste er sich von den Zwillingen, hob erst Grace wieder auf ihren Stuhl, dann James, bevor er sich mit Seto wieder an den Tisch setzte. "Sorry, dass ich eben so...", wollte er sich bei allen entschuldigen, doch Marcia legte eine Hand auf die von Joey und lächelte ihn an. "Alle gut, Joey... du musst dich nicht entschuldigen.", meinte sie sanft und mit liebevollem Lächeln. Da war kein Mitleid in ihrer Stimme oder in ihrem Gesichtsausdruck. Nur diese Güte und liebevolle Art. Joey lächelte zu ihr zurück. "Ich bin dankbar dafür, dass meine Liebe nicht unerwidert geblieben ist und die Liebe meines Lebens immer für mich da ist und ich bin dankbar dafür, dass ich nun eine echte... eine wahrhaftige mich liebende Familie haben darf.", kam es leise von Joey, dessen Stimme wieder belegt war und verriet, wie nah er den Tränen war. Serenity beugte sich zu ihm rüber und umarmte ihn sanft. "Und ich bin dankbar, dass Joey mir eine Chance gegeben hat und immer an meiner Seite sein wird.", schloss Seto schließlich den Kreis der Danksagung. Dann begann Marcia und Jack die Teller der beiden zu füllen, wobei vor allem Marcia drauf achtete, dass sie Joey überwiegend kleine Teile vom Truthahn und kleine Portionen der Beilage auftischte. Sie wusste offenbar von Jack von dem Essproblem des Blonden. Der war ihr sehr dankbar, dass sie auf ihn Rücksicht nahm. Also beugte er sich zu ihr und gab ihr unsicher einen Kuss auf die Wange. Sie lächelte ihn überglücklich an und strich ihm eine Strähne hinter das Ohr, bevor das Essen weiterging. Kapitel 109: Ein Tropfen auf den heißen Stein --------------------------------------------- Kapitel 109 - Ein Tropfen auf den heißen Stein Nach dem Essen hatten sie sich in das Wohnzimmer gesetzt und hatten mit den Zwillingen einige Gesellschaftsspiele gespielt, als der Durst und ein leeres Glas Joey in die Küche trieben. Dort sah er Jack und Marcia vor den Resten des Thanksgiving-Essen und mit jeder Menge Einweg-Essschalen, mit mehreren kleinen Fächern. "Ist das nicht umweltschädlich das ganze Essen Portionsweise auf Einweg-Plastik zu verteilen?", fragte Joey unbedarft nach und ließ die beiden zu ihm aufschauen. "Das ist kein Plastik.", meinte Jack schmunzelnd. "Und wir teilen das Essen nicht für uns für später so auf.", ergänzte Marcia. Neugierig trat Joey nun an die Kücheninsel und nahm ein leeres Schälchen. Es sah aus wie Plastik, es war leicht wie Plastik, aber ihm fehlte der typische Geruch von Plastik. "Was ist das dann und warum teilt ihr das Essen auf?", fragte der Blonde verwirrt. "Das sind 100 % kompostierbare, geprägte Palmblätter.", meinte Jack. "Palmblätter?", kam es erstaunt von Joey, der immer noch den Menüteller betrachtete. "Also Blätter von einer Palme?" Mental schlug sich der Blonde an die Stirn. Für gewöhnlich waren Palmblätter Blätter von Palmen, ja. "Jack hat vor ein paar Jahren in ein südostasiatisches Startup investiert, dass jetzt die ersten schwarzen Zahlen schreibt. Die Firma stellt aus einem nachwachsenden Rohstoff solches Einweggeschirr und -besteck. Nach Gebrauch einfach auf den Kompost geben und du hast kein Abfallproblem. Vor allem aber gelangt so kein neues Plastik in die Ozeane.", erklärte Marica sanft und stolz auf ihren besten Freund. "Wow...", kam es beeindruckt von Joey. "Aber warum teilt ihr die Reste jetzt auf die Menüschalen auf?" "Das werde ich dir zeigen, wenn wir hier fertig sind.", kam es grinsend von Jack. "Möchtest du uns helfen?" Joey nahm einen Schluck aus der kleinen Plastikwasserflasche. Plastik, ging es ihm durch den Kopf. Fluch und Segen zugleich, aber scheinbar auf dem absteigenden Ast, wenn sich dieses Palmblattgeschirr erst durchsetzte. Dann stellte er sich neben Jack und sah sich kurz an, wie was in die Schalen kam und abgedeckt wurden. Alle gefüllten Schalen wurden in eine Styropor-Box aufeinander gestapelt, damit die wenige Restwärme noch erhalten blieb. Schließlich war von den Resten nichts mehr übrig. Jack stellte die zwei Boxen übereinander und hob sie hoch. "Komm.", meinte er sanft. Sie gingen in den Eingangsbereich, wo der Industriele die Boxen abstellten und Joey seinen Parker reichte. Dieser nahm ihn verwirrt dreinschauend entgegen, schlüpfte hinein und nahm dann eine Box ab. Wollte Jack das jetzt einfach wegschmeißen gehen? Wozu hätte er es aber dann portionieren sollen? Sein Dad nahm sein Handy und steckte es ein, dann nahm er die zweite Box. Sie verließen das Haus und gingen... zum Wagen. Dort stellten sie die Boxen in den Kofferraum. "Steig ein.", meinte Jack sanft. Joey starte ihn an. Sie... würden wegfahren? Unsicher blickte er zur Haustür zurück. Alleine mit Jack in ein Auto steigen und dann womöglich das Grundstück verlassen? Er spürte, wie sich ein Zug um seine Brust entwickelte. Doch dann stieg er in den gehobenen Mittelklassenwagen ein. "Anschnallen.", bat ihn sein Dad und auch das tat Joey gehorsam, während er schluckte und er noch einmal zur Haustür zurück blickte. Als Jack den Motor anließ krallten sich Joeys Hände in den Stoff seiner Hose. Tatsächlich lenkte Jack den Wagen vom Grundstück. Joeys Herz schlug bis zum Hals. Er bezweifelte, dass er sich wohler fühlen würde, wenn er wüsste wohin es ginge. Noch einmal blickte er unsicher aus dem Fenster zurück zu dem Haus seines Vaters. "Hey, Joey... was ist los?", fragte sein Vater ihn sanft. Erschrocken blickte er ihn an. "Nichts.", log Joey nicht sehr gekonnt und schämte sich sofort dafür. "Du fühlst dich unwohl, weil wir das Grundstück verlassen haben, oder?", riet Jack und bewies, dass er seinen Sohn besser kannte, als dieser es für möglich gehalten hätte. Er nickte zustimmend. "Ich... bin eigentlich nie ohne Touji unterwegs.", offenbarte Joey seinem Dad. Das er auch selten ohne Seto unterwegs war unterschlug er. "Er gibt dir Sicherheit, weil er dich in jeder Situation beschützt.", schlussfolgerte der Amerikaner. Wieder nickte der Blonde. "Es tut mir leid, ich hätte ihn bitten sollen mitzukommen." Auf einmal setzte sich Joey senkrecht hin. "Wir hätten Fuguta und Touji mit an den Tisch bitten sollen.", kam es auf einmal erschrocken und peinlich berührt von dem Blonden. "Wir haben sie eingeladen, aber sie meinten, sie wollten die Familie nicht stören.", meinte Jack sanft. "Aber natürlich haben sie auch das volle Programm bekommen, genauso wie unsere Hausangestellten." "Ihr habt Hauspersonal?", staunte Joey. "Ja.", meinte Jack sanft schmunzelnd. "Wir haben einen Art Hausdiener, der den anderen vorsteht. Dann eine nette ältere Dame, die für gewöhnlich für das Kochen und Waschen zuständig ist und das Hausmädchen, das Marcia beim Putzen unterstützt." Davon hatte Joey gar nichts mitbekommen. Keine der drei Personen hatte er gestern oder heute gesehen. Aber bei dem Haus war das schon logisch, dass nicht Marcia alleine den Haushalt warf. War Marcia eigentlich berufstätig? Sollte er sie mal fragen. Die Stadtlandschaft wandelte sich und glich eher der Umgebung, in der Joey aufgewachsen war. Unterschicht, Sozialbauten, alles wirkte irgendwie heruntergekommen. Schließlich hielt Jack mit dem Wagen und Joey hatte das Gefühl an jeder Ecke könnte jeden Moment das Monster hervor treten oder einer von der Yakuza. Er presste sich regelrecht in den Beifahrertisch. "Ich werde kurz aussteigen und da in die Gasse gehen. Wartest du hier oder möchtest du mitkommen?", fragte Jack, doch ein Blick zu Joey beantwortete seine Frage bereits. Sanft strich er ihm über die Wange. "Ich bin gleich wieder da." Dann stieg Jack aus und ging zum Kofferraum. Er öffnete den Kofferraum und holte einen kleinen Korb raus und packte einige der Mahlzeiten, die sie zuhause portioniert hatten. Dann schloss er den Kofferraum und ging in die Gasse. Nur ungefähr konnte Joey sehen, was sein Dad da tat. Er ging in die Hocke und schien mit jemand zu sprechen. Dann reichte er diesem eine der Schalen. Sprach dann noch ein paar Worte und reichte dem Mann noch etwas, aber was konnte Joey nicht sagen. Das wiederholte sich noch ein paar Mal, bevor sein Vater zurück kam, den Korb wieder in den Kofferraum stellte und wieder einstieg. "Was... tust du da?", fragte Joey leise. "In unserer Stadt gibt es einige, die nicht so viel Glück, wie ich, hatten und die es scheuen in die Armenküchen zu gehen. Denen bring ich zu solchen Anlässen die Reste, erkundige mich wie es ihnen geht, ob sie noch etwas brauchen. Manche brauchen Kleidung oder neue Schuhe, Decken oder Rucksäcke, manche müssten mal zum Arzt. Die bekommen von mir Gutscheine meiner Stiftung, mit denen sie in gewissen Geschäften sich holen können, was sie brauchen.", erklärte Jack. "Das klingt sehr edel, aber ist das nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Wär es nicht sinnvoller, die Leute von der Straße zu holen und ihnen helfen von der Straße zu kommen.", merkte Joey an und merkte erst zu spät, dass er viel zu überkritisch klang. "Manche wollen nicht von der Straße. Manche sind schon zu lange hier draußen und können sich nicht mehr eingliedern. Es gibt ein Center die Straße da runter, wo sie schlafen können oder einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekommen können, mit einer Altkleiderkammer.", gab Jack sanft zurück, während er weiter fuhr. Nach fast drei Stunden fuhren sie wieder auf das Grundstück von Jack. Nach dem ersten Halt hatte Joey beschlossen seinen Vater zu begleiten und zu helfen. So viel bewegt hatte er sich schon lange nicht mehr. Daher war Joey regelrecht gerädert, als sie in das Haus kamen und ließ sich gegen Seto fallen, der ihn begrüßen wollte. Sanft lächelte Seto Jack an und brachte Joey dann ins Bett. Es war ein langer, ereignisgefüllter Tag gewesen und Joey würde sicherlich diese Nacht gut schlafen. Kapitel 110: Ein Morgen voller Peinlichkeiten --------------------------------------------- Kapitel 110 - Ein Morgen voller Peinlichkeiten Seto stand am Wohnzimmerfenster und blickte hinaus. Serenity trat neben ihn. "Machst du dir Sorgen?", fragte sie ihn sanft. "Ein wenig, ja.", gestand Seto. "Mein Dad wird gut auf deine Liebe achten.", versuchte die jüngere ihn zu beruhigen. Seto schmunzelte sanft und schaute zu ihr. "Da bin ich mir ganz sicher.", erwiderte Seto überzeugt. "Aber Joey geht für gewöhnlich nicht ohne Touji aus dem Haus. Er gibt ihm Sicherheit. Jetzt ist dein Bruder aber ohne ihn in einer fremden Stadt unterwegs." "Verstehe.", meinte Serenity und verstand wirklich, worüber sich ihr Schwager in Spe Gedanken machte. Immerhin hatte sie selbst gesehen, wie Joey eine Panikattacke bekommen hatte, nur weil sie mit ihm zum Friseur gegangen war. "Hey ihr beiden, kommt. Ich mach uns einen Tee.", meinte Marcia sanft, die gerade aus dem oberen Stockwerk zurück gekommen war, wo sie die Zwillinge ins Bett gebracht hatte. Serenity nahm Seto sanft an dessen Hand und führte ihn zum Esszimmer. Mokuba schloss zu ihnen auf und verschränkte seine Finger mit denen Serenitys. Es war schon richtig, Seto machte sich Sorgen, weil Joey ohne Touji unterwegs war. Aber es war nur die halbe Wahrheit, dass er sich wegen Joeys möglicher Panikreaktionen Sorgen machte. Tatsächlich war Joey das letzte Mal alleine unterwegs, als er entführt worden war. Seitdem hatte Seto immer geschaut, dass - wenn Joey irgendwo hin musste - er bei ihm gewesen war. Die Angst, dass sein Streuner plötzlich wieder verschwinden könnte beherrschte ihn deutlich. Doch er versuchte diese Angst zu verbergen. Dennoch blickte er immer wieder auf die Wanduhr im Esszimmer und nippte nur gelegentlich an seinem Tee. Auf einmal umschlossen ihn zwei Arme von hinten und auf seiner Schulter schob sich die schwarze Mähne seines Bruders. "Mach dir keine Sorge.", flüsterte er Seto zu. "Er wird schon gleich wieder da sein." Sanft legte Seto eine Hand auf Mokubas Arme, dort wo sie sich über seiner Brust kreuzte und nickte. "Solang du mich nicht wieder ausknockst.", kam es neckend von Seto und Mokuba wurde aus Verlegenheit etwas rot auf den Wangen. "Hey... du hattest es damals bitter nötig... und außerdem... außerdem war es Doktor Akari, der dich ausgeknipst hat, ich hab dich mit Isono nur abgelenkt.", blaffte Mokuba empört, während er sich löste und Seto angrinste. "Wer hat ihn denn auf die Idee gebracht.", züngelte Seto spitzfindig und leicht amüsiert weiter. "Isono.", kam es kurzerhand von Mokuba und wusste, dass seine Lüge wenig glaubhaft war. Serenity musste lachen. Auch Marcia lachte, obwohl ihr der nötige Kontext fehlte das Gespräch auch nur im Geringsten zu verstehen. Da hörten sie, wie ein Auto die Auffahrt rauffuhr. Sofort sprang Seto auf und lief in den Flur. Nur einen kurzen Augenblick ging die Tür auf und Jack kam mit Joey herein. Seto wollte Joey begrüßen, doch der kam zu ihm und ließ sich erschöpft gegen ihn fallen. Sanft fing Seto ihn auf. Blickte fragend zu Jack, der entschuldigend lächelte. "Mein Sohn braucht mehr Kondition.", meinte er nur sanft und küsste Joeys Hinterkopf, bevor er die Treppe hinauf stieg. "Komm, ich bring dich ins Bett.", meinte Seto beruhigt, dass sein Streuner wieder da war. "Lass mich einfach hier zusammenbrechen und schieb mich unter die Treppe, bis ich meine Beine wieder spüre.", kam es leise, aber irgendwie glücklich von Joey. Wieder schmunzelte Seto, hob Joey kurzerhand auf seine Arme, was Joey einen erschreckten Aufschrei heraus lockte, bevor er ihn in den oberen Stock trug. Noch immer schien Seto, dass Joey viel zu leicht war. Oben in ihrem Zimmer schälte Seto die verschwitzten Klamotten vom Körper seines Geliebten und brachte ihn dann ins Badezimmer. Dort entledigte er sich auch seiner Sachen und stieg mit Joey unter die Dusche. Während heißes Wasser auf sie herab nieselte schmiegte sich Joey eng an Seto, der gerade dabei war ihn einzuseifen. "Hmmm... ich mag es, wenn deine Hände über meinen Körper gleiten.", meinte Joey leise, sich nicht wirklich bewusst, dass er das gerade wirklich laut zugegeben hatte. "Und... du findest es wirklich nicht ekelhaft über... die Narben..." "Nein... es gibt nichts, was mich an meinem Streuner ekeln würde.", meinte Seto sanft und liebevoll. Das entsprach gänzlich der Wahrheit. Dabei ließ er seine Finger sanft über den vernarbten Rücken fahren. Joey schluchzte auf. Er wollte Seto glauben und konnte es doch nicht. Eine Stimme in ihm flüsterte ihm immer wieder zu, dass er hässlich war und dass Seto auf Perfektion und Makellosigkeit stand. Das fachte die Angst an, dass Seto ihn irgendwann wie einen alten Schuh wegwerfen würde, um sich etwas Neueres, Frischeres, Unverbrauchtes an seine Seite zu holen. "Sssh, mein Streuner.", durchdrang Setos warme, tiefe Stimme das Rauschen der Dusche. "Ich liebe dich." Bei den Worten legte Seto einen Finger unter Joeys Kinn und hob dessen Kopf zu sich, damit er sich zu ihm beugen und ihn sanft küssen konnte. Das Wasser der Dusche spülte Joeys Tränen fort. "Niemals wieder werde ich dich gehen lassen. Du gehörst an meine Seite.", flüsterte Seto, der spürte, dass Joey diese Bestätigung jetzt einfach brauchte. Liebevoll legte er seine Hand an Joey Wange und strich mit dem Daumen behutsam über die Wange. Sanft lächelte er ihn an. Joey wollte ihm so sehr glauben. Das sah Seto ihm an. Doch irgendetwas hinderte seinen Streuner daran. Er würde das Problem beim nächsten Gespräch mit Kai einmal ansprechen. Vielleicht würde das alles etwas erhellen und aufklären. Sanft wusch er die Seife vom Körper und aus dem Haar des Blonden. Dann drehte er das Wasser ab und öffnete die Duschkabine, griff nach einem Handtuch und frottierte erst einmal das Haar seines Streuners, bevor er ihn abtrocknete. Nachdem er auch sich schnell trocken gerubbelt hatte brachte er Joey ins Bett und legte sich neben ihn. Vorsichtig zog er ihn in seinen Arm und kraulte seinen Nacken. Spürte, wie Joey etwas ruhiger wurde und dann schließlich einschlief. Joey war so erschöpft gewesen, dass er die gesamte Nacht ruhig durchgeschlafen hatte. Als er sich gegen Morgen in Setos Arm langsam zu bewegen begann musste Seto schmunzeln. Vielleicht sollte er öfters vor dem Schlafgehen seinen Streuner körperlich erschöpfen. Sie hatten in der Villa ja einen Sportraum mit den neusten Sportgeräten. Aber er musste dabei aufpassen, dass sie das gerade erst wieder etwas aufgebaute Gewicht nicht sofort wieder verbrannten. "Morgen.", nuschelte Joey verschlafen und lächelte ihn schlaftrunken an. "Morgen, Streuner.", grüßte Seto zurück und beugte sich zu ihm, um ihn sanft auf die Lippen zu küssen. Joey schmunzelte sofort und schmiegte sich etwas enger in Setos Arm. "Hast du gut geschlafen?" "Hmmm... irgendwie schon.", meinte Joey, dem erst nach und nach bewusst wurde, dass er nackt neben seinem ebenso nackten Freund im Bett lag. Seine Wangen röteten sich ein wenig, während er die Decke etwas mehr an seine Brust zog. "Ich weiß, wie du nackt aussiehst.", kam es neckend von Seto, was ihm einen schockierten Blick von Joey einhandelte. "Warum... sind wir nackt?", fragte der Blonde unbeholfen. "Weil... du gestern schon recht müde warst und ich mir die Mühe, dich in Kleidung zu zwängen, erspart habe und damit du dich nicht vorgeführt vorkommst hab ich meine Klamotten auch ausgelassen.", erklärte der Brünette geduldig. "A... Also haben wir nicht...", kam es stockend von Joey, der verlegen wegsah. "Hm?", fragte Seto nicht verstehend. "Was haben wir nicht?" "Ach schon gut... Uuuh, wir haben ja schon fast 10.00 Uhr.", meinte Joey auf einmal erschrocken. "Hmmm... jap.", erwiderte Seto ohne eine Intension an ihrer Pose auch nur das Geringste zu ändern. "Dann sollten wir... aufstehen?", kam es mehr fragend, als wirklich ansagend von Joey. "Sollten wir?", hakte Seto sanft und schmunzelnd nach. "Warum?" "Weil es unhöflich ist als Gast bis zum Mittag im Bett rumzugammeln.", kam es verwirrt von dem Blonden. "So? Oder liegt der Grund für deine Aufbruchsstimmung in etwas anderem begründet?", forschte Seto sanft nach. "In... in was anderem?", wiederholte Joey nichtverstehend. "Mein geliebter Streuner... Normalerweise haben wir Nachtklamotten an, wenn wir schlafen gehen. Selbst wenn wir intim werden und uns gegenseitig entkleiden ziehen wir uns für gewöhnlich danach wieder an. Kann es sein, dass du dich unwohl fühlst, weil wir beide nackt im Bett liegen?", führte Seto behutsam aus. Eine verlegene Röte zeichnete sich auf Joeys Wangen ab. "Du weißt, dass du mir ehrlich alles sagen kannst. Also: Ja oder nein?", hakte Seto erneut nach. "Ja.", kam es leise von Joey und Seto begann ihn liebevoll anzuschmunzeln. "Na bitte, geht doch. Dann lass uns aufstehen. Ich bring dir etwas zum Anziehen.", meinte Seto verständnisvoll, während er sich langsam aufsetzte und seinem Streuner einen Kuss auf den Mund gab. Dann stand er - nackt wie er war - auf und verließ das Bett. Joey fühlte sich etwas merkwürdig. Als habe er etwas falsch gemacht. Er sprang aus dem Bett und lief Seto kurz Richtung ihres Koffers hinterher. "Das hat aber nichts mit dir zu tun.", fügte Joey hastig an. Seto wandte sich um und musterte Joey erstaunt und fragend. "Hey, alles gut... du musst es mir nicht erklären.", wollte er seinen Freund beruhigen. "Nein... nein... aber...", weiter kam Joey gar nicht, als plötzlich die Tür aufschwang und die Zwillinge hereingestürmt kamen. Als sie Joeys vernarbten Rücken und vor allem dessen Nacktheit sahen, schrien sie erschrocken auf und blieben geschockt stehen. Erschrocken wandte sich Joey kurz zu ihnen bevor er hinter Seto sprang, der bereits eine Boxer trug und versuchte sich dort klein zu machen. Marcia kam herein und erstarrte ebenfalls kurz, als ihr bewusst wurde, in welcher Situation sie sich alle befanden. "Hab ich euch nicht gesagt, dass man IMMER anklopft, bevor man ein fremdes Zimmer betritt.", maßregelte sie die Zwillinge, die sie dann an den Händen nahm und wieder aus dem Zimmer zog. "Bitte entschuldigt die Störung. Sie... ähm... wollten nur unbedingt ihren Bruder wecken." "Ähm... schon okay, wir wissen, dass sie keine bösen Absichten hatten.", erwiderte Seto, der spürte, wie Joey in seinem Rücken begonnen hatte zu zittern. Marcia schloss eilig die Tür wieder und man konnte hören, wie die Zwillinge plötzlich anfingen zu weinen. Nur langsam wandte sich Seto zu Joey um, der bereits hinter den Stuhl, auf dem ihr Koffer lag, geschlichen war und dort in die Hocke gegangen war. Stumm liefen ihm die Tränen über das Gesicht. Langsam ging Seto vor Joey in die Hocke und strich ihm die Feuchtigkeit von der Wange, bevor er ihn an sich zog und seine Arme schützend um ihn legte. Kapitel 111: Schreck, oh Schreck -------------------------------- Kapitel 111 - Schreck, oh Schreck Etwa eine halbe Stunde später ging die Tür des Esszimmers auf. Serenity reckte ihren Kopf, um besser sehen zu können, wer da reinkam. Sie hätte sich das auch sparen können, denn von ihrem Platz hatte sie die beste Sicht auf die Tür. Seto kam rein und ihre Schultern senkten sich enttäuscht. "Kein Joey?", fragte sie besorgt. Seto schüttelte den Kopf und setzte sich. "Kein Joey.", antwortete der Brünette, der gerade von dem Blondem aus dem gemeinsamen Zimmer geworfen worden war. Schuldbewusst schaute Marcia zu Seto, doch ehe sie antworten konnte, ergriff er das Wort. "Wie geht es den Zwillingen?", fragte er interessiert. "Sie sind schockiert.", kam es ehrlich von Jacks Frau. "Sie... haben so etwas wie Joeys Rücken noch nie zuvor gesehen. Ich... auch nicht." "Sein... das Monster ließ sehr viel Frust an ihm aus.", erklärte Seto leise. "Ja, dass ist mir durchaus klar... aber etwas zu wissen und es dann zu sehen... das ist ein Unterschied. Grace und James haben Angst, dass Joey sie jetzt nicht mehr sehen möchte." "Diese Angst ist durchaus berechtigt. Joeys Scham ist überwältigend und er hat noch keine Technik entwickelt, um seine Scham effektiv anzugehen. Jack... kann sich sicherlich noch an das Gespräch mit Joey in Japan erinnern.", meinte Seto. Jack nickte. "Nach dem Frühstück werde ich mit Joey sprechen.", meinte Jack sanft. "Ich würde ihm noch etwas mehr Zeit einräumen...", meinte Seto vorsichtig. "Im Moment ist er in einer Art Verteidigungsmodus. Da erträgt er niemanden bei sich." "Du... bist das schon gewohnt?", fragte Serenity vorsichtig. "Im Sommer... nachdem wir ihn gefunden hatten, da hatte er oft solche Phasen, in der er niemanden bei sich ertrug.", erzählte Seto. "Die ersten zwei Wochen durfte ich nicht mal zu ihm. Wäre Tristan nicht da gewesen, ich hätte nicht gewusst, wie ich Joey hätte versorgen sollen." "Tristan ist ein wirklich guter Freund. Loyal und selbstlos.", meinte Jack anerkennend. "Ja... das ist er. Er war auch mir eine große Stütze, als Joey entführt worden war.", meinte Seto jetzt seinerseits anerkennend. "Gibt es etwas, was wir für die Zwillinge tun können?" "Vielleicht könntest du mir helfen, ihnen später zu erklären, warum Joeys Rücken so vernarbt ist.", meinte Marcia sanft. Und bittend. Seto nickte. "Ich kann es versuchen... aber wie erklärt man Kindern so etwas verständlich?", kam es von Seto. "Tja... das werden wir später dann wohl gemeinsam rausfinden.", gab Marcia sanft zurück. "Nitty, hilfst du uns... huch, wo ist sie denn?" Als Serenity die Tür zum Zimmer ihres Bruders öffnete lag dieses in trüben Licht, denn die Rollläden waren fast gänzlich herab gelassen. Sie bahnte sich einen Weg zum Bett, krabbelte drauf und tastete nach ihrem Bruder... nur um ihn nicht zu finden. Sorgenvoll blickte sie sich um und entdeckte das Badezimmer, in dem Licht brannte. Sie stieg vom Bett und ging zu der nur einen Spalt weit offenen Tür. Vorsichtig öffnete sie den Spalt ein Stückchen mehr, um hindurch spähen zu können. Ihr Herz schlug vor Angst. Was, wenn ihr Bruder noch einmal versucht hatte sich das Leben zu nehmen und sie gleich seinen leblosen Körper auf dem gefliesten Boden finden würde? Doch zu ihrer Erleichterung war das Badezimmer leer. Sie wandte sich wieder zu dem Zimmer, während sich ihre Hand wie automatisch zum Lichtschalter des Badezimmers hob, um es zu löschen. "Nicht... bitte.", hörte sie auf einmal die brüchige und belegte Stimme ihres Bruders. "Joey?", rief sie fragend in den Raum. Doch ihr schlug nur die erneute Stille entgegen. Ihre Hand ließ vom Lichtschalter ab und sie ging um das Bett. Hätte ihr Bruder hinter dem Bett gesessen, dann hätte sie ihn auf dem Bett kniend doch gesehen... Tatsächlich saß Joey nicht an das Bett gelehnt. Er saß in einer Zimmerecke hinter einem der Stühle, die in den Zimmern standen. Ihr Bruder hatte sich einen dicken, flauschigen Pulli und eine Freizeithose angezogen. Vorsichtig ging sie vor ihm in die Knie. Legte behutsam eine Hand an seine Wange. Konnte das Zittern und die stummen Tränen spüren. Dann beugte sie sich zu ihm und zog ihn in ihre Arme. "Oh, Joey...", setzte sie sanft an. Er klammerte sich um sie und verbarg sein Gesicht an ihrer Halsbeuge. "S... soviel zum tollen Bruder...", schluchzte Joey verzweifelt. Sachte strich Serenity ihm über das blonde Haar und den Rücken. "Du bist der beste Bruder, den es gibt.", meinte die Brünette liebevoll. "I... ich hab sie zum Weinen gebracht.", konterte Joey mit brüchiger Stimme. "S... sie haben meinen Rücken gesehen und haben geweint." "Kinder weinen oft, wenn sie sich erschrecken.", versuchte die junge Frau ihn zu beruhigen. "Aber das heißt nicht, dass sie Angst vor dir haben... oder sich ekeln..." Joeys Finger krallten sich in den Stoff seiner Hose. Es schien Serenity als wolle er ihr glauben, doch das ihn irgendetwas davon abhielt. Vorsichtig küsste sie ihn auf die Stirn. "Joey... weißt du noch, wie ich das erste Mal deine Narben sah? Ich hab auch weinen müssen. Weil mir klar wurde, wie grausam dieser Mann zu dir gewesen ist. Nicht weil ich mich vor dir geekelt habe.", rief sie ihm behutsam ins Gedächtnis. "Und Yugi hat mir erzählt, dass sie auch beim ersten Anblick geschockt waren, aber sie sich nicht vor dir geekelt haben. Tristan hat mir erzählt, wie er dich gewaschen hat, nachdem er und Seto dich gefunden hatten. Aber auch er hat sich nicht geekelt. Und Seto... ekelt er sich vor dir? Niemand ekelt sich vor dir, egal, wie viel wir von deinen Narben auch sehen, denn wir alle lieben dich und die Zwillinge, die lieben dich über alles und das nach nur zwei Tagen." Seto war nach dem Frühstück mit Marcia in das Zimmer der Zwillinge gegangen, die dort an einem niedrigen Tisch saßen und malten. Zu seiner Überraschung hatten sie Bilder von sich und Joey gemalt, wie sie zusammen spielten oder vor dem Haus im Schnee Football gespielt hatten oder wie sie ihn umarmten. Natürlich waren es keine Kunstwerke, die Zwillinge waren schließlich erst fünf. Aber man konnte durchaus das Haus und die Personen an gewissen Merkmalen erkennen. Die Bilder waren sehr farbenfroh. "Das sind aber hübsche Bilder.", meinte Seto, während er sich neben die beiden auf den Boden setzte. "Die sind für Joey...", meinte James und immer noch lag Traurigkeit in seiner Stimme. "Damit er uns wieder lieb hat.", ergänzte Grace. "Aber er hat euch doch lieb.", meinte Seto sanft. "Nein.", konterte James. "Er ist böse auf uns, weil wir nicht angeklopft haben." Seto stutzte. Die beiden glaubten allen Ernstes, dass Joey auf sie böse wäre, weil sie vorhin nicht angeklopft hatten? "Hey, ihr beiden... kommt mal her.", meinte Marcia, die sich auf das kindgerechte Sofa gesetzt hatte und nun neben sich auf die Sitzfläche klopfte. Die beiden legten ihre Stifte hin und gingen zu ihrer Mutter, wo sie sich eng an sie kuschelten. "Seto und ich, wir würden gerne mit euch über Joey sprechen. Über seinen Rücken." "Du meinst die Narben?", fragte Grace. "Das Monster hat ihm das angetan oder?" Erneut war Seto beeindruckt von der Auffassungsgabe der Kinder. Er war aufgestanden und hatte sich vor das Sofa gekniet. "Das ist richtig.", meinte er sanft. "Wir haben euch ja schon erzählt, dass das Monster ihm heftig weh getan hat. Und manchmal blieb von dem Wehtun eine Narbe zurück." "Gut, dass Joey das Monster weggesperrt hat.", kam es überzeugt von James. "Joey ist sehr tapfer und mutig." "Ja?", fragte Marcia sanft nach, die am Rand ihres Augenwinkels eine Bewegung bemerkt hatte. "Ja!", kam es wieder überzeugt von James. "Er hat sich gegen das Monster gewehrt und es besiegt und es dann eingesperrt, damit es ihm und sonst niemandem je mehr weh tun kann und das obwohl es ihm so weh getan hat und er sicherlich viel Angst vor dem Monster gehabt hat. Das ist tapfer und mutig." Marcia lächelte wieder sanft. "Mama, Mama... ich vermisse Joey und es tut mir ganz super duper leid, dass wir nicht geklopft haben. Wie kann ich machen, dass Joey nicht mehr böse auf uns ist?", kam es ganz verzweifelt von Grace, die schon wieder den Tränen nahe war. "Ich bin gar nicht böse auf euch.", kam es dann leise von der Tür. Sofort drehten sich die Kinder in die Richtung und sehen Joey, der mit geröteten Augen im Türrahmen stand. Sofort sprangen sie von dem Sofa und rannten zu ihm. Er ging in die Knie und sie konnten ihm um den Hals fallen. Joey umarmte die beiden sanft. Hinter ihm stand Serenity, die sanft lächelte. Seto blickte sie erstaunt und mehr als überrascht an. Dann lächelte er anerkennend. "Joey... Joey, hast du auch geweint?", fragte Grace sanft, während sie Joey Gesicht zwischen ihre winzigen Hände nahm und ihn zu sich drehte. "Ein bisschen.", antwortete Joey ehrlich. "Warum denn?", fragte James überrascht nach. "Weil ich dachte, dass ihr mich jetzt nicht mehr gern haben würdet.", erzählte Joey leise. "Aber wir haben dich gern. Nein, wir haben dich sogar lieb. Sooo liiieb.", kam es von Grace, die ihm einen fetten Schmatzer auf die Wange drückte. "Sooo was von lieb.", kam es von James, der dann auch einen Kuss auf Joeys andere Wange drückte. Joey lächelte gerührt und ihm entkam eine weitere Träne. "Oh... was hat unser Bruder denn?", kam es erschrocken von Grace. "Tut dir was weh?" "Nein... ich bin nur sehr, sehr glücklich.", gestand Joey und drückte beide noch einmal fest an sich. Kapitel 112: Abschied mit Tränen -------------------------------- Kapitel 112 - Abschied mit Tränen Es war noch früh am Samstagmorgen, als Seto den gemeinsamen Koffer an die Haustür stellte, bevor er sich zur Treppe wandte, auf deren letzter Stufe Joey stand. Joey blickte betroffen vor sich her. Seto ging zu ihm und nahm die Hand des Blonden sanft in die eigene. Nur langsam schaute Joey auf. "Alles in Ordnung?", fragte Seto liebevoll. Joey nickte traurig. "Hm... nur wird das Abschied nehmen echt schwer werden, oder?", kam es leise von Joey. "Ja, aber wir gehen mit einem Versprechen schon in ein paar Wochen wieder hier zu sein und dieses Mal für zwei ganze Wochen.", lächelte Seto ihn aufmunternd an. Jetzt begann auch Joey zu lächeln. "Du hast Recht, aber dennoch wird das Abschied nehmen schwer werden.", meinte der Blonde sanft. Seto legte seine Hand an Joeys Wange und schaute ihm tief in die Augen. "Wenn... du lieber hier bleiben möchtest, dann ist das okay.", meinte der Brünette leise und nach einem ersten Zögern. Er fürchtete sich vor Joeys Antwort. Diese Option hatte er Joey vor ein paar Tagen schon einmal eröffnet. Da hatte der Blonde sie noch ausgeschlagen. Aber jetzt... sein Streuner hatte erfahren, wie es sein konnte, zu einer richtigen Familie dazu zu gehören. Wie es war, wenn kleine Geschwister ihn abgöttisch liebten und ihn regelrecht umschwärmten. Joey lächelte ihn sanft an und legte eine Hand an Setos Wange. In Seto erstarrte alles. Sein geliebter Streuner würde hier bleiben, traf ihn auf einmal die Erkenntnis. "Dummer Drache.", kam es sanft von Joey. "Ich hab es dir doch vor ein paar Tagen schon einmal gesagt: Ich will bei dir sein... meine Zukunft liegt bei dir..." Als sich die Starre bei Seto schlagartig löste konnte er nicht anders, als Joey schwungvoll an sich zu ziehen und ihn glücklich zu küssen. Und Joey genoss den Kuss. "Meine Güte...", hörten sie plötzlich die verlegene Stimme von Serenity. "Nehmt euch ein Zimmer.", kam es neckend von Mokuba. "Das sagt der Richtige, Casanova.", konterte Seto und verpasste seinem Bruder eine sanfte Kopfnuss. Mokuba kicherte, während sich auf Serenitys Wangen eine sanfte Röte legte. Dann gingen sie alle ins Esszimmer zum Frühstücken. Die Zwillinge klebten fast seit einer viertel Stunde an Joeys Hals, der den Fehler gemacht hatte sich hinzuknien, um die beiden zu umarmen. Jetzt schluchzten sie und wollten ihn nicht gehen lassen. Sanft tröstete Joey sie und versprach wiederholt und eindringlich, dass er schon in ein paar Wochen wieder da wäre, um mit ihnen Weihnachten und Silvester zu feiern. Doch das tat dem Weinen, Bitten und Betteln der Zwillinge keinen Abbruch. Schließlich kniete sich Marcia hinter die Zwillinge und löste mütterlich die beiden von Joey. Dieser lächelte sie dankbar an. Der Blonde war auch den Tränen nahe. Noch eine Minute länger und er hätte die Tränen nicht länger zurück halten können. Während James an Marcias Hüfte klebte, hatte sie Grace hoch gehoben, so dass die Kleinen an ihrem Hals lag und schluchzte. Sanft umarmte Jacks Frau Joey. "Ich freu mich auf deinen nächsten Besuch.", sprach sie ihm sanft ins Ohr. "Dann werden wir was Schönes unternehmen, ja?" Joey nickte. Strich sanft noch einmal über Graces Rücken und James blondes Haar. Dann zog ihn Seto langsam zur Tür und schließlich nach draußen. Dort warteten bereits Mokuba, Serenity, Jack, sowie Fuguta und Touji. Ebenso wie ein Wagen, in den sie alle hinein passen würden. Wie schon auf der Hinfahrt fuhr Fuguta den Wagen zum Flughafen mit Touji auf dem Beifahrersitz. Jack hatte sich mit seinem Sohn auf die Rückbank gesetzt, auf Joeys anderer Seite klebte Serenity förmlich an ihm. Mokuba und Seto hatten sich auf die gegenüberliegende Bank gesetzt. "Und beim nächsten Mal zeig ich dir ein wenig die Umgebung und meine Schule und oh... wir können auf die Eisbahn gehen und dann vielleicht über den Wintermarkt. Oh... oder Ski fahren. Dad hat in den Bergen eine Hütte.", sprudelte es aus Serenity unaufhörlich heraus. "Wir können ja ein paar Tage planen und uns die anderen als Puffer frei lassen.", schlug Jack vor, um den Redeschwall seiner Tochter zu stoppen und Joey lächelte ihn dankbar an. "Ja, klar... ich trag ein paar Sachen zusammen, die wir machen könnten und dann sortieren wir aus.", stimmte Serenity überlegend zu. "Ich freu mich schon darauf.", meinte Joey sanft und küsste Serenity auf die Stirn. "Dann werden wir mehr Zeit für einander haben." Sie umarmte ihn. "Es hat mich wirklich sehr gefreut, dass du jetzt schon zu uns gekommen bist.", flüsterte sie ihm sanft ins Ohr. "Es war viel besser, als ich es mir vorgestellt habe." "Ja, dass war es.", kam es mit belegter Stimme von Joey, der noch vom Abschied der Zwillinge recht mitgenommen war und der nun nicht länger verhindern konnte, dass sich eine Träne in die Freiheit presste. "Vielleicht... möchtet ihr uns mal im Frühjahr oder im Sommer alle zusammen besuchen kommen?", fragte Seto behutsam. Überrascht blickte Joey ihn an, lächelte breit und nickte. "Au ja... im Sommer kommt ihr ein, zwei Wochen zu uns nach Japan. Mit Marcia und den Zwillingen, ja?", kam es auf einmal enthusiastisch von Joey. "Das machen wir.", kam es sanft von Jack. "Marcia und die Zwillinge freuen sich sicherlich, wenn sie dich in Japan besuchen dürfen." Die Fahrt war schneller vorüber gegangen, als Joey die Fahrt vor einigen Tagen in Erinnerung gehabt hatte. Dort war es ihm vorgekommen, als würde die Fahrt unendlich währen. Doch das sie heute nur so kurz unterwegs waren, war ihm eigentlich gar nicht recht. Der Wagen hielt kurz, bevor er durch ein Tor fahren durfte, dass auf das Gelände des Flugplatzes führte. Als der Wagen dann richtig zum Stehen kam wollte Joey nicht aussteigen. Wenn er jetzt aussteigen würde, dann müsste er sich von seinem Dad und Serenity verabschieden. Sanft lächelte Serenity ihn an und legte eine Hand auf seine Wange. "Es sind nur drei, kurze Wochen, dann holen wir euch hier wieder ab.", meinte sie liebevoll und tröstend. Woher nahm seine kleine Schwester nur diese Kraft? Er umarmte sie inniglich und küsste sie auf die Wange. Dann drückte er sie noch einmal fest an sich. "Du bist schon so erwachsen geworden... und so stark... ich bin sehr stolz auf mein Schwesterchen.", meinte Joey liebevoll zu ihr. Sie lächelte und strahlte regelrecht. "Und du bist mein mutiges, tapferes, starkes Brüderchen, welches jetzt durchstarten wird und die Grundsteine für sein Leben legt.", erwiderte Serenity gerührt. Noch einmal umarmten sich die beiden inniglich, als würden sie sich niemals von einander lösen wollen. Doch dann war es soweit und Joey stieg aus. Ihm folgte Seto und Jack. Seto ging kurz zu Fuguta und wechselte ein paar Worte mit ihm. Währenddessen zog Jack Joey an sich und drückte ihn herzlich an sich. "Ich bin sehr, sehr stolz auf dich Joey. Es war das beste Thanksgiving, welches wir jemals gefeiert haben und das haben wir alleine dir und Serenity zu verdanken. Ihr habt unsere Familie erst komplett gemacht.", kam es sanft von seinem Dad und Joey klammerte sich gerührt an den Mann, dem er noch im April furchtbare Absichten bezüglich seiner Schwester unterstellt hatte. Umso glücklicher war er, dass Jack nicht aufgegeben hat und weiterhin versucht hatte ihn kennen zu lernen. "Danke, dass Serenity und ich ein Teil deiner Familie sein dürfen.", meinte Joey leise mit brüchiger Stimme, die Preis gab, wie schwer es dem Blonden gerade fiel die Fassung zu wahren. "Dafür musst du mir nicht danken.", lächelte Jack ihn sanft an und legte seine Hand an Joeys Wange. "Ihr seid meine Kinder und ich liebe euch genauso, wie ich James und Grace liebe." Joey konnte die Tränen nicht länger zurück halten und Seto eilte herbei, um ihn zu stützen. Sanft lächelte er seinem ehemaligen Geschäftspartner zu. "Wir müssen jetzt so langsam.", meinte Seto behutsam, was Joeys Weinen nur noch verstärkte. "Wo ist eigentlich Mokuba?", fragte Jack verdutzt. "Vermutlich dort, wo auch Serenity ist.", erwiderte Seto spitzfindig und deutete auf die offene Tür des Wagens, der den Blick ins Innere erlaubte. Dort saßen Mokuba und Serenity eng umschlungen und küssten sich, dass den beiden Geschäftsmänner die Schamesröte ins Gesicht stieg. "Hey, Mokuba... auf jetzt.", rief Seto schließlich ansagend. "Sonst verpassen wir noch unseren Flug." Nur mit einem unwilligen Brummen löste sich Mokuba von Serenity, stieg aus und stellte sich neben Seto. "Seit wann kann man einen Privatflug verpassen?", murrte Mokuba leise. "Seit du drauf und dran bist nicht jugendfreie Dinge mit der Tochter unseres Gastgebers in dessen Auto zu vollziehen.", flüsterte Seto lächelnd seinem Bruder zu. Der verschränkte schmollend die Arme vor der Brust, während Serenity aus dem Wagen ausstieg und sich neben Jack stellte. Ihr Gesicht war rot, wie eine Tomate. Eine halbe Stunde später war das Privatflugzeug von Seto in der Luft und auf dem Weg Richtung Japan. Kapitel 113: Die Stimme ----------------------- Kapitel 113 - Die Stimme Joey saß neben Seto auf der Rattancouch und schaute durch die gläserne Wand in den Garten, auf dem der erste Schnee niedergegangen war. Ihm gegenüber saß Kai. "Und wie war euer Kurztrip in die USA?", fragte er, während Joeys Aufmerksamkeit immer noch auf den Flocken ruhte, die langsam aus dem Himmel zu Boden glitten. Erst als Seto ihn sanft anstieß schien es, als würde Joey in das Hier und Jetzt zurück zu kehren. "Hm?", kam es verwirrt von dem Blonden. "Wie war euer Kurztrip in die USA?", wiederholte Kai geduldig seine Frage erneut. Joey musste überlegen. Kai zog seine Augenbrauen fragend etwas hoch und schaute zu Seto, bevor Joey schließlich antwortete. "Gut und katastrophal.", meinte der Blonde, bevor er wieder in den Garten hinaus blickte. "In wie fern katastrophal?", wollte Kai interessiert wissen. Am Anfang hab ich eine Panikattacke bekommen. Dann stellte sich heraus, dass Serenity Jacks Frau alles über mich erzählt hat. Und schließlich haben die Zwillinge mich nackt gesehen.", fasste Joey lustlos zusammen. "Wow... das ist ja eine ganze Menge.", kam es überrascht von Kai. "Warum hattest du eine Panikattacke?" "Hm... war aufgeregt.", meinte Joey nur, während eine besonders große Flocke seine Aufmerksamkeit fesselte. Sanft stieß ihn Seto erneut in die Seite. "Was?" "Kai versucht mit dir ein Gespräch zu führen...", kam es sanft, aber maßregelnd von Seto. "Ich rede doch mit ihm.", keifte Joey verärgert. "Aber könntest du ihn dabei auch mal anschauen?", fragte Seto geduldig. Joey blickte zu dem Rothaarigen, der ihm gegenüber saß. "War aufgeregt.", wiederholte Joey und blickte dabei Kai an. "Warum warst du so aufgeregt?", hakte Kai nach und hoffte, dass Joey wieder etwas offener werden würde. Doch dieser zuckte nur nichtssagend mit seinen Schultern. Kai und Seto wechselten kurz einen Blick. "Schatz.", hakte Seto noch einmal ein und Joey verdrehte genervt seine Augen. "Was ist los? Warum willst du heute nicht mit Kai reden?" "Ich sag doch gar nicht, dass ich nicht mit Kai reden will.", konterte der Blonde. "Aber wirklich produktiv am Gespräch nimmst du auch nicht teil.", wandte der CEO ein. "Jetlag.", war alles, was Joey darauf sagte. "Ich bin halt noch etwas fertig. Ich mein wir sind gestern am späten Abend gelandet und heute Morgen direkt zur Arbeit... ich bin müde." "Ist es wirklich nur der Jetlag?", fragte nun Kai sanft. "Du weißt, du kannst ehrlich zu mir sein. Wenn du also auf ein Thema oder die Sitzung heute allgemein kein Bock hast, kannst du mir das sagen. Ich respektiere das." "Ja, ich weiß... ach keine Ahnung.", kam es frustriert von dem Blonden. "Vielleicht... ist es mir peinlich, dass ich eine Panikattacke bei dem Gedanken bekam, Jacks Frau und Kinder kennen zu lernen." Erschrocken blickte Joey zu Kai, bevor er beschämt seinen Blick abwandte. Im Eifer des Gefechtes hatte er etwas ausgesprochen, was er nicht preis geben wollte. Kai lächelte sanft, während Seto eine von Joeys Händen in seine nahm und behutsam über die weiche Hand strich. "War das jetzt so schwer zu sagen?", fragte Seto behutsam. Joeys Wangen hatten sich leicht gerötete. "Das muss dir nicht peinlich sein, Joey. Viele Leute sind aufgeregt, wenn sie neue Leute kennen lernen. Manche haben sogar Angst davor. Das ist nicht ungewöhnlich.", erklärte Kai sanft. Nur langsam hob Joey seinen Blick. "Ich... hatte einfach Angst, dass sie mich anschauen und sich denken: Was ist das denn für ein Schwächling.", kam es leise von Joey. "Du bist kein Schwächling.", meinte Seto erneut streng. Wieder senkte Joey seinen Blick betrübt. "Siehst du das anders, Joey?", hakte Kai vorsichtig nach. "I... ich würde Seto gerne glauben, aber... wenn die Vergangenheit etwas gezeigt hat, dann dass ich schwach bin.", erklärte Joey noch leiser. "Blödsinn.", kam es ungehalten von dem Brünetten. "Ich hab es dir schon mal gesagt und wiederhole mich gerne noch einmal: Du bist nicht schwach. Im Gegenteil: Du hast so viel ertragen und überwunden. Das würde nicht jeder schaffen und du bist erfolgreich. Schau dir dein Abschlusszeugnis an und jetzt arbeitest du und verdienst Geld." "Das hab ich doch nicht alleine geschafft... das hab ich nur geschafft, weil du mich aufgenommen und mir geholfen hast.", kam es zischend von Joey. "Hey... ich hab dir höchstens eine Hilfestellung gegeben. Du allein hast für den Abschluss gelernt und gute Noten geschrieben. Das ist allein dein Verdienst. Genauso wie du dich deinem Vater entzogen hast. Ich bin nicht zu dir nach Hause gekommen und hab dich da rausgeholt. Das hast du selbst geschafft. Ich hab dir lediglich einen Personenschützer zur Seite gestellt. Und deinen Job... ja den hab ich dir angeboten, aber Ejima sah ein paar deiner Zeichnungen in meinem Büro und hat sich nach dem Künstler erkundigt. Er wollte dich unbedingt für seine Abteilung gewinnen.", schlüsselte Seto ruhig und sachlich auf. "Du bist stärker, als du denkst und ich weiß einfach nicht, warum du mir nicht glauben möchtest." "Weil die Stimme übersetzt, was du meinst und nicht sagst.", platzte es aus Joey heraus und wandte dann von sich selbst schockiert ab. "Was für eine Stimme?", hakte Seto verwirrt nach. "Nichts... vergiss es.", fauchte Joey. "Joey.", kam es jetzt von Kai. Er war aufgestanden und hatte sich vor Joey hingekniet, so dass er von unten herauf Joey in die Augen schauen konnte. "Erzähl uns von dieser Stimme." Der Blonde schluckte und war den Tränen nahe. Wieder hatte er etwas Preis gegeben, was er für sich behalten wollte. Wieso war es nur aus ihm heraus geplatzt? "Sie... sie ist in meinem Kopf und übersetzt alles in das, was jemand wirklich meint, aber hinter schönen Worten verbirgt oder untertitelt Situationen, so dass sie ins rechte Licht rücken.", meinte Joey nach einer fast unendlich lang wirkende Pause. "Und diese Stimme... sagt dir, dass du schwach bist?", hakte Kai vorsichtig nach. Joey nickte nur. "Dann lügt sie dich an.", meinte Seto plötzlich, der sich behutsam an Joey anschmiegte und seine Arme um ihn schlangen. "Du bist NICHT schwach. Und egal was dir die Stimme glauben machen will, ich liebe dich und werde immer an deiner Seite sein." Eine Träne perlte über Joeys Wange, während er erneut schluckte. Kai lächelte ihn sanft an. "Diese Stimme... macht sie dich oft nieder und sagt dir, dass du wertlos seist?", fragte Kai und wieder nickte Joey. "Du weißt, was diese Stimme ist, oder?" Joey schüttelte den Kopf. "Wer hat dir denn etwas Ähnliches oder gar das gleiche immer wieder eingebläut?" Mit großen Augen blickte Joey seinen Therapeut an als ihn die Erkenntnis traf. Wieder lächelte Kai sanft. "Richtig... diese Stimme ist ein Überbleibsel von dem Mann, der dein Vater hätte sein sollen. Und du weißt ja, dass man diesem Menschen nichts glauben kann... Also warum hörst du dann auf diese Stimme?" Joey ließ sich langsam gegen Seto sinken. Man konnte ihm ansehen, dass es in ihm zu arbeiten begonnen hatte. Kai stand aus der Hocke wieder auf und lächelte mehr als zufrieden. "Wir sehen uns dann Mittwoch wieder.", meinte Kai locker, während er seine Sachen zusammenpackte und dann seine Tasche schulterte. "Okay.", kam es leise von Joey. "Bis Mittwoch." Kapitel 114: Ertappt -------------------- Kapitel 114 - Ertappt Seto fluchte als er durch die Haustür seiner Villa kam. Auf seinem weißen Hemd war ein gigantischer Kaffeefleck. Gerade als seine Sekretärin ihm und einem Abteilungsleiter Kaffee bringen wollte war dessen Praktikantin aufgesprungen, um ihr zur Hand zu gehen, war dabei mit der Schulter an das Tablett gestoßen, was zur Folge hatte, dass eine Tasse quer über seinen Schreibtisch, die Unterlagen und sein Laptop geflogen war, nur um an seiner Brust anzukommen. Noch vor ein paar Monaten hätte er sie direkt aus der Firma gejagt, aber seit sein Streuner bei ihm wohnte war er gemäßigter, wie ein Abteilungsleiter ihm mal anvertraut hatte. Er seufzte noch einmal schwer. Dann stieg er die Treppe hinauf und suchte das gemeinsame Schlafzimmer auf. Dort wollte er ins Ankleidezimmer, als er ein Geräusch aus dem Bad hörte. Es war ein Keuchen oder Stöhnen, vielleicht auch ein Schluchzen? Irritiert wandte sich der CEO der nur angelehnten Badezimmertür zu und schaute durch den Spalt. Am Waschbecken stand Joey, eine Hand an seinem freigelegten Schritt, die andere am Waschbecken Halt suchend. Im Spiegel konnte Seto das Gesicht seines Streuners erkennen, dass von Anstrengung und Ekel dominiert wurde. Es dauerte einen langen Moment, bis Seto verstand, dass Joey gerade im Begriff war sich einen runterzuholen. Dabei sah er aus, als ob er eine schwierige algebraische Rechenaufgabe rückwärts mit den Füßen und Ziegenblut lösen würde. Wobei er bei so etwas wohl noch entspannter gewirkt hätte. Scheinbar spürte Joey, dass er nicht länger alleine war, denn sein Kopf schnappte auf einmal nach oben und blickte über den Spiegel zu ihm. "Seto.", kam es plötzlich entsetzt von Joey, der sich im nächsten Moment krampfhaft nach vorne beugte, während seine Hand am Waschbecken sich verkrampfte. Dann war nur noch ein leises Schluchzen zu hören. Sofort trat Seto ins Badezimmer ein und eilte zu Joey. Zog ihn in seine Arme, nur um gleich darauf heftig von dem Blonden zurück gestoßen zu werden. "Scheiße.", kam es nur frustriert von dem Blonden. "SCHEIßE." Seto wartete einen Moment, bevor er sich einen Waschlappen nahm, ihn nass machte und sich dann Joey gegenüber hinkniete und begann ihn sauber zu machen. Dieser ließ seinen Freund gewähren, während er versuchte die Tränen wieder zurück zu drängen. Doch so recht wollte ihm das einfach nicht gelingen. "Warum... warum bist du schon zu Hause?", fragte Joey schließlich, während er seinen Blick angestrengt gesenkt hielt. Seine Stimme war nun mit Resignation getränkt. "Hab Kaffee auf das Hemd bekommen und wollte mich umziehen.", antwortete Seto sofort, aber mit sanftem Tonfall, während seine Konzentration voll auf seiner Tätigkeit lag. Schließlich half er Joey wieder auf die Beine, der sich wieder die Hose schloss und eilig die Hände wusch. Noch immer mied Joey den Blick seines Drachens. Es war ihm einfach nur peinlich, dass dieser ihn beim Onanieren gesehen hatte. Vor allem, weil er dieses Mal tatsächlich gekommen war. Bei den Malen davor hatte er es nicht geschafft zu kommen, zu frustriert und ekelhaft war ihm die Tätigkeit am Ende vorgekommen. Also was war dieses Mal anders gewesen? Er sah, wie Setos Hand nach seiner eigenen angelte. Seto? Konnte das sein, dass er gekommen war, weil Seto plötzlich da gewesen war? Dieser zog ihn aus dem Badezimmer zurück ins Schlafzimmer und dort auf das Sofa. Sanft nahm er ihn in den Arm und für einen Moment wollte Joey sich tatsächlich auch anlehnen, doch dann sagte ihm eine Stimme, dass das wohl das Letzte wäre, sich erst einen Runterzuholen und dann auch noch an den anzulehnen, den man damit betrog. Doch Seto zog ihn dennoch an seine Brust und schlang seine Arme um ihn. "Machst du das öfters?", fragte Seto leise. Joey nickte. Er konnte und wollte Seto nicht anlügen. "Zu viel Druck?", hakte sein Drachen sanft nach. Dieses Mal schüttelte Joey den Kopf. "Warum dann?", wollte der CEO wissen. Joey biss sich unsicher auf die Unterlippe. "Konditionierung.", war die einzige Antwort, die der Blonde zu Stande brachte. "Konditionierung?", kam es nichtverstehend von Seto. Joey nickte. "Wie meinst du das?", fragte Seto nach. Jetzt endlich hob Joey seinen Blick und schaute Seto prüfend an. "W... Wenn ich mich konditioniere, dann muss ich nicht mehr weinen wenn du... und ich... also wir... du weißt schon.", meinte Joey leise und schaute wieder seitlich weg. Sanft legte Seto eine Hand an seine Wange und brachte ihn dadurch dazu ihn wieder anzuschauen. "Intim sind?", vervollständigte Seto fragend den unfertigen Satz. Joey nickte. "Du... holst dir also einen runter, damit du, wenn du kommst, dich darauf trainieren kannst nicht zu weinen?", fasste Seto das, was er bislang gehört hatte, ungläubig zusammen. Wieder nickte der Blonde. "Aber... so funktioniert das nicht, mein Schatz.", wandte Seto ein und irgendetwas daran machte Joey wütend. Hastig löste er sich von Seto und sprang von dem Sofa. "Ach ja? Wie funktioniert es dann?", keifte er in seiner Wut. "In dem du mit Kai über die Ursache redest und sie damit überwindest.", antwortete Seto ruhig. "Jaaa... Kai ist ja auch die Antwort auf alle Probleme.", fauchte der Blonde. "Hey... was ist denn auf einmal los mit dir? Warum wetterst du denn so gegen Kai?", wollte Seto wissen. "Oooh entschuldige bitte. Ich vergas, dass der heilige Kai immer Recht hat und nicht angezweifelt werden darf.", kam es aggressiv von Joey. "Ich hab es satt, dass er ständig alles wissen will, egal ob ich darüber reden will oder nicht." "Joey... von was redest du denn da?", fragte Seto, der aufgestanden war und zu Joey gegangen war, um ihm die Hände auf die Schulter zu legen. "Ich weiß schon gar nicht mehr, wie oft ich gesagt habe, dass ich nicht über den Sommer reden will und dennoch landen wir immer wieder dabei.", kam es verzweifelt von Joey. "Hey.. aber doch nicht, weil Kai unbedingt darauf besteht, darüber zu reden. Sondern weil dort viele Ursachen begraben liegen, an denen du noch heute zu knabbern hast.", stellte Seto richtig. "Ach was... Reden ist doch nicht der einzige Weg mit etwas klar zu kommen.", keifte der Blonde wieder und man konnte an seiner Stimme erkennen, wie nah er den Tränen war. "Was wäre die Alternative, mein Schatz?", fragte Seto behutsam nach. "Vielleicht ein wenig Vergessen?", schrie Joey gegen seine aufsteigenden Tränen an. Doch das hielt die erste nicht auf aus seinem Auge zu treten und über seine Wange zu rollen. "Oooh Streuner...", kam es sanft von Seto, der ihn an sich ran zog und fest an seine Brust drückte. "Wie oft hab ich mir gewünscht einfach alles nur vergessen zu können. Ein oder zwei Mal gelang es mir auch. Aber wann immer ich darauf getriggert wurde, hat es mich immer umgehauen und mich in einem noch viel erbärmlicheren Zustand zurück gelassen, als bei dem Mal davor." Jetzt konnte Joey nicht mehr anders, als laut zu schluchzen und sich an Setos Hemd zu klammern. Er hatte offensichtlich erkannt, dass Seto möglicherweise Recht hatte. Es war eine Weile vergangen und Joey und Seto saßen auf dem Boden. Immer noch hatte Seto seinen Streuner fest im Arm, dessen Weinen erst langsam nachgelassen und schließlich versiegt war. "Geht es besser?", fragte er ihn liebevoll. Joey nickte. "Seto?", kam es von Joey leise. "Hm?", reagierte der Brünette. "Dein Hemd riecht nach Kaffee.", meinte der Blonde nur. Kapitel 115: Konditionnierung II -------------------------------- Kapitel 115 - Konditionierung II "Und wie geht es dir heute, Joey?", fragte Kai interessiert nach. Doch wieder zuckte Joey nur gleichgültig mit den Schultern. Er wusste, dass sie langsam unausweichlich auf das Sommer-Thema zusteuerten und das ließ den Blonden erst recht unwillig werden, was die Teilnahme an den Sitzungen anbelangte. "Verstehe... Ich würde gerne mit dir heute über ein bestimmtes Thema reden.", meinte Kai, der sonst eigentlich kein Thema vorgab, aber da die letzten zwei Sitzungen so unproduktiv verlaufen waren, sah er sich gezwungen seine übliche Routine dieses Mal über Bord zu werfen. "Ich würde gerne mit dir über das Thema Konditionierung reden." Kai hatte noch nicht fertig gesprochen, als Joeys Kopf zu Seto schnappte und er ihn böse ansah. "Du hast ihm davon erzählt?", kam es fassungslos von dem Blonden. "Wieso nicht? Das machen wir doch immer so.", konterte Seto, konnte aber seine Überraschung über Joeys heftige Reaktion nicht so ganz verbergen. "Mal was von Privatsphäre gehört?", schrie Joey empört und sprang auf. Auch Seto sprang auf und passte seinen Freund ab, der den Wintergarten eilig verlassen wollte. "Hey... was soll das denn Joey... hast du so sehr Angst davor, dass Kai den Sommer ansprechen könnte, dass du dich wie die Axt im Walde aufführen musst?", hakte Seto nach. Entgeistert blickte Joey ihn nur an, während ihm erneut eine Träne über die Wange kullerte. In den letzten Tagen war er wieder nahe am Wasser gebaut. "Ich hab nur erkannt, dass ich dir nicht vertrauen kann.", meinte Joey bitter leise, bevor er sich aus Setos Griff wand und den Wintergarten eilig verließ. Kaum war er die Stufen ins Wohnzimmer hochgestiegen begann er loszurennen. Seto sah ihm seufzend hinterher. Kai war aufgestanden und legte ihm eine Hand auf die Schulter. "In ein paar Minuten wird ihm bewusst, was er gesagt hat und dann wird er seine Worte bereuen.", meinte Kai sanft. "Ja, ich weiß... aber ich würde ihm gerne helfen diese letzte Schwelle zu überwinden.", meinte Seto traurig. Auch wenn er wusste, dass Joey die Worte nicht so gemeint hatte, taten sie doch irgendwo weh. "Dabei kann ihm keiner helfen. Er muss seine Angst ganz alleine überwinden, anders geht es leider nicht.", erwiderte der Rothaarige. "Du hast meine Nummer. Du kannst mich jederzeit anrufen. Falls ich nichts von euch höre, komme ich regulär nach dem Wochenende am Montag wieder." "Ist in Ordnung.", meinte Seto, der den Psychologen zur Haustür begleitete. Dann blickte er verloren die Treppe hinauf. Joey tigerte in ihrem Schlafzimmer auf und ab und war wütend. Warum hatte Seto Kai DAVON erzählt? Das ging den Mann nichts an. Das hatte nichts mit der Therapie zu tun. Das war intim und war alleine eine Sache zwischen Seto und ihm. Auf einmal sickerten die Worte, die er Seto an den Kopf geworfen hatte, ins Gedächtnis. Er schlug sich die Hände vor den Mund und schaute zur Tür. Normalerweise folgte Seto ihm doch, wenn er in so einer Phase außer sich davon gestürmt war. Doch da war kein Seto. Verzweifelt sackte Joey auf die Knie und fing an bitterlich zu weinen. Hatte er seinen Drachen so schwer vor den Kopf gestoßen, dass dieser ihm nicht gefolgt war? Vielleicht hatte er ihn sogar verloren? Das Weinen des Blonden wurde heftiger und lauter, so dass er gar nicht mitbekam, wie die Tür geöffnet wurde. Einen Augenblick später legten sich starke Armem um ihn und zogen ihn zu sich. "Sssh, mein Streuner", hörte er die vertraute Stimme seines Geliebten und ein tonnenschwerer Stein fiel ihm vom Herzen. Sofort schlang er seine Arme um Seto. "Es tut mir leid... sooo leid... ich... ich hab einfach ohne nachzudenken rum geblubbt.", heulte Joey in ehrlicher Reue. Sanft streichelte Seto ihm durch das blonde Haar und wiegte ihn beruhigend ein wenig hin und her. "Ich weiß... mach dir keinen Kopf darüber.", kam es sanft von Seto, während er seinen Kopf auf das blonde Haar bettete. "Wir werden das schon schaffen. Aber sag mal, Joey... wo hast du die Idee mit der Konditionierung eigentlich her?" "Ich... ich hab irgendwann mal mit Tristan über mein Problem gesprochen und... er...", kam es stockend von Joey. "Die Idee stammt von Tristan?", kam es erstaunt von Seto. "Na ja... nein... nicht so richtig, also schon... aber er hat es nur im Spaß gesagt.", versuchte Joey seinen besten Freund in Schutz zu nehmen. Seto hielt ihn noch eine ganze Weile sanft im Arm. Am frühen Abend war Tristan gekommen. Er wollte alles über ihren Kurztrip in die USA erfahren. Er war fasziniert von dem Thanksgiving Fest und dem aufgetischten Essen. Noch mehr darüber, dass Joey tatsächlich davon was gegessen hatte. Joey erzählte voller Enthusiasmus und nichts hätte vermuten lassen, dass er noch vor ein paar Stunden heulend in Setos Armen gelegen hatte. Als Joey mal auf Toilette musste wollte Tristan die Gunst der Stunde nutzen und sich etwas zum Trinken aus der Küche holen. Gerade als er eine Flasche Saft aus dem Kühlschrank nahm und dessen Tür wieder schloss bemerkte er Seto und fuhr schreckhaft zusammen, bevor er auflachte. "Man, Seto... du hast mich zu Tode erschrocken.", meinte Tristan, merkte aber an Setos ernster Miene, dass etwas was im Busch war. "Was?" "Konditionierung?", war alles was Seto sagte. Sofort wusste Tristan um was es ging und er vollführte eine stumme Aha-Geste. "Glaub mir, ich hatte die Idee bereits bereut, kaum das ich sie ausgesprochen hatte.", meinte Tristan schuldbewusst. "Wie hast du davon erfahren?" "Ich bin früher von der Arbeit gekommen und hab ihn dabei im Bad überrascht.", meinte Seto. "Hat es denn was gebracht?", wollte Tristan wissen. "Nein... hat es nicht... und er wird zunehmen unkooperativer bei den Sitzungen mit Kai.", legte Seto offen. "Wieso das?", hakte Tristan verwundert nach. "Weil die meisten Probleme und Albträume in der Sommerwoche wurzeln und Joey immer mehr realisiert, dass es unumgänglich ist darüber zu reden.", erklärte Seto mit einem leicht verzweifelten Unterton in der Stimme. "Verstehe... er ist noch nicht bereit, darüber zu sprechen.", kam es erkennend von Tristan. "Er versucht davor wegzulaufen und es zu ignorieren, ohne zu erkennen, dass er das nicht kann.", ergänzte Seto. Noch ehe Tristan etwas sagen konnte kam Joey in die Küche und Seto lächelte ihn sanft an, küsste ihn an der Stirn und zog ihn in seinen Arm. "Was macht ihr beiden hier?", fragte Joey. "Wir holen uns was zum Trinken. Brauchst du auch was Frisches?", fragte Tristan. "Hm... joa, ich nehm eine Sprite.", meinte Joey und erstaunte damit einmal mehr seinen Freund und besten Freund, denn in den letzten Monaten hatte man ihn neben seinen Nahrungsergänzungen gerade mal zum Wassertrinken gebracht. Doch dann nickte Tristan, öffnete erneut den Kühlschrank und zog eine Flasche Sprite hervor. Mit den beiden Flaschen bewaffnet gingen sie zurück ins Wohnzimmer, indem Tristan sich weiter die Geschichten aus den USA anhörte. Doch tief in ihm arbeitete es. Er wollte Joey irgendwie helfen, vor allem weil die Schnapsidee mit der Konditionierung von ihm gekommen war. Kapitel 116: Geiselhaft ----------------------- Kapitel 116 - Geiselhaft "Du siehst gar nicht gut aus, Brüderchen.", kam es besorgt von Serenity, die mit Joey via Skype telefonierte. "Bin nur müde... war eine anstrengende Woche.", meinte Joey mit einem erschöpften Lächeln. "Warum war sie denn so anstrengend? Deadline?", fragte Serenity nach. "Deadline? Ähm... nein, unsere Deadline liegt Ende Februar und wir liegen mit unseren Projekten gut in der Zeit.", kam es sanft von Joey. "Tatsächlich werden wir wohl schon Ende des Jahres unsere Projekte fertig gestellt haben." "Das ist großartig. Aber was hat dich dann so geschlaucht?", wollte die Brünette immer noch wissen und Joey erkannte, dass sie ihm mit der Deadline eine Ausredemöglichkeit geboten hatte, die er nicht erkannt hatte. Jetzt stand ihre Frage immer noch unbeantwortet im Raum und Joey wollte eigentlich nicht zugeben, dass er wieder vermehrt Albträume hatte. "Albträume?", riet Serenity ins Blaue und am überraschten Blick ihres Bruders erkannte sie, dass sie voll ins Schwarze getroffen hatte. "Aber du hattest hier nicht einen." "Ja, ich dachte eigentlich, ich hätte diese Phase hinter mir gelassen.", kam es schließlich eingestehend von Joey. "Hm... ich hab mal gelesen, dass Verdrängung nur...", wollte Serenity ansetzen, als Joey sie ungehalten anblickte. "Nicht du auch noch, Schwesterchen... bitte.", bat er sie mit einer leidenden Miene und Tonfall. "Hm? Was meinst du?", fragte Serenity irritiert nach. "Ach nichts.", versuchte Joey direkt wieder abzuwiegeln. "Nichts? Das glaub ich dir nicht. Also spuck es aus.", forderte Serenity, die es nicht leiden konnte, wenn jemand ein Thema anriss und dann mit der Sprache nicht rausrücken wollte. "Ich... verdränge nicht... ich arbeite aktiv daran den ganzen Scheiß zu verarbeiten. Aber es gibt nun Mal Sachen, die will ich nicht in Gesprächen platt treten, sondern allein für mich überwinden.", erklärte Joey und hatte Mühe ruhig zu bleiben. "Du meinst mit Sachen den Sommer, oder?", hakte Serenity sanft nach. Joey ließ sein Kopf schlagartig hängen, so dass seine Haare ihm über die Augen fielen. Er spürte die Feuchtigkeit, die in seine Augen trat. Sein Kiefer spannte sich an und er biss sich unsicher auf die Unterlippe. "Brüderchen?", rief Serenity besorgt, doch Joey konnte seinen Blick nicht mehr heben. "Ich...", kam es mit brüchiger, dünner Stimme. "Ich wünsch dir einen schönen Samstag, Schwesterchen." Dann griff er nach dem Bildschirm des Laptops und klappte ihn nach unten, wodurch dieser runterfuhr. Er zog seine Beine an die Brust und bettete sein Gesicht auf den Knien, die er mit seinen Armen umschlang. Es war keine Minute vergangen, als er spürte, wie Seto einen Arm um ihn legte und ihn zu sich zog. Nur zu bereitwillig ließ er sich an die Brust seines Freundes ziehen. Seto sagte nichts und Joey war ihm dafür dankbar. "Hey Kumpel.", hörte Joey Tristan, der ihn dann kurz umarmte. Joey versuchte ihn anzulächeln, doch es fiel ihm schwer. "Man... hast du seit gestern überhaupt gepennt?" "Ein paar Stunden.", versuchte Joey bei seiner Antwort locker zu klingen, was ihm aber nicht gelingen wollte. "Alter... komm, wir gehen ins Wohnzimmer, da kannste dich ein wenig hinlegen und wir können in Ruhe quatschen.", schlug Tristan vor. "Wenn ich mich jetzt hinleg penn ich dir instant weg.", wandte Joey ein und grinste dümmlich. "Umso besser... was spricht dagegen?", wollte Tristan wissen. "Du bist doch nicht den ganzen weiten Weg her gekommen, um mir beim Ratzen zuzuschauen...", konterte Joey und hatte das Gefühl endlich wieder seine alte Form zu finden. "Hey, es ist Wochenende und ich will mit meinem besten Freund ein wenig Zeit totschlagen... ob du dabei pennst oder nicht ist mir Latte... denn wenn du nicht n Nickerchen machst, dann wirste ohnehin in den Seilen hängen.", meinte Tristan. "Na komm schon, oder gibts einen anderen Grund, warum du nicht willst?" Beschämt ließ Joey erneut den Kopf hängen. "Albträume?", fragte Tristan und sofort schnappte Joeys Kopf mit einem überraschten Gesicht nach oben. "Woher...?", wollte Joey schon fragen, als ihm die Eingebung langsam ins Hirn sickerte. "Du hast mit Serenity gechattet, oder?" "Hätt ich sollen?", fragte Tristan irritiert. "Was'n los?" "Ach nichts... nur... das scheinbar jeder der Meinung ist, dass ich mal so langsam über den Scheißsommer zu sprechen hab.", kam es gereizt von Joey, der sich wie ein eingesperrter Tiger umwandte und auf und ab lief. "Ich mein... ihr habt mir versprochen, dass ihr mich damit in Ruhe lassen würdet und jetzt..." "Joey... keiner von uns fragt danach.", meinte Tristan. "Aber ich spüre doch, wie ihr mich immer mehr in eine Richtung führt, in der ich schlussendlich nicht anders kann, als darüber zu sprechen, ob ich will oder nicht.", kam es aus Joey geplatzt. "Ich fühl mich wie in der Falle." "Hast du mal überlegt, ob du dich in der Falle fühlst, weil du eben nicht über den Sommer reden willst?", hakte Tristan nachdenklich nach. Joey ging sich fahrig durch die Haare. "ICH WILL ABER NICHT DARÜBER REDEN!", keifte der Blonde verzweifelt. Tristan überwand, was sie trennte, und legte seine Hände an Joeys Gesicht. "Ich weiß das doch... Ja, ich weiß das und verstehe es. Aber dein Innerstes sagt dir doch ganz deutlich, dass du dir diesen Luxus nicht leisten kannst.", wandte sein bester Freund ein. "Dein Unterbewusstsein zeigt dir das mit den Albträumen und der Unruhe, die es dir aufbürdet. Das kommt nicht von außen, Joey... sondern von hier drin." Dabei legte er seine Hand auf Joeys Brust. Er konnte spüren wie heftig Joeys Herz schlug, bevor dieser sich an seine Brust presste und sein Gesicht an seinem Shirt verbarg. Die Schultern des Blonden bebten. Vorsichtig schloss Tristan seine Arme um seinen besten Freund. "Du hast es doch schon einmal geschafft darüber zu reden.", meinte Tristan nach einer Weile. "Als deine Schwester hier war und dich beim Tisch dazu gebracht hatte, da bist du doch dann mit uns allen auch zu Kai gegangen und hast noch mal in Ruhe über das gesprochen, was Serenity damals beim Tisch aus dir heraus gelockt hatte." "Ich... kann nicht noch mehr von der Woche erzählen... das kann ich einfach nicht.", kam es verzweifelt von dem Blonden. "Wieso nicht?", wollte Tristan vorsichtig wissen. "Was macht dir nur so große Angst, dass du es sogar vor deinem Therapeuten oder vor mir verbergen musst?" "W... wenn ich das jemals jemanden erzähle... der würde mich niemals wieder auch nur mit dem Arsch anschauen.", schluchzte Joey. "Joey... das stimmt nicht... komm schon. Schau nur, wie sehr du all die Jahre bemüht war alles vor uns - deinen Freunden - zu verbergen, weil du genau die gleiche Angst hattest. Doch ich und die anderen stehen dir heute näher als jemals zuvor.", wandte Tristan behutsam ein. Doch der Blonde konnte nicht anders, als einfach nur verzweifelt zu schluchzen und Tristan blieb mit ihm einfach so stehen. Gab Joey die Zeit, die er brauchte sich wieder zu beruhigen. Denn vorher ging einfach nichts, dass wusste er, seit er seinen besten Freund nach dessen Entführung so intensiv betreut hatte. Wusste, dass sich sein Freund selbst aus seiner Geiselhaft seiner Erinnerungen befreien musste. Niemand konnte ihn befreien, sie konnten ihm nur Hilfestellung leisten. Kapitel 117: Einn Anflug von Sommer ----------------------------------- Kapitel 117 - Ein Anflug von Sommer "Wie war dein Wochenende?", fragte Kai Joey, der ihm gegenübersaß und mit seinem T-Shirt-Saum spielte. "Hm...", kam es nur wortkarg von dem Blonden, der kurz auf den leeren Platz neben sich schaute. Seto hatte es heute nicht geschafft pünktlich aus der Firma loszukommen und nun saß Joey hier alleine mit dem Rothaarigen. "Tristan war da." "Und was habt ihr so getrieben?", fragte Kai im üblichen Smalltalk-Tonfall. "Geredet.", kam es wieder leise von Joey. "Über was denn?", hakte der Therapeut nach. "Ü... über den Sommer.", antwortete der Blonde kaum hörbar. Überrascht blickte Kai ihn an. "Wie kam es dazu?", versuchte Kai das Gespräch am Laufen zu halten. "Einfach so...", kam es von Joey. "Es... ist einfach so passiert." "Und... haben sich deine Ängste bewahrheitet?", wollte Kai wissen, dem schon länger klar war, warum Joey nicht über diese Woche sprechen wollte. "Wird sich noch zeigen.", kam es unsicher von dem Blonden. "Wie hat denn Tristan auf das reagiert, was du ihm erzählt hast?", kam es interessiert von dem Psychologe. "Er... er war geschockt. Wütend... Fassungslos...", zählte Joey leise auf. "War er auf dich wütend?", wollte Kai ergründen. "Nein... jedenfalls hat er gesagt, dass er nicht auf mich wütend sei, sondern auf die Männer, die mich im Sommer...", Joeys Stimme brach zusammen, als die erste dicke Träne über seine Wange lief und er sich noch kleiner machte, als er ohnehin schon wirkte. "Die dich im Sommer vergewaltigt haben.", führte Kai den Satz zu Ende. Weitere dicke Tränen perlten Joey über das Gesicht und er biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Aber er nickte bejahend. "Entschuldigt bitte meine Verspätung.", kam es von Seto, der in den Wintergarten geeilt kam, erst Kai die Hand gab und sich dann neben Joey setzte. Erst jetzt fielen dem Brünetten die Tränen auf dem Gesicht seines Geliebten auf. Sanft strich er sie weg und zog Joey enger an sich heran. "Hey, was ist denn los?" "N... nichts.", meinte Joey eilig und wischte sich eilig die neuen Tränen von den Wangen. Doch unaufhörlich folgten weitere Tränen. "Das sieht aber nicht aus wie Nichts, mein Schatz.", kam es sanft von Seto. "Joey erzählte mir gerade davon, dass er am Wochenende mit Tristan über die Woche im Sommer erzählt hat.", informierte Kai Seto, der den Therapeuten erstaunt ansah, bevor er wieder zu Joey schaute. "Das hast du?", fragte er ungläubig. Doch daraufhin musste Joey noch mehr weinen. "Oh.", kam es auf einmal von Kai, dem sein Fauxpas klar wurde. "Du hast das nicht gewusst?" "Nein... ich hör zum ersten Mal davon.", bestätigte Seto. "Oh Schatz, warum weinst du denn so... das ist doch gut, dass du mit Tristan darüber gesprochen hast." Joey konnte nicht antworten oder etwas erwidern, er konnte nur verzweifelt schluchzend. "Joey hat Angst, dass Tristan ihm die Freundschaft aufkündigen könnte, nachdem er nun weiß, was im Sommer alles geschehen ist.", weihte Kai Seto weiter ein. "Was? Nein, das würde Tristan niemals tun.", meinte Seto sanft. "Tristan ist dein bester Freund und daran wird sich nichts ändern. Nichts, hörst du mein Streuner." Doch Joey konnte das nicht beruhigen. Er ging völlig in seiner Panik und Verzweiflung auf. Da sah Kai im Wohnzimmer eine Bewegung. Er stand auf und ging zu der Glastür, die Wintergarten von Wohnzimmer trennte, öffnete sie und schaute ins Wohnzimmer. Da sah er Tristan stehen, der ihn belämmert anschaute. "Sorry, wollte nicht stören.", meinte der andere Brünette. "Du kommst eigentlich genau richtig.", meinte Kai sanft lächelnd. "Sag mir, Tristan... jetzt, wo Joey dir von der Woche im Sommer erzählt hat, hast du da vor ihm die Freundschaft zu kündigen?" Wie vom Blitz getroffen blickte Tristan den Rothaarigen ungläubig an, bevor er völlig benommen den Kopf begann zu schütteln. "Himmel, nein, wieso sollte ich?", kam es geschockt von Joeys bestem Freund. "Keine Ahnung. Wollte nur sicher gehen, denn ich hab da drinnen einen völlig aufgelösten Joey sitzen, der genau von dieser Angst gerade aufgefressen wird. Wärst du vielleicht bereit mit mir zu...", erklärte Kai, der sein Anliegen erst gar nicht fertig formulieren konnte, als Tristan bereits an ihm vorbei eilte, die drei Stufen zum Wintergarten nach unten nahm und sich schließlich neben Joey auf dem Boden kniete. "Hey...", begrüßte er Joey vorsichtig und lächelte ihn sanft an. Dieser schaute ihn aus verweinten Augen ungläubig an. "Hab gehört, dass du wieder die Lügen dieser kleinen Stimme in deinem Kopf glaubst, die dir erzählt, dass ich dir die Freundschaft aufkündigen werde... Aber das stimmt nicht. Die Stimme lügt dich an, wie sie dich in allem bislang angelogen hat. Du bist und bleibst mein bester Freund." Überglücklich warf sich Joey um Tristans Hals, der seine Arme um ihn schloss und fest hielt. Man konnte regelrecht sehen, dass etwas sehr schweres von Joey abgefallen war. Seto kam aus Joeys Zimmer. Nach dem heftigen Weinkrampf war der Blonde völlig erschöpft gewesen, so dass Seto ihn in ihr Bett gebracht hatte. Nachdem er eingeschlafen war, war Seto wieder aufgestanden und stand nun Tristan gegenüber. "Danke.", meinte der CEO nur leise zu Tristan. Dieser lächelte sanft. "Nicht dafür, Seto.", meinte Tristan. Sie gingen die Treppe hinunter und setzten sich dann ins Wohnzimmer, wo ihnen die Dienstmagd Kaffee nach ihren individuellen Vorlieben servierte. Tristan nippte an seinem Espresso Latte Macchiato, während Seto einen Schluck von seinem schwarzen Kaffee nahm. "Er hat dir von der Woche also erzählt?", eröffnete Seto das Gespräch und Tristan nickte. "Ja... hat er.", antwortete der andere. "Aber... ich kann dir davon nichts erzählen." "Wie... wie schlimm ist es, Tristan?", fragte Seto, der im ersten Moment wütend geworden war, dann aber verstand, warum Tristan ihm nichts erzählen konnte. Entweder hatte Tristan Joey versprochen mit niemanden darüber zu sprechen oder das, was Joey ihm erzählt hatte, war so schrecklich, dass Tristan es für wichtig hielt, dass Seto es nicht erfuhr. "Es ist noch viel schlimmer, als wir beide befürchtet hatten, Seto. Es... es sind nicht nur die Vergewaltigungen an sich, sondern...", Tristan biss sich selbst auf die Lippe. "Joey muss dir das selbst erzählen. Ich kann ihm das nicht vornweg nehmen." "Verstehe.", meinte Seto und verstand doch im Grunde nichts. "Ich denke nicht, dass er es mir jemals erzählen wird. Ich glaube, vorhin war er drauf und dran es Kai endlich zu erzählen und ich bin mitten reingeplatzt und dann erging er sich in seiner Angst." "Seto... Ich weiß, du liebst Joey und er bedeutet dir die Welt... aber das, was die mit ihm da gemacht haben... hat sein Selbstwertgefühl komplett zerstört. Das Gefühl wertlos zu sein kommt nicht nur durch seinen Vater...", erklärte Tristan so oberflächlich, wie er konnte, damit es Seto verstand, aber ohne etwas zu verraten, was Seto noch nicht wissen sollte. "Okay... dann werde ich ihm helfen sein Selbstwertgefühl wieder aufzubauen.", meinte Seto entschlossen und was Tristan für diesen Tipp mehr als dankbar. Tristan lächelte ihn an, da er wusste, dass Seto Berge versetzen würde, wenn es notwendig gewesen wäre, um Joey zu helfen. Kapitel 118: Selbstwert ----------------------- Kapitel 118 - Selbstwert "Joey?", rief Seto sanft durch die Tür zum Badezimmer und unterstrich sein besorgtes Rufen durch leichtes Klopfen. "Bitte, mach die Tür auf." "Geh weg.", kam es nur gedämpft durch die Tür. "Ich werde nicht weggehen.", gab Seto zurück. "Komm schon, Schatz. Mach die Tür auf. Bitte... lass uns reden." Die Tür wurde plötzlich aufgerissen und ein wütender Joey kam heraus geschossen, wie eine Tunnelspinne, die ein potentielles Opfer an ihrer Höhle vorbei laufen sah. Die Wut stand Joey sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben. "Du willst reden? Fein... dann erklär mir, was das Gefasel die ganze Woche lang soll.", keifte der Blonde. "Aber... Schatz... ich mein: Welches Gefasel?", versuchte Seto zu kontern. "Erwachsen, wirklich sehr erwachsen.", kam es wütend von Joey, der die Tür der Badezimmertür wieder zuschlagen wollte. Doch Seto stemmte sich dagegen. "Hey, hör auf dich einzusperren.", bat Seto ihn. "Hau ab.", schrie Joey erneut. "Schatz...", setzte Seto erneut an. "Hör auf mich so zu nennen!", brüllte Joey regelrecht. "Ich bin kein Schatz. Ein Schatz ist etwas, was einen Wert hat." "Aber du hast einen Wert.", konterte Seto, der seine Stimme jetzt verzweifelt anhob. "Nein, hab ich nicht...", kam es laut von Joey und man konnte hören, dass sich bereits Tränen in die Stimme mischten. "Für mich bist du die wertvollste Person auf der ganzen Welt.", bekräftigte Seto wieder. "Und Mokuba?", kam es spitzfindig von Joey. Touché. "Mokuba lieb ich auch über alles, a...", weiter kam Seto nicht, als Joey ihm ins Wort fiel. "Also gehört deine Liebe alleine deinem Bruder und ich bin nur eine Wertanlage?", führte Joey sein Argument fort und Seto merkte, dass er in die Falle gegangen war. "Nein...", schrie nun Seto. "Verdammt, Joey... jetzt hör auf gegen die Scheißtür zu drücken und lass uns in Ruhe reden." "Wir haben genug geredet.", wehrte Joey weinend ab. "Hau endlich ab..." Auf einmal war da kein Gegendruck mehr an der Tür und Seto stolperte in das geräumige Badezimmer, in dessen Mitte Joey am Boden saß und bitterlich weinte. Seto seufzte. Sein Plan, Joeys Selbstwertgefühl zu stärken war irgendwie nicht aufgegangen. Wann immer er seinem Geliebten ein Kompliment machte oder dessen Wert für ihn ausdrückte hatte der Blonde abgewiegelt, bis es an diesem Morgen eskaliert war. Dabei hatte Seto ihm doch nur eine Strähne aus dem Gesicht gestrichen, als Joey langsam aufgewacht war, ihn angelächelt und ihm gesagt, wie glücklich er war, dass er den Blonden an seiner Seite wusste und Joey sein Juwel - strahlend, schön und ewig während - war. Seto kniete sich neben Joey und zog ihn sanft in seine Arme. Von Joey kam nur halbherzig ein Versuch Seto von sich zu stoßen, bevor er sich an dessen Brust presste. "Joey...", setzte Seto sanft an. "Ich habe alles so gemeint, wie ich es sagte. In meinem Leben gibt es nur drei Personen, die mir alles bedeuten: Du, mein Bruder und Roland. Ich liebe dich von ganzem Herzen. Ich liebe auch meinen Bruder, aber auf eine andere Art und Weise. Nicht vergleichbar mit der Liebe, die ich für dich empfinde. Und ich bin mehr als glücklich, dass du an meiner Seite bist und würde mir wünschen, dass du auf ewig diesen Platz einnimmst." Nur zögerlich und mit verweinten Augen blickte Joey zu Seto auf. Seto konnte sehen, wie schwer es Joey fiel diese Worte zu akzeptieren. Ein Teil wollte ihm glauben, doch ein anderer Teil war einfach nicht im Stande es zu tun. Sanft streichelte Seto Joey über die feuchte Wange. "Ich würde für dich sterben, Joey... soviel bist du mir wert.", flüsterte Seto sanft und Joey presste sich sofort wieder an den Brünetten. "E... es tut mir leid... dass ich so... überreagiert habe.", schluchzte er. "Manchmal steh ich neben mir und kann nur noch zusehen, wie ich zur Furie werde und all diese schlimmen Dinge zu dir sage." "Das ist schon okay, mein Schatz.", meinte Seto sanft, während er über das blonde Haar streichelte. "Wir werden das schon noch in den Griff bekommen." "Wie war deine Woche, Joey?", fragte Kai in seinem Smalltalk-Tonfall. Joey wandte seinen Blick vom Garten hinter der Glasfront auf seinen Therapeuten. "Anstrengend.", antwortete er leise. "Viel zu tun gehabt?", hakte der Rothaarige nach. "Das auch, aber das war es nicht. Mein Chef kam gar nicht hinterher mit dem Lob. Ich glaub, hätte ich mich in die Mitte des Büros gestellt und laut einen fahren lassen, dann hätte er begeistert applaudiert.", kam es von Joey, der damit die längste Antwort seit seiner Rückkehr aus den USA gab. "Aber ist Lob nicht etwas Gutes?", gab Kai vorsichtig zu bedenken. "Hm... bin es einfach nicht gewöhnt. Aber vor allem frag ich mich, ob er mich lobbte, weil er wirklich begeistert von meiner abgelieferten Arbeit war oder, weil es ihm JEMAND aufgetragen hat.", wandte Joey ein und blickte dabei mit einem Seitenblick zu Seto, der neben ihm saß. "Den der JEMAND hatte die ganze Woche auch nichts Besseres zu tun als mir wiederholt zu sagen, wie sehr er mich liebt und wie wertvoll ich für ihn bin." "Hey... alles was ich sagte, meinte ich so. Vielleicht hab ich es mit der Taktung übertrieben, aber jede Wertschätzung war ehrlich gemeint. Und Ejima würde auch nicht loben, wenn er nicht überzeugt wäre. Ich habe ihn lediglich dazu angehalten seinem Lob Ausdruck zu verleihen.", rechtfertigte sich Seto. "Du hast es inflationär benutzt und damit völlig entwertet.", kam es leise von Joey. "Ich verstehe nicht, warum du das auf einmal so machst." "Weil...", Seto hatte Mühe sich zu bremsen und sich nicht zu verraten. Doch jetzt stand ein 'Weil' im Raum und Joey blickte ihn fordernd und skeptisch an. "Weil was?", hakte der Blonde direkt nach. "Weil... mir bewusst wurde, dass ich vieles für selbstverständlich halte, was nicht selbstverständlich ist und ich finde, dass wir in unserer Gesellschaft viel zu wenig andere wertschätzen. Also wollte ich das ändern.", zog sich Seto eine Erklärung aus den Fingern. Noch immer musterte Joey ihn kritisch. Dann begann er langsam zu nicken, blickte zu Kai und verschränkte die Arme. "Du hast mit Tristan geredet, oder?", kam es schließlich mit unterdrückter Wut von ihm. "Na ja, ich rede recht viel mit Tristan.", wandte Seto ein, der ebenfalls seine Arme vor seiner Brust verschränkte und nach vorne in Kais Richtung blickte. Joey begann mit den Zähnen zu knirschen. "Aaah.", kam es maßregelnd von Kai, der einen Finger warnend hob. "Nicht knirschen." Sofort stemmte Joey Unter- und Oberkiffer auseinander ohne den Mund zu öffnen. Sein Blick ging wieder raus in den Garten, wo der frisch gefallene Schnee sich wie eine Decke über den Boden gelegt hatte. "Er hat dir davon erzählt, dass ich mit ihm über den Sommer gesprochen habe.", kam es zischend von dem Blonden. "Ich hab ihn gefragt und er hat es mir gesagt. Aber er hat mir nichts vom Inhalt eures Gesprächs gesagt.", gab Seto zu, der seine verschränkte Haltung wieder öffnete und einen Arm um Joeys Schulter legte. "Nur... das der Sommer das bisschen Selbstwertgefühl, welches du dir über die Jahre bewahrt hattest zerstört hat." Joey ließ beschämt seinen Kopf hängen. "Da irrt Tristan.", kam es leise von dem Blonden. "Es gab nie ein Selbstwertgefühl, welches man hätte zerstören können." "Oooh Joey... du irrst dich... weißt du denn nicht mehr, wie du mir früher immer die Stirn geboten hast? Wie du dich im Königreich der Duellanten behauptet hast oder gegen mich im Battle City Turnier angetreten bist. Du hast dich nie von mir und meinen dummen Sprüchen unterkriegen lassen. Hast dich immer behauptet. Und du warst immer stolz auf deine Leistung als Duellant.", rief Seto ihm in Erinnerung. Joey blickte ihn scheu an. "Das alles... das fühlt sich an, als ob es ewig her wäre oder in einem anderen Leben statt gefunden hat.", kam es mit brüchiger Stimme von dem Blonden. "Davon ist nichts mehr übrige." "Dann lass uns das neu schaffen. Denn du bist ein großartiger Mensch, Joey Wheeler.", meinte Seto anerkennend und vergessend, wie Joey immer auf seinen Familiennamen reagierte. Der Blonde zuckte merklich zusammen und schalt sich mental für die Reaktion. Es war nun mal sein Name. Als Joey in das gemeinsame Schlafzimmer kam saß Seto auf ihrem Bett, vor sich der Laptop und der Blonde erkannte die Stimme seines Dads. Sofort eilte er zum Bett und neben Seto, wo ihn dann Jack aus dem Laptop heraus freudig anstrahlte. "Hey, mein Großer.", kam es väterlich von Jack. "Wie geht es dir?" Prüfend blickte Joey zu Seto und fragte sich, was hier los war. Warum hatte Seto Jack angerufen und worüber hatten sie wohl gesprochen. "Geht so... und dir?", kam es abgelenkt von Joey. "Ich mach mir ein wenig Sorgen um dich.", kam es ehrlich von seinem Dad und Joey blickte ihn überrascht an. "Das musst du nicht. Wirklich nicht, Dad.", versuchte Joey seinem Dad die Sorge zu nehmen. "Mir geht es gut... Ist Nitty auch da?" "Sie wartet bei euren Geschwistern darauf, dass sie mit dir telefonieren kann, aber ich wollte zuerst mit dir etwas besprechen.", meinte Jack sanft und ein mulmiges Gefühl entstand in Joeys Magengrube. "Aha.", war alles, was er rausbekam. "Joey... Serenity und du... ihr seid meine Kinder und ich liebe euch genauso, wie ich James und Grace liebe, dass weißt du, nicht wahr?", begann Jack, der sichtlich nervös war. Joey konnte nur nicken, während er sich nervös auf die Unterlippe biss. "Ich habe heute Morgen Serenity gefragt, ob sie nicht meinen Namen annehmen möchte." Joey begann zu lächeln. Er war sich bereits jetzt sicher, dass seine Schwester diese Frage mit einem fetten 'Ja' beantwortet hatte. Der Blonde war glücklich, dass seine Schwester zukünftig wirklich richtig, auch namentlich zu Jacks Familie gehören würde. "Aber ich möchte auch dich fragen, ob du das möchtest?", kam es behutsam von Jack. "Warum sollte ich etwas dagegen haben, dass meine Schwester deinen Namen annimmt. Immerhin bist du doch unser Dad.", kam es verwirrt von Joey. Jack musste schmunzeln. "So hab ich meine Frage nicht gemeint, Joey...", kam es liebevoll von dem Amerikaner. Joey verstand nicht, wie man die Frage sonst noch so verstehen sollte. Jack schien das zu merken. "Joey, möchtest du meinen Namen annehmen?" Joey wich überrascht vom Laptop zurück und blickte entgeistert das Bild seines Vaters an. Musterte den Mann, der so viele tausend Kilometer von ihm entfernt war und der jetzt auf eine Antwort wartete. "W... was?", war alles, was Joey sagen konnte. "Ich würde mich freuen, wenn du den Namen Wheeler ablegen und Johnson als deinen Familiennamen annehmen würdest.", wiederholte Jack sein Anliegen. "A... aber... w... warum?", kam es unsicher von Joey, der zu Seto blickte. "Hey, Moment mal... hat Seto dich gebeten, mir das anzubieten?" "Seto hat mir erzählt, wie du reagierst, wenn man dich bei deinem jetzigen Nachname nennt, aber nein, dass hat nichts mit meiner Frage zu tun. Lediglich mit dem Zeitpunkt.", antwortete Jack überzeugend. "Hä?", kam es nicht-verstehend von Joey. "Eigentlich wollte ich dich fragen, wenn zu an Weihnachten bei uns bist.", gestand Jack. "Aber da ich deine Schwester vorhin bereits fragte wollte ich nicht, dass du dich zurück gesetzt fühlst. Also fragte ich Seto nach seiner Einschätzung, wie du möglicherweise auf meine Frage reagieren würdest und er erzählte mir davon, wie sehr dich dein jetziger Nachname anwidert." Verlegen blickte Joey aus den Augenwinkeln zu Seto. Es tat ihm leid, dass er Seto so etwas unterstellt hatte. "Also, würdest du den Namen Wheeler ablegen und den Namen Johnson annehmen?", fragte Jack erneut. Jetzt konnte Joey nicht anders als überglücklich zu lächeln und zu nicken. "Sehr gerne, Dad.", kam es aus ihm heraus und er umarmte freudig Seto. Kapitel 119: Joey Johnson ------------------------- Kapitel 119 - Joey Johnson Es war erstaunlich, wie schnell etwas ging, wenn man nur genügend Geld auf den Tresen legte, ging es Joey erstaunt durch den Kopf, während er sich seinen neuen Ausweis und Reiseausweis besah. Dann nahm er den hölzernen Stempel, mit dem man in Japan 'Unterschriften' tätigte. Auf allen drei prangerte nun der Name Joey Johnson. "Hey, ich kann mich jetzt J. J. nennen.", meinte Joey gedankenverloren und schmunzelte. "Das ist voll cool." "Jay Jay.", wiederholte Mokuba amüsiert. "Das klingt so komisch." "Meinst du?", fragte Joey nachdenklich. "Johnson... Ich muss mich selbst erst einmal dran gewöhnen, dass ich nicht mehr Whe... dass ich jetzt so heiße. Im Büro haben sich ja alle recht schnell umgewöhnt, nur wenn ich ans Telefon gehe rutscht mir der alte Name noch hin und wieder raus." "Das wird schon noch.", meinte Mokuba sicher und legte einen Arm um Joeys Schultern. "Nitty heißt auch jetzt Johnson, oder?" "Jap... Sie hat tagelang ihre Unterschrift geübt.", meinte Joey. "Da lob ich mir, dass wir in Japan Stempel haben. "Der Stempel wird dir herzlich wenig nützen, wenn du in den USA auf die Uni gehst.", kam es von Seto, der gerade herein kam und noch in ein Dokument vertieft war. Joey blickte auf. In den letzten Wochen war so viel los und hatte sich so viel geändert, dass er gar nicht mehr daran dachte, dass er das wirklich wollte. Nachdenklich blickte er Seto an. Uni in den USA... aber Seto hatte hier seine Firma... und seine Therapie... Kai war auch hier. "Uhm... na ja, sehen wir ja dann.", kam es unentschlossen von Joey, was Seto von dem Blatt Papier aufblicken ließ. "Wie meinst du das?", fragte der Ältere und setzte sich neben Joey. "Wie soll ich das meinen? Noch bin ich nirgends aufgenommen oder eingeschrieben. Wenn mich keine der US-Unis haben will...", kam es ausweichend von Joey. "Hast du deine Mappe denn fertig?", fragte Seto sanft. Joey schüttelte seinen Kopf. Tatsächlich hatte er sich die ganze Zeit darum gedrückt, denn jedes Mal, wenn er an ihr arbeiten wollte, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er dazu Seto verlassen müsste. "Wieso nicht?", wollte Seto streng wissen. "Bin nicht dazu gekommen.", wich Joey erneut aus. "Blödsinn... du hattest mehr als genug Zeit dafür. Also?", ließ Seto Joey nicht ausweichen. Sich in die Enge getrieben fühlend stand Joey auf. "Weil ich dich dazu verlassen muss.", kam es aus ihm energisch raus geplatzt, bevor er stehen blieb, den Kopf und die Schultern hängen ließ und sich eine Hand über das Gesicht legte. Ein leises Schluchzen war zu hören. Seto stand ebenfalls auf und ging zu Joey. Sanft zog er ihn in seine Arme. "Ich will dich nicht verlassen... ich liebe dich.", meinte Joey leise. "Aber Schatz.", erwiderte Seto liebevoll. "Du verlässt mich doch nicht." Joey blickte fragend und mit Tränen in den Augen zu Seto auf. Dieser lächelte ihn bestärkend an. "Wir werden eine kleine Wohnung in der Nähe des Campus anmieten und einrichten und ich bleib die ersten zwei, drei Monate bei dir, bis du dich eingewöhnt hast. Und dann komm ich immer zum Wochenende oder in den Semesterferien. Auf dem Weg zu dir kann ich Mokuba bei Serenity absetzen.", erklärte Seto und zeigte, dass er das alles bereits durchgeplant hatte. Von Mokuba kam ein Jauchzen, als er das mit Serenity hörte. "Was?", kam es erstaunt von Joey. "Du willst jede Woche 28 Stunden in einem Flugzeug verbringen, um einen halben Tag bei mir zu verbringen?" "Wer sagte etwas von einem halben Tag?", kam es schmunzelnd von Seto. "Ich sagte Wochenende." "Aber selbst wenn du freitags direkt nach der Arbeit fliegst, kommst du erst samstags bei mir an, was in den USA freitags wäre, aber du müsstest dann am USA-Samstag losfliegen, damit du am Japan-Sonntag wieder hier bist.", versuchte Joey das auseinander zu klamüsern und bekam davon immer noch Kopfschmerzen. Zeitverschiebung. "Das ist viel zu viel Stress für dich und kann auf Dauer unmöglich gut für die Gesundheit sein." "Dann bleib ich eben die ersten drei Monate bei dir, bis du genügend Sicherheit im Alltag gewonnen hast und werde in jede Semesterferien zu dir oder du zu mir kommen und ansonsten skypen wir eben jeden Tag. Und wenn irgendwas sein sollte bin ich so schnell es geht bei dir.", meinte Seto einlenkend. "Du... du meinst das ernst, oder?", fragte Joey unsicher. "Ja, natürlich.", kam es sanft lachend von Seto. "Es hat so lange gedauert, dich für mich zu gewinnen. Ich geb dich nicht wieder auf." Glücklich schmiegte sich Joey an Seto und küsste ihn voller Liebe. Seto umschlang ihn mit seinen Armen und hielt ihn eng an sich gedrückt. "Cool, drei Monate sturmfreie Bude.", kam es nur leise von Mokuba. "Vergiss es.", meinte Seto streng. "Fugatu bleibt hier und wird ein Auge auf dich haben." "Aaah man...", maulte Mokuba und wollte schon aufbegehren, doch dann schmunzelte er nur. Er wollte nicht der Anlass sein, dass Seto seine Pläne über den Haufen warf. Also nickte er nur ergeben und stand dann auf, um die beiden alleine zu lassen. "Seto... Ist ein Appartement nicht etwas teuer?", fragte Joey schließlich nach einem längeren Moment. "Warum sollte es zu teuer sein?", fragte Seto irritiert. "Sind die Mieten drüben in den USA nicht arg hoch?", fragte der Blonde unsicher. "Warum zerbrichst du dir darüber den Kopf?", hakte Seto nach und blieb Joey die Antwort schuldig. "Weil meine Mittel sehr begrenzt sind.", antwortete Joey leise. "Und ich nicht so produktiv war, wie ich es vorgehabt hatte." "Du weißt, dass ich dich liebe, nicht wahr?", fragte Seto unvermittelt. Joey nickte. "Und ich weiß, dass du mich liebst, ist doch so, oder?" "Natürlich lieb ich dich.", kam es hastig von Joey, der nicht verstand, warum Seto erneut das Thema wechselte. "Ich möchte, dass du aufhörst dir Gedanken über Geld zu machen. Wer es hat und wer es nicht hat.", bat Seto ihn sanft. "Was?", kam es überrascht von Joey. "Ich möchte, dass du dich voll und ganz auf dein Studium konzentrierst. Du bist wahnsinnig talentiert und mit der richtigen Ausbildung könntest du noch viel großartiger werden, als du es ohnehin schon bist.", begann Seto zu erklären. "Also möchte ich, dass du dir keine Gedanken um Geld machst. Weder wenn es ums Wohnen, die Verpflegung oder Künstlerbedarf geht." "Ich kann dich das unmöglich alles alleine bezahlen lassen.", erwiderte Joey entgeistert. "Das werde ich auch nicht. Jack wird eine Hälfte übernehmen.", antwortete Seto. "Was?", kam es von allen Geistern verlassen von dem Blonden. "Das... das geht erst Recht nicht." "Wieso nicht?", hakte Seto nach. "Jack ist dein Dad. Er möchte dich unterstützen. Schon jetzt stellt er dir monatlich Geld zur Verfügung, dass du nicht anrührst. Möchte für dich voll und ganz ein Dad sein. Dazu gehört auch die Ausbildung der eigenen Kinder zu bezahlen. Also warum lässt du ihn nicht? Immerhin hast du doch auch seinen Namen angenommen." Sprachlos blickte Joey Seto an und wusste nichts, was er darauf erwidern konnte. Die Annahme von Jacks Familiennamen hatte ihm viel bedeutet, war aber doch nur eine Formalität gewesen. Er ließ Setos Worte sacken und versuchte ein Argument dagegen zu finden... doch... er fand keines. Ja, Jack wollte für ihn ein richtiger Dad sein und sehnte sich danach die verlorene Zeit wieder gut zu machen. Doch Geld von ihm anzunehmen fühlte sich merkwürdig an. Genauso merkwürdig, wie von Seto Geld anzunehmen. Er seufzte und schmiegte sich dann wieder an Seto. Auch wenn er jetzt nichts dagegen sagen konnte, hieß das nicht, dass er das so einfach akzeptieren würde. Kapitel 120: Nachricht von... ----------------------------- Kapitel 120 - Nachricht von... Joey saß am Frühstückstisch und stocherte in seinen Pancakes herum. Sein Essverhalten hatte sich in den letzten Wochen soweit wieder normalisiert und die Shakes waren aus seiner Ernährung verschwunden. Nicht zu letzt vermutete Kai, dass es daran lag, dass Joey sich einerseits neu erfunden hatte - unter anderem durch das Annehmen von Jacks Familiennamen - und andererseits daran liegen könnte, dass der Blonde mit seinem besten Freund über den Sommer gesprochen hatte. Dennoch hatte er bislang weder mit Kai, noch mit Seto darüber gesprochen. Mokuba kam gut gelaunt in die Küche, hatte einen Haufen Briefe in der Hand und ging sie durch. Der Jüngste im Haus hatte seit dem Vortag Winterferien und wartete Hände ringend noch auf ein kleines Päckchen. Er hatte Serenity etwas bestellt und hoffte, dass es noch vor ihrem Flug in die Staaten ankommen würde. Mit Schwung setzte er sich auf seinen Platz und zog einen Fuß auf die Sitzfläche. "Fuß runter, Mokuba.", kam es tadelnd von Seto. Sofort setzte Mokuba den Fuß von der Sitzfläche und sah die Briefe weiter durch. "Hey Joey.", kam es plötzlich von dem Jüngsten. "Hier ist ein Brief für dich." Er beugte sich über den Tisch und reichte dem Blonden den Brief, der noch an Joey Wheeler adressiert war. Joey nahm den formal wirkenden Brief und brauchte einen Moment, bis er den Absender fand: Justizbehörde Domino City. Joey ließ seine Gabel, mit der er seine Pancakes malträtiert hätte, augenblicklich fallen, verlor jegliche Farbe im Gesicht und begann zu zittern. Übelkeit wallte direkt in ihm auf, so dass er sofort aufsprang und die nächste Toilette aufsuchte, um sich dort zu übergeben. Sein Magen krampfte sich furchtbar zusammen und schmerzte. Noch während er sich übergab spürte er die warmen, sanften Hände von Seto auf seinem Rücken, die ihm das Haar etwas zurück schob, damit sie nicht dort hingen, wo es gerade nicht angebracht war. Erst nach drei, vier Wällen beruhigte sich Joey langsam wieder und er sackte auf seine Fersen und lehnte sich erschöpft an Setos Brust. Den bitteren Geschmack der Magensäure noch immer im Mund. Vorsichtig nahm Seto Joey den Brief aus der Hand, den dieser die ganze Zeit fest umklammert hatte. Er blickte auf den Absender und wusste, warum sein Streuner so heftig reagiert hatte. Joey presste sich mit seinem Gesicht an Setos Brust und Seto öffnete den Brief langsam. Er zog das Schreiben hervor und las kurz den Inhalt. Dann schnaubte er verächtlich, als hätte jemand einen schlechten Scherz gemacht. "Kannst du getrost ignorieren, Schatz.", meinte Seto sanft, steckte das Blatt Papier zurück in den Umschlag und steckte ihn dann ein. "W... was steht... was steht denn drin?", fragte Joey ängstlich. "Nichts von Bedeutung.", meinte Seto ausweichend. "Wenn es nichts von Bedeutung ist, warum schreiben die mich dann an?", fragte Joey verwirrt. Seine Stimme war rau vom Erbrechen. "Ich werde den Brief später Kai zeigen und dann unsere Rechtsanwälte beauftragen eine Antwort zu verfassen.", meinte Seto ohne auf Joeys Frage einzugehen, was diesen sich etwas von Seto abstützen ließ, damit er ihm direkt in die Augen schauen konnte. "Um was geht es, Seto?", fragte Joey nun energischer. Das Seto darauf nicht antworten wollte war mehr als deutlich gewesen, dennoch hatte der Blonde das Gefühl, dass er im Bild sein musste. "Schatz... ich möchte erst von Kai abschätzen lassen, ob ich dir den Inhalt zumuten kann. Du vertraust mir doch, oder?", fragte Seto sanft. Joey nickte sofort und lehnte sich wieder an Seto. Dennoch hinterließ Setos Verhalten einen komischen Nachgeschmack, aber vielleicht war das auch nur die Magensäure in seinem Mund. "Und ihr fliegt später also über Weihnachten und Silvester in die USA zu Jack und Serenity?", fragte Kai als Einstieg und merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Joey war erneut gedanklich nicht anwesend oder unwillig am Gespräch teilzunehmen, während er aus den Fenstern des Wintergartens in den schneebedeckten Garten schaute. "So ist es geplant, allerdings... kam heute ein Brief der Justizbehörde an.", meinte Seto bedächtig. Joey biss sich unbewusst auf die Unterlippe. "Oho...", kam es verblüfft von Kai. "Und was stand in dem Brief?" "Keine Ahnung, Seto hat ihn mir weggenommen.", kam es eher als Reflex von Joey, als dass er wirklich gezielt einen Seitenhieb gegen Seto formuliert hatte. Kai blickte fragend zu Seto, der den Seitenhieb ohne Gegenwort einsteckte, aufstand und Kai den Brief reichte. Dieser blickte den geöffneten Umschlag, der ziemlich zerknautscht war, an. "Darf ich den Brief lesen?", fragte er vorsorglich. "Klar... jeder darf den Brief lesen... jeder außer mir.", kam es wieder trotzig von dem Blonden. Seto ließ sich wieder neben ihm nieder und tastete vorsichtig nach Joeys Hand. Als er sie erreichte verschränkte er vorsichtig ihre Finger und Joey blickte ihn kurz traurig an. "Tut mir leid... du hast mich schließlich vorhin gefragt, ob du den Brief erst Kai zeigen kannst, bevor ich erfahre was drin steht... aber irgendwie fühle ich mich gerade furchtbar bevormundet.", erklärte der Blonde reuig. "Ich weiß und es tut mir leid... aber... ich bin so wütend auf den, der dich da angeschrieben hat. Am liebsten würde ich den in der Luft zerreißen.", gestand Seto ein. Joey lehnte seine Stirn an die seines Drachens. Derweil las Kai den Brief und legte die Stirn in Falten. "Okay, ich verstehe, warum Seto Hemmungen hatte, dir diesen Brief zu zeigen.", kam es schließlich von Kai. "Dennoch können wir dir den Inhalt nicht einfach vorenthalten." Sofort saß Joey angespannt und aufrecht neben Seto und sein Griff um die Verschränkten Finger wurde stärker. "Der Brief kommt von einem Doktor Ariake Doi, der seines Zeichens Psychiater in der Haftanstalt ist, in der Herr Wheeler einsitzt.", begann Kai den Brief zusammenzufassen. "Er schreibt dich mit Zustimmung Herrn Wheelers an, um dich zu informieren, dass dieser eine Therapie begonnen hat und nun an einem Punkt angelangt ist, an dem er dich bitten möchte an einer oder zwei Sitzungen teilzunehmen." "So eine Unverschämtheit.", murmelte Seto empört. Es dauerte einen Moment, bevor Joey realisierte, um was es ging. "Soll... soll das ein schlechter Scherz sein?", platzte es plötzlich fassungslos aus dem Blonden heraus. "Das kann doch nur ein Scherz sein, oder?" Auf einmal war er so in Rage, dass er aufspringen musste. "D... Dieser Drecksack hat mich Jahre lang gequält und mir schreckliche Dinge angetan. Hat mich verkauft und seine Schulden abarbeiten lassen, wie einen Sklaven... Wieso darf er oder wer auch immer dieser Typ da ist, mich überhaupt anschreiben?", schrie er sein Unverständnis regelrecht hinaus. "Der kann sich seine Bitte in den Arsch schieben und drauf rumreiten, bis es ihm oben wieder rauskommt." Auch Seto war aufgestanden und zog Joey sanft in seine Arme und dann wieder an seine Brust. Als Joey die Wärme und Geborgenheit seines Freundes spürte fiel die Wut auf einmal von ihm und Verzweiflung brach sich Bahn. Der Blonde presste sich weinend an seinen Drachen und verstand auf einmal die Welt nicht mehr. "Ich werde alles Weitere in die Wege leiten, damit so etwas nicht mehr geschehen wird.", meinte Seto sanft und streichelte Joey behutsam über das Haar, während er zu Kai blickte, der nur sanft nickte. Doch genau wie Kai wusste Seto auch, dass dieser Brief an Joey gerichtet werden durfte, weil dieses Monster eben nicht wegen dem verurteilt worden war, was er seinem Sohn angetan hatte, sondern wegen seiner Teilhaberschaft an diversen Verbrechen der Yakuza. Deshalb gab es kein Kontaktverbot von der Gefängnisleitung und niemand in der Postkontrollstelle hatte es merkwürdig gefunden, dass der Mann sich über seinen Psychiater an seinen Sohn wandte. Doch Seto würde alles tun, damit dieser 'Drecksack' auch dieser Möglichkeit beraubt werden würde. Kapitel 121: Überglücklich -------------------------- Kapitel 121 - Überglücklich Seto saß in der Passagierkabine seines Privatflugzeugs und beobachtete Joey, der ihm schräg gegenüber saß und gedankenverloren aus dem kleinen Ovalen Fenster auf die Wolkendecke schaute. Wenn Seto seinen Geliebten mit ihrem Flug vor ein paar Wochen verglich war dieser heute geradezu unheimlich ruhig. Bei ihrem ersten Besuch in den Staaten war Joey fast den gesamten Flug immer auf und ab gerannt und hatte sich auf dem 14stündigen Flug kaum fünf Minuten hingesetzt. Heute saß er fast schon zehn Stunden und hatte sich kaum geregt. Noch nicht einmal etwas getrunken. Mokuba saß in der Reihe hinter Joey und schlief gelassen. Mokuba hatte noch nie Probleme mit dem Fliegen gehabt. Sein Weihnachtsgeschenk für Serenity war gerade angekommen als sie in den Wagen steigen wollten, um zum Flughafen zu fahren. Sein jüngerer Bruder war so froh darüber gewesen, dass er den ganzen Weg zum Flugzeug regelrecht Jingle Bells geträllert hatte. "Was beschäftigt meinen Streuner nur schon seit Stunden?", fragte Seto behutsam und voller Liebe. Joey begann zu blinzeln, als würde er aus einem Tagtraum erwachen und wandte seinen Blick auf ihn. Er sah regelrecht belämmert aus. "Die Staatsanwältin, Amy, hat mir versprochen, dass mich dieses Monster nicht anrufen und nicht anschreiben darf. Und dennoch kam heute dieser Brief.", meinte Joey nachdenklich. "Vielleicht ist dieser Brief durchgerutscht, weil der Psychiater ihn geschrieben und als Absender drauf stand.", merkte Seto beruhigend an. "Aber auch das wird nicht mehr vorkommen, Joey. Darauf geb ich dir mein Wort." Joey versuchte zu lächeln, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. Seto stand auf und setzte sich neben den Blonden, klappte die Armlehne nach oben und legte dann seinen Arm um die Schultern seines Geliebten. Mit einem Knopf ließ er eine Beinstütze unter ihren Sitzen hochklappen. Dann zog er Joey näher zu sich, so dass er an seiner Brust lehnen konnte. "Komm, versuch ein wenig zu schlafen, damit du mit Elan mit deinen Geschwistern toben kannst, wenn wir ankommen.", meinte Seto liebevoll und zog eine Decke aus ihrer Haltevorrichtung, bevor er sie damit zudeckte. Nur zögerlich schloss Joey seine Augen und schlief tatsächlich sofort ein. Die Aufregung um den Brief hatte ihn einiges an Kraft gekostet. Die paar Stunden Schlaf hatten Joey tatsächlich gut getan. Sanft war er von Seto geweckt worden und sah, dass die Wolkendecke verschwunden war und sie über Land flogen. Er wusste nicht wieso, aber amerikanische Städte sahen von oben so gänzlich anders aus, als japanische Städte. Oder bildete er sich das nur ein. "Wir landen in einer halben Stunde.", meinte Mokuba, der dort saß, wo zu Beginn Seto gesessen hatte. Dabei lächelte er Joey voller Vorfreude auf Serenity an. Joey erwiderte das Lächeln und war glücklich, dass Mokuba und Serenity einander gefunden hatten. Auch wenn beide seinem Geschmack nach noch einen Ticken zu jung für eine 'Beziehung' waren. Obwohl... vierzehn war doch heutzutage ein ganz normales Alter für die erste Liebe, oder? Langsam stand der Blonde auf, stieg über Setos Schoss und suchte dann den Waschraum auf. Er wollte sich die Zähne putzen und ein wenig frisch machen. Als er das soweit gemacht hatte befand er, dass seine Klamotten irgendwie stanken. Jetzt war er darüber froh, dass Seto ihn bat ein Satz Wechselklamotten mit in die Flugzeugkabine zunehmen. Also verließ er den Waschraum und suchte den Kleidersack, den Seto in den hinteren Teil der Kabine gehängt hatte, und zog sich um. Als er sich endlich wieder wohler fühlte gesellte er sich zu Mokuba und Seto, die sich über das Weihnachtsfest und die dazu gehörigen Sitten unterhielten. Joey setzte sich wieder neben Seto und lehnte sich an ihn an. Dann kam die Durchsage, dass sie sich anschnallen sollten, da sie gleich zum Sinkflug ansetzten. In Joey keimte sogar die Vorfreude darauf, seine Schwester, die beiden kleinen und seinen Vater wieder zu sehen. Sogar auf Marcia freute er sich. Kaum hatten sie sich angeschnallt ging das Flugzeug auch schon in den Sinkflug. Das Flugzeug war sanft gelandet und rollte in den Hangar, in dem es die nächsten drei Wochen stehen bleiben würde. Als es endlich stillstand öffnete sich die Kabinentür und die Bodencrew rollte die Treppe heran. Die Tore des Flugzeughangars waren noch weit geöffnet, so dass die frühe Morgensonne herein schien. Als Joey durch die Tür auf die Treppe trat musste er kurz stehen bleiben und eine Hand vor die Augen halten. Dann drang lautes, freudiges Schreien an sein Ohr und ehe er sich versah waren Grace und James die Treppe hinauf gestürmt und warfen sich gegen ihn, so dass er einen Schritt zurück ins Flugzeug stolperte. Diese pure, kindliche Freude wischte alle Sorgen und Gedanken, die Joey während dem Flug gehabt haben mochte einfach bei Seite und ließen Joey sofort unbeschwert werden. Durch den Schwung der Kleinen fiel Joey auf den Hosenboden, umarmte sie und lachte glücklich auf. "Wir haben dich sooo vermisst.", kam es als erstes von Grace. "Jaaa, alles war ohne dich voll doooof.", stimmte James seiner Schwester zu. "Ich hab euch beide auch total vermisst.", meinte Joey sanft. "Papa wollte sich einfach so aus dem Haus stehlen, um dich abzuholen. Doch Mama hat ihn erwischt und gesagt, dass wir dieses Mal alle mitkommen dich abholen.", erzählte Grace auf ihre kindlich, hastige Art. Joey stellte fest, dass diese kindliche Art seiner Halbgeschwister irgendwie etwas Heilendes und Reinigendes an sich hatte. Er fühlte sich nicht wie jemand, der froh sein konnte, dass sich überhaupt jemand mit ihm abgab und dem es ein Rätsel war, warum jemand wie Seto Kaiba ihn liebte. Er war einfach Joey und wurde bedingungslos und ehrlich von seinen Geschwistern geliebt. Ihnen war es egal, dass er zahlreiche Narben hatte oder was im Sommer gelaufen war. Sie fragten ihn nicht danach, sondern hatten die einfachen Erklärungen ihrer Eltern akzeptiert. Und nun war nichts davon mehr wichtig für sie, außer das es ihm gut ging und er glücklich war. Und das war er in diesem Moment. Überglücklich. Kapitel 122: Leiden ------------------- Kapitel 122 - Leiden Sie saßen in der Küche am Frühstückstisch. Die Resten des Frühstücks noch auf dem Tisch stehend. Joey hatte nicht wirklich was herunter bekommen und saß immer noch vor seinem ersten Brötchen. Mokuba, Serenity und die Zwillinge waren in den Garten gegangen und tobten durch den Schnee. "Wie kann das sein, dass diese Person meinen Sohn kontaktieren kann?", kam es entrüstet von Jack. Es war das erste Mal für Joey, seinen Dad so zu sehen. Bislang war er immer ruhig und geerdet gewesen, in sich ruhend. Ihn jetzt entrüstet zu sehen ließ Joey schreckhaft zusammen zucken. Sofort kniete sich Jack besorgt vor seinen Sohn und legte seine Hand an dessen Wange. "Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe." Joey versuchte nur zu lächeln, was ihm aber nicht gut gelang. "Der Brief ist wohl durchgegangen, weil als offizieller Absender der Psychiater genannt wurde.", erklärte Seto ruhig. "Es war schon ein Kraftakt überhaupt ein Kontaktaufnahmeverbot für den Alten zu erwirken, da er nicht wegen den Dingen verurteilt worden ist, die er Joey angetan hat." "Aber wissen die im Gefängnis nicht darüber, was er alles getan hat?", hakte Jack erneut nach. Seto schüttelte den Kopf. "Das war Teil des Deals, dass die Staatsanwaltschaft nichts darüber verlauten lässt.", erklärte der junge Geschäftsmann. Sanft strich Jack über Joeys Wange, der weiterhin beschämt vor sich auf seine Hände sah, die er gefaltet in seinem Schoss liegen hatte, um so den Blickkontakt zu meiden. Egal zu wem. Man merkte ihm deutlich an, wie unangenehm es ihm war, dass die ganze Sache hier am Tisch Gesprächsthema war. Ein fröhliches Grölen drang aus dem Garten über das gekippte Fenster in die Küche. Joey blickte kurz auf und sah wie seine Geschwister und Mokuba durch den schneebedeckten Garten tollten. Plötzlich schob er seinen Stuhl nach hinten und stand auf. "Entschuldigt mich bitte.", meinte er nur leise, bevor er die Küche verließ und alle ihm hinterher blickten. "Die Tatsache, dass wir alle Bescheid wissen, macht ihm immer noch zu schaffen, oder?", fragte Marcia vorsichtig. "Ja... aber er redet auch nicht gerne über diesen Aspekt seiner Vergangenheit.", rückte Seto Marcias Eindruck ins rechte Licht. "Wie läuft es denn mit seiner Therapie?", fragte Jack, der sich auf Joeys nun leeren Stuhl setzte. "Wie gehabt... Solang es nicht um den Sommer geht, arbeitet er mit bei der Bewältigung seiner Kindheit und Jugend.", erklärte Seto. "Er redet also immer noch nicht über den Sommer?", hakte der ältere Geschäftsmann nach. "Jain... Mit Tristan hat er darüber geredet.", offenbarte Seto seinem Gegenüber. "Aber er kann mir da auch nicht weiterhelfen. Er meinte nur, dass Joey es mir selbst erzählen muss und dass es nicht nur die Vergewaltigungen an sich seien, die ihm zu schaffen machen. Das Joeys Selbstwertgefühl nicht nur wegen dem Alten Jonouchi so kaputt wäre." Betroffen schaute Marcia Seto an. Jack nahm ihre Hand in seine und rieb mit dem Daumen über ihren Handrücken. "Also müssen wir uns mehr auf sein Selbstwertgefühl konzentrieren.", meinte sie sanft. Seto nickte. "Ich weiß nur nicht genau, wie wir das machen sollen.", gestand er. "Ich sag ihm so oft, wie es geht ohne zu inflationär zu sein, dass ich ihn liebe und er mir alles bedeutet. Sein Abteilungsleiter ist von seiner Arbeit begeistert und drückt ihm gegenüber das auch so aus. Aber das alles scheint an einer unsichtbaren Wand einfach zu verpuffen." "Was ist in eurem Alltag das, was ihn am meisten runterzieht?", hakte Jack sanft nach. Der Brünette Jungunternehmer musste kurz überlegen. "Das sind die Momente, in denen er nicht angezogen ist... beim Duschen, beim Anziehen, abends beim ins Bett gehen.", kam es schließlich von Seto. "Er hasst seine Narben und kann sie nur bedingt anschauen. Wenn ich ihn an seinen Narben berühre zuckt er immer zusammen und versucht sich diesen Berührungen zu entziehen." Jack sah zu Marcia. "Seine Narben?", wiederholte sie nachdenklich. "Sind die Narben erst im Sommer entstanden?" "Ein Großteil, ja.", antwortete Seto leise. "Man müsste sie sich mal genauer anschauen und beurteilen.", kam es überlegend von der Frau. "Wie meinst du das?", hakte nun Seto seinerseits nach. "Manche Narben brauchen bis zu einem Jahr, bis sie ausgeheilt sind.", kam es fachmännisch von Marcia. Seto konnte ihr nicht ganz folgen. "Aha.", kam es nur nicht-verstehend von dem Brünetten. "Hast du ihnen nicht erzählt, was ich beruflich mache?", fragte sie verblüfft ihren Ex-Mann. "Hat sich irgendwie nie wirklich ergeben, sorry.", kam es kleinlaut von Jack. "Ich bin Chirurgin. Genauer gesagt plastische Chirurgin.", kam es stolz lächelnd von Marcia. "Wenn die Narben ausgeheilt sind könnte man sich überlegen, ob man sie entfernt. Dann würde man sie kaum noch sehen können. Vielleicht würde das Joey helfen." "Wie soll ein chirurgischer Eingriff seiner Psyche helfen?", fragte Seto unwirsch. "Wusstest du, dass Transsexualität in den USA noch als psychische Störung eingeordnet ist? Diese Störung kann durch chirurgische Eingriffe behoben werden.", erklärte Marcia geduldig. "Wenn Joey unter seinen Narben so sehr leidet, wie ein Transsexueller unter seinem biologischem Geschlecht, dann würde ihm die Entfernung dieser vielleicht genauso helfen, wie die Herstellung des gefühlten Geschlechtes bei einem Transsexuellen. Natürlich müsste man das mit seinem Therapeuten abklären, was er dazu meint. Aber vielleicht hilft ihm das ja, sein Selbstwertgefühl wieder zu heben." So dumm klang das gar nicht, ging es Seto durch den Kopf, der auf die Uhr über der Küchentür schaute. Wenn er jetzt bei Kai anrief hätte er vielleicht die Chance, dass dieser noch nicht im Bett war. "Ich muss mal telefonieren.", meinte Seto, der aufstand und auf einmal baff aus dem Küchenfenster in den Garten blickte. Jack und Marcia folgte seinem Blick und sahen dann, wie Joey völlig losgelöst mit den Zwillingen, seiner Schwester und Mokuba durch den Garten tollte und scheinbar so viel Spaß, wie schon lange nicht mehr hatte. Kapitel 123: Hoffnung --------------------- Kapitel 123 - Hoffnung Joey und Seto waren in ihrem Zimmer. Seto kam gerade aus dem Badezimmer und Joey wartete darauf, dass er rein konnte. Er ging lieber nach Seto duschen, da dann die Spiegel, die es in diesem Raum standardmäßig gab, dann beschlagen waren. Den großen Standspiegel, der hier in dem Zimmer stand, hatte er direkt nach der Ankunft weggedreht. Seto kam zu ihm, stellte sich, feucht wie er war, vor ihn und legte seine Hände um Joeys Nacken. Dieser blickte zu Seto hoch, der ihn liebevoll anlächelte. Nur schwer konnte Joey dieses Lächeln müde erwidern. "Ich würde gerne mal wieder mit dir zusammen duschen gehen.", meinte Seto behutsam. Katsuya blickte auf Setos Bauchnabel. Wo es nur ging, versuchte er Setos Blick auf seinen Körper zu verhindern. Wollte nicht, dass er die Narben sah. Klappte nicht immer, vor allem nicht, wenn sie abends gemeinsam ins Bett gingen und noch ein wenig kuschelten und sich streichelten. Aber meist war da das Licht bereits aus oder eine Decke bedeckte ihn. "Willst wohl von mir eingeseift werden, hm?", versuchte Joey locker zu wirken und den Brünetten zu necken. "Oh, ich würde mich revanchieren.", konterte Seto liebevoll. "Ein anderes Mal, okay?", schlug Joey vor. Seto nickte. Gerade als Joey aufstehen wollte, um ins Badezimmer zu wechseln, klopfte es an der Tür. Seto schlüpfte geschwind in den Bademantel, schloss den Gürtel und ging zur Tür. Als er sie öffnete sah er in die braun-grünen Augen von Marcia. "Stör ich?", fragte sie zurückhaltend. Seto schüttelte den Kopf, trat bei Seite und ließ sie reinkommen, bevor er die Tür wieder schloss. Fragend blickte der Blonde zu der Ex-Frau seines Dads. Die Frage, was sie wollte, stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. Marcia trat näher an Joey und lächelte ihn sanft an. "Joey, ich würde mir gerne einmal deine Narben genauer anschauen, wenn du nichts dagegen hättest.", trug sie ihr Anliegen vor, was Joey erschrocken zurückweichen ließ, bevor er sich umdrehte und ins Bad rannte. Schwungvoll fand die Tür ihren Weg ins Schloss und am Spalt unter der Tür konnte man sehen, dass sich Joey vor diese gesetzt hatte. Seto hatte noch versucht zu reagieren, schaffte es aber einfach nicht mehr rechtzeitig und prallte gegen die Badezimmertür. Erschrocken blickte Marcia dem Blonden hinterher. "Kann... es sein, dass du noch nicht mit ihm gesprochen hast?", fragte sie langsam erkennend. Seto ließ den Kopf nach vorne fallen und schüttelte ihn. "Nein, kam noch nicht zur Sprache.", meinte er leise. "Oh, Mist...", kam es von ihr, als ihr der Umfang ihres Fauxpas bewusst wurde. Sie trat an die geschlossene Tür und klopfte sanft. "Joey... es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Bitte mach die Tür auf, dann erkläre ich dir alles." "Bitte Schatz... mach bitte die Tür auf.", bat auch Seto durch die geschlossene Tür. "Weißt du, Marcia ist plastische Chirurgin. Sie meinte, sofern deine Narben ausgeheilt sind, könnte man sie vielleicht entfernen." Man sah am Schatten unter der Tür, dass sich Joey bewegte. Dennoch blieb die Tür verschlossen. "Joey... ich weiß, dass ich viel verlange und wäre mir bewusst gewesen, dass noch niemand mit dir darüber gesprochen hätte, hätte ich anders angefangen. Es tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe.", kam es mütterlich von Marcia. "Wenn du raus kommst werde ich dir alle Fragen beantworten und dir alles erklären und wenn du mir dann deine Narben zeigen möchtest, werde ich sie mir anschauen und wenn du sie mir nicht zeigen möchtest, wird das auch in Ordnung sein. Darauf gebe ich dir mein Wort." Es verging ein langer Moment, bevor der Schatten unter der Tür sich wieder bewegte und veränderte. Nach einem weiteren, langen Moment wurde der Türgriff nach unten gedrückt und die Tür öffnete sich einen Spalt weit. Unsicher und misstrauisch blickte der Blonde durch die schmale Öffnung und musterte Marcia, die ihn mütterlich anlächelte und ihm dann den kleinen Finger hinhielt. Diese Reaktion überraschte Joey erneut und ungläubig öffnete sich sein Mund einen Spalt. "Das hab ich von Serenity gelernt und weiß, dass ein echtes Versprechen in Japan so beschlossen wird.", erklärte sie mit weicher Stimme. Zögerlich ließ Joey seine Hand und den dazugehörigen Arm durch den Türspalt gleiten und hakte seinen kleinen Finger in den von Marcia. Dann öffnete er die Tür des Badezimmers weiter und kam einen Schritt heraus. Seto legte überglücklich seine Hände an die Wangen seines Streuners und küssten ihn behutsam, bevor er ihn an seine Brust zog und drückte. "Es tut mir leid, ich wollte im Bett mit dir über das alles reden.", meinte Seto entschuldigend. "Schon... schon gut.", kam es leise von Joey. Seine Stimme schien belegt zu sein, so als ob er geweint hatte oder kurz davor stehen würde. Sanft zog Seto ihn mit zu dem Sofa und nahm mit ihm dort Platz. Marcia war gefolgt und setzte sich auf die andere Seite der Sitzgelegenheit. Dann erklärte sie gut verständlich und ohne groß Fachbegriffe zu verwenden was Narben waren, dass auch diese ausheilen mussten und was die Kriterien für diese waren, um erfolgreich und fast spurlos entfernt zu werden. Dabei beantwortete sie geduldig alle Fragen, die überwiegend Seto stellte, da Joey sich erneut in einer eher zurückhaltenden Phase befand. Doch dann schien alles erklärt und beantwortet zu sein. "Wie schaut es aus, mein Schatz?", fragte Seto behutsam. "Möchtest du Marcia mal eine Narbe zeigen?" Joey blickte unsicher zu Seto und überlegte. Eine Narbe? Also nicht gleich alle auf einmal. Zögerlich griff er zum unteren Ende seines Shirts und hob es ein kleines Stück an. Eine längliche Narbe, die sich von der Lende hoch auf die Seite zog kam zum Vorschein. Richtung Bauchmitte konnte Marcia teilweise kleine, runde Narben sehen, deren Ursprung wohl bei Zigaretten lag. "Darf ich diese Narbe betasten, Joey?", fragte sie dieses Mal in weiser Voraussicht, weil sie ihn nicht noch einmal erschrecken wollte. Joey nickte, während er seinen Blick auf die Wand hinter dem Sofa richtete. Vorsichtig legte Marcia ihre Finger auf die gezeigte Narbe und betastete sie. "Wodurch ist diese Narbe entstanden?", fragte sie beiläufig, als würden sie gerade über das Wetter sprechen. "I... ist das wichtig?", kam es unwillig von Joey, der damit klar signalisierte, dass er eigentlich nicht darüber sprechen wollte. "Ein wenig.", meinte sie sanft zu ihm. "Scherbe.", war die kurze Antwort des Blonden. "Muss höllisch geblutet haben.", mutmaßte sie weiter. "Hat die weiße Lederhose des Typen ordentlich ruiniert.", kam es von Joey, bevor dieser sich bewusst wurde, dass er das laut ausgesprochen hatte. "Kann ich mir vorstellen. Blut kriegt man nur schwer aus Leder wieder raus, wenn es erst einmal eingetrocknet ist.", versuchte sie das Gespräch nun am Laufen zu halten. "Bleiben rostfarbende Flecken oder man ruiniert sich die Hose durch zu aggressive Fleckenentferner.", stimmte Joey erneut zu. "Hätt' der Typ sich das mal lieber zwei Mal überlegt, ob er dich mit einer Scherbe verletzt.", lächelte Marcia ihn vorsichtig an. Joey blickte sie zaghaft an. Doch Marcias Konzentration lag wieder auf der Narbe. "Ich würde sagen, sie wird noch ein oder zwei Monate brauchen zum Ausheilen, aber spätestens zu Ostern könnte man sie entfernen.", kam es wieder fachlich kompetent von der Frau. Zu hören, dass es möglich wäre, diese Narbe zu entfernen, löste etwas in Joey. Zuversicht? Hoffnung? Erlösung. Langsam zog er sein Shirt aus und zeigte Marcia zunächst seine Vorderseite. Sie machte sich eine Skizze, auf der sie alle Narben eintrug und benannte, bevor sie sich zu jeder ein paar Notizen machte. Schließlich wandte sich der Blonde um, so dass sie auch seinen Rücken sehen konnte. Mit jeder weiteren Narbe, bei der Marcia die Möglichkeit einräumte, sie zu entfernen keimte mehr und mehr Hoffnung in dem Blonden auf. Kapitel 124: Schulbesichtigung ------------------------------ Kapitel 124 - Schulbesichtigung "Und das... das ist meine Schule.", kam es strahlend von Serenity, als das Auto ihres Vaters stoppte. Joey blickte neugierig aus dem Fenster und begutachtete die großflächige, aber relativ niedrige Schule. Was für Unterschiede, dachte er sich. In Japan hatte man keinen Platz zu verschwenden, da baute man die Schulen schon mehr in die Höhe. Doch hier in Amerika war alles immer sehr weitläufig. "Komm, ich führ dich rum und dann treffen wir uns später mit Dad im Cafe da drüben.", meinte sie enthusiastisch. Joey wusste, dass seine Schwester in diesem Zustand kaum zu bremsen war, also nickte er nur und stieg aus. Serenity beugte sich noch einmal nach vorne zu Jack und presste ihm einen sanften Kuss auf die Wange, bevor sie hinterher kam. Als Joey das sah fragte er sich, ob so etwas auch von ihm erwartet wurde? Er hatte von einem normalen Familienleben kaum eine Ahnung. Die einzige 'normale' Familie, die er kannte, war Tristans. Er hatte seinen besten Freund nur ein oder zwei Mal dabei gesehen, wie er seiner Mutter einen Kuss auf die Wange drückte, aber nie seinem Vater, was wohl aber auch daran lag, dass sein Vater eigentlich nie da war. "Diese Schule ist einfach toll.", schwärmte Serenity, während sie durch das geöffnete Schultor das Gelände betraten, welches still und verlassen vor ihnen lag. "Ist das wirklich okay, dass du mich hier rum führst?", fragte Joey noch einmal zur Sicherheit. In Japan wurde penibel darauf geachtet, dass niemand das Schulgelände betrat, der nicht irgendwie zur Schule gehörte. Das er nun dieses Schulgelände betrat vermittelte ihm das Gefühl etwas Falsches zu tun. Doch Serenity lächelte ihn breit an, während sie ihn an der Hand packte und mit sich zog. "Ich hab meinen Klassenlehrer in der letzten Stunde vor den Ferien gefragt. Er meinte, dass das schon okay ist, wenn ich dir das Gelände zeige.", meinte sie sanft. Damit zog sie ihn in das Gebäude und eine Treppe hoch, womit sie dann schon im obersten Stock waren. Dort zog sie ihn weiter, blieb hin und wieder an einem Klassensaal stehen und erklärte ihm, welchen Unterricht sie dort hatte. Irgendwann waren sie dann im Keller angekommen, wo es überwiegend naturwissenschaftliche Räume für Physik und Chemie gab. "Und es gibt keine fixe Klassen?", fragte Joey interessiert nach, der es aus Japan nur anders kannte. Serenity schüttelte den Kopf. "Hier in Amerika gibt es nur Jahrgänge und innerhalb des Jahrgangs kann man verschieden gewichtete Kurse als Fächer wählen. Ich bin in den meisten Fächer im A-Kurs, außer in Kunst. Da bin ich im S-Kurs.", erklärte Serenity. "S-Kurs?", fragte Joey interessiert. "Ja, S-Kurse sind für Schüler, die in dem Fach eine besondere Begabung aufweisen.", meinte Serenity und wurde verlegen. "Hey, das ist doch super... ich find es gut, dass du in Kunst begabt bist... scheint in unserer Familie zu liegen.", grinste Joey ermutigend und strich ihr sanft über die Wange. "Vielleicht kannste mir ja mal was von dir zeigen..." "Klar, wenn es sich ergibt.", meinte sie immer noch verlegen. "Gibt es hier eigentlich auch so etwas wie Clubs?", fragte Joey nach. "Clubs? Ja, so etwas in der Art... Es gibt mehrere Sport-Teams, die bis in die Landesmeisterschaft vorgerückt sind, vor allem im Basketball, Baseball, Schwimmen und in der Leichtathletik. Und dann gibt es noch verschiedene AGs - Arbeitsgemeinschaften. Außerdem haben wir eine recht gute Schülerzeitung, die es schafft wöchentlich eine Ausgabe rauszubringen.", schwärmte Serenity wieder. "Und bist du auch in so einem Team oder einer AG?", hakte Joey nach, der das Gefühl hatte, jetzt erst seine Schwester richtig kennen zu lernen. "Ich mache in der Kunst AG und bei der Schülerzeitung mit. Außerdem arbeite ich dieses Jahr am Jahrbuch mit.", meinte sie sanft lächelnd. Joey legte stolz einen Arm um sie und drückte sie sanft. Da hörten sie, wie hinter ihnen eine Tür geöffnet wurde und beide wandten sich erschrocken um. Dann kam ein Mann Mitte dreißig auf den Flur, sah überrascht die beiden an und begann dann Serenity anzulächeln. "Ah, Serenity... was machst du denn in den Ferien hier?", fragte der Mann beim Näherkommen. "Ah, Mr. Brown. Hallo.", grüßte sie den Mann und lächelte ihn freundlich an. "Ich zeige meinem Bruder die Schule." Dann wandte sie sich zu Joey. "Joey, dass ist Mr. Brown. Er ist mein Lehrer in Mathematik und Physik. Außerdem leitet er die Foto-AG." Der Mann reichte Joey seine Hand, die dieser nur sehr zögerlich annahm. Als sie sich die Hand schüttelten hielt der Mann plötzlich inne ohne Joeys Hand wieder frei zu geben. "Kennen wir uns irgendwoher?", fragte Mr. Brown plötzlich nachdenklich. Joey blickte ihn überrascht an und schüttelte dann den Kopf. "Nein, tun wir nicht.", meinte Joey höfflich. "Sicher? Sie kommen mir irgendwie bekannt vor.", hakte der Mann weiter nach. "Och ganz sicher.", meinte nun Serenity strahlend. "Joey lebt eigentlich in Japan und besucht uns über Weihnachten und Neujahr." "Japan?", wiederholte Mr. Brown, als würde er die neue Information erst gründlich analysieren. Dann bekam er ein Grinsen, als sei ihm eben ein Licht aufgegangen. "Japan!", kam es erneut von dem Mann. Diese Reaktion kam Joey merkwürdig vor und löste in ihm ein Gefühl des Unbehagens aus. Serenity wandte sich bereits ihm wieder zu, als er sah, wie der Mann ihn musterte, als würde er nackt vor ihm stehen. "Nun gut, ich wollte meinem Bruder noch das Sportgelände und die Schwimmhalle zeigen. Haben Sie noch einen schönen Tag, Mr. Brown.", meinte sie, während sie ihren Bruder bereits mit sich zog, wodurch er sich umdrehen musste. Er blickte über seine Schulter nach hinten und sah, wie der Mann ihm nachschaute, mit einem lüsternen Blick auf seinen Hintern gerichtet. Während der weiteren Rundführung kreisten Joeys Gedanken nur noch um diesen Mann und wie dieser ihn angeschaut hatte. So... merkwürdig. Auch seine - bislang - offene Haltung war wieder der Anspannung gewichen, der er hier in Amerika eigentlich zu entkommen suchte. "Joey? Alles in Ordnung?", fragte Serenity, als sie an der Schwimmhalle ankamen. "Ja... ja, klar...", kam es nur halbherzig von dem Blonden, der sich immer wieder umschaute, weil er das Gefühl nicht los wurde, beobachtet zu werden. "Wirklich? Auf mich wirkt das nämlich schon eine ganze Weile nicht mehr so.", kam es ernst von seiner kleinen Schwester. Hastig suchte er den Blickkontakt zu ihr und versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht so recht. Daraufhin lächelte sie sanft und drückte sich kurz an ihn. "Komm, wir gehen zu Dad ins Cafe... wir haben ihn lange genug warten gelassen.", meinte sie liebevoll und Joey war dankbar, dass sie ihn nicht zwang zu sagen, was für sie wohl offensichtlich war. Eilig suchten die beiden den Ausgang des Schulgeländes, überquerten die kaum befahrene Straße und fanden ihren Vater im Cafe am großen Fenster sitzen, der ihnen zuwinkte. Als sie zu ihm kamen standen bereits zwei heiße Schokoladen auf dem Tisch auf sie. "Na, wie war es?", fragte Jack die beiden. "Weitläufig.", meinte Joey abwesend, dessen Blick noch einmal zum Schulgebäude rüber glitt. Auch Jack spürte sofort, dass etwas nicht stimmte, doch nach einem Blick zu Serenity sparte er sich die Frage vorerst. Nachdem Serenity ihre Schokolade ausgetrunken und Joey zu sehr auf die Schule fixiert gewesen war, um sein Heißgetränk zu trinken, machten sich die drei auf den Heimweg. Kapitel 125: Hershel -------------------- Kapitel 125 - Hershel "Also deine Mappe macht einen großartigen Eindruck, Joey.", meinte Jack anerkennend zu seinem Sohn, als er dessen Bewerbungsmappe fertig durchgeschaut hatte. "Wir haben in meiner Firma einen großartigen Kopierer. Ich würde sagen, wir fahren später hin und dann vervielfältigen wir deine Bilder, damit du jeder deiner Bewerbungen eine Mappe beifügen kannst." Überrascht blickte Joey ihn an. "Meinst du nicht, dass es reicht, wenn ich die Mappe zu den Vorstellungsgesprächen mitnehme?", fragte er verwirrt. "Bevor die jemanden zu einem Gesprächstermin laden wollen sie etwas sehen, Joey. Aber sei unbesorgt, diese Bilder sind wirklich erstklassig.", lobte Jack erneut und Joey lächelte verlegen. Jack legte einen Arm um seinen Sohn und drückte ihn kurz an sich. "Sag mal, Joey... heute Vormittag, was war da los?", fragte Jack vorsichtig. Joey stockte in seiner Bewegung, als er die Mappe gerade schloss und zu band. "Was... meinst du?", erwiderte der Blonde verlegen, der sehr wohl wusste, worauf sein Vater hinaus wollte. "Joey... beleidige nicht meine Intelligenz, indem du dich dumm stellst.", mahnte Jack mit väterlicher Strenge. Joey ließ seinen Kopf hängen. Seine Wangen hatten sich vor Verlegenheit gerötet. "Wir sind einen von Serenitys Lehrern begegnet.", antwortete Joey leise. Mied dabei immer noch den Blick zu seinem Vater. "Ja, und?", hakte Jack nicht verstehend nach. "Ich weiß auch nicht... er hat mich so komisch angesehen.", meinte Joey leise und hob die Mappe vom Tisch auf seinen Schoss. "So komisch angesehen?", wiederholte Jack. "Was meinst du damit. Wie hat er dich angesehen?" "Ach, es wird nur Einbildung gewesen sein.", winkte Joey grinsend ab und wollte schon aufstehen. Doch Jack legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihn sanft an. Joey sank wieder auf seinen Stuhl und ließ seinen Blick wieder sinken. "Er... musterte mich..." "Macht das nicht jeder, der jemand neues kennenlernt?", wollte Jack irritiert wissen. "Schon, aber... er hatte dabei so einen Blick, wie die 'Freunde' meines Va... des Monsters, wenn ich nachmittags aus der Schule kam und auf seiner Couch ein Gläubiger saß, der noch Geld bekam.", erklärte Joey leise. "Und... wenn es nicht das erste Mal war, dann hatten die so einen Blick, als würden sie mich schon nackt sehen, obwohl ich noch meine Schuluniform an hatte." "Und so hat dich dieser Lehrer auch angeschaut?", fragte Jack besorgt. Joey nickt nur. "Sicherlich hab ich mir das nur eingebildet. Ich... bin längst nicht mehr so offen neuen Bekanntschaften gegenüber, wie ich es früher einmal war.", versuchte Joey seine Eindrücke abzumildern. Sanft zog Jack ihn etwas zu sich und drückte ihn liebevoll an seine Brust. "Du bist hier sicher, Joey.", flüsterte Jack ihm sanft ins Ohr. "Hier kennt dich niemand und ich würde niemals zulassen, dass dir etwas geschieht." Langsam begann auch Joey seine Arme um Jack zu legen und sich in dessen Umarmung sicher und wohl zu fühlen. "Also wir gehen noch mal schnell an die Theke Popcorn und was zum Trinken kaufen, wollt ihr auch was?", fragte Mokuba, der mit Serenity Hand in Hand Joey und Seto gegenüber standen. Seto lächelte sanft. "Bringst du Joey eine Cola mit?", fragt er seinen kleinen Bruder. Dieser nickte und ging dann mit Serenity zur Theke, wo sie sich ans Ende einer langen Schlange anstellte. Dabei schäkerten die beiden mit einander rum und genossen ihr jugendliches Glück. "Danke.", murmelte Joey leise. "Wofür?", fragte Seto sanft. "Dafür, dass du mich aus meinem Schneckenhaus geholt hast.", meinte Joey sanft lächelnd. Tatsächlich hatte der Vormittag ihn in einen Modus versetzt, der ihn dazu zwang sich in ihrem Schlafzimmer zu verstecken. Seto beugte sich zu ihm rüber und küsste ihn sanft. "Nicht dafür, mein Streuner.", flüsterte der Brünette ihm sanft ins Ohr. "Meinst du, ich kann mal kurz auf die Toilette verschwinden?", fragte Seto seinen Freund und nickte in Mokuba und Serenitys Richtung. "Die beiden sind in Rufreichweite, wenn etwas ist." "Ich bin schon ganz groß und kann fünf Minuten alleine hier auf dich warten.", kam es grinsend von dem Blonden und schubste dann seinen Freund in Richtung der Toiletten. Dieser nickte und wandte sich dann dem Gehen zu. Seto war noch keine zehn Sekunden aus seiner Sicht verschwunden, als sich Joeys Nackenhärchen aufstellten und er begann sich anzuspannen. "Hallo, bist du nicht der Bruder von Serenity? Joey, richtig?", hörte er die Stimme des Mannes, den er erst am Vormittag kennen gelernt hatte. Mit leicht geweiteten Augen drehte er sich etwas und sah ihn direkt neben sich stehen. Es lief ihm kalt den Rücken runter und am liebsten hätte er sich sofort umgedreht und wäre Seto hinterher gerannt. Doch dann nickte er. "Ja... Mr. Brown, nicht wahr?", kam es mit trockenem Hals von dem Blonden. Der Mann lächelte und nickte nur. Sein Lächeln wirkte auf Joey irgendwie bedrohlich. "Nenn mich doch bitte Hershel.", bot der schwarzhaarige Mann ihm an. Doch Joey schüttelte den Kopf. "Ich denke nicht, dass das angebracht wäre.", konterte er leise. "So? Du bist keiner meiner Schüler und wir sind hier nicht in der Schule. Warum sollte es also unangebracht sein, wenn ich dir meinen Vornamen anbiete.", versuchte Hershel ihn zu überzeugen. "Weil meine Schwester ihre Schülerin ist.", meinte Joey abweisend. "Hm... verstehe... vielleicht hast du Recht. Darf ich dir eine Frage stellen?", kam es von dem Mann und Joey lief es allein, wie Hershel Brown seine Frage betont hatte, kalt den Rücken herunter. Dennoch nickte er. "Joey, ist das dein richtiger Vorname oder nennst du dich nur so, weil du hier in Amerika so weniger aneckst?", fragte der Mann und hatte sich dabei zu Joey gebeugt, sowie seine Stimme in einen verschwörerischen Tonfall gesenkt. Joey war diese Nähe höchst unangenehm und er versuchte unauffällig einen Schritt Abstand zu gewinnen. "Nein, ich heiße Joey.", meinte er kurz angebunden. "So? Aber du bist doch Japaner, nicht wahr?", fragte der Lehrer unnachgiebig weiter. "Ja, und?", kam es wieder kurz angebunden von Joey, der langsam wütend wurde, dass dieser Mann erneut zu ihm aufrückte. "Für einen Japaner ist Joey doch ein recht ungewöhnlicher Name... wär da ein Name, wie... ich weiß nicht... Takumi nicht besser geeignet?", fragte der Mann weiter und grinste Joey bösartig an. In Joeys Adern gefror alles. Sein Herz setzte einen Moment lang aus, während er Hershel Brown mit weit aufgerissenen Augen anstierte. Er wagte nicht einmal zu atmen. "Oh, Mr. Brown?", drang da Serenitys Stimme plötzlich zu ihnen, als Mokuba und Serenity von der Theke zurück kamen. Sofort änderte sich die Miene des Mannes, wurde wieder unscheinbarer und freundlich. "Hier Joey, deine Cola.", meinte Mokuba und reichte Joey den Trinkbecher mit Strohhalm. Eher automatisch streckte Joey seine Hand danach aus, ohne das ihm bewusst war, dass er nicht genügend Kraft aufbrachte, das Getränk zu halten. So rutschte es ihm, kaum hatte Mokuba den Becher losgelassen, aus der Hand und auf den Boden, wo der Deckel abplatzte und die Cola sich über den Boden ergoss. "Hey... alles in Ordnung?", kam es besorgt von Seto, der gerade von der Toilette wieder kam und das Missgeschick beobachtet hatte. Joey wirkte wie in Trance, als er sich zu Seto wandte. Sofort verstand Seto, das etwas nicht in Ordnung war und zog Joey zu sich, während eine Angestellte des Kinos bereits mit einem Wischmopp herbei eilte und die Cola aufwischte. "Oh schaut, unser Kino hat Einlass.", meinte Seto zu Mokuba und Serenity. "Geht schon mal vor, wir kaufen noch eine neue Cola." Die beiden Jüngeren nickten, verabschiedeten sich von dem Lehrer und strebten dann zum Kinosaal. Seto entging nicht, dass der Blick dieses Mannes an seinem Freund klebte. Also wandte er sich erneut zu dem ihm fremden Mann um und blickte ihn mit eisigem Blick an. "Können wir was für Sie tun?", fragte Seto in seinem Businesstonfall. Ertappt blickte Mr. Brown zu ihm und schüttelte den Kopf. "Nein, entschuldigen Sie mich, aber auch mein Film fängt jeden Moment an.", meinte der Lehrer freundlich lächelnd, bevor er sich abwandte und davon ging. Seto spürte, dass die Freundlichkeit nur Fassade war. "Jetzt verstehe ich, warum dich der Typ heute Vormittag so verunsichert hat.", meinte Seto, während er sich langsam zu Joey umwandte, der jegliche Farbe im Gesicht verloren hatte. "Hey... was ist denn los?" "Nichts.", kam es tonlos und wenig überzeugend von dem Blonden. "Wir... wir verpassen noch den Anfang vom Film." "Egal... den Film können wir jederzeit noch einmal sehen. Jetzt bist nur du wichtig.", meinte Seto. "Was hat er dir gesagt, dass du so blass geworden bist?" "Nichts.", kam es wieder tonlos und wenig überzeugend von Joey. "Nichts?", hakte Seto besorgt nach. "K... Können wir jetzt den Scheißfilm schauen gehen?", kam es auf einmal wütend von dem Blonden und Seto erkannte darin einen Abwehrmechanismus, der bei Joey nur dann hervor kam, wenn es um den Sommer ging. Was in dem Brünetten die Frage aufwarf, warum dieser Mechanismus gerade jetzt und hier aktiv wurde. Er nickte nur, strich Joey noch einmal sanft über die Wange, bevor er eine neue Cola kaufte und sie sich dann ihren Weg zu Mokuba und Serenity im bereits dunklen Kinosaal suchte. Kapitel 126: Ein Ende mit Schrecken ----------------------------------- Kapitel 126 - Ein Ende mit Schrecken Endlich lief der Abspann des Filmes und Joey wollte schon aufspringen, bevor Serenity eine Hand auf seinen Unterarm legte. "Warte noch... da kommen noch zwei Szenen, einmal in der Mitte des Abspannes und einmal am Ende.", meinte sie leise zu ihm. Doch Joey konnte einfach nicht mehr sitzen bleiben und löste ihre Hand, bevor er aufstand, über Setos Beine stieg und sich mit der Masse nach draußen schob. Er wollte nur noch an die frische Luft. Die Masse an Kinobesucher, die im gleichen Saal gewesen waren, wie er, schoben ihn aus dem Kino, was so nicht geplant war, bevor sie sich vor den Türen in verschiedenen Richtungen aufspaltete und ihn frei gab. Wie zur Rush Hour in Japan, dachte Joey. Dann trat er, um den Menschen nicht länger im Weg zu sein, in eine Nische neben dem Haupteingang des Kinos. Die Nische war vielleicht einen Meter tief, hatte aber irgendwie schon die Charakteristika einer Gasse. Joey wollte lediglich abwarten, bis der Strom an Menschen endlich abnahm, damit er sich wieder vor das Kino begeben konnte. Doch da trat aus der Menge jemand in die Nische und er erkannte erneut Hershel Brown. "Na, hast du deine Schwester und deine Freunde in der Menge verloren?", erkundigte er sich und wirkte anders als noch im Kino oder am Vormittag in der Schule. Joey presste sich an die Wand der Nische. "Sie kommen jeden Augenblick. Wir... haben verabredet uns hier zu treffen, wenn wir uns verlieren.", log Joey. "Dann ist gut.", meinte Hershel und rückte zu Joey auf. "Sag mal, würdest du Mal mit mir ausgehen?" Mit großen Augen blickte Joey den Mann an. "Ich hab einen Freund.", meinte er hastig. "Der muss das ja nicht erfahren...", meinte Hershel und lächelte etwas anzüglich. "Ich, würde dich echt gern näher kennenlernen." Auf einmal trat noch jemand in die Nische und stieß den Lehrer hart an die Wand, was diesen etwas benommen werden ließ, bevor er sich wieder aufrappelte und schon wütend auf den Angreifer zu wollte. Doch als er Jack Johnson erkannte wurde er bleich und lächelte verlegen. "Mr. Johnson.", began Hershel. "Was... was sollte das?" "Das frage ich Sie?", fauchte Jack den Lehrer seiner Tochter an. "Was... was meinen Sie?", stammelte Hershel verwundert, nicht wissend, worauf der Vater seiner Schülerin hinaus wollte. Das Jack auch Joeys Vater war kam ihm gerade nicht in den Sinn. "Ich meine, dass sie meinen minderjährigen Sohn um ein Date bitten, er sie höfflich ablehnen und sie dennoch nachsetzen.", fauchte der Industrielle Hershel ungehalten an. Dieser verlor schlagartig alle Farbe in seinem Gesicht. "Mind... Minderjährig?", stammelte der Lehrer überrascht. "Ja. Minderjährig. Mein Sohn ist 17 und Sie sind 34. Doppelt so alt, wie mein Sohn.", keifte Jack weiter. "Minderjährig? Nein, dass kann nicht sein.", grinste Hershel unsicher. "Unmöglich." "Ach, und warum?", hakte Jack nach. "Na, weil...", da bemerkte Hershel die schreckgeweiteten und ängstlichen Augen des Blonden und erkannte, was für einen Fehler er beinahe begangen hatte. Der Jüngere sah ihn sogar schon fast flehend an, nicht weiter zu sprechen. Hershel nickte nur gedankenverloren. "Ich bitte Sie und ihren Sohn meine Entschuldigung anzunehmen. Tatsächlich saß ich dem Irrglauben auf, dass er bereits älter wäre, als er tatsächlich ist. Ich werde mich zukünftig von ihm fern halten und ihn auch nicht mehr ansprechen. Ich... muss jetzt gehen." Mit diesen Worten schob sich Hershel Brown eilig an Jack vorbei, der ihm kurz verwirrt hinterher sah, bevor er zu seinem Sohn ging und ihn vorsichtig an seine Brust zog. Erleichtert schlang Joey seine Arme um seinen Dad und ließ sich nur zu bereitwillig halten. "Ist alles in Ordnung, Joey?", fragte Jack besorgt. Joey nickte und entspannte sich sichtlich wieder. "Ja... dank dir. Wo... woher wusstest du, wo ich war?", fragte Joey nach und blickte zu seinem Vater auf. "Deine Schwester hat mir vor dem Film geschrieben und mir von der erneuten Begegnung mit Mr. Brown und deiner Reaktion erzählt. Da dachte ich, ich hol euch ab.", erklärte Jack sanft. "Sag mir Joey... kennst du den Mann von irgendwoher?" Joey begann hastig den Kopf zu schütteln. "Nein... wirklich nicht. Ich kann mir nicht erklären, wieso er so fixiert auf mich ist.", kam es ebenso hastig von ihm. Doch das war nur die halbe Wahrheit. Er hatte eine Ahnung und das machte ihn innerlich kirre. "Ach, da bist du ja... oh Dad.", kam es von Serenity, die zusammen mit Mokuba heran trat. "Seto sucht dich drinnen wie verrückt." "Ich schreib ihm fix, dass wir vor dem Kino sind.", meinte Mokuba und zog sein Smartphone und gab in Windeseile eine Nachricht ein, die er dann seinem Bruder sendete. "Hey, Brüderchen.", kam es auf einmal gedämpfter von Serenity. "Du bist ja so furchtbar blass... ist alles in Ordnung?" "Ja, alles... alles Bestens.", versuchte Joey normal rüber zu kommen. "Sorry, wenn ich euch Sorgen gemacht habe. Mir ging es einfach heute nicht so gut." "Schon okay...", kam es sanft lächelnd von der Brünette, als Seto aus dem Kino kam und sofort Joey glücklich in seine Arme schloss. "Da bist du ja.", kam es erleichtert von ihm, bevor er überrascht zu Jack sah. Dieser lächelte Seto nur zu und Seto wusste, dass Jack gut auf seinen Streuner aufgepasst hatte. Dankbar nickte Seto Jack zu. "Ich denke, es war ein langer und anstrengender Tag... lasst uns nach Hause fahren.", schlug Seto vor und Joey war ihm so dankbar, dass sein Drache es so allgemein ausgedrückt hatte. Serenity und Mokuba nickten zustimmend und sie gingen zu Jacks Auto, welches auf der anderen Straßenseite parkte. Seto beugte sich zu Joey, während sie die Straße überquerte. "Ich denke, Touji wird ab Morgen wieder dein Schatten sein.", flüsterte er seinem Liebsten zu, der seinen Kopf an Setos Schulter lehnte und zustimmend nickte. Wieso hatte er Touji vorhin nur gesagt, dass er ruhig zu Hause bleiben konnte? Weil er sich in der Gruppe so sicher und aufgehoben gefühlt hatte? Weil er beweisen wollte, dass er nicht paranoid war? Weil er nicht zeigen wollte, dass die Begegnung am Vormittag mit diesem Mr. Brown ihn verunsichert hatte? Doch ab Morgen wäre er nicht mehr so dumm auf seinen falschen Stolz Rücksicht zu nehmen. Was alles hätte passieren können, wenn sein Dad eben nicht rechtzeitig dazu gekommen wäre, wollte sich der Blonde gar nicht ausmalen. Kapitel 127: Ein Schrecken ohne Ende ------------------------------------ Kapitel 127 - Ein Schrecken ohne Ende Seto lag wach in der Halbdunkelheit in ihrem Bett. Joey hatte sich eng an ihn gekuschelt und er hatte seine beiden Arme um den Blonden geschlungen. Der Tag war für diesen mehr als anstrengend gewesen, daher war es auch nicht verwunderlich, dass er nach dem Heimkommen sofort ins Bett wollte. Seto war ihm gefolgt und sie hatten ihre Abendtoilette überwiegend schweigend absolviert. Wäre Jack nicht da gewesen, hätte die ganze Situation viel schlimmer ausgehen können, ging es Seto durch den Kopf. Und das alles nur, weil er nicht sofort seinem Freund gefolgt war, als dieser fast fluchtartig den Kinosaal verlassen hatte. Er war davon ausgegangen, dass Joey Zuflucht in einer der Toiletten gesucht hatte. Das er von der Menge nach draußen gezogen worden war, darauf wäre Seto nie im Leben gekommen. Ein Fehler, schalt er sich selbst. Dieser Hershel Brown... was war das für ein Mann? Von Serenity wusste er, dass der Mann in der Schule bei den Schülern beliebt war. Er hatte wohl eine lockere, kumpelhafte Art und nahm sich immer viel Zeit für die Schüler, die etwas mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung bei einem Thema benötigten. Dieses Jahr war er sogar zum Vertrauenslehrer gewählt worden, hatte Serenity begeistert erzählt. Doch von dieser Seite, die der Mann ihr heute Abend präsentiert hatte, war sie mehr als schockiert gewesen. Das hatte Seto ihr direkt angesehen. Die junge Frau war nicht sehr geübt darin ihre Gefühle zu verbergen. Warum auch? Sie hatte sicherlich nie eine Notwendigkeit dafür gehabt. Anders wie Joey oder er selbst. Ein Zucken in seinem Arm lenkte seine Aufmerksamkeit auf seinen Streuner. Da, ein erneutes Zucken. Joey begann im Schlaf zu wimmern. Drehte sich mehr an Setos Brust, als wolle er sein Gesicht verbergen. Stammelte etwas, was Seto nicht richtig erkennen konnte. Mehrmals schien Joey etwas zu verneinen, bevor er erneut aufwimmerte. Tränen bahnten sich unter dem geschlossen Lid ihren Weg und liefen ihm schließlich über die Wange. Sanft strich Seto die Tränen weg und versuchte seinen Freund, der noch immer schlief und träumte, zu beruhigen. Doch mit wenig Erfolg. Joey begann sich ruckartig zu bewegen. Drehte sich von der Seite auf den Rücken. Wurde kurzatmiger. Die Panik war so deutlich, als wäre sie greifbar. Dann begann Joey mit seinen Armen in der Luft zu wedeln, um etwas, was für Seto nicht sichtbar war, abzuwehren. "Nein... NEIN... so... so war das nicht... abgemacht... Nein", murmelte Joey lauter. Seto runzelte seine Stirn. Er wusste, dass Joey auf einen Deal mit dem Oyabun eingegangen war, um die Schuld des Monsters abzugelten und dann wieder zu ihm zurück zu kommen. Bezog sich sein Freund darauf? Hatte der Oyabun die Abmachung verletzt oder gebrochen? "Nein... bitte...", begann Joey noch heftiger im Schlaf zu weinen und zu flehen. "Ich sagte, ich will das nicht." Joey schrie förmlich schon und klang dabei so verzweifelt. Seto strich ihm sanft über die Wange. "Alles ist gut, mein Schatz... komm wach auf, du träumst böse.", versuchte er ihn sanft aufzuwecken. Doch Joey wehrte sich jetzt noch mehr mit Händen und Füßen, schrie panisch auf ohne aufzuwachen. Seto kniete sich neben Joey und versuchte dessen Hände zu bändigen. "Lasst das... nein... NEIN... bitte... das könnt ihr nicht tun.", brüllte Joey immer mehr. Die Tür ihres Zimmers ging auf und Jack blickte in den schwach erhellten Raum. Seto blickte ihn überrascht an und war dadurch einen Moment lang abgelenkt. So traf ihn Joeys Hand im Gesicht und schlug ihn. Ein kleiner Fluch entkam Seto, während er zurück fiel. Während er sich aufrappelte eilte Jack ans Bett heran. Half Seto bei dem erneuten Versuch die Hände von Joey zu bändigen. "Ich... WILL... DAS... NIIICHT!", schrie Joey immer verängstigter. Mittlerweile waren auch Marcia, Serenity und Mokuba in der Tür aufgetaucht und beobachteten geschockt die Situation. "M... MACHT DAS WEG... WEG!" Schließlich gelang es Jack die Hände seines Sohnes über dessen Kopf auf die Matratze zu pressen, während Seto sich auf Joey gesetzt hatte, um dessen Beine die Bewegungsfreiheit zu nehmen. "WARUM?", schrie Joey in seiner Panik. Mittlerweile waren auch die Zwillinge heran getapst. Als sie sahen, wie ihr Papa ihren Bruder fest hielten und Seto sich auf ihn gesetzt hatte, wollten sie sofort zu ihnen stürmen, um ihren großen Bruder zu helfen. Doch Serenity und Marcia hielten sie fest und die beiden begannen verängstigt zu weinen. "IHR RUINIERT MICH DAMIT... LASST DAS!", brüllte Joey immer weiter und versuchte sich zu befreien. "JOEY!", schrie ihn Seto an. Plötzlich schlugen Joeys Lider sich hoch und erlaubten es ihm Seto geschockt, verängstigt und panisch anzuschauen. Der Atem ging schnell und abgehackt. Sein Brustkorb hob und senkte sich eilig. Noch halb im Schlaf gefangen schrie Joey panisch auf, bevor er erkannte wo er war und wer bei ihm war. Dicke Tränen begannen über seine Wangen zu laufen. Vorsichtig ließ Jack die Hände seines Sohnes los, jederzeit bereit sie wieder unter seine Kontrolle zu bringen, während Seto von ihm runter stieg. Joey setzte sich sofort auf, beugte sich etwas nach vorne und weinte heftig. Seto zog ihn sanft an seine Brust und wiegte ihn tröstend hin und her. Jack blickte zur Tür und gab mit einem Kopfnicken Marcia zu verstehen, dass sie die Tür schließen möge und alle wieder in ihr Bett gehen sollten. Sie nickte ihm zu und zog die Tür zu. Sehr zum Unwillen der Zwillinge, die laut weinten und forderten zu Joey zu dürfen. Seto rieb Joey sanft über den Rücken, während er sich weinend an ihn presste. Er konnte spüren, wie sich sein Freund in sein Pyjamaoberteil krallte. "Es ist alles gut... du bist in Sicherheit.", flüsterte Seto ihm beruhigend zu. Auch Jack umarmte Joey von hinten und lehnte sich an ihn. Es dauerte eine Weile bis sich Joey wieder beruhigt hatte. Erschöpft, aber nicht mehr weinend, lag er in Setos Arme, hatte sich etwas gedreht, so dass er auch seinen Dad sehen konnte. Dabei lag eine seichte Schamesröte auf seinem Gesicht. "Joey, mein Junge.", begann Jack behutsam. "Womit haben sie dich ruiniert?" Seto hätte es nicht für möglich gehalten, doch Joey konnte noch etwas blasser werden, während er geschockt seine Augen aufriss. Gerade als er sein Gesicht wieder an Setos Brust verbergen wollte legte dieser seine Hand unter dessen Kinn und hinderte ihn daran. Sanft blickte er ihm in die Augen. "Du kannst es uns erzählen, Schatz... es wird nichts daran ändern, wie sehr wir dich lieben.", versuchte Seto ihm die Scheu zu nehmen. Doch erneut bahnten sich weitere Tränen ihren Weg über Joeys Wangen, während er sich verzweifelt auf die Unterlippe biss. "Sssh, mein Sohn... Seto hat vollkommen Recht: Egal, was du uns erzählst, wir werden dich weiterhin lieben.", versuchte nun auch Jack seinem Sohn die Furcht zu nehmen. "Ihr... ihr habt... ihr habt versprochen, mich nicht danach zu fragen.", brachte der Blonde voller Mühe hervor. Jack schmunzelte ihn liebevoll an und strich ihm die Tränen von der Wange. "Aber wir sehen doch, wie sehr du darunter leidest, dass du nicht darüber reden möchtest... und wäre es möglich, wir würden dir deinen Willen lassen.", antwortete Jack väterlich. "Doch den Luxus kannst du dir nicht mehr erlauben, denn es zerreißt dich innerlich, dass sehe ich doch." "NEIN...", schrie Joey verzweifelt. "ICH... ICH WILL ES NICHT ERZÄHLEN." "Aber Tristan hast du es doch auch erzählt.", kam es behutsam von Seto. Mit großen Augen blickte Joey ihn an. Suchte nach einem Indiz dafür, dass Tristan ihn verraten hatte und Seto längst wusste, was er nicht erzählen wollte. Doch er fand keinen Anhaltspunkt dafür. "D... das war... was anderes.", stammelte Joey verzweifelt. "So? Warum?", hakte Jack vorsichtig nach. "W... weil... weiß nicht.", resignierte Joey, der nur noch eines wusste: Er wollte nicht, dass sein Dad und sein Freund davon erfuhren, was im Sommer tatsächlich alles gewesen war. "Okay.", lenkte Seto ein, der seinen Freund nicht länger quälen wollte. "Joey.", setzte Jack erneut an. "Seto würde dich niemals fallen lassen oder dich verlassen. Und ich werde nach all den Jahren, in denen ich nicht dein Dad sein konnte, meine Vaterschaft nicht mehr aufgeben. Also bitte... hab Vertrauen zu uns. Bitte." Seto blickte Jack fast schon ängstlich an und hoffte, dass Jacks Drängen keinen Abwehrmechanismus bei Joey auslöste. Dieser hatte angefangen zu zittern. Doch dann schüttelte er seinen Kopf und drängte sich mehr an Seto. Jack nickte nur und strich seinem Sohn noch einmal über das blonde Haar. Ließ es dabei auf sich bewenden, da er deutlich spürte, dass Joey absolut noch nicht bereit dafür war, mit ihm darüber zu sprechen. Kapitel 128: Nachgehakt ----------------------- Kapitel 128 - Nachgehakt Ein kalter Wind fegte durch die dichtbebaute Straße und der Schnee fiel schon seit Stunden und überzog die Stadt mit einem weißen Mantel. Seto war stehen geblieben, raffte seinen Schal etwas enger um seinen Hals, bevor er an der Fassade eines mittleren Appartementhauses entlang blickte. Das Haus, welches in dieser Mittelschichtgegend stand, machte einen gepflegten und modernen Eindruck. Es war gar nicht so einfach gewesen sich heute Morgen von Joey zu lösen und hatte ihn eine Notlüge gekostet. Doch er konnte die Notlüge wahr werden lassen, denn er war unter dem Vorwand verschwunden, dass er noch etwas für das anstehende Weihnachtsfest besorgen müsste. Also würde er später noch einkaufen gehen. Joey war nach so einem heftigen Albtraum immer besonders anhänglich und wich nicht gerne von Setos Seite. Dennoch hatte der Brünette es für notwendig gehalten. Was hatte dieser Hershel Brown nur gesagt, dass Joey so heftig getriggert hatte? Er musste es rausfinden. Er trat an die Ansammlung von unzähligen Klingeln und suchte den Namen des Lehrers. Gerade als er die Klingel betätigen wollte verließ eine Frau mit ihrer kleinen Tochter das Haus. Warum jemand aufschrecken, wenn man diesen auch überrumpeln konnte? Also nutzte Seto die Gelegenheit, schlüpfte durch die zufallende Tür ins Haus und ging zu den Briefkästen. Diese waren nach Stockwerken und Appartementnummern angeordnet. So erfuhr der Geschäftsmann, dass Hershel Brown im fünften Stock im Appartement sechs wohnte. Er wandte sich zu den beiden Aufzügen und fuhr hinauf. Es überraschte Seto keineswegs, als er heraus fand, dass das Appartement mit der Nummer sechs abgelegen am Ende des Flurs lag. Dennoch trat er vor die Tür und klopfte. Sein Klopfen klang geradezu gebieterisch und strotzte vor Selbstsicherheit. Es dauerte einen Moment, bevor jemand die Tür öffnete, der ihn dann entgeistert anblickte. Es war Hershel Brown. "Ja, bitte?", fragte der Mann, der offensichtlich nicht mit ihm gerechnet hatte. "Ich würde gerne mit Ihnen sprechen. Darf ich rein kommen?", kam es von Seto in gewohnter Manier, bevor er sich an Hershel vorbei quetschte und die Wohnung betrat. Hershel war völlig überrumpelt. Es brauchte einen Moment, bevor er sich, immer noch mit geöffneter Tür in der Hand, zu Seto wandte. "Wer sind Sie?", fragte der Lehrer verwirrt. Seto hob eine Augenbraue. Scheinbar erkannte der Mann ihn gar nicht. "Ich bin Joeys Freund, Seto Kaiba.", meinte Seto genervt. Auf einmal wurde der Lehrer blass. "Ich hab es Joeys Vater schon versucht zu erklären. Es war alles ein schreckliches Missverständnis. Ich dachte, Joey wäre schon älter. Dass er erst 17 Jahre alt ist, hab ich nicht gewusst, sonst hätte ich ihn nie angemacht.", begann der Mann sofort und hastig zu erklären. Seto hob die Hand und Hershel verstummte. Dann schloss Seto die Wohnungstür. "Und genau das ist es, was mich verwirrt. Warum dachten Sie, dass Joey schon älter wäre?", hakte Seto nach und musterte Hershel scharf. Wenn dieser Mann ihn anlügen würde, würde er es merken. "Wie... was... also... ähm... er wirkt einfach erwachsener.", versuchte sich Hershel aus einer ihm sichtbar unangenehmen Situation heraus zu manövrieren. Setos Augen verengten sich zu schmale Schlitze. "Nein, das tut er nicht.", konterte der junge CEO und schaute sich in dem Wohnraum um, in den man sofort gelangte, kaum das man diese Wohnung auch nur betrat. Der Mann schien zumindest in seinen eigenen vier Wänden seine Homosexualität frei auszuleben. Die Kunst an den Wänden, einige Plastiken, sein Filmgeschmack. Alles schrie dem Betrachter regelrecht 'schwul' zu. An einem Wohnzimmerschrank blieb er stehen und öffnete die hölzerne Tür. Sofort eröffnete sich hinter dieser die Porno-Sammlung des Mannes, alles einschlägige Werke, die seine Neigungen verdeutlichten: Ältere Knacker mit jüngeren Männer - nicht verwerflich. BDSM - auch nichts ungewöhnliches. Die meisten schienen aus dem asiatischen Raum zu kommen. Und plötzlich war da eine Lücke in der Sammlung. Hershel eilte heran und schlug die Schranktür hastig zu. "Hey...", kam es entsetzt von ihm, da er wohl nicht gedacht hatte, dass jemand, den er kaum kannte, so unverblümt herum schnüffeln würde. "Was? Beantworten sie endlich meine Frage, bevor ich einen Blick in ihr Schlafzimmer werfe.", kam es unnachgiebig von dem Brünetten. "Es war nur ein Missverständnis.", wiederholte Hershel verzweifelt weiter. "Bitte... wenn Sie publik machen, dass ich einen Minderjährigen angemacht habe, kann ich mein Lehrer-Dasein an den Nagel hängen." "Hm... interessante Option. Vielleicht bewahre ich mir diese Möglichkeit für einen späteren Zeitpunkt.", meinte Seto ungerührt, bevor sein Blick auf den fast leeren Mülleimer des Mannes fiel. In ihm lagen einige DVD-Hüllen, doch etwas daran weckte Setos Interesse. Er trat an den Mülleimer, doch Hershel schob sich auch hier eilig vor ihn. "Bitte... ich kann nur noch einmal sagen, wie sehr ich es bedaure. Ich hätte nie gedacht, dass Serenitys Bruder noch minderjährig ist, sonst... hätte...", noch während der Mann sprach wurde er von Seto schroff zur Seite geschoben. Dann bückte er sich und holte das halbe Dutzend DVDs aus dem Müll. Als er die Covers zu sich drehte erstarrte sein Blut und sein Blick schnappte nach oben zu Hershel. "Ich wusste es wirklich nicht... bitte... als ich es erfuhr...". meinte der Lehrer ehrlich bedauernd. "Geben sie mir eine Tüte.", forderte Seto. Sofort eilte Hershel in die Küchennische, die sich dem Wohnzimmer anschloss und holte eine braune Papiertüte. Seto verpackte die DVDs in der Tüte und faltete den Rest der Tüte mehrfach darum. Dann strafte er Hershel mit einem angewiderten Blick, bevor er dessen Wohnung wieder verließ. Im Nachhinein ärgerte er sich darüber, dass er nicht noch gefragt hatte, woher dieses Ekelpaket diese DVDs bezogen hatte. Aber das würde er auch so rausfinden. Gedankenverloren machte er sich auf den Heimweg, völlig vergessend, dass er seine Notlüge noch wahr machen wollte. Seine Gedanken waren einfach nur noch auf die Papiertüte in seiner Hand konzentriert. Kapitel 129: Nicht synchron --------------------------- Kapitel 129 - Nicht synchron Joey saß auf der Fensterbank im Wohnzimmer und sah hinaus. Er fragte sich, wie lang man wohl brauchen könnte noch etwas für Weihnachten zu besorgen. Vor allem fragte er sich aber, was das sein sollte. Sie hatten aus Japan doch alle Weihnachtsgeschenke mitgebracht, die sie in ein paar Tagen verteilen wollten. Nervös rutschte der Blonde hin und her und das Buch, welches er eigentlich lesen wollte, fiel ihm vom Schoss. Gerade als er sich danach bücken wollte, wurde es bereits von einer großen Hand aufgehoben. Als Joey aufblickte sah er in das sanft lächelnde Gesicht seines Vaters. Dieser reichte Joey das Buch wieder, nachdem er kurz auf das Cover geschaut hatte. "Er wird sicherlich bald wieder da sein.", meinte er sanft. "Ja... ja ich weiß.", kam es leise von Joey, der sich auf einmal relativ dumm vorkam hier zu sitzen und zu warten. Jack nahm neben ihm Platz und legte einen Arm um ihn. "Wie fühlst du dich?", hakte Jack sanft nach. "G... gut, wieso?", kam es unsicher von Joey. "Du hattest heute Nacht einen heftigen Albtraum...", meinte Jack und Joey blickte beschämt wieder aus dem Fenster. "Hey, Joey... jeder hat mal Albträume... das ist nichts, wofür man sich schämen muss." Joey nickt nur stumme, während er weiter hinaus auf die Auffahrt blickte und sich gerade nichts mehr wünschte, als das Seto endlich wieder zurück kam. "Du hast im Traum gesprochen.", setzte Jack erneut an. Joey biss sich auf die Unterlippe. "Du wolltest, dass jemand irgendetwas lässt, weil sie dich damit ruinieren wü...", spezifizierte Jacke, bevor Joey ihm das Wort abschnitt. "Müssen wir darüber reden?", fragte Joey abweisend. "Joey... das was im Sommer geschehen ist... du kannst es nicht hinter dir lassen, bevor du darüber gesprochen hast.", wiederholte Jack. "Doch... ich kann das schaffen.", murmelte Joey. Sanft zog Jack Joey an sich und hielt ihn in seinen Armen. "Ich bin wahnsinnig stolz auf dich, dass weißt du doch, oder?", kam es einfühlsam von Jack. Joey hatte sich an ihn gelehnt und wusste nicht was er antworten sollte. "Nichts wird dir diesen Stolz von mir nehmen." "Bitte, Papa... bitte frag nicht weiter.", bat Joey leise. Auf einmal kamen James und Grace herein gestürmt und sprangen auf die Fensterbank und kuschelten sich beide an Joey. "Joooey.", freuten sich die beiden. Als Joey und Seto ihr Zimmer verlassen hatten waren die beiden mit Serenity unterwegs gewesen. "Nach ihr beiden.", meinte er sanft und drückte die beiden fest an sich. "Geht es dir besser?", fragte Grace und Joey blickte sie überrascht an. "Besser?", fragte er unsicher. "Du hattest gestern so Schmerzen, dass du im Schlaf geweint und geschrien hast und Papa und Seto dich haben festhalten müssen.", erzählte James. "Mama sagte du hattest einen Bauchkrampf." Joey wurde blass und sah zu seinem Vater. "In deiner Panik hast du das ganze Haus geweckt.", meinte Jack vorsichtig. Schamesröte zog auf Joeys Gesicht. "Aber dir tut es wieder gut gehen, gell?", fragte Grace erneut. Joey nickte nur und bemühte sich zu lächeln. "Ja... mir geht es wieder gut, jetzt wo ihr zwei da seid.", antwortete er seinen Geschwistern und hatte Mühe seine Tränen zurück zu halten. "So tust du aber nicht aussehen.", meinte James aufgeweckt. "Eher so, als ob dir etwas weh tut und du versuchst tapfer zu sein.", ergänzte Grace. "Ich bin nur glücklich euch zu sehen.", meinte Joey sanft. "Wo... wo wart ihr denn?" "Wir waren mit Mama und Nitty einkaufen.", meinte James. "Das da draußen ist die Hölle.", imitierte Grace ihre Mutter ohne wirklich zu wissen, was damit gemeint war. Joey musste kurz auflachen. "Dann geht euch mal umziehen und ich mach euch eine heiße Schokolade, ja?", bot Joey an und die Zwillinge begannen zu jubeln, während sie von der Fensterbank sprangen und zur Treppe rannten, die sie hoch hechteten. Immer noch kämpfte Joey mit seinen Tränen. Jack zog ihn an sich, so dass der Kopf seines Sohnes an seiner Schulter lag und dann ließ der Blonde los. Er schämte sich dafür, dass seine Geschwister seinen Albtraum mitbekommen hatten. "Wir sind eine Familie, mein Sohn... da muss dir sowas nicht peinlich sein.", versuchte Jack ihn zu trösten. Dann schlossen sich weitere Arme um Joey und er blickte erschrocken auf. Er sah direkt in das liebevolle Gesicht seiner Schwester, die ihm einen Kuss auf die Stirn drückte. "Was hat mein Brüderchen?", fragte sie sanft. Er presste sich an sie und umarmte sie fest. "Ich muss den Kleinen jetzt ihre Schokolade machen.", meinte Joey auf einmal, löste sich und ließ seine Schwester und sein Dad zurück, während er in die Küche eilte. "Was hat er?", fragte Serenity nun ihren Dad. "Ihm wurde gerade klar, dass ihr heute Nacht den Albtraum miterlebt habt.", erklärte Jack kurz. "Oh...", war alles, was betroffen von Serenity kam. "Er kämpft so sehr, aber er hat keine Chance zu gewinnen, oder?" "Er kann nur gewinnen, wenn er endlich aufhört wegzulaufen und sich dem, was im Sommer geschehen ist, stellt.", meinte Jack ernst. "Warum macht er das nicht?", kam es verwirrt von der Brünetten. "Weil er Angst hat, Nitty.", meinte Jack liebevoll. "Angst vor dem Schmerz, der damit verbunden ist. Angst davor, dass wir uns von ihm abwenden könnten." "Aber wir würden uns niemals von ihm abwenden.", wandte Serenity ein. "Ja... das weiß er... aber sein Herz und sein Verstand laufen derzeit nicht synchron.", erwiderte Jack. Serenity schnaufte ratlos, dann sah sie Seto die Auffahrt regelrecht raufmarschieren. "Oh je, Seto sieht aber auch nicht gerade glücklich aus.", meinte sie. Jack schaute aus dem Fenster und musste seiner Tochter zustimmen. Dann stand er auf und ging zur Haustür, um Seto rein zu lassen. Als Seto reinkam sah er Jack an und dieser verstand sofort, dass sein Schwiegersohn in spe mit ihm unter vier Augen reden wollte, also ging er mit ihm in sein Büro. Kapitel 130: Fassungslosigkeit ------------------------------ Kapitel 130 - Fassungslosigkeit Fassungslosigkeit. Pure Fassungslosigkeit. Das war alles, was Jack und Seto empfanden. Die sieben DVDs lagen auf Jacks Schreibtisch nebeneinander. Auf jedem Cover war Joey mit freiem Oberkörper zu sehen. Verhalten blickte er an der Kamera vorbei, als wüsste er nicht, dass sie da war. Auf den Rückseiten waren Ausschnitte aus den Filmen abgedruckt und in kurzen, möglichst anzüglich formulierten Sätzen beschrieben, was den Zuschauer erwarten würde. Von DVD zu DVD wurde der Inhalt, krasser, brutaller, unfassbarer. "Ich melde diesen Drecksack der Lehreraufsicht.", meinte Jack mit tonloser Stimme. "Ich glaube nicht, dass er wusste, dass der unfreiwillige Darsteller in diesen Filmen noch minderjährig ist. Seine Reaktionen waren recht glaubwürdig und er konnte auch nicht wissen, dass ich ihm einen Besuch abstatten würde. Das die DVDs im Mülleimer lagen war also nicht fingiert.", wandte Seto ein. "Aber man sieht Joey doch an, dass er noch nicht volljährig ist.", wandte Jack ein. "Sei nicht naiv, Jack... es gibt heute Mittdreißiger, die wie 14 aussehen und Pornos drehen.", gab Seto zu bedenken. "Hier, leg diese DVD mal in dein Laufwerk." "WAS?", kam es ungläubig von Jack. "Du... du willst dir das ansehen?" "Nein...", antwortete Seto sofort entsetzt. "Ich werde Joey nicht vorgreifen. Aber ich möchte etwas überprüfen." Kopfschüttelnd nahm Jack die DVD aus der ersten Hülle und legte sie in sein Laufwerk des Computers ein. Sofort erschien ein Menü auf seinem Bildschirm. "Da, geh mal zur Kapitelauswahl.", meinte Seto gebieterisch. Jack tat, was der Jüngere wollte. Es wurden einige aussagekräftige Titel angezeigt und Jack wurde schlecht. Was... was hatten diese Drecksäcke seinem Sohn alles angetan. Seto deutete auf den letzten Kapitelpunkt hin. "Starte das Kapitel.", forderte Seto. Jack blickte auf den Punkt 'Versicherung' und startete wie gefordert den Abschnitt. Sofort erschien ein schlecht blondierter Japaner in einem weißen Frottee-Bademantel auf einem Hocker, der grenzdebil in die Kamera grinste und schlecht synchronisiert sich als Takumi vorstellte, er sei 24 Jahre alt und er wäre begeistert gewesen wie die 'Agentur' seine Wünsche umgesetzt hätte. Für Seto und Jack hatte dieser Mann keinerlei Ähnlichkeit mit Joey... aber für Amerikaner, die kaum oder keinen Kontakt zu Asiaten hatten könnte das schlecht gefärbte Haar schon genügend Ähnlichkeit darstellen. "Deshalb dachte Brown, dass Joey volljährig wäre.", meinte Jack erkennend, der erneut von der Fassungslosigkeit gepackt wurde. Er nahm die DVD-Hülle in die Hand und suchte etwas. "Produziert, Sommer dieses Jahr." "Wie viele davon wohl in Umlauf sind?", fragte Seto mehr sich selbst, als wirklich Jack. Jack nahm die DVD aus seinem Laufwerk und legte sie zurück in ihre Hülle. Dann hämmerte er auf der Tastatur seines Computers und suchte nach der Produktionsfirma. "Die Auflage ist verhältnismäßig klein.", meinte Jack schließlich. "Dann ist ja gut.", meinte Seto und zog sein Smartphone. "Was ist daran gut?", hakte Jack empört nach. "Dann ist der Aufwand, sie aufzukaufen, nicht so hoch.", erklärte Seto mit einem flüchtigen Blick zu Jack, während er gerade Roland anschrieb und ihn beauftragte alles, was er an diesen DVD habhaft werden konnte aufzukaufen und zu schreddern. Jack lächelte erleichtert, bevor er auch sein Smartphone benutzte und seine rechte Hand um das gleiche bat. Joey war mit Grace und James in der Küche als auch Serenity zu ihnen kam. "Hey, Süße, willst du auch eine heiße Schokolade?", fragte er seine Schwester. Diese lächelte ihn an und nickte. "Gerne.", meinte sie. "Wo ist denn Dad?", fragte Joey, was Serenitys Lächeln nur noch breiter werden ließ. "Was denn?" "Ich find es schön, dass du ihn Dad nennst.", meinte sie, während sie sich von hinten an ihn hängte. "Am Anfang hatte ich echt Angst, dass du ihn niemals akzeptierst, geschweige denn 'Dad' nennen würdest." Auch Joey musste lächeln. Ja, das hatte er selbst kaum für möglich gehalten. Doch - wie so vieles andere auch - hatte sich das geändert. Und darüber war der Blonde mehr als glücklich. "Also, wo ist Dad?", fragte Joey erneut. "In seinem Büro.", meinte sie gedankenverloren, während sie ihrem Bruder zusah, wie er ihr eine Schokolade zubereitete. "Muss er arbeiten?", kam es überrascht von dem Blonden. "Nein, er hat bis ins neue Jahr Urlaub.", antwortete sie. "Als Seto heim kam sah er nicht sehr glücklich aus und ist mit Dad in dessen Büro gegangen." Joey stockte kurz. Dann machte er Serenity ihre Schokolade fertig und küsste ihr die Stirn. "Hier, Schwesterchen... ich... geh die beiden mal fragen, ob sie auch was wollen. Bin gleich wieder da.", meinte Joey und gab sich gar keine Mühe, seine Ausrede nicht wie eben selbige klingen zu lassen. Während er ruhig die Küche verließ wurde sein Schritt schneller, nachdem er ins Wohnzimmer trat. Schließlich rannte er fast schon, bis er an der Tür des Büros seines Vaters ankam. Ohne zu klopfen öffnete er die Tür und blickte außer Atem in das Büro. Jack und Seto saßen auf der Couch und blickten ihn geschockt an. "Ähm... ich... ähm... hab gerade heiße Schokolade gemacht und... also... wollt ihr auch eine?", stammelte Joey verwirrt, während er seinen Blick durch das Büro schweifen ließ. Alles schien normal zu sein. "Hey, ist bei dir alles in Ordnung?", kam es sanft von Seto, der aufstand und zu seinem Freund ging. Liebevoll legte er seine Hände an Joeys Gesicht und suchte seinen Blick. "Seit wann biste denn schon wieder da?", fragte Joey fast schon prüfend. "Zwanzig Minuten oder so.", antwortete Seto wahrheitsgemäß. "Und... was macht ihr beiden hier?", hakte Joey weiter nach. "Reden.", kam es liebevoll von dem Brünetten. "Worüber?", wollte der Blonde schließlich wissen. "Darüber, ob wir demnächst wieder ein gemeinsames Projekt aufziehen wollen.", offenbarte Seto ihm. "Aha.. warum warst du beim Heimkommen nicht sehr glücklich?", schoss es aus Joey heraus, der prüfend zu seinem Vater blickte. "Wie kommst du denn auf so etwas?", wollte nun Seto wissen. "Nitty hat dich gesehen, als du heim kamst. Sie hat gemeint, du wirktest nicht sehr glücklich.", erklärte Joey kritisch. "Ich war nicht sehr glücklich darüber, dass ich in der Stadt nicht das gefunden habe, was ich gesucht habe.", erklärte Seto, der ein Meister des Bluffs war. "So?", zweifelte der Blonde für einen Moment an den Worten seines Freundes, bevor er wieder zu seinem Vater sah. Irgendetwas war faul an der Story. Er konnte nur nicht sagen, was es genau war. Doch dann stand Jack auf. "Eine heiße Schokolade klingt fantastisch.", meinte er nur, während er die beiden vor sich aus seinem Büro schob und sie dann gemeinsam zurück in die Küche kehrten, in der sich auch Mokuba und Marcia eingefunden hatte. Auch Marcia bemerkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war, hatte aber so viel Taktgefühl, ihren Ex-Mann nicht sofort darauf anzusprechen. Als Joey am späten Abend mit Seto in ihr Zimmer gegangen waren saß er nachdenklich auf dem Bett und schaute durch die offene Badezimmertür zu Seto. Als dieser aus dem Badezimmer kam bemerkte er den Blick seines Streuners. "Hey, was ist denn los?", fragte er, während er sich vor Joey kniete und zu ihm aufblickte. "Ich mag es nicht, wenn man mich anlügt.", kam es tonlos von dem Blonden. Seto ließ seinen Kopf hängen. "Tut mir leid...", entschuldigte sich Seto sofort. Er würde es nie wagen die Intelligenz seines Streuners damit zu beleidigen, etwas zu leugnen, was wohl doch zu offensichtlich gewesen war. "Also.. wa... warum hattest du beim Heimkommen schlechte Laune und warum bist du mit meinem Dad sofort in dessen Büro verschwunden?", hakte Joey nach. Seto kam etwas hoch und küsste Joey sanft auf die Stirn. "Du vertraust mir doch, oder?", fragte Seto sanft. Joey zog seine Stirn kraus und nickte. "Dann bitte ich dich, mich nicht danach zu fragen." "Das ist nicht fair.", meinte der Blonde geknickt. Seto setzte sich neben ihn und legte einen Arm um seinen geliebten. "Ich weiß...", meinte er nur behutsam zu Joey, der wohl über seine Optionen nachdachte. Dann löste er sich aus Setos Arm und schlüpfte unter die Decke, bevor er sich mit dem Rücken zu dem Brünetten hinlegte. Seto seufzte kurz innerlich und hoffte, dass Joey ihm nicht allzu lange böse sein würde. Kapitel 131: Nachtragend ------------------------ Kapitel 131 - Nachtragend Am Frühstückstisch bedachte Joey seinen Dad und seinen Freund mit strengem Blick, während er mit verschränkten Armen da saß und das Frühstück keines Blickes würdigte. Marcia und Serenity hatten gespürt, dass etwas zwischen den drei stand, doch sie wollten sich nicht einmischen. "Möchtest du ein Marmeladenbrötchen, Brüderchen?", fragte Serenity ihren älteren Bruder sanft. "Nein, danke.", kam es kurz von Joey. "Du solltest wirklich etwas frühstücken. Schon beim Abendessen hast du kaum was gegessen.", meinte Jack daraufhin. Das brachte ihm einen missbilligenden Blick des Blonden ein. "Aha...", meinte Joey mit deutlicher Ablehnung in der Stimme. "Ich kann es aber auch sein lassen." Marcia nippte an ihrem Kaffee. "Ist deine Mappe soweit fertig, Joey?", fragte sie sanft und blickte ihn freundlich lächelnd an. "Ja... ich werde sie heute kopieren gehen, dann muss ich sie nur noch eintüten und versenden.", antwortete Joey ihr gegenüber freundlich und erwiderte das Lächeln. "Wenn du magst fahr ich dich später zum Copy Shop.", bot sie ihm an. "Das wäre echt super.", meinte Joey. "Aber ich dachte, wir fahren in die Firma und kopieren sie dort? Qualitativ hochwertig und kostet nichts.", wandte Jack nun ein, der auf die gemeinsame Zeit mit Joey nicht verzichten wollte. "Aha.", kam es nur wieder mit einem missbilligenden Unterton von Joey. Seto seufzte laut hörbar. "Joey... wenn du auf mich sauer bist, okay... damit kann ich leben, denn ich hab es verdient. Aber lass deine stinkige Laune nicht an deinem Vater aus, der kann dafür nichts.", meinte Seto sanft. "Nicht?", kam es gespielt überrascht von Joey, der zwischen den beiden hin und her schaute. "Dabei war ich mir felsensicher, dass ihr beide gestern gemeinsam in seinem Büro gesessen habt und er deine Lüge gedeckt hat." Jack grinste verlegen, wodurch einmal mehr die Familienähnlichkeit zum Vorschein kam. "Aber...", versuchte er sich zu rechtfertigen, doch Joey stand auf. "Kein Aber... ihr habt mich angelogen. Punkt.", meinte der Blonde, der sich dann an James und Grace wandte. "Seid ihr fertig mit frühstücken? Dann können wir den Weihnachtsschneemann bauen... was meint ihr?" Die beiden rissen die Arme hoch und jubelten freudig, bevor sie von ihren Stühlen sprangen und davon wetzten, um sich umzuziehen. Auch Joey verließ die Küche. "Ihr habt ihn angelogen?", kam es streng von Serenity und Seto wurde mulmig zumute. Die junge Frau wirkte auf einmal streng und unerbittlich. "Nur aus Notwehr.", stammelte er, sich verteidigend. Mokuba legte eine Hand auf Serenitys Hand, die sich dann aber dennoch in den Stand hievte. "Aus Notwehr? Ihr habt Joey wirklich angelogen? Ja ist euch denn nicht klar, was das für ihn bedeutet?", kam es völlig außer sich von der Brünetten. "Ihr müsstet doch wissen, wie schwer es ihm fällt jemanden zu vertrauen und zwei der Menschen, denen er am Meisten vertraut hat, haben ihn angelogen. Sagt mir, wie würdet ihr euch da fühlen?" Seto und Jack blickten sich an und ihr Gesichtsausdruck wurde immer belämmerter, während sie ihre Schultern sacken ließen. "Wir... werden das in Ordnung bringen.", meinte Jack. "Oh nein. Ihr habt genug angerichtet.", meinte Serenity, die sich auch vom Tisch abwandte. "Ich werde das ins Lot bringen... und ich schwör euch, solltet ihr es noch einmal wagen meinen Bruder anzulügen, dann werdet ihr euch wünschen nicht geboren worden zu sein." Damit stapfte sie aus der Küche. Mokuba lächelte ihr verliebt hinterher. "Ist sie nicht ne Wucht.", meinte er verzückt. "Ja, ist sie.", meinte Seto mit einer Spur von Respekt vor der jungen Frau. "Ihr hattet sicherlich eure Gründe für eure Lüge... aber Serenity hat Recht.", meinte Marica sanft. "Ja... das wissen wir, aber die Wahrheit war einfach keine Option.", meinte Jack wieder geknickt und Marcia legte eine Hand auf seine. "Wird Richard morgen zum Essen kommen?", fragte sie sanft und wechselte das Thema. Jack sah sie an und schien sich unsicher zu sein. "Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist... ich möchte, dass Joey entspannt mit uns feiert.", meinte Jack leise. "Wer ist Richard?", fragte Mokuba. Jack lächelte verlegen. "Das ist Dads Freund.", meinte Serenity sanft. "Er ist ein sehr liebenswürdiger und attraktiver Mann." "Wenn du Freund sagst, meinst du dann ein Kumpel oder...", hakte Mokuba vorsichtig nach. "Ich meine Freund in dem Sinn, wie Seto und Joey Freunde sind.", meinte Serenity. Überrascht blickte Mokuba zu Jack und Marcia, die ihn nur sanft anlächelte. "Wusstet ihr nicht, dass Jack bi-sexuell ist und derzeit einen Freund hat?", fragte Marcia nach und Mokuba schüttelte den Kopf. "Oh... ich war davon ausgegangen, dass Joey euch das erzählt hätte.", meinte Jack. Mokuba schaute zu Seto, der ungerührt weiterfrühstückte. "Hast du das gewusst?", fragte der Schwarzhaarige seinen älteren Bruder. "Joey hat es mal erwähnt.", meinte Seto in einem beiläufigen Tonfall, als würde das gar keine Rolle spielen. Mokuba musste kichern. "Sorry, dass ich eben so geschockt war... ich freu mich, dass du jemand hast.", meinte der Wirbelwind zu Jack, der ihn sanft anlächelte. "Und vielleicht solltet ihr Richard zum Abendessen einladen, damit Joey ihn kennenlernen kann." Jack und Marcia wechselten einen Blick miteinander und nickten. "Das ist eine gute Idee.", meinte Marcia schließlich. "Gut, dann werde ich mal mit Joey sprechen, damit er doch mit mir die Kopien machen geht.", meinte Jack sanft und stand langsam auf. Beim Vorbei gehen legte er kurz eine Hand auf Mokubas Schulter. Jetzt blickte Seto ihm nervös hinterher. Er hoffte inständig, dass Jack Joey nichts von den DVDs erzählte. Kapitel 132: Versöhnung ----------------------- Kapitel 132 - Versöhnung Joey und die Zwillinge türmten gerade die zweite, mittlere Kugel auf die erste und wollten anfangen die dritte zusammenzurollen, als Jack zu ihnen hinaus trat und sie lächelnd beobachtete. Joey sah ihn, beschloss aber ihn zu ignorieren. Noch zu groß war seine Enttäuschung über die Tatsache, dass Seto und sein Dad ihn angelogen hatten. Als die dritte und kleinste Kugel fertig war hob Joey sie auf die zweite und betrachtete sich den klassischen Schneemann, den er so nur aus Comics und dem Fernsehen kannte. Noch wirkte er unfertig. "Ich war im Schneemannzubehörladen und hab ein paar Dinge für euch besorgt.", meinte Jack sanft lächelnd, als er aus seinem Mantel eine Möhre, zwei schwarze Knöpfe, eine Tonpfeife und eine Weihnachtsmütze hervorkramte. James und Grace jubelten, sprangen begeistert zu ihrem Vater und nahmen die Sachen entgegen. Dieser erfreute sich an der Freude seiner Kinder, die mit den Sachen zu ihrem großen Bruder rannten und ihn baten die Sachen an ihren Platz einzufügen. Dieser schenkte seinem Dad noch einmal einen missmutigen Blick, bevor er die beiden anlächelte und tat was sie wollten. Als der Schneemann mit Augen, einer Nase, dem Pfeifchen und der Mütze bestückt war, wirkte er immer noch recht unfertig. Also nahm er seinen Schal ab und legte ihn dem Schneemann um. Jetzt sah er schon fertiger aus. Jack kam zu ihnen und nahm Grace auf den Arm, so dass sie auf seiner Hüfte saß und legte einen Arm um Joey, dem das gerade wohl gar nicht so recht war. "Der sieht aber echt großartig aus.", meinte Jack lobend zu seinen drei Kindern. "Mit Joey ging das ganz leicht.", meinte Grace fröhlich. "Er ist ein Meister im Schneemannbau.", stimmte James begeistert zu. "Das wusste ich ja noch gar nicht... hey ihr beiden, ich glaub eure Mom wollte euch eine heiße Schokolade machen.", meinte Jack, während er Grace wieder absetzte. Beide jubelten und rannten voller Vorfreude ins Haus. Sein Arm lag immer noch um Joeys Schulter. Dieser stand nur reglos neben ihn und blickte auf den sie umgebenden Schnee. "Komm, lass uns ein paar Schritte gehen, mein Sohn.", meinte Jack sanft. Joey ließ sich von seinem Dad führen. "Manchmal... da haben Eltern das Bedürfnis ihre Kinder vor Dingen zu schützen, bei denen sie der Meinung sind, dass ihre Kinder das noch nicht verkraften oder verstehen können." Joey wusste schon worauf Jack hinaus wollte. Sicherlich kam er gleich damit an, dass sie ihn gestern genau aus diesem Grund angelogen hatten. Und damit sollte dann alles wieder gut sein? "Dabei vergessen sie manchmal, dass ihre Kinder das vielleicht gar nicht wollen.", sprach Jack weiter und überraschte Joey mit dieser Wendung. "Es war falsch dich anzulügen, Joey... und dafür möchte ich mich von ganzem Herzen entschuldigen." Sie waren stehen geblieben, so dass Jack Joey bei seiner Entschuldigung anschauen konnte. Joey lächelte kurz, bevor er seinen Dad umarmte. Erleichtert, dass sein Sohn ihm offensichtlich verziehen hatte. Als sie sich von einander lösten blickte Joey ihn erwartungsvoll an. "Und um was ging es dann gestern in deinem Büro?", hakte der Blonde nach. Wieder legte Jack einen Arm um ihn und lief mit ihm ein Stück weiter. "Ich weiß, du würdest das wirklich gern wissen, aber das kann ich dir einfach nicht sagen.", kam es behutsam von Jack, der hoffte, dass er Joey damit nicht vor den Kopf stieß. Dieser blieb abrupt stehen und musterte seinen Dad ausführlich. Im ersten Moment befürchtete Jack, dass Joey erneut empört reagieren und ihn stehen lassen würde. Doch dann lächelte er kurz und wandte sich wieder in ihre Laufrichtung. "Okay...", meinte Joey schließlich. "Damit kann ich leben..." Jack war verwirrt und blickte nun seinen Sohn fragend und verwirrt an. Dieser lächelte ihn erneut sanft an. "Deine Antwort mag mir nicht gefallen, aber sie ist ehrlich.", erklärte Joey leise. "Das ist viel besser als mir irgendwas vom Pferd zu erzählen." Jack zog Joey näher an sich heran und küsste ihn stolz auf die Stirn. "Okay... Lektion verstanden.", meinte er liebevoll zu seinem Sohn. Sie erreichten einen kleinen Pavillon, der an einem zugefrorenen Teich stand. Joey und Jack betraten ihn und nahmen auf der Steinbank Platz. "Hier ist es echt wunderschön.", meinte Joey nach einem langen Moment. "Du solltest das alles mal im Sommer sehen, wenn alles grün ist und man im Teich schwimmen gehen kann.", kam es schmunzelnd von Jack. "Ich wette Serenity liebt es in ihm schwimmen zu gehen.", kam es lächelnd von Joey. "Oh, ja... das tut sie... vor allem wenn die Karpfen mit ihr zusammen schwimmen.", meinte Jack breit grinsend. "In dem Teich gibt es Karpfen?", fragte Joey erstaunt. "Jap... japanische Koi, genauer Asagi Koi und ein paar Kohaku Koi.", erklärte Jack sanft. "Ich hab sie damals, als ich nach Amerika zurück musste als Erinnerung an deine Mutter angeschafft, weil es ihre Lieblingstiere waren." Für Joey war es komisch etwas von seiner Mutter zu erfahren, was er nicht wusste oder je gedacht hätte. Seine Mutter hatte ein Lieblingstier? Es fiel ihm immer schwerer die Abneigung, die er all die Jahre gegenüber seiner Mutter gehabt hatte, aufrecht zu erhalten. "Joey... Marcia und ich würden gerne heute Abend einen Freund zum Essen einladen, aber nur, wenn du nichts dagegen hast.", begann Jack nach einen Moment der Stille. Joey blickte seinen Dad fragend an. "Warum machst du das von mir abhängig? Ich bin doch selbst nur zu Gast hier.", kam es verwundert von dem jüngeren Blonden. "Ich möchte nicht, dass du dich unwohl fühlst.", kam es ehrlich von Jack. "Ich weiß von Seto, dass du seit dem Sommer nicht immer gut auf Menschen reagierst, die du noch nicht kennst." Joey ließ sich die Worte seines Vaters durch den Kopf gehen und nickte dann. "Wen... wen habt ihr denn eingeladen?", hakte Joey nach. "Richard Worrington. Ich war mit ihm auf der Uni und... nun ja, ich hab dir doch erzählt, dass ich einen Freund habe, mit dem ich von Zeit zu Zeit mal was trinken gehe. Das ist er.", antwortete Jack behutsam. "Oooh... das... das ist dein Freund?", kam es überrascht von Joey, der den Gedanken immer noch etwas komisch fand. "Ja...", schmunzelte Jack. "Dann sollte ich ihn vielleicht auch mal kennenlernen, immerhin ist er dir doch wichtig, oder?", meinte Joey lächelnd. Wieder zog Jack seinen Sohn zu sich und küsste ihn auf die Schläfe. "Er ist doch dann sicherlich auch morgen beim Essen dabei, oder?" "Ähm... der Gedanke stand im Raum, aber wir wollten erst einmal bei einem unverbindlichen Abendessen schauen, ob du dich mit ihm wohl fühlst.", erklärte Jack sanft. Joey nickte, bevor er schließlich niesen musste. Es war schon ganz schön zugig ohne Schal, wie er feststellte. Jack nahm seinen Schal ab und band ihn ihm um. Erstaunt blickte Joey zu ihm auf, bevor er sich an seinen Vater lehnte und sie beide die Aussicht noch einen Moment länger genossen. Kapitel 133: Die Entdeckung, dass auch Eltern Sex haben ------------------------------------------------------- Kapitel 133 - Die Entdeckung, dass auch Eltern Sex haben Joey stand vor seinem Koffer, den er auf einen Stuhl gelegt und aufgeklappt hatte. Verzweifelt wühlte er in seiner Garderobe, schien aber nichts zu finden, was er suchte. Als es klopfte blickte er nicht auf und bat nur darum, dass wer auch immer das war herein kommen möge. "Hey Brüderchen.", kam es heiter von Serenity, die ihn sanft anlächelte, eintrat und hinter sich die Tür wieder schloss. "Noch nicht fertig?" "Ähm... fast... vielleicht... aber... ähm... möglicherweise auch noch nicht.", kam es von Joey, der tiefer in seinem Koffer wühlte. Serenity ging zum Bett und begutachtete die Oberteile, die sich da tummelten. Vom Shirt bis zum Hemd, über den Pullover, kurzärmlige und langärmlige Sachen, lag das gesamte Bett voll. "Wo ist denn Seto?", fragte sie, während sie begann einige der Sachen wieder sorgfältig zusammen zu legen. "Hab ihn weggeschickt.", kam es kurz angebunden von Joey. "Immer noch sauer auf ihn?", hakte die Brünette sanft nach. Joey blickte kurz zu ihr, bevor er sich wieder den Innereien seines Koffers widmete. "Nein... jedenfalls nicht mehr wie heute Morgen.", meinte der Blonde leise. "Und warum hast du ihn dann weggeschickt?", wollte Serenity wissen, die die ersten Teile begann zu stapeln, nachdem sie sie zusammengelegt hatte. "Weil er mich genervt hat.", antwortete Joey bissig, bevor er innehielt und sich auf einen zweiten Stuhl fallen ließ. Er ließ seine Schultern und den Kopf hängen. "Nein, dass stimmt nicht ganz... nur... ich will Dad nicht in Verlegenheit bringen, nur weil ich irgendwas anhab, was nicht passt." Serenity kam zu ihm, setzte sich auf seine Knie und lächelte ihn an, während sie einen Arm um seine Schulter legte. "Du könntest in Sackleinen gekleidet runter kommen und würdest Dad nicht in Verlegenheit bringen, Joey.", wandte sie liebevoll ein. "Willst du wissen, was ich glaube?" Nur zögerlich hob er seinen Blick und schaute sie an. Dann nickte er. "Ich glaube, dass du Angst davor hast Richard kennen zu lernen.", meinte sie sanft und vorsichtig. "Wie... wieso sollte ich Angst haben?", kam es zögerlich von dem Blonden. "Weil du nicht gut mit neuen Bekanntschaften kannst. Sie bereiten dir Stress, machen dich nervös und so suchst du Vorwände um ihnen aus dem Weg zu gehen.", analysierte Serenity ihren Bruder. "Du bist viel zu klug, Schwesterchen.", meinte Joey sanft lächelnd, bevor er sie in seine eigenen Arme nahm und sich an sie anlehnte. Liebevoll strich sie ihm durch das blonde Haar. "Richard ist Architekt. Viel unterwegs. Aber wenn er in der Stadt ist ruft er immer zuerst Dad an und fragt, ob er Zeit hat. Sie gehen was trinken, bringen sich auf den neusten Stand und manchmal... landen sie zusammen im Bett.", erzählte Serenity. Sofort verzog Joey sein Gesicht. "Niiitty...", kam es gequält von Joey, der fand, dass er kein sexualisiertes Bild von seinem Dad gebrauchen könnte. "Die beiden lieben sich wirklich sehr und Dad hat ihm bereits viel von dir vorgeschwärmt.", meinte Serenity behutsam. "Dad ist ausgesprochen stolz auf dich und noch viel mehr, seit du ihn als Dad akzeptiert hast." Joey blickte verwundert zu seiner Schwester auf. Es war ungewohnt, dass jemand auf ihn stolz war. "Eine Bluejeans und ein Shirt oder ein Pulli reichen für das Abendessen. Sei einfach du selbst. Sei der, auf den Dad so stolz ist." Er ließ einen Moment Serenitys Worte auf sich wirken und nickte dann. Dann nahm er ein dunkles Shirt und zog es über sein Unterhemd. Serenity stand von seinem Schoss auf, so dass er aufstehen und sich im Standspiegel betrachten konnte. Immer noch nicht zufrieden ließ er sich aber anschließend von seiner Schwester aus dem Zimmer ziehen. Als sie den Flur zur Treppe entlang gingen klingelte es an der Haustür und dann hörten sie erfreute Stimmen. Als sie am Gelände ankamen sah Joey, wie sein Dad gerade jemand küsste. Er schreckte zurück, dorthin, wo noch Wand war und er von unten nicht gesehen werden konnte. Überrascht war Serenity stehen geblieben und blickte ihrem Bruder hinterher. Mit ihrem Blick fragte sie ihn, was denn los sei, doch Joey war noch nicht bereit seinen Dad so zu sehen. Als jemand, der jemand voller Begierde liebte und möglicherweise mit diesem auch Sex hatte. Jack blickte zu seiner Tochter hinauf, deren Gestik er im Augenwinkel wahrgenommen hatte. "Nitty?", rief er die Treppe hinauf und sie blickte ihn ertappt und überrascht an. "Ähm... hey Richard, schön dich wieder zu sehen.", grüßte sie den Freund ihres Dads. Der Mann hatte einen ähnlich sportlichen Körperbau, wie ihr Dad, nur dass er rotbraune Haare hatte und sie mit strahlend grünen Augen anlächelte. "Hey Nitty. Gleichfalls.", grüßte Richard zurück. "Nitty, was tust du da oben?", fragte Jack und Serenity begann wieder wage zu gestikulieren, bis Jack verstand, was los war. "Wie wär's, wenn du Richard ins Wohnzimmer begleiten würdest." Mit diesen Worten stieg Jack die Treppe hinauf und sah, als er oben ankam Joey etwa zwei Meter von der Treppe sich an die Wand eines Zimmers pressend. Serenity nickte lächelnd, stieg die Treppe hinunter und führte Richard ins Wohnzimmer. Dann kam Jack zu Joey, legte ihm eine Hand an die Wange und suchte dessen Blick. "Hey, mein Großer. Alles okay?", fragte er sanft. Joey blickte ihn mit großen Augen an. "Ich... ich glaub, ich kann das nicht.", kam es stammelnd von dem Jüngeren. "Warum glaubst du das?", hakte Jack sanft nach. "Na... weil... ihr... ihr werdet den Abend über kleine Zärtlichkeiten austauschen oder... ähm... euch küssen oder... ähm...", stammelte Joey verlegen weiter. "Und das würde dir missfallen?", fragte Jack überrascht. "Nein... aber... es ist komisch dich dabei zu sehen... zu wissen dass du... na ja... du und er... intim seid.", versuchte Joey zu erklären und stellte selbst fest, dass er wie ein Idiot klang. "Du meinst, weil du zum ersten Mal realisiert hast, dass auch ich sexuell aktiv bin?", gab Jack Hilfestellung. Joey nickte. Dann strich er sich durch sein Haar. "Ich klinge, wie ein Idiot... natürlich bist du se... also... aktiv... das hab ich nie bezweifelt, aber... ich hab dich halt nie so wahrgenommen.", versuchte Joey hastig sich zu erklären und war sich sicher, dass er es dadurch noch viel schlimmer machte. "Am Besten bleib ich hier oben..." "Nein.", kam es etwas strenger von Jack, der ihn aber weiter anlächelte. "Bitte. Komm mit nach unten. Ich verspreche dir, dass wir uns nicht küssen werden, bis du dich an diesen Gedanken gewöhnt hast." Joey rang mit sich selbst, bevor er die Augen schloss, sich sammelte und nickte. Sanft zog Jack ihn zu sich und umarmte ihn liebevoll. Dann stiegen sie die Treppe hinunter und gesellten sich zu den anderen ins Wohnzimmer. "Richard, das ist Joey, mein Erstgeborener.", stellte Jack Joey stolz vor und das Maß des Stolzes überraschte Joey. Richard kam zu ihnen und reichte Joey seine Hand. "Freut mich, dich endlich kennen zu lernen. Jack schwärmt seit Monaten von dir.", meinte Richard freundlich. "So...?", kam es verwundert von Joey, der zu Jack blickte. "Na ja, was soll ich machen? Ich bin halt einfach stolz auf dich.", meinte Jack verlegen. Dann setzten sie sich auf die Couch, wobei Joey dabei Setos Nähe suchte, der ihn bereitwillig in seine Arme schloss. "Man, dein Erstgeborener sieht dir wie aus dem Gesicht geschnitten aus.", meinte Richard verblüfft. Das trieb Joey die Verlegenheitsröte auf die Wangen und er lächelte schüchtern. Dann unterhielten sie sich noch ein wenig bis Marica mit dem Abendessen fertig war. Dabei bekam Joey einfach das Bild seines Dads nicht mehr aus dem Kopf, wie dieser in Richard Armen lag. Kapitel 134: Aussöhnung ----------------------- Kapitel 134 - Aussöhnung Seto saß auf ihrem gemeinsamen Bett und wartete darauf, dass Joey aus dem Badezimmer kam. Als dieser rauskam hatte er, wie immer, eine schlabbrige Trainingshose und ein Shirt an. Als dieser das Badezimmerlicht gelöscht hatte bemerkte er, dass Seto ihn anschaute und blieb stehen. "Was?", kam es mit einer Mischung aus Unsicherheit und Provokation von dem Blonden. "Wie fandest du den Abend?", fragte Seto sanft, statt das anzusprechen, was ihn wirklich beschäftigte. "Okay?", antwortete Joey nichtssagend. "So? Mir kam es so vor, als ob dich jede sanfte Geste zwischen deinem Dad und seinem Freund etwas empört hat.", bohrte Seto sanft nach. Joey zuckte nur gleichgültig mit den Schultern, bevor er zum Bett kam und auf seiner Seite sich auf die Kante setzte. "Zu sehen, dass Jack so intim mit jemand ist hat mich verunsichert.", kam es ehrlich von dem Blonden. "Warum?", hakte Seto weiter nach. "Weiß nicht... ich mein, dass er keine Jungfrau ist, war ja immer irgendwo klar, sonst gäb es ja nicht Serenity, die Zwillinge oder mich... aber es ist komisch das wirklich zu sehen, dass es jemand gibt, mit dem er auf diese Art verkehrt.", erklärte Joey leise. "Bist du eifersüchtig?", kam es sanft von Seto. "Eifersüchtig? Wieso sollte ich eifersüchtig sein?", kam es nicht verstehend von Joey, der sich die Hände eincremte. "Keine Ahnung... weil du ihn erst seit kurzem als Dad siehst und vielleicht das Gefühl hast, dass er Liebe im Moment nur mit seinen Kindern teilen sollte?", mutmaßte der Brünette weiter, während er langsam über das Bett rutschte und sich hinter Joey kniete. "Aber... die Liebe zu uns ist doch ganz verschieden zu der Liebe, die er zu meiner Mutter, Marcia oder diesem Richard hat.", konterte Joey, dem die Nähe auf einmal bewusst wurde. "DIESEM Richard?", wiederholte Seto amüsiert. "Hä?", kam es nur verwirrt von Joey. "Wann immer wir über die beiden reden, sagst du 'diesen' Richard. Das machen Eltern auch hin und wieder gerne, wenn sie den Freund oder die Freundin ihres Kindes nicht so ab haben können. "Ist das so?", kam es verwirrt von Joey. "Jap, so ist das.", meinte Seto, während er langsam seine Arme um Joeys Bauch führte und seinen Kopf auf dessen Schulter legte. "Na dann.", kam es mit einem gewissen Trotz von Joey. "Und was wolltest du nun wirklich von mir?" "Wissen, warum du mir immer noch die kalte Schulter zeigst.", kam es leise, fast zurückhaltend von Seto. "Weil du mich angelogen hast.", kam die kurz angebundene Antwort von Joey. "Es war eine Kurzschlussreaktion. Ich weiß, dass es falsch war und ich gebe dir mein Wort, dass das nie wieder vorkommen wird.", kam es ehrlich bereuend von Seto. "Aber verraten, was ihr da besprochen habt, willst du dennoch nicht?", hakte Joey erneut nach. "Auch auf die Gefahr hin, dass du weiterhin böse auf mich bist: Nein. Ich kann dich nur darum bitten mir zu vertrauen und nicht weiter danach zu fragen.", meinte Seto sanft. Joey begann nachdenklich zu nicken. "Und du wirst mich wirklich nie wieder anlügen?", hakte er - nun deutlich unsicherer - nach. "Niemals wieder.", meinte Seto und umschlang seinen Streuner fester und drückte ihn mit dessen Rücken an seine Brust. "Darauf geb ich dir mein Wort." Nur langsam ließ Joey locker und lehnte sich gegen Seto. Entspannte wieder. "Ich will gar nicht über meinen Dad und diesen... über meinen Dad und Richard nachdenken... aber wenn ich die beiden sehe, dann geht mir soviel durch den Kopf.", gestand Joey schließlich. "Zum Beispiel?", hakte Seto sanft nach. "Die beiden wirken doch gar nicht schwul. Beide wirken wie Alphatiere... und dann drängen sich immer diese Bilder in meinen Kopf, wie mein Dad nackt in Richards Armen liegt... das geht bei mir einfach gerade noch nicht so zusammen. Das passt alles nicht.", erklärte Joey hastig. Seto musste etwas kichern. "Wirken wir beide denn schwul?", fragte Seto neckend. "Wir? Wir sind jung und haben noch keine Ausstrahlung in diese Richtung. Ich mein, klar gibt es auch in unserem Alter schon Schwule, denen man es aus zehn Kilometer Entfernung ansieht, aber wir sind da eher gemäßigt, denke ich. Wir könnten auch als Heten durchgehen.", kam es zurück rudernd von Joey. "Und wenn man älter wird, wirkt man gleich viel schwuler?", bohrte Seto unabdinglich weiter. "Hey, nein, so... so hab ich das doch gar nicht gemeint, nur... okay, ich verstehe was du sagen willst... aber dennoch... beide sind doch Alphatiere... wie... wie funktioniert das zwischen zwei Alphatieren? Machen die davor Armdrücken oder ziehen Streichhölzer oder...", geriet Joey ins Schwimmen. "Wie wird es zwischen uns sein?", fragte Seto sanft nach. "Wie? Zwischen uns?", kam es verwirrt von Joey. "Na ja, wie werden wir das zwischen uns klären?", fragte Seto sanfter. "Aber... das ist doch nicht vergleichbar.", kam es hastig von Joey. "Warum nicht?", wollte der Brünette interessiert wissen. "Na... weil du eindeutig ein Alphatier bist und ich... ich bin nur der Underdog von der Straße.", versuchte Joey irgendwo über Wasser zu bleiben. "Ich sehe uns als völlig gleichgestellt... Wenn ich ein Alphatier bin, dann bist du das auch.", meinte Seto behutsam und zärtlich, bevor er Joey am Nacken küsste. Joeys Lider flitterten kurz bei der überaus zärtlichen Berührung von Setos Lippen auf seiner Haut. "Ne... Nein... du bist der Alpha und ich steh ganz weit unter dir.", hauchte Joey, mit aller Macht gegen das Gefühl der Erregung ankämpfend. "Das... war schon in der Schule immer so." "Oh nein, du täuschst dich, mein geliebter Streuner.", hauchte Seto ihm ins Ohr und Joey überkam eine Gänsehaut. "Nur weil du mir gleichgestellt bist konnte ich mit dir so offen umgehen. Du bist stark, Joey... Woran andere zerbrochen wären, daran bist du gewachsen. Denn du bist auch ein Alpha." Der ersten Gänsehaut folgte die zweite auf Grund von Setos Worte. Langsam zog Seto ihn komplett auf das Bett und stülpte Joey dessen Shirt über den Kopf, so dass dieser oben ohne dasaß. Wieder platzierte er Küsse auf Joeys Nacken und Rücken. Der Blonde schloss instinktiv genießerisch die Augen. Bemerkte gar nicht, wie ihn Seto nach und nach in eine liegende Position gleiten ließ, bevor er ihm vorsichtig die Hosen von der schmalen Hüfte schob, während er Joeys Brust mit Küssen überhäufte und der Blonde schließlich nackt unter ihm lag. Seine Erregung für jeden sichtbar. "Ich liebe dich so sehr, mein Streuner.", hauchte Seto sanft, während er mit den Küssen langsam tiefer wanderte, bis er die Erregung erreichte. Vorsichtig nahm er diese in seinen Mund und platzierte einen liebevollen Kuss auf die Spitze, bevor er einmal der Länge nach an ihrer Unterseite entlang leckte. "Se... Seto...?", kam es unsicher von Joey, der nicht so recht wusste, was Seto vorhatte. Doch da nahm Seto sein Glied bereits in seinen Mund und begann ihn oral zu verwöhnen. Joey drückte seinen Rücken ins Hohlkreuz und stöhnte, völlig vernebelt von den Küssen und diesem unglaublichen Gefühl, laut auf. Nach ein paar Minuten löste sich Seto wieder von Joeys Erregung und angelte nach der Nachttischschublade auf seiner Seite. Als er sie aufzog holte er ein Kondom hervor und öffnete es. Joey wurde auf einmal sehr heiß und der Gefühlsmix aus Angst, Vorfreude und Aufregung ließen in seinem Bauch hunderte Schmetterlinge mit den Flügeln schlagen. Würde Seto ihn jetzt also nehmen? Ihr letzter Versuch nach der Prom-Night war katastrophal gewesen. Ob er es dieses Mal wieder versauen würde? Noch ehe er seinem Gedanken weiter nachhängen konnte spürte er, wie Seto das Gummi ihm überzog. Verwirrt hob Joey seinen Kopf und blickte zu Seto, der gerade ein Bein über seinen Schoss schwang und dann über der Härte kniete. Wann hatte sich Seto ausgezogen, schoss es Joey plötzlich durch den Kopf. Doch als der Brünette ihn in einen sanften, aber fesselnden Kuss zog befand Joey, dass das keine Rolle mehr spielte. Wann immer Seto ihn küsste wurde die Welt und alle Fragen unwichtig. Joey spürte einmal mehr, wie sehr er seinen Drachen doch liebte. Und dann, mitten im Kuss, begann etwas Festes und Heißes seine Erregung zu umschließen und seine Gefühle nur noch weiter anzufachen. Seto brach ihren Kuss, als er Joey tiefer in sich aufnahm und schloss dabei die Augen, während er Luft in sich sog. Joeys Hände lagen einerseits an Setos Schulter, zum anderen an dessen Wange. Er wollte schon etwas sagen, als der Brünette seine Augen öffnete und ihn voller Liebe ansah. Die blauen Augen funkelten unglaublich vor Glück. Schließlich kam Seto etwas zur Ruhe. "Geht... geht es so?", fragte er Joey, der verwundert drein blickte. "Das... das sollte ich eher dich fragen.", konterte er. Immerhin war er in Seto und nicht umgekehrt. Es war so ungewohnt und überraschend für den Blonden, sich in dieser Rolle wiederzufinden. Bislang war er immer derjenige gewesen, der genommen worden war. "Du... fühlst dich großartig an.", meinte Seto sanft, bevor er noch einmal zur Schublade griff und eine Tube zur Hand nahm. Er öffnete sie und ließ sich etwas von dem gelartigen Inhalt auf die Finger laufen. Dann griff er nach hinten und Joey konnte spüren, dass Seto um seinen Schaft griff und das Gel auch auf seinen Muskel auftrug. "Damit es gleich etwas geschmeidiger geht." Geschmeidiger? Natürlich... anders wie eine Frau, die feucht werden konnte, war das bei Analverkehr nicht der Fall. Seto hatte wohl im Eifer des Gefechtes vergessen das Gleitgel direkt von Anfang an aufzutragen. Sanft schob Seto Joeys Hand von seiner Schulter auf die Hüfte. Dann begann er sich langsam zu bewegen. Dieses Gefühl war unglaublich und Joey musste nach einem Augenblick seine Augen schließen. Er stöhnte verhalten auf, als Seto sich wieder etwas hob und gleich darauf wieder nieder sausen ließ. Doch es blieb nicht bei dem langsamen Tempo. Seto Erregung war ihm deutlich anzusehen und er zog recht zügig die Geschwindigkeit seiner Bewegungen an. Dabei wippte sein Schwanz auf und ab. Er war bemüht darum, den Blickkontakt zu seinem Streuner nicht abreisen zu lassen, der mittlerweile seine Augen wieder geöffnet hatte. Dann schien Joey zu krampfen, was jedoch nur Ausdruck für dessen Orgasmus war, den er gerade erreichte und kam. Seto wippte noch ein paar Mal auf und ab und kam dann seinerseits. Langsam und außer Atem ließ er sich auf die Brust des schweratmenden Joey nieder und raubte sich noch einmal einen Kuss. Joey blickte ihn verliebt an und strich ihm eine braune Strähne hinter das Ohr. Er schmunzelte. "Das... das war unglaublich...", kam es von Joey, bevor er einen besorgten Ausdruck bekam. "Wie geht es dir?" "Mir könnte es gar nicht besser gehen.", wisperte Seto sanft. "Nur ich fürchte, jetzt müssen wir beide noch einmal duschen." Joey musste kurz lächeln. Setos Orgasmus hallte noch nach, was er recht deutlich spürte, da Setos Muskel sich immer wieder fest um sein erschlafftes Glied zog. Langsam stieg Seto von Joey und direkt aus dem Bett. Er hielt Joey seine Hand wie eine Aufforderung zum Tanz hin. Joey ergriff Setos Hand und ließ sich zu ihm und in den Stand ziehen. Noch einmal nahm Seto die Chance wahr und küsste den Blonden voller Liebe und Verlangen, bevor er ihn mit ins Bad zog, wo sie sich noch einmal frisch machen würden. Kapitel 135: Hellhörigkeit -------------------------- Kapitel 135 - Hellhörigkeit Als Joey an diesem Morgen aufgewacht war fühlte er sich gut, ausgeruht und fit für den Tag. Das war etwas, was in den letzten Monaten so gut wie nicht vorgekommen war. Selbst wenn er nicht aus einem Albtraum hochschreckte fühlte er sich am Morgen nicht wirklich fit und ausgeruht. Doch als er heute Morgen in Setos Arme wach geworden war, war es einfach anders gewesen. Seto hatte ihn sanft angelächelt und dann geküsst. Der Kuss war... anders. Besser. Intensiver. Ob... das daran lag, dass sie in der Nacht... intim miteinander gewesen waren? Langsam und ohne Eile waren sie aufgestanden, waren gemeinsam ins Bad gegangen und hatten sich dann angezogen. Seto verschränkte ihre Hände, während sie ihr Zimmer verließen und die Treppe ins Erdgeschoss nahmen. Als sie in die Küche kamen fanden sie die anderen bereits am Esstisch vor. Na ja, fast alle. "Guten Morgen... wo sind denn die Zwillinge?", fragte Joey nach dem Morgengruß. "Die suchen Geschenke.", antworte Marica mit einem sanften Lächeln, während Seto ihnen Kaffee holen ging. Auch Jack lächelte ihn sanft an, genauso wie Mokuba und Serenity. Was war denn hier los? Nur langsam setzte er sich und wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas nicht mitbekommen hatte. "Wie habt ihr denn geschlafen?", fragte Jack zwanglos und auf einmal verstand Joey das Lächeln der anderen. Schlagartig wurde er rot im Gesicht, während Seto ihm seine Tasse Kaffee hinstellte und neben ihm Platz nahm. "Hey, alles in Ordnung?", fragte Seto, der der Frage keine weitere Bedeutung beimaß. Doch Jack sah, dass sein Sohn ihn schon richtig verstanden hatte, legte eine Hand unter Joeys Kinn und hob dessen Blick zu sich. "Liebst du Seto?", fragte er plötzlich und sofort nickte Joey. "Ja, das tu ich.", antwortete der Blonde prompt. "Dann gibt es nichts, was dir peinlich sein muss... auch nicht, wenn ihr eurer Liebe körperlich Ausdruck verleiht.", kam es sanft von seinem Dad. Doch irgendwie machte diese direkte Art es noch viel unerträglicher und Joey sprang erschrocken auf und eilte durch die Küche, um sie zu verlassen. Doch Seto reagierte unverzüglich, sprang ebenfalls auf und fing Joey ab, noch ehe er den Raum verlassen konnte. "Hey... dein Dad hat Recht... es gibt nichts, was dir peinlich sein muss.", meinte Seto sanft. "Vielleicht hat man uns gehört, wahrscheinlich sogar, wenn ich mir anschau, wie die vier uns anlächeln. Aber selbst wenn... was ist daran schlimm?" Joey konnte Seto nicht erklären, warum der Gedanke, dass jemand mitbekommen hatte, wie sie miteinander Sex gehabt hatten, ihn so kirre machte. Vielleicht lag es aber auch daran, das er ihm nicht sagen konnte, was im Sommer geschehen war. Was alles dazu gehört hatte. Sanft zog Seto ihn in seine Arme und hielt ihn liebevoll fest. "Das ist nur deine Familie, mein Schatz... Vor diesen Menschen muss dir wirklich nichts peinlich sein.", flüsterte Seto behutsam. Joey ließ die Worte auf sich wirken und nickte dann. Eigentlich hatten sie alle doch Recht. Langsam löste sich Seto von ihm wieder, lächelte ihn an und zog ihn sachte wieder zurück zum Tisch. "Also... ihr beiden... ja?", kam es von Mokuba und sofort blickte Seto ihn scharf an. Joey war noch etwas röter geworden. "Kommt, lasst uns frühstücken.", kam es sanft von Marcia. "Wenn wir fertig mit frühstücken sind fang ich mit dem Kochen an. "So früh schon?", fragte Joey, der über den Themenwechsel mehr als dankbar gewesen war. "Oh, die Gans wird ne Weile brauchen und es gibt eine Menge vorzubereiten, damit alles gleichzeitig fertig werden kann.", meinte sie sanft. "Darf... ich helfen?", kam es erneut von Joey. "Gerne doch.", freute sich Marcia darüber, dass sie Hilfe bekommen würde. "Derweil könnten Mokuba und Nitty nach den Kleinen schauen gehen und aufpassen, dass sie nicht das Haus abreisen." "Klar... wir werden mit ihnen etwas spazieren gehen.", meinte Nitty sanft, der die Aufregung auf den heutigen Tag auch deutlich anzumerken war. Für einen kurzen Moment war Joey darüber verwundert, doch dann wurde ihm bewusst, dass es auch Serenitys erstes Weihnachtsfest in diesem familiären Kreis war. Es war kaum zu glauben, dass sie ihren Dad erst seit Februar, beziehungsweise er ihn erst seit April kannten. Als sie zu Ende gefrühstückt und den Tisch abgeräumt hatte verteilten sie sich. Serenity und Mokuba fingen die beiden Zwillinge ein, die mittlerweile jeden Stein zwei Mal umgedreht hatten. Zusammen mit ihnen, sowie Jack und Seto schmückten sie den Weihnachtsbaum für den Abend, den Jack wohl am Morgen besorgt hatte. Dabei lachten sie vergnügt. Joey war in der Küche geblieben, um Marcia zu helfen. "Möchtest du nicht erst mit den anderen den Baum schmücken?", fragte sie sanft. Doch Joey schüttelte nur den Kopf. Die Verlegenheit stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. "Okay...", sie suchte die Zutaten und Hilfsmittel heraus, um alles vorzubereiten und sortierte sie danach, wann etwas fertig gemacht werden musste, damit alles am Ende zur gleichen Zeit fertig sein könnte. Dann machten sie sich gemeinsam daran. "War das euer erstes Mal?", fragte Marcia so nebensächlich, als hätte sie nach dem Wetter gefragt. Joey blickte sie kurz an, bevor er mit seiner Tätigkeit weitermachen musste. Schließlich schüttelte er seinen Kopf. "Nein... wir... wir haben es schon einmal miteinander probiert.", meinte er leise. "Aber das lief damals nicht so gut?", hakte Marcia sanft nach. "Ähm... nein... das... damals bildete ich mir noch ein, dass Seto nicht gecheckt hätte, was damals bei mir zuhause alles gelaufen war.", meinte er leise. "Also lag der Versuch vor dem Sommer?", versuchte die Frau das Gespräch sanft in Gang zu halten. "Ja... es... war so, dass wir uns gerade vor meinen Freunden geoutet hatten und auf Grund einer Reaktion einer damaligen Freundin ich mich nicht auf die Abschlussfeier getraut habe. Also hat Seto eine Prom bei sich organisiert und... ähm... danach... haben wir versucht miteinander zu schlafen.", erzählte Joey. "Versucht?", hakte sie nach. "Ich.. wir waren Feuer und Flamme und... ähm... Seto wollte mich vorbereiten, was... ich so nicht kannte. Ich... bat ihn mich nicht länger warten z u lassen, doch als er dann... in mich... eindrang, da...", Joey konnte nicht weiter erzählen. "Du hattest einen Flashback.", ergänzte Marcia und überrascht blickte der Blonde zu ihr auf, bevor er sofort seinen Blick wieder senkte und nickte. "Ja... Seto hat sofort aufgehört und mich in den Arm genommen und getröstet.", erzählte er. "Wie war es gestern?", fragte sie schließlich behutsam. Joey blickte fragend zu ihr. "Hattest du da wieder einen Flashback?", ergänzte sie ihre Frage. Joey schüttelte den Kopf. "Nein... wir... wir haben es andersrum gemacht.", kam es verlegen von Joey. "Andersrum?", kam es nun von Marcia etwas perplex. "Seto... hat sich auf mich gesetzt und... ich... also ich war... in ihm.", stammelte der Blonde, der gar nicht verstand, warum dieses Thema ihn nur so verlegen machte. "War es das erste Mal, dass du so rum Sex hattest?", fragte sie sanft. Joey nickte stumm. "Und wie fandest du es?" "Es... war einfach unglaublich.", meinte Joey und wurde wieder rot. Dann trat er von der Arbeitsfläche einen Schritt zurück und lachte kurz auf. "Scheiße, warum ist das nur so peinlich, drüber zu reden?" "Vielleicht weil es ein ungewohntes Thema ist?", fragte sie ihn sanft. "Ich hab früher mit meinen Freunden auch über Sex gesprochen...", kam es von Joey. "So?", hakte sie verwundert nach. "Na ja... ich... hab ihnen nicht erzählt, wie es wirklich war... aber halt so Sprüche, wie 'die Alte würd ich gern mal flach legen', oh... Sorry.", kam es von Joey, als ihm bewusst wurde, mit wem er gerade sprach. Marcia lachte nur. "Hey, schon gut... red ruhig frei Schnauze... das macht mir nichts aus.", meinte sie sanftmütig und lächelte ihn verständnisvoll an. "Also hast du früher nur so getan, als hättest du Interesse an Frauen?" "Na ja... was hätte ich ihnen sonst sagen sollen? Die Wahrheit war nicht drin und es gab nur eine Person, an der ich wirklich Interesse hatte und damals wollte ich mich noch nicht als schwul outen.", kam es leise von Joey, der wieder an die Anrichte heran trat und weiter machte. "Glaub deinem Dad und mir, wenn wir dir sagen, dass es nichts gibt, wofür du dich schämen müsstest, was Sex mit Seto betrifft. Es mag sich noch komisch für dich anfühlen, aber glaub mir, dass vergeht recht schnell.", meinte sie erneut lächelnd. "Okay... Und... ihr habt uns gehört?", kam es peinlich berührt von dem Blonden. "Dieses Haus ist recht hellhörig, wenn man lauter als Zimmerlautstärke ist.", meinte sie sanft. "Also ja... wir... wir haben euch gehört, aber das ist nicht schlimm, Joey... wirklich nicht. Wir freuen uns alle, dass ihr beiden zu dieser Art der Intimität in der Lage seid." Joey hatte das Gefühl in Flammen zu stehen und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Sie alle konnten noch so oft sagen, dass es ihm nicht peinlich sein musste, aber dennoch war es das. Peinlich. "Kommt... Kommt Richard wieder zum Essen?", fragte Joey und merkte selbst nicht, dass er 'dieser' dieses Mal nicht verwendet hatte. Überrascht blickte Marcia ihn an. "War nicht geplant, da wir gestern das Gefühl hatten, due würdest dich in seiner Gegenwart etwas unwohl fühlen.", erklärte Marcia. "Aber... Dad und er... sie sind ein Paar?", hakte Joey nach. "Das ist richtig.", bestätigte die Frau. "Und... sie lieben sich?", kam es unsicher von dem Blonden. "Ja, sie lieben einander sehr.", meinte sie. "Dann sollten sie an so einem Feiertag nicht getrennt sein, oder?", schloss Joey schließlich. Marcia lächelte stolz und gab ihm einen Kuss auf die Schläfe. "Wenn es für dich wirklich okay ist, dann laden wir Richard gerne ein, aber dein Dad möchte nicht, dass du dich unwohl fühlst.", meinte sie zu ihm. "Ich will wissen, wie ihr wirklich lebt und dazu gehört auch der Freund meines Dads.", meinte Joey schließlich überzeugt. "Ansonsten ist es doch nur ein unrealistisches Schauspiel." "Okay...", kam es stolz von Marcia, die sich kurz die Hände wusch, um dann zu telefonieren, wozu sie kurz die Küche verließ. Irgendwas hatte sich seit gestern verändert. Joey wollte nicht, dass sein Dad an so einem Tag auf seinen Freund verzichten musste, nur weil er zu Besuch war. Das letzte was er jemand wünschen würde, wäre Einsamkeit. Und vielleicht war Richard ja auch ganz nett, wenn man ihn nicht ständig abblockte oder ihm aus dem Weg ging. Kapitel 136: Das Eis brechen ---------------------------- Kapitel 136 - Das Eis brechen? Als es an der Haustür klingelte hatte Joey gerade frisches Gebäck in eine Schale auf dem Wohnzimmertisch gefüllt. Er blickte sich um, realisierte dann aber, dass er derjenige war, der im Moment der Haustür am Nächsten war. Also ging er zu ihr, öffnete die Haustür und erstarrte kurz. Grüne Augen musterten ihn kurz, während der rotbraunhaarige Mann ihn freundlich anlächelte und dann einen Schritt aus dem Schneefall ins Haus machte und seinen Hut abzog. Er hatte einige Tüten dabei, die prall gefüllt waren. "Hallo Joey.", begrüßte Richard ihn. "Wie geht es dir?" Der Mann sprach mit ihm, wie mit einem alten Freund. Das irritierte Joey ein wenig. Amerikaner waren immer direkt so vertraulich miteinander. "Ähm... gut. Danke der Nachfrage. Und Ihnen?", fragte er zurück, während Richard Hut und Schal, sowie seinen Mantel an die Garderobe hängte. Erst jetzt realisierte Joey, dass die Tür immer noch offen war. Also schloss er sie. "Oh, du brauchst nicht so förmlich zu sein.", meinte er freundlich und wandte sich wieder zu ihm. "Mir geht es auch gut." Da niemand zu sehen war, der hier übernehmen konnte führte Joey Richard in das Wohnzimmer. Es fühlte sich komisch an, denn er war ja eigentlich auch nur zu Gast hier. Daher fragte er sich, ob er sich etwas zu viel heraus nahm. "Oh, der Baum sieht dieses Jahr echt atemberaubend aus. Habt ihr ihn heute Morgen geschmückt?", fragte er und versuchte Smalltalk mit Joey zu führen. "Die anderen und Da... Jack... haben den Baum heute Morgen nach dem Frühstück geschmückt.", antwortete er. Richards Schmunzel wurde kurz breiter. "Dad ist schon okay.", meinte Richard sanft. "Du hast nicht mit geschmückt?" "Nein... ich war bei Marcia in der Küche und habe dort geholfen.", kam es verlegen von Joey. "Dann bin ich mir sicher, dass das Essen besonders gut schmecken wird.", kam es lobend von Richard. "Ja, dass bin ich mir auch. Marcia ist eine wirklich gute Köchin.", kam es von Joey, der nicht verstanden hatte, dass Richard mit diesem Lob das Eis zwischen ihnen zu brechen suchte. Doch Richard lächelte sanft weiter. Joey blickte sich etwas suchend um. Komisch, wo waren die anderen denn alle? Warum kam keiner? Die Klingel war auch oben zu hören gewesen, da war sich der Blonde sicher. "Himmel, du bist wirklich das Ebenbild deines Vaters.", kam es abermals verwundert von Richard, der das gleiche gestern schon festgestellt hatte. Joey blickte ihn mit großen Augen an und wurde wieder verlegen. Gleichzeitig knirschte er aber auch etwas mit den Zähnen. Bei dem Wort 'Vater' sprang ihm immer wieder das Bild des alten Wheeler an, statt Jacks. "Hab ich etwas Falsches gesagt?" Richard hatte den plötzlichen Anflug der Anspannung bei Joey bemerkt. "Nein. Danke für den Vergleich.", meinte Joey leise. "Ich... ähm... sollte vielleicht mal schauen gehen, wo Jack ist..." "Okay...", ließ Richard den jungen Mann ziehen, da er merkte, dass dieser noch nicht offen für ihn war. Joey ließ den Freund seines Dads also alleine im Wohnzimmer zurück und eilte in die Küche, in der Marcia zu Gange war. "Ähm... weißt du, wo Dad ist?", fragte Joey. "Der ist mit Nitty, Moki, den Zwillingen und Seto spazieren.", meinte Marcia. "Wieso?" "Richard ist gerade gekommen und ist jetzt im Wohnzimmer. "Schon? Okay... ähm... sei so gut Joey, nimm doch aus dem Kühlschrank etwas zum Trinken und ein paar Gläser mit und leiste Richard Gesellschaft, bis Jack zurück kommt, wärst du so lieb?", fragte sie ihn sanft. Scheiße, ging es Joey durch den Kopf. Doch er nickte, holte eine große Karaffe selbstgemachten Eistee aus dem Kühlschrank, sowie ein paar Gläser und ging zögerlich zurück zu Richard. "Ähm... Jack ist noch mit den Zwillingen spazieren.", informierte Joey kurzangebunden den Grünäugigen. Dieser lächelte ihn wieder sanft an. "Aber... ich hab hier etwas zu Trinken." "Danke, sehr nett von dir.", meinte Richard, der zu Joey kam, um ihm einige der Gläser abzunehmen. Dann stellten sie alles auf den Wohnzimmertisch und Joey schenkte dem Mann etwas ein, bevor er sich selbst ein Glas einschenkte. Richard ließ sich auf die Couch nieder, nippte an dem Getränk und sah dann zu Joey auf. "Du lebst also in Japan?", fragte er und unternahm einen zweiten Anlauf das Eis zwischen Joey und sich zu brechen. Joey ließ sich auf die Kante eines Sessels nieder. "Ja.", antwortete er. "Man hört bei dir gar keinen Dialekt.", lobte Richard. "Ich hatte einen guten Lehrer für umgangssprachliches Englisch.", erklärte Joey. "So? Du musst viel von diesem Lehrer halten.", hakte Richard nach. "Jap.", kam es schlicht von dem blonden, der noch einmal einen Schluck trank. Sein ganzer Mund trocknete immer wieder schlagartig aus. "Ich weiß, es muss komisch sein, deinen Vater...", setzte Richard erneut an, als Joey sich erneut verspannte und er eine Hand hob. "Bitte nenn ihn nicht Vater...", kam es von Joey und Richard musterte ihn perplex. Hatte Jack ihm nicht erzählt, der Junge hätte ihn als Vater akzeptiert? Warum lehnte er dann ab, dass er ihn so nannte. "Dad wär mir lieber, okay?" "Oh... na klar...", kam es überrascht von Richard, dem scheinbar Hintergrundwissen zu diesem speziellen Wunsch fehlte, der aber sichtlich erleichtert war, dass Joey Jack doch nicht als Vater ablehnte. "Darf ich fragen, warum?" "Ähm... Weil... ich bei dem Wort 'Vater' an den Mann denken muss, bei dem ich aufgewachsen bin.", kam es so oberflächlich wie möglich von Joey als Erklärung. "Ah, verstehe... du möchtest kein emotionales Chaos haben und deinen Vater somit ein Alleinstellungsmerkmal einräumen.", missverstand Richard Joeys Intension. Dieser blickte ihn mit großen Augen an, bevor er nur schwammig nickte. "Ja, so ähnlich.", meinte der Blonde, der dann wieder einen Schluck trinken musste. "Es muss komisch sein, deinen Dad und mich zusammen zu sehen.", vollendete Richard schließlich seinen Satz. "Etwas...", gestand Joey. "Die Liebe lässt sich nicht kontrollieren. Manchmal fällt sie wohin, wo man nicht mit ihr gerechnet hä...", wollte Richard erklären, doch Joey hob erneut eine Hand. "Nicht deswegen.", meinte der Blonde. "Mein Dad hat mir schon vor Monaten gesagt, dass er Bi ist. Das ist für mich echt kein Problem." "Oh... sondern?", hakte Richard nach. "Ich bin es einfach nicht gewohnt, dass ein Elternteil von mir mit einem Partner so liebevoll umgeht... daran... daran muss ich mich erst gewöhnen." Die Antwort irritierte Richard etwas. "Aber... dein Vater und deine Mutter...", setzte Richard an, um nachzuhaken. "Die haben sich noch nie wirklich gut verstanden, weshalb sie sich auch scheiden ließen.", kam es trocken von Joey. "Oh... das tut mir leid zu hören.", meinte Richard aufrichtig. "Ja, mir auch.", kam es traurig von Joey. "Deine Mom... ist dieses Jahr gestorben, nicht wahr?", hakte Richard sanfter fort. "Ja, bei einem Verkehrsunfall.", meinte Joey leise, aber ohne wirkliches Bedauern. "Du standest mit deiner Mutter nicht auf gutem Fuß, oder?", fragte Richard vorsichtig weiter nach. "Nein... nicht so ganz.", gestand Joey. "Darf ich fragen, warum nicht?", versuchte Richard das Gespräch, welches sich endlich entwickelt hatte, am Laufen zu halten. "Weil sie mich bei einem gemeinen Säufer zurück gelassen hat, vor dem sie selbst nicht anders konnte, als wegzulaufen.", kam es schroff von Joey. Das in diesem Moment Jack, Serenity und die anderen im Türbogen zur Haustür auftauchten war ein unglückliches Timing gewesen. Schockiert blickte Serenity ihren großen Bruder an, der beschämt zur Seite blickte, bevor er aufstand und ohne ein weiteres Wort in der Küche verschwand. Kapitel 137: Mutterliebe? ------------------------- Kapitel 137 - Mutterliebe? "Hey, alles in Ordnung, Joey?", fragte Marcia, als Joey plötzlich herein gestapft kam und seinen Teig weiter mit dem Rührbesen schlug. "Alles bestens... Dad und die anderen sind wieder da.", meinte er leise, mit dem Blick auf die Schüssel gerichtet. Er hatte vorhin angefangen Serenitys Lieblingskekse vorzubereiten, mit denen er sie dann nach dem Essen überraschen wollte. Doch da schwang schon die Küchentür vom Flur aus auf und Serenity kam herein. "Wenn sie es gewusst hätte, dann hätte sie alles getan, dich zu uns zu holen.", begann seine Schwester. "Es ist schon okay, Nitty.", kam es von Joey, der einfach weiter konzentriert auf den Inhalt seiner Schüssel sah. Marcia blickte zwischen den beiden hin und her. Sie schien was verpasst zu haben. "Nein, ist es nicht.", kam es echauffiert von der Jüngeren. "Sie hat dich auch geliebt." "Ja, klar... mit Sicherheit.", keifte nun Joey ungehalten zurück. "D... denkst du wirklich, sie hätte dich nicht geliebt?", kam es auf einmal unsicher von Serenity. Die anderen waren ihnen vom Wohnzimmer und aus dem Flur aus gefolgt und standen nun in den zwei Zugänge der Küche. "Was soll ich sonst denken? Sie hat mich schon vor der Scheidung immer dumm angemacht, bei jeder Gelegenheit, die sich ihr bot. Und nachdem sie mit dir gegangen war hat sie nicht ein einziges Mal angerufen. Kein Brief. Keine Scheißkarte zum Geburtstag. Selbst wenn du und ich uns gesehen haben, hat sie sich im Hintergrund gehalten und mich keines Blickes gewürdigt.", brach die Wut des Blonden sich Bahn. "Also sag du mir, Serenity: Was hätte ich sonst denken sollen?" Entsetzt sah Serenity ihren Bruder an. Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf erwidern sollte. "Sie hat dich geliebt.", wandte nun Jack ein und mit einem Mal wurde Joey bewusst, dass alle ihn anstarrten. Verlegen senkte er seinen Blick. "Ja, sicher.", kam es leise, aber ungläubig von Joey. "Weil Mütter ihre Kinder immer lieben, nicht wahr?" "Vor ihrem Tod habe ich lange mit ihr gesprochen... auch über dich. Dich bei diesem Mann zu lassen, war das schwerste, was sie jemals tun musste. Aber das japanische Recht hat es nicht anders zugelassen.", erklärte Jack, der auf seinen Sohn zugegangen war. "Wie praktisch.", kam es resigniert von Joey. "Sicherlich hat ein Familienrichter ihr auch ein Kontaktverbot für mich auferlegt." "Nein... das war dieser Abschaum.", kam es von Jack. "Sie hat immer wieder versucht mit dir Kontakt zu halten. Doch der Wheeler... er hat Briefe und Karten an dich abgefangen. Hat ihre Anrufe entgegen genommen und ihr dann gedroht, wenn sie das nicht ließe, würde er dich dafür büßen lassen." Ungläubig schnappte Joeys Blick zu seinem Vater hoch. War das wirklich wahr? Hatte sie sich von ihm schlussendlich fern gehalten, weil der Alte ihr gedroht hatte? Nein. Das war unmöglich. Sie war eine Meisterin des Lügens und Zurechtlegen. Vielleicht hatte sie sowas Jack nur erzählt, damit er nicht erkannte, dass sie ihn im Stich gelassen hatte. Er stellte die Schüssel auf die Kücheninsel. "Ich... ich geh mich ein wenig hinlegen.", meinte er plötzlich erschöpft. Dann trat er an Serenity vorbei und ging zur Küchentür,welche zum Flur führte. In dieser standen Seto und Mokuba, zwischen denen er sich hindurch schob. Schließlich stieg er die Treppe hinauf und schlich förmlich in sein Gästezimmer. Joey saß noch nicht lange auf der Bettkante, den Blick auf seine Hände gerichtet und an einem Nagelhäutchen knibbelnd, als er spürte, dass Seto sich zu ihm setzte und einen Arm um ihn legte. Sanft zog sein Geliebter ihn zu sich und an seine Brust. Joey lehnte sich an ihn. "Sie ist eine Lügnerin.", kam es leise von Joey. Seto strich ihm durch das blonde Haar. Er hörte das nicht zum ersten Mal. Schon im April im Krankenhaus hatte Joey etwas Ähnliches gesagt gehabt. "Sie musste lügen, weil sie dachte, dich damit in Sicherheit halten zu können.", kam es leise von Seto. "Hat super geklappt, oder?", kam es sarkastisch von dem Blonden, dem eine Träne über die Wange perlte. "Dein Va... Das Monster ist wirklich ein großartiger Manipulator. Er hat ihr gedroht, wenn sie weiterhin versucht mit dir Kontakt zu halten, dass er dir etwas antut. Sie hat daraufhin die aktiven Versuche eingestellt und hat unwissentlich ihm geradezu in die Hände gespielt. So hat er dich isoliert, damit du keine Chance hattest irgendwo um Hilfe zu bitten.", versuchte Seto zu erklären und hoffte, dass er damit relativ nahe an der Wahrheit lag. Plötzlich klopfte es. Joey war nicht danach, dass noch jemand auf ihn einredete. Doch auch ohne dass er herein bat öffnete sich die Tür und Serenity kam herein, hielt einige Bücher vor ihrer Brust an sich gedrückt. Langsam schob sie sich ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich wieder. "Brüderchen, ich weiß... du glaubst, sie hat dich nicht geliebt... aber ich hab sie oft weinen hören. Und wenn du mir nicht glauben willst, dann ließ das hier.", meinte die Brünette und hielt Joey einige, in Leder gebundene Notizbücher hin. "Mutter hat Tagebuch geführt. Nach ihrem Tod hab ich sie sicher verwahrt, weil ich dachte, dass ich irgendwann einmal Fragen haben könnte, die mir diese Bücher beantworten könnten. Aber gerade jetzt hast du sie einfach nötiger, als ich." Seine Mutter hatte Tagebuch geführt? Manchmal, als er noch klein war, hatte sie an ihrem Schreibtisch gesessen und mit einem edlen schwarzen Füller etwas in ein Büchlein geschrieben. War das ihr Tagebuch gewesen? Serenity legte die Bücher auf ein Tischlein und setzte sich dann neben Joey. "Ich liebe dich, Brüderchen. Hab ich immer. Werd ich immer. Das weißt du.", begann sie sanft, während sie ihre Arme um Joey legte. "Aber in Bezug auf Mutter irrst du dich. Bitte glaub mir das." Nur langsam legte Joey seine Arme um Serenity. Legte sein Gesicht auf ihr nach Pfirsich duftendes Haar. War sein Hass auf seine eigene Mutter das Produkt einer weiteren Manipulation seines Vaters gewesen? Mittlerweile wusste er doch, wie manipulativ dieser Mann gewesen war. Wie er ihm jahrelang die Schuld für den Missbrauch aufgeladen hatte. Hatte er also all die Jahre seiner Mutter Unrecht getan? Er hatte Angst es heraus zu finden. "Serenity, wann denkst du, ist das Essen soweit fertig?", fragte Seto sanft. "Hm... wird bestimmt noch ein oder zwei Stunden dauern.", meinte Serenity leise. "Ich werde mich mit deinem Bruder noch ein wenig hinlegen und wir kommen dann zum Essen runter, wäre das okay?", fragte Seto sie. Serenity nickte, lächelte sanft und löste sich dann von Joey. Sie gab ihm noch einmal einen Kuss auf die Stirn, bevor sie das Zimmer verließ. Vorsichtig zog Seto Joey auf das Bett und legte sich mit ihm hin, so dass der Blonde in seinen Armen lag. Joey presste sich an Setos Brust. Er war so verwirrt von all den neuen Infos. Wenn das alles wahr war, wieso hatte Jack es ihm dann nicht schon früher erzählt? Seto kraulte ihn sanft im Nacken und strich ihm gelegentlich durch das Haar. Das tat irgendwie gut und ehe Joey sich versah dämmerte er bereits weg und schlief ein. Kapitel 138: 'Scheiße' ---------------------- Kapitel 138 - 'Scheiße' "Er wurde von seinem 'Vater' misshandelt, oder?", fragte Richard Jack, als Joey aus der Küche gestürmt war. Dieser nickte. "Ja.", war die schlichte Antwort von Jack ohne ins Detail zu gehen. "Scheiße... da bin ich ja wie ein Elefant ins Fettnäpfchen getreten.", kam es leise von Richard. "Scheiße.", wiederholte James enthusiastisch, ohne genau zu wissen, was das eigentlich bedeutete. "Sssh, James... dieses Wort ist noch zu mächtig für dich.", meinte Marcia daraufhin, als sie sich bei ihren Kindern in die Hocke begab. "Tschuldigung, Mom.", kam es schuldbewusst von James, der nicht verstand, warum seine Eltern manche Wörter als 'mächtig' bezeichneten. Mächtige Wörter durfte er erst verwenden, wenn er deren Bedeutung und Reichweite verstand und das akzeptierte der Junge bedingungslos. "Dürfen wir zu Joey?", fragte Grace leise, als sie sich an Marcia schmiegte. "Joey hat sich ein wenig hingelegt.", meinte Marcia sanft. "Aber er hat Keksteig vorbereitet. Wie wär's also, wenn wir die Kekse fertig backen würden?" Die Zwillinge nickten eifrig und Marcia band den beiden je eine Kinderschürze um und holte den beiden ihre Kinderhocker, die es ihnen erlaubte auf die Anrichte schauten zu können. Währenddessen gingen Jack und Richard zurück ins Wohnzimmer. "Mach dir keine Vorwürfe.", meinte Jack zu seinem Freund, den er sanft in seinen Arm zog, als sie sich auf die Couch setzten. "Ich hätte dir davon erzählen sollen." "Ich hab nur versucht das Eis zwischen uns zu brechen.", meinte Richard leise, der sich an Jack anlehnte. "Ja, ich weiß... und unter anderen Umständen wäre dir das sicher gut gelungen.", lächelte Jack. "Wie schlimm waren die Misshandlungen?", hakte Richard interessiert nach. "Sehr schlimm... Sie haben Spuren hinterlassen... körperlich, wie seelisch.", erklärte Jack und vermied erneut Details. "Scheiße.", kam es erneut von Richard und erntete damit einen kleinen Kniff in die Seite. "Du sollst doch nicht fluchen, wenn die Zwillinge in der Nähe sind.", maßregelte Jack ihn sanft. "Scheiße, sorry.", kam es von Richard, der damit den nächsten Kniff verdiente. "Scheiße, ey.", kam es erneut von ihm und Jack kniff ihn etwas fester. "Scheiße, Jack.", kam es leicht empört von Richard, der daraufhin von der anderen Seite gekniffen wurde, was dazu führte, dass er sich erschrocken umdrehte und Serenity sah. "Du sollst doch nicht fluchen, wenn die Zwillinge in der Nähe sind.", meinte sie sanft. "Nitty... nicht du auch noch, komm schon.", kam es gespielt leidend von Richard. "Ich werd mir Mühe geben, aber hört auf mit dem Kneifen." Serenity lächelte ihn traurig an und Jack rutschte ein wenig so, dass Richard in seinem Arm blieb, er jetzt aber auch seine Tochter zu sich ziehen konnte. Sie lehnte sich an ihn. "Ich hab ihm Mutters Tagebücher gegeben.", meinte sie leise. "Das war eine gute Entscheidung.", meinte Jack sanft zu ihr. "Ich hoffe es... ich hab sie noch nicht gelesen und daher weiß ich nicht genau, was in ihnen steht.", kam es leise von der Brünetten. "Die Wahrheit und die wird ihm gut tun.", versuchte Jack seine Tochter aufzubauen. "Hat er wirklich gedacht, dass sie ihn nicht lieben würde?", formulierte Serenity die Frage, die sie am meisten beschäftigte. Ihre Mutter war eine strenge Frau gewesen, aber auch voller Liebe. Es hatte sie immer geschmerzt, wenn Joey schlecht über sie sprach oder als Lügnerin bezichtigte. Nun gut... ihre Mutter war eine Lügnerin gewesen. Das stand außer Frage. Aber nicht, weil sie damit manipulieren wollte. Sondern allein um sie zu schützen. Was hätte dieser Mann, den Serenity und Joey so lang als ihren Vater betrachtet hatten, wohl getan, wenn er gewusst hätte, dass sie nicht seine Kinder gewesen wären? Dann hätte seine Hand wohl lockerer gesessen. Vermutlich wären seine Hemmungen noch niedriger gewesen. "Scheiße.", flüsterte sie leise und ging sich durch ihr braunes Haar. "Nicht doch, Nitty.", kam es tröstend von Richard. "Es wird bestimmt alles gut werden." Sie sah ihn an und nickte hoffnungsvoll, als die Zwillinge herein gestürmt kamen und etwas Keksteig im Haar hatten. "Der Teig ist explodiert.", meinte Grace lachend. "Scheiße.", kam es übertrieben ernst von James. Jack und Richard mussten schmunzeln. Serenity stand auf und ging vor den beiden auf die Knie. "Na dann kommt mal mit, wir werden euch von dem Teig befreien.", meinte sie sanft und lächelnd, bevor sie beide an die Hand nahm und mit ihnen hochging. Richard sah ihr hinterher. "Nitty ist echt eine wundervolle, große Schwester.", meinte Richard anerkennend. "Ja, sie hatte ein gutes Beispiel, dem sie nacheifert.", meinte Jack. "Du meinst Joey?", fragte Richard. "Ja... er war immer ein guter, großer Bruder. Hat sie immer beschützt und hat sogar ihr Augenlicht gerettet.", begann Jack stolz zu erzählen. "Wie das?", kam es interessiert von Richard. "Sie hatte eine Augenkrankheit, die sie erblinden ließ und nur mit einer kostenaufwendigen OP geheilt werden konnte. Nur dass ihre Mutter zu dem Zeitpunkt ohne feste Anstellung und damit ohne Krankenversicherung war. Joey hat dann an einem Turnier teilgenommen und das notwendige Geld für die OP gewonnen. Er hat es restlos in ihre Gesundheit investiert.", erzählte Jack stolz. "Er scheint echt ein toller Junge zu sein.", meinte Richard. "Der Beste.", korrigierte Jack stolz. Nachdem Serenity die Kleinen gewaschen und umgezogen hatte wollte sie mit ihnen eigentlich wieder nach unten gehen, doch die beiden zogen sie zu Joeys Zimmer. "Wir möchten zu Joey.", meinte Grace sanft. "Aber Joey schläft ein wenig.", antwortete Serenity leise. "Können wir uns dann nicht zu ihm legen?", fragte James. "Uhm... ich klopf mal an und schau rein, okay?", meinte Serenity, die sich nie gut gegen die beiden und ihre Wünsche behaupten konnte. Dazu waren sie einfach zu süß. Also klopfte sie sanft an, öffnete die Tür einen Spalt, so dass sie hindurch spähen konnte und hoffte, dass sie die beiden gerade nicht bei etwas... intimen störte. Auf dem Bett lag Seto, der zu ihr sah und in seinem Arm Joey, der scheinbar wirklich schlief, aber hin und wieder zuckte. Noch ehe sie etwas sagen konnte drängten sich die Zwillinge an ihr durch den Türspalt durch und liefen zum Bett. Serenity folgte den beiden und fing sie gerade noch ab, bevor sie auf das Bett klettern konnten. "Hey... sowas macht man nicht. Erst fragen.", maßregelte Serenity die beiden leise, um Joey nicht zu wecken. Dann sah sie aus der Hocke zu Seto. "Wir würden uns gern ein wenig zu euch legen, wär das okay?" Seto blickte auf Joey in seinem Arm und nickte dann. Serenity hob die Zwillinge vorsichtig nacheinander auf das Bett, die sich sofort vorsichtig an Joeys Rücken kuschelten. Serenity legte sich hinter die beiden und spannte ihren Arm über die Zwillinge und Joey. Überraschenderweise wurde Joeys Schlaf wieder ruhiger und entspannter, was Serenity überraschte. Im Schlaf drehte sich Joey langsam auf den Rücken und schien die Anwesenheit seiner Geschwister zu spüren, denn er streckte einen Arm aus, so dass sich die Kleinen und Serenity besser an ihn kuscheln konnten. Seto schmunzelte darüber, während er sich nun von der Seite an seinen Geliebten kuschelte. Als Joey wach wurde fühlte er sich merkwürdig entspannt und erfrischt. Irgendetwas war anders als sonst. Nur langsam schlug er die Augen auf und wurde von Serenity angelächelt. Er hob überrascht den Kopf, als er die Zwillinge in seinem Arm sah, die eingeschlafen waren. Verwirrt blickte er über seine Schulter zu Seto. "Sie wollten sich an dich kuscheln.", meinte dieser sanft und leise. Ein Lächeln huschte über Joeys Gesicht, bevor er dann seine kleine Schwester ansah. Er reckte sich ein wenig und küsste sie auf die Stirn. Sie lächelte glücklich und strich ihm sanft über die Wange. "Ich hab dich lieb, Schwesterchen.", meinte er leise auf Japanisch zu ihr. "Ich hab dich auch lieb, Brüderchen.", antwortete sie in der gleichen Sprache. Grace und James regten sich ein wenig, bevor sie schließlich auch wach wurden. "Joooey.", strahlten beide simultan. "Na ihr beiden.", kam es sanft von Joey. "Hast du gut geschlafen?", erkundigte sich Grace liebevoll. "Mit euch an meiner Seite? Immer.", lächelte Joey sie an. Ein elektronisches Klopfen ließ erkennen, dass einer von ihnen eine Textnachricht erhalten hatte. Seto zog sein Smartphone und hatte eine kurze Info von Marcia auf dem Display. "Das Essen ist gleich fertig.", meinte er leise. "Na dann wollen wir mal.", kam es sanft von Joey, der sich plötzlich über die Zwillinge beugte und sie begann zu kitzeln. Beide lachten vergnügt und laut auf, bevor sie aus dem Bett flüchteten und aus dem Zimmer rannte. Joey sah den beiden noch kurz nach, bevor er wieder zu Serenity schaute. Er zog sie etwas enger an sich und drückte sie behutsam. "Danke, Nitty.", flüsterte er leise in ihr Ohr, bevor er dann aufstand und ins Bad eilte. Verwirrt blickte sie ihm hinterher. "Wofür hat er sich bedankt?", fragte sie in den Raum. "Dafür, dass du trotz allem immer noch da bist und den Glauben an ihn nie aufgibst.", meinte Seto sanft und strich ihr eine Strähne hinter das Ohr. "Warum sollte ich ihn auch aufgeben und den Glauben an ihn aufgeben? Ich liebe ihn über alles.", kam es verwirrt von ihr. "Ja, dass weiß er auch. Aber dennoch gibt es in ihm die irrationale Angst, dass du damit irgendwann aufhören könntest.", erklärte Seto weiter. Sie nickte nur, bevor sie sich aufsetzte und sich etwas richtete. "Ich warte unten auf euch.", meinte sie schließlich und wollte aufstehen. Doch sie hielt inne, wandte sich dann noch einmal zu Seto und umarmte diesen herzlich. "Danke, dass du meinen Bruder immer beschützt und für ihn da bist." "Immer.", flüsterte Seto ihr zu. Dann ließ er sie gehen und sie verschwand aus dem Zimmer. Kapitel 139: Weihnachten ------------------------ Kapitel 139 - Weihnachten Joey hatte ein Kribbeln im Bauch, als er mit Seto die Treppe hinunter stieg. Er kam sich wie eine Diva vor, die ständig einen extravaganten Anfall bekam und hinaus stürmte, bis man ihren Willen umgesetzt hatte. Und so wollte er gar nicht sen. Er schämte sich dafür und wäre am liebsten wieder in ihr Zimmer gegangen. Doch Seto zog ihn unaufhörlich in Richtung Küche. Sie hatten sich noch einmal umgezogen und waren jetzt etwas 'festlicher' gekleidet, was in Joeys Fall bedeutete, dass er nun ein Hemd auf dunkler Jeans trug. Seto war ohnehin immer so gekleidet, dass man ihn in der westlichen Welt ohne weiteres auf Hochzeiten oder Beerdigungen hätte mitnehmen können. Als sie ins Esszimmer - ja neben dem Esstisch in der Küche gab es hier tatsächlich noch ein gesondertes Esszimmer - ankamen stellte Joey fest, das es gut gewesen war auf Seto zu hören. Richard war ja ohnehin wie ein Businesstyp gekleidet, aber mittlerweile hatten sich auch Jack und Marcia umgezogen und auch Serenity trug nun ein Kleid. Mit einem seichten Druck an Setos Hand signalisierte Joey ihm ein 'Danke' dafür, dass er ihn beraten hatte. Sie setzten sich an den reich gedeckten Tisch und allein die schiere Menge des dargebotenen Essens überforderte Joey total. Es gab so viele Beilagen und der Vogel wirkte überdimensioniert. Als er Marcia in der Küche geholfen hatte, hatte das alles gar nicht so viel gewirkt. Vielleicht war der Vogel im Ofen ja größer geworden? Serenity beugte sich zu ihm rüber und gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Du musst nicht alles essen.", flüsterte sie ihm sanft zu. "Es sind nur so viele Beilagen, damit man wählen kann." Dankbar lächelte er seine Schwester an, bevor er nun ihr einen Kuss auf die Wange gab und nickte. Dann tranchierte Jack den gebratenen Vogel, der innen auch noch gefüllt war. Wann hatte Marcia da eine Füllung reingestopft? Aber er hatte keine Zeit darüber groß nachzudenken, denn Jack fragte ihn, was für einen Teil vom Vogel er haben wollte. Verwirrt blickte Joey ihn an und zuckte nur mit den Schultern. Daraufhin schmunzelte Jack und schnitt ihm eine Scheibe von der Brust ab. Dann wurde er auch schon von Marcia gefragt, ob er jene oder eine andere Beilage wollte. Joey war sichtlich überfordert. Also legte ihm Marcia von allen Beilagen ein wenig auf den Teller, bevor sie ihn vor Joey abstellte und ihm sanft eine Hand auf die Schulter legte. Innerlich seufzte Joey auf und für einen Moment fragte er sich, ob es auffallen würde, wenn er gar nichts essen würde. Doch sicherlich wäre das unhöflich, also wartete er noch, bis alle ihren Teller bekommen hatten und begann dann mit wenig Enthusiasmus die verschiedenen Sachen auf seinem Teller zu probieren. Einiges schmeckte überraschend gut, anderes war... eher zweifelhaft in der Konsistenz und im Geschmack. Oder er war diesen westlichen Style eben doch nicht so gewohnt, wie er immer gedacht hatte. Es dauerte etwas, doch dann begann sich Joey am Tisch zu entspannen und als Richard und Jack plötzlich über Duell Monsters anfingen zu sprechen, konnte er sich den einen oder anderen Kommentar nicht verkneifen. Und bevor er sich versah war er in einer Unterhaltung mit Richard vertieft. Irgendwann wurde dann noch der Pecan Pie serviert, der Serenity gequält aufstöhnen ließ. Besorgt sah er zu ihr und sah, dass sie sich vollgefressen in ihrem Stuhl nach hinten gelehnt hatte. Er musste schmunzeln. Normalerweise achtete Serenity darauf nicht zu viel zu essen, doch scheinbar hatte sie sich bei diesem Essen nicht zurück halten können. Sanft streichelte er ihr über die Wange und sie lächelte zurück. Dann schnitt Marcia den Kuchen an und teilte die Stücke so, dass jeder von ihnen ein Stück bekam, wodurch die Stücke an sich nicht besonderes groß waren. Aber das war okay, wie Joey fand. Immerhin hatten sie ja reichlich gegessen und immer noch jede Menge übrig. Ob sein Dad die Reste wieder bei den Obdachlosen verteilen würde? Schließlich waren sie mit dem Essen fertig und Jack, Richard, Seto, die Zwillinge, sowie Serenity und Mokuba wechselten ins Wohnzimmer. Joey half Marcia dabei den Tisch abzuräumen. Als Marcia in der Küche begann die Reste im Kühlschrank unterzubringen schaute Joey etwas verwirrt. "Verteilen wir diese Reste nicht bei den Bedürftigen?", fragte er unsicher. Sie schmunzelte ihn sanft an. "Nein. Dein Dad und ich organisieren jedes Jahr zu Weihnachten in mehreren Suppenküchen ein großes Weihnachtsessen und lassen dazu noch einen Speisebus durch die Stadt fahren, der nach jenen schaut, die aus welchen Gründen auch immer ihren Weg nicht in diese Suppenküchen finden. Dazu bekommt jeder ein Care-Paket, mit zwei neuen Decken, einem Winterparka, Schuhen und Socken, einem Rucksack, sowie Infokarten zu unserem Sozialkrankenhaus, wo sie sich kostenlos checken und behandeln lassen können, Visitenkarten für eine Entgiftungsstation für die, die Drogen- oder Alkoholabhängig sind, sowie die Karte für Second Chance, einer Wohltätigkeitsorganisation, die einige Notunterkünfte bereitstellt und auf Wunsch dabei hilft von der Straße zu kommen." "Wow...", kam es nur beeindruckt von Joey. "Das muss Unsummen kosten." "Dein Dad sagt immer, dass man nur eine gewisse Menge an Geld benötigt und alles was darüber hinaus geht überflüssig ist. Also hilft er damit denen, die Hilfe brauchen. Nächstes Jahr wird ein Familienzentrum in einem sozialschwachen Stadtgebiet eröffnet, dass dein Dad derzeit bauen lässt. Dort sollen vor allem Kinder und Jugendliche eine Anlaufstelle haben, aber auch alle, die in einer brenzligen Beziehung stecken.", erzählte sie weiter. Er sah sie verblüfft an. "Versteh mich nicht falsch. Wir leben hier auf einem Niveau, welches zur Oberklasse gehört. Aber auch nur, weil es von deinem Vater erwartet wird. Wenn es damals nach seinem Willen gegangen wäre, hätten wir ein einfaches Ein-Familien-Haus in einem der Mittelklassenviertel und damit wäre ich auch vollkommen zufrieden gewesen. Aber deine Großmutter - Gott hab sie selig - hat immer darauf bestanden, dass wir dem Ruf der Familie entsprechend wohnen.", erzählte sie dem Blonden weiter. "Okay.", kam es nur leise von Joey. Was hätte er auch sonst dazu sagen sollen? Es wäre ihm gar nicht in den Sinn gekommen Jack für seine Lebensart zu verurteilen. So etwas lag ihm nicht. Als sie alles verstaut hatte legte sie sanft einen Arm um Joeys Schulter. "Na komm, wir schauen mal, wie die Bescherung läuft.", meinte sie sanft lächelnd und Joey blickte sie mit großen Augen an. Bescherung? Als sie ins Wohnzimmer kam lief die Geschenkeschlacht bereits in vollen Zügen. Überall lagen bereits zerrissenes Geschenkpapiere, Umverpackungen und Geschenkbänder herum. Als Serenity ihren Bruder sah quietschte sie vor Freude, sprang auf und rannte ihn fast um, als sie sich ihm an den Hals warf und wiederholt 'danke' sagte. Scheinbar gefiel ihr sein Geschenk. Er schloss seine Arme um sie und drückte sie liebevoll an sich. "Nicht dafür, Schwesterchen.", flüsterte er ihr zu und löste sich dann von ihr, die sich sofort zurück in die Schlacht warf. Marcia schob ihn zu Seto, der auf einem Sessel saß und dem Treiben amüsiert zu sah. Joey setzte sich auf Setos Schoss und schmiegte sich an ihn. Der Brünette schloss ihn in die Arme und platzierte einen sanften Kuss auf Joeys Wange. "Hey ihr beiden, sitzt nicht so faul da rum.", meinte Jack schmunzelnd. "Stürzt euch auch in die Geschenkschlacht." Joey sah ihn überrascht an. Doch da tauchte Serenity aus dem Meer aus Geschenkpapier auf, gefolgt von Mokuba und beide hatten je ein Geschenk in der Hand, dass sie ihren Brüdern hin hielten. Beide - Seto und Joey - waren davon mehr als überrascht. Perplex nahmen sie ihre Geschenke entgegen und begannen sie auszupacken. Eigentlich hatten sie damit gerechnet, dass sie lediglich Schenker waren und nicht selbst die Beschenkten. Und dann deutete Jack unter den Baum. "Die da, sind auch für euch.", meinte er sanft. In Joeys Bauch entstand ein Kribbeln, welches er zuletzt als Kind - noch lange vor der Scheidung - das letzte Mal gehabt hatte. Langsam stand er auf und zog Seto mit sich zum Baum, wo sie erkannten, dass da einige Geschenke lagen, auf denen ihre Namen standen. Kapitel 140: Entwicklungen -------------------------- Kapitel 140 - Entwicklungen Nach der Geschenkeschlacht waren Marcia und Joey das Verpackungschaos angegangen, während Serenity und Mokuba die Zwillinge ins Bett gebracht und ihnen aus einem ihrer neuen Märchenbücher etwas vorgelesen hatten. Dann hatten sich Mokuba und Serenity in den Wintergarten zurück gezogen, während Joey und Seto zusammen mit Jack und Richard im Wohnzimmer vor dem Kamin saßen. Seto hatte Joey sanft in seinen Arm gezogen, wo sich der Blonde eingekuschelt hatte. Sein Blick lag auf seinem Dad, der seinerseits Richard sanft vor sich sitzen hatte und mit seinen Armen umschlungen hatte. Es war merkwürdig Jack so zu sehen. Ihn als Mann mit einer Sexualität wahrzunehmen. "Dein Dad erzählte mir, dass du dich bei einigen Universitäten hier in den Staaten beworben hast.", versuchte Richard ein weiteres Mal ein Gespräch mit Joey zu knüpfen. "Hm, ja.", war die einsilbige Antwort von Joey. "Aber selbst wenn mich eine Uni nimmt muss ich mich noch um ein Studentenvisum kümmern." "Warum das?", fragte Richard erstaunt. Die Frage und Reaktion des Mannes verwirrte Joey zunehmend. "Stand so im Internet: Studenten aus Japan benötigen ein Studentenvisum, wenn sie in den USA studieren wollen.", antwortete Joey. "Aber als US-Staatsangehöriger brauchst du doch kein Visum.", hakte Richard ein. "Hä?", war alles was Joey zustande brachte. Richard legte seinen Kopf in den Nacken und sah Jack fragend an. Dieser grinste nur sanft. "Soweit waren wir noch nicht, Richard.", meinte Jack leise zu ihm und küsste ihn dann auf die Stirn, bevor er zu Joey blickte. "Ich bin US-Amerikaner und als mein Sohn bist du automatisch dazu berechtigt ebenfalls US-Staatsbürger zu werden.", erklärte Jack. "Ich wollte das mit dir übermorgen besprechen und fragen, ob wir auf das Bürgercenter gehen sollen, um das zu beantragen." Joey blickte die beiden älteren Männer mit leicht offen stehendem Mund an. Es dauerte einen langen Moment, bis die Information in sein Hirn sickerte und er begriff, was die Männer ihm sagten. "Aber... ich bin Japaner.", wandte er ein. "Du kannst auch weiterhin Japaner bleiben.", meinte Richard sanft. "In unserer Verfassung ist die doppelte Staatsbürgerschaft nicht ausgeschlossen." "Ja, aber in Japan gibt es sowas nicht.", kam es von Joey. "Offiziell nicht. Nein.", hakte nun Seto ein und Joey blickte fragend zu ihm hoch. "Kinder, die nur einen japanischen Elternteil haben müssen sich mit Vollendung des 22. Lebensjahr entscheiden welche Staatsangehörigkeit sie haben wollen, das ist richtig. Aber niemand kontrolliert, ob du deine zweite Staatsangehörigkeit wirklich abgegeben hast. Tatsächlich gibt es nach offiziellen Zahlen fast 700.000 Japaner, die eine doppelte Staatsangehörigkeit haben.", erklärte Seto sanft weiter und zeigte, dass er sich eingehend mit dem Thema beschäftigt hatte. Erstaunt musterte Joey seinen Freund. "Was ist mit Serenity?", fragte Joey leise. "Sie hat beide Staatsbürgerschaften.", offenbarte Jack ihm. Nachdenklich blickte Joey auf Setos Brust und zog auf dieser mit den Fingern Kreise. "Denk in aller Ruhe über die Option nach.", meinte Jack sanft schmunzelnd. Später am Abend saß Joey auf der Bettkante ihres Bettes und blickte auf all die Kunstsachen, die man ihm heute geschenkt hatte. Darunter waren Produkte für die Joey bislang zu geizig gewesen war. Das Gefühl immer noch mittellos zu sein ließ ihn nicht los. Selbst nachdem er mittlerweile ein eigenes Einkommen hatte, hatte er kaum etwas davon ausgegeben. Plötzlich wurde er sanft von hinten umarmt. "Einen Penny für deine Gedanken.", flüsterte Seto ihm ins Ohr. "Einen was?", kam es verwundert von Joey. "Ist eine Redewendung aus Europa.", erklärte Seto sanft. "Wollt nur wissen, worüber du gerade nachdenkst." "Staatsbürgerschaft... Geschenke... Universität.", kam es knapp von Joey. "So viele große Gedanken in deinem Kopf...". Sanft küsste Seto ihn am Nackenansatz. "Da wirst du noch Kopfschmerzen bekommen." Ein Schmunzeln huschte über Joeys Gesicht. "Falls mich eine der Unis aufnimmt und ich wirklich studieren würde... dann... würde das aber auch heißen, das wir uns trennen müssen, oder?", kam es leise von Joey. "Trennen?", hakte Seto erschrocken nach. "Na ja... du hast deine Firma in Japan, um die du dich kümmern musst. Und wenn ich hier studiere... wäre es nicht furchtbar egoistisch von mir, wenn ich dich vier Jahre lang blockiere, obwohl wir uns nur selten sehen?", sinnierte Joey nachdenklich. "Nein, wäre es nicht.", meinte Seto sanft. "Und selbst wenn... sei es ruhig... denn nur für den Fall, dass es dir nicht aufgefallen ist: Ich liebe dich und für mich gibt es niemand sonst, mit dem ich mein Leben teilen oder eine gemeinsame Zukunft haben möchte." Joey wandte überrascht seinen Kopf so, dass er über die Schulter zu Seto blicken konnte. Dieser beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft. "Dummer Streuner.", meinte er sanft nach dem Kuss. "Außerdem hab ich vor, dich ganz oft zu besuchen." Joey lächelte erleichtert und küsste dann seinen Drachen voller Liebe, der ihn sanft auf das Bett zog und sich über ihn beugte. Vorsichtig ließ er seine Hand unter Joeys Nachtshirt gleiten und strich über die Narben auf dem Bauch. Wie immer, wenn er das tat, wimmerte Joey kurz in den Kuss. Doch dann entspannte sich der Blonde wieder zusehend. War Wachs in seinen Händen. Seto konnte von ihm nicht genug bekommen. Wollte es auch nicht. Genauso wenig wie Joey jemals wieder frei geben. Mokuba begleitete Serenity zu ihrem Zimmer. Als sie an dem Zimmer ihrer Brüder vorbei kam hörten sie das hemmungslose Stöhnen der beiden. Sie schmunzelten. "Wenn die Hürde erst einmal gefallen ist.", kam es leise von Mokuba. "Wie meinst du das?", fragte Serenity verwirrt nach. "Seit dem Sommer war jeder Fortschritt von ihnen als Paar immer hinter einer unglaublich hohen Hürde versteckt. Aber sobald sie die Hürde das erste Mal überwunden haben können sie nicht mehr aufhören.", erklärte Mokuba mit einem spitzbübischen Lächeln. "Das war beim Küssen so, beim Streicheln, ..." "Man, du bekommst zu Hause wohl ne Menge mit, hm?", fragte sie sanft. "Mehr, als die beiden sich vielleicht bewusst sind.", bejahte Mokuba stolz. "Das lässt du Joey besser nicht hören.", meinte sie nachdenklich. "Das würde ihn nur unglaublich verlegen machen:" Dann zog sie Mokuba mit in ihr Zimmer. Kapitel 141: Ferngespräch ------------------------- Kapitel 141 - Ferngespräch "Und? Wie hast du Weihnachten rum gebracht, Joey?", fragte Kai, dessen Gesicht auf Joeys Laptop abgebildet war. "Eigentlich ganz gut.", meinte Joey neutral. "Und uneigentlich?", hakte der Therapeut nach. "Gab ein paar Stolpersteine.", gestand der Blonde leise. "Kannst du etwas lauter reden? Dein Laptop-Mikro hat den letzten Satz nicht ganz rübergebracht... was gab es?", kam es grübelnd von Kai. "Stolpersteine.", wiederholte Joey lauter und hoffte, dass niemand in der Nähe des Zimmers war. "Was waren das für Stolpersteine?", fragte Kai pflichtbewusst. "Erst war da so ein Typ... ein Lehrer an Serenitys Schule, der... mich angemacht hat.", kam es stockend von dem Blonden. "Angemacht? Meinst du nach dem Motto, dass er dich auf einen Drink und mehr einladen wollte oder meinst du, dass er dich böse angefahren hat?", versuchte Kai Missverständnisse zu umgehen. "Ersteres. Er hat mich erst ziemlich heftig gemustert, als wir ihm in der Schule begegnet sind. Dann sind wir ins Kino und da ist er auch plötzlich aufgetaucht und hat gefragt, warum ich Joey heiß und ob der Name Takumi nicht besser zu mir passen würde und nach dem Kino ist er etwas zudringlicher geworden, aber mein Dad war zur Stelle und hat ihn verscheucht.", erzählte Joey von dem Lehrer. "Wie kam er denn auf den Namen Takumi?", wollte Kai wissen. Joey senkte seinen Kopf und blieb ihm eine Antwort schuldig. "Joey?" "Keine Ahnung... vielleicht seh ich aus wie ein Takumi?", log Joey. "Joey!", kam es in einem maßregelnden Tonfall von dem Psychologen, der 10.000 Kilometer entfernt war und dennoch sicher erkannte, dass der Blonde log. "Kann ich dir das erzählen, wenn wir uns wieder richtig sehen?", fragte Joey leise. "Klar, Joey... so, dass war ein Stolperstein... welche gab es denn noch?", hakte Kai sanft schmunzelnd nach. "Ähm... ich hab den Freund von meinem Dad kennen gelernt: Richard.", kam es bedächtig von Joey. "Erzähl mal...", forderte der Rothaarige sanft von ihm. "Er war erst zu 'nem Abendessen hier. Zu sehen, wie er und Dad miteinander umgehen... das war merkwürdig.", gestand der Blonde. "So?", versuchte Kai Joey zum Weiterreden zu bringen. "Ja... das mein Dad kein Mönch ist wusste ich ja... aber dann tatsächlich zu sehen, dass er mit jemand so... intim umgeht... das hat mich erst gestört.", erzählte Joey weiter. "Wäre es etwas anders gewesen, wenn dein Dad mit Marcia so umgegangen wäre?", wollte der Therapeut wissen. Joey zuckte mit den Schultern. "Eigentlich... haben sich diese Gesten und kleinen Berührungen kaum von dem unterschieden, wie er mit ihr umgeht...", meinte Joey schließlich. "Aber warum stört es dich, wenn er so mit Richard umgeht?", wollte Kai wissen. "Weil er ein Mann ist.", kam es plötzlich von dem Blonden, was ihn selbst überraschte. "Ich weiß nicht wieso... ich mein... ich bin schwul und ich wusste seit Oktober, dass Jack bi ist... aber das so in Action zu sehen...", rätselte Joey. "Verrückt nicht wahr?" "Nein... verrückt ist es nicht.", widersprach Kai sanft. "Aber warum stört mich das dann so? Kann ein Schwuler homophob sein?", fragte der Blonde seinen Psychologen. "Ich denke nicht, dass du homophob bist. Aber du hast mit Menschen in Vaterrollen ziemlich schlechte Erfahrungen gemacht. Könnte es daran liegen?", gab Kai zu bedenken. Joey dachte darüber nach. Jack als Vater... Dad zu sehen war ihm anfänglich nicht leicht gefallen, doch er hatte ihn schließlich als eben solchen akzeptiert. "Jack ist ein großartiger Dad.", meinte Joey. "Das ist er auf jeden Fall... aber jetzt ist er eine Person in deinem Leben, der auch ein aktives Sexualleben hat...", gab Kai eine Hilfestellung. "Was?", kam es überrascht von Joey, der seinen Kopf begann zu schütteln. "Nein... ich weiß, dass Jack nie so werden wird, wie der Alte, der im Knast verrottet." "Du weißt das, das ist richtig... aber fühlst du das auch?", gab der Therapeut zu bedenken. Joey horchte nachdenklich in sich hinein und tatsächlich: Tief in seinem Inneren fand er eine Angst davor, dass Jack als schwuler Mann ein Interesse an ihm entwickeln könnte. Beschämt ließ Joey seinen Kopf hängen. "Ich... ich weiß, dass er sowas niemals tun würde.", meinte Joey mit belegter Stimme. "Das sagt dir dein Verstand und er liegt damit auch richtig. Aber dein Gefühl ist von deinen Erfahrungen geprägt. Gib dir ein bisschen Zeit, dann wird dein Gefühl merken, dass es sich täuscht." Der Blonde nickte nur. "Und wie war das Weihnachtsessen?", fragte Kai interessiert nach. "Umfangreich.", meinte Joey leise und kurz noch abwesend, bevor er seinen Blick wieder hob und in die Kamera blickte. "Sehr umfangreich... wir haben noch zwei Tage davon gegessen." "Hattest du beim Essen Probleme?", wollte Kai behutsam wissen. "Nein... ich denke... mein Essproblem hat sich verabschiedet.", meinte Joey. "Das ist gut... Sollte es sich noch einmal melden, hab keine Scheu es zur Sprache zu bringen.", meinte der Rothaarige verständnisvoll. "Und was gab es sonst noch Neues?" "Se... Seto und ich... hatten Sex.", kam es wieder relativ leise und seine Wangen wurden rot. "Sex?", kam es überrascht von dem Psychologe. "Und wie war es?" "Anders als erwartet.", meinte Joey verlegen. "Seto... Seto hat sich auf mich gesetzt und ich war in ihm." "Und was hast du dabei empfunden?", wollte Kai behutsam wissen. "Es... war schön und Seto war dabei... so umwerfend und scheint es in vollen Zügen genossen zu haben.", kam es unsicher von Joey. "Warum hätte er es nicht genießen sollen?", fragte Kai überrascht. "Na ja... er hat doch auch... solche Erfahrungen, wie ich sie hab.", erklärte Joey und wurde dabei immer leiser. "Du meinst, dass er auch vergewaltigt wurde, genauso wie du?", hakte Kai nach. Joey sackte förmlich in sich zusammen. Er mied den Blickkontakt zu Kai. "Joey... wir haben schon darüber gesprochen, dass es wichtig ist, dass du das, was geschehen ist, als das bezeichnest, was es war." "Ja, sicher.", nuschelte Joey kaum zu hören. "Joey?", kam es erinnernd von Kai. "Das Mikro kann nur dann deine Sprache übertragen, wenn du zu ihm sprichst." "Wir... wir sollten für heute Schluss machen, bei dir ist schon recht spät.", meinte der Blonde ausweichend. "Joey... wir können noch ein wenig miteinander reden.", widersprach Kai. Doch der Blonde schüttelte den Kopf. "Danke, dass du dir in deinem Urlaub Zeit für mich genommen hast.", meinte Joey, ohne auf Kai einzugehen." "Joey.", versuchte Kai noch einmal einzuhaken. "D... das nächste Mal dann wieder in Japan.", kam es abschließend von Joey, der dann die Verbindung unterbrach und den Laptop ausschaltete. Er zog seine Beine auf das Bett und an seine Brust, die er dann mit seinen Armen umschlang. Er verbarg sein Gesicht an den Beinen. Wie er dieses Wort hasste. Kapitel 142: Rückschlag ----------------------- Kapitel 142 - Rückschlag "Wie war dein Gespräch mit Kai?", fragte Jack, als Joey endlich nach unten kam. "Wie immer.", wich Joey aus. Seto umarmte ihn von hinten und platzierte einen Kuss auf seinem Nacken, während er seine Arme um ihn schlang und an sich zog. "Also nicht so gut?", fragte Seto sanft und leise in Joeys Ohr. "Alles bestens.", bekräftigte Joey noch einmal und löste sich aus Setos Armen und wollte zum Frühstückstisch, an dem neben der Familie auch Richard saß. Joey stockte noch einmal kurz und blickte zu seinem Dad. Jack war absolut nicht mit diesem Wheeler-Abschaum zu vergleichen, der sein jämmerliches Dasein nun im Gefängnis fristete. Jack war erfolgreich, war bei Bekanntschaften sicherlich kein Verlierer und hatte derzeit eine feste Beziehung. Niemals würde Jack etwas tun, was er nicht wollte. Da war sich Joey wirklich sicher. Also nahm er dann zusammen mit Seto Platz am Tisch. "Joey, hättest du Lust mal wieder Schlittschuh zu fahren?", kam es freudig von Serenity und er blickte sie überrascht an. "Ich bin schon seit Jahren nicht mehr Schlittschuh gefahren.", gestand Joey mit einem Schmunzeln. "Dann wird es Zeit, dass wir das auffrischen.", meinte seine Schwester überschwänglich. "Willst du auf dem Teich fahren?", fragte Joey neckend. "Ach was... zur Zeit haben wir in der Innenstadt eine große Eisfläche, auf der man sich austoben kann. Ich war mit ein paar Freundinnen neulich schon fahren.", erzählte Serenity immer noch voller Begeisterung. "Wir wollen auch mit.", kam es laut von den Zwillingen, die ihre Arme simultan hochrissen. "Aber wir wollten doch gleich zum Friseur.", wandte Marcia ein, worauf die Zwillinge zu schmollen begannen und auf ihre kindliche Art das Haare schneiden verdammten. Jack musste breit grinsen. Definitiv seine Kinder, ging es ihm durch den Kopf. "Und Seto und ich wollten noch in einen Laden in der Innenstadt, wir würden dann nachkommen.", meinte Mokuba und grinste breit wie ein Honigkuchenpferd. Fragend blickte Joey zu Seto der nur leidig lächelte und mit den Lippen tonlos das Wort 'Spielzeugladen' formte. Jetzt musste auch Joey schmunzeln. So erwachsen wie Mokuba in den letzten Wochen auch gewirkt hatte, er war eben doch noch ein 14-Jähriger. Würde Touji nicht an der Eisfläche stehen und ein wachsames Auge auf sie haben wäre Joey bereits drei Mal in Panik geflüchtet. Die Eisbahn war gerammelt voll und man hatte nur die Möglichkeit mit dem Strom in eine Richtung zu fahren. Ein Richtungswechsel war kaum möglich und selbst dabei wurde Joey ständig angerempelt. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und dennoch versuchte er zu lächeln und Serenity ihren Spaß zu lassen. In dem Moment kam sie von hinten und fiel förmlich an seinen Rücken, bevor sie sich lachend um ihn wand und vor ihn schob. Joey wäre fast das Herz stehen geblieben "Oh man, ist das voll hier. Die ganzen letzten Wochen war es nicht einmal halb so voll gewesen.", meinte sie vergnügt. "Tja, scheinbar haben jetzt mehr Leute Zeit ihrem Hobby zu frönen.", meinte Joey und versuchte gelassen zu klingen. Dann wurde er erneut von hinten angerempelt und einige jüngere Teens zogen an ihnen vorbei. Joey war erneut heftig zusammen gezuckt. "Komm, wir machen eine Pause.", kam es sanft von Serenity. "Was? Wir sind doch eben erst drauf und wenn wir jetzt runter gehen müssen wir gleich noch mal bezahlen, wenn wir auf das Eis wollen.", wandte Joey ein. "Aber ich seh dir doch an, dass du dich nicht wohl fühlst.", merkte Serenity an. "Ach was... ich komm aus Japan, ich bin solche Menschenmassen gewohnt.", winkte der Blonde ab und unterschlug, dass er die letzten Monaten nur dann aus dem Haus gegangen war, wenn es unbedingt notwendig gewesen war. "Und selbst wenn... ich brauch jetzt eine Pause.", damit zog sie ihn zum Ausstieg, dem sich Touji auch genähert hatte. Sie zogen die Schlittschuhe aus und ihre normalen Straßenschuhe an, dann zog sie ihren Bruder in ein nahes Cafe von dem man auf die Eisbahn schauen konnte. "Kommen Sie, setzen sie sich zu uns.", bat Serenity Touji freudig. Dieser wollte ablehnen, doch ein Blick seines Schützlings verriet dem Personenschützer, dass das wohl keinen Sinn hatte. Also nahm er auch an dem Tisch Platz. "Und seit wann begleiten Sie meinen Bruder schon?", fragte sie den Mann. "Nitty.", kam es maßregelnd von dem Blonden. "Du kennst Touji doch, er war mit uns im Oktober doch schon immer unterwegs." "Ja, ich weiß, aber ich weiß so gut wie nichts von dem Mann, der auf dich Acht gibt.", erklärte Serenity. "Was willst du denn da groß wissen?", kam es irritiert von Joey. "Ich möchte mir nur ein Bild von dem machen, der dich begleitet.", meinte sie etwas genervt. "Touji ist professionell, erfahren und ich vertrau ihm. Was willst du da mehr wissen?", kam es ebenso genervt von Joey. Serenity blickte ihn mit großen Augen auf einmal an und lächelte sanft. "Du vertraust ihm?", hakte sie nach. "Ja.", antwortete Joey sofort. "Natürlich vertrau ich ihm." "Aber womit hat er dein Vertrauen verdient?", wollte die Brünette wissen. "Damit, dass er mich vor dem Säufer gerettet hat.", zischte Joey und wurde langsam ungehalten, weil er darüber nicht wirklich reden wollte. "Wie jetzt?", fragte Serenity, die davon nichts wusste. "Der Alte hat mir aufgelauert, kurz nachdem ich zu arbeiten angefangen hatte. Er hat mich in eine Gasse gezogen und zusammen geschlagen. Da ist Touji dazwischen und hat ihn außer Gefecht gesetzt.", erzählte Joey kurz angebunden. "Wieso weiß ich davon nichts?", wollte Serenity empört wissen. "Weil es nicht wichtig war.", entgegnete der Blonde. "Das unser Vater dich auf offener Straße aufgelauert und verprügelt hat ist nicht wichtig?", widersprach sie ihm indirekt und langsam böse werdend. "Was willst du eigentlich gerade, Nitty?", platzte es aus Joey. "Das du offen und ehrlich zu mir bist.", giftete Serenity plötzlich über den Tisch, als die Kellnerin kam und die Getränke servierte, die sie beim Reinkommen schon geordert hatten. "Das bin ich doch.", keifte Joey zurück. "So? Du erzählst mir gar nichts... alles muss ich dir mühsam aus der Nase ziehen und selbst dann scheinst du mir aus einem wahnwitzigen Bedürfnis mich beschützen zu wollen nur die Hälfte zu erzählen.", fauchte die Jüngere. "Das ist doch gar nicht wahr.", konterte Joey. "Ach nein? Warum redest du dann nie mit mir über das, was Vater dir alles angetan hat?", fragte sie etwas ruhiger, während sie sich nach hinten gegen die Rückenlehne fallen ließ. Joey senkte seinen Blick auf seine Tasse mit heißer Schokolade. "Das... liegt nicht an dir... das liegt daran, dass ich mit niemanden darüber rede.", kam es leise von dem Blonden, der seine Hände unter den Tisch in sein Schoss legte und sie dort verschränkte. Serenity stand auf und setzte sich neben Joey. Sanft legte sie einen Arm um dessen Schulter und die andere auf die Hände ihres Bruders. "Brüderchen... das ist doch nicht gesund, alles in sich hinein zu fressen.", meinte sie besorgt und wesentlich sanfter. "Ich arbeite mit Kai an all dem.", kam es leise von Joey, der weiterhin auf seine Hände starrte. "Ich liebe dich, warum lässt du mich dir nicht helfen?", fragte sie liebevoll. "Du kannst mir alles erzählen... alles." "Nein, dass kann ich nicht.", kam es noch leiser von Joey. "Warum nicht?", wollte Serenity verwirrt wissen. "Weil... weil dann alles, was ich dir erzählen würde, einen Grad an Realität gewinnt, die ich nicht mehr leugnen kann.", erklärte Joey mit brüchiger Stimme. "Aber es ist doch real, Brüderchen... das kannst du dir nicht wegwünschen oder ignorieren.", meinte sie vorsichtig und streichelte Joey sanft über die Hände. "Ignorieren funktioniert eigentlich ganz gut.", meinte Joey leise. "Dummes Brüderchen.", tadelte sie ihn sanft. "Wieso willst du diesen Schmerz nicht loslassen?" "Was bin ich schon ohne meinen Schmerz?", kam es resigniert von dem Blonden. "Ohne deinen Schmerz könntest du endlich glücklich werden.", flüsterte Serenity ihm liebevoll ins Ohr. Eine Träne perlte über Joeys Wange, die von Serenity vorsichtig weggewischt wurde. "Ich möchte, dass du mit mir über alles redest, mir erzählst was er alles mit dir gemacht hat. Ich bin deine Schwester, also lass mich bitte für dich da sein." Er lehnte sich mit seiner Stirn an die Stirn seiner Schwester. Ihr alles erzählen? Das konnte er nicht. Würde es nie können. Sie sollte ihn nicht so sehen, wie er all die Jahre gewesen war. "Komm, lass uns noch mal auf die Eisbahn gehen.", wollte er das Thema wechseln, doch sie hinderte ihn daran aufzustehen. Strich ihm sanft über die Wange. Scheinbar hatte sie die Wahrheit in seinen Augen gesehen und seufzte leise. "Seto und Mokuba sind da.", meinte sie leise und nickte aus dem Fenster in Richtung Eisbahn, wo Seto aus der Menge der Zuschauer heraus stach. Dann zog sie ihr Handy und wählte die Nummer von Mokuba, um ihm zu sagen, wo sie waren, bevor sie wieder auf ihren Platz rückte. Kapitel 143: Nachbesprechung ---------------------------- Kapitel 143 - Nachbesprechung Joey lag in Setos Arm, der ihn sanft kraulte. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen und Joey war nur froh, dass er vorüber war. Noch einmal würde er sich nicht zu so einem Publikumsmagneten, wie die Eisbahn, ziehen lassen. Die Worte seiner Schwester spukten in seinem Kopf herum. Beschäftigten ihn noch immer. "Worüber grübelst du denn so?", fragte Seto sanft. "Nichts... nichts Wichtiges.", wiegelte Joey ab. "Aber doch so wichtig, dass du nicht schlafen kannst.", wandte der Brünette ein. "Ich hatte da vorhin ein Gespräch mit Nitty.", antwortete Joey gedankenverloren. "Worüber denn?", hakte sein Freund sanft nach. "Darüber, dass ich ihr ALLES erzählen soll.", kam es leise von dem Blonden. "Oh.", war alles, was Seto darauf sagte und genau damit die Aufmerksamkeit von Joey auf sich zog. Dieser hob seinen Blick zu ihm und blickte ihn fragend an. "Oh?", wiederholte er nur fragend. "Na ja... sie sollte doch wissen, dass du mit ihr nicht darüber reden möchtest.", erklärte Seto leise. "Ja, sollte sie... aber scheinbar will sie sich damit nicht abfinden.", erwiderte Joey, der seinen Kopf wieder an Setos Brust legte. "Ich mein, ich kann sie verstehen. Wenn Mokuba durch die Hölle gegangen wäre, würde ich auch alles wissen wollen, damit ich ihm helfen kann.", fuhr Seto fort. Wieder hob Joey seinen Blick. "Um ihm zu helfen oder weil du die Ungewissheit nicht ertragen könntest?", wollte der Blonde nun spitzfindig wissen. "Vielleicht beides.", kam es ehrlich von dem jungen Geschäftsmann. "Aber wie soll es Mokuba helfen, wenn er dir alles erzählt? Er würde sich dadurch nur noch gedemütigter fühlen, als er es durch solche Erfahrungen ohnehin schon tun würde.", wandte Joey ein. "Ich kann nur von mir aus gehen: Es hat mir gut getan mit Kai über all den Scheiß zu sprechen, den ich durch Gozaburo ertragen musste. Ja, ich hab mich am Anfang gesperrt und dachte, es wäre eine Schwäche, über die ich nicht reden dürfte... aber... es war sehr befreiend offen über alles zu reden.", erzählte Seto. Joey begann mit seinen Fingerspitzen kreisförmig über Setos Brust zu streichen. Tatsächlich hatte er die gleiche Erfahrung mit Kai gemacht: Nachdem Seto ihn überzeugt hatte mit Kai über seine Kindheit und Jugend zu sprechen hatte vieles, was bei ihm blanker Horror ausgelöst hatte, durch das Sprechen seinen Schrecken verloren. Es wäre gewagt gewesen zu sagen, er hätte mit Kai schon den gesamten, langjährigen Missbrauch durch seinen Vater durch, doch einige heftige Dinge... "Würde es dir leichter fallen über alles zu sprechen, wenn ich dich mit Kai alleine lassen würde?", wollte Seto plötzlich wissen. Wieder blickte Joey zu ihm auf. "V... vielleicht ein oder zwei Sitzungen... aber... nicht dauerhaft.", meinte Joey leise. Seto lächelte ihn sanft an und küsste seinen Streuner auf die Stirn. "Dann lass es uns so machen: Wenn wir wieder Zuhause sind begrüßen wir beide Kai, pflegen etwas Smalltalk und dann lass ich euch alleine. Warte im Wohnzimmer, so dass du mich jederzeit rufen kannst, wenn was ist. Wäre das eine Idee?", schlug der Brünette sanft vor. Joey nickte und schmiegte sich wieder bequemer an seinen Drachen. Dieser schlang nun mehr als zufrieden den zweiten Arm um ihn. Als Seto in Jacks Arbeitszimmer kam schloss er hinter sich die Tür. Dann nahm er Jack gegenüber vor dem Schreibtisch Platz. "Wie sieht's aus?", wollte Seto wissen. "Also meine Leute haben rausgefunden, dass diese DVDs nur in Nordamerika vertrieben wurden: Also hier in den USA und in Kanada. Allerdings war die Auflage relativ klein: Es wurden nur knapp 100.000 DVDs insgesamt aufgelegt, also 15.000 pro DVD. Vertrieben wurden sie für 29,95 US-Dollar. Nachbestellen ist nicht möglich, da die Firma, die sie aus Japan nach Nordamerika exportiert hat seit September nicht mehr auf Anfragen reagiert. Bislang konnte ich knapp 25.000 DVDs erwerben und vernichten.", berichtete Jack Seto sachlich, als würden sie über die Konditionen eines Vertrages reden. "Und das nach nur einer Woche?", fragte Seto erstaunt. "Wir haben alle möglichen Verkaufsstellen explizit nach diesen DVDs angefragt und das war, was wir bislang gefunden haben. Ich denke viele Händler sind erst im neuen Jahr wieder im Geschäft und werden sich noch melden und ein Teil ist bereits im Privatbesitz. Da man in diesen Geschäften selten mit Kreditkarte zahlt, sondern eher bar, ist es völlig unmöglich heraus zu finden, wer diese DVDs erworben hat. Aber ich habe in einschlägigen Foren und Tauschbörsen die Nachricht verbreiten lassen, dass es sich dabei um kinderpornographisches Material handelt und allein der Besitz strafbar ist. Das wird sicherlich einige dazu bringen sie von sich aus zu vernichten.", führte er weiter aus. "Meine Leute in Japan haben den Vertrieb dieser DVDs ausfindig gemacht. Die Firma war direkt von der Gumi, die dank dem alten Wheeler hochgenommen worden ist, betrieben. Da die Gruppe geschlossen einsitzt wird die Firma nicht mehr betrieben. Ich hab allerdings jemand beauftragt, herauszufinden wo die Originalaufnahmen aufbewahrt werden. Vielleicht haben wir Glück und können diese finden und zerstören, so dass es auch keine weiteren Auflagen dieses Drecks geben kann.", meinte nun Seto seinerseits, der auch nicht untätig geblieben war. "Das wäre super... sag mal, Seto, findest du nicht, dass wir mit Joey darüber reden sollten?", fragte Jack nun seinerseits, der aufstand und in zwei Gläser einen Schluck edlen Tropfen einfüllt. Eines der Gläser hielt er Seto hin. Dieser nahm das Glas entgegen und schüttelte den Kopf. "Du hast doch bei seinem Albtraum gesehen, wie er darauf reagiert, wenn wir ihn damit konfrontieren. Was meinst du, wie wird er reagieren, wenn er erfährt, dass wir wissen, womit sie ihn ruiniert haben? Er will nicht, dass wir von diesen DVDs wissen und solange er nicht bereit ist, von sich aus mir davon zu erzählen, werde ich ihn damit nicht konfrontieren.", wiegelte Seto ab. "Aber vielleicht würde es auch den Knoten endlich lösen, wenn er sieht, dass er uns nichts mehr verheimlichen muss.", wandte Jack ein und nippte an seinem Drink. "Das Risiko ist mir zu groß. Ich will ihn nicht verlieren. Schon gar nicht, weil ihn seine eigene Scham überwältigt und flutet.", meinte Seto leise, bevor er seinen Drink exte. Der Alkohol brannte in der Kehle und ein trockenes Husten kam von ihm. Er hasste Alkohol. "Hm... verstehe... okay... dann lassen wir es vorerst wie gehabt.", stimmte Jack schließlich zu. "Gut.", meinte Seto, der aufstand und Richtung Tür ging. "Jack...? Hast du dir eine der DVDs angeschaut?" "Nein.", antwortete der Ältere sofort und ohne zögern. Natürlich wollte er wissen, was man mit seinem Sohn gemacht hatte, aber sich das Material anzuschauen... das war ihm nicht richtig vorgekommen, also hatte er es gelassen. "Gut... sei so gut... verzichte auch weiterhin darauf.", meinte Seto und verließ dann das Büro seines Schwiegervater in spe. Kapitel 144: Ein Ende... ------------------------ Kapitel 144 - Ein Ende... Die dunkle Hose und das Hemd sahen fremd an Joey aus, wie er selbst befand. Und das nach sechs Jahren Schuluniform, ging es ihm kichernd durch den Kopf. Obwohl seine Schulzeit gerade mal ein halbes Jahr zurück lag, kam es ihm wie Jahre vor. Aber schon damals hatte er sich um das Hemd so oft es ging gedrückt gehabt. Na ja... teilweise auch, weil es entweder schmutzig oder kaputt war und er sich kein neues im Schulshop kaufen konnte. Und im Büro trug er doch auch Hemden. Doch jetzt, während er sich im Spiegel betrachtete, kam er sich wie ein Betrüger vor. Wie jemand, der vorgab jemand zu sein, der er nicht war. Dann sah er in der spiegelnden Oberfläche, wie sich zwei Arme um seine Taille schlangen und Seto hinter ihm erschien. Er lächelte ihn glücklich über den Spiegel an. "Was für ein hübscher und adretter junger Mann ich mir da gefangen habe.", kam es mit einem leicht anzüglichen Tonfall von dem Brünetten. Joey musste unwillkürlich lächeln. Das musste er immer, wenn Seto so altbacken formulierte. "Hübsch und adrett?", wiederholte der Blonde mit einem deutlich zweifelnden Ton in der Stimme. "Aber sicher... schau dir nur dieses Gesicht an... und erst diesen sexy Körper... Ich muss mich regelrecht beherrschen, um dir die Klamotten nicht sofort wieder vom Körper zu schälen und dich in das Bett zu zerren.", bekräftigte Seto seine Aussage. Joeys Lächeln wandelte sich in ein Grinsen. "Halt dich nicht zurück.", grinste Joey, dem es nur Recht gewesen wäre, wenn er eine Ausrede gehabt hätte, jetzt nicht nach da unten zu den anderen zu müssen. "Deine Schwester würde mich platt machen, wenn ich dich jetzt so vereinnahmen würde.", meinte Seto schmunzeln und küsste Joey auf dessen Nacken. Joeys Grinsen milderte sich wieder zu einem Lächeln ab, bevor es ganz verschwand. "Vermutlich.", meinte er nur. Als sie endlich im Erdgeschoss ankamen, kamen die Zwillinge, die auch etwas heraus geputzt waren, angeschossen und sprangen Joey sofort in die Arme. "Da bist du ja.", kam es erleichtert von Grace. "Gracy hat schon Angst gehabt, dass du nicht runter kommen würdest.", meinte James. "Gar nicht wahr... du hattest Angst.", protestierte Grace sofort. Joey musste lächeln. "Jetzt bin ich ja da.", meinte er nur sanft, bevor die beiden sich wieder an ihn drückten. Für ihn war es immer noch ein Rätsel, wie die zwei einen ihnen eigentlich Fremden, so schnell als Bruder akzeptieren und mit ihm so vertraut umgehen konnten. Aus den Lautsprechern der Anlage drang fröhliche Musik und Serenity saß mit Mokuba auf einem Sessel und knutschte mit ihm. Richard war auch da und schien gerade mit Jake zur Musik zu tanzen, während Marcia gerade aus der Küche kam und mehr Knabberkram und Getränke brachte. "Ach da seid ihr zwei ja... die Kids haben sich schon Sorgen gemacht.", meinte sie gutmütig und strich dann Joey zärtlich über die Wange, nachdem sie eine frei Hand hatte. "Alles in Ordnung, Großer?" Joey nickte nur. Marcia war wirklich die Art von Mutter, die er sich immer für Serenity gewünscht hatte. Das er so eine auch gerne gehabt hätte kam ihm allerdings nicht in den Sinn, denn er sah sich schon seit Jahren als jemand, der keine Mutter hatte. Aber wenn er sich eine aussuchen müsste, dann würde er so eine wie Marcia wählen. Als Serenity eine Atempause vom Knutschen machte und sie ihn sah sprang sie quietschend auf. Mit drei Hüpfer war sie bei ihm und zog ihm ein Mini-Zylinder aus buntem Glizerpapier auf. "Hier.", meinte sie nur sanft. "Damit siehst du perfekt aus." Als sie Seto auch so einen Hut aufsetzen wollte funkelte er sie streng an und sie ließ ihr Vorhaben sofort fallen. Ein neues Lied begann zu spielen und Serenity quietschte erneut auf, schnappte sich die Hände ihrer jüngeren Halbgeschwister und zog sie zu ihrem Dad und dessen Freund, um mit den Kleinen zu tanzen. "Kommt sie dir... nicht komisch vor?", kam es verblüfft von dem Blonden. "Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich vermuten, dass sie betrunken ist.", stimmte Seto leise zu. "Wie kann man in eurem Alter schon so verkniffen sein.", kam es plötzlich von Mokuba, der unbemerkt von den beiden plötzlich hinter ihnen stand. Die beiden drehten sich zu ihm und sahen ihn fragend an. "Ihr seid jung, habt doch mal etwas Spaß. Das hier ist schließlich ne Party.", meinte Mokuba breitgrinsend. "Und das von einem Dreikäsehoch.", kam es neckend von Joey. "Hey... ich mag ein Dreikäsehoch sein, aber ich sperr mich an Silvester nicht in mein Zimmer ein, nur weil ich Gefahr laufen könnte, mich zu amüsieren.", gab Mokuba zurück. "Mokuba.", rügte Seto ihn sofort streng. Joey legte seine Hand auf Setos Brust. "Nein... schon gut... Mokuba hat ja Recht.", meinte Joey mit einem zaghaften Lächeln. "Also komm... wir holen uns was von dem Punsch und ein paar Happen und... dann tanzen wir n bisschen." Verblüfft sahen Seto und Mokuba den Blonden an, der sich zwischen ihnen durch schob und zum Buffet ging, auf dem die große Schale mit Punsch stand. Mit der Kelle füllte er zwei Becher und reichte Seto dann einen, der mittlerweile zu ihm aufgeschlossen war. "Hey... du musst das nicht tun, nur weil Mokuba dir dumm gekommen ist.", meinte Seto behutsam. "Nein, schon gut... ich hab es satt die trübe Tasse vom Dienst zu sein. Das rohe Ei, um das jeder schleicht, damit es ja nicht kaputt geht. Ich hab mich früher auch amüsieren können und sowas verlernt man schließlich nicht.", meinte er und nippte an seinem Becher, bevor er sein Gesicht verzog. "Da ist doch gar kein Alk drin." "Natürlich nicht.", meinte Marcia lächelnd. "Immerhin seid ihr alle noch nicht volljährig." Ach stimmt, ging es Joey durch den Kopf. In Amerika durfte man erst mit 21 Alkohol trinken. Nicht, dass das Alter von 20 in Japan da viel früher war. Offiziell zumindest nicht. Was Honda und ihn nie daran gehindert hatten sich Bier zu besorgen und hin und wieder irgendwo in einem Park an einer ruhigen Stelle zu sitzen und es zu trinken. Nachdem auch Seto an dem Punsch genippt hatte nahm Joey ihm seinen Becher weg, stellte diesen mit dem eigenen auf dem Tisch ab und zog ihn zu Serenity, den Zwillingen, sowie zu Jack und Richard in den Teil des Wohnzimmers, der wohl als Tanzfläche gedacht war. "Dann lass mal die Sohlen qualmen.", meinte Joey breitgrinsend und Seto nickte nur. Dann tanzten die beiden mit den anderen ein wenig. Der Abend war schon weit voran geschritten. Sie hatten mit wechselnden Partnern getanzt, sich hier und da Erfrischungen geholt oder etwas von den vorbereiteten Happen vertilgt. Joey tanzte gerade das dritte Mal mit Marcia, als Seto zu ihnen trat, Marcia auf die Schulter tippte und sie anlächelte. "Darf ich abklatschen?", fragte er höfflich und sie nickte nur, während sie sich von Joey löste und zur Seite trat. "Aber sicher doch. Viel Spaß Jungs.", meinte sie etwas außer Atem und zog sich zurück zum Buffettisch, um zu schauen, ob etwas aufgefüllt werden musste. Die Zwillinge saßen derweil auf der Couch, mampften an einem Sandwich und schauten den anderen beim Tanzen zu. "Du siehst heute wirklich großartig aus.", flüsterte Seto seinem Geliebten ins Ohr. "Ich hab dich schon lange nicht mehr so ausgelassen gesehen." "Ja, ich weiß... ich war in den letzten Monaten mehr als anstrengend.", meinte Joey schmunzelnd. "Das hab ich nicht gesagt.", berichtigte Seto sofort. "Du hast ne Menge durchgemacht und hast immer noch viel zu verarbeiten. Das du da nicht wie ein Honigkuchenpferd durch die Welt trabst ist nur allzu verständlich." Joey legte seine Lippen auf die seines Geliebten. Er liebte Seto über alles. Daher wurde sein Leben oft von der Angst beherrscht, was geschehen würde, wenn Seto ihn irgendwann überdrüssig wurde. Doch in Momenten wie diesem war diese Angst einfach fort. Wie damals bei dem Abschlussball, den Seto in der Villa organisiert hatte. Seto erwiderte den Kuss und genoss es, dass er das mittlerweile mit Joey tun konnte, ohne dass es diesen triggerte. Das war nach dessen Entführung ein langer Weg gewesen. Die Zwillinge quietschten entzückt, weniger weil sie es schön fanden, dass die beiden sich küssten, als vielmehr, weil sie dieses Verhalten bei Serenity gesehen hatten und es nun imitierten. James sprang von der Couch, ging zu Serenity und Mokuba und zupfte an Mokubas Bein, da er ihm noch nicht auf die Schulter tippen konnte. "Darf ich abklatschen?", fragte er und wiederholte den Satz, den er von Seto heute Abend gelernt hatte. Mokuba grinste und nickte, machte James Platz, der sich an Serenity klammerte, während sie dann lächelnd mit ihm schunkelte. Mokuba ging zur Couch und verbeugte sich gespielt vor Grace. "Mylady... darf ich dich zu einem Tanz bitten.", fragte er die Kleine, die ihn trocken ansah. "Nö, mir tun die Füße weh.", kam es ehrlich von der Kleine, was Mokuba kurz verblüfft zu ihr schauen ließ, bevor er lachen musste. "Okay...", meinte er gut gelaunt, bevor er sich einen weiteren Becher von dem Punsch holte. Marcia war gerade dabei einiges von dem benutzten Geschirr zusammen zu räumen. Da ging der Halbwüchsige zu ihr und hielt ihr auffordernd und einladend die Hand hin. "Darf ich die Gastgeberin auf einen Tanz bitten?", fragte er freundlich. Marcia sah ihn überrascht an, bevor sie ihre Hand in die Mokubas legte und sie zur Tanzfläche gingen. Irgendwann hatte Jack dann Grace doch noch auf die Tanzfläche bekommen und schunkelte mit ihr auf seinem Arm, während Richard sich kurz ausruhte. Doch mitten im Lied wurde die Lautstärke langsam runtergefahren, bis die Musik verstummte. "Meine Damen und Herren: In einer Minute ist Mitternacht.", kündigte Richard gutgelaunt an. Marcia, die mittlerweile mit James tanzte, nahm Jack die halbschlafende Grace ab. So konnte Richard wieder seinen Platz einnehmen. Auf dem großen Flachbildschirm lief ein Countdown runter und als er bei 0 ankam erschienen auf dem Monitor einige Animationen von Feuerwerksraketen. Auch draußen die Nacht wurde von Raketen und Leuchtkugeln erhellt, sowohl in der nahen Stadt, als auch von der automatischen Abschussanlage, die Jake extra für heute hatte aufbauen lassen. Die Pärchen küssten sich, bevor sie die anderen begannen zu umarmen und allen ein gutes neues Jahr zu wünschen. Das alte Jahr mit all dem Horror und dem Schmerz war endlich zu Ende und Joey war schon gespannt, wie das neue Jahr werden würde. In einem Punkt war er sich aber sicher: Das neue konnte nur besser werden. Kapitel 145: Erneuter Abschied ------------------------------ Kapitel 145 - Erneuter Abschied Die Zwillinge und Serenity lagen jetzt fast seit einer Stunde auf Joey. Seit er mit seinen Koffern von oben herunter gekommen und die Abreise der drei Japaner dadurch umso deutlicher unmittelbar bevorstand. Immer wieder bekundeten die drei, dass sie ihn furchtbar vermissen würden. Der Blonde empfand diesen Moment als wundervoll und schön. Er konnte nicht genau erklären, warum das so war, aber allein zu spüren, dass es Menschen gab, die ihn nicht gehen lassen wollten, steigerten sein Selbstwertgefühl enorm. "Kinder.", kam es schließlich maßregelnd von Jack. "Er wird ja wiederkommen." "Nein... er soll erst gar nicht fort.", begehrte sofort James auf. "Genau... bleib hier, Joey.", bat Grace mit herzzerreisender Stimme und einem Blick, der selbst Mokubas Hundeblick in den Schatten stellte. "Oooh, ihr beiden.", kam es leidend von Joey. "Das geht nicht... aber wir kommen ganz bald wieder. Das versprech ich euch." Daraufhin pressten sich die beiden Zwillinge noch fester an ihn, bevor nach einigen Minuten Marcia kam und die beiden von ihm lösten. "So, geht euch von Mokuba verabschieden.", meinte sie mütterlich streng. Dann half sie Joey sich aufzusetzen und aufzustehen. "Darf ich dich zum Abschied in den Arm nehmen?" "Sicher, wenn du magst.", kam es verlegen lächelnd von Joey, bevor Marcia ihn dann in ihre Arme zog und ihn kurz, aber fest an sich drückte. "Vergiss nie, dass du hier eine Familie hast... egal was ist, du bist hier immer willkommen.", flüsterte sie ihm sanft ins Ohr, bevor sie ihn auf die Wange küsste und ihm dann mütterlich in die Augen sah. "Wir alle freuen uns schon auf das nächste Mal, wenn du uns besuchen kommst." Joey lächelte sie ehrlich glücklich an und war ihr für die lieben Worte so dankbar. Dann nickte er. "Danke, Marcia.", meinte er nur leise. Sie legte noch einmal ihre Hand an seine Wange und löste sich dann von ihm. Sie fing die Zwillingen ab, die gerade von Mokuba zurück kamen und sich erneut an Joey werfen wollten, und verließ mit ihnen den Raum. Das passte keinem der beiden, die dann prompt anfingen zu weinen. Serenity hatte sich Seto zugewandt und umarmte diesen lange. "Danke, dass du dich so gut um ihn kümmerst.", meinte sie leise zu ihm. "Wie könnte ich nicht, ich liebe ihn.", erwiderte Seto ebenso vertraut. "Pass bitte weiterhin gut auf ihn auf, ja?", fügte die Brünette besorgt hinzu. "Werd ich.", meinte Seto sanft. "Und du... sei bitte nicht enttäuscht, wenn dein Bruder nicht mit dir über das, was der Mann, den ihr so lange für euren Vater gehalten habt, ihm angetan hat, reden kann. Du bist seine kleine Schwester und vor unseren jüngeren Geschwister wollen wir nicht schwach oder gedemütigt wirken." Sie drückte sich noch einmal fester an Seto und nickte. "Ist gut.", kam es leise von ihr, bevor sie sich dann endgültig von Seto löste. Sie versuchte zu lächeln, aber eine Träne löste sich bei ihr. Vorsichtig strich Seto sie ihr weg. "Irgendwann... wird er das vielleicht können.", meinte Seto tröstend. "Ich hoffe es.", meinte sie leise, bevor sie sich von Seto abwand und direkt von Mokuba in Empfang genommen wurde. Sie küsste ihn verliebt und lang. Derweil war Joey zu Seto gekommen und lehnte sich an ihn an. "Man, da kann man glatt vom Zuschauen rot werden.", meinte er leicht belustigt zu Seto, der nur lächelte. "Tja...", kam es nur von Seto, als die Haustür aufging und Jack reinkam. Er hatte das Gepäck der drei schon zum Auto gebracht. Durch die geöffnete Tür konnte man Richard am Wagen stehen sehen. "Himmel, nehmt euch ein Zimmer.", kam es überrascht von Jack. "Nein, nehmt euch kein Zimmer. Ihr müsst euren Flugplan einhalten." Nur äußerst widerwillig lösten sich die beiden Teens voneinander. Serenity hatte Tränen in den Augen. "Wir skypen, ja?", meinte sie mit einem verzweifelten Unterton zu Mokuba, der versuchte zu lächeln und nickte. "Klar... morgens skypst du mit Joey, und abends mit mir.", meinte Mokuba aufbauend. Er wusste, dass es in Japan genau anders herum war: Serenitys morgendlicher Anruf würde Joey am Abend ereilen, während der Abendliche ihn am Morgen nach dem Aufstehen erreichen würde. Er würde sogar mit Freude früher aufstehen, damit sie mehr Zeit zum Skypen haben würden. Dann küsste er seine Freundin noch einmal kurz, aber leidenschaftlich, bevor er sich von ihr löste und das Haus verließ. Seto folgte ihm. Dann standen sich Serenity und Joey alleine gegenüber, denn auch Jack war wieder nach draußen ans Auto gegangen. "Ich werd dich unglaublich vermissen, Brüderchen.", meinte sie traurig. "Oh, Schwesterchen... ich werde dich ebenso vermissen, wenn nicht sogar mehr.", meinte Joey und zwang sich zu lächeln. Dann nahm er sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Er wollte sie nicht loslassen und schon gar nicht sie zurück lassen. Doch er wusste, dass sie es hier gut hatte und geliebt wurde. Hier hatte sie das, was ihre Eltern ihnen weder vor, noch nach der Scheidung hatte geben können: Eine familiäre Umgebung. Nur langsam lösten sie sich von einander. "Ich freu mich auf unsere Skype-Gespräche.", meinte er sanft und strich ihr erneut die Tränen von den Wangen, bevor er ihr einen Kuss auf diese gab. "Ich hab dich lieb, Schwesterchen." "Ich hab dich auch lieb, Brüderchen.", meinte sie, bevor sie ihn schließlich gehen ließ. Er verließ das Haus, zog hinter sich die Tür zu und sprang dann in den Wagen. Dort zog Seto ihn sofort in seinen Arm, während Jack den Wagen in Bewegung setzte und sie sich auf zum Flughafen machten. Die ganze Fahrt über hatte ein unangenehmes Schweigen geherrscht. Joey hatte all seine Kraft gebraucht sich zusammen zu reisen. Mokuba schniefte derweil leise. So cool wie er oft wirken wollte, so sehr nahm ihn die zeitweilige Trennung von seiner Freundin mit. Schließlich erreichten sie den Flughafen und fuhren zu dem Hangar, vor dem Setos Jet bereits stand und von den Piloten gewartet wurde. Jack parkte den Wagen so, dass sie keinen weiten Weg hatten, er aber auch nicht im Weg stand. Kaum stand der Wagen kam ein Flughafenmitarbeiter herbei geeilt und räumte das umfangreiche Gepäck aus dem Kofferraum aus und brachte es zum Jet. Dort verräumte er es sorgfältig und verschwand dann anschließend. Sie stiegen aus und Mokuba war der erste, der sich von Jack verabschiedete. Richard hielt sich höflich im Hintergrund. Dann bestieg Mokuba die Treppe zum Jet. Der zweite, der vor Jack trat, war Seto. Er reichte ihm die Hand und lächelte. "Danke für die Gastfreundschaft.", meinte er zu dem Älteren. "Dafür musst du dich nicht bedanken... wir haben uns sehr gefreut, euch bei uns zu haben und hoffen, dass ihr vielleicht zu Ostern wieder hier sein werdet.", meinte Jack ehrlich. "Ich denke, dass lässt sich einrichten.", meinte Seto und machte dann den Platz für Joey frei. Dieser trat vor seinen Dad und umarmte ihn zögerlich und etwas unsicher. Dieser erwiderte die Umarmung seines Erstgeborenen. "Wir sind nur einen Katzensprung von euch entfernt. Wenn irgendetwas ist sind wir nur einen Anruf entfernt.", flüsterte Jack seinem Sohn in das Ohr. "Danke, Dad...", erwiderte Joey mit belegter Stimme. Er genoss es, dass sein Dad ihn fest im Arm hielt und gar keine Anstalten machte, ihn loszulassen. "Ich bin sehr, sehr stolz auf dich, Joey...", meinte Jack väterlich. "Und ich lieb dich, mein Sohn." Joey presste sein Gesicht an die Brust seines Dads. Warum machte er es ihm so schwer, die Fassung zu wahren. "Ich... ich hab dich auch sehr lieb, Dad... und die Zwillinge... und Marcia.", erwiderte Joey leise. Dann musste er sich von ihm lösen, denn der Pilot startete den Motor des Flugzeuges. Es wurde Zeit. Mit schwerem Herzen stieg Joey ein und konnte sich dann nicht länger beherrschen. Seto zog ihn zu sich und gab ihm den Halt, den sein Freund jetzt brauchte. Kapitel 146: Kalte Wut ---------------------- Kapitel 146 - Kalte Wut Seto knirschte mit den Zähnen. Er saß alleine auf der Rückbank seines Wagens, der von Fuguta sicher durch die Straßenschluchten Dominos gefahren wurde. Auf seinem Schoss lag eine ledernde Mappe. In dieser lagen sieben (!) Briefe von Doktor Ariake Doi. Der Mann hatte in ihrer Abwesenheit sechs weitere Briefe gesendet gehabt. Alle mit dem gleichen Inhalt: Die Bitte an Joey an ein oder mehreren Sitzungen des alten Wheelers teilzunehmen. So eine Unverschämtheit. Da schon der erste Brief vor ihrem Urlaub in den USA Joey fürchterlich aufgewühlt hatte, hatte Seto sein Personal angewiesen alle Briefe bei ihm im Hausbüro zu sammeln. So konnte er sie erst durchschauen. Natürlich hatte er mit Kai über die Briefe gesprochen. Doch sie waren diesbezüglich unterschiedlicher Meinungen: Kai war der Meinung, dass Joey von jedem Brief wissen sollte, während Seto das strikt ablehnte. Noch sehr bildhaft sah Seto seinen geliebten Streuner vor der Toilette kniend, sich heftig übergebend nur weil er bei dem ersten Brief den Absender gelesen hatte. So etwas würde er ihm nicht noch einmal antun. Schließlich fuhr der Oberklassenwagen in eine Tiefgarage, in der Fuguta zu einem Stammplatz fuhr und dort anhielt. Seto stieg aus und Fuguta fuhr auf einen Parkplatz. Der Jungunternehmer bestieg einen Aufzug und fuhr in die oberste Etage. Dort befanden sich die Räumlichkeiten der Anwaltskanzlei, die ihn schon seit Jahren in allen Belangen vertraten und in der Yosuke Osachi als Junior tätig gewesen war. Als er aus dem Aufzug trat und die Dame am Empfang aufsah sprang sie erschrocken auf und eilte um die Rezeption. "Guten Morgen, Herr Kaiba. Schön, dass Sie wieder im Land sind. Was führt Sie in unser Haus?", fragte sie höfflich und eloquent, war sie im Umgang mit höhergestellten Personen geübt. Doch Seto ignorierte sie, bog in den Flur ab, der ihn geradewegs zu einem der Seniorpartner führen würde, den er immer als erstes konsultierte. "Herr Kaiba, ich fürchte wir haben Ihren Terminwunsch nicht erhalten. Herr Hattori ist in einer Besprechung.", versuchte sie Seto zu bremsen, der sie nur zur Seite schob, als sie sich vor ihn stellte. Dann - am Ende des Ganges - öffnete er die edle Mahagoni-Tür und betrat das Vorzimmer seines Anwaltes. Dort sprang die Sekretärin ebenfalls erschrocken auf. "Herr Kaiba? Guten Morgen.", kam es von der älteren Dame, die Seto wortwörtlich links stehen ließ und dann zu der doppelflügligen Tür ging und deren Flügel aufstieß. Sofort erstarb in dem Raum das Gespräch. Acht Personen saßen um den länglichen Konferenztisch, der hier im Büro des Chefs stand. Alle, bis auf die drei Seniorpartner sprangen auf einmal auf, als sie Seto erkannten und verbeugten sich respektvoll vor ihm. "Bezahl ich Ihnen und ihren Advokaten nicht genügend Geld?", platzte es aus Seto heraus. "Meine Herren, wir vertagen uns auf einen späteren Zeitpunkt.", kam es ruhig von dem Ältesten der Herren, der langsam aufstand und dessen Ausstrahlung die eines Shoguns war. Die Anwälte nickten und verließen, bis auf die zwei anderen Senior-Partner, eilig das Büro. Der letzte schloss hinter sich die Tür. "Herr Kaiba.", sprach dann der erfahrene Anwalt seinen Klienten an. "Wie kommen wir zu der Ehre ihres Besuches?" "Lassen Sie die Speichelleckerei, Hattori. Ich hatte sie vor dreieinhalb Wochen beauftragt eine Unterlassungsverfügung für diesen Quacksalber Doktor Ariake Doi zu erwirken. Gestern kommen wir nach Hause und da habe ich sechs weitere Briefe von ihm auf meinem Tisch.", kam es ungehalten von dem Brünetten. "Wir haben versucht ihren Wunsch umzusetzen und ich bin mir sicher, in ihrer Post befindet sich auch ein Brief unserer Kanzlei, in der wir Ihnen mitgeteilt haben, dass wir darin nicht erfolgreich waren.", kam es ruhig von dem Mann, der zu seinem Schreibtisch ging und sich dort aus einer handgefertigten Holzkiste eine kostspielige Zigarre nahm und das Ende mit einem dazugehörigen Gerät abschnitt. "Woran ist es gescheitert?", forderte Seto immer noch erbost. "Woran? An der Grundlage. Man kann nicht einfach gegen einen x-beliebigen Menschen eine Unterlassungsaufforderung erwirken, ohne einen Grund anzuführen.", erklärte der Anwalt weiter ruhig, während er sich die Zigarre in den Mund steckte und sie mit einem Streichholz anzündete, während er am anderen Ende zog. "Sie kennen doch den Grund.", kam es nicht verstehend von Seto. "Wir können den Missbrauch des Herrn Wheeler Junior...", setzte Hattori an, als Seto ihn unterbrach. "Er heißt jetzt Johnson, Joey Johnson.", berichtigte Seto unnachgiebig. "Wir können den Missbrauch des Herrn Johnson nicht als Unterlassungsgrund anführen, da diese Anschuldigung zu einer Anzeige führen müsste, damit die Unterlassungsaufforderung Hand und Fuß hat. Und wie Sie sich sicherlich erinnern, ist der Verzicht dieser Anzeige Teil des Deals der Staatsanwaltschaft mit dem Herrn Wheeler.", erklärte Hattori weiter, während er sich in seinen Sessel hinter dem Schreibtisch niederließ und genussvoll an der Zigarre zog. "Ausreden... Ich bin in ihrer Kanzlei Klient, weil Sie sich an diesen Kleinigkeiten nicht stören um meine Interessen durchzusetzen.", kam es wütend von Seto, der sich auf dem Absatz umwandte und zur Tür strebte. "Ich nehm das selbst in die Hand." Damit verließ er das Büro und kurz darauf die Kanzlei, stieg in den Aufzug und fuhr wieder hinunter, wo Fuguta bereits wieder direkt vor dem Aufzug mit dem Wagen wartete. "Wohin?", fragte Fuguta. "Bring mich zu der Strafanstalt dieses Bastards.", kam es wütend von Seto und Fuguta nickte nur, bevor er losfuhr. Die Strafanstalt, in der das Wheelermonster saß lag weiter draußen, als das Bezirksgefängnis. Die Fahrt hatte fast zwei Stunden gedauert. Doch dann hatte Fuguta auf dem großen Besucherparkplatz geparkt, der recht voll war und Seto war ausgestiegen. Es dauerte noch einmal fast zwei Stunden, bis er endlich an der Reihe war. Seine Wut war derweil kalt geworden, was sie gefährlicher machte, als die hitzige, impulsive Wut, die man spontan erlebt. Die kalte Wut... erlaubte Planung und Berechenbarkeit. Als er also endlich aufgerufen wurde durfte er in einen großen Raum, in dem es mehrere Tische gab, die verteilt installiert worden waren. An jedem Tisch saß ein Mann in grauem Overall, dem Menschen in normaler Kleidung gegenüber saß. So... hatte er es sich nicht vorgestellt, aber umso besser. Wheeler Senior sah ziemlich abgewrackt aus. Er hatte einiges abgenommen und wirkte ungepflegt mit seinen Bartstoppeln und dem durchgeschwitzten beigen Shirt, dass er unter seinem Overall trug. "Wenn das nicht Seto Kaiba ist... wo ist mein Junior?", fragte Wheeler mit einer Mischung aus Spott und Irritation. "Nicht hier.", kam es scharf von Seto, dem es zuwider war diesem Mann so nah zu sein. Er machte sich nicht die Mühe sich zu setzen. "Wenn du dich nicht setzt, wird der Besuch abgebrochen.", informierte der Alte ihn. "Ist mir egal, denn ich bin nur hier um Sie aufzufordern nie wieder Kontakt zu Joey aufzunehmen.", meinte Seto kurz angebunden. "Und damit mein ich auch den Psychiater, den Sie auf ihn gehetzt haben." "Mein Psychiater sagt, es ist wichtig, dass ich mich mit meinem Jungen auseinander setze und Fehler zugebe, die ich ihm gegenüber gemacht habe.", meinte Wheeler ruhig und vollkommen ernst. "Erstens ist Joey nicht mehr ihr Junge. Merken Sie sich das. Zweitens: Fehler? Wollen Sie wirklich Joeys Leid als Fehler bezeichnen?", kam es giftig von Seto. "Hey... sprich etwas leiser und setz dich endlich.", bat Wheeler noch einmal. "Warum sollte ich etwas tun, worum mich ein verdammter Kinderschänder bittet?", keifte Seto laut und harsch. Sofort herrschte Ruhe im gesamten Raum und alle Augen, egal ob von Insassen oder Besucher, richteten sich auf sie. "Ich bitte dich... sprich leise.", kam es auf einmal gehetzt von dem Älteren. "NEIN!", kam es laut von Seto. "Das hat ihr 'Sohn' oft zu ihnen gesagt. Sie angefleht aufzuhören. Gebettelt, dass Sie ihn nicht ihre Schulden bei der Yakuza im Bett abarbeiten lassen. Erinnern Sie sich? SIE haben KEIN Recht ihn oder mich um irgendetwas zu bitten und sollten Sie oder ihr Psychiater ihn noch einmal anschreiben, werden Sie es bereuen.", kam es in alter Manier von Seto und strafte Wheeler mit seinem berühmt-berüchtigten eiskalten Blick. Dann spürte er die Wache hinter sich, die ihn stumm darum bat zu gehen. "Schon gut,... ich bin ohnehin hier fertig." Damit wandte er sich um und verließ den Raum, in dem es immer noch absolut still war und ließ einen schwitzenden Kinderschänder, dessen eigentliche Tat nun kein Geheimnis mehr war, zurück. Verließ das Gefängnis und ließ sich dann wieder nach Hause fahren. Vielleicht konnten sie keine offizielle Unterlassungsaufforderung erwirken, weil sie dieses Monster nicht dessen anzeigen konnten, was er Setos geliebten Streuner angetan hatte. Doch das hieß nicht, dass Seto Kaiba hilflos war. Und wehe dem alten Wheeler, wenn dieser ihn herausfordern würde... dann würde er es ihn büßen lassen. Noch mehr büßen lassen. Kapitel 147: Miteinander ------------------------ Kapitel 147 - Miteinander Als Seto nach Hause kam stand Joey in der Eingangshallte, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah ihn böse an. Er brauche einen Moment, bis Seto klar wurde, dass er ihr gemeinsames Mittagessen verpasst hatte. Entschuldigend sah er zu Joey, während er sich seiner Schuhe entledigte und in seine Hausschuhe schlüpfte. "Tut mir leid, Joey... mir ist etwas dazwischen gekommen.", meinte Seto spürbar geknickt. Doch Joey wandte sich um und stapfte in Richtung Küche davon. Seto seufzte leise, bevor er seinem Streuner folgte. "Joey... komm schon... es tut mir wirklich leid.", meinte Seto erneut. In der Küche fand er den Blonden an der Anrichte vor, während dieser sich einen Minuten-Ramen machte. Oh ja, sein Geliebter war sauer. "Ich hab ewig auf dich gewartet.", meinte Joey leise. "Dann hab ich versucht dich anzurufen, doch ich konnte dich nicht erreichen, weil du keinen Empfang hattest." "Es tut mir leid, Joey. Wirklich. Ich musste mich da um eine Angelegenheit kümmern, die keinen Aufschub duldete.", erklärte Seto und hoffte, dass Joey nicht nachhaken würde. "Und da konntest du nicht fix Bescheid geben, damit ich nicht wie ein Idiot in deinem Büro aufschlage?", fragte Joey und klang dabei eher traurig, als wirklich wütend. "Joey... bitte... es tut mir wirklich leid.", meinte Seto erneut und schlang von hinten seine Arme um die Hüfte des Blonden. Schob seinen Kopf auf dessen Schulter. "War wohl ein wichtiges Anliegen, hm?", kam es leiser und versöhnlicher von Joey. "Ja,... eines, auf das ich nicht wirklich scharf war.", gestand Seto sanft ein. "Das nächste Mal gibst du mir aber kurz Bescheid, ja?", kam es nochmal von dem Blonden. "Versprochen.", kam es von dem jungen Firmenchef, der nun seinerseits einen Kuss an Joeys Nacken platzierte. Dieser kicherte kurz, als er die Lippen seines Geliebten an seinem Hals spürte. "Nicht, Seto.", kam es nicht ganz ernst gemeint von Joey. "Ich könnte dich gleich hier vernaschen.", flüsterte Seto mit rauer, lustverhangener Stimme. "Aber du bist doch eben erst nach Hause gekommen und hast sicherlich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, oder?", hakte Joey nach und Seto nickte kurz, auch wenn er es nicht gerne zugab. "Alles was ich brauche, bist du.", flüsterte der Brünette verführerisch in Joeys Ohr. Joeys Wangen wurden leicht rot, als er verlegen den Kopf etwas senkte. Als Seto auf die Uhr blickte wurden seine Augen größer. "Oh verdammt,... Joey... Kai müsste schon seit einer halben Stunde unten auf dich warten.", kam es hektisch von dem Brünetten, der sich im Bett rasch aufsetzte und aufstehen wollte. Doch Joey griff nach ihm und zog ihn wieder zu sich runter, um sich an ihn zu kuscheln. "Nö... hatte ihm abgesagt.", murmelte der Blonde verschlafen. "Was? Warum?", wollte Seto überrascht wissen. "Weil ich nicht gut drauf war und ich das nicht an ihm auslassen wollte.", kam es leise von Joey. "So?", hakte Seto nach, was nun Joey ungehalten aufbrummen ließ, bevor er sich von Seto löste und umdrehte, nicht in Erwägung ziehend heute noch einmal aufzustehen. "Hey, rede mit mir..." "Was soll ich da noch sagen?", kam es grummelnd von Joey. "Ich hatte halt keinen Bock." "Was nun? Warst du schlecht drauf oder hattest du keinen Bock?", hakte Seto weiter nach. "Beides.", kam es kurzentschlossen von dem Blonden, der die Decke höher über seinen nackten Körper zog. "Joey... bitte...", kam es sanft von Seto, der sich hinter den Blonden legte und seinen Arm um diesen schlang. Eng an sich heran zog und sanft über dessen nackte Brust strich. "Du warst nicht da, ich wusste nicht wo du warst und wann du wieder kommen würdest. Also hab ich Kai abgesagt.", meinte Joey leise. "Weil du nicht wusstest, ob ich es rechtzeitig zur Sitzung schaffe hast du abgesagt?", wiederholte Seto überrascht. Joey nickte nur stumm und drückte sich mit seinem Rücken fester an Setos Brust. "Aber, Schatz, es wäre doch nicht das erste Mal, dass du mit Kai alleine eine Sitzung abhältst." "Ja, schon... aber... er wird sicher über den Sex mit dir sprechen wollen und... uhm... also... ähm...", kam es unsicher von Joey. Seto küsste ihn sanft in den Nacken. "Verstehe... du möchtest bei etwas, was uns beide betrifft nicht alleine mit Kai sprechen.", kam es sanft schmunzelnd von Seto. "Okay... hast du den Termin verschoben oder ersatzlos gestrichen?" "Ich hab ihn abgesagt...", kam es leise von dem Blonden. "Okay... dann werde ich übermorgen pünktlich mit dir heim fahren, damit wir Kais Neugierde stillen können.", dabei schmunzelte Seto sanft. "Seto?", kam es nach einer Weile der Stille zwischen ihnen. "Hm?", brummte Seto ruhig und entspannt. "Gozaburo...", schon allein durch die Nennung des Namens konnte Joey spüren, wie sich Seto etwas anspannte. "Er hat dich auch sehr verletzt... wieso erträgst du es dann, wenn wir Sex haben und ich... also... in dir bin?" "Weil...", begann Seto zu antworten und sich spürbar wieder zu entspannen. "Weil ich dich über alles liebe und weiß, dass du mir niemals weh tun würdest. Außerdem saß ich bislang ja auf dir und hatte daher auch die Kontrolle." "Hei... Heißt das, wenn wir in einer Position, in der du unter mir liegen würdest, Sex hätten, würdest du... das nicht ertragen?", fragte Joey leise weiter. "Das kann ich dir jetzt noch nicht beantworten... das müssen wir einfach irgendwann mal ausprobieren.", antwortete Seto ehrlich. "Du... würdest das probieren?", hakte der Blonde ungläubig nach. "Mit dir? Ja.", bekräftigte der Jungunternehmer und platzierte einen weiteren Kuss auf Joeys Nacken. "Ich liebe dich, Seto.", flüsterte Joey sanft und genoss die zärtliche Zuwendung seines Drachens. "Oh, ich liebe dich auch, Joey.", hauchte Seto ihm heißer ins Ohr und Joey konnte spüren, dass Seto hart wurde. "Was? Noch einmal?", keuchte Joey verblüfft und grinste etwas, während er über seine Schulter blickte. "Nur, wenn du wollen würdest, mein geliebter Streuner.", kam es mit rauer Stimme von Seto. Joey wandte sich in Setos Umarmung zu diesem und küsste ihn leidenschaftlich. Wie hätte er nicht wollen können bei diesem Mann, der ihm immer wieder bewies, wie sehr er ihm vertraute. Und so liebten sie sich ein zweites Mal an diesem Tag. Kapitel 148: Einen langen Weg ----------------------------- Kapitel 148 - Einen langen Weg "Schön, dass ihr wieder da seid.", meinte Kai einleitend und begrüßte Joey und Seto mit einem festen Händedruck. "Und wie ich hörte, hattet ihr eine schöne Zeit drüben in den Staaten?" "Ja... eine sehr schöne, oder Joey?", antwortete Seto und gab Kais Frage gleichzeitig an seinen blonden Streuner weiter. Dieser nickte bevor sie wie gewohnt Platz nahmen. Seto und er auf dem Rattansofa, Kai gegenüber auf dem Gartensessel. "Und was für ein Eindruck hast du nun von der Familie dort drüben?", wollte Kai behutsam wissen. "Die... ähm... Zwillinge sind eine Wucht. Die haben mich ja schon an Thanksgiving einfach so akzeptiert, aber in den letzten drei Wochen... Es ist, als ob die beiden schon immer meine Geschwister gewesen wären.", antwortete Joey leise. "Marcia ist eine wundervolle Mutter, die Serenity komplett akzeptiert hat, obwohl sie nicht ihre Tochter ist. Das... hat mich sehr beruhigt." "Und dir gegenüber?", fragte Kai vorsichtig. "Mir... gegenüber??? Ähm... Sie hat mich wie ihren Sohn behandelt. Hat mich einbezogen und... ähm... sie ist Chirurgin...sie sagt, ab dem Frühling könnte ich mir die Narben entfernen lassen.", offenbarte der Blonde seinem Therapeuten. "Beruhigt dich das?", wollte Kai sanft wissen. Joey musste ein wenig nachdenken, bevor er langsam nickte. "Ich... ich denke schon.", kam es dennoch unschlüssig von ihm. "Was macht dich unsicher?", fragte der Psychologe ihn ruhig. "Nichts.", wehrte Joey ab und schlang seine Arme um seinen Bauch. "Du umarmst deine Narben gerade, ist dir das bewusst. Als ob du Angst hast, dass sie dir jemand wegnehmen könnte.", merkte Kai sachlich an. Mit einem gewissen Entsetzen blickte Joey ihn an. "Na ja... wenn ich mir die Narben entfernen lasse, dann... ist es so, als wäre nie etwas geschehen.", meinte Joey zögerlich. "Aber wolltest du das nicht schon immer?", fragte der Rothaarige. "Schon... aber... Wenn... die Narben weg sind und es keine Beweise mehr dafür gibt, was sie... was geschehen ist... dann...", seine Stimme brach zusammen und er blickte aus der verglasten Wand hinaus in den Schnee, der über dem Garten lag. "Schatz... was dann?", war es nun Seto, der nachhakte. "Nur weil man die Narben dann nicht mehr sieht, heißt das nicht, dass sie gänzlich verschwinden, Joey... es gibt Narben, die kann man nicht wegoperieren und diese Narben legen Zeugnis für deine Erfahrungen ab.", hakte Kai beruhigend ein. "Aber diese Narben können nur jene sehen, die dich sehr gut kennen und dich lieben: Wie Seto, Mokuba, Tristan, deine Schwester und deine Familie in den USA." Joey nickte und war einfach nur verwirrt. Er hatte gedacht, dass wenn er sich die Narben entfernen lassen würden, er sich einfach nur freuen würde. Doch jetzt, nachdem er ein paar Mal darüber nachgedacht hatte, war er unschlüssig geworden. "Und vergiss nicht: Du musst sie nicht entfernen lassen.", gab Kai weiter zu bedenken. Überrascht blickte Joey zu ihm auf, als hätte er das als Option gar nicht bedacht gehabt. Dann sah er aus den Augenwinkeln vorsichtig zu Seto. "N... nein... ich will sie ja los werden.", erwiderte Joey hastig. Sanft legte Seto einen Arm um Joeys Schulter und zog ihn zu sich. "Für mich macht es keinen Unterschied, ob du sie entfernen lässt oder nicht... für mich bist du der attraktivste Mann in meinem Leben, den ich über alles liebe.", flüsterte Seto ihm zärtlich zu. Kai musste kurz schmunzeln, während Joey Seto nun leicht entsetzt anschaute. "A... Attraktiv? Du... du weißt, ich mag es nicht, wenn du mich verspottest.", kam es sofort energisch von dem Blonden. "Ich verspotte dich nicht, mein Streuner... und dass ich es mal getan habe, lange bevor wir zusammen gekommen sind, bereue ich bis heute.", erwiderte Seto ernst und ehrlich. "Deine Narben... spielen für mich einfach keine Rolle... auch nicht, ob du sie entfernen lässt oder nicht... sie ändern nicht, wer du bist und was ich für dich empfinde." Joey schluckte und war sichtlich gerührt. Eine kleine Träne löste sich und lief ihm über die Wange, bevor er sie unwirsch wegwischte. Dann küsste er Seto kurz, der den Kuss nur zu gern erwiderte. "So...", kam es von Kai, als der Kuss geendet hatte. "Und ihr beiden habt also miteinander geschlafen?" Sofort stand Joeys Gesicht in Flammen vor Verlegenheit und er wünschte sich, dass die Erde sich auftat und ihn einfach verschlingen würde. Seto zog ihn näher zu sich und verschränkte dann über Kreuz ihre Finger miteinander. "Ja.", antwortete Seto behutsam. "Wie war das für euch beide? Joey, möchtest du anfangen?", fragte der Rothaarige mit einem gewissen Schmunzeln. Joey schüttelte nur heftig den Kopf. "War ich so schlecht?", kam es nun gespielt überrascht von Seto, der damit Joey aus der Reserve locken wollte. Sofort sah Joey ihn erschüttert an und schüttelte erneut - aber energischer - den Kopf. "Was...? Nein... es war wundervoll mit dir... jedes einzelne Mal.", entgegnete der Blonde hastig. "Jedes einzelne Mal?", kam es nun überrascht von Kai, der den Kopf etwas schief legte. "Nun ja... man bekommt den Geist nur schwer in die Flasche zurück, wenn der Stöpsel erst mal draußen ist.", kam es jetzt tatsächlich etwas verlegen von Seto. "Ah... ja...", schmunzelte Kai amüsiert weiter. "Ist das so?" "Himmel...", kam es plötzlich von Joey, der die Hände vor das Gesicht schlug und die Beine an die Brust zog, wie immer, wenn ihm etwas enorm peinlich war. "Alles gut, mein Streuner.", versuchte Seto seinem Geliebten die Peinlichkeit abzumildern. "Ja, wir hatten in den USA zum ersten Mal Sex... wir beide, freiwillig und ohne... Zwang. Dabei saß ich auf Joeys Schoss und bin auf ihm geritten. Ich fand es wundervoll meinen Streuner in mir zu spüren und seitdem haben wir es schon einige Male wiederholt.", fasste Seto plötzlich sachlich zusammen. Fassungslos blickte Joey ihn an und konnte nicht glauben, dass sein Freund so lapidar darüber sprach. Dabei merkte er gar nicht, dass sein Mund einen Spalt weit offen stand. "Und für dich, Joey?", wollte Kai wissen, dem erst danach auffiel, wie entgeistert Joey Seto ansah. Dieser erwiderte den fassungslosen Blick nur unschuldig. "Was ist denn, Joey?", fragte Seto nicht verstehend, was das Problem war. "Du redest so darüber, als wär es das normalste auf der Welt und gar nichts dabei, dass ich in dir war.", hauchte Joey förmlich. "Aber es ist doch auch das normalste auf der Welt, dass zwei Menschen, die sich so sehr lieben, wie wir es tun, intim miteinander werden. Warum sollte es mir also peinlich sein, dass du in mir warst?", entgegnete Seto verwirrt. "Findest... findest du es nicht entwürdigend, dass ich in dir war?", kam es verwirrt von Joey. "Nein. Warum auch?", antwortete Seto prompt. "Findest... findest du es denn entwürdigend, in mir zu sein?" "WAS? Nein... warum auch... ich mein, ich bin in dir...", keuchte Joey. "Und wenn Seto in dir wäre? Würdest du das als entwürdigend empfinden?", warf Kai interessiert ein. Joey erstarrte und sah Seto gegen die Brust. Es verging ein langer Augenblick, bevor Joey antwortete. "I... Ich weiß nicht... nein... denke nicht.", antwortete der Blonde unsicher. "Aber Seto war schon einmal in dir drin... nach eurem Abschlussball.", rief Kai in Erinnerung und wieder wurde Joey rot im Gesicht. "Ja.", kam es mit erstickender Stimme von dem Blonden. "A... Aber... das... das war auch eine andere Situation damals... ich... ähm... ich hatte... Seto noch nicht erzählt... was da so abging mit meinem... mit dem Monster..." Sanft strich Seto Joey über die Wange. "Ich liebe dich... ich liebe es, wenn du in mir bist... und selbst wenn du mich niemals in dich lassen solltest, dann wäre das für mich vollkommen okay, Joey. Wirklich.", kam es mit fester, ernster Stimme von Seto. "Aber wenn du es doch irgendwann mal ausprobieren wollen würdest, dann werden wir das tun und keine Angst... wenn es die ersten Male nicht klappt, werde ich dir keinen Vorwurf machen oder die Geduld verlieren... Das ist ein Lernprozess, der schon mal etwas dauern kann. Nicht wahr, Kai?" Joey blickte Seto mit großen Augen völlig geplättet an. Er suchte in Setos Augen ein Indiz dafür, dass er das nur so sagte, doch er fand keines. Sein Drache meinte das wirklich ernst. "Du hast alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt, Seto.", kam es mit Stolz von Kai, bevor er langsam aufstand, sich verabschiedete und den Wintergarten verließ. Noch immer blickte Joey Seto eindringlich an. Es fiel ihm immer noch schwer Seto das zu glauben, was dieser gerade gesagt hatte. "Du... du meinst das wirklich ernst?", fragte Joey schließlich. Seto lächelte ihn an und nickte. "Aber ja... ich liebe dich, Joey. Und wir sind jetzt schon weiter gekommen, als ich je zu hoffen wagte.", erwiderte Seto ehrlich. Dann beugte er sich vor und zog Joey in einen langen, intensiven Kuss voller Liebe. Ihnen beiden war vollkommen bewusst, dass sie schon einen weiten Weg hinter sich hatten, aber einen noch viel weiteren Weg vor ihnen lag. Kapitel 149: Gespräch unter Freunden ------------------------------------ Kapitel 149 - Gespräch unter Freunden "Erde an Joey...", kam es sanft von Tristan, der Joey von der Arbeit abgeholt hatte, um mit ihm den Nachmittag zu verbringen. Joey blinzelte und blickte Tristan dann verwirrt an. "Sorry, ich war wohl gerade geistig wo anders.", meinte der Blonde leise, bevor er seinen Blick wieder auf seinen Teller richtete, der mit einem schmackhaften Salat vor ihm stand und darauf wartete geleert zu werden. "Das ist mir aufgefallen. Wo warste denn gerade?", hakte der Brünette schmunzelnd nach. Daraufhin legte Joey seine Gabel wieder neben den Teller, hielt seinen Blick aber gesenkt. "Seto und ich... wir... wir hatten Sex.", kam es unsicher von Joey. "Das ist doch großartig.", meinte Tristan, ohne übermäßig enthusiastisch zu wirken. "Oder?" "Ja... voll.", bestätigte Joey. "Aber?", wollte Tristan wissen. "Was aber?", kam es defensiv von Joey. "Joey... hey... nur wir beide hier... also was ist los?", hakte Tristan erneut und geduldig nach. "Nichts... ich will dich mit dem Thema nicht verscheuchen.", kam es leicht gequält von dem Blonden. "Dem Thema?", erwiderte Tristan verwirrt. "Welches Thema?" "Na,.. du weißt schon: Schwulensex und so.", antwortete Joey leise, während er seine Gabel wieder aufgenommen hatte und lustlos in seinem Salat herum stocherte. Tristan stand auf und kniete sich neben Joeys Stuhl nieder. "Hey... du bist mein bester Freund und mit mir kannst du wirklich über alles reden. Das weißt du doch... ich hab mich nicht von dir abgewandt, als Seto euch als Paar geoutet hat. Noch hab ich die Flucht ergriffen, als ich von dem Missbrauch erfuhr. Ich war bei dir, als du nach der Woche im Sommer wieder aufgetaucht bist und danach hab ich versucht dir so gut es ging eine Stütze auf deinem Weg zurück ins Leben zu sein. Und ich hab dich auch nicht fallen lassen, wie du es befürchtet hast, als du mir vor ein paar Wochen vom Sommer erzählt hast. Also komm schon, Joey... mich wirst du niemals los, darauf hast du mein Wort.", erklärte Tristan sanft, aber mit Ernsthaftigkeit. Während Tristan sprach wanderte Joeys Blick zu ihm und als sein bester Freund zum Ende kam löste sich wieder eine Träne, die sich Joey hastig wegwischte. "Okay... danke, Kumpel.", kam es mit brüchiger Stimme von Joey. Tristan setzte sich auf den Stuhl neben ihn. "Also... was ist los? Ihr hattet Sex... und du sagst es war großartig. Aber irgendetwas passt nicht. Bereitet er dich vor dem Eindringen nicht genügend vor?", fragte Tristan behutsam. Joey blickte ihn auf einmal mit geweiteten Augen an. "W... was...?", kam es überrascht von Joey. "Na ja, er bereitet dich doch vorher vor, oder?", hakte Tristan nach, der Joeys überrascht sein missverstand. "Also mit den Fingern und Stretching." Joeys Gesicht ging in Flammen auf, bevor er seinen Kopf wieder senkte. "Man, Tris... mussu darüber reden, als wär das was Alltägliches oder das Normalste auf der Welt.", grummelte er missmutig. Jetzt musste Tristan auflachen und zog erneut einen irritierten Blick von seinem besten Freund auf sich. "Ey Alter, komm mal auf den Teppich zurück. Natürlich ist es was Alltägliches oder das Normalste auf der Welt. Warum denn auch nicht? Nur weil ihr zwei Jungs seid? Bei den Göttern, seit wann biste denn so verklemmt?", neckte Tristan ihn freundschaftlich. "Ich wette, wenn du schwul wärst würdest du nicht rumrennen und so locker über das alles sprechen.", konterte Joey nur, während er sich wieder auf seinen Salat konzentrierte und ein Blatt mehrfach auf die Gabel spießte. "Aber genau das tu ich doch gerade.", erwiderte der Brünette und noch einmal schnappte Joeys Kopf und Blick zu ihm hoch. "Was?", kam es verblüfft und der eigenen Interpretation von Tristans Worten nicht trauend von dem Blonden. "Komm schon, ich dachte es wär offensichtlich, so wie ich mit ihm hier umgehe.", kam es amüsiert von Tristan. "Mit ihm? Hier umgehen?", brabbelte Joey verwirrt nur nach und fühlte sich, als würde er vor einer hohen Mauer stehen. "Ich bin schwul und seit ein paar Monaten mit Duke zusammen.", formulierte Tristan klar. Joey klappte der Unterkiefer herunter. "Mit Duke?", entfuhr es Joey überrascht. "Du... bist mit Duke zusammen?" "Ja.", lachte Tristan und zog seinen eigenen Teller zu sich und aß seinen Salat weiter. "Dir ist mein Arm um seine Hüfte nie aufgefallen oder?" "Na ja... doch... aber... ich dachte, das wäre so ein Freundschaftsding.", erwiderte Joey immer noch völlig baff. "H... habt ihr denn auch... nach du weißt schon." "Was? Sex?", fragte Tristan, bevor er sich etwas vom Salat in den Mund schob und grinste amüsiert, als Joey noch etwas röter im Gesicht wurde. "Komm, sag es." "Was soll ich sagen?", kam es verwirrt von Joey. "Sex.", präzisierte Tristan. "Das ist doch Kinderkacke.", meinte Joey abwehrend und schob sich auch ein Salatblatt in den Mund. "Sex.", wiederholte Tristan. "Sex, Sex, Sex... Komm, sag es..." "Hör auf damit.", kam es nun entsetzt von Joey, der aber doch irgendwo schmunzeln musste. "Das ist doch total kindisch." "Du musst es nur sagen. Dann hör ich auf. Sex, Sex, Sex...", erwiderte der Brünette breit grinsend und Joey musste auch immer mehr grinsen. "Ist ja gut: SEX. Zufrieden?", kam es schließlich von Joey und Tristans Grinsen wurde zu einem Lächeln. "Und, hat dir das Wort weh getan?", fragte Tristan, bevor er sich ein Stück Birne in den Mund schob, das im Salat war. "Nein.", grummelte Joey etwas. "Dann stell deine Frage, wie ein Erwachsener und nicht wie Kleinkind, Joey. Also...", forderte Tristan ihn auf und nahm einen Schluck von dem Wasser, welches er sich zum Essen genommen hatte. "Habt ihr denn auch schon Sex?", fragte Joey leise. "Jap.", meinte Tristan stolz. "Ganz viel Sex. Richtig heißer Sex... intensiv und leidenschaftlich." "Okay... hab es verstanden.", würgte Joey seinen besten Freund ab und legte seine Gabel wieder neben den Teller. "So, zurück zum Thema.", meinte Tristan. "Was ist das Problem bei eurem Sex?" "Eigentlich gibt es gar kein Problem... Der... Der Sex ist gut und... Seto ist sehr behutsam und liebevoll. Aber...", erzählte Joey leise und immer noch etwas unsicher. "Aber?", hakte Tristan nach, der sich erneut was vom Salat in den Mund schob und auf einen Walnusskern biss. "Er redet vor Kai so, als ob gar nichts dabei wäre, der Empfangende zu sein.", meinte Joey mit gesenktem Blick. "Der... Der Empfangende? Echt jetzt, Kumpel? Wir müssen mal dringend an deinem Wording arbeiten. Aber egal, zurück zur Sache: Dich stört also, dass er Kai erzählt, wie er mit dir schläft?", wollte Tristan es genauer wissen. "Na ja, ich weiß doch, wie es ist, wenn jemand in einem ist. Das... das ist... erniedrigend und... du bist dann eigentlich völlig ausgeliefert.", kam es unsicher von Joey. "Wie kann Seto sich also hinstellen und behaupten, dass es ihm gefällt?" Tristan verschluckte sich an dem Käse im Salat und musste huste. Erschrocken blickte Joey den Brünetten an und klopfte ihm dann auf den Rücken. Nach einem Moment beruhigte sich das Husten wieder. "Versteh... versteh ich das richtig, dass Seto 'der Empfangende' ist?", fragte Tristan überrascht. "Ähm... ja?", kam es verwirrt von Joey. "Also, du bist in ihm?", spezifizierte der Brünette es noch einmal und nahm einen Schluck von seinem Wasser. "Ja.", antwortete der Blonde gepresst und etwas genervt, weil er nicht verstand, warum sein bester Freund da noch einmal nachhakte. "Ich verstehe langsam, wo dein Problem liegt.", meinte Tristan, nachdem er sich den Mund mit der Servierte abgewischt hatte. "Ja?", kam es mit aufgehellter Miene von Joey. "Dir fehlt die eigene Erfahrung, wie es ist, wenn man nicht zum Sex gezwungen wird. Dann würdest du feststellen, dass daran nichts Erniedrigendes oder Hilfloses ist.", erklärte Tristan. "Ich... Ich hatte doch schon mit Seto Sex, bei dem er in mich...", erwiderte Joey verlegen. "Was? Wann?", fragte nun Tristan verwundert. "Na... nach dem Abschlussball.", meinte Joey leise und sah seitlich weg. "Ihr hattet nach dem Abschlussball Sex?", wiederholte Tristan immer noch überrascht. "Warst du deshalb am nächsten Tag so komisch drauf?" "Komisch?", fragte Joey aufgeschreckt nach. "Na ja, so aufgesetzt heiter.", meinte Tristan behutsam. "So, wie du immer bist, wenn du über etwas hinweg täuschen möchtest und was nicht mehr zieht, seit wir Bescheid wissen." Joey ließ seinen Kopf ein Stück nach vorne fallen. "War das so auffällig, ja?", kam es geknickt von dem Blonden. "Damals nicht, aber jetzt rückblickend schon.", erklärte Tristan. "Möchtest du mir von damals erzählen?" "D... da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir sind knutschend hoch, haben uns im Zimmer die Klamotten vom Körper gerissen, irgendwie haben wir dann ne Punktlandung auf dem Bett geschafft und Seto fing an mir Finger reinzuschieben.", Joey verzog kurz sein Gesicht zu einer angeekelten Grimasse. "Ich hab ihm dann gesagt, dass er endlich zur Sache kommen soll, also schob er ihn rein und dann..." Wieder hatte er seine Gabel aufgenommen und stocherte mit ihr im Salat herum. Als Tristan klar wurde, dass es nicht einfach so weiter gehen würde legte er eine Hand auf Joeys Hand. Dieser hielt mit seiner Gabel inne. "Ich hab Panik bekommen und verkrampfte sofort. Seto hat sich dann zurück gezogen und ich hab geheult, wie ein Schlosshund.", schloss Joey schließlich mit wieder brüchiger Stimme. "Damals hattest du ihm noch nicht von deinem Vater erzählt, nicht wahr?", hakte Tristan sanft nach. Joey schüttelte den Kopf. "Aber er hatte es dennoch schon gewusst.", ergänzte der Blonde. "Ich... ich weiß nicht woher. Nachdem ihr weg wart kam er zu mir und wollte darüber sprechen. Ich... hab versucht ihn auf Abstand zu halten, doch..." "Er hat das nicht zugelassen und dafür bin ich ihm sehr dankbar.", kam es ehrlich von Tristan, der dabei lächelte. "Aber Joey, ganz ehrlich: Wenn ich mit Duke schlafe, dann empfinde ich es nicht als erniedrigend, ihn in mir zu haben. Es fühlt sich sogar richtig gut an, jemand, der dich bedingungslos liebt und ganz vorsichtig ist, in sich zu haben.", erklärte Tristan sanft. Sofort blickte Joey überrascht zu ihm auf. "Du... du bist bei euch der Empfangende?", hakte nun der Blonde nach. Tristan musste bei der Formulierung wieder grinsen. "Bei uns gibt es keine feste... Rollenverteilung. Mal ficke ich, mal werde ich gefickt.", erklärte Tristan und löste mit seiner letzten Formulierung aus, dass Joey sich vor Verlegenheit die Hände vor das Gesicht schlug. "Hey... alles gut... Wir sind doch unter uns. Es gibt so viele Formulierungen dafür... Aber keine wirklich gute." Es dauerte eine kleine Weile, bis Joey dieses Gefühl von Scham und Peinlichkeit überwunden hatte und wieder zu Tristan blickte. "Und... du... findest, es fühlt sich gut an?", fragte er leise und fast schon schüchtern nach. Tristan lächelte ihn glücklich an. "Ja... das finde ich... und bestimmt geht es Seto auch so. Oder wann hat er mal gesagt, dass er etwas mag und es doch nicht mochte?", stellte Tristan in den Raum. Joey überlegte kurz und musste feststellen, dass Tristan Recht hatte. Wenn es Seto nicht gefallen würde, dann hätte er es gesagt oder zumindest die Wiederholung ihres Sexes vermieden. "Wie ist es denn, deinen Drachen unter dir zu haben?", fragte nun Tristan mit einer Spur Neugierde. Wieder legte sich eine seichte Röte auf Joeys Wangen. "Eigentlich... ist Seto gar nicht unter mir. Eigentlich, sitzt er auf mir und... wippt auf und ab.", kam es kaum hörbar von dem Blonden. "Er reitet auf dir.", gab Tristan ihm die richtige Formulierung. "Er reitet auf mir.", wiederholte Joey, der das Gefühl hatte, dass es genau das war, was Tristan erwartete. Dieser lächelte zufrieden. "Also liegst du unter ihm und scheinst das zu genießen...", stellte Tristan behutsam fest. Joey ließ die Worte kurz auf sich wirken und stellte fest, dass sein bester Freund Recht hatte. Obwohl er in Seto war, lag er unten und... ganz ohne Panik, dafür aber mit viel Genuss. Wieder wurden seinen Wangen etwas rot. "Dir war das gar nicht bewusst, oder?", fragte Tristan wieder leicht amüsiert. Joey schüttelte nur seinen Kopf. "Macht dir das jetzt Angst?", hakte der Brünette nach. Wieder verneinte Joey mit einem Kopfschütteln. "Hattet ihr nur dieses eine Mal Sex?", wollte Tristan wissen und bekam erneut eine Kopfbewegung als Antwort. "Immer in der gleichen Pose?" "Ja.", antwortete Joey endlich wieder verbal. "Probiert euch ruhig etwas aus... in den Stellungen, in den Rollen...", schlug Tristan vor. "D... das ist nicht so einfach.", kam es von Joey. "Ich weiß, du läufst dabei Gefahr getriggert zu werden, aber...", wollte Tristan seinem besten Freund schon die Furcht nehmen, doch dieser schüttelte plötzlich den Kopf und er verstummte. "Nicht... nicht nur ich lauf dabei Gefahr getriggert zu werden.", meinte Joey schließlich und dieses Mal war es Tristan, der baff aus der Wäsche blickte, als er verstand, was der Blonde ihm gerade offenbart hatte. "Oh...", war alles, was ihm dazu einfiel. Kapitel 150: Bettgeflüster -------------------------- Kapitel 150 - Bettgeflüster Seto und Joey lagen gemeinsam in ihrem Bett. Der Brünette kuschelte sich von hinten eng an seinen Freund, hatte einen Arm um dessen Taille und Bauch geschlungen und schmiegte die eigene Wange an die des Blonden. Dieser streichelte Seto sanft über den Arm und atmete ruhig. Noch immer gingen ihm Tristans Worte durch den Kopf. "Seto?", sprach er den hinter ihm liegenden an. "Ja, mein Streuner?", reagierte Seto fast sofort mit warmer Stimme. "Findest du es wirklich wundervoll, wenn ich... also... wir zusammen... uffz...", verlor der Blonde beim Stammeln den Faden und seinen Mut. Dann spürte er, wie sich der Arm um ihn enger um ihn schlang und ihn so ein Stück nach hinten und enger an Setos Brust zog. "Ja, find ich wirklich.", flüsterte Seto ihm liebevoll ins Ohr. Joeys Wangen wurden etwas rot, während er es genoss seinen Drachen so nah zu sein. "A... aber nur... wenn du o... oben drauf... sitzt?", hakte er kaum hörbar nach und spürte, wie seine Wangen brannten. "Das weiß ich nicht... das wird sich zeigen.", kam es behutsam von Seto. "Möchtest du es denn mal anders machen?" "Anders?", kam es überrascht von Joey. Natürlich wusste er, dass es zahlreiche und vielfältige Stellungen beim Geschlechtsverkehr gab, aber in diesem Moment überraschte ihn Setos Frage, obwohl sie doch so naheliegend war. "Vielleicht mal die Wippe?", warf Seto in den Raum und Joey hielt plötzlich inne. Die Wippe? Was sollte das sein? Verwirrt blickte er über seine Schulter zu Seto. "Du sitzt, ich knie auf dir und bewege mich." "Also im Prinzip das gleiche, wie bisher, nur dass ich sitze, statt liege?", hakte der Blonde noch mal nach. "Na ja, es bietet den Vorteil, dass wir uns noch näher wären, auf gleicher Augenhöhe und du durchaus, sofern du wollen würdest, leichter nach oben stoßen könntest.", erklärte Seto vorsichtig. "Verstehe.", kam es grübelnd von Joey. "Oder wie wär es mit dem Schaukelstuhl?", fragte Seto. "Den Namen haste dir doch gerade ausgedacht.", warf der Blonde seinem Freund verwirrt vor. "Was? Nein... die gibt es wirklich. Wir sitzen uns gegenüber, leicht nach hinten gelehnt, so dass wir uns mit den Händen abstützen können. Dann leg ich meine Füße auf deine Schulter und du kannst in mich eindringen.", erklärte der Brünette erneut. Die Röte in Joeys Gesicht wurde intensiver, als er sich das vorstellte. "Oder wir probieren mal den Frosch.", sprach Seto ruhig weiter. Joey hatte seinen Kopf immer mehr gedreht, so dass er seinen Geliebten anschauen konnte. Als dieser den ungläubigen Ausdruck bei dem Blonden sah musste er schmunzeln. "Die Bezeichnungen stammen nicht von mir." "Aha... okay... aber... was soll der Frosch sein?", fragte Joey verwirrt. "Wir knien beide, du hinter mir, mein Rücken an deiner Brust, deine Beine etwas gespreizt und dann dringst du in mich ein.", erklärte Seto sanft. Joey Kopf ging in Flammen auf. "Woher weißt du all das?", fragte Joey, während er sein Gesicht halb ins Kissen und damit von Seto wegdrehte. "Recherche.", kam es trocken von dem Brünetten, was dazu führte, dass Joeys Kopf sofort wieder zu ihm schnappte. "Recherche?", wiederholte Joey verblüfft. "Ja, natürlich. Hab recherchiert nachdem wir das erste Mal miteinander geschlafen hatten.", meinte Seto amüsiert. "Ich möcht ja nicht, dass du dich beim Sex langweilst." Joey schaute Seto einfach nur völlig sprachlos an. Was hätte er auch darauf schone erwidern sollen? Doch dann musste er lachen. Das war wieder so typisch Seto. "Hey, was ist denn so lustig?", fragte Seto kurz irritiert. "Das alles ist gerade so völlig absurd.", meinte Joey locker und entspannter. "Voll und ganz du, so wie du schon immer warst, aber dennoch irgendwo an sich absurd." "So?", schmunzelte Seto, der genoss, dass die Anspannung und die Peinlichkeit von seinem blonden Streuner abgefallen waren und er so vollkommen entspannte. Sanft küsste er dessen Nacken. Nachdem Joey sich wieder gefangen hatte lagen sie wieder ruhig im Bett, Joey weiterhin in Setos Armen, und genossen die Nähe zueinander. Erst nach ein paar Minuten durchbrach der Blonde erneut das Schweigen. "Seto?", kam es mit einer Spur Unsicherheit und Nervosität von Joey. "Hm?", erwiderte Seto. "Bei den Stellungen, die du genannt hast, da haste immer dich als... uhm...", Joey kam ins Stocken. Wie hatte Tristan vorhin so nett bemerkt: Er musste an seinem Wording arbeiten. "der bezeichnet, der... also... mich in sich hat." Irgendwo fand Seto es putzig, wie schwer es Joey fiel die richtigen Worde zu finden und diese dann noch mit einer Spur Verlegenheit heraus zu bringen. "Hm... ja.", gab er Joey Recht. "Ich... würde gerne mal... also... es noch einmal versuchen wollen.", meinte Joey unsicher, dessen Nervosität und Angst sein Herz bis zum Hals schlagen ließen. "Noch einmal versuchen?", kam es nicht verstehend von Seto. "Was denn versuchen?" "Na... du weißt schon.", stammelte Joey verlegen. "Du... in mir..." Das überraschte Seto jetzt, da er nicht damit gerechnet hatte, dass Joey überhaupt irgendwann noch einmal dazu bereit wäre ihn in sich zu akzeptieren. "Können wir ja bei der nächsten Gelegenheit mal probieren.", erwiderte der Brünette liebevoll und platzierte einen weiteren Kuss an Joeys Hals. Dieser legte seinen Kopf ein wenig zur Seite und genoss die Zuwendung seines Drachens. "Warum nicht gleich?", fragte er nachdem Seto seine Liebkosung beendet hatte. Verdaddelt schaute der Brünette ihn an. "Warum so eilig?", fragte Seto behutsam nach. "Wir haben alle Zeit der Welt." "Haben wir das?", erwiderte der Blonde zweifelnd. "Ich... ich möchte nur nicht irgendwann aufwachen und bereuen, dass wir zu lange gewartet haben." "Zu lange gewartet? Hey, Streunerchen... bei dir klingt es so, als hätten wir ein Ablaufdatum. Aber so ist das nicht...", kam es erschrocken von Seto. "Man kann nie wissen, was die Zukunft für uns bereit hält... irgendwann... könntest du etwas erfahren, was deine Meinung über mich und unsere Beziehung ändert und dann...", kam es leise von Joey, der seinen Blick von Seto abwandte. "Egal was ich jemals über dich erfahren werde, ich werde dich nie wieder hergeben. Du bist mein und ich bin dein.", flüsterte Seto behutsam, nachdem er eine blonde Strähne hinter Joeys Ohr gestrichen hat. "Ich liebe dich und nichts wird diese Liebe jemals beenden." Joey wollte den Worten seines Freundes glauben, doch der vergangene Sommer schwebte wie ein Damoklesschwert über ihnen. Da war sich Joey sicher. Wenn Seto jemals erfuhr, was diese Typen alles... Er spürte, wie allein der Gedanke ihm die Tränen in die Augen trieb. Seto zog ihn wieder näher an sich und küsste erneut den Nacken des Blonden. "Ich gebe dir mein Wort darauf, dass es nichts gibt, was meine Liebe zu dir jemals beenden wird. Nichts.", kam es ernst von Seto, der Joey schließlich in seinem Arm drehte, so dass sie von Gesicht zu Gesicht einander anschauen konnte. Vorsichtig legte er seine Lippen auf die des Blonden und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss. Im ersten Moment war Joey perplex gewesen, doch dann legte er seine Arme um Setos Nacken und erwiderte den Kuss ebenso leidenschaftlich, wie Seto ihn initiiert hatte. Er liebte seinen Drachen über alles und der Gedanke, dass er ihn verlieren könnte war unerträglich. Doch noch war es nicht soweit und er wollte das Zusammensein solange genießen, wie es anhielt. Kapitel 151: Wenn der Damm bricht --------------------------------- Kapitel 151 - Wenn der Damm bricht Joey saß Kai gegenüber und blickte zum dritten Mal auf seine Uhr. Wo blieb Seto nur? Da verkündete ein Piepsen den Eingang einer Textnachricht. Joey zog sein Smartphone hervor und sah, dass die Nachricht von seinem Drachen war. Er öffnete sie und verzog enttäuscht sein Gesicht. Aus der kurzen Nachricht seines Freundes ging hervor, dass sein Wagen im Stau des Abendverkehrs feststeckte und er es nicht mehr schaffen würde. "Ich denke... wir verschieben die heutige Sitzung.", meinte Joey leicht angesäuert. "Schafft es Seto nicht?", hakte Kai behutsam nach. "Nö.", kam es mit einem deutlich enttäuschten Unterton von Joey. "Aber deswegen müssen wir diese Sitzung doch nicht ausfallen lassen.", meinte Kai schließlich vorsichtig. Sofort blickte Joey ihn musternd an. "Seto meinte, dass du es vielleicht mal begrüßen würdest, wenn du mit mir alleine sprechen könntest." "So... hat er das?", kam es frustriert von dem Blonden. Er wusste, was jetzt folgen würde. Prüfend warf er einen Blick über seine Schulter und hoffte, dass Seto just in diesem Moment herein gestürmt kam. Doch im Wohnzimmer war alles ruhig. "Du hast mit Tristan über den Sommer gesprochen.", versuchte Kai behutsam einen Einstieg in das Thema zu finden, dass der Blonde so vehement ablehnte. Joey verschränkte die Arme defensiv vor seiner Brust und blickte kurz hinaus in den verschneiten Garten. "Ja.", antwortete Joey leise. "Hat er reagiert, wie du es erwartet hast?", wollte Kai wissen und damit das Gespräch am Laufen halten. Es war ungewöhnlich, dass Joey nicht sofort abgeblockt hatte. "Nein.", kam es einsilbig von dem Blonden. "Was hattest du denn erwartet?", wollte Kai wissen und stellte eine Frage, auf die Joey nicht mehr mit nur 'ja' oder 'nein' antworten konnte. Dafür zuckte dieser jetzt unschlüssig mit den Schultern. "D... Das er sich angewidert von mir abwendet und mir sowas an den Kopf knallt, wie, dass ich das alles verdient habe?", kam es leise von Joey, nachdem Kai einen langen Moment einfach abgewartet hatte. "Wie hat er reagiert?", hakte der Psychologe nach. "Hat... mich in die Arme gezogen und gesagt, dass nichts davon meine Schuld sei.", kam es noch leiser von dem Blonden, der seine Haltung etwas lockerte und seine Hände in den Schoss legte. "Warum hat dich diese Reaktion so überrascht?", fragte der Rothaarige. Joey blickte nur fragend zu ihm auf. "Das gleiche hast du doch auch befürchtet, für den Fall, dass Tristan irgendwann davon erfährt, was du bei dem Monster durch gemacht hast. Und auch nachdem Seto und er dich in deiner Wohnung nach der Woche im Sommer gefunden hat. Und in beiden Fällen hat es euch noch enger zusammengeschweißt." Joey horchte in sich hinein, bevor er nickte. "Hm... hast Recht.", kam es nur von dem Blonden. "Was hast du in Bezug auf deine anderen Freunde für die zwei Fälle befürchtet?", wollte Kai wissen. "Das gleiche.", gestand Joey schamhaft. "Und wie haben deine Freunde schlussendlich reagiert?", fragte der Ältere weiter. "Mit viel Verständnis.", antwortete Joey erneut. "Was dachtest du, wie Seto reagieren würde, wenn er erführe, dass das Monster dich missbraucht und zwecks Schuldentilgung gelegentlich an die Yakuza verhökert hat?", kam direkt die nächste Frage. "Das er mich fallen lassen würde.", kam es kaum hörbar von Joey. "Und...? Hat er das getan?", folgte sogleich von Kai. "Nein. Er... hat mich beschützt und in meinem Ziel bestärkt, mich vorzeitig Mündig erklären zu lassen.", kam es von Joey. "Wie war das nachdem du wieder nach Hause gedurft hast. Da hattest du gedacht, Seto würde dich für schmutzig halten und dich nicht mal mehr mit der Kneifzange anpacken... und... wie hat er reagiert?", wurden Kais Fragen offensichtlicher. "Mit viel Liebe und Verständnis und... Fürsorge.", antwortete Joey und ließ eine Träne über die Wange perlen. "Letzte Frage: Warum glaubst du, dass Seto dieses Mal anders reagieren würde, als die Male zuvor?", kam es nun sanfter von dem Rothaarigen. "Weil... die Woche im Sommer dadurch ganz anders wirken würde.", hauchte Joey beschämt. "Wieso?", hakte Kai interessiert und ernst nach. "Weil es so wirken könnte, als ob ich das alles freiwillig gemacht habe.", wisperte der Blonde. "Aber wir wissen doch, dass du mit dem Oyabun eine Vereinbarung getroffen hattest. Dennoch glauben weder Seto, noch Tristan oder Mokuba und auch ich nicht, dass du das alles gewollt hast.", versuchte Kai behutsam das Argument des Blonden zu entkräften. "Ich hab neulich mit deinem Dad geskypt. Er hat mir von einem Albtraum erzählt, den du in den USA gehabt hattest.", eröffnete Kai vorsichtig seinem Patienten. "Du sollst im Traum immer wieder gesagt haben, dass 'sie' das nicht machen sollen, weil 'sie' dich damit 'ruinieren'." Eine weitere Träne perlte über Joeys Gesicht, die er sich hastig mit zittriger Hand wegwusch. Dabei biss er sich auf die bebenden Lippen. Er konnte gerade nicht den Blickkontakt zu seinem Therapeuten halten. "Joey... womit könnten 'sie' dich ruinieren?", fragte Kai direkt. Joey rang mit sich. Sein Innerstes bebte und zitterte. War zum Zerreisen gespannt. Er schluckte ein paar Mal, während sich mehr Tränen aus seinen Augen drängten. "Sie... sie haben alles aufgenommen.", presste Joey mit großer Anstrengung hervor. Kai brauchte einen Moment, bevor ihm die Tragweite klar wurde. "Die... Vergewaltigungen?", hakte der Rothaarige vorsichtig nach. Joey nickte nur. "Der Alte hatte mehr Schulden angehäuft, als jemals zuvor.", begann Joey endlich zu erzählen. "I... Ich dachte bei dem Gespräch mit dem Oyabun noch, dass es nur... um ein paar Ficks gehen würde, wie sonst auch. Dann haben sie mich mit etwas betäubt und als ich wieder wach wurde, war ich in einer kleinen Lagerhalle in der es verschiedene 'Settings' gab. Und überall standen Kameras und... es war wie in einem Filmstudio." Die Tränen liefen unaufhörlich. "Ich hab protestiert und geschrien. Doch der Oyabun meinte nur, ich hätte der Vereinbarung zugestimmt. Ein Bruch meines Wortes würde... mir die Ehre nehmen... und ich hätte ja an Osachi gesehen, was der Oyabun von einem verlangte, wenn man seine Ehre verlor. Anfangs hab ich sie einfach machen lassen, doch es hörte nicht auf... ich wurde von einem Set ins nächste geschleppt und die Typen wechselten durch und... irgendwann ertrug ich es nicht mehr und begann mich zu wehren. Doch das stachelte sie nur noch mehr an. Es war fast so, als ob sie darauf gewartet hätten, dass ich begann mich zu wehren. Und dann... fing der ganze Albtraum erst so richtig an.", wisperte Joey mehr, als das er richtig sprach. Kai hielt ihm eine Schachtel mit Taschentüchern darin hin. Joey nahm eines der Tücher und versuchte der Tränen Herr zu werden. Doch es wollte nicht gelingen. Immer mehr Tränen drängten sich heraus. "Ich... ich wollte gar nichts davon und ich wollte schon gar nicht, dass sie das ganze aufnehmen und es auf DVDs pressen.", weinte er bitterlich auf, während er seine Beine auf die Sitzfläche zog und an seine Brust holte. Er verbarg sein Gesicht an den Schenkel und begann sich vor und zurück wog. "A... aber welche Wahl hatte ich schon... ich... ich hab am Anfang noch versucht alles auszublenden... doch die haben mein Bewusstsein immer wieder in diese Lagerhalle gezwungen." Dann verlor Joey völlig die Fassung und schluchzte noch lauter als zuvor auf. Kai stand auf und näherte sich langsam. Setzte sich vor Joey auf den Couchtisch und versuchte Blickkontakt herzustellen. Doch das Vorhaben war zum Scheitern verurteilt. Joey anzufassen kam für ihn nicht in Frage, denn das würde Joey in dieser Situation völlig in Panik geraten lassen und möglicherweise in den Sommer zurück versetzen. In diesem Moment ging die gläserne Tür des Wintergartens auf und Seto kam herein. Seto brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde um die Lage zu peilen und eilte zu seinem Streuner, um sich neben ihn zu setzen, der sich sofort an seine Brust warf. Kapitel 152: Seto ----------------- Kapitel 152 - Seto Seto saß an der Bettkante und strich Joey sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Die Augen seines Streuners waren geschwollen vom vielen Weinen. Er hatte vorhin gar nicht mehr aufhören können und selbst nachdem Kai Joey etwas zur Beruhigung gespritzt hatte, waren die Tränen nur so über das Gesicht seines Geliebten geflossen. Kai musste ihm gar nicht sagen, worüber sie gesprochen hatten. Das war Seto vollkommen klar gewesen. Einerseits war Seto froh, dass Joey endlich mit Kai darüber gesprochen hatte, was im Sommer gewesen war. Er hoffte, dass sich der Blonde nun nicht länger dagegen sträuben würde die Geschehnisse mit Kai aufzuarbeiten. Andererseits machte es ihn betroffen, dass sein Streuner sich weiterhin vehement weigerte mit ihm darüber zu sprechen. Joeys Scham war einfach unglaublich groß und Seto war klar geworden, dass er nicht von sich aus ansprechen konnte, dass er im Grunde wusste zu was diese Kerle seinen Streuner gezwungen hatte. Das würde nur dazu führen, dass sein Geliebter sich von ihm abwenden würde, weil dieser den Gedanke nicht ertragen würde, dass er es wusste. Mokuba kam ins Zimmer und legte sich neben Joey ins Bett. Dann deutete er Seto an, dass Kai noch immer wartete. Nur langsam stand Seto auf, streichelte Mokuba über dessen Mähne und verließ das gemeinsame Schlafzimmer. Als er unten im Wohnzimmer ankam wartete Kai vor dem Kamin stehend. "Wie geht es dir, Seto?", fragte Kai mit sanftem Unterton. Seto kannte diesen Unterton nur zu gut. So hatte Kai immer während ihrer Gespräche früher geklungen. "Ich bin okay.", meinte Seto kurz angebunden. "Du bist immer noch ein miserabler Lügner.", merkte Kai mit einem Schmunzeln an, bevor er zum Chesterfield Sofa begab und sich darauf niederließ. Seto folgte eher unterbewusst Kais Vorbild und setzte sich in den dazu gehörigen Sessel. "Also, was beschäftigt dich?" "Ich weiß, was im Sommer war.", meinte Seto leise. Kai sah ihn überrascht an. "Woher? Hat Joey es dir erzählt?", fragte Kai nach. "Nein. Joey würde mir davon niemals erzählen.", antwortete der Brünette. "Woher weißt du es dann?", wollte Kai wissen. "In Amerika wurde Joey von einem von Serenitys Lehrer angemacht. Als er erfuhr, dass Joey erst 17 ist meinte er, dass sei völlig unmöglich. Diese Erwiderung hat mir keine Ruhe gelassen, also hab ich ihn aufgesucht. Bei sich zu Hause. Dort fand ich in seinem Mülleimer einige DVDs, auf denen Joey abgebildet war. Porno-DVDs.", erzählte Seto und zum ersten Mal ließ er seinen Schmerz über diese Erkenntnis bewusst zu. "Was hast du dann getan?", hakte der Rothaarige nach. "Ich hab die DVDs mitgenommen. Hab sie Jack gezeigt und gemeinsam haben wir versucht alle noch verfügbaren DVDs aufzukaufen, die wir finden konnten.", berichtete der Jungunternehmer. "Habt ihr euch die DVDs angeschaut?", wollte der Therapeut wissen. Seto schüttelte den Kopf. "Nein... das heißt... wir haben uns die Einverständniserklärung angeschaut.", gestand der Brünette. "Die Einverständniserklärung?", kam es verwirrt von Kai. "Auf Hardcore-Pornos wird vor oder nach dem Video eine Erklärung des Darstellers verewigt, dass er mit allem, was im Porno geschehen ist, einverstanden ist.", erklärte Seto. "Und so eine Erklärung gab es von Joey?", stellte Kai eine eher rhetorische Frage. Auf einmal sprang Seto aus dem Sessel auf und wurde energischer. "NEIN. Sie haben irgendeinen abgehalfterten Pornodarsteller genommen, ihm die Haare echt schlecht blondiert und ihn die Erklärung einsprechen lassen. Ein Blinder mit einem Krückstock hätte gesehen, dass die beiden unmöglich die gleiche Person sein können.", kam es wütend von Seto. "Diese Schweine... wenn sie nicht schon einsitzen würden, dann würde ich sie..." "Was würdest du sie?", wollte Kai Setos unausgesprochene Drohung nicht einfach so stehen lassen. "Sie büßen lassen, für das, was sie ihm angetan haben.", zischte Seto gefährlich leise. "Jeden einzelnen von ihnen." "So wie Joeys Vater?", hakte Kai nach. Überrascht blickte Seto zu dem Psychologen. "Woher...", fragte Seto verblüfft. "Unterschätzt du mich noch immer, Seto?", erwiderte Kai mit einem amüsierten Schmunzeln im Gesicht. "Er hätte nur seine Klappe halten müssen, dann hätte ich ihn und seine Taten nicht geoutet.", erklärte Seto geschäftsmäßig. "Wir beide wissen, dass das eine Lüge ist.", merkte der Ältere selbstsicher an. "Ich hasse es, wenn du das tust.", erwiderte der Brünette kalt, während er sich wieder auf einen Sessel fallen ließ. "Was?", wollte Kai wissen. "Mich so gut zu kennen.", antwortete der Jungunternehmer kalt. "Tja, sowas bleibt bei meiner Arbeit nicht aus... du hast es genossen, seine Taten laut und für alle im Besucherraum hörbar anzuprangern. Dir ist bewusst, welche Konsequenzen das für ihn haben wird.", fasste Kai erneut die Situation zusammen. Seto begann zu grinsen. "Ja, ich weiß, was die anderen Insassen tun, sobald sich das rumspricht. Und er hat es verdient.", zischte Seto. "Er ist ein Kinderschänder, der dafür niemals belangt werden wird. Aber er wird seiner Strafe nicht entgehen." "So wie es Gozaburo getan hat?", setzte Kai ernst nach. Sofort wich das selbstzufriedene Grinsen Setos aus dessen Gesicht und blickte Kai mit einem Blick an, mit dem er früher Joeys Freunde von sich fern gehalten hatte. "Gozaburo war ein feiges Schwein, welches lieber Selbstmord begangen hat, als sich den Konsequenzen seines Handeln zu stellen.", zischte Seto so leise und bedrohlich, dass sich Kais Nackenhärchen aufstellten. "Aber er wurde schlussendlich nie für das, was er dir angetan hat, zur Rechenschaft gezogen.", merkte Kai an und versuchte normal zu klingen. "Er ist tot... das hat mich voll und ganz zufrieden gestellt.", erwiderte Seto, während er seinen Blick von Kai abwandte und aus dem Fenster blickte. "Früher hast du bei unseren Gesprächen oft gesagt, dass du dir gewünscht hättest, dass er vor Gericht gestellt worden und ins Gefängnis gekommen wäre, um am eigenen Leibe zu erfahren, was für ein Leid er dir angetan hat.", rief der Rothaarige ihnen beide ins Gedächtnis. "Er hätte es verdient... genau wie dieser Wheeler-Abschaum.", kam es nun wieder aufbrausend von Seto. Kai hätte Seto gerne zugestimmt, doch seine Professionalität zwang ihn wertneutral zu bleiben und seine eigene Meinung für sich zu behalten. "Hast du Joey von deinem Besuch bei seinem alten Herrn erzählt?", wollte Kai nach einem Augenblick wissen. "Nein.", meinte Seto wieder ruhiger. "Er muss das nicht wissen." "Meinst du nicht, es würde ihm eine gewisse Genugtuung geben, zu wissen, dass der Mann, der ihm seine Kindheit und Jugend geraubt hat, nun dafür büßen wird?", hakte der Therapeut weiter nach. "Joey ist anders. Es würde ihm keine Genugtuung geben, sondern höchstens Schuldgefühle bei ihm verursachen. Denn Joey ist nach all dem Scheiß, durch den er gegangen ist immer noch ein guter Mensch.", erklärte der Brünette selbstsicher. "Du bist auch ein guter Mensch.", merkte Kai sanft an. "Nein... nicht so wie Joey...", widersprach der Jungunternehmer. "Sollen wir das Thema wechseln?", fragte Kai und kannte die Antwort bereits, bevor Seto auch nur zur Antwort ansetzte. "Ja, bitte.", kam es wie erwartet von dem Jüngeren. "Wie ist der Sex mit Joey?", fragte Kai unverblümt und erntete dafür einen verdaddelten Ausdruck von Seto, der nicht fassen konnte, welches Thema Kai da gerade anschnitt. "Hab ich doch schon in der Sitzung mit Joey gesagt.", blaffte er defensiv. "Seto... wir sind unter uns.", mahnte Kai ihn. "Ich genieße den Sex mit Joey.", wiederholte Seto ehrlich. "Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas jemals genießen könnte, doch mit Joey... ist es etwas Besonderes." "Soweit ich weiß hattet ihr schon mehrfach Sex miteinander, aber immer in der gleichen Pose: Du auf Joey.", wiederholte Kai das, was Seto ihm selbst bei der gemeinsamen Sitzung mit Joey erzählt hatte. "Ja, und?", reagierte Seto unwirsch. "Warum so und nicht anders?", wollte Kai wissen. "Weil Joey noch nicht bereit ist wieder jemand in sich zu spüren.", erklärte Seto. "Okay, aber... es gibt ja verschiedene Stellungen in der ihr eure Rollen beibehalten könnt.", begann Kai seine Frage zu wiederholen. "Vielleicht... bin ich noch nicht bereit dabei unten zu liegen.", antwortete Seto schließlich, als ihm endlich klar wurde, auf was der Psychologe eigentlich hinaus wollte. "Du brauchst also die uneingeschränkte Kontrolle dabei.", stellte Kai behutsam fest. "Na und... ich bin nun mal ein Kontrollfreak. Du hast damals selbst gesagt, dass das nicht ungewöhnlich für Missbrauchsopfer ist, dass sie danach alles kontrollieren wollen.", kam es sofort defensiv von Seto und blendete aus, dass er sich eben selbst als Opfer tituliert hatte. "Das ist richtig... und wenn du den Sex mit Joey jetzt schon genießt, dann stell dir erst einmal vor, wie umwerfend der Sex wird, wenn du los und dich fallen lassen kannst.", kam es sanft von Kai, der Seto väterlich anlächelte. Seto ließ die Worte auf sich wirken und wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Kai stand langsam auf, ging zu Seto und legte ihm behutsam eine Hand auf die Schulter. Seto blickte zu ihm auf und wirkte weniger wie der Geschäftsmann, als vielmehr wie ein Kind, welches von seinem Vater überrascht worden war. "Bis übermorgen.", meinte Kai in seiner gewohnt ruhigen Art, bevor er schließlich das Wohnzimmer verließ. Kapitel 153: Warum konnte es nicht immer so sein? ------------------------------------------------- Kapitel 153 - Warum konnte es nicht immer so sein? Langsam erwachte Joey. Seine blonden Haare waren total wirr und standen ihm chaotisch ab. Als er in der Lage war sich zu fokussieren erkannte er seinen Drachen, der neben ihm lag, sein Kopf mit einem angewinkelten Arm stützte und ihn sanft anlächelte. Schlagartig war der Blonde wach und blickte seinen Freund mit großen, braunen Augen an. "Was?", kam es verwirrt von Joey. "Happy Birthday, mein Streuner.", wisperte ihm Seto zu und auf Joeys Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. "Danke.", erwiderte Joey, während Seto sich nach vorne beugte und seine Lippen auf die des Blonden legte und ihn sanft küsste. Joey genoss den Kuss und spürte sein Glück, dem er sich immer mehr bewusst wurde, seit er nach ihrer Rückkehr mit Kai über alles gesprochen hatte. Dadurch hatte sich eingebürgert, dass er während den Sitzungen mit Kai alleine war und Seto im Wohnzimmer wartete. Er wollte es nicht zugeben, aber es war tatsächlich eine Erleichterung gewesen mit Kai über alles im Detail zu sprechen. Als der Kuss ausklang lächelte dieses Mal Joey seinen Drachen sanft an. "Hmmm... mehr.", kam es leise von ihm, was Setos Lächeln anfachte und er erneut seine Lippen auf die seines Streuners presste. Dieser ließ eine Hand in das Haar seines Geliebten gleiten. Er liebte diese seidig-weiche Textur von Setos Haar und der Geruch dessen Shampoo. Als der Kuss langsam ausklang grinste Seto spitzbübisch. "Wenn du so weiter machst, werden wir beide zu spät kommen und dann wird dich dein Chef zum Oberboss schicken... hab gehört, der soll ein wahrhaftiger Tyrann sein in seiner Drachenhöhle.", meinte Seto verspielt. "Ach was, dass glaub ich nicht.", entgegnete Joey mit einem verliebten Blick. "Ich glaub, der macht nur auf streng, weil er ein junges Genie ist, der sich gegen die älteren Mitarbeiter behaupten muss und deshalb äußerst streng mit ihnen umspringt. Aber ich bin doch jünger als der Oberboss... da muss er sich mir gegenüber nicht so behaupten.", erwiderte Joey und ging damit auf das Spiel ein. "Na ja... sooo jung auch wieder nicht, immerhin wirste heute älter.", wandte Seto ein und kicherte dabei. Joey boxte ihn vorsichtig gegen die Schulter. "Selbst wenn ich älter werde, bist und bleibst du älter als ich.", kam es sofort von dem Blonden. Kurz empörte sich Seto über diese Behauptung, begann dann aber zu lachen und seinen Streuner zu kitzeln, der laut auflachte und versuchte sich zu befreien, was natürlich völlig hoffnungslos war. "Nein, nicht... Gnade... ich nehm alles zurück... mein Boss ist ein Drache... ein feuerspeiender Drache.", schrie Joey lachend, während er sich weiterhin unter Seto wandte. "Ist das so eine Art Vorspiel?", kam es plötzlich von Mokuba und Seto und Joey stoben auseinander, während sie sich aufsetzten, bevor sie Mokuba erkannten und sich wieder etwas entspannten. "Selbst wenn, würden wir es vor dir nicht zugeben.", kam es neckend von Joey, der immer noch das breite Grinsen im Gesicht hatte. Seit langer Zeit war es ein ehrliches und echtes Grinsen. Mokuba maulte kurz, bevor er sich vom Grinsen anstecken ließ und zu den beiden ins Bett sprang. Er fiel Joey um dessen Hals. "Herzlichen Glückwunsch, Joey...", flüsterte er ihm ins Ohr. Joey schlang seine Arme um den Jüngeren und lachte amüsiert. "Danke, Kleiner.", erwiderte er vergnügt. Dann warf er Mokuba vor sich auf das Bett und begann den Jüngsten von ihnen durch zu kitzeln, der sofort verspielt und schallend auflachte. "Nein,... nein, nicht... Bruder... hilf mir...", lachte Mokuba. Seto kam an die beiden heran und ein Funkeln im Auge ließ ihn für einen Moment für Mokuba gerissen wirken. Dann begann Seto ihn auch zu kitzeln. Der Jüngere schrie laut auf und wandte sich weiterhin lachend unter den Kitzelattacken der beiden älteren. Joey war mitten in einer Illustration, als ein Schatten von hinten über seine Schulter fiel. Doch er zuckte nicht zusammen. Er war in er Kaiba Corp relativ entspannt und wusste, dass niemand, der nicht auch hier her gehörte, einfach so in seine Abteilung spazieren konnte. Also waren die Möglichkeiten limitiert, wer ihm da so über die Schulter blickte. Da er nicht angesprochen wurde, reduzierten sich diese sogar auf nur eine Person und so war er sich sicher, sich nicht lächerlich zu machen, wenn er diese nun ansprach. "Man fängt noch an zu reden, wenn der Big Boss so oft in der Grafikabteilung ist.", meinte Joey mit Schalk in der Stimme. Es war in der Firma längst kein Geheimnis mehr, dass sie beide ein Paar waren. Dennoch wahrten sie den Anstand und vermieden Zuneigungsbekundungen und sei es nur Händchen halten. "Ich glaub, der Zug ist längst abgefahren, Streuner.", erwiderte sein Drachen. "Die Illu gefällt mir sehr gut." "Kein Wunder... immerhin ist der blauäugige, weiße Drache abgebildet.", kam es grinsend von Joey. "Was... echt?", spielte Seto den Überraschten. Natürlich hatte er den Drachen erkannt und er würde nicht abstreiten, dass er dazu beitrug, dass ihm die Illustration gefiel. "Aber ich mein das Gesamtwerk gefällt mir sehr gut." "Danke.", akzeptierte Joey stolz das Lob seines Geliebten. "Bist du dann soweit?", fragte Seto, als Joey keine Anstalten machte seine Sachen wegzuräumen. "Soweit?", wiederholte Joey irritiert ohne inne zu halten, sondern während er sich nach vorne beugte und sich einem Detail auf seiner Illustration widmete. "Wir wollten heute gemeinsam früher Schluss machen.", rief Seto amüsiert seinem Freund in Erinnerung. Wer hätte jemals gedacht, dass der Chaot und Klassenclown Joey jemals die Gelegenheit früher Schluss zu machen verpennen würden. In ihrer Schulzeit wäre das niemals vorgekommen. Joey schnellte wieder in die Senkrechte, als Seto ihn erinnerte, und sein Hinterkopf machte mit Setos Kinn Bekanntschaft. Sofort drehte sich Seto, der seine Hände an das Kinn legte, weg und krümmte sich ein wenig. "Oh Fuck... Seto...", kam es völlig überrascht von dem Blonden, der jetzt von seinem Hocker aufsprang und seine Hände auf Setos Rücken legte, während alle anderen in der Abteilung entgeistert und geschockt zu den beiden Blickte. "Ist alles in Ordnung. Das wollt ich nicht." Seto winkte mit einer Hand ab, brauchte aber noch einige weitere Augenblicke, bis er den Schmerz des ungewollten Zusammenstoßes überwunden hatte. Er rieb sich noch mal über das Kinn. "Schon gut... nichts passiert.", meinte er etwas angeschlagen. Joey blickte ihn ehrlich bedauernd und besorgt an. "Wir brauchen Eis... nicht das das blau wird.", kam es auf einmal hektisch von Joey, der sich schon umdrehen und wegrennen wollte. Doch Seto griff nach seinem Handgelenk, hielt ihn auf und wandte ihn wieder zu sich. Dabei lächelte er sanft. "Ich sagte doch, es ist schon gut... Nun mach mal zu Ende und dann fahren wir nach Hause.", meinte Seto so sanft, wie er es sich eigentlich nur erlaubte, wenn sie in ihren vier Wänden waren, wo er keinen Schein waren musste. Joey nickte nur, setzte sich noch einmal an seinen Platz und begann seine Stifte zu ordnen und in die Halterungen an der Wand einzusortieren. Die Illustration schob er unter die transparente Schutzfolie, die über die gesamte Tischfläche ging. Dann schaltete er seine Tischlampe aus und ging noch einmal zu Mamoru - seinem Abteilungsleiter - um sich abzumelden. Schließlich verließen sie die Abteilung und strebten den Aufzug an, der sie in die Tiefgarage bringen würde. "Bist du sicher, dass ich dir nicht ein Steak aus dem Kühlschrank holen soll?", fragte Joey zum wiederholten Mal, als sie in die Villa kamen. "Ja.", kam es ganz leicht genervt von Seto, dem es während der gesamten Fahrt nicht gelungen war die Bedenken und Sorgen seines Streuners zu zerstreuen. "Es war nur der Schreck vorhin... glaub mir doch." Ohne das Joey es merkte lenkte Seto ihn in Richtung des Wohnzimmers. Gerade als Joey erneut ansetzen wollte schlug ihm ein geschrienes 'Überraschung' entgegen und ließen ihn kurz einen Schritt nach hinten springen. Seine Freunde lachten amüsiert, während sie auf ihn und Seto zuströmten. Erst jetzt konnte Joey über die gelungene Überraschung lachen. "Leute...", kam es von dem Blonden. "Na, du Vorreiter.", kam es von Tristan, der ihn kurz umarmte und an sich drückte. "Alles Gute." "Danke.", meinte Joey, als er die freundschaftliche Umarmung erwiderte. Auch seine restlichen Freunde ließen es sich nicht nehmen ihn zu umarmen. Sogar Ryou war wieder im Lande. Das freute Joey ungemein. Doch dann strebten seine Freunde nach links und rechts und gaben den Blick auf weitere Überraschungsgäste frei: Jack und Serenity, die ihn ebenfalls anstrahlten. "Herzlichen Glückwunsch, mein Sohn.", kam es von Jack, bevor Serenity laut quietschend zu ihrem Bruder sprang und sich ihm an den Hals warf. Joey glaubte für einen Moment, dass das Quietschen möglicherweise ein Glückwunsch gewesen war, war sich darin aber nicht so sicher, da es doch schon extrem hochfrequent gewesen war. "Dad... Schwesterchen...", kam es überrascht von dem Blonden, der regelrecht baff war. "W... was macht ihr denn hier?" "Na was schon, Brüderchen.", kam es etwas gediegener von der Brünetten in seinen Armen. "Wir wollen mit dir deinen Geburtstag feiern." "Aber... müsstest du nicht in der Schule sein?", fragte Joey verwirrt. "Das ist alles geklärt... bin für ein paar Tage freigestellt... sozusagen als verlängertes Wochenende.", quietschte sie erneut. Joey wusste nicht, was er sagen sollte, bis ihm etwas bewusst wurde. "Oh man, hättet ihr was gesagt, hätte ich mir morgen frei genommen.", meinte er bedauernd. "Aber wo wäre dann die Überraschung gewesen?", fragte Jack schmunzelnd. "Öhm... Schatz, sei bitte nicht wieder böse auf mich, aber ich hab das mit Ejima-san geklärt, dass du morgen nicht zur Arbeit kommen wirst.", meinte Seto und machte sich bereit, sich wegzuducken. Das letzte Mal, als er sich in Joeys Arbeit eingemischt hatte, hatte der Blonde ihm die Leviten gelesen und es nicht sehr begrüßt. "Danke, Seto.", kam es ehrlich dankbar von Joey, der sich zu seinem Drachen beugte und ihn behutsam küsste. "Wirklich... vielen Dank." Dann wurde der Blonde von seinen Freunden mehr ins Wohnzimmer gezogen, während einer die Musik startete. Auf dem Kaffeetisch stand eine große Torte und auf dem Beistelltisch einiges an Geschenken. Seto war mehr als zufrieden. Alle Überraschungen waren gelungen und Joey schien sich ehrlich über alles zu freuen und die Zeit mit seinem Dad, seiner Schwester, sowie seinen Freunden wahrlich zu genießen. Da spürte er, wie ihn jemand nach vorne schob. Als er über seine Schulter blickte sah er die schwarze Mähne seines Bruders. "Was machste da?", fragte Seto irritiert. "Du wirst jetzt zu deinem Streuner gehen, denn er hat schon vier Mal geschaut, wo du bleibst.", meinte Mokuba streng und als Seto überrascht zu Joey blickte sah er tatsächlich seinen bittenden Blick. Er lächelte und schloss dann zu Joey auf, während er Mokuba mit sich zog. Warum konnte es nicht immer so sein? Kapitel 154: Es geht halt noch nicht! ------------------------------------- Kapitel 154 - Es geht halt noch nicht! Nachdem Joeys Freunde am frühen Abend dann nach Haus gegangen waren und sie gemütlich mit Jack und Serenity zu Abend gegessen hatten, waren ihre Geschwister gemeinsam im oberen Stockwerk verschwunden. Kurz hatte Joey den beiden hinterher geschaut und dann fragend zu Seto geblickt. Doch der hatte ihm zu verstehen gegeben, dass alles gut war und die beiden alt genug, um selbst zu entscheiden, wie weit sie gehen würden. Auch Jack hatte sich dann für die Nachtruhe verabschiedet, da ihm der Jetlag in den Knochen saß. Joey und Seto hatten dann noch schnell etwas Geschirrt in die Küche gebracht, auch wenn es nicht notwendig gewesen wäre. Wozu hatte man schließlich ein Hausmädchen? Als Joey das letzte Geschirrstück in den Geschirrspüler geräumt hatte und sich wieder aufrichtete umschlangen ihn die Arme seines Geliebten, der ihn sanft am Nacken küsste. Für einen Moment schloss Joey seine Augen und genoss die Liebkosung, spürte aber auch, wie dieser harmlose Kuss etwas in ihm auslöste. Merkte, wie seine Hose auf einmal enger wurde, was natürlich nicht der Wirklichkeit entsprach. Nicht die Hose wurde enger, sondern der Platz in selbiger wurde langsam aufgebraucht. "Komm...", flüsterte Seto ihm ins Ohr und zog ihn dann behutsam mit sich aus der Küche, die Treppe hinauf in das obere Stockwerk und dann in Richtung ihres Zimmers. Dabei kamen sie auch an Mokubas Zimmer vorbei aus dem aber nichts zu hören war. Fragend blickte Joey erneut zu Seto, der ihn nur liebevoll anlächelte. Schließlich kamen sie an ihrem Zimmer - Setos früheres Schlafzimmer - an und Seto zog ihn näher an sich. Sanft legte er erneut die Arme um Joeys Taille und küsste ihn liebevoll. "Happy Birthday, mein Streuner.", flüsterte Seto erneut, bevor sie durch die Tür ins Zimmer stolperten. Auf dem Boden und dem Bett lagen überall Rosenblütenblätter und boten einen überwältigenden Anblick. Joey war vom Anblick überwältigt. Normalerweise kannte er sowas nur aus diesen übermäßig kitschigen Frauenfilmen, in denen es nur darum ging den anderen für sich zu gewinnen. So etwas Mal in der Realität zu erleben hätte Joey nie erwartet. Er ließ sich ohne Widerstand von Seto zum Bett ziehen. Auf dem Weg dahin überschüttete sein Drachen ihn mit unzähligen Küssen und begann ihm langsam das Hemd aufzuknöpfen. Kurz vor dem Bett streifte der Brünette ihm das Hemd über die Schultern ab und ließ das Unterhemd folgen. Dann machte er sich daran an Joeys Hose rumzufummeln und öffnete geschickt dessen Knopf. Die Hose rutschte ohne weiteres Zutun von der viel zu schmalen Hüfte, so dass Joey nur noch in seiner Boxer vor Seto stand. Dann machte auch der Blonde sich daran seinen Freund langsam aus dem Anzug zu pellen und zu entkleiden. Vorsichtig ließ er seine Finger über Setos Brust wandern, als diese von allen Stoffen befreit war. Seto genoss die Liebkosung durch seinen Geliebten, bevor er seine Lippen erneut an dessen Hals legte und dort vorsichtig an der Haut knabberte. Joey musste davon kichern. Das nutzte Seto, um sich mit seinem blonden Streuner auf das Bett zu werfen und halb über ihn zu rollen. "Ich liebe dich so sehr.", flüsterte er ihm zu. "Ein Leben ohne dich kann und will ich mir einfach nicht mehr vorstellen." Dabei glitten seine Hände an Joeys Seite hinab, was diesen erneut zum Kichern brachte. Er hatte seinen Geliebten noch nie so gelöst gesehen, wenn sie fast nackt gemeinsam im Bett lagen. Vorsichtig ließ er seine Fingerkuppen über die Narben am unteren Bauch gleiten, spürte das Zucken der Muskelpartien und merkte, wie Joey die Luft kurz scharf einzog. Doch er ließ ihn weiterhin gewähren. Wenn das nicht ein Vertrauensbeweis war... Wieder küsste Seto den Blonden und war trunken von seiner Liebe zu ihm. Nie wieder wollte er diesen Menschen an seiner Seite missen. Ohne ihn wäre sein Leben leer und freudlos. Nachdem ihr Kuss geendet hatte begann Seto über Joeys Körper zu küssen. Hals, Nacken, Brust, Bauch... tiefergehend. Joey legte seinen Kopf in den Nacken und versuchte all das zu genießen. Seine Haut kribbelte unter jedem Kuss, den er von Seto empfing. Dann rutschte Seto tiefer und zupfte mit seinen Zähnen am Bund der Boxer. "Darf ich?", fragte er und blickte über den flachen Bauch und die hervorstehenden Rippen hinauf zu seinem Streuner. Der hatte seinen Kopf wieder etwas angehoben und blickte aus halb geöffneten Augen, die nun golden glänzten, zurück, bevor er nickte. Behutsam streifte Seto die Boxer von der Hüfte seines Geliebten und entledigte sich auch gleich seiner eigenen. Das er bereits vollends erregt war, war kaum zu übersehen. Hauchzart küsste er Joeys Spitze, der dabei keuchte und seinen Kopf wieder auf das Bett legte. Seine Hände krallten sich in die unter ihnen liegende Decke. Behutsam begann Seto den Schaft entlang zu lecken, immer ein Auge auf Joey gerichtet, damit er sehen konnte, wie dieser reagierte. Er wollte beim kleinsten Zeichen des Unwohlseins oder eines anderen negativen Gefühls seine Tätigkeit anpassen. Doch im Moment schien Joey es zu genießen, also zog Seto sanft an der Vorhaut und legte die Eichel seines Geliebten frei. Erneut keuchte Joey laut auf. Also legte Seto seine Lippen um die mittlerweile pralle Spitze und begann seinen Geliebten oral zu verwöhnen. Der Blonde stöhnte genussvoll und konzentrierte sich voll und ganz auf seinen Drachen. Hin und wieder musste er sich mental sagen, dass das Seto war und sonst niemand, aber es kam zu keinen Flashbacks oder ungewollten Gefühlen. Im Gegenteil: Teilweise konnte er loslassen und sich den Empfindungen hingeben, die Seto in ihm auslöste. Und das tat Joey bereitwillig. Gleichzeitig massierte Seto Joeys Hoden, während er ihn weiter mit der Zunge und den Lippen verwöhnte. Dabei vermied er aber, ihn ganz in seinen Rachen aufzunehmen. Er wusste, dass das etwas war, was er selbst nicht konnte oder wollte. Aber bislang schien sein Streuner zu genießen was und wie er es tat. "Se... Seto?", kam es keuchend von Joey, der kurz seinen Kopf hob und den Blick seines Drachens suchte. "Hm?", kam es von Seto, der zu ihm aufsah. "K... Können wir es heute umgekehrt machen?", fragte Joey mit rauer Stimme. Umgekehrt? Es dauerte einen Moment, bevor Seto verstand, was der Blonde meinte. "Bist du sicher, dass du es so rum möchtest?", hakte der Brünette vorsichtig nach. Joey nickte, bevor er seinen Kopf wieder in den weichen Untergrund fallen ließ. Seto griff zum Nachttisch, zog die Schublade auf und holte einen Spender mit Gleitgel hervor. Vorsichtig nahm er sich einen Spritzer und während er seine Lippen wieder an die bebende Spitze legte, massierte er mit den angefeuchteten Fingern nun Joeys Hoden. Dabei ließ er sie immer mal wieder weiter nach unten zwischen die Pobacken gleiten. Seto spürte, wie sich Joey dabei immer wieder anspannte, bis er schließlich bei einem weiteren Versuch entspannt blieb. Joey öffnete seine Schenkel noch etwas mehr und verschaffte ihm somit etwas mehr Spielraum. Vorsichtig umfuhr er den Muskel und nahm sich dann noch ein Spritzer Gleitgel. Seine Kreise um den Muskel wurden kleiner, bis seine Fingerkuppe auf ihm lag. Er brauchte kaum Druck, um das erste Fingerglied einzuführen. Joey stöhnte auf, spannte sich wieder kurz an, ließ aber ebenso schnell wieder locker. Seto schob sich über Joey und küsste ihn, während er seinen Finger tiefer gleiten ließ. Dann begann er ihn behutsam zu bewegen. Joey stöhnte in den Kuss und hatte eine seiner Hände aus der Decke gelöst und auf Setos Schulter gelegt. Dieser ließ sich lange Zeit, bis er einen zweiten und später einen dritten Finger dazu nahm. Dabei ließ er seinen Streuner keinen Augenblick aus den Augen. "S... Seto... genug... bitte...", stöhnte der Blonde mit einem flehenden Unterton. "Bist du sicher?", fragte dieser seinen Geliebten und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. "Ja... bitte...", erwiderte Joey leise. "Okay.", meinte der Brünette, der seine Finger aus Joey zog und sich dann richtig positionierte. Er nahm noch etwas Gleitgel und rieb es sich auf seine Erektion. Ein mulmiges Gefühl entstand in ihm. Beim letzten Mal, als er in Joey eingedrungen war hatte dieser einen Flashback erlebt. Waren sie wirklich schon so weit? Doch Joey legte seine Beine um Setos Hüfte und zog ihn näher. Vorsichtig positioniert sich der Brünette, bevor er langsam in seinen Geliebten eindrang. Dieser presste sofort die Augen fest aufeinander, zog die Luft scharf ein und hielt sie. Seine Hand auf Setos Schulter krallte sich schmerzhaft fest, genauso wie die Hand, deren Finger die Decke zerwühlten. Seto hielt inne und gab Joey Zeit. Spürte, wie sich der Muskelring eng um seine Spitze legte. Die Enge war ein wenig unangenehm, doch er bewegte sich keinen Millimeter. "Nur ich hier... du bist bei mir und in Sicherheit.", flüsterte Seto dem Blonden zärtlich zu. Mit viel Mühe öffnet der Blonde seine Augen und suchte den Blickkontakt zu seinem Freund. Als er ihn fand spürte Seto, wie die Enge um sein Glied langsam etwas nachließ. Der Griff an seiner Schulter lockerte sich etwas. "Sollen wir wechseln?", fragte Seto sanft. Doch Joey schüttelte sofort den Kopf. "Nein... bitte... ich... ich möchte dich spüren.", hauchte der Blonde ihm entgegen. "Okay...", kam es mit einer Spur Unsicherheit von Seto. Er wartete noch einen Augenblick, dann schob er sich weiter in seinen Freund. Wieder zog dieser die Luft scharf durch die aufeinander gepressten Zähne in sich hinein und presste die Augen fest zusammen. Seto beugte sich etwas mehr und küsste Joey auf die Brust, dann auf den Nacken. Dies schien ihm zu helfen sich wieder mehr zu entspannen. Es dauerte mehre Minuten bis Seto in Joey vollständig eingedrungen war. Immer wieder hatte er inne gehalten und seinem Freund die Zeit gegeben, die dieser brauchte, um sich damit zu arrangieren. Doch seit er sich ganz in Joey befand spürte er, wie dessen Körper von einem Zittern durchzogen wurde. "Es ist alles gut, mein Streuner.", hauchte Seto ihm wieder zu. Doch dieses Mal löste es nicht die Anspannung des Blonden. Es schien sogar seine Verzweiflung zu mehren. "Warte, ich zieh mich wieder zurück.", meinte Seto fürsorglich, doch Joeys Beine hielten ihn an Ort und Stelle. "Schatz... lass locker, komm schon..." "Ich... ich will das.", keuchte Joey und seine Verzweiflung war deutlich zu hören. "Ich möchte das auch... aber es geht einfach noch nicht.", erklärte der Brünette ihm behutsam und strich ihm über die Wange. Frustriert ließ Joey seine Beine von Setos Hüfte fallen, so dass dieser sich zurück ziehen konnte. Verzweifelt schlug er sich die Hände vor das Gesicht und schluchzte herzzerreisend auf. Nachdem Seto wieder vollständig aus ihm heraus geglitten war legte er sich neben seinen Streuner, zog ihn in seine Arme, umschlang ihn und warf die Seite der Decke über sie, die nun frei geworden war. Resigniert weinte Joey an seiner Brust, frustriert vom eigenen Unvermögen das Erlebnis mit seinem Drachen zu genießen. Kapitel 155: Déjà-vu? --------------------- Kapitel 155 - Déjà-vu? Also Seto wach wurde, lag er alleine im Bett. Er hatte ein Déjà-vu. Es war wie am Morgen nach dem Abschlussball. Also stand er auf, ging duschen und zog sich an. Mit suchendem Blick ging er durch das Haus, bis er die Küche erreichte und dort einen mehr als gut gelaunten Joey hörte. Scheinbar machte Joey gerade für Serenity, Mokuba und seinen Dad Pfannkuchen. Vorsichtig betrat Seto die Küche und wurde überschwänglich von dem Blonden begrüßt. "Unser Langschläfer ist ja auch mal wach... Guten Morgen... Pfannkuchen? Mit Äpfel? Schokolade? Karamell? Puderzucker? Zimtzucker?", blubberte der Blonde ohne Punkt und Komma. Seto blickte auf die große Wanduhr über der Tür und sah, dass es gerade mal halb Sieben war. "Nein, danke.", meinte er schließlich und ging zu den anderen an den Tisch. Joey zuckte nur mit den Schultern, hüpfte zurück zur Pfanne, in der er gerade einen Pfannkuchen perfekt ausbackte. "Was ist denn mit ihm los?", fragte er flüsternd in die Runde. Jack zuckte nur die Schulter. "Keine Ahnung. Er hat uns heute Morgen geweckt und gefragt, ob wir Pfannkuchen haben wollen. Noch ehe ich antworten konnte war er auch schon wieder aus dem Zimmer verschwunden. Bei Nitty und Mokuba war es genauso. Als wir dann endlich runter kamen war er schon am Ausbacken von Pfannkuchen.", erklärte Jack ratlos. "Ist doch schön, dass er so gut drauf ist.", meinte Serenity, die nicht verstand, was daran jetzt schlecht sein sollte. "Nein... ist es nicht.", widersprach Mokuba vorsichtig und bekam von Serenity direkt einen verwirrten, leicht bösen Blick geschenkt. "Ich meine: Ja, es wäre gut, wenn er wirklich gut drauf wäre. Aber das... dieses überzogene 'gut drauf sein' ist nur Fassade. Ihm geht es gerade gar nicht gut und er versucht es zu überspielen." Geschockt blickte Serenity wieder zu ihrem Bruder der einen weiteren fertigen Pfannkuchen auf einen hohen Stapel bereits fertiger Pfannkuchen legte, während auf dem Frühstückstisch selbst auch noch ein halber Stapel stand. Er griff nach dem Messbecher, in dem immer noch Teig enthalten war und aus dem er den nächsten Pfannkuchen in die Pfanne schütten wollte. Serenity sprang auf und lief zu ihm, umarmte ihn von hinten und nahm ihm den Messbecher aus der Hand. "Ich glaube, wir haben mehr als genug Pfannkuchen, Brüderchen.", meinte sie sanft zu ihm, der sie nur verwundert ansah. "Ach was... man kann nie genug Pfannkuchen haben.", meinte Joey und wollte den Messbecher nun zurück nehmen. Doch Serenity stellte ihn etwas weiter weg ab und wandte ihren Bruder vorsichtig zu sich. "Was hat mein Brüderchen denn?", fragte sie besorgt. "Wie, was ich hab? Ich bin gut drauf... gestern war ein schöner Tag und Dad und du seid noch ein paar Tage hier... ich freu mich einfach nur.", meinte er und sah dann die ernsten Gesichter am Küchentisch. "Was habt ihr denn alle? Schmecken die Pfannkuchen nicht?" "Die schmecken großartig, Joey, wirklich.", antwortete Mokuba reflexartig. Das war auch nicht gelogen. Die Pfannkuchen schmeckten wirklich vorzüglich. Aber das änderte nichts an ihrer Sorge gegenüber dem Blonden. "Aber ihr esst ja gar nichts.", stellte Joey plötzlich bestürzt fest, während Serenity den Herd ausschaltete. Dann zog sie ihn sanft mit sich zum Küchentisch. Den Pfannenwender hatte er nach wie vor in der Hand. Jack angelte nach seiner Hand, nahm ihm das Kochbesteck aus der Hand und lächelte ihn väterlich an. "Großer... was ist wirklich mit dir los?", fragte er behutsam. Die gute Laune von Joey schien langsam zu verrauchen. "Hab ich doch eben schon gesagt.", kam es etwas schärfer als gewollt von dem Blonden, der nicht verstand, warum seine Familie sich nicht darüber freute, wenn er mal richtig gut drauf war. "Brüderchen...", setzte Serenity an, doch Joey hob abwehrend die Hände. Er kannte diesen Tonfall von seiner Schwester, den sie immer dann hatte, wenn sie etwas sagte, was er nicht hören wollte. "Ihr habt keine Lust auf Pfannkuchen... okay... dann... kann ich euch auch Waffeln machen. Bin mir sicher hier gibt's irgendwo ein Waffeleisen.", versuchte Joey wieder gut drauf zu wirken und zu grinsen. Doch so recht wollte es ihm nicht gelingen. Seto stand auf, umrundete den Tisch und zog Joey sanft in seine Arme. Doch dieser wollte das gerade nicht. Versuchte sich aus der Umarmung zu befreien, doch Seto ließ ihn nicht gewähren. "Eier und Speck... keiner kann Eiern und Speck zum Frühstück widerstehen.", kam es in einem letzten Versuch seine Fassade aufrecht zu erhalten. Vorsichtig küsste Seto seinen Streuner. "Sssh, Joey... es ist doch alles gut... Es gibt nichts, wofür du dich schämen müsstest... und wir lieben dich, egal wie du drauf bist... nur bitte... bitte lass das Vortäuschen sein.", bat Seto ihn behutsam und voller Liebe. Die Fassade des Blonden stürzte in sich zusammen und er sah ihn nur zweifelnd an, bevor er mit beiden Händen gegen Setos Brust schlug. "Was... wer will schon einen Scheißtrauerkloß um sich haben, vor allem wenn man um die halbe Welt geflogen ist.", keifte er plötzlich und man konnte die Spur der Verzweiflung aus seiner Stimme hören. "Du bist doch kein Trauerkloß.", wiedersprach Mokuba. "Ach nein? Die Spaßkanone war ich in den letzten Monaten aber auch nicht.", zischte Joey angespannt, bevor er sich von Seto losreisen wollte. Doch dieser hielt ihn bei sich. Das fachte Joeys Wut an. "Lass mich los." "Nein.", kam es ruhig und kühl von Seto. "Erst beruhigst du dich und dann reden wir darüber." "WORÜBER?", schrie Joey wutentbrannt. "Über meine Unfähigkeit mich dir hinzugeben? Kein Bedarf." Dabei zerrte er weiter an Setos Griff und war sich gar nicht wirklich bewusst, dass auch die Anderen hörten, was er gesagt hatte. Dies wurde ihm erst nach einigen weiteren Augenblicken bewusst. Seine Wangen röteten sich augenblicklich und nur aus dem Augenwinkel wagte er es zu Jack, Serenity und Mokuba zu schauen, die ihn einerseits überrascht, aber auch besorgt musterten. "Scheiße.", war alles, was Joey noch sagte, bevor er seinen Kopf hängen ließ und jede Gegenwehr erstarb. Wieder hatte er sich vor allen bloß gestellt. Eine dicke Träne löste sich aus seinem Auge und kullerte ihm über die Wange. Seto strich die Träne vorsichtig weg und zog Joey eng an sich. Legte seinen Arm um den Blonden und hielt ihn fest an sich gedrückt. "Dummer Streuner.", flüsterte er ihm ins Ohr. "Natürlich braucht das ein paar Anläufe, bis du dich 'mir hingeben' kannst. Du musst erst lernen, dass das auch etwas Gutes und Schönes sein kann, denn bislang war das immer mit viel Schmerz verbunden. Siehst du denn gar nicht, was für einen Fortschritt du gemacht hast?" Joey presste sein Gesicht in Setos Halsbeuge und konnte nicht vermeiden, dass weitere Tränen folgten. Dann schlang er seine Arme um Seto und suchte bei ihm Halt. Schluchzte leise. Vorsichtig schmiegte sich Serenity an Joeys Rücken und legte ihre Arme um diesen und Seto. Auch Mokuba war aufgestanden und tat es seiner Freundin gleich. Nach ein paar Minuten lösten sie sich wieder von einander. Seto nahm das Gesicht seines Streuners in beide Hände und lächelte ihn liebevoll an. "Geht es wieder, Schatz?", fragte er ihn liebevoll. Joey nickte. Gerade als Seto sich von ihm löste stand Jack neben ihm und zog ihn nun zu sich in die Arme. Sofort legte auch Joey seine Arme um den Mann, den er doch erst wenige Monate kannte und dennoch war dieser mehr Vater als der alte Sack, der nun im Knast verrottete. Kapitel 156: Sich schwer tun ---------------------------- Kapitel 156 - Sich schwer tun "Wie war es Seto in dir zu spüren?", fragte Kai behutsam. Seto hatte Joey zu seiner Sitzung begleitet, hatte den Smalltalk mitgemacht und hatte dann Kai über ihren erneuten Versuch 'andersrum' Sex zu haben erzählt. Dann hatte er Joey einen Kuss aufgedrückt und war ins Wohnzimmer gegangen, damit Joey offen und frei mit Kai sprechen konnte. "War geil.", kam es trotzig und wenig bereit an diesem Thema mitzuwirken von dem Blonden. "Joey... ich bin nicht dein Feind.", rief Kai ihm ins Gedächtnis. "Hättest du mir von diesem Erlebnis erzählt?" "Nein.", kam es ehrlich von Joey. "Hätte ich nicht." "Warum nicht?", hakte der Rothaarige nach. "Weil... du das letzte Mal gesagt hast, dass es noch zu früh dafür wäre und du damit Recht gehabt hast.", presste der Jüngere hervor. "Wenn Menschen Eltern werden verändern sie sich.", schien Kai plötzlich das Thema zu wechseln. Joey wollte schon fragen, was das jetzt sollte, doch Kai fuhr schließlich fort: "Sie versuchen ihre Kinder vor Fehlern, die sie selbst gemacht haben, zu bewahren. Nur selten reflektieren sie, dass sie das gleiche Verhalten ihrer Eltern an den Tag legen, dass sie auch nicht davon abgehalten hat, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Und weißt du warum?" Joey blickte ihn nur fragend an und zuckte kurz mit einer Schulter. "Weil Menschen durch ihre eigenen Erfahrungen lernen und daraus ihre Lehren ziehen... Ich bin nicht dein Vater... ich gebe dir Ratschläge und Einschätzungen, aber das heißt nicht, dass du nicht deine eigenen Erfahrungen machen sollst. Wenn die Situation stimmt, ihr beide in entsprechender Stimmung seid, dann probiert euch aus. Ihr könnt nichts falsch machen. Und du brauchst dich für nichts schämen. Es kann nicht auf Anhieb klappen. Seto hatte vollkommen Recht: Du und dein Körper müssen erst lernen, dass Sex haben auch Spaß machen und wunderschön sein kann. Das wird dauern.", erklärte Kai ruhig. Der Blick des Blonden haftete an seinem Therapeuten. Ließ das Gesagte auf sich wirken. Dann nickte er nur. "Also... reden wir darüber?", fragte Kai mit einem Schmunzeln. "Okay.", lenkte Joey etwas friedlicher ein. "Also: Ihr habt gefeiert, dann sind deine Freunde gegangen... Serenity und Mokuba sind auf s Zimmer gegangen, dein Dad war vom Flug platt und hat sich hingelegt gehabt und ihr seid in Stimmung gekommen?", fasste der Ältere alles noch mal zusammen. Joey nickte nur. "Ihr seid also dabei euch auszuziehen, zu küssen, liegt vielleicht schon auf dem Bett und da hast du gefragt, ob ihr die Rollen tauschen könnt?", fuhr Kai mit der Zusammenfassung fort. Wieder nur ein Nicken von dem Blonden. "Möchtest du mir davon erzählen?", fragte der Rothaarige vorsichtig. Ein Kopfschüttel war alles an Antwort, was Kai bekam. "Ich schätze, er hat dich vorbereitet?", mutmaßte Kai nun. Wieder nickte Joey. "Wie war das für dich.", wollte der Therapeut schließlich von Joey wissen. Der Blonde zuckte nur mit der rechten Schulter. "Joey... komm schon, rede mit mir. Bitte.", bat Kai eindringlich. "Was soll ich sagen. Du fragst, wie es war... es war... keine Ahnung.", kam es etwas geblaffter von Joey, als er es gewollt hätte. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, wie er das hätte beschreiben sollen. "War es schmerzhaft?", hakte Kai weiter nach. Joey schüttelte den Kopf. "Unangenehm?" Wieder ein Kopfschütteln. "Ungewohnt?" Kurz zögerte Joey, dachte nach und nickte dann. "Okay... ungewohnt... Haben das Monster oder die Männer, denen er dich überließ, dich nie vorbereitet?" Joey presste seine Lippen fest aufeinander, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, haben sie nicht.", meinte er schließlich leise und beklommen. "Aber sie werden dich doch nicht immer völlig unvorbereitet...", wollte Kai nachhaken. "Das Monster schob mir für gewöhnlich einen Plug rein. Später... hab ich mich selbst vorbereitet, wenn ich erst einmal realisiert hatte, dass ich nicht dran vorbei kam.", erklärte Joey. "Das hat dich sicherlich viel Überwindung gekostet.", kam es behutsam von Kai. Wieder zuckte Joey nur nichtssagend mit der Schulter. "Wie hast du dich damals bei den Vorbereitungen gefühlt?", wollte der Rothaarig wissen. "Überwiegend verzweifelt. Ich... ich wollte das nicht... aber manchmal konnte ich mich diesen Situationen nicht entziehen. Also dachte ich mir, dass es ja nicht unnötig weh tun müsste. Wenn sie ohne Vorbereitungen rankamen, dann hab ich hinterher oft geblutet... so tat es zwar immer noch weh, aber wenigstens blutete ich nicht mehr.", erzählte er bedrückt und zog seine Füße auf die Sitzfläche und schloss seine Arme um die Knie. "Also verbindest du auch die Vorbereitung mit nichts positivem.", stellte Kai fest. "Wie war das im Sommer mit der Vorbereitung?" Joey biss sich auf die Lippen. "W... war Teil...", druckste der Blonde hilflos herum und konnte den Satz doch nicht vervollständigen. "Es ist alles gut, Joey... du bist mit mir im Wintergarten. Seto ist im Wohnzimmer und kann in null Komma nichts hier sein. Keiner kann dir etwas tun oder verurteilt dich für das, was du mir anvertraust.", sprach Kai mit ruhiger Stimme. Die Gespräche über den Sommer waren noch so mächtig, dass sie Joey triggern konnten und dennoch war es unerlässlich mit ihm darüber zu sprechen. Daher hatte Kai auf eine Technik zurück gegriffen, die seinem Patient ermöglichten sich im Hier und Jetzt festzuhalten und nicht in den Flashback abzudriften. Joey versuchte seinerseits diese Bemühungen zu unterstützen, indem er tief ein und aus atmete, doch das Zittern war bereits in seiner Atmung. Dann begann der Blonde vor und zurück zu wippen, was ein deutliches Zeichen dafür war, dass er den Kampf gegen den Trigger verlor. Kai gab Seto ein Signal, der sofort rein kam und zu seinem Streuner eilte, sich neben ihn setzte und vorsichtig in den Arm zog. Joey drückte sein Gesicht an Setos Schulter und wurde wieder ruhiger. Die Nähe zu Seto wirkte wirklich Wunder bei Joey, wie Kai ein weiteres Mal verblüfft feststellen konnte. Er wünschte sich nur, dass Joey Seto endlich vom Sommer erzählen würde, so dass der Druck von beiden fallen würde: Von Joey, weil er Seto etwas vorenthielt, von dem er dachte, dass es Seto dazu brachte ihn fallen zu lassen. Ebenso von Seto, der Joey nicht sagen wollte, dass er längst wusste, was Joey ihm bezüglich des Sommers nicht erzählen wollte. Ein Teufelskreis. Nachdem sich Joey wieder gänzlich gefangen hatte lächelte Kai ihn sanft an und verabschiedete sich dann für diesen Tag. Kapitel 157: Frustrierte Verzweiflung ------------------------------------- Kapitel 157 - Frustrierte Verzweiflung "Joey... Joey, nein...", kam es energisch von Seto, der daraufhin mit beiden Händen von seinem blonden Streuner weggestoßen wurde, bevor dieser wütend aus dem Bett sprang und nackt, wie es auch Seto war, durch das Schlafzimmer zum Badezimmer stapfte. Sofort folgte Seto ihm, holte ihn ein und schob sich vor ihn. "Lass mich sofort vorbei.", fauchte Joey wütend mit Tränen in den Stimmen. "Nein...", lehnte Seto die Bitte seines Streuners ab. "DU SOLLST MICH VORBEI LASSEN!", schrie Joey außer sich den Brünetten an. Doch davon ließ dieser sich nicht beeindrucken. "Nein.", erwiderte dieser erneut mit ruhiger Stimme und wurde wieder von Joey mit beiden Händen gestoßen. Joey stapfte Richtung Zimmertür. Doch wieder schob sich Seto vor ihn und versperrte ihm den Weg. "WAS SOLL DER SCHEIß", brüllte Joey völlig außer sich. Seine Tränen liefen ihm mittlerweile über die Wange. "Schatz... bitte beruhig dich und dann lass uns reden.", bat Seto sanft. "DA GIBT ES NICHTS ZU REDEN.", tobte der Blonde weiter. "HAB'S VERSTANDEN!" "Nein, hast du nicht.", wandte Seto ein und war bemüht weiterhin ruhig zu bleiben. "DOCH... DU WILLST MICH NICHT...", brüllt er wütend zurück. "Aber natürlich will ich dich... nur... nicht so und nicht jetzt.", erwiderte der Jungunternehmer. "NA KLAR...", schnaubte Joey und die Wut in seiner Stimme wurde immer mehr von der Verzweiflung verdrängt. Dann gewannen die Tränen die Oberhand und Joey spürte, wie seine Beine nachgaben. Sofort schlang Seto einen Arm um Joeys Hüfte und zog ihn zu sich. Der Blonde presste sein Gesicht gegen Setos Brust und schluchzte laut auf. "W... wer will schon eine Pflaume, von der ein anderer bereits gekostet hat.", presste Joey ein japanisches Sprichwort hervor, dass Mütter oft ihren Töchtern mit auf den Weg gaben, um sie zur Keuschheit anzuhalten. "Du bist doch kein Fallobst.", erwiderte Seto streng. Doch Joey erging sich in seinen Tränen und seiner Verzweiflung. Dabei hatte Seto doch nur abgelehnt, dass sie erneut 'umgekehrt' Sex hatten. Seit ihrem letzten Versuch schien der Blonde wie besessen davon zu sein, dass sie so miteinander verkehren mussten. Immer wieder wollte er, dass Seto ihn nahm, wobei es ihn jedes Mal triggerte, er Panik bekam, gefolgt von einem heftigen Weinkrampf. Das führte jedes Mal zu Frust. Dieses Mal wollte Seto diesen Kreislauf durchbrechen, was dazu führte, dass Joey die Verzweiflung übersprang und direkt wütend geworden war. Doch die Verzweiflung hatte seinen Geliebten schließlich doch eingeholt. "Warum kann ich das nicht... ich lieb dich doch so sehr... ich vertrau dir... warum klappt das nicht... warum willst du es nicht versuchen?", weinte Joey. "Schatz... wir haben es in 10 Tage sechs Mal versucht und jedes Mal hat es gleich geendet... Du kannst das nicht erzwingen. Dieser Lernprozess braucht einfach Zeit.", erklärte Seto ihm sanft und zog ihn zurück zum zerwühlten Bett, um sich mit seinem Streuner auf die Kante zu setzen. "Warum nicht... die anderen haben es doch auch... erzwungen.", schluchzte Joey. "Und fandest du das schön?", hakte Seto behutsam nach. Joey schüttelte nur den Kopf. "Ich möchte, dass wenn wir Sex haben und ich in dir bin, du es schön findest... es genießt... und es wirklich willst." Joey presste sich weiterhin an Seto und suchte bei ihm Halt und Zuflucht. Beides gab Seto ihm bereitwillig. Streichelte liebevoll über den Rücken des Blonden. "Ich liebe dich.", setzte Seto erneut an. "Über alles und bis in die Unendlichkeit. Ich kann mir kaum was Schöneres vorstellen, als wenn ich dich in mir fühle und wir eins werden... und natürlich wünsch ich mir, dass du das auch so erleben kannst. Aber das geht nicht von heute auf morgen... Aber du brauchst keine Angst haben: Ich werde immer an deiner Seite sein und dich niemals verlassen, egal wie viel Zeit du brauchst." Joey blickte mit geröteten Augen zu ihm auf und die Tränen versiegten allmählich. Dann lächelte er Seto kurz an, der sich dann zu dem Blonden beugte und ihn zärtlich küsste. "Hey, alles klar?", fragte Tristan seinen besten Freund, mit dem er heute entspannt was kochen wollte. "Sicher.", kam es nur frustriert von Joey, der gerade ein Glas mit Tomaten öffnete und sich die Hälfte davon erst einmal über das weiß-blaue Shirt kippte, dass er heute an hatte. "Verdammte Scheiße, ey." Sofort war Tristan zur Stelle und nahm ihm das Glas aus der Hand, aus der es gerade gleiten wollte. Mit der anderen Hand zog er nach einem Handtuch und hielt die Masse auf, von der Anrichte zu rutschen, auf die sie gefallen war, nachdem sie Bekanntschaft mit dem Shirt gemacht hatte. Dann rieb er die groben Stücke vom Shirt. "Warte, wir haben es gleich.", meinte er nur ruhig zu Joey. Doch dieser schrie frustriert auf und wandte sich trotzig von Tristan ab, um zwischen Kücheninsel und Anrichte hin und her zu tigern. "Klar... ich krieg ja auch nix auf Kette.", fauchte Joey genervt. "Nicht mal so ein verficktes Glas kann ich öffnen ohne mich darin zu suhlen." "Ist doch nicht schlimm. Wir haben doch noch ein paar Gläser.", versuchte Tristan ihm den Wind aus dem Segel zu nehmen. "Warum füllen wir den Scheiß nicht gleich in eine Badewanne in der ich mich dann wälzen kann.", keifte Joey frustriert. Tristan ließ das Handtuch auf der Anrichte los, ging zu Joey, packte diesen am Arm und schob ihn zum Esstisch und dort auf einen Stuhl. Dann kniete er sich vor seinen besten Freund. "Okay... was ist los?", fragte er ernst. "Nichts... was soll denn los sein?", entgegnete Joey stur. "So? Du bist massiv frustriert und ich hätte gerne gewusst, woher das kommt.", forderte der Brünette ihn auf. "Pech, dass man nicht alles bekommt, was man gerne hätte.", entgegnete Joey blaffend. "Wie zum Beispiel...?", hakte Tristan nach. "Ist doch egal.", fauchte der Blonde erneut, der spürte, dass er schon wieder nahe dran war seine Fassung zu verlieren. "Hey, Joey... Schluss jetzt mit dem Selbstmitleid.", kam es streng von Honda. Erschrocken sah Joey ihn an. Es war selten, dass Tristan ihn so streng anging. "Also, Kumpel, du bist total frustriert... warum?" "Es... Es klappt einfach nicht.", kam es leise von Joey. "Was klappt nicht? Das Kochen? Das ist halt manchmal so...", wollte Tristan seinen besten Freund beruhigen, der aber nur den Kopf schüttelte. "Zwischen Seto und mir.", spezifizierte Joey. "WAS? Natürlich klappt es... eure Beziehung ist wundervoll und ihr ergänzt euch so fantastisch...", kam es jetzt erschrocken von dem Brünetten, der Joeys Aussage falsch verstanden hatte. Was nun seinerseits Joey aufschrecken ließ. "Hat... hat Seto gesagt, dass er nicht mehr will?", kam es völlig geschockt von dem Blonden. "Hä,...? Was? Nein. Was genau läuft zwischen Seto und dir nicht?", begann Tristan nachzuhaken. Joey sah ihn mit wässrigen, großen Augen an, bevor ihm bewusst wurde, dass sie gerade ein Missverständnis hatten. "Sex...", war die einsilbige Antwort, zu der sich der Blonde durchringen konnte. "Aber ich dachte, der läuft ganz gut.", erwiderte Tristan verwirrt. "Nicht wenn wir es andersrum tun.", erklärte Joey leise. "Andersrum?", verstand Tristan nicht ganz. "Na ja... er... er in mi... also... na ja andersrum halt.", druckste Joey verlegen herum. "Oooh...", verstand Tristan endlich. "Du meinst, wenn Seto in dich eindringt?" Joey nickte nur, während seine Wangen sich röteten. "Erzählst du mir, warum es nicht läuft?", hakte er nach und setzte sich auf den Stuhl neben Joey. Dieser hatte seinen Blick auf die Tischplatte sinken lassen. "Ich krieg einfach diese Bilder nicht aus meinem Kopf.", meinte Joey leise. "Sobald er in mich... dann seh ich IHN, wie er mich mit seinen verranzten Zähnen angrinst, während er sich darüber amüsiert, dass ich das alles nicht will..." Tristan wusste, wen Joey mit 'IHN' meinte: Joseph Wheeler Senior. "Ich weiß... Ich weiß, dass es Seto ist, aber sobald er eben... rein geht... verkrampf ich mich und ich bin dann wieder der Junge, der hofft, dass sein... der hofft, dass das Monster heute nicht zu ihm ins Bett steigt und ihm weh tut.", erzählte Joey zum ersten Mal ruhig und mit leiser Stimme, in der so viel Schmerz mitschwang. "Schon lächerlich, was?", kam es mit einem aufgesetzten Grinsen von dem Blonden. "Nein, find ich gar nicht.", erwiderte Tristan ehrlich und legte seine Hand auf Joeys. Kurz hob Joey seinen Blick zu Tristan und sah ihn kurz an. Dann lächelte er dankbar. "Seto kriegt es doch auch hin.", meinte Joey schließlich. "Was kriegt er auch hin?", musste Tristan erneut nachhaken. "Mich in sich... und dabei Spaß zu haben.", druckste Joey erneut verlegen rum. "Also warum kann ich das nicht?" "Vielleicht, weil mein letztes Gewalterlebnis fast vier Jahre zurück liegt und ich seitdem eine Therapie abgeschlossen habe.", kam es auf einmal von der Tür und beide sahen überrascht und erschrocken zu Seto, der in ihr stand. Joey bekam Angst, dass Seto wütend auf ihn sein könnte, weil er Tristan eingeweiht hatte. "Und dein letztes Erlebnis gerade mal sechs Monate zurück liegt und die Therapie gerade anfängt Früchte zu tragen.", ergänzte der Jungunternehmer, der sich langsam den beiden am Tisch näherte. Er setzte sich auf Joeys andere Seite und blickte kurz prüfend zu Tristan. Dieser lächelte ihn mild anerkennend an. Seto nickte nur etwas und signalisierte, dass es okay war, dass Tristan nun ganz offiziell Bescheid wusste. "Kai... ich... und Tristan bestimmt auch, haben dir jetzt mehrfach gesagt, dass diese Entwicklung Zeit braucht... Warum bist du nur so ungeduldig und versuchst mit aller Gewalt etwas zu erzwingen, was nicht gut für dich ist, Streunerchen?", fragte Seto sanft. "W... weil... weil eben...", kam es mit einer gehörigen Portion Verzweiflung von dem Blonden. Seto zog seine Stirn Kraus. "Joey, Kumpel, du... du hast doch nicht noch immer Angst davor, dass eure Beziehung plötzlich enden würde oder?", hakte Tristen besorgt nach. Joey musste nicht mal antworten. Schon seine Körpersprache verriet den beiden, dass Tristan voll ins Schwarze getroffen hatte. Verlegen blickte er auf seine Hände, die er in seinem Schoss gefaltet hatte und begann sich auf der Unterlippe herum zu kauen. Seto stand auf, kniete sich vor Joey und legte eine Hand an dessen Wange. Nur zögerlich blickte Joey zu ihm und Seto lächelte ihn liebevoll an. "Ich liebe dich, mein dummer Streuner.", flüsterte Seto zärtlich, bevor er etwas hoch kam und Joey sanft küsste. Kapitel 158: Wertschätzung -------------------------- Kapitel 158 - Wertschätzung "Ich weiß einfach nicht, wie ich ihm diese Angst nehmen kann.", kam es mit einem verzweifelten Unterton in der Stimme von Seto. "Ich liebe ihn. Niemals würde ich mich von ihm trennen oder ihn davon jagen. Das sag ich ihm immer wieder. Aber... er glaubt mir einfach nicht." "Ich denke nicht, dass er dir nicht glaubt.", erwiderte Kai ruhig. "Er will dir glauben, aber er hat sein ganzes Leben gesagt bekommen, dass er nichts wert ist. Man hat ihn seiner Würde beraubt. Sein Monster hat ihn immer wieder verkauft. Auch wenn er in der Schule immer so wirkte, als wäre er selbstbewusst... ist er es nicht, Seto. Du hattest Roland an deiner Seite, der dich immer wieder aufgefangen, versorgt und dich aufgerichtet hat. Joey war alleine." Lange dachte Seto über diese Worte nach. Wandte sich um und schaute aus der Fensterfront seines Büros auf die hektische Stadt hinab. "Findest du Joey attraktiv?", fragte Kai plötzlich und Seto wirbelte wieder zu ihm und blickte ihn verwirrt an. "Natürlich.", kam es sofort von dem Brünetten. "Wann hast du ihm das das letzte Mal gesagt?", hakte der Rothaarige sofort nach. Seto musste überlegen. "Wenn du überlegen musst, ist es eindeutig zu lange her.", stellte Kai schmunzelnd fest. "Du willst, dass er sicherer wird? Dann musst du an seinem Selbstwertgefühl arbeiten. Stärke es. Sag ihm all das, was du in ihm siehst... nicht alles auf einmal, aber immer mal wieder ein anderer Aspekt, den du an ihm liebst. Es wird nicht von heute auf morgen gehen... du brauchst dazu Geduld." Der Geschäftsmann nickte bedächtig. "Danke... manchmal neigen wir dazu, alles für selbstverständlich zu erachten und vergessen, anderen mitzuteilen, dass wir sie wertschätzen.", meinte Seto ehrlich zu dem Therapeut, als seine Sprechanlage signalisierte, dass seine Vorzimmerdame ihm etwas mitteilen wollte. Sofort ging er zu seinem Schreibtisch und drückte den Knopf der Gegensprechanlage. "Sir, entschuldigen Sie die Störung, aber Herr Wheeler kommt gerade den Gang entlang.", meinte sie im verschwörerischen Tonfall. "Danke, Mariko-san.", dankte er seiner Assistentin und ließ den Knopf wieder los. Kai war bereits im Begriff aufzustehen. "Ich nehm dann mal die Seitentür.", meinte er lächelnd, während er seinen Koffer nahm und Seto zum Abschied zu nickte. "Danke Kai.", dankte der Jungunternehmer auch dem Älteren. Dann verließ dieser durch eine Seitentür das Büro. Keine zehn Sekunden später ging die Vordertür des Büros auf und Joey lugte ins Büro. "Hey, Seto.", meinte der Blonde unsicher. "Komm doch herein.", bat Seto, der wieder um seinen Tisch herum und Joey entgegen kam. Dieser trat ein und schloss hinter sich die Tür. "Deine Vorzimmerdame sieht etwas gestresst aus. Vielleicht solltest du ihr mal etwas Urlaub gönnen.", meinte Joey mit einem schiefen Grinsen. "Ist eine gute Idee. Wollte ich nicht dich abholen?", fragte Seto schließlich. "Hm... dachte, dass das etwas unfair ist, wenn du immer in meine Abteilung kommen musst und dass ich dich heute mal abholen könnte.", erwiderte Joey. "Ich liebe dich.", kam es liebevoll von dem Brünetten, als er seine Arme um Joeys Taille schlang und ihn etwas näher an sich ran zog. Dann legte er seine Lippen auf die des Blonden und küsste ihn sanft. "Hm... das riecht richtig gut.", meinte Seto, als er in die Küche kam. Joey wollte heute etwas für sie kochen und stand am Herd. Es war anders, als an dem Morgen nach Joeys Geburtstag, als dieser mit einem manischen Frühstückswahn die nicht gelungene Nacht kompensieren wollte. Joey lächelte Seto über seine Schulter hinweg an, ohne sein Essen aus den Augen zu lassen. "Ich hoffe, dass es auch genauso gut schmeckt, wie es riecht.", konterte der Blonde mit einem Hauch Selbstkritik. Seto trat hinter ihn und schlang erneut seine Arme um die Taille des anderen, während er seinen Kopf auf Joeys Schulter legte. "Ach, da mach ich mir keine Sorgen, denn mittlerweile weiß ich, dass du ein hervorragender Koch bist.", meinte Seto zärtlich und küsste Joey am Hals. Dieser kicherte kurz auf und neigte seinen Kopf so, dass Seto den Kuss unterbrechen musste. "Nicht...", meinte er gut gelaunt. "Wieso nicht?", hakte Seto nach. "Weil ich koche und ich nicht möchte, dass es verbrennt.", erwiderte Joey. Seto löste sich ein wenig von seinem Streuner und lehnte sich neben ihn an die Anrichte. "Nächste Woche ist Valentinstag.", stellte er trocken fest. "Na ja, das bedeutet in Japan nicht viel.", konterte Joey belustigt. "Hm... der Statistik zu Folge feiern immer mehr japanische Pärchen diesen Tag gemeinsam.", konterte Seto. "Statistiken? Dazu gibt es Statistiken?", kam es verblüfft von dem Blonden. "Aber natürlich. Die Umsätze für Schokolade und Blumen schießen an dem Tag durch die Decke.", klärte Seto ihn auf. "Oho... also... möchtest du mit mir... den Valentinstag feiern?", wagte Joey eine vorsichtige Zusammenfassung, immer darauf gefasst, dass er Seto missverstanden hatte. "Ich möchte dich in der Tat um ein Date bitten.", kam es zustimmend von Seto. Joey blickte ihn überrascht an und zog die Augenbrauen hoch. "Ein Date?", fragte er erstaunt. "Du weißt schon... ich hol dich ab, führ dich in ein romantisches Restaurant aus,... vielleicht danach noch ins Kino?", spann Seto seine Pläne. "Ein Spaziergang durch den Park?" "Ein Spaziergang durch den Park? Nachts? Im Februar? Wenn die Temperaturen unter null Grad Celsius liegen?", hakte Joey ungläubig nach. "Nun ja... oder wie wär das: Ich hol dich ab, dann fahren wir in die Berge. Ich hab da eine kleine Hütte, idyllisch an einem See gelegen... nur wir zwei und ich verwöhn dich mit Erdbeeren und Sekt?", schlug Seto ein zweites Szenario vor. "Erdbeeren und Sekt?", lachte Joey amüsiert auf. "Warum nicht? Du liebst Erdbeeren.", merkte Seto an. "Aber der CO²-Abdruck der Erdbeeren, die um die halbe Welt geflogen werden, nur damit sie hier verkauft werden können.", wandte Joey ein. "Dann möchte ich dich auf die Eisbahn entführen... ich werde die gesamte Eisbahn nur für uns beide mieten und auf der Mitte ein Essen für uns arrangieren.", schlug Seto vor. "Und... wie kommt das Essen auf die Mitte der Eisbahn?", hakte Joey amüsiert nach. "Kellner... auf Schlittschuhe... oder rutschfeste Noppenschuhe.", kam es von Seto. Joey musste lachen. "Nein... die armen Kellner. Am Ende rutscht einer noch aus und bricht sich was...", wandte Joey gut gelaunt ein, beugte sich zu Seto und küsste ihn sanft. "Das Essen mit anschließendem Kino klingt fabelhaft... aber ich wäre dir dankbar, wenn es nicht so ein Nobelschuppen ist..." "Dein Wunsch sei mir Befehl, mein Prinz.", erwiderte Seto verliebt und ehrlich erleichtert, dass Joey einen der Vorschläge akzeptiert hatte, denn er hatte nur die drei Ideen vorbereitet und hätte jetzt anfangen müssen, sich Dinge auszudenken. Kapitel 159: Spott! ------------------- Kapitel 159 - Spott! "Ich versteh das einfach nicht.", kam es etwas echauffiert von Joey. "Es kommt mir vor, als würde er mich damit verspotten wollen." "Mit Komplimenten verspotten?", fasste Kai die Situation noch einmal zusammen. Joey, der die ganze Zeit vor Kai im Wintergarten hin und her getigert war ließ sich auf den Zweisitzer fallen und schnaufte. "Das klingt auch völlig irre, oder?", fragte der Blonde, dessen Wut plötzlich verpuffte und in Verzweiflung umschlug. "Er trägt mich auf Händen, liebt mich, macht mir Komplimente... und ich... ich vermute etwas Niederträchtiges dahinter." "Wieso empfindest du Komplimente als Spott?", hakte Kai vorsichtig nach. Der Blonde blickte ihn für einen Moment mit großen Augen an, bevor er seinen Blick abwandte und durch die gläserne Front in den Garten blickte, der immer noch unter Schnee begraben lag. "Guter Junge. Das machst du aber großartig.", er blickte wieder zu seinem Therapeuten. "Du bist umwerfend. Bist fantastisch. Richtig talentiert." Die Augen des Jüngeren wurden feucht. "Das hat man zu dir vor, während oder nach dem Missbrauch gesagt, nicht wahr?", schloss der Rothaarige erkennend. Sein Patient nickte langsam und schluckte. Legte seine Hände auf seine Oberarme und fröstelte kurz. Dann zog er die Füße auf die Sitzfläche und lehnte sich mit dem Gesicht gegen seine Knie. "Wenn man das in Situationen hört, in denen man nicht gerade kooperativ ist oder eigentlich gegen das agiert, was andere einem aufzwingen wollen... ich weiß auch nicht... das macht offensichtlich etwas kaputt in einem.", erzählte Joey ruhig und leise. "Macht Seto das auch? Diese Komplimente anbringen, wenn du eigentlich nichts dafür tust oder du sogar etwas tust, wo die Komplimente nicht angebracht wären?", hakte Kai behutsam nach. Joey überlegte kurz und ließ die letzten fünf Tage Revue passieren. "Nein... na ja... manchmal denk ich, dass er etwas übertreibt.", antwortete der Blonde ruhig. "In wie fern übertreibt er denn?", wollte Kai wissen. "Na ja... vor ein paar Tage hab ich was gekocht. Er kam herein und meinte, dass es gut riecht und ich sagte, dass ich hoffe, dass es genauso gut schmeckt, wie es riecht. Und da meint er nur, dass er sich da ganz sicher sei, weil ich ein hervorragender Koch wäre. Aber ich bin alles andere als ein hervorragender Koch.", erzählte Joey. "Aber... sind solche Wertungen nicht subjektiv?", warf der Ältere nachdenklich in den Raum. "Subjektiv?", hakte nun Joey verwirrt nach. "Nun ja... Geschmäcker sind verschieden. Einer findet, dass ein bestimmter Maler ein außerordentliches Talent hat und ein anderer könnte auf Grund der gleichen Bilder meinen, dass der Maler ein Stümper sei.", erklärte Kai. "Vielleicht hält dich Seto wirklich für einen hervorragenden Koch. Das ist seine Meinung, die auf seiner Interpretation deines Essens gebildet hat. Außerdem sind Künstler - und ja, für mich sind Köche auch irgendwo Künstler - immer äußerst selbstkritisch." Joey ließ die Worte seines Therapeuten auf sich wirken. Vielleicht war da was dran. Es war vermessen anderen ihre Meinungen abzusprechen, nur weil man selbst anderer Meinung war. Langsam begann er zu nicken. "Und ich bin mir sicher, dass Seto seine Komplimente ganz genau so meint, wie er sie sagt. Seto ist nicht der Typ Mensch, der falsche Komplimente machen würde, um die Gefühle einer anderen Person nicht zu verletzen oder jemanden damit zu verspotten.", ergänzte der Rothaarige noch. "Ja, da hast du wohl Recht. Aber was soll ich tun... es ist wie ein Reflexe, die Komplimente sofort abzuweisen oder etwas Bissiges darauf zu erwidern.", fragte Joey und blickte mit seinen honigbraunen Augen zu Kai. Dieser schmunzelte sanft. "Reflexe kann man trainieren und sich abgewöhnen.", meinte Kai schlicht. "Das nächste Mal, wenn Seto dir ein Kompliment macht, lass es auf dich wirken. Versuch gegen den Drang anzugehen, etwas zu erwidern, was dich selbst runterputzt oder das Kompliment entwertet. Akzeptiere es einfach und freu dich, dass Seto es dir gemacht hat." Joey saß an seinem Schreibtisch in der Villa - er hatte mittlerweile auch ein Büro eingerichtet bekommen, in dem er seiner Arbeit und Leidenschaft nachgehen konnte - und entwarf den neuen Banner für das nächste Duel Monsters-Turnier. Plötzlich spürte er die Anwesenheit einer weiteren Person hinter sich. Doch er wandte sich nicht um. Es konnte nur Mokuba oder Seto sein. Niemand vor dem er sich also fürchten musste. Zwei kräftige Arme umschlangen seine Schulter und Setos Kopf schob sich auf seine Schulter. Sanft rieb Seto seine Wange an seine eigene und Joey musste schmunzeln. "Was hältst du davon?", fragte Joey leise. "Die Komposition ist genial.", flüsterte Seto ihm liebevoll zu. Ein Kompliment. Joey spürte, wie er schon was sagen wollte, was das Kompliment Lüge strafte, doch er schluckte die Worte runter. Akzeptierte das Kompliment. Doch das machte ihn etwas hibbelig. "Aber vielleicht könntest du die Schrift ein wenig kleiner Machen, damit hier die Monster besser zur Geltung kommen." Die Unruhe verpuffte auf einmal. Erstaunt sah der Blonde zu seinem Freund auf und dieser erblickte den Blick fragend. "Sorry, ich wollte dir da nicht rein reden.", kam es sofort von Seto. "Nein... nein das ist in Ordnung. Du hast Recht, wenn ich die Schrift etwas kleiner mache, dann treten die Monster mehr in den Vordergrund.", kam es strahlend von Joey. Er konnte nicht sagen warum, aber dieser Einwand von Seto hatte ihn unglaublich glücklich gemacht. Das erste Mal hatte er das Gefühl, dass Seto ein Kompliment nicht nur gesagt hatte, um etwas von ihm grundsätzlich in den Himmel zu loben. Sie lagen gemeinsam im Bett. Nun ja, genau genommen lag nur Joey im Bett. Seto saß auf seinem Schoss und bewegte sich unablässig auf und ab, während ihr Stöhnen den Raum füllte. Joeys Hände lagen auf Setos Hüfte und er bewunderte die Anmut, mit der sich sein Drache auf ihm bewegte. Seto beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn. Entzückt ließ Joey seine Lider sinken und genoss die Nähe und Leidenschaft seines Freundes. Der Kuss endete langsam und Joey behielt die Augen geschlossen. "Du bist umwerfend.", flüsterte Seto ihm sanft ins Ohr und auf einmal schnappte in Joey etwas zu. Er schlug seine Lider auf und sah Seto mit großen Augen an. Dieser sah ihn irritiert ob der Reaktion an und spürte, wie Joey sich verkrampfte. "Ru... runter von mir.", blaffte Joey plötzlich. "Was ist denn los, mei...", weiter kam Seto mit seiner Frage nicht, als Joeys Hände an seiner Hüfte ihn griffen und nach hinten warf. Noch ehe Seto reagieren konnte sprang Joey aus dem Bett und eilte wütend in das Badezimmer. Seto sah ihm geschockt hinterher. So eine Abwehrreaktion hatte er von seinem Geliebten noch nie erlebt. Langsam stand er auf und ging zur geschlossenen Tür, die vor wenigen Augenblicken erst von Joey schwungvoll ins Schloss geworfen worden war. Er klopfte an. "Joey... es tut mir leid, wenn ich was falsches gesagt habe. Aber bitte lass uns darüber reden.", bat er durch die geschlossene Tür. Er konnte im Inneren das Wasser am Waschbecken rauschen hören. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Joey funkelte ihn wütend an. Er kam energisch einen Schritt auf Seto zu und dieser wich den Schritt zurück, da sie sonst wohl zusammengestoßen wären. "Was soll dieses ganze Loben und Komplimente machen?", zischte der Blonde ihn an. "Ich... ich möchte dir einfach zeigen, wie sehr ich dich liebe und was mich bei dir beeindruckt und mir gefällt.", erklärte Seto langsam, aber gefasst. "Ach ja... warum machste das dann erst seit unserem Gespräch, dass du mich auf ein Date ausführen möchtest?", wollte Joey energisch wissen. "Weil mir bewusst wurde, dass ich vieles als selbstverständlich gegeben hinnehme, was es aber nicht ist... also bemühe ich mich, aufmerksamer zu sein.", erklärte Seto, was auch nicht ganz gelogen war. Das war schließlich mit ein Grund für seine Motivation, neben der, dass er Joeys Selbstwertgefühl aufbauen wollte. Aber das würde er dem Blonden nicht sagen. Joey musterte ihn eindringlich, bevor frustriert schnaubte, wieder ins Bad ging und das Wasser im Waschbecken abdrehte, mit dem er sich das Gesicht offensichtlich gewaschen hatte. "Ich geh duschen.", meinte Joey schließlich und schloss dann die Tür. Kapitel 160: Konsequenzen ------------------------- Kapitel 160 - Konsequenzen Yuki Nagasato saß an ihrem Schreibtisch und las die Tageszeitung, um sich auf den neusten Stand zu bringen, als ihr ein Pappbecher vor die Nase gehalten wurde. Dieser Pappbecher verströmte den aromatischen Duft hochwertigen Kaffees. Sie blickte auf und sah ihren Jungkollegen, der sie anlächelte. "Sie sind heute aber schon früh da.", merkte sie lobend an, während sie dankend den Becher entgegen nahm, den Deckel abhob und daran nippte. Der Kaffee schmeckte genauso gut, wie er gerochen hatte und sie nahm sich einen Moment den Geschmack zu genießen. "Na ja, vielleicht hab ich mir ein Beispiel an Ihnen genommen. Allerdings hatte ich gehofft noch vor Ihnen da zu sein.", lächelte Fujimura charmant. "Dann müssen Sie noch viel früher aufstehen, Fujimura.", kam es mit einem seichten Lächeln, aber kalter Stimme. "Das seh ich schon... und gibt es etwas Neues?", fragte der junge Polizist, der im Sommer noch beim Morddezernat gewesen war. Nagasato schlug die Zeitung zu und faltete sie sorgfältig. "Nur der übliche Sumpf aus Korruption und Lobbyismus.", antwortete sie gelangweilt. In diesem Moment trat Captain Higashino an die beiden gegenübergestellten Schreibtische und bedachte Nagasato mit ernstem Blick. "In mein Büro. Sofort.", meinte er nur knapp, bevor er wieder ging. Nagasato blickte kurz zu ihrem Juniorpartner, der nur mit den Schultern zuckte. Dann folgte der Sergeant ihrem Vorgesetzten. "Tür schließen.", kam es erneut knapp von diesem und sie folgte seiner Aufforderung. Dann trat sie vor seinen Schreibtisch. Dieser warf ihr eine Akte auf die Tischplatte. Zögerlich nahm sie die Akte auf und schlug sie auf. Sofort präsentierten sich ihr einige Fotografien und nur ihrer Professionalität hatte sie es zu verdanken, dass sie ein Lächeln unterdrücken konnte. "Was ist passiert?", fragte sie ihren Captain. "Seto Kaiba.", war alles, was sie als Antwort erhielt. Sie zog fragend die Augenbrauen hoch. "Das hier soll Herr Kaiba gewesen sein?", hakte sie zweifelnd nach. "Indirekt schon.", meinte Captain Higashino. "Er hat ihn besucht und ihn im Besucherraum einen Kinderschänder genannt." "Tja... es gibt kein Gesetz, dass einem verbietet die Wahrheit zu sagen.", wandte sie ein und blickte auf den medizinischen Bericht der Gefängniskrankenstation. Sofort fielen ihr einige Schlagworte ins Auge: Blutergüsse, Spiralfraktur des rechten Armes, Analfissuren. Kurz um: Der alte Wheeler hatte zu spüren bekommen, wie sich sein Sohn all die Jahre gefühlt hatte. "Sein Anwalt prüft nun, in wie weit uns eine Schuld trifft und das gegen die Vereinbarung, die er mit uns und der Staatsanwaltschaft hat, verstößt.", informierte sie ihr Vorgesetzter. "Uns trifft überhaupt keine Schuld. Wir können schließlich nicht kontrollieren, was jemand bei einem Besuchstermin von sich gibt.", wandte Nagasato selbstsicher ein. "Warum hat Herr Kaiba ihn denn eigentlich besucht?" "Tja... das dürfen Sie gerne rausfinden gehen.", meinte ihr Chef zu ihr und sie verstand. Sie schlug die Akte zu und verließ mit dieser in der Hand das Büro ihres Chefs. An ihrem Schreibtisch nahm sie einige der Fotos, steckte sie in einen braunen Papierumschlag und nahm dann ihre Lederjacke vom Stuhl. "Ich muss mal wohin.", meinte sie zu Fujimura, der sofort aufsprang und nach seinem Mantel griff. "Wohin gehen wir?", fragte Fujimura. Sie blickte ihn kurz überrascht an, lächelte dann aber und nickte zustimmend. "Kaiba Corp.", antwortete sie knapp. "Herr Kaiba.", drang Marikos Stimme aus der Sprechanlage. Seto öffnete die Leitung in sein Vorzimmer. "Ja?", fragte er kurz angebunden. "Sergeant Nagasato und Detective Fujimura wünschen mit Ihnen zu sprechen, Sir.", informierte sie ihn. Seto blickte von seinen Unterlagen, die er gerade durchging, auf. "Sie können rein kommen. Danke Mariko-san.", damit schloss er die Gegensprechanlage. Nur wenige Augenblicke später öffnete sich seine Bürotür und er stand auf. "Guten Morgen Sergeant Nagasato.", begrüßte er sie und ließ den Juniorpartner wie gewohnt links liegen. Noch immer hatte er diesem nicht vergeben, dass er mit seinem vorherigen Senior-Partner seinen Geliebten fast in den Suizid getrieben hatte. Er bot der Frau einen Platz auf seiner Couch in der Sitzecke an. "Was kann ich heute für Sie tun?" Sie holte den braunen Papierumschlag aus der Brustinnentasche und zog einige Bilder hervor, die Wheeler Seniors Gesicht und Oberkörper zeigte. Er war übel verprügelt worden und man sah deutlich den Bruch des Armes, neben einigen schweren Blutergüsse auf Brust, im Bauchbereich und an den Rippen. Seto betrachtete sich die Fotos ohne auch nur die Miene zu verziehen. "Ich hörte, Sie haben den alten Wheeler vor ein paar Wochen besucht.", begann sie, während er ihr die Bilder zurück gab. Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Ja, hab ich.", räumte er ein. "Und bei diesem Treffen sollen sie ihn laut als 'Kinderschänder' bezeichnet haben.", hakte sie weiter nach. Seto antwortete nicht sofort. "Brauche ich einen Anwalt?", fragte er spitzfindig. "Wir plaudern nur, dennoch würde ich Ihnen ans Herz legen nichts zu äußern, was sie vielleicht belasten könnte.", riet sie ihm mit einem wohlwollenden Lächeln. "Dürfte ich fragen, warum Sie dieses Subjekt aufgesucht haben?" "Weil sein Psychiater uns mehrmals angeschrieben hat und in seinem Namen Joey darum bat, ihn zu besuchen.", zischte Seto ungehalten. "Da ich keine Möglichkeit fand ihm das rechtlich zu untersagen, bin ich zu ihm gefahren, um ihn zu bitten das in Zukunft zu lassen." Die Polizistin machte sich eine Notiz in ihren Block und nickte. "Verstehe... hat er ihrer Bitte entsprochen?", fragte sie. "Seit meinem Gespräch mit diesem... Herrn Wheeler kam kein weiterer Brief mehr mit einer derartigen Bitte.", antwortete Seto zufrieden. "Das freut mich, dass er ihrer Bitte entsprochen hat... gut... das war auch schon alles, was wir wissen wollten.", meinte Nagasato, bevor sie langsam aufstand. Auch Seto stand auf. Sie nickte ihm zu und wandte sich schon zum Gehen, als sie noch einmal innehielt und sich zu ihm zurück drehte. "Seto, darf ich fragen, wie es Joey mittlerweile geht?", fragte sie nun in einem gänzlich anderen Tonfall. Dieser Tonfall war von Freundschaft und Mitgefühl, sowie ehrlichem Interesse geprägt. "Im Großen und Ganzen gut, solange er keine Bitte bekommt, bei den Sitzungen seines Monsters teilzunehmen.", antwortete der Brünette. "Seine Therapie macht gute Fortschritte." "Das freut mich ehrlich.", meinten sie mit einem sanften Lächeln, bevor sie sich wieder zum Gehen wandte. Just in diesem Moment klopfte es an der Tür, bevor sie auch schon geöffnet wurde und Joey herein stolperte. Mariko stürzte mehr hinterher, als das sie ging. Verdaddelt blickte der Blonde die Polizistin an, die er hier nicht erwartet hatte. "Tut mir leid, Herr Kaiba, ich war kurz im Archiv und...", entschuldigte sich die Vorzimmerdame hastig, als Seto abwinkte. "Schon okay, Mariko-san... alles Bestens.", meinte Seto gütig und die ältere Dame zog sich zurück. "Yuki?", kam es grüßend von dem Blonden. "Hey, Joey.", lächelte die Polizistin ihn an. "Wie geht es dir?" "Gut... aber was tust du hier?", fragte er verblüfft. Sie blickte kurz zu Seto, der nur reserviert lächelte. Joey blickte zwischen den beiden hin und her, während er auf eine Antwort wartete, die ihm wohl nicht gefallen würde. Kapitel 161: Genugtuung ----------------------- Kapitel 161 - Genugtuung "Warum hast du mir nichts davon erzählt?", fragte Joey empört, als sie die Villa betraten. Auf der Fahrt hatte Seto versucht den schwelenden Unmut seines Geliebten zu mindern. Doch damit hatte er Joey erst recht aufgebracht. "Als wir aus Amerika nach Hause kamen warst du völlig entspannt und glücklich. Ich wollte nicht, dass deine Stimmung durch die Aufsässigkeit dieses Seelenklempners gekippt wird.", erklärte Seto ehrlich. "Stattdessen fährst du zu diesem Monster ins Gefängnis?", kam es fassungslos von dem Blonden. "Ja... weil unsere Anwälte mir mitteilte, dass es keine rechtliche Grundlage für eine Unterlassungsverfügung gab. Die Alternative hätte darin bestanden weiterhin diese lächerlichen Bittbriefe zu erhalten.", erklärte Seto geduldig. Er griff nach Joeys Handgelenk, zog ihn zu sich und schlang seine Arme vorsichtig um Joey. "Joey... ich wollte nur, dass die dich in Ruhe lassen, damit du dich auf die Zukunft konzentrieren kannst. Es tut mir leid, wenn du dich jetzt von mir verraten fühlst." "Ich fühl mich nicht verraten... nur bevormundet.", kam es mit einer leichten Spitze in der Stimme von Joey, während er seinerseits seine Arme um Seto schlang und sich an ihn schmiegte. "Das lag nicht in meinem Sinne... wirklich nicht.", meinte der Brünette ehrlich. "Ich weiß... Nur... wir sind doch ein Team... dann lass uns auch so agieren. Ich mein, es gab nichts, was ich nicht mit deiner Hilfe bewältigen konnte.", erwiderte Joey und Seto sah ihn kurz mit einem Funkeln in den Augen an, als wolle er kurz widersprechend. Doch der Brünette sparte sich den Widerspruch. "Was denn?", fragte Joey, dem der Blick nicht entgangen war. Sie lösten sich etwas und gingen weiter Richtung Küche. "Nichts.", kam es von Seto, der direkt bereute sich nicht beherrscht zu haben. "Doch, da ist was.", erwiderte Joey aufsässig. "Du hast irgendwas gedacht, als ich sagte, dass ich mit deiner Hilfe alles bewältigen konnte." "Na ja, erst einmal: Du bist noch mitten in der Bewältigung... Zweitens: Kai trägt daran mehr Anteil als ich.", versuchte Seto die Klippen zu umschiffen. "Was? Glaubst du das wirklich?", kam es überrascht von dem Blonden. "Ohne dich wäre Kai gar nicht hier und würde mir dabei helfen können." Seto schmunzelte sanft und zog Joey wieder an sich. Vorsichtig legte er ihm eine Hand an die Wange, bevor er sein Kopf neigte und seinen blonden Streuner liebevoll küsste. Dieser erwiderte den Kuss voller Liebe. Dabei legte Seto seinen anderen Arm fest um Joeys Rücken. "Wollt ihr nicht lieber gleich auf euer Zimmer gehen?", kam es plötzlich fragend von der Küchentür und erschrocken brach Joey den Kuss. Verwirrt blickte er zu Mokuba, den er um diese Zeit noch nicht hier erwartet hatte. "Was machst du denn schon zu Hause?", kam es streng von Seto. "Bei uns ist Unterricht ausgefallen. Unsere Biolehrerin ist umgekippt und wurde ins Krankenhaus gebracht.", erzählte Mokuba, bevor er wieder in die Küche zurück ging. Seto und Joey folgten dem Jüngeren. "Weiß man schon, warum sie umgekippt ist?", fragte Joey. "Nein, aber ihr soll es wieder gut gehen.", meinte Mokuba. "Hat sie jedenfalls in der Schul-Whats App-Gruppe geschrieben." "Okay...", kam es verwundert von Joey. Schul-Whats App-Gruppe? Er war erst seit einem halben Jahr aus der Schule, aber sie hatten so etwas nicht. "Okay, du warst bei dem Alten im Gefängnis, um auf ihn einzuwirken, damit sein Psychiater uns nicht mehr anschreibt... aber was wollte Yuki dann heute von dir?", hakte Joey nach, während sie gemeinsam am Waschtisch in ihrem Badezimmer standen und sich für das Bett fertig machten. "Möglicherweise hab ich im Besucherraum etwas gesagt, was andere Gefangene gehört haben und die ihn jetzt dafür haben zahlen lassen.", erzählte Seto vage. Joey spuckte den Schaum der Zahncreme aus und blickte fragend zu Seto. "Was genau hast du denn gesagt?", fragte Joey zögerlich, bevor er den Becher mit Wasser nahm und damit den Mund ausspülte. "Ich habe ihn einen Kinderschänder genannt.", gestand Seto kurz angebunden und Joey spaunzte das Wasser, mit dem er den Mund gespült hatte, gegen den Spiegel. "WAS?", kam es geschockt von Joey. "WARUM?" "Weil er die Frechheit hatte mich um irgendeinen Scheiß zu bitten.", kam es sachlich von Seto, aber die Wut über diese Unverfrorenheit schwang unterschwellig mit. Joey spülte sich den Mund gründlich aus und säuberte danach den Spiegel, von dem seine erste Spülung tropfte. "Aber Yuki war nicht da, nur weil du ihn Kinderschänder genannt hast, oder?", fragte Joey vorsichtig weiter. "Was ist im Gefängnis passiert?" Seto, der gerade selbst dabei war sich die Zähne zu putzen, blickte Joey für einen langen Moment an und spülte dann auch seinen Mund aus. "Er wurde verprügelt. Sie haben ihm den Arm gebrochen.", kam es sachlich von dem jungen CEO. Völlig ungerührt und ohne Mitleid. Beobachtete dabei ganz genau seinen Freund, jederzeit bereit ihn aufzufangen. Doch Joey reagierte vollkommen anders, als Seto es erwartet hatte. Sein Geliebter neigte dazu die Verantwortung für Geschehnisse auf seine Schulter zu laden, für die er nichts konnte. Aber jetzt... lächelte Joey hauchdünn. Joey hatte die Worte auf sich wirken lassen und nickte langsam. Das Monster war nicht verprügelt worden, weil es jemanden falsch angeschaut oder zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war. Sondern weil jemand gehört hatte, wie Seto ihn Kinderschänder nannte und hatte sein Leid abgewogen. Schließlich war dieser Jemand zu dem Schluss gekommen, dass dieses Verbrechen nicht ungesühnt bleiben durfte und hatte beschlossen den Alten dafür büßen zu lassen. Dieser Gedanke wärmte den Blonden von innen heraus und schenkte ihm... Genugtuung. Doch da war nicht nur dieses gute Gefühl. Da war auch Schuld. Schuld, weil er Genugtuung empfand. Machte ihn das zu einem schlechten oder charakterlosen Menschen. Es war nicht so, dass er sich daran ergötzte, dass dieser Mensch, der ihm so viel genommen hatte, verletzt worden war. Das war ihm egal. Aber das jemand, der ihn gar nicht kannte, seinem Leid einen Wert beigemessen hatte... Das fühlte sich unglaublich gut an. "Wollen wir?", fragte Seto sanft und hielt Joey seine Hand hin. Der Blonde blinzelte ein paar Mal verwirrt und nickte. Er ergriff die ihm dar gebotene Hand und ließ sich aus dem Badezimmer zurück ins Schlafzimmer ziehen. "Du bekommst jetzt aber keinen Ärger deswegen, oder?", fragte Joey besorgt, der plötzlich Angst bekam, dass man ihm Seto wegnehmen könnte. "Ich hab vorhin mit meinem Anwalt gesprochen. Er prüft die Gegebenheiten, aber er denkt nicht, dass da was auf mich zukommen wird.", antwortete Seto ruhig und zog seinen Streuner zum Bett und dann in seine Arme. Sanft kraulte er ihn im Nacken, während der Blonde einen Arm über Setos Oberkörper schlang. Mit der Genugtuung, dass jemand für ihn eingestanden war schlief Joey schließlich friedlich ein. Kapitel 162: Date - Vorbereitung -------------------------------- Kapitel 162 - Date-Vorbereitungen Joey war bereits auf dem Heimweg und knabberte sich bei der Fahrt an den Fingernägeln. Er hatte mit Seto vereinbart, dass er alleine heim fahren würde, damit er sich für ihren Abend, den sie heute verbringen wollten, in aller Ruhe zurechtmachen konnte. Er war nervös. Das war ihr erstes Date, obwohl sie nun fast ein dreiviertel Jahr schon zusammen waren. Eigentlich war es generell das erste Date für Joey. Er hatte noch nie einen Freund vor Seto gehabt. Damals hatte er nur gelegentlich hier und da einen One Night Stand gehabt, vor allem um seinem Vater eins auszuwischen. Es waren insgesamt nicht viele One Night Stands, die er gehabt hatte. Jedes Mal, wenn er mit einem Typen mittendrin war triggerte das Erinnerungen und Gefühle. Ließ die Bilder von den vielen Malen mit seinem Vater oder dessen 'Freunde' hochkommen, worauf er bitterlich weinen musste. Manche Typen hatten dann abgebrochen. Anderen war es egal gewesen und hatten weiter gemacht. Am Ende hatten sie ihn alle weinend im Bett zurück gelassen. Heute schämte er sich dafür, dass er diese Erlebnisse damals forciert hatte. War er damals der Überzeugung, dass er das tat, um seinem Vater eins auszuwischen wusste er heute - dank Kai - das all diese One Night Stands eigentlich Selbstbestrafungen gewesen waren. Er hatte sich selbst dafür bestraft, was sein Vater ihm angetan hatte. Denn sein Vater hatte ihm stets eingeredet, dass die Verantwortung dafür allein bei Joey lag. Als er in das Hier und Jetzt zurück kehrte stellte er fest, dass der Wagen wohl schon seit mehreren Minuten vor der Villa parkte. "Danke Fugatu.", meinte er wie immer ehrlich zu dem Mann, der ihn gefahren hatte. Touji schien schon ausgestiegen zu sein und wartete vor dem Wagen auf seinen Schützling. Also wollte der Blonde seinen Personenschützer nicht länger warten lassen und stieg endlich aus. "Hast du Pläne heute Abend?", fragte Joey ihn interessiert und sein Bodyguard lächelte sanft. "Ich begleite euch und sorge für deine Sicherheit.", antwortete er pflichtbewusst. Joey blickte ihn überrascht an. "Was? Nein. Dass ist doch nicht notwendig... hast du... weiß nicht... keine Freundin oder eine Frau?", wiegelte der Blonde überrascht ab. Toujis Grinsen wurde breiter. Noch am Anfang hatte Joey jeden Kontakt zu ihm gescheut. Hatte nicht mit ihm gesprochen, ihn nicht mal angeschaut. Die traumatische Erfahrung, den Tod von Toujis damaligem Chef mit ansehen zu müssen, hatte Joey tief geprägt. Doch das hatte sich mit der Zeit geändert. "Nein, dieses Jahr nicht.", meinte Touji nur wieder sanft. Joey blickte ihn lange prüfend an, bevor er mit ihm in die Villa ging. Normalerweise zog sich Touji hier in die Räumlichkeiten für die Angestellten zurück. Dort fand man neben einem gut ausgestatteten Aufenthaltsraum auch einen Raum zum Schlafen und ein Badezimmer vor, in dem sie sich frisch machen konnten. Gelegentlich spielten die Sicherheitsleute, die auf Abruf waren, dort auch Karten. "Nehme ich dich zu sehr in Anspruch?", fragte Joey, als Touji sich von ihm entfernte. Der Ältere blieb stehen, wandte sich wieder zu ihm und kam zurück. Er hatte weiterhin ein sanftes Lächeln auf den Lippen. "Nein.", war die schlichte Antwort. "Aber du hast seit dem letzten Herbst nicht einen Tag frei gehabt oder Zeit für dich und dein Privatleben gefunden, weil du immer für mich da warst.", wandte Joey schuldbewusst ein. "Und ich hab es nicht anders gewollt.", konterte Touji. "Hör mal, Joey... ich danke dir, dass du dir Gedanken um mich machst, aber ich habe mich für dieses Beruf und dieses Leben bewusst entschieden. Ich wusste, was man alles von mir in diesem Beruf verlangen würde und ich habe das mit Freude in Kauf genommen. Ich hatte nie einen Sinn für längerfristige Beziehungen oder Familiengründung, aber dieser Beruf gibt mir das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun.", erklärte der Personenschützer ihm. "Dennoch brauchst du auch mal Zeit für dich, in der du abschalten kannst.", meinte Joey überzeugt. "Also... wieso nimmst du dir den restlichen Tag nicht frei? Geh aus, vergnüg dich ein wenig. Ich bin nur mit Seto unterwegs, da werde ich schon nicht verloren gehen." "Mal schauen, was der Tag noch so bringt.", meinte Touji. "Und jetzt musst du dich sputen, sonst wirst du nicht fertig." Dann wandte er sich wieder ab und ging in die Bereitschaftsräume der Angestellten. Joey blickte ihm noch einen Moment nach, bevor er dann die Treppe hinauf nahm und sich in sein Zimmer begab. Dort stellte er sich vor den Kleiderschrank und blickte auf die Klamotten, die sich in den vergangenen Monaten angesammelt hatten. Als er hier einzog, hatte er gerade mal die Sachen, die er am Leibe getragen hatte und seine Schuluniform mitgebracht. Als er aus dem Krankenhaus kam hatte er einige Klamotten bekommen, die Serenity ihm gekauft hatte. Kurz bevor er wieder mit in die Schule gehen wollte hatte sich seine Schuluniform auf rätselhafte Weise vermehrt und er hatte drei davon in seiner Kommode gefunden. Dann hatten sich seine Shirts weiter vermehrt, hier und da war eine Jeans dazu gekommen, Socken, Unterwäsche... Schließlich hatte die Kommode nicht mehr ausgereicht und irgendwann war sie verschwunden und stattdessen stand dieser Schrank hier. Vielleicht war die Kommode auch einfach zu dem Kleiderschrank hier digitiert, ging es Joey kurz durch den Kopf und er musste schmunzeln. Als er mit seiner Arbeit bei Kaiba Corp angefangen hatte waren drei Anzüge und mehrere Hemden dazu gekommen, Business-Schuhe, Gürtel, eine Armbanduhr... er seufzte. Erst jetzt wurde ihm auf einmal so richtig bewusst, wie viel er seinem Drachen eigentlich zu verdanken hatte. Geld war tatsächlich nie ein Thema zwischen ihnen gewesen. Er wandte sich ab und ging in sein Badezimmer, wo er aus seinem Alltagsanzug schlüpfte und ihn in die Wäsche tat. Dann ging er duschen. Das Prasseln des Wassers auf seinen Körper hatte etwas Meditatives. Erst jetzt merkte Joey, dass das Gespräch mit Touji und seine Gedanken zu seinem Kleiderschrank das Produkt einer inneren Unruhe gewesen war, die sich aus der Nervosität des bevorstehenden Abends entwickelt hatte. Himmel, dachte er. Ein Date. Was machte man bei so einem Date? Gab es irgendwelche Regeln, die er nicht kannte, aber deren Einhaltung von ihm erwartet wurde? Seto wollte mit ihm essen gehen. Der einzige Wunsch, den Joey dabei gehabt hatte war, dass es kein piekfeiner Laden sein sollte. Vielleicht hätte er irgendwann zwischen damals und heute fragen sollen, in welchem Lokal sie essen würden, damit er wusste, welche Kleidung er anzuziehen hatte. Danach wollte Seto noch ins Kino mit ihm. Die Vorstellung, wie Seto in einem Kino saß und gemeinsam mit Fremden einen Film schaute, war etwas Skurriles. So skurril, wie ein Panda er plötzlich auf den Geschmack von Fleisch kommt. Als er aus der Dusche trat stellte Joey fest, das in seinem Badezimmer durch den Wasserdampf dichter Nebel herrschte. Wie lange er wohl duschen war? Er band sich ein Handtuch um die Hüfte und ging in sein Schlafzimmer zurück. Dort schaute er auf seinen Wecker und erschrak. Er war wohl deutlich länger unter dem reinigenden Nass gewesen, als ihm bewusst gewesen war. Eilig begann er sich abzutrocknen und die Haare trocken zu rubbeln, die schon wieder deutlich nachgewachsen waren. Er würde also bald wieder zum Friseur müssen. Das letzte Mal lag... vier Monate zurück. Schließlich kam er vor seinem Schrank wieder zum Stehen und war so ratlos wie zuvor. Dann spürte er, wie sich zwei Arme von hinten um ihn schlangen und er spürte die Lippen seines Geliebten an seinem Hals. Ein Schmunzel zeichnete sich bei ihm ab. "Na du...", flüsterte er leise. "Selber na du.", erwiderte Seto sanft. "Sorry, dass ich noch nicht fertig bin.", meinte Joey schuldbewusst. "Ich bin eh viel zu früh... hab's in der Firma nicht länger ohne dich ausgehalten.", meinte Seto liebevoll. Joeys Lächeln wurde wieder breiter. "So? Ist ja nicht so, als ob wir in der Firma gemeinsam an etwas arbeiten würden.", neckte Joey seinen Freund. "Ach, ich weiß auch nicht... aber jedes Mal, wenn ich weiß, dass du bereits nach Hause bist, kann ich mich kaum noch konzentrieren und dann kreisen meine Gedanken nur um dich alleine.", gestand Seto und küsste Joey erneut am Nacken. Dieser schloss seine Augen ein wenig und genoss die Zärtlichkeit. "Dann schick mich einfach nicht mehr früher heim.", hauchte Joey. "Hm, mal schauen.", dann blickte Seto in den Schrank von Joey. "Weißte nicht, was du anziehen sollst?" "Nicht so richtig... wohin gehen wir denn essen? Dann könnte ich mich danach richten.", fragte der Blonde interessiert. "Hm... schau mal... diese schwarze Jeans und vielleicht das Shirt da?", deutete Seto auf zwei Kleidungsstücke. "Jeans und Shirt?", fragte Joey entgeistert und konnte sich kein Restaurant vorstellen, in dem er damit ausreichend gekleidet war. "Nicht?", fragte Seto unschuldig. "Dann nimm die Jeans und ein Hemd, aber lass die Krawatte weg. Und du kannst ruhig bequeme Schuhe tragen." Joey nickte. Scheinbar wollte Seto ihm noch nicht sagen, wohin es gehen würde und er wollte keine Antwort provozieren. Also nahm er die Hose und ein dunkles Hemd, welches sich mit der Farbe nicht für die Firma taugte und musterte beides noch einmal. "Ich geh mich auch umziehen... ich hol dich ab, wenn ich soweit bin, okay?", meinte Seto sanft und küsste noch einmal Joeys Nacken. Dieser schmunzelte wieder breit und nickte. Kapitel 163: Valentinsdate -------------------------- Kapitel 163 - Valentinsdate Joey stand vor dem Spiegel seines Kleiderschrankes. Der Spiegel war im großzügigen Inneren des Schrankes angebracht worden, so dass er ihn nur sah, wenn er die Türen öffnete. Dazu waren extra auch einige LEDs im Kleiderschrank angebracht worden, damit man überhaupt etwas sah. Den Standspiegel, vor den Serenity ihn letzen Oktober einmal gezerrt hatte, hatte er vor einigen Wochen in einem Wutanfall zerschlagen. Die schwarze Hose und das ebenso schwarze Hemd sahen gar nicht mal so schlecht aus. Er krempelte die Ärmel bis zum Ellenbogen und fand, dass er jetzt mehr, wie er selbst wirkte... und irgendwie einen sportlichen Touch bekommen hatte. Allerdings sah man, dass die Klamotten immer noch eine gute Nummer zu groß waren. Aber immerhin nur noch eine Nummer. Er hatte in den letzten Wochen, seit er endlich wieder normal essen konnte, an Gewicht zugelegt. Auch Doktor Akari war mit dieser Entwicklung sehr zufrieden gewesen, als er ihn das letzte Mal gewogen hatte. Er war nun nicht mehr im untergewichtigen Bereich, sondern 'nur' noch schlank. Suchend zog er eine Schublade im Inneren seines Schrankes auf und fand, was er suchte: Einen schwarzen Gürtel. Er fädelte ihn durch die Schlaufen seiner Hose und schloss ihn. Damit lief er nicht mehr Gefahr die Hose beim Laufen zu verlieren. Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Er schloss die Schranktür, ging sich noch einmal mit den Fingern durch die mittlerweile trockenen Haare und öffnete dann die Zimmertür. Sofort klappte sein Unterkiefer etwas nach unten. Vor ihm stand Seto. Dieser hatte weiße Jeans und ein hellblaues Hemd an, dessen Ärmel nur bis zu den Handgelenken hochgeschlagen waren. Die teure Armbanduhr an dem filigranen Handgelenk seines Drachens wirkte fast schon etwas zu überdimensioniert, passte aber dennoch gut zu ihm. "Du siehst... wow aus...", meinte Jonouchi, als er seine Sprache wieder fand. "Das Kompliment gebe ich gern an dich zurück.", erwiderte Seto mit einem zufriedenen Schmunzeln. Joeys Wangen wurden etwas rot. "D... danke.", meinte er. Kai hatte ihm ans Herz gelegt die Komplimente von Seto einfach zuzulassen und zu akzeptieren. Also versuchte er sich seit einer Weile daran. Seto hatte bis eben eine Hand hinter seinem Rücke gehabt und zog sie nun vor. Dann reichte er Joey die Pralinenpackung, die er hinter sich versteckt hatte. Sie sah nicht aus, als ob man sie so irgendwo kaufen konnte. Überrascht blickte Joey Seto an. "W... was ist das?", kam es verwirrt von dem Blonden. "Mach auf.", bat Seto mit einem Lächeln. Joey hob den Deckel und fand einige selbstgemachte Matcha-Pralinen darin vor. Er musste einfach von einem Ohr zum anderen lächeln. "Du hast mir Pralinen gemacht?", fragte er überrascht. "Ist das nicht der Brauch?", erwiderte Seto mit einem charmanten Lächeln. Joey deckte die Pralinen wieder mit ihrem Deckel ab, schlang dann seine Arme um Setos Hals und küsste ihn zum Dank. "Vielen Dank, mein Drache... schön das du dir meine Vorliebe für Matcha-Schokolade gemerkt hast.", meinte Joey mit einem Glanz in den Augen, den Seto schon länger nicht mehr gesehen hatte. "Für dich würde ich die Welt aus den Angeln heben.", erwiderte Seto verliebt und strich Joey sanft über die Wange. Dieser schmiegte sich kurz an seinen Freund, bevor er die Schachtel auf ein Sideboard legte. "Sollen wir los?", fragte der Blonde schließlich und Seto nickte. Vorsichtig verschränkte der Brünette seine Finger mit denen seines Streuners. Gemütlich liefen sie den langen Gang zur Treppe entlang und stiegen dann in die Eingangshalle hinab. Dort half Seto Joey in dessen schwarzen Mantel, nachdem der Blonde sich einen Schal umgebunden hatte. Der Schal war ein Geschenk von Serenity gewesen. Dann legte sich Seto selbst einen Schal um und schlüpfte in einen weißen Mantel. Als die Tür auf ging stand vor dieser Touji und Joey blickte ihn verblüfft an. "Was tust du denn hier?", fragte er. "Auf euch warten.", lächelte Touji kurz. "Aber ich hab doch gesagt, du sollst dir einen schönen Abend machen.", schimpfte Joey freundschaftlich. Seto sah ihn verwirrt an. "Aber er ist dein Personenschützer.", wandte der Brünette ein. Joey blickte ihn nur missbilligend an. "Er ist aber auch ein Mensch, der seit einem dreiviertel Jahr kein eigenes Leben mehr hatte. Daher wollte ich, dass er wenigstens heute sich mal einen freien Tag gönnt, wenn ich am sichersten Platz auf dieser Welt bin.", meinte Joey und erntete einen verwirrten Blick von Seto. "Am sichersten Platz?", wiederholte der Ältere nur verwirrt. "An deiner Seite, ja sicher... das ist für mich der sicherste Platz auf der Welt.", meinte Joey, als wär es völlig abwegig, dass man das nicht wissen könnte. Touji musste schmunzeln, während Seto Joey entgeistert anschaute. Dann musste auch der Brünette schmunzeln und küsste den Blonden verliebt. "Ich würde mich wohler fühlen, wenn Touji uns begleiten würde.", hauchte Seto schließlich gegen Joeys Lippen, nachdem der Kuss geendet hatte. Joey seufzte und sah dann entschuldigend zu Touji bevor er zustimmend nickte. Dann gingen sie zu dem bereit stehenden Wagen. Fuguta öffnete ihnen augenblicklich die hintere Tür, so dass sie bequem einsteigen konnten. Nach fast einer halben Stunde kamen sie im Zentrum von Domino an. Es war ungeheuer viel Verkehr und Seto beschlich das Gefühl, dass nicht nur er heute seinen Liebsten zum Essen ausführte. Joey blickte fragend aus dem Fenster des Autos. Sie standen vor einer Reinigung, daneben war ein Conbini. Er zog die Stirn kraus. "Was wollen wir hier?", fragte der Blonde. "Essen gehen.", antwortete Seto, der die Tür öffnete und ausstieg. Dann hielt er Joey die Hand hin. Verwirrt legte der Blonde seine Hand in die dargereichte und ließ sich beim Aussteigen helfen. Auch Touji war ausgestiegen. Kaum hatte Seto die hintere Tür geschlossen fuhr Fuguta auch schon fort. "Vertrau mir.", meinte Seto schließlich lächelnd und zog Joey in die Gasse zwischen Reinigung und Conbini. Joey fühlte sich auf einmal gar nicht mehr so sicher und war froh, dass Seto und Touji ihn überstimmt hatten. Nach einigen Metern kamen sie zu einer Treppe, die ein paar Stufen nach unten führte und zu einer schlichten, hölzernen Tür. Seto drückte dagegen und sie ging ohne Schwierigkeit auf. Als auch Joey durch die Tür trat erstarrte er erstaunt. Es war, als wären sie durch ein Portal in eine andere Welt gegangen: Hinter dieser schlichten Tür ohne Schild oder Namen traten sie in ein kleines Lokal. Joey war sofort hin und weg. Es hatte etwas von einem alten New Yorker Restaurant in Little Italy, wie man es aus Filmen kannte, wirkte sauber und gepflegt, sowie bodenständig. Von den Tischen war gut die Hälfte mit Paaren besetzt. Schließlich wurden sie freudig von einem älteren Mann begrüßt, der mit deutlichem Akzent sprach, den Joey als italienischen erkannte. "Ah, Willkommen.", kam es in einer fast unangenehmen Lautstärke von dem rundlichen Mann, der so gar nichts Japanisches an sich hatte und sie regelrecht anstrahlte. Plötzlich griff Seto die Sprache des Gastgebers auf und wechselte mit ihm einige Worte in der fremden Sprache. Joey war erstaunt, dass Seto italienisch konnte. Schließlich führte der rundliche Mann sie durch das Restaurant zu einem kleinen, romantisch gedeckten und dekorierten Tisch. Dann nahm der Mann die Mäntel der beiden entgegen und eilte davon, während die beiden sich setzten. "Du kannst italienisch.", kam es feststellend von dem Blonden. "Hab es vor ein paar Jahren gelernt.", erklärte Seto. "Vor... ein paar Jahren?", wiederholte Joey ungläubig und bedachte Seto kritisch. "Da war ich dreizehn.", klärte der Ältere auf. "Kannst du noch andere Sprachen?", hakte der Blonde sofort wieder nach. "Hm... ich kann neben japanisch und englisch, italienisch, spanisch, französisch, deutsch und portugiesisch fließend, nicht ganz so gut russisch und hocharabisch, gebrochen etwas Mandarin und koreanisch.", zählte der Brünette auf. Joey war einfach baff. "Wow...", war alles was er erwidern konnte. "Ein Sprachengenie." "Ach was... viele Sprachen haben den gleichen Ursprung. Wenn man das erst einmal verstanden hat kann man einige Sprachen voneinander ableiten.", erklärte Seto bescheiden. Dann kam der Kellner mit der Karte zurück. Zu Joeys Überraschung fanden sich auf der Karte fast ausschließlich Burger-Menüs. Mit großen Augen sah er Seto an, der zufrieden lächelte. "Happy Valentine, Streuner.", meinte er sanft zu dem Blonden der regelrecht zu strahlen begann. Kapitel 164: Anders als erwartet -------------------------------- Kapitel 164 - Anders als erwartet Joey stapfte wütend in das Schlafzimmer und war bereits dabei sein durchnässtes Hemd aufzuknöpfen. Auch die Hose klebte unangenehm an seinem Bein. Seto folgte ihm. "Ich hab echt gedacht, dass dieser Film wie seine Vorgänger sein würde.", meinte der Brünette und versuchte aufzuschließen. "Ja, nein... war ja nicht deine Schuld.", winkte Joey ab. "Die ersten Filme hatten ja immer irgendwas mit Krieg und so zu tun." Der Blonde war weiter in das angeschlossene Bad geeilt und warf das Hemd wütend in den Wäschekorb, bevor er seinen Hosenknopf öffnete und aus dem nassen Kleidungsstück schlüpfen wollte. Seto schloss endlich auf und wollte seine Arme um seinen Geliebten schließen, doch dieser entwand sich augenblicklich aus der Umarmung. "Ich will jetzt einfach nur noch heiß duschen und dann ins Bett.", kam es von dem Blonden. "Joey...", wollte Seto erneut ansetzen. "NEIN... wirklich, alles gut...", schnitt ihm der Blonde das Wort ab, bevor er alleine unter die Dusche trat. Seto seufzte und verließ das Badezimmer. Der Abend hatte so gut angefangen. Die selbst gemachte Schokolade war gut angekommen und der absolute Geheimtipp für Burger-Liebhaber hatte Joeys Geschmack voll und ganz getroffen. Nach einem amüsanten Abend und einem guten Essen hatte Seto seinen Geliebten noch ins Kino ausführen wollen. Dazu hatte er einen Action-Film gewählt, der nach mehr als 20 Jahren eine Fortsetzung einer Filmreihe gewesen war. Er persönlich hatte mit Action-Filmen nie wirklich etwas anfangen können, doch während ihrer Schulzeit hatte er Joey von der Filmreihe schwärmen gehört und es sich gemerkt. Eigentlich war es doch ein unglaublicher Glücksfall, dass dieser Film gerade jetzt in den Kinos lief. Und Joey war ja auch am Anfang äußerst begeistert gewesen. Es schien ein rundum gelungener Abend zu werden. Doch dann... saßen sie in diesem dunklen Kinosaal. Schon das hatte Joey nervös werden lassen. Schon nach wenigen Minuten wurde deutlich, dass dieser Film sich von seinen Vorgängern erheblich unterschied: Drehten sich die ersten Teile der Filmreihe um einen heimgekehrten Kriegshelden, der erst mit einer engstirnigen Kleinstadt zu kämpfen hatte und später gegen verschiedene Regime antrat, war er in diesem Film... ein Cowboy, der Wanderer aus den Bergen rettete, die von einem Unwetter überrascht wurden und eine Art Vaterfigur für eine aufmüpfige, mexikanisch-stämmige junge Frau geworden war. Trotz aller guten Ratschläge war diese Frau schließlich aufgebrochen, um in Nordmexiko nach ihrem Vater zu suchen, den sie in ihrem Leben kaum zwei Mal gesehen hatte. Die Begegnung zwischen Tochter und Vater war so katastrophal und schien den Blonden an seinen eigenen... Un-Vater zu erinnern, dass er bereits dort verkrampfte. Als dann das Mädchen sich bei einer Freundin ausheulte und danach verschwand fing Joey auch noch mit den Zähnen an zu knirschen. Der Held kommt also den Weg von seiner Farm nach Mexiko um nach seiner Ziehtochter zu suchen. Während dieser sich also durch Mexiko prügelte wurde abwechselnd gezeigt, wie die Tochter unter Drogen gesetzt wurde, um dann in einem improvisierten Bordell korrupten Polizisten angeboten und von diesen vergewaltigt zu werden. Das war der Moment, als Joey aufsprang, seinen fast noch ganz gefüllten Literbecher Cola über sich schüttete, was natürlich auch die Plätze vor und neben uns betraf und schließlich unter großen Unmutsrufen aus dem Saal flüchtete. Als Seto hinterher wollte kam er ins Straucheln, weil auch seine Sitznachbarn von der plötzlichen Feuchtigkeit des klebrigen Kaltgetränks aufgeschreckt waren. Schließlich hatte er Joey erst im Foyer eingeholt, wo er schwer atmend an der Wand gelehnt dastand und versuchte sich zu zwingen ruhig zu atmen. Das zog natürlich die Aufmerksamkeit des Kinopersonals auf sich, was die Situation nur noch weiter eskalieren ließ. Denn diese riefen in ihrer Sorge um das Wohlergehen ihres Gastes den Notarzt. Also war Joey - um diesem zu entgehen - auf die Straße geflüchtet und direkt in eine Menge von Baseball-Fans gestolpert, die wohl gerade von einem späten Spiel zum Bahnhof unterwegs waren. Die Panik nicht länger unterdrücken könnend hatte der Blonde sich schließlich über die Straße in den gegenüberliegenden Park gerettet. In eben jenen Park, in dem er vor zehn Monaten von Seto gefunden worden war, als er nach einer viel zu kurzen Nacht hinter Müllcontainern hervor gekrabbelt war. Und genau dort schaffte es Seto ihn zum Stehenbleiben zu bringen. Joey hatte seine Hände fest um die Arme des Brünetten gekrallt, der ihn zu sich und in seine Arme gezogen und versucht hatte, beruhigend auf ihn einzureden. Mit einer Hand hatte der Brünette schließlich Fuguta informiert, wo er sie einsammeln sollte. Noch immer saß Seto auf der Bettkante, die Ellenbogen auf den Oberschenkel aufgestützt und nach vorne gebeugt. Wieso hatte er sich nicht vorher über den Inhalt des Filmes informiert? Das hätte vieles, was heute Abend schief gegangen war, vermieden. Doch er hatte sich darauf verlassen, dass dieser Teil in der Tradition seiner Vorgänger gedreht worden war und kaum mehr Tiefgang, als ein Segelschiff in der Karibik haben würde. Fahrig ging er sich durch seine Haare, als er spürte, wie jemand von hinten an ihn heran rückte und sich Arme um ihn schlangen. "Bitte verzeih mir, dass ich eben so aufgebracht war.", flüsterte der Blonde, der seinen Kopf auf Setos Schulter gelegt hatte und ihn wie ein begossener Pudel anschaute. Seto wandte sein Gesicht zu ihm und lächelte sanft. "Es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste, mein Streuner.", erwiderte Seto liebevoll. "Eher müsste ich dich um Verzeihung bitten." "Wofür?", kam es überrascht und verblüfft von dem Blonden. "Weil ich den Inhalt vorher hätte checken müssen.", gestand Seto leise. "Es war eine Nachlässigkeit, die dir einen Trigger und eine Panikattacke beschert hat und das tut mir wirklich sehr, sehr leid." "Nein... nein, bitte tu das nicht, Seto.", wisperte Joey ihm zu. "Was denn?", hakte Seto nicht verstehend nach. "Gib dir nicht die Schuld für etwas, wofür du sie nicht trägst.", bat der Blonde. "Ich... hätte nicht gedacht, dass ich auf einen Film so reagieren würde." "Nicht?", kam es nun erstaunt von dem Brünetten. "Na ja... es ist doch nur eine fiktive Geschichte...", meinte Joey leise. "Eine fiktive Geschichte mit einer Thematik, die du selbst durchlebt hast...", rückte Seto alles ins richtige Licht. "Es hat mich gewundert, dass du überhaupt so lange so ruhig sitzen geblieben bist." Stumm blieb Joey weiterhin hinter Seto knien. Mit seinen Armen die sich vor Setos Bauch überkreuzten. Es verging ein langer Moment, ohne dass einer von ihnen etwas sagte. Dann durchbrach Joey das Schweigen. "Kommst du doch mit duschen?", fragte der Blonde. Seto neigte seinen Kopf noch ein wenig, um seinen Geliebten besser anschauen zu können. Dann lächelte er müde und nickte. "Mit dir immer.", antwortete er, während er sich etwas mehr wandte und dann seine Lippen auf die des Blonden legte. Dieser erwiderte langsam den Kuss. Dann stand er wieder auf und zog Seto mit sich ins Badezimmer. Kapitel 165: Fragen... ---------------------- Kapitel 165 - Fragen... "Also war das halbe Date schön und die andere Hälfte hat dich getriggert?", fasste Kai sanft zusammen und musterte Joey aufmerksam, der ihm gegenüber saß. Der Blonde hatte die Füße auf die Sitzfläche gezogen und die Arme um seinen Bauch geschlungen. "Wird das immer so bleiben?", fragte Jonouchi plötzlich. "Was genau meinst du?", fragte Kai. "Das ich immer alles ruiniere, nur weil mich irgendein Scheiß triggert?", kam es leise von Joey. "Deshalb sprechen wir miteinander, Joey... unser Ziel ist, dass wir einen Großteil der Trigger entschärfen, so dass sie dein Leben nicht mehr beherrschen können. Doch es werden Trigger bleiben. Das kann ein Geruch, ein Geräusch, ein Gefühl, ein Ton oder ein visueller Eindruck sein.", erklärte der Rothaarige langsam. "Im Moment ist alles wie ein Minenfeld, doch wir werden diese Minen entschärfen." "Und wie lange wird das dauern?", fragte Joey leise. "Alles braucht seine Zeit, Joey.", antwortete der Ältere ohne wirklich konkret zu werden. "Aber wie viel Zeit?", fragte der Blonde. "Woher dieser Zeitdruck?", fragte Kai behutsam. Joey blickte seitlich weg in den schneebedeckten Garten. "Ich will nur endlich mein Leben leben.", kam es leise von Joey. "Du lebst dein Leben doch bereits.", erwiderte Kai. "Ja... aber total eingeschränkt und egal was ich anpacke, es verdirbt.", meinte der Blonde und wurde traurig. "Joey, du weißt, dass Seto für alles Verständnis hat und sich nicht von dir trennen wird.", wandte Kai ein. Joey presste die Lippen fest aufeinander. "Diese festsitzende Angst, die dich immer wieder beherrscht und antreibt... diese Angst verlassen zu werden... woher kommt die?" Giftig blickte der Blonde seinen Therapeuten an. Dann zuckte er unwillig mit den Schultern. "Oh, komm schon Joey... du weißt, woher diese Angst kommt.", widersprach der Ältere. "Was meinst du denn, woher sie kommt?", fragte Joey genervt. Kai lächelte warmherzig über den Versuch den Spieß rumzudrehen. "Lass mich raten, das ist eine Sache, die ich selbst erkennen muss?" "So ist es, Joey.", lächelte Kai. Joey überlegte, bevor ihm wohl etwas bewusst wurde und er aus dem Fenster schaute. "Sie ist tot und hat doch noch solchen Einfluss auf mich und mein Leben.", kam es plötzlich ruhig von Joey. "Wer?", wollte Kai wissen. Natürlich wusste er, von wem Joey sprach. Immerhin war sie die erste Person gewesen, von der Joey verlassen worden und die ihm danach distanziert begegnet war. "Meine Mutter.", sprach der Blonde schließlich aus. "Meine Angst kommt von ihr, weil sie mich bedingungslos hätte lieben müssen und dennoch hat sie mich bei ihm zurück gelassen und sich danach nie wieder für mich interessiert." Es tat weh, dass laut zu sagen, was einem seit so vielen Jahren auf der Seele lastete, Kai wusste das. Er sah, wie der Blonde mit seinem Schmerz und den Tränen kämpften. Doch er schluckte sie runter. "Warum hat sie mich bei ihm gelassen?", kam es auf einmal von Joey. "Ich meine... sie muss doch gewusst haben, dass er nicht mein Erzeuger ist. Warum hat sie das bei der Scheidung nicht angeführt und mich auch mitgenommen?" "Das kann ich dir nicht beantworten, Joey.", gestand Kai. "Aber du hast die Antwort." Verwirrt blickte Joey ihn an. "Serenity hatte dir die Antworten überlassen, erinnerst du dich?", half Kai ihm etwas auf die Sprünge. Joey musste angestrengt überlegen, bevor er darauf kam, was Kai meinte: Die Tagebücher seiner Mutter. Serenity hatte sie ihm gegeben und er hatte sie mitgebracht. Dann hatte er sie Seto zur Aufbewahrung übergegeben, denn Joey hatte befürchtet, dass er die Bücher in einem Wutanfall zerstören könnte und dann nie Antworten kriegen würde. Aber vielleicht war es wirklich an der Zeit sich seine Antworten in ihren Tagebüchern zu suchen. Aber was, wenn er etwas erfuhr, was er nicht wissen wollte? Diese Bücher waren einfach ein zweischneidiges Schwert. Am Abend saß Joey auf der Kante ihres Bettes und ließ das Gespräch mit Kai Revue passieren. Er bekam nicht mit, wie Seto aus dem Badezimmer kam und sich dann neben ihn setzte. Aber er spürte, wie sein Geliebter einen Arm um ihn schlang. Er blinzelte und wandte seinen Blick zu dem Brünetten. "Ich glaub, es ist Zeit.", meinte Joey leise. "Zeit?", fragte Seto, der bezweifelte, dass sein Streuner vom Zubettgehen sprach. "Ich hab Fragen und es gibt nur eine Person, die mir die Antworten geben kann.", meinte Joey weiter und Seto verstand. "Bist du sicher?", fragte er sanft. "Nein, aber ich bin bereit.", erwiderte der Blonde leise. "W... würdest du bei mir bleiben und sie mit mir lesen?" Seto beugte sich langsam zu ihm und küsste ihn zärtlich. Als ihr Kuss endete lächelte er seinen Liebsten an. "Natürlich.", antwortete er dem Blonden. "Aber mit dem Lesen müssen wir bis morgen warten." "Warum?", fragte Joey verwirrt. "Weil ich sie nicht im Haus aufbewahre.", gestand der Brünette. "Oh... okay.", meinte Joey leise, bevor er nickte. "Am Wochenende wär es vielleicht auch besser." "Dann werden wir uns ganz viel Zeit dafür nehmen.", versprach Seto Joey und dieser nickte zustimmend. Am Wochenende würde er also einen Einblick in die Gedankenwelt seiner Mutter erhalten und endlich erfahren, warum sie ihn nicht mitgenommen hatte. Langsam ließ er sich von Seto ganz ins Bett und in Setos Arm ziehen, wo er einen Ort fand, an dem seine rumorenden Gedanken zur Ruhe kam und er dann schließlich in einen tiefen Schlaf fiel. Kapitel 166: ...und Antworten ----------------------------- Kapitel 166 - ... und Antworten Tristan saß auf der Armlehne des Sessels und beobachtete seinen blonden Freund, wie er am Fenster stand und sich die Fingernägel weiter abfraß. Er hatte ein paar Mal schon versucht Joey vom Fenster wegzuholen und ihn zu beschäftigen. Doch das hatte nur zu zwei Wutanfällen seitens Joey geführt, der dann wieder an das Fenster getigert war. "Wo bleibt er denn?", fragte der Blonde angespannt. "Er ist unterwegs.", antwortete Tristan ruhig. "Aber wann wird er hier sein?", setzte Joey nach. "Schon bald.", erwiderte Tristan weiterhin ruhig. Heute war einer dieser Tage, an dem er seinen besten Freund gerne an einen Stuhl gefesselt und geknebelt hätte, wenn dieser nur aufhören würde im Minutentakt die gleichen Fragen zu stellen. "Schreibst du ihn bitte noch einmal an?", bat der Blonde. "Aber ich hab ihn erst vor zwei Minuten angeschrieben.", gab Tristan zurück. "Dann schreib ihn noch einmal an.", fauchte Joey, der Tristan kurz böse anfunkelte. Dieser seufzte, zog sein Handy und schrieb Seto erneut eine Nachricht. Wie schon davor erhielt er prompt eine Antwort: 'Gleich'. Na toll, dachte sich Honda. Die Antwort wird Joey nicht gefallen. "Und?", fragte Joey schließlich. "Er schrieb 'gleich'.", meinte Tristan und lächelte beruhigend. "Tolle Antwort.", meinte Joey angespannt. Dann sah er weiter vorne, wie das Tor der Einfahrt aufschwang und endlich der Wagen die Auffahrt herauf gefahren kam. Er sprang vom Fenster weg und eilte zur Haustür. Beinahe wäre er barfuß raus gerannt, hätte Tristan ihn nicht aufgehalten. Der Wagen kam zum Stehen und Seto stieg mit einem Koffer aus. Der Brünette kam ohne große Eile oder Hast die paar Stufen zur Haustür und trat dann über die Schwelle. Sanft legte er eine Hand an die Wange seines Geliebten und küsste ihn dann. Nach dem Kuss legte er seinen Mantel ab und schlüpfte aus seinen maßgefertigten Derbyboots, wofür er sich erst bücken und sie aufschnüren musste. Joey trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Für ihn war es eine Qual, wie viel Zeit sich Seto ließ. Doch dann spürte er Tristans Hand auf seiner Schulter, der ihn etwas bremste. Schließlich nahm Seto seinen Koffer wieder in die Hand und blickte Joey fragend an. "Wo möchtest du dich mit den Tagebüchern auseinander setzen?", fragte er behutsam. Joey sah ihn mit großen Augen ungläubig an. Darüber hatte er sich gar keine Gedanken gemacht. Er wollte die Bücher nicht in ihrem Schlafzimmer haben. Aber er wollte auch nicht, dass Mokuba oder seine anderen Freunde bei einem Besuch zufällig über die Bücher stolperten und erfuhren, wie wenig übrig diese Frau für ihren eigenen Sohn hatte. "Ich... weiß es nicht.", stammelte Joey unschlüssig. Seto seufzte mit einem Schmunzeln. "Da hüpfst du die ganze Zeit rum und kannst es kaum erwarten, bis ich mit ihnen hier bin und dann haste dir keinen Kopf drum gemacht, wo du sie lesen möchtest?", fasste er es zusammen, beugte sich zu Joey und küsste ihn liebevoll. "Ganz der Chaot in den ich mich verliebt habe." Zu dritt saßen sie bei Seto im Büro auf der Couch. Vor ihnen, auf dem niedrigen Tisch der Koffer, in dem die Tagebücher waren. Jeder von ihnen hatte ein Buch in der Hand und suchte nach wie vor das richtige Jahr. "Wann haben sie sich scheiden lassen?", fragte Tristan erneut. "Vor acht Jahren.", meinte Joey und hielt dann inne. Acht Jahre Hölle. Zwei mit immer häufigeren Schlägen, bis sie zu seinem Alltag gehört hatten und ab dem zwölften Geburtstag... Bevor es dann an seinem vierzehnten Geburtstag das erste Mal so richtig eskaliert war. Eine Träne kullerte ihm über die Wange und plötzlich spürte er eine warme Hand an seinem Gesicht. Der Daumen der fremden Hand wischte ihm die Träne weg. Dann klärte sich seine Sicht wieder und er sah Seto, der ihn sanft zu sich zog. "Okay... ich bin hier in ihrem Studium... also viel zu früh.", meinte Tristan, klebte ein Post it drauf und schrieb dann 'Studienzeit' drauf, bevor er es weglegte und sich ein anderes nahm. "Ich glaube, dass ist die akkurateste Handschrift, die ich je gesehen habe.", merkte Seto leise an. Dann nahm auch er sich ein Post it und klebte es auf den Buchdeckel. Er schrieb in nicht weniger sauberer Handschrift 'Oberschule' auf das Cover. "Oh...", kam es auf einmal von Tristan. "Oh?", fragte Joey aufgeschreckt und setzte sich wieder richtig hin. "Ähm... sie schreibt hier über deinen Dad... also Johnson.", meinte Tristan nur vorsichtig. "Was... was schreibt sie denn?", fragte Jonouchi vorsichtig. "Es ist schön gehört und gesehen zu werden. Ich kann es nicht erklären, aber mit Jack kann ich reden. Auch über die Dinge, über die ich sonst mit niemandem reden kann. Er hat immer ein offenes Ohr für mich und geht auf mich ein. Nie bekomme ich von ihm zu hören, dass ich mich selbst aufgeben soll, um den Schein zu wahren oder das ich nicht jammern solle, denn mir würde es doch so gut gehen. Wenn er mich ansieht, dann fühlt sich das gut an. Als würde er mich wirklich sehen. Als Frau. Nicht wie die dumme Kuh, die spät am Abend nach Hause kommt und von der er dann erwartet noch für ihn zu kochen. Er bedenkt mich nicht mit Ausdrücken wie 'Schlampe' oder abfällig 'Prinzessin', wie es Joseph tut. Wenn Jack mich zufällig an der Hand, am Arm oder an der Schulter berührt schüttelt es mich nicht vor Ekel, wie wenn Joseph mal wieder verlangt, dass ich neben ihm schlafe, damit er einmal über mich rüber rutschen kann.", las Tristan vor. "Tragisch.", kommentierte Seto ruhig. Tristan blätterte ein paar Seiten vor und stockte erneut. "Deine Mutter hat einen Suizid geplant.", merkte Tristan an. "Sie wollte vom Dach ihrer Arbeit springen, weil sie weder ihre Eltern durch eine Scheidung brüskieren, noch weiterhin mit Joseph verheiratet bleiben wollte." "Was?", kam es ungläubig von Joey, der das Buch zu sich zog und selbst die Worte seiner Mutter las: "Nachdem ich alles auf der Arbeit erledigt habe werde ich nach Feierabend die Treppe auf das Dach nehmen. Ich werde mir einen kurzen Augenblick nehmen, um mir auch wirklich sicher zu sein. Doch ich bezweifle, dass ich es mir noch einmal anders überlegen werde. Dann werde ich einen Schritt tun und die Freiheit spüren können." Geschockt blickte er auf die Worte, blätterte um, um zu erfahren was ihre Meinung geändert haben könnte. "Wir haben einen neuen Kollegen bekommen, Jack Johnson. Ein Amerikaner. Ich weiß nicht wie, aber scheinbar hat er gespürt, was ich vor hatte. Also wartete er nach Feierabend auf mich und fragte mich, ob ich ihm nicht ein Lokal zeigen könnte, in dem man gut bürgerlich essen könnte. Dabei schenkte er mir ein Lächeln, wie ich noch nie zuvor eines erhalten habe. Mir wurde auf einmal wieder warm ums Herz und weil ich diese Welt nicht nach einer unhöflichen Geste einem neuen Kollegen gegenüber verlassen wollte stimmte ich zu, ihm ein Restaurant zu zeigen.", las Joey vor. Nur langsam ließ Jonouchi das Buch sinken. "Ich hab hier das Tagebuch, in dem du geboren wirst, mein Schatz.", meinte Seto ruhig. "Ich bin immer noch außer mir vor Wut. Ich bin nur ganz kurz nach der Geburt weggenickt und dieser elende Versager geht hin und gibt meinem Sohn seinen Namen: Joseph. Dieses letzte, kostbare Geschenk, welches ich von Jack habe, und er entweiht es mit seinem Namen. Als ich den Namen berichtigen lassen wollte, meint die Schwester doch glatt, dass das nicht ohne meinen Ehemann ginge. Als ich ihr sagte, dass mein Ehemann ohne mich ja auch den Namen eintragen gelassen hat, hat sie mich herablassend angeblickt und meinte, dass ich wohl noch lernen müsse, wo mein Platz in der Gesellschaft sei. Oh, dieses Relikt längst vergangener Tage, wie sehr ich ihr dafür eine runterhauen wollte." Erstaunt blickte Joey Seto nur an. Dann klappte Seto das Tagebuch zu, klebte ein Post it drauf und beschriftete dieses mit 'Joeys Geburt'. "Ich glaub ich hab's gefunden.", meinte Tristan dann und setzte sich richtig auf. "Dieser Mistkerl. Er besteht auf das japanische Scheidungsrecht, dass verlangt, dass Kinder auf die Eheleute aufgeteilt werden. Ich bin mir sicher, er weiß, dass Joey und Serenity nicht von ihm sind und selbst wenn er es nicht weiß, dann ahnt er es. Also warum will er Joey nur behalten? Bislang hat er keinen Finger für die Kinder gerührt. Nicht einen. Er hat sie immer links liegen lassen. Ich verstehe ihn einfach nicht." "Mehr steht da nicht?", fragte Joey, der immer noch total geschockt war von den vorherigen Einträgen war. Tristan blätterte weiter. Dann schien er noch einen Eintrag zu finden. "Als ich ihn fragte, warum er auf dem Sorgerecht für Joey besteht grinste er mich nur an. Er beugte sich zu mir und hauchte mir zu, dass er darauf bestehe, weil er mir damit weh tun könne und er es genießen würde, wie ich mich bei den Anhörungen vor dem Richter winde, weil das Recht auf seiner Seite wäre. Dieser Mistkerl, ich wünschte, er würde einfach tot umfallen. Dann wären alle meine Probleme gelöst und ich könnte in Japan bleiben. Doch er besteht darauf, dass ich das Land verlasse, weil er mich sonst als Ehebrecherin brandmarkt. Als Ehebrecherin würde ich meine Eltern entehren und würde in keiner angesehenen Firma mehr einen Job finden. Aber ich freue mich darauf, dieses in den Zeiten steckengebliebenes Land zu verlassen und wohin zu gehen, wo eine alleinerziehende Mutter nicht geächtet wird. Ich wünschte mir nur, ich könnte meine beiden Kinder mit mir nehmen." Tristan blickte Joey an. "Sie wollte dich gar nicht bei ihm lassen.", meinte er ruhig. In dem Blonden wirbelten die Gefühle umher, vor allem widersprachen sie sich alle. Er stand auf und verließ ohne ein Wort mit schnellem Schritt das Büro seines Geliebten. "Geh du ihm nach, ich kümmer mich um die Tagebücher.", meinte Tristan und Seto sprang auf und eilte seinem Streuner hinterher. Kapitel 167: Aussöhnung ----------------------- Kapitel 167 - Aussöhnung Nervös saß Joey auf seinem Platz und knabberte an seinen Fingernägeln. Vorsichtig legte Seto eine Hand auf die schon arg drangsilierten Finger des Blonden, der ertappt zu ihm aufsah. "Es ist alles gut, Streunerchen.", meinte er sanft zu seinem Geliebten. Der schaute ihn nur mit großen Augen an und hob unbewusst die andere Hand zum Mund um dort weiter zu knabbern. "Himmel, wo hast du dir das nur angewöhnt?" "Was meinst du?", fragte Joey. "Das Fingernagelknabbern.", kam es von Seto. Joey blickte auf seine Hand und die wirklich weit abgefressen Fingernägel. "Keine Ahnung.", meinte er und konnte sich wirklich nicht daran erinnern, wann er damit begonnen hatte oder ob er es früher schon getan hatte. "Wir landen gleich.", kam es von Mokuba, der gegenüber der beiden Platz nahm und sich anschnallte. Auch Joey und Seto schnallten sich an. Dann ging das Flugzeug auch schon in den Sinkflug. Früher, als ursprünglich geplant, hatten sie sich für einen Kurzbesuch in den USA entschieden, vor allem, damit Joey mit einer Sache abschließen konnte. In den letzten zwei Wochen hatten sie reichlich in den Tagebüchern von Joeys Mutter gelesen. Dadurch hatte der Blonde nie gekannte Einblicke in das Leben und die Gedankenwelt seiner Mutter erhalten. Hatte verstanden, dass sie Joseph Wheeler niemals heiraten wollte, aber dem Druck ihrer Eltern irgendwann nachgegeben hatte. Verfolgte, wie seine Mutter scheinbar in eine immer steilere Depressionskurve rauschte und sich sogar schon das Leben nehmen wollte, als sie seinen Dad - Jack Johnson - kennen gelernt hatte. Hörte mit ihren Worten, wie sich zu diesem Amerikaner erst eine Freundschaft bildete und daraus dann eine Liebe erwuchs. Erfuhr von ihren Plänen den Säufer und Schläger verlassen zu wollen, was schlussendlich nur an Jacks Mutter scheiterte. Jacks Mutter hatte ihr enorm zugesetzt und hatte klar gemacht, dass sie als Schwiegertochter niemals akzeptiert werden würde. Joey erfuhr von der Verzweiflung seiner Mutter, als sie Jack verließ, damit dieser seiner Familienpflicht nachkommen konnte und wie überrascht sie war, als sie feststellte schwanger zu sein. Wie sehr sie sich darauf freute so wenigstens ein Stück ihrer großen Liebe in ihrem Leben halten zu konnte. Doch das Monster hatte ihr diesen Schatz weggenommen und mit seinem eigenen Namen beschmutzt. Der Konflikt seiner Mutter zwischen unschätzbarer Liebe für ihren Sohn und dem Ekel darüber, dass Joseph ihm seinen Stempel aufgedrückt hatte wurde immer deutlicher. Dann ein Wiedersehen mit Jack bei einem Seminar, ein erneuter One Night Stand und daraus folgenden Schwangerschaft. Er las, wie ihr Verhältnis zu ihrem Ehemann immer belastender für sie wurde, bis sie schließlich die Scheidung einreichte. Erfuhr davon, wie seine Großmutter seine Mutter erneut unter Druck setzte und dazu drängte die Beziehung zu ihrem Mann zu kitten. Doch seine Mutter hatte nicht mehr gekonnt und so kam zur Scheidung auch noch ein Verstoß ihrer Eltern dazu. Und dann die schreckliche Erkenntnis, dass ihr Mann ihren Sohn behalten würde. Sie hatte beschrieben, wie sie mit ihrem Anwalt darüber sprach, dass Joey nicht der Sohn ihres Mannes war und wie der Anwalt ihr klar machte, dass das keine Rolle spielte, denn vor dem Gesetzt war Joseph Wheeler der Erziehungsberechtigte, ob biologischer Vater oder noch. Das hatte seine Mutter erneut in eine schwere Depression gestürzt. Immer wieder las er in ihrem Tagebuch, wie sie versucht hatte ihn anzurufen, doch ihr Ex-Mann ihr das Gespräch verweigerte. Wie sie zu jedem Anlass Karten schickte, die alle mit dem Vermerk 'Annahme verweigert' zurück gekommen waren. Sie beschrieb, wie das Monster ihr drohte, wenn sie weiterhin versuchen würde Kontakt zu Joey aufzunehmen er ihrem Sohn weh tun würde. Also hatte sie das einzige getan, was eine Mutter unter diesen Umständen tun konnte, um ihr Kind zu schütze: Sie hatte jeden Kontaktversuch aufgegeben und auch bei den wenigen Treffen, bei denen er Serenity sehen durfte, hatte sie sich im Hintergrund gehalten und sich abweisend verhalten. Immer wieder waren Joey bei solchen Einträgen Flecken auf dem Papier aufgefallen und erkannte erst nach einigem Lesen, dass es Tränen sein mussten. Tränen, die seine Mutter beim Schreiben vergossen hatten und die die Tinte angelöst und verteilt hatten. Als sie gelandet waren wurden sie von Jack und Serenity abgeholt. Sie hatten sich gegenseitig herzlich begrüßt und waren dann wieder zu Jack, den Zwillingen und Marcia gefahren. Dort hatten sie erst einmal gegessen und hatten dann den nächsten Tag besprochen. Der nächste Tag... Joey hatte in der Nacht kein Auge zugemacht. Immer wieder war er aufgestanden und war hin und her getigert. Jedes Mal war ihm Seto kurz darauf gefolgt, hatte ihn zurück ins Bett und seinen Arm gezogen und gehofft, dass der Blonde zur Ruhe kommen würde. Doch das war er nicht. So hatte Joey ziemlich müde und erschöpft am Frühstückstisch gesessen. Hatte einen Kaffee nach dem anderen getrunken, bis er auch nicht mehr ruhig sitzen bleiben konnte. Als er einen weiteren Kaffee holen wollte hatte sich ihm Seto in den Weg gestellt. Da war Joey aufgefallen, dass diese Situation der im letzten Jahr ähnelte, als sie vor der Abschlussprüfung standen. Dann waren sie aufgebrochen: Jack, Serenity, Mokuba, Seto und er. Sie waren gut zwei Stunden gefahren und hatten dann schließlich ihr Ziel erreicht: Der Friedhof, auf dem seine Mutter begraben lag. Serenity griff nach der Hand ihres Bruders und er konnte spüren, wie angespannt auch sie war. Es war der erste Todestag ihrer Mutter. Als sie kurz vor dem Grab waren blieb Joey stehen und Serenity überwand den letzten Meter alleine. "Hallo Mama.", begrüßte sie den Grabstein, als würde dort wirklich ihre Mutter stehen. "Ich hab dir jemand mitgebracht." Dann zog sie Joey sanft zu sich. Dieser blickte auf den kunstvoll gestalteten Grabstein, unter dem die Urne seiner Mutter beigesetzt worden war. "Sag ruhig hallo, Joey.", meinte sie mit einem dezenten Lächeln. Doch er schüttelte nur den Kopf und kam sich komisch dabei vor einen Stein begrüßen zu sollen. "Du bist sicherlich überrascht, weil er heute hier ist, nicht wahr?", fragte Serenity zum Grab gewandt, als würde sie erwarten, dass jemand antworten würde. "Ich hab ihm an Weihnachten deine Tagebücher gegeben und er hat sie gelesen. Er versteht nun, wie das alles wirklich war." Joey wollte sich abwenden und gehen, doch lief er in Setos Arm, der ihn stoppte und seine Hand sanft an Joeys Wange legte. "Ich verstehe das alles nicht.", meinte Joey nur. "Ich soll mit einem Stein sprechen, als würde sie da vor mir stehen?" "Der Stein ist nur ein Symbol für deine Mutter. Ein... Transmitter in die Anderswelt, wenn du so möchtest. Es ist ein wenig so, wie wenn du mit Serenity skypst, da sprichst du ja auch 'nur' mit dem Laptop. Genauso ist das hier auch.", erklärte Seto verständnisvoll. Er hatte einige Bücher zu diesem Thema gelesen, bevor sie hergeflogen waren, weil er schon mit so etwas gerechnet hatte. Nur langsam wandte sich Joey wieder zu Serenity und dem Grabstein. Zögerlich trat er neben seine Schwester, die ihn ermutigend anlächelte und seine Hand in ihre nahm. Er biss sich ein paar Mal auf der Oberlippe herum. "Ich kann meine Gefühle von den letzten Jahren nicht einfach ablegen... aber ich weiß nun, wie es wirklich war und verstehe es besser.", meinte Joey mit brüchiger Stimme. Serenity strich ihm mit dem Daumen über den Handrücken. "Es tut mir leid, dass ich dachte, du würdest mich nicht lieben." Auf einmal spürte er etwas Feuchtes auf seinen Wangen und als er danach tastete stellte er fest, dass er weinte. Dann wandte er sich von dem Grab ab und ging entschlossen zum Wagen zurück. Kapitel 168: White Day ---------------------- Kapitel 168 - White Day Seto saß an seinem Schreibtisch und ging gerade ein paar Papiere durch, als es an seiner Tür klopfte. Überrascht blickte er auf, da sonst seine Assistentin Besuch über die Sprechanlage ankündigte und er für jetzt gar keinen Termin eingetragen hatte. "Ja, bitte.", rief Seto daher und stand auf. Die Tür wurde langsam geöffnet und blondes Haar schob sich durch den Spalt. Sofort musste Seto lächeln, denn Joey war beim Reinschauen immer irgendwie vorsichtig und etwas unbeholfen. Als Joey sah, dass Seto alleine war schlüpfte er in das Büro und schloss die Tür hinter sich. Er hielt einen Arm hinter dem Rücken. "Stör ich dich?", fragte er. "Du störst mich nie.", erwiderte Seto sanft, überwand was sie trennte und küsste seinen Geliebten liebevoll. Dieser genoss den Kuss scheinbar und erwiderte ihn liebevoll. Als sich der Kuss löste zog Joey seinen Arm hinter dem Rücken vor und hielt Seto eine Pralinenschachtel mit einem transparenten Deckel hin. Darin war selbstgemachte, weiße Schokolade auf deren Oberfläche der weiße Drache mit einem blauen Auge geformt war. Überrascht blickte Seto auf das Geschenk. "Danke... aber womit hab ich das verdient?", fragte Seto perplex und nahm das Geschenk an. Dabei bewunderte er den detaillierten Drachen auf der Oberseite der Schokolade. "Ich würde dich gerne zum Abendessen bei uns Zuhause einladen.", meinte Joey mit einem verliebten Lächeln, ohne auf Setos Frage wirklich zu antworten. "Gerne...", meinte Seto und erwiderte das Lächeln seines Freundes. "Sieben Uhr?", fragte der Blonde. "Ich werde da sein.", versprach Seto, bevor er Joey noch einmal küsste. Als sie sich lösten hielt Joey noch einen Moment inne. Erst dann öffnete er seine Augen, strahlte Seto regelrecht an und verließ mit beschwingtem Schritt das Büro des Brünetten. Als Seto an diesem Abend heim kam durchzog bereits ein herrlicher Geruch die Eingangshalle. Er wollte sofort in die Küche, doch aus dem Wohnzimmer sprang auf einmal Mokuba in seinen Weg. "Hallo.", grüßte sein jüngerer Bruder ihn. "Hi, Moki.", grüßte Seto liebevoll zurück, bevor er sich an dem Vierzehnjährigen vorbei schieben wollte. Doch dieser schob sich mehr in seinen Weg. "In deinem Schlafzimmer hängt Kleidung. Joey bittet darum, dass du diese anziehst und dich dann im Wohnzimmer einfindest.", informierte Mokuba seinen älteren Bruder firm, als hätte er niemals etwas anderes getan, als Nachrichten zu überbringen. Überrascht blickte der Ältere seinen Bruder an, bevor er nickte und dann die Treppe hochstieg. In seinem Zimmer hingen am Spiegel die Kleidungsstücke, die er vor einem Monat beim Valentinstag angehabt hatte. Er wundert sich zwar, aber dann ging er duschen und zog sich um. Als er wieder nach unten kam ging er - wie Mokuba ihm aufgetragen hatte - in das Wohnzimmer. Dort war das Licht gedimmt und einige Echtwachslichter simulierten den Schein von Kerzen. Fragend sah er sich um. Jetzt stand er hier und wusste nicht, was von ihm erwartet wurde. Doch ehe er seinen Gedanken weiterspinnen konnte umschlangen zwei Arme seine Brust von hinten. "Willkommen zuhause.", hauchte Joey ihm ins Ohr und küsste ihn dann am Hals. "Danke.", keuchte Seto zurück, der Mühe hatte sich zu beherrschen. Langsam wandte er sich in den Armen seines Geliebten um, so dass sie sich in die Augen schauen konnten. Auch Joey trug die Kleidung, die er am Valentinstag angehabt hatte. "Gut siehst du aus." "Oh, danke... du aber auch...", erwiderte Joey mit einem charmanten Lächeln, bevor er seine Lippen auf die des Blonden legte, der den Kuss zärtlich erwiderte. "Hast du Hunger?", fragte Joey, nachdem der Kuss geendet hatte. "Und wie...", flüsterte Seto mit einem zweideutigen Unterton. "Dann lass uns essen.", konterte der Blonde, den Unterton seines Freundes ignorierend. Sie wechselten vom Wohnzimmer ins Esszimmer, welches nur noch selten benutzt wurde und in dem nur noch ein runder Tisch für zwei stand. Er war sorgfältig und mit viel Liebe deckt worden, in der Mitte stand ein dreiflammiger Kerzenhalter. Auch der Raum war mit weißen Tüchern verhangen. "Hab... ich ein Jahrestag vergessen?", fragte Seto erneut unsicher. Joey kicherte. "Nein, hast du nicht... du hast mich zum Valentinstag eingeladen und einen Monat später ist der White Day... da werden die Rollen getauscht. Also wer eingeladen und beschenkt wurde, lädt ein und beschenkt.", erklärte Joey sanft. Seto blickte ihn mit großen Augen an, denn irgendwie war ihm dieser Tag bei seinen Recherchen nicht unter gekommen. "Ich dachte, ich koch etwas Besonderes für dich.", meinte Joey etwas unsicher. "Und hoffe, dass es auch schmecken wird." "Oh... da hab ich gar keinen Zweifel daran.", lächelte Seto sanft und küsste Joey noch einmal. Als sie in ihrem Zimmer ankamen musste Seto feststellen, dass es hier wohl weiter mit dem White Day ging. Eine breite Blütenblätterspur zog sich durch das Zimmer Richtung Badezimmer. Joey zog Seto sanft mit sich und im Badezimmer flackerten einige Dutzend Kerzen. In der Wanne türmte sich bereits der Schaum und dampf stieg auf. Langsam umschlang der Blonde seinen Drachen ein weiteres Mal von hinten und begann sein Hemd aufzuknöpfen. Über Setos Gesicht huschte ein Lächeln, während er sich bereitwillig das Hemd aufknöpfen und vom Körper streifen ließ. Dann wanderten Joeys Hände tiefer und lösten den Knopf der Hose. Als sie dem Brünetten von der Hüfte rutschte nahm sie die Shorts mit, so dass Seto nackt vor Joey stand. Er löste sich von dem Blonden, ging zwei Schritte auf die Wanne zu und drehte sich dann mit weit von sich gestreckten Armen zu Joey. "Gefällt dir, was du siehst?", fragte er lasziv. Nun bekam auch der Blonde ein breites Grinsen, während er seinen Blick über den Körper dieses wundervollen Mannes gleiten ließ und nickte. "O-oh ja.", war die simple Antwort von Joey, bevor er sein Hemd eilig aufknöpfte und mit der Hose achtlos auf den Boden fallen ließ. Die Gegenfrage zu stellen traute sich der Blonde jedoch nicht. Seto zog ihn zu sich, legte eine Hand an Joeys Wange und küsste ihn sanft. Die andere Hand ließ er von der Schulter seines Streuners über dessen Rücken die Seite entlang nach unten gleiten, bis sie auf seiner Hüfte zur Ruhe kam. Langsam zog er seinen Streuner mit sich zur Badewanne und stieg in sie, ohne den Kuss brechen zu lassen. Joey stieg hinterher und sie setzten sich in das angenehm heiße Nass. "Seto?", kam es mit leicht rauer Stimme und vom Küssen geschwollenen Lippen, während Joey seine Augen langsam aufschlug und seinen Drachen mit golden glänzenden Augen anblickte. "Ja, Joey?", fragte Seto benommen von dem Kuss. "Ich werde mich jetzt auf dich setzen, okay?", fragte der Blonde langsam und bedächtig. "Okay...", hauchte Seto. Langsam ließ sich Joey auf Setos Schoss nieder, während sie sich erneut küssten. Er konnte die Erektion seines Drachens spüren, ebenso, wie dieser seine. Durch den Kuss wurde Joeys Leidenschaft erneut angefeuert und beflügelte seinen Mut. Er hob sein Gesäß noch einmal ein Stückchen, bevor er Setos Schaft richtig positionierte und sich auf diesen niederließ. "W... warte... lass mich dich noch vorbereiten.", brach Seto auf einmal den Kuss. Joey blickte ihn mit Lust verhangenem Blick an und lächelte sanft. "Dafür liebe ich dich... dass du immer darauf achtes, dass mir nichts passiert.", flüsterte der Blonde. "Aber keine Sorge, ich bin vorbereitet." Überrascht blickte Seto seinen Geliebten an, der sich dann auf ihn niederließ und sich dabei fest an ihn drückte. Zärtlich schlang Seto seine Arme um den Blonden, während er auch aufkeuchen musste. Die Enge und Hitze, die ihn auf einmal zusätzlich zu dem heißen Badewasser umfing war einfach so unglaublich. Dennoch ließ er seinen Geliebten nicht aus den Augen. Doch anders, als die vielen Male zuvor schien sich Joey zunehmend zu entspannen. Auch das überraschte Seto ungemein, aber das zeigte nur, wie stark der Blonde war. Also zog er ihn erneut in einen leidenschaftlichen Kuss. Kapitel 169: Annahme -------------------- Kapitel 169 - Annahme Jonouchi kam gerade aus dem Badezimmer, als er vom Laptop den Jingle von Skype hörte. Eilig lief er hin, klappte ihn auf und sah, dass Serenity gerade anrief. Er nahm das Gespräch an und strahlte in die Kamera. "Hey Schwesterchen.", kam es gut gelaunt von dem Blonden und überraschte damit seine Schwester. "Hallo Brüderchen...", erwiderte sie vergnügt. "Man, du siehst ja richtig gut aus." "Ach... sonst etwa nicht?", kam es sofort neckend von dem Blonden, ohne dass er sein Grinsen verlor. "Doch schon, aber heute... irgendetwas ist anders.", erklärte sie sanft. "Hm... hatte einfach nur einen guten Tag.", meinte Joey losgelöst. Tatsächlich war es so gewesen. Es war die letzte Märzwoche und in letzter Zeit schien alles perfekt zu laufen: Arbeit, Therapie, Beziehung mit Seto. "Das freut mich und wer weiß... vielleicht wird dein Tag gleich noch viel besser.", kündigte sie an, bevor sie ihren Vater ins Bild zog. "Hey, mein Großer.", begrüßte Jack seinen Erstgeboren. "Hi Dad.", erwiderte Joey. "Von was spricht mein Schwesterherz?" Jack begann zu grinsen und sah einmal mehr seinem Sohn zum Verwechseln ähnlich, nur das sie knapp 20 Jahre trennte. Dann hob er einige Briefumschläge in die Kamera. Joey zog die Stirn kraus. "Was ist das?", fragte Joey verwirrt. "Antwortschreiben von den Unis, bei denen du dich beworben hast.", meinte Jack voller Stolz. Auf einmal stellten sich alle Härchen bei Joey auf und hatte das Gefühl unter Strom zu stehen. "Seto?", rief er und fast sofort streckte Seto den Kopf aus dem Badezimmer. Joey hüpfte aufgeregt auf dem Bett auf und ab. Sofort kam Seto herbei geeilt, die Zahnbürste noch im Mund, um zu sehen, was seinen Streuner gerade so aufwühlte. Unbedacht trat er nur in Boxer vor die Kamera und kassierte prompt einen Pfiff von Serenity. "Ulalala, Brüderchen in Spe... mehr als ich sehen sollte.", scherzte sie ihm entgegen. Sofort sprang Seto wieder zurück und suchte sich eilig ein Shirt. "Was ist denn los.", fragte er schließlich, nachdem er auch die Zahnbürste ins Bad zurück gebracht und den Mund ausgespült hatte. Joey deutete nur auf den Laptopmonitor, der immer noch neben Serenity Jack mit den Briefen zeigte. "Oh... Antwortschreiben.", kam es aufgeregt von Seto. In seinem Inneren hatte er Angst vor den Antworten der amerikanischen Universitäten. Wenn nur eine seinen Streuner angenommen hatte, dann wäre ihre gemeinsame Zukunft womöglich nur Wunschdenken. "Soll ich einen aufmachen oder braucht ihr beiden noch einen Moment?", fragte Jack neckend. "Au... Auf... Aufmachen bitte.", kam es aufgeregt und haspelnd von Joey. Jack grinste breit. Er nahm einen Brief und öffnete ihn. Kurz überflog er ihn. "... bedauern wir, Ihnen mitteilen zu müssen...", las Jack vor, bevor er den Brief zur Seite tat. "Die wissen ja gar nicht, was ihnen entgeht." Joey versuchte sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Immerhin hatte Jack ihn im Winter gewarnt, dass wohl einige Absagen kommen könnten, aber er bräuchte ja auch nur eine Annahme. "Och Brüderchen... das war sowieso eine ganz mittelmäßige Uni, die verdient dich gar nicht.", meinte Serenity aufmunternd. Sie öffneten noch drei weitere Briefe, in denen sich aber nur Absagen befanden und dann grinste Jack, als er den letzten Brief hochhielt, der wesentlich dicker schien. Joeys Stimmung war bereits völlig im Keller. "Weißt du, von welcher Uni der hier ist?", fragte Jack. "Von einer, die mich ablehnt?", kam es traurig von dem Blonden. "Hier steht 'Pratt Institute, New York City'.", las Jack vor. Joeys Augen weiteten sich und er wurde wieder angespannt. "Mach ihn auf. Nein, lass ihn zu. Nein, mach ihn auf.", schwankte der Blonde und wusste nicht, ob er mit einer Absage von dieser Uni leben könnte, aber auch die Unwissenheit würde ihn nicht in Ruhe lassen. Er raufte sich die Haare. Jack und Serenity lachten vergnügt, als sie die Zerrissenheit von Joey sahen. Sanft zog Seto ihn zu sich in die Arme und küsste ihn kurz. Dadurch legte sich Joeys Aufregung merklich, so dass er ruhig an Setos Brust gelehnt dasaß und in den Laptop schaute und zusah, wie sein Dad den Brief endlich aufriss. Statt einem einzelnen Schreiben kamen mehrere Seiten und ein kleines Handbuch hervor. Sorgfältig öffnete Jack das Anschreiben und bekam ein stolzes Leuchten in den Augen. "Freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Sie sehr gerne ab September an unserer Schule begrüßen würden.", las Jack mit kraftvoller Stimme vor. Dann schauten er und Serenity gespannt auf ihren Monitor, auf dem ein regungsloser Joey zu sehen war, der relativ neutral lächelte und nicht mehr blinzelte. "Hä?", kam es schließlich nach einem langen Moment, in denen sowohl Jack und Serenity, als auch Seto überlegten, ob man Joey vielleicht zu einem Arzt bringen muss. "Du wurdest angenommen, mein Streuner.", wisperte Seto ihm sanft ins Ohr. "Was?", war alles, was Joey darauf sagen konnte, bei dem diese Info irgendwie nicht einsickern wollte. "Du wirst am Pratt Institute in New York studieren.", quietschte Serenity freudig und man sah ihr ihre Freude regelrecht an. "Werde ich?", plapperte Joey nach, bevor etwas bei ihm Klick machte. "ICH WERDE IN NEW YORK AM PRATT INSTITUT STUIDEREN." Er sprang auf und begann um das Bett zu hüpfen, während er seiner Freude lautstark Ausdruck verlieh. Dann hielt er nach ein paar Minuten inne und blickte schockiert zu Seto. Dieser zog nur seine Augenbrauen hoch. "Ich brauch ein Visum.", kam es von dem Blonden, als wäre diese Information gerade erst bei ihm eingegangen. "Und... ein Platz im Wohnheim..." "Jetzt kommt die Panik.", meinte Jack amüsiert. "Panik?", fragte Serenity verwirrt. "Jeder kriegt Panik, wenn man erst einmal realisiert, dass man drauf und dran ist, sein Zuhause zu verlassen und wo hin zu gehen, wo man niemanden kennt.", erklärte Jack und man konnte in Echtzeit verfolgen, wie dem Blonden genau das gerade bewusst wurde. "DAS KANN ICH NICHT.", schrie er auf einmal auf. "Ich... ich kann doch nicht Japan für vier Jahre verlassen und in eine Stadt ziehen, die so groß und gewaltig ist und in der ich niemand kenne." "Wir werden das alles Schritt für Schritt mit dir durchziehen, Sohn.", versuchte Jack die Panik abzumildern. "Und was ist mit Seto?", schoss es ihm plötzlich in den Kopf. "Mit mir?", fragte Seto überrascht. "Ja, doch... du... du kannst ja nicht einfach vier Jahre mit nach Amerika gehen. Du... du hast deine Firma und... und deine Pläne und... uffz... ähm...", begann der Blonde ins Schwimmen zu geraten "Ich mach das.", meinte Seto sanft in die Kamera und Jack nickte. Dann wurde das Telefonat beendet und Seto klappte den Laptop zu, bevor er versuchte Joey einzufangen, der aufgeregt durch das Zimmer tigerte und sich immer wieder die Haare raufte. Kapitel 170: Zweifel -------------------- Kapitel 170 - Zweifel "Hey... gratuliere, Joey.", kam es stolz von Mokuba, als er an diesem Morgen in die Küche zum Frühstück kam. Doch ehe er sich setzen konnte blieb er geschockt stehen, als er die dicken Ringe unter Joeys geröteten Augen sah, der ihm einen müden Blick schenkte. "Scheiße, was ist denn mit dir?" "Hab die ganze Nacht kein Auge zu gemacht.", antwortete Joey erschöpft. "Das sieht man, aber warum?", hakte Mokuba nach und setzte sich. "Dein Bruder will mit mir Schluss machen.", kam es verzweifelt von dem Blonden. Sofort schnappte Mokubas Kopf zu Seto, der abwehrend die Arme hob. "Nein... hey, nein... so etwas hab ich nicht gesagt.", meinte Seto schnell. "Ich sagte nur, dass - wenn du es wollen würdest - wir eine Fernbeziehung führen können, während du in den USA studierst." "Da hörst du es, Moki... Schluss machen will er.", kam es entsetzt von Joey, der schon wieder den Tränen nahe war und aufstand, um die Küche zu verlassen. Mokuba war verwirrt, während Seto sich ratlos gegen die Rückenlehne fallen ließ. Der Schwarzhaarige sprang auf und griff nach Joeys Handgelenk. "Hey, Joey. Warte doch mal.", bat Mokuba den Älteren. "Wo genau hast du da einen Trennungswunsch raus gehört?" Ungläubig blickte der Blonde den Jüngeren an, als wolle er fragen, ob das sein Ernst war. "Wenn ich es wollen würde...", kam es völlig am Boden zerstört von dem Blonden. "Er könnte genauso gut auch sagen: Ich will das nicht, aber ich würde, wenn du es wollen würdest." Auch Seto stand jetzt auf und kam zu den beiden. Er legte sanft seine Hände an Joeys Wangen, so dass dieser ihn ansehen musste. "Dummer Streuner, du.", kam es liebevoll tadelnd. "So hab ich das nicht gemeint." "Wie denn dann?", kam es verzweifelnd von dem Blonden. "Ich wollte dir damit nur sagen, dass ich es verstehen würde, wenn du sagst, dass du ungebunden an der Uni sein würdest.", erklärte Seto und Mokuba sah, wie schwer es Seto fiel das zu sagen, denn er liebte Joey über alles. "Ich will aber nicht ungebunden sein... ich liebe dich und wenn es bedeutet, dass wir uns trennen müssten, wenn ich an die Uni gehe, dann werde ich da nicht hingehen.", kam es verzweifelt von dem Blonden, der sich gegen Setos Brust warf und ihn fest umschlang. Mokuba musste etwas schmunzeln, als er das überraschte Gesicht seines Bruders sah, der einen Moment brauchte, bis er verstand, dass Joey tatsächlich auch so empfand wie er selbst. Mokuba krallte sich vom Tisch ein Buttercroissant und ließ die beiden für sich. Er verstand gar nicht, woher Setos Unsicherheit gekommen war. Es war sowas von offensichtlich, dass Joey Seto niemals von sich aus aufgeben würde. "Dummer, dummer Streuner.", flüsterte Seto. "Meinst du denn wirklich, ich möchte dich verlieren?" "Aber du hättest mich einfach so gehen lassen?", wandte Joey ein. "Natürlich hätte ich dich gehen lassen, wenn es dein Wunsch gewesen wäre... Ich will, dass du glücklich bist.", erklärte Seto. "Aber würde dir das nicht weh tun?", hakte der Blonde verwirrt nach. "Sicher würde es weh tun. Es würde so sehr weh tun, dass es mir die Luft zum Atmen abschnüren würde.", kam es ehrlich und aufrichtig von Seto. "Und dennoch hättest du mich gehen lassen?", fragte Joey erneut nach. "Wie ich schon sagte: Ich will nur, dass du glücklich bist.", wiederholte sich Seto sanft. Joey presste sich mehr an ihn. "Ich möchte so gern an dem Pratt Institute studieren, aber ich möchte dich auf keinen Fall verlassen.", kam es nach einem Augenblick der Stille von dem Blonden. "Ich würde dich jedes Wochenende besuchen kommen.", flüsterte Seto sanft. "Das wäre nicht genug.", merkte Joey an. "Und in den Ferien.", ergänzte der Brünette. "Nicht genug.", wiederholte der Blonde. "Ich sag dir was: Im Sommer fahren wir alle in die USA. Dann werden wir dir eine Wohnung kaufen, sie einrichten und uns gemeinsam mit der Umgebung und den Wegen vertraut machen. Wenn die Uni dann los geht bleib ich noch zwei oder drei Wochen, bis du einen routinierten Alltag hast. Ab dann komm ich jedes Wochenende und in jeden Ferien zu dir oder hol dich nach Hause. Und wenn etwas ist, bin ich nur einen Anruf entfernt. Ich steig dann sofort ins Flugzeug und bin dann in ein paar Stunden bei dir.", versicherte Seto seinem Geliebten sanft. Dieser sah ihn prüfend an. "Meinst du das ernst?", fragte er schließlich unsicher. "Natürlich mein ich das ernst. Wenn ich könnte, würde ich die ganze Zeit bei dir bleiben...", meinte Seto sanft. "Meinst du denn, ich werde dich nicht vermissen?" "Ich hab so Angst, dass wir uns dadurch auseinander leben und das, was wir haben, zerbricht.", gestand Joey leise. "Das wird es nicht... nicht wenn wir beide uns Mühe geben und daran arbeiten.", versprach Seto ihm und küsste ihn liebevoll. "Ich liebe dich, Seto.", flüsterte Joey ihm zu. "Ich liebe dich auch, Joey.", erwiderte Seto mit einem sanften Lächeln. Joey lag in Setos Arm und konnte nicht schlafen. Die Angst, dass sein Wunsch an diesem Institut Kunst zu studieren das Ende ihrer Beziehung bedeuten könnte, ließ ihn trotz all der Argumente und Versprechungen seines Geliebten nicht los. War sein Wunsch selbstsüchtig? Seto hatte ihn immer durchgehend unterstützt. Selbst als er noch gar nicht wusste, was das Monster wirklich mit ihm gemacht hatte, hatte der Brünette ihn unterstützt. Hatte sich um ihn gesorgt und ihm ein Zuhause gegeben, als er nirgends sonst hätte hingehen konnte. War er undankbar, wenn er jetzt seinem Wunsch folgte und in den USA studieren würde? Er wollte nicht, dass Seto ihn als undankbar wahrnahm. Denn das wollte der Blonde überhaupt nicht sein. Da spürte er auf einmal, wie Seto begann ihn im Nacken zu kraulen. "Immer noch wach?", fragte der Brünette ruhig. "Hm...", war alles, was Joey antwortete. "Machst du dir immer noch ein Kopf?", hakte sein Drachen sanft nach. "Kann's einfach nicht abstellen, sorry.", erklärte sich der Blonde. "Musst dich dafür nicht entschuldigen.", meinte Seto liebevoll. "Wär es schlimm, wenn ich einfach hier bleiben würde?", fragte Joey unsicher. "Ich möchte nicht, dass du irgendwann bereust diese Chance nicht ergriffen zu haben.", erwiderte der Brünette. "Du weißt, wenn du das Studium beginnst und es nichts für dich ist, kannst du jederzeit heim kommen. Dann hast du es versucht." "Aber würde mich das nicht doch zu einem Versager machen?", kam es zweifelnd von dem Blonden. "Wieso sollte es dich zu einem Versager machen?", hakte Seto auf einmal nach. "Na ja... etwas anfangen und es nicht zu Ende bringen.", führte sein Streuner aus. "Viele fangen ein Studium an und merken, dass das nichts für sie ist. Die brechen dann ab und fangen eine Ausbildung an, die ihnen mehr zusagt. Das ist kein Versagen.", legte Seto seine Ansicht dar. "Du würdest mich also noch lieben, wenn ich nach New York gehe und scheitere?", fragte Joey noch einmal unsicher nach. "Egal, ob du dein Studium durchziehst oder abbrichst, du wirst nicht scheitern.", berichtigte Seto noch einmal. "Und ja, ich werde dich IMMER lieben." Dann zog der Brünette den Blonden wieder zu sich und küsste ihn voller Liebe, die er für seinen Streuner empfand. Kapitel 171: Entfernung ----------------------- Kapitel 171 - Entfernung Joey saß auf der Bettkante und schaute aus dem Fenster auf die fremde Umgebung. Es war bereits April und sie waren ein weiteres Mal bei Jack und Serenity zu besuch. Sein Blick glitt über den weitläufigen Garten, der das großzügige Haus umgab. Weiter hinten konnte er die Baumgrenze des sie umgebenden Waldes sehen und wie über den Wipfeln sich die dunkle Nacht langsam rötlich färbte. Zwei Arme umschlangen ihn auf einmal von hinten und er spürte Setos Küsse auf seiner Haut. Genießerisch legte er den Kopf ein wenig zur Seite und schloss die Augen halb. Setos Hände strichen über seine Brust und glitten dann über den Bauch. Wann immer die Fingerkuppen eine Narbe passierte zog Joey die Luft ein und hielt sie kurz an. "Irgendwann wirst du noch ohnmächtig, wenn du das weiterhin machst.", meinte Seto neckend. "Hast du heute Nacht überhaupt geschlafen?" "Nein.", meinte Joey leise, aber ehrlich. "Hab keine Ruhe gefunden." "Warum nicht? Was hat dich wach gehalten?", fragte Seto sanft. "Denkst du, dass ich eitel bin?", konterte der Blonde mit einer Gegenfrage. "Nein, denk ich nicht.", antwortete Seto ehrlich und zog seinen Streuner enger an die eigene Brust. "Aber... notwendig wäre es nicht.", wandte Joey kritisch ein. "Ich denke darüber anders.", gestand Seto und Joey wandte seinen Kopf ein wenig so, dass er Seto direkt anschauen konnte. Angst lag in seinem Blick. "Du weißt, mir ist es egal, ob du das machst oder nicht. Ich liebe dich, wie du bist und mich stören sie nicht. Aber ich sehe, wie sehr sie dich belasten und wenn du damit diese Last ablegen kannst, dann halte ich den Eingriff schon für notwendig.", erklärte Seto. Joey drehte sich ein wenig in seinem Arm und schmiegte sich dann an den Brünetten. Schloss die Augen. Genoss die Nähe und die Liebe seines Drachens. "Also hat das nichts mit Eitelkeit zu tun.", sprach Joey noch einmal aus und klang, als wolle er sich selbst davon überzeugen. Vorsichtig legte Seto einen Finger unter Joeys Kinn, hob dessen Gesicht zu sich, bevor er seine Lippen auf die seines Streuners legte und ihn sanft küsste. "Bereit Joey?", fragte Marcia mit einem herzlichen Lächeln. Der Blonde nickte nur unsicher. "Dann lass uns los." Die Zwillinge warfen sich Joey an die Beine und umklammerten ihn. "Musst du wirklich gehen?", fragten sie entsetzt. "Ich komm ja morgen schon wieder.", versuchte der Blonde sie zu beruhigen und kniete sich hin, nachdem er sie etwas von sich gelöst hatte. "Und dann machen wir uns einen gemütlichen Tag, okay?" "Okay.", meinte Grace unsicher und umarmte ihn noch einmal mit ihren kurzen Ärmchen. "Versprochen?", fragte James prüfend. "Ganz doll versprochen.", meinte Joey und hielt dem Jungen den kleinen Finger hin. Dieser hakte den eigenen ein. "Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen.", murmelten beide, bevor auch James ihn noch einmal fest umarmte. "Kinder... ihr tut ja gerade so, als würde euer Bruder zurück nach Japan fliegen.", kam es von Jack und sofort ließen die Zwillinge ihren großen Bruder los und liefen zu ihrem Vater, der sie auf den Arm nahm. Joey sah ihn an und lächelte dankbar. "Marcias Kollegin zählt zu den besten im Land... glaub mir, das wird gar nicht lange dauern.", lächelte Jack aufmunternd. "Und außerdem ist ja dein Seto die ganze Zeit bei dir." Seto stand mit einer kleinen Reisetasche über der Schulter an der Tür und lächelte nur kurz. Serenity umarmte Joey auch noch einmal. "Ich hab dich sehr, sehr lieb und find es gut, dass du das machst.", flüsterte sie ihm ins Ohr. "Damit wirst du endlich alles loslassen können." Joey umarmte seine Schwester fest und nickte. "Danke, Schwesterchen.", flüsterte er zurück. "Immer gerne, Bruderherz.", gab sie zurück und löste sich von ihm. Ihr Lächeln strahlte regelrecht. Dann sah er Mokuba an. Doch dieser machte keine Anstalt ihn umarmen zu wollen. "Hey... du lässt dir nur die Narben entfernen, keinen Gehirntumor entfernen...", kam es nur neckend von dem Schwarzhaarigen. "Morgen biste schon wieder hier." Joey musste grinsen, als Mokuba sich abwandte. Dann verließ der Blonde mit Seto und Marcia das Haus und stiegen in ihr Auto. Die Fahrt hatte eine halbe Stunde gedauert, das Aufnahmeprotokoll eine weitere halbe Stunde. Dann bekam Joey ein kleines Einzelzimmer, dass weniger nach einem Klinikzimmer, als vielmehr nach einem Hotelzimmer aussah. "Soll das so aussehen?", fragte Joey verwirrt. "Das ist nicht unüblich für eine Privatklinik.", meinte Seto amüsiert. "Okay.", kam es zweifelnd von dem Blonden, als auch schon eine Schwester herein kam und ihn freundlich anlächelte. Sie hatte einen OP-Kittel in der Hand. "Würden sie bitte ihre Kleidung komplett ablegen und diesen hier überziehen.", bat sie freundlich. "Komplett?", hakte Joey verwirrt nach. "Jawohl.", bestätigte die junge Frau freundlich. "Also... auch... uhm... also... uffz...", haspelte Joey nervös herum. "Ja, sie meint auch die Unterwäsche, Schatz.", meinte Seto sanft. Joeys Gesicht rötete sich. "Viel... vielleicht war das doch keine gute Idee.", stammelte Joey verlegen herum und wollte schon zu seiner Tasche greifen. Doch Seto griff nach seiner Hand und hielt ihn auf, zog ihn zu sich und gab der Schwester ein Zeichen, dass sie den Kittel auf dem Stuhl ablegen und verschwinden sollte. Diese folgte der stummen Aufforderung. "Joey... was genau macht dir gerade Angst?", fragte Seto schließlich sanft. "Nichts...", antwortete Joey scheu. "Und dennoch verschreckt dich gerade etwas. Was ist es?", hakte der Brünette nach. "Ich hab nicht gewusst, dass ich faktisch nackt auf dem Tisch liegen werde.", meinte Joey leise. "Aber das ist ganz normal bei einer OP. Damit sollen mögliche Bakterien minimiert werden, damit das Risiko einer Infektion gering gehalten werden kann.", erklärte Seto. "Warum krieg ich dann nicht eine Krankenhausshorts, wie dieser Kittel?", kam es verzweifelt von dem Blonden. "Hör mal, Joey... wenn du es wirklich nicht möchtest, ist das okay. Dann gehen wir sofort nach Hause. Aber ich kann dir versichern, dass die plastische Chirurgin professionell und diskret arbeiten wird. Es ist nicht so, dass du splitterfasernackt da liegen wirst. Du wirst abgedeckt sein und nur der Bereich der Haut ist sichtbar, an dem gerade gearbeitet wird.", versuchte der Jungunternehmer seinen Freund zu beruhigen. Dieser presste sich an ihn und suchte Halt und Schutz und Seto gab ihm beides bereitwillig. Nach einem langen Augenblick löste sich Joey schließlich und begann seine Kleidung abzulegen und sich den Kittel überzuziehen. Leider war dieser hinten offen, was Joeys Bereitschaft nicht gerade förderte. Auf einmal klopfte es und Marcia kam mit einem freundlichen Lächeln herein. "Na, sind wir so weit?", fragte sie, während Joey krampfhaft versuchte sich den Kittel hinten zuzuhalten. "Krankenhausshorts.", war alles, was Joey sagte und Marcia blickte verwirrt zu Seto, der lächelte und den Kopf schüttelte. Doch da kam auch schon die Schwester mit einem Rollstuhl, in den sich Joey setzen sollte. Seto ging noch einmal zu ihm, nachdem er saß, legte seine Hand an Joeys Wange und küsste ihn voller Liebe. "Bis gleich.", flüsterte Seto, der hier warten würde. Kapitel 172: Ergebnisse ----------------------- Kapitel 172 - Ergebnis Joey fühlte sich noch etwas down, als er aus Marcias Wagen ausstieg. Seto war hastig um das Auto gelaufen und stützte seinen Streuner. Irgendwie litt der Blonde immer noch etwas unter der gestrigen Vollnarkose. Etwas, was sich selbst Marcia nicht erklären konnte. Abe dafür war das Entfernen ein voller Erfolg gewesen. Dadurch, dass es sich überwiegend nur um kleinere Narben gehandelt hatte, war es Marcias Kollegin gelungen alle in einer Sitzung abzutragen, so dass sich die Haut narbenlos regenerieren würde. Dafür musste der Oberkörper mehrmals täglich mit einer speziellen Salbe eingecremt werden und durfte die nächsten vier Wochen nicht der Sonne ausgesetzt werden. Sie waren noch auf dem Weg zur Haustür, als diese auf einmal aufging und die Zwillinge auf ihren Bruder zustürmten. Doch Marcia stoppte beide, bevor sie sich an ihren Bruder werfen konnten. Dennoch ging er in die Hocke und umarmte die beiden liebevoll. "Seht ihr, hab euch doch gesagt, dass ich heute wieder zurück komme.", meinte Joey sanft. "Haste nicht gut geschlafen?", fragte James besorgt. "Eher zu viel geschlafen.", meinte Joey mit einem Schmunzeln. "Kommst du mit uns spielen?", fragte James weiter. "Joey muss jetzt erst einmal auf sein Zimmer, dort wird Seto ihn eincremen und wenn Joey sich ein wenig ausgeruht hat, dann wird er schauen, ob er Lust hat mit euch Wirbelwinden zu spielen.", kam es regulierend von Marcia. Die Zwillinge murrten kurz schmollend, bevor sie aber Joey einen Kuss auf die Wangen drückten. "Später dann.", meinte Grace nur und wirkte dabei unglaublich erwachsen und reif. Dann liefen die beiden wieder weg. Joey stand nur langsam wieder auf. Warum fühlte er sich nur so schlapp? Nachdem Seto ihn endlich in ihr Zimmer gebracht hatte setzte er Joey vorsichtig auf das Bett. "Hast du Schmerzen?", fragte er besorgt, doch Joey schüttelte nur den Kopf. "Fühlt sich alles wie ein Sonnenbrand an.", meinte der Blonde nur. "Ich werde dich erst einmal eincremen, ja?", schlug Seto vor, der aus der Tasche die spezielle für Joey angerührte Heilsalbe zog. Dann kehrte er zu seinem Streuner zurück und half ihm vorsichtig das Shirt auszuziehen. Ein Verband musste Joey nicht tragen. Die Stellen, an denen die Narben entfernt worden waren, waren noch gerötet, aber die Narben soweit verschwunden. "Möchtest du dich mal ansehen?", fragte Seto von unten herauf blickend. Joey blickte ihn unentschlossen an, bevor er den Kopf seicht schüttelte. "Warum nicht?", hakte Seto sanft nach. "Bin noch nicht bereit dafür.", meinte Joey nur leise und Seto akzeptierte diese Antwort. Dann schraubte er den Tiegel langsam auf und begann vorsichtig die Stellen einzucremen, die gerötet waren. Danach half er Joey wieder in dessen Shirt. Dieser zog dann Seto nah an sich und lehnte sich gegen seine Brust. Liebevoll streichelte Seto ihm durch das blonde Haar, während Joeys Arme ihn umschlangen und hinter ihm sich überkreuzten. "Was geht dir durch den Kopf, Streunerchen.", fragte der Brünette in einem sanften Tonfall. "Äußerlich ... äußerlich zeugt nun nichts mehr davon, was man mit mir gemacht hat.", meinte Joey leise. "Aber war es nicht genau das, was du dir gewünscht hast?", kam es verwirrt von Seto. "Doch schon ... irgendwie ... aber ... aber es fühlt sich jetzt halt auch irgendwie komisch an.", gestand Joey sich schämend. "Bereust du diesen Schritt?", wollte Seto nun behutsam von dem Blonden wissen. "Ich weiß es noch nicht ... im Moment fühlt sich das einfach so ungewohnt an.", antwortete Joey wahrheitsgemäß. Seto legte sich auf das gemachte Bett und zog seinen Streuner sanft zu sich. Sie lagen kaum, als die Tür zu ihrem Zimmer vorsichtig geöffnet wurden und die Zwillinge reinschauten. Joey lächelte sanft und deutete ihnen, zu ihnen zu kommen. Eilig kamen sie ins Zimmer, schlossen die Tür wieder und krabbelten dann zu den beiden auf das Bett. Dort kuschelten sie sich vorsichtig an den Blonden, der an Setos Brust schließlich wieder einschlief. Erst am Abend fühlte sich Joey so richtig fit. Die Zwillinge waren die ganze Zeit ruhig bei ihm geblieben und freuten sich, dass es ihrem Bruder jetzt langsam wieder richtig gut ging. Auch Serenity und Mokuba waren erleichtert, als Joey wieder lebendiger wirkte und zum Abendessen runter gekommen war. "Und... wie fühlst du dich?", fragte Serenity gespannt und neugierig. "Gut.", meinte Joey nur, obwohl er wusste, worauf seine Schwester eigentlich hinaus wollte. "Gut?", fragte sie mit einer Spur Enttäuschung. "Ja... gut.", wiederholte Joey nur stoisch. "Ich hatte ehrlich gesagt gehofft, dass du dich etwas besser als gut fühlen würdest.", gestand sie ihm. "Wird er, sobald er sich das erste Mal im Spiegel gesehen hat.", merkte Seto unauffällig aus dem Hintergrund an. Verwirrt blickte Serenity zu Joey auf, der nur böse zu seinem Freund schaute. "Du hast dich noch gar nicht gesehen?", fragte sie erstaunt. Das lenkte Joeys Aufmerksamkeit wieder auf seine Schwester. "Ähm... weißt du... hat sich einfach noch nicht ergeben... und außerdem sind die Stellen ja eh noch gerötet.", versuchte der Blonde seiner Schwester zu erklären, die aber nur die Hände in die Hüfte stemmte und ihn streng musterte. "Joseph Johnson.", sprach sie ihn formell an. "U-Oh... jetzt bekommst du Ärger.", flüsterte James ihm plötzlich zu, bevor er um den Tisch zu seiner Mutter lief und sich dort auf seinen Platz setzte. Joey blickte ihm kurz etwas perplex hinterher. "Serenity...", versuchte Joey seine Schwester zu beschwichtigen, aber sie griff nach seiner Hand und zog ihn wieder aus dem Esszimmer zur Treppe, diese hoch und in das Zimmer, dass Seto und Joey während ihrem Besuch bewohnten. Dort ging sie zum großen Standspiegel, den Seto als erstes mit einem Tuch drapiert hatte, da dieser wusste, wie sehr sich Joey an seinem eigenen Bild störte. Sie griff beherzt nach dem Tuch und zog es hinunter. Seto war gefolgt, aus Sorge, dass Serenitys beherztes Eingreifen seinen Streuner vielleicht zu sehr aus der Bahn werfen könnte. Die Brünette schob Joey vor den Spiegel und dieser schaute seitlich daran vorbei. "Schau hin, Brüderchen.", wisperte sie ihm ungeahnt sanft zu. Doch Joey konnte sich nicht überwinden. "Wovor hast du Angst? Du hast mittlerweile wieder gut zugelegt und siehst gesund aus." Zögerlich, und weil er wusste, dass Serenity vorher nicht Ruhe geben würde, blickte er schließlich zum Spiegel in dem er zu sehen war. Hinter ihm auf der einen Seite seine Schwester, auf der andere sein Geliebter. Serenity lächelte stolz. "Schau nur, was für ein adretter, gut aussehender, junger Mann du wieder geworden bist.", meinte sie ermutigend zu ihm. Joey sah nur eines im Spiegel: Den unfreiwillige Pornostar, zu dem die Gumi ihn gemacht hatte. Dessen einwöchige Erniedrigung für alle Zeit auf DVDs und im Internet kursieren würde. Er wollte seinen Blick schon abwenden, als Seto sich zu ihm beugte und sanft am Hals küsste. "Deine Schwester hat Recht, weißt du.", meinte er sanft zu dem Blonden. "Du hast so unglaublich viel in so wahnsinnig kurzer Zeit geschafft... du kannst auf dich stolz sein und egal was du glaubst, da zu sehen, was es nicht wert wäre, geliebt zu werden... das ist nur ein Trugbild. Denn ich liebe dich über alles." Über den Spiegel blickte Joey zu Seto und dieser erwiderte den Blick. Dann, zögerlich, griff er zu dem Saum seines Shirts und begann es auszuziehen. Zu seiner Überraschung war die Rötung gar nicht so stark, wie in seiner Vorstellung. Und wenn sie erst einmal abgeklungen wären, dann würde nichts mehr darauf hinweisen, dass er einmal voller Narben gewesen war. Einige Tränen der Erleichterung und der Freude lösten sich. Kapitel 173: Narben ------------------- Kapitel 173 - Narben "Woaaa", kam es beeindruckt von Yugi, als Joey sein Shirt am Pool auszog und seinen Freunden nach ihrem letzten Trip nach Amerika das Ergebnis der OP zeigte. "Die sind ja alle weg." Joey lächelte nur sanft und nickte. "Ja, Marcias Kollegin hat echt ganze Arbeit geleistet", meinte Joey zurückhaltend, "Hatte eigentlich gedacht, dass Marcia und ihre Kollegin im Vorgespräch mit dem erwarteten Ergebnis übertreiben würden... aber... nachdem die Rötungen komplett abgeklungen waren... sieht man tatsächlich keine einzige Narbe mehr." "Und wie fühlst du dich nun so narbenfrei?", fragte Duke interessiert. Joey blickte ihn an und wusste nicht was er darauf antworten sollte. Sollte er zugeben, dass er sich ohne seine Narben irgendwie nackt fühlte? Das würden seine Freunde sicherlich nicht verstehen, also lächelte er und begann zu nicken. "Gut... sehr gut...", antwortete der Blonde nichtssagend. Duke wechselte einen Blick mit Tristan, der diesen Blick nur wortlos zurück gab. Dann ließ sich Joey auch schon ins Wasser fallen und schwamm weg vom Rand. Yugi folgte ihm sofort, während Duke und Tristan etwas näher rückten. "Glaubst du ihm das?", fragte Duke prüfend. "Er hat diese Narben echt lange gehabt, teilweise zumindest... sie jetzt nicht mehr zu haben könnte ihn etwas verunsichern. Aber er wird sich dran gewöhnen", versuchte Tristan sich das alles zusammen zu reimen. "Ich hab nicht den Eindruck, dass er mit all dem wirklich zufrieden ist", merkte Duke an. "Vielleicht glaubt er, es nicht zu verdienen? Ich meine narbenfrei zu sein. Zum anderen hat er nun keinen vorgeschobenen Grund mehr, warum er nicht gerne in den Spiegel schaut", mutmaßte Tristan weiter. "Was meinst du damit?", hakte Duke nach. Tristan sah ihn kurz ertappt an. Hatte er sich gerade echt verplappert? Tatsächlich. "Joey steht nicht gern vor einem Spiegel. Bislang hat er das mit seinen Narben begründet, aber... das war nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte, will er nicht offen zugeben, jedenfalls nicht vor Seto", erklärte Tristan, bevor er spürte, dass sich jemand auf seine andere Seite gesetzt hatte. Er schloss kurz seine Augen und wünschte sich, dass es 'nur' Mokuba sein würde, doch als er sich umwandte sah er Seto und fluchte innerlich. "Keine Sorge, ich weiß schon, warum er nicht in den Spiegel schauen möchte", meinte Seto nur ruhig und erntete einen verwirrten Ausdruck von Tristan. "Was? Woher? Hat er es dir erzählt?", hakte Tristan hastig nach. "Nein. Ich glaube auch nicht, dass er mir davon von sich aus erzählen wird", meinte Seto mit Bedauern in der Stimme. "Aber woher weißt du es denn dann?", wollte Tristan wissen und fragte sich, ob Seto hier ein gewagtes Spiel spielte, um ihn auszutricksen. "Jack und ich haben es durch Serenitys Lehrer erfahren", meinte Seto leise. "Was hat denn Serenitys Lehrer mit Joey zu tun?", fragte nun Duke. Tristan blickte ihn nur strafend an, bevor er ihn ins Wasser stieß. "Geh und tob mit Joey und Yugi rum", meinte er schroff. Duke blickte ihn ungläubig an, wandte sich dann aber ab und schwamm zu den beiden anderen, zu denen sich mittlerweile auch Mokuba gesellt hatte. "Was genau habt ihr erfahren?" "Der Lehrer, der Joey so aktiv angemacht hatte... ich hab ihn bei sich zu Hause aufgesucht und wollte ihn zur Rede stellen. Da hab ich die DVDs in seinem Mülleimer gesehen, die er wohl vorher in seiner Porno-Sammlung hatte. Ich hab die DVDs mitgenommen und sie Jack gezeigt. Wir haben recherchiert und einen Großteil dieser DVDs gekauft und vernichtet", erzählte Seto ihm schnell und knapp. Tristan sah ihn erstaunt und mit großen Augen an. "Also weißt du es... weiß Joey, dass du es... nein weiß er nicht, nicht wahr?", beantwortete Tristan seine Frage selbst. Seto schüttelte den Kopf. "Ich... ich warte, bis er es mir von sich aus erzählen wird", meinte Seto sanft. "Du weißt es also seit dem Jahreswechsel? Das sind schon über vier Monate... und... du liebst ihn immer noch, genauso wie davor?", hakte Tristan vorsichtig nach, wissend, dass die Frage sich eigentlich schon selbst beantwortet hatte. "Natürlich lieb ich ihn immer noch, wie zuvor, wenn nicht sogar noch mehr", kam es energisch von Seto. Tristan lächelte stolz und legte Seto eine Hand auf die Schulter. "Du bist wirklich der beste Freund, den sich Joey wünschen könnte und ich bin echt unglaublich froh darüber, dass ihr zusammen gefunden habt", meinte er ehrlich und aus dem Tiefsten seines Innersten. Seto lächelte dankbar, dann versetzte er Honda einen Stoß, so dass dieser ins Wasser fiel. Als dieser wieder auftauchte, sah er Seto lachen, was selten vorkam. Dann ließ sich auch der Brünette ins Wasser gleiten. "Seto?", kam es leise von dem Blonden, der eng an die Brust seines Geliebten gekuschelt dalag und im Halbdunkeln aus dem Fenster blickte. "Hm?", reagierte der Brünette, der kurz davor stand in den Schlaf überzuwechseln. "Worüber hast du dich heute mit Tristan unterhalten?", fragte Joey vorsichtig. Sofort war Seto hellwach und der Übergang zum Schlaf verschlossen. "Wann?", fragte er nur irritiert. "Beim Pool", spezifizierte der Blonde. "Wir haben über dich und deine Narben gesprochen", eröffnete Seto ehrlich. "Wieso?", hakte Joey unsicher nach. "Hat sich so aus dem Gespräch zwischen Duke und Tristan ergeben", antwortete der Brünette weiterhin ehrlich und kraulte Joey liebevoll im Nacken. "Duke und Tristan haben über mich gesprochen?", hakte der Blonde immer unsicherer werdend nach. "Duke merkte nur an, dass du nicht so glücklich wirkst, wie er es erwartet hätte. Tristan hat ihm dann den Kopf gewaschen und dann weggeschickt. Wir haben dann noch zwei, drei Sätze gewechselt und dann hab ich ihn ins Wasser gestoßen", erzählte Seto sanft. Joeys Fingerspitzten kreisten auf Setos nackter Brust und er wusste nicht, was er von all dem halten sollte. Warum sprachen seine Freunde über ihn, wenn er nicht anwesend war? "Das ist ganz normal." "Was?", kam es verwirrt von Joey, der davon aus seinen Gedanken gerissen worden war. "Schatz... diese Narben haben dich schon immer belastet und du hast dich für sie geschämt. Und jetzt bist du sie los, aber du wirkst nicht wirklich glücklich darüber. Erleichtert, ja. Aber glücklich... nein", erklärte Seto sanft. "Das fällt deinen Freunden, die dich schon so wahnsinnig lange kennen, auf und das wiederum nährt ihre Sorge um dich." "Ich bin glücklich, dass ich sie los geworden bin... wirklich", beteuerte Joey leise. "Aber... es ist ein wenig so, als ob ich mir einen Leberfleck im Gesicht entfernt habe... diese Narben gehörten echt lange zu mir und jetzt eben nicht mehr." "Und dennoch ist mein Streuner immer noch mein Streuner", bekräftigte Seto mit einem Schmunzeln. "Du bist immer noch du. Diese Narben haben dich nicht mehr oder weniger zu dem gemacht, der du warst." Joey wusste nicht, wie oft Seto ihm das schon versucht hatte zu erklären. Und dennoch, es wollte einfach nicht in seinen Kopf. Er fühlte sich wie ein Hochstapler. Als hätte er ein Kostüm an, dass man ihm einfach nur runter reißen müsste, um darunter den hässlichen, narbenübersäten Joey hervor zu holen. Und er verstand einfach nicht, warum er dieses Gefühl nicht los werden konnte. Als er sich das erste Mal narbenlos im Spiegel gesehen hatte war er doch erleichtert und froh gewesen, sie endlich los geworden zu sein. Wieso ließ ihn also dieses Gefühl nicht los? Kapitel 174: Überlebender ------------------------- Kapitel 174 - Überlebender "Joey.", hörte er Kai wie aus großer Entfernung rufen. Es war nicht laut genug, um ihn aus seinen Gedanken zu reisen, in denen er versunken war. Doch dann spürte er eine Berührung an seiner Wange, die ihn sofort ins Hier und Jetzt zwang. Er blinzelte verträumt, als würde er gerade erst aufwachen und schaute in die hellen, blauen Augen seines Geliebten, die ihn besorgt ansahen. "Hm?", kam es von dem Blonden nur, der sich gerade so verloren gefühlt hatte. Seto setzte sich wieder neben ihn und zog ihn wieder sanft in seine Arme. "Sorry, ich war wohl gerade gedanklich wo anders." "Seto erzählte gerade, dass du das Gefühl hast, nicht mehr ganz du selbst zu sein, seit die Narben entfernt wurden.", fasste Kai mit einem behutsamen Lächeln zusammen. Joey blickte noch einmal zu dem Brünetten, in dessen Arm er sich kuschelte. Dann zog er seine Füße auf die Sitzfläche und die Knie etwas an die Brust. "Ist sicherlich nur eine Sache der Gewöhnung.", versuchte Joey abzuwiegeln. "Die Entfernung ist jetzt ein paar Wochen her", wandte Kai vorsichtig ein. Joey zuckte nur nichtsagen mit den Schultern. "Und?", meinte er leise. "Ich brauch doch eh für alles länger." "Sollen wir mal vor einen Spiegel treten?", schlug Kai bedachtsam vor und hatte sofort die volle Aufmerksamkeit von Joey, der ihn nur mit großen Augen ansah. Dann schüttelte er den Kopf. "Aber deine Narben sind doch jetzt weg", flüsterte Seto ihm leise zu. "Nichts mehr, wofür du dich schämen musst." "R... Richtig", stimmte Joey zu und stand nur zögerlich auf. Zwischen all den Blumen des Wintergartens hatte Kai irgendwann mal Seto einen Standspiegel aufstellen lassen. Vor diesen führten ihn der Rothaarige und sein Geliebter. Dennoch brauchte er einen Moment der Überwindung, bevor er sich vor ihn stellen konnte. Wieder versuchte er unauffällig an dem Spiegel vorbei zu schauen und sein Bild darin zu ignorieren. Er spürte, wie Seto hinter ihn trat und seinen Kopf auf seiner Schulter ablegte. "Wo schaut mein Streuner denn hin?", fragt er sanft und fast flüsternd. Für einen kurzen Augenschlag schloss Joey seine Augen und richtete seinen Blick dann in den Spiegel und zu Setos Augen. Dieser lächelte ihn sanft an. "Wie beschrieb dich Nitty? Schau nur, was für ein adretter, gut aussehender, junger Mann du wieder geworden bist", dabei lächelte Seto voller Liebe und schlang langsam seine Arme um Joeys Hüfte. "Du hast dich wieder zurück ins Leben gekämpft. Alle Widrigkeiten sind wir angegangen und haben so viele davon überwunden. Dein Körper ist geheilt." Langsam griff Seto nach dem Saum des Shirts und begann dann das Kleidungsstück über Joeys Kopf zu ziehen, so dass dieser oben ohne dastand. Tatsächlich wirkte er überhaupt nicht mehr mager, wenn auch noch schlank. Seto ließ das Shirt achtlos zu Boden fallen, bevor er seinen Streuner wieder in seine Arme nahm und vorsichtig mit einem Finger über die Brust des Blonden strich. "Du hast mir trotz aller Erfahrungen, die du in deinem Leben schon machen musstest, und unserer Kabbelei vertraut und mir deine Liebe geschenkt. Wir haben gemeinsam mit deinen Freunden den Unterrichtsstoff des Abschlussjahres nachgeholt und sind sicher durch die Abschlussprüfungen gekommen. Du hast mir anvertraut, was dein Vater all die Jahre mit dir gemacht hat. Wurdest entführt, hast den Tod eines Freundes ansehen und viel Leid und Gewalt ertragen müssen. Du hast die bonierten Vorurteile eines pensionsreifen Altpolizisten und einen Suizidversuch überwunden. Dein Körper ist gesundet und du hast eine Therapie mit Kai begonnen. Hast deinen Vater angezeigt und bewirkt, dass er für lange Zeit ins Gefängnis gekommen ist. Du hast deine Essstörung besiegt und hast wieder zugelegt, so dass du heute ein gesundes und normales Gewicht hast. Du hast einen echten, wahren, dich liebenden Vater gefunden und bist Teil seiner Familie geworden. Puuuh... das war echt viel für ein ganzes Jahr, aber du bist sooo weit gekommen und ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich auf dich bin... Du bist an einer der renommiertesten Kunsthochschulen angenommen worden, an der du im September anfängst zu studieren, so wie du es dir immer gewünscht hast", wisperte Seto ihm ins Ohr und aus Joeys Augen lösten sich einige Tränen. "Schau nur... da ist kein Makel mehr auf deinem Körper, mein wunderbarer, überaus attraktiver Geliebter.", lächelte Seto ihn über den Spiegel an und bei dem Wort 'Geliebter' schnappte Joeys Kopf zu Seto, so dass er ihn direkt anschauen konnte. "Warum so überrascht?" "Ich liebe es, wenn du mich so nennst", kam es zögerlich von Joey, der zaghaft lächelte. Seto lächelte stolz. "Du hast so viel erreicht ... so viele Erfolge in den letzten zwölf Monaten verbucht ... du verdienst es so auszusehen. Du bist kein Hochstapler", machte Seto noch einmal deutlich und wieder sah Joey ihn verblüfft an. Woher wusste Seto nur, wie er sich fühlte? Und dann kam ihm ein Gedanke, der so offensichtlich war, dass es fast schon weh tat, dass Joey nicht schon vorher daran gedacht hatte. "Hast... hast du dich auch schon mal so gefühlt?", fragte er unsicher. Seto lächelte ihn weiterhin an, bevor er schließlich nickte. "Ja... nach Gozaburos Tod hab ich die Firma übernommen und das Sorgerecht für Mokuba bekommen. Doch immer war da das Gefühl, dass irgendwer erkennen könnte, dass ich doch nur ein Fünfzehnjähriger bin, der auf taff macht. Ich hatte lange Angst, dass man mir die Firma und das Sorgerecht wegnimmt und uns wieder in ein Heim schicken könnte", erzählte Seto ruhig. "Doch Kai hat mir geholfen das zu überwinden und mich erkennen zu lassen, dass dieses Gefühl Teil dessen ist, was Monster wie der alte Wheeler oder auch Gozaburo ihren Opfern eintrichtern. Aber soll ich dir mal was sagen, Joey: Wir sind keine Opfer." Mit schreckgeweiteten Augen sah Joey Seto an und wurde blass. Wie meinte Seto das? Keine Opfer? Hieß das, dass sein Drache glaubte, dass sie verantwortlich dafür waren. Seto zog ihn näher zu sich, so dass ihre Lippen sich fast berührten. "Wir sind keine Opfer. Wir sind Überlebende! Ich bin Seto Kaiba und ich bin ein Überlebender", sprach der Jungunternehmer, als hätte er so etwas in irgendeiner Selbsthilfegruppe schon oft gesagt. Auffordernd sah er ihn an. "I... Ich bin Joey Johnson und ich... ich bin ein... Überlebender?", kam es unsicher von dem Blonden und Seto grinste stolz, bevor er seine Lippen auf die Joeys presste und ihn voller Liebe küsste. Diese simplen Worte lösten etwas in Joey aus und einige Tränen lösten sich bei ihm. Er war ein Überlebender, ging es ihm noch einmal durch den Kopf und dann schlang er, als hätte man etwas Schweres von ihm genommen, seine Arme um Setos Hals und erwiderten den Kuss in gleicher Weise. Kai legte eine Hand auf Setos Schulter und wandte sich wieder der Sitzgruppe zu. Dort machte er sich eine kleine Notiz in Kurzschrift und räumte seine Sachen zusammen. Es dauerte einen langen Augenblick, bevor Seto und Joey sich wieder von einander trennten. Seto legte seine Hand sanft an Joeys Wange und lächelte immer noch voller Stolz. "Das war ein schöner Fortschritt", meinte Kai wertschätzend. Verwirrt sah Joey ihn an. "Findest du nicht, Joey?" "Worin besteht der Fortschritt?", fragte der Blonde verwirrt. "Darin, dass du erkannt hast, dass du ein Überlebender bist", lächelte Kai zuversichtlich. Nur zögerlich begann auch Joey zu lächeln. "An dem Gefühl ein Hochstapler zu sein werden wir dann in der nächsten Sitzung weiter arbeiten, einverstanden?" Der Blonde nickte nur, dann verabschiedete sich Kai für heute und ließ sie alleine. Kapitel 175: Packen ------------------- Kapitel 175 - Packen "Also?", fragte Tristan voller Tatendrang und öffnete die erste Eurobox - eine genormte Plastikbox mit Deckel - und sah sich um. "Was soll mit?" Joey stand zwei Schritte von ihm und er sah sich etwas überfordert um. Er hatte das Packen eine ganze Weile vor sich her geschoben, doch so langsam hatte er keine Ausreden mehr dafür gefunden. "Ähm... Klamotten", meinte er leise. "Ja, das dacht ich mir schon, dass du in New York nicht nackt rumlaufen wirst", lächelte sein bester Freund. "Ich weiß nicht, was ich mitnehmen soll. Ich möchte eigentlich nichts hier wegnehmen, denn das ist doch mein Zuhause und ich will mich nicht als Gast fühlen, wenn ich nach Hause komme.", meinte er schließlich. Tristan legte den Deckel ab und ging zu Joey. "Aber du sollst dich doch auch in New York Zuhause fühlen", wandte der Brünette sanft ein, bevor ihm eine Idee kam. "Wie wär's, wenn wir die Bilder auf deinem Nachttisch duplizieren, dann kannst du sie hier lassen und die neuen Bilder mitnehmen." Joey sah ihn langsam an und nickte. Tristan zog sein Handy und schrieb Seto eine Nachricht bezüglich der Bilder. "Uuuh, weißt du was noch?", kam es plötzlich aufgeregt zu Tristan, der zu Joeys Kommode ging und die untere Schublade aufzog. Darin hatte Joey alte Zeichnungen aus der Schulzeit verstaut. Er kramte in ihnen herum, bis er gefunden hatte, was er suchte. "Wir fotografieren auch diese Zeichnung von Seto ab und rahmen es", schlug er vor. Der Blonde trat neben ihn und besah sich die Zeichnung. Es war eine Zeichnung, die er im ersten Jahr der Oberschule in Englisch angefertigt hatte, als er ganz frisch in Seto verliebt gewesen war. Er hatte Setos damalige Aura perfekt eingefangen: Diese kalte, abweisende Art mit dem abschätzigen, strengen Blick. Schließlich nickte er und Tristan legte sie auf die Kommode oben auf. Dann gingen sie in das Ankleidezimmer, welches sich an das gemeinsame Schlafzimmer anschloss. "Okay... du suchst dir jetzt drei Outfits raus... aber nicht irgendwelche Outfits, sondern Wohlfühl-Outfits. Sachen, in denen du dich sicher fühlst und die dir Sicherheit geben, wenn es dir mal nicht so gut geht", trug der Brünette ihm schließlich auf und er nickte. Während Tristan wieder nach draußen ging ließ Joey seinen Blick über die Klamotten schweifen. "Was...", begann Joey durch die offene Tür zu Tristan zu rufen, "wenn ich es dort nicht schaffe?" "Was meinst du?", hakte Tristan nach. "Na ja, wenn ich dort anfange und merke, dass mein Talent nichts Besonderes ist. Das ich mit den anderen Studenten nicht mithalten kann. Oder wenn ich merke, dass ich mich nicht weiterentwickle?", führte er ängstlich aus. "Dein Talent und nichts Besonderes?", hakte Tristan mit Ungläubigkeit in der Stimme nach. "Alter, ich kenn niemand, der so zeichnen kann wie du, vor allem aus dem Kopf ohne Vorlage oder Modell. Du hast mal im Kunstunterricht das Taj Mahal aus dem Kopf gezeichnet. Davon war selbst unser Kunstlehrer tief beeindruckt. Weißt du noch, wie er es bei einem Zeichenwettbewerb einreichen wollte?" "Hat er aber nicht", konterte Joey und wusste, dass das Argument nicht angebracht war, denn der Lehrer hatte sein Vorhaben nur deshalb nicht umgesetzt, weil er sich so vehement im Lehrerzimmer geweigert hatte sein Einverständnis dazu zu geben. Das konnte Tristan aber nicht wissen. "Ich frag mich ja schon, warum er es nicht hat", kam es prompt von dem Brünetten. "Weil...", es wäre jetzt ein Einfaches gewesen, den damaligen Lehrer als Buhmann zu präsentieren, aber das war nicht Joeys Art. "ich es nicht gewollt habe." "WAS?", kam es überrascht von Tristan. "Aber warum nicht?" "Es hätte Aufmerksamkeit auf mich gelenkt und das wollte ich damals nicht", erklärte Joey geknickt. "Verstehe", kam es nur verständnisvoll aus dem Schlafzimmer. Dann hatte Joey drei Outfits zusammen gesammelt und wechselte in den Raum zurück. Er reichte Tristan, der bereits begonnen hatte einige Sachen zusammen zu räumen, die Sachen und der musterte sie überrascht. "Ähm, gehört das hier nicht Seto?", fragte der Brünette erstaunt. "Ja", kam es als schlichte Antwort. "Aber...", wollte Tristan nachsetzen, doch Joey fiel ihm ins Wort. "Du hast gesagt, ich soll Outfits zusammensuchen, in denen ich mich wohl fühle. Das gehört dazu. Das... trag ich manchmal, wenn Seto länger arbeiten muss und ich ihn vermisse", erklärte er und schaute dabei peinlich berührt auf seine Füße. Tristan musste schmunzeln. "Okay", kam es von dem Brünetten nur und er begann die drei Outfits sorgfältig zusammen zu legen, bevor er sie in Stoffbeutel einzeln verpackte und dann in eine zweite Box passte. "Wie wär's wenn wir morgen gemeinsam shoppen gehen. Dir ein paar neue Kleider für New York kaufen. Dann kannst du einen Großteil deiner Klamotten hier lassen." "Hm... ich weiß nicht", kam es nur unschlüssig von dem Blonden. "Was weißt du nicht?", hakte Tristan geduldig nach. "Vielleicht... sollte ich es lassen und hier bleiben.", stellte Joey, nicht zum ersten Mal, als Gedanken in den Raum. Tristan richtete sich auf und sah Joey mit sanfter Strenge an. "Das hatten wir schon, Joey. Mehrfach", merkte er behutsam an. "Und jedes Mal kommen wir am Ende zu dem Schluss, dass du es zumindest versuchen möchtest." Joey blickte vor sich hin. Die ganze Zeit war das Thema New York noch in so weiter Ferne gewesen, doch jetzt, wo sie anfingen für New York zu packen wurde es auf einmal so schrecklich schnell real und das machte dem Blonden wiederum Angst. "Ihr fliegt erst zu deinem Vater und deinen Geschwistern. Mit ihnen macht ihr eine kleine Tour durch Amerika. Parallel wird Seto einige Wohnungen nahe dem Campus sichten und für nach eurer Tour, die in New York enden soll, Besichtigungstermine machen. Ihr werdet euch in Ruhe einige Wohnungen anschauen, bis ihr die gefunden habt, in der du dich sicher und wohl fühlst. Dann werdet ihr sie einrichten und Seto, dein Dad, sowie Nitty werden dir helfen, dich einzuleben. Wenn das Semester dann beginnt bleibt Seto noch ein paar Wochen, bis er sich sicher ist, dass du dich an deinen Alltag gewöhnt hast und selbstsicher genug bist. Und dann werdet ihr euch jedes Wochenende und in den Ferien sehen", ging Tristan ihren Plan noch einmal durch, da sie in den vergangenen Monaten gemerkt hatten, dass genau das Joey beruhigte und den Mut gab nicht aufzugeben, bevor es überhaupt losgegangen war. "Aber was ist mit euch?", wandte Joey plötzlich überraschend ein. "Wen meinst du mit 'euch'?", fragte Tristan verblüfft. "Du, Duke, Yugi, Ryou... meine Freunde", führte der Blonde aus. "Bis ich wieder komme werdet ihr vergessen haben, wer ich bin." Tristan wollte nicht, musste aber laut amüsiert auflachen. Er ging zu Joey und legte ihm einen Arm um die Schultern. "Spinnst du... Dich und vergessen? Das ist völlig unmöglich. Außerdem sind wir so gute Freunde, wenn du in den Ferien nach Hause zurück kommst, dann werden wir alle dort weiter machen, wo wir vor deiner Abreise aufgehört haben. Außerdem leben wir in einer Zeit, in der man via Internet locker in Kontakt bleiben kann. Skype, Whats App, E-Mails, Chats...", versuchte Tristan seinem bestem Freund die Angst vor diesem Schritt zu nehmen. Belämmert ließ Joey kurz seinen Kopf hängen. "Ich wünschte, ihr würdet mitkommen", meinte Joey leise. Tristan zog ihn enger in seine Arme und drückte ihn freundschaftlich. "Ach Joey, wir werden immer bei dir sein, vertrau mir", meinte Tristan behutsam. "Schau dir Ryou an: Er studiert in London und trotzdem: Wann immer er hier ist, ist es als wäre er nie weggewesen. Und genauso wird das auch bei dir sein." Joey legte seine Arme um seinen besten Freund. Er hoffte so sehr, dass dieser Recht behalten würde. Nur langsam lösten sie sich wieder von einander. "Wird Touji dich eigentlich während deines Studiums begleiten, oder wirst du in den USA einen neuen Personenschützer bekommen?", fragte Tristan und Joey blickte ihn mit großen Augen an. Darüber hatte er weder nachgedacht, noch mit Touji oder Seto gesprochen. Kapitel 176: Sicherheit bewahren -------------------------------- Kapitel 176 - Sicherheit bewahren Nervös rutschte Joey auf seinem Platz auf der Rattancouch hin und her, während neben ihm Seto saß und Kai ihnen gegenüber in seinem Sessel, in dem er die letzten Monate immer Platz genommen hatte. Erst jetzt wurde Joey bewusst, wie sehr er es vermissen würde einmal die Woche Kai gegenüber zu sitzen. Noch eine Veränderung, die er so nicht auf dem Schirm gehabt hatte. "Das ist einfach alles zu viel. Zu viele Veränderungen auf einmal", begehrte Joey leise auf. " Leben ist Veränderung ", kam es ruhig von Kai und schmunzelte den Blonden vorsichtig an. "Was?", kam es verwirrt von Joey. "Leben ist Veränderung", wiederholte Kai noch einmal geduldig. "Wenn das Leben stehen bleibt und sich nicht länger weiterentwickelt, stirbt es. Leben ist Veränderung." Joey blinzelte nur ein paar Mal, bevor er Seto ansah. "Was ist mit Touji?", fragte er schließlich und Kai, sowie Seto waren über den vermeintlichen Themenwechsel erstaunt. "Was soll mit ihm sein?", fragte Seto nach. "Er... ist mein Schatten. Mein Personenschützer. Nur wegen ihm bin ich kein Gefangener dieses Hauses", erklärte Joey. "Ist dem wirklich so?", wandte Kai behutsam ein. Joey blickte zu dem Rothaarigen und wusste nicht genau, worauf dieser hinaus wollte. "Am Valentinstag wolltest du ihm frei geben und alleine mit Seto zum Essen und ins Kino gehen." "Das war doch was anderes", begehrte Joey auf. "So?", fragte Seto überrascht. "Ja, sicher", bekräftigte der Blonde seine Aussage noch einmal. "Da war ich an deiner Seite. Du warst den ganzen Abend bei mir. Aber in New York... da werd ich überwiegend ohne dich sein." Seto sah kurz zu Kai und dieser erwiderte den Blick. "Ursprünglich sollte dich Robert vor dem alten Wheeler schützen. Und Touji sollte dich nach dem Sommer zusätzlich vor der Gumi schützen. Doch sowohl der alte Wheeler, als auch ein Großteil der Gumi sitzen für die nächsten Jahre ein. Es gibt nichts, wovor er dich noch schützen müsste", versuchte Seto ihm zu erklären. Mit großen Augen sah Joey ihn an und hatte Angst, worauf das hinaus laufen könnte. "Ich hatte schon immer den Traum in New York am Pratt zu studieren, aber ich hab mir nie Chancen ausgerechnet. Du hast mich ermutigt. Hast mir einen Job gegeben, damit ich mir das Studiengeld und die Unterhaltskosten zusammen sparen kann. Nur durch dich konnte ich Jack als Dad akzeptieren und damit ihm auch erlauben, mir das Studium mitzufinanzieren. Ich... ich lasse mir auch von dir eine Wohnung kaufen, obwohl es mir eine Heidenangst macht, weil ich immer denke, dass du dadurch denken könntest, dass ich nur wegen deinem Geld mit dir zusammen bin. Bin ich übrigens nicht, nur um das noch mal zu sagen. Ich versuche stark zu sein, aber... der Gedanken nach all den Monaten Touji nicht mehr an meiner Seite zu haben... der macht mich kirre", gestand Joey und beeindruckte damit Kai und Seto, zeigt es doch, was für einen Fortschritt der Blonde gemacht hatte. Noch vor einem halben Jahr hätte er sich gescheut so offen über seine Ängste zu sprechen. Also lächelte Seto sanft. "Vielleicht sollten wir Touji mit in das Gespräch einbeziehen und ihn überhaupt erst mal fragen, ob er bereit wäre, mitzukommen, oder was meinst du?", warf Seto nun behutsam in das Gespräch ein. Joeys Augen weiteten sich erschrocken, scheinbar hatte er daran gar nicht gedacht. Sofort sprang der Blonde auf und verließ eilig den Wintergarten. Kai und Seto blickten ihm verwirrt hinterher. "Ist das wirklich richtig so?", fragte Seto leise Kai, der seinen Blick auf den Brünetten richtete. "Was meinst du, Seto?", hakte der Rothaarige nach. "Das ich ihm diese Möglichkeit gebe, Touji mitzunehmen", spezifizierte Seto leise. "Wenn es Joey Sicherheit gibt, dann ist es richtig, aber wir sollten auf jeden Fall auch darauf achten, dass er sich nicht zu sehr von Touji abhängig macht", erklärte Kai beruhigend. Joey strebte durch das Wohnzimmer in die Halle und von dort in den Trakt der Angestellte. An der ersten Tür blieb er stehen und klopfte zögerlich an. Dann öffnete er die Tür einen Spalt weit und schob den Kopf langsam durch. Touji saß mit Takao, einer Nachwuchswache für das Grundstück, an einem Tisch und schien sich gerade mit diesem unterhalten zu haben. Doch in dem Moment, als Takao Joey erkannte sprang dieser auf und verbeugte sich respektvoll tief vor dem Blonden, der ihn nur irritiert anblickte. "Ähm... stör ich dich gerade Touji?", fragte Joey unsicher. Touji stand auf und schlüpfte in sein Jackett. "Nein, tust du nicht, Joey", antwortete er mit einem milden Lächeln. "Ich... würde dich gerne im Wintergarten bei einem Gespräch dabei haben", erklärte Joey und überraschte damit Touji. Takao schaute verwundert zwischen ihnen hin und her, da sie doch sehr vertraut miteinander umgingen. "Gerne", erwiderte Touji und wandte sich noch einmal an den jungen Mann, der kaum älter als Joey war, "wir reden später weiter." Dann kam Touji zu Joey, öffnete die Tür weiter und trat zu Joey auf den Flur. "Und... ich hab dich gerade wirklich nicht gestört? Das Gespräch könnte auch noch warten", stammelte Joey vor sich hin. Doch Touji legte seine Hand auf Joeys Schulter und dieser wurde etwas ruhiger. "Takao und ich sprachen nur über ein Dōjō in der Stadt, in dem ich trainiere. Er möchte sich auch eine Kampfkunst aneignen, um sich von den anderen neuen Wachen etwas abzuheben", erklärte Touji freundlich. Dann wandten sie sich wieder der Eingangshalle zu und Touji folgte Joey durch diese und das Wohnzimmer in den Wintergarten, in dem Kai und Seto saßen und offenbar auf sie warteten. Jetzt bekam Touji ein flaues Gefühl im Magen. "Setz dich doch bitte", bat ihn Joey und deutete auf den zweiten, freien Sessel neben dem von Kai. Touji blickte kurz zu Seto und fühlte sich dabei merkwürdig. Er öffnete wieder den Knopf seines Jacketts, den er geschlossen hatte, als er den Aufenthaltsraum der Angestellten verlassen hatte und nahm Platz. "Touji, Sie wissen, dass Joey und ich bald nach Amerika fliegen und Joey dort studieren wird?", begann Seto und wirkte auf einmal wie der Chef der Kaiba Corp, der er ja auch war. Sofort stieß Joey, der wieder neben ihm saß, ihm den Ellenbogen in die Seite. "Nicht so. Das klingt wie in der Firma, wenn du jemanden wegen einem Fehler zur Rechenschaft ziehen willst", tadelte der Blonde ihn mit scharfem Blick. "Ja, das weiß ich", antwortete Touji plötzlich. Seto, der kurz mit Joey einen Blick gewechselt hatte, schien seine Haltung etwas zu überdenken und seine Stimme wurde wieder etwas weicher. "Könnten Sie sich vorstellen, Joey auch in Amerika zur Seite zu stehen?", fragte Seto direkt und ohne weiter Zeit zu verlieren. Toujis Augen wurden etwas größer, hatte er doch damit gerechnet in Kenntnis gesetzt zu werden, dass seine Dienste ab dann nicht länger benötigt werden würden. "Ich?", kam es mit der Überraschung in der Stimme von dem Personenschützer. "Natürlich nur wenn du das willst", kam es mit hoffnungsvoller Stimme von dem Blonden. "Ich würde dich gern begleiten, aber meine Englischkenntnisse sind... um es übertrieben auszudrücken: rudimentär", erklärte Touji verlegen. "Das ist ja kein Hindernis", kam es erleichtert von Joey, "Das können wir gemeinsam ändern." "Sind Sie wirklich bereit für bis zu vier Jahren mit Joey nach Amerika zu gehen?", hakte Seto noch einmal ernster nach. Wieder stieß Joey ihm den Ellenbogen in die Rippen. "Ich habe Joey versprochen, dass ich so lange an seiner Seite bleibe, wie er mich und die Sicherheit, die ich ihm mit meinem Dienst gebe, braucht", bekräftigte Touji seine Zustimmung noch einmal. "Dann werde ich alles Weitere regeln", meinte Seto und machte sich in seinem Smartphone eine Notiz. Joey blickte zu Touji. Einerseits freute er sich, dass er ihn begleiten würde, andererseits bildete sich aber wieder ein Schuldgefühl in ihm, weil er diesem Mann praktisch um sein Leben beraubte. Doch Touji lächelte nur. "Tust du nicht", meinte er ruhig, denn Joey und er hatten seit Valentinstag schon öfters dieses Thema auf dem Tisch gehabt und mittlerweile kannte er den Blonden gut genug, um zu erkennen, wann er wieder an dem Thema nagte. Sofort legte sich eine leichte Röte auf Joeys Wangen und er nickte verlegen. Seto und Kai beäugten die Situation mit gemischten Gefühlen. Vielleicht, ging es Seto durch den Kopf, stand Touji Joey zu nah und als er zu Kai sah, wusste er, dass der Rothaarige genau wusste, was ihm durch den Kopf gegangen war und seine Ansicht zumindest im Ansatz teilte. Kapitel 177: Abhängigkeit? -------------------------- Kapitel 177 - Abhängigkeit? "Er sollte längst hier sein", begehrte Joey auf, der in ihrer Hotelsuite auf und ab lief. "Touji wird schon kommen", erwiderte Seto ruhig, mit einer Spur Genervtheit. "Vielleicht hätten wir ihn vom Flughafen abholen sollen", warf der Blonde ein. Nicht zum ersten Mal in den letzten zwei Stunden. "Beruhig dich endlich", kam es streng von Seto. Sofort blieb Joey auf seinem Weg durch die Suite stehen und sah Seto geschockt an, als hätte dieser verlangt, dass er aus dem Fenster der sich im 30. Stock befindlichen Hotelsuite stürzen sollte. "Was ist mit dir?", fragte Joey langsam. "Was soll mit mir sein?", kam es ungerührt von Seto, der sich eine Zeitung vom Tisch nahm und diese aufschlagen wollte. "Schon den ganzen Tag bist du so... genervt. So kenn ich dich gar nicht", meinte Joey. "Touji wird hier schon eintreffen und es wird nicht schneller geschehen, nur weil du wie ein Tiger im Käfig hier den Teppich abwetzt", erwiderte Seto. Joey sprang zu ihm und drückte die Zeitung, die Seto nun vor sich hob, wieder nach unten. "Stört es dich, dass Touji hier bei mir in Amerika bleibt?", fragte der Blonde plötzlich unsicher und mit großen Augen. Seto schnaufte langsam durch die Nase, bevor er die Zeitung wieder zur Seite legte. "Wenn es mich stören würde, hätte ich nicht alles in die Wege geleitet, dass er her kommt, sobald wir in New York eintreffen. Aber vielleicht... klammerst du dich etwas zu sehr an ihn", erklärte Seto und versuchte gerade bei der zweiten Hälfte mild zu klingen. "Ich klammere mich an ihn?", kam es ungläubig von Joey. "Er hat mir zwei Mal das Leben gerettet." "Zwei Mal?", hakte Seto verwirrt nach. "Na... das erste Mal als das Monster mich in der Gasse zusammenschlagen wollte", zählte Joey auf. "Korrektur: Er hat dich zusammengeschlagen, weil Touji dich aus den Augen verloren und zu spät bei dir eingetroffen ist", wandte Seto harsch ein. "Ohne ihn hätte mein Vater mich ganz sicher wieder irgendwohin verschleppt. Wär dir das lieber gewesen?", brauste der Blonde auf einmal ein. Seto stand auf und legte seine Hände an Joeys Gesicht. "Nein... aber er hätte auch erst gar nicht so nah an dich rankommen dürfen", erklärte Seto, was er gemeint hatte. "Egal... und das zweite Mal, als der Oyabun einfach in deine Villa spaziert ist und mich im Wohnzimmer überrascht hat", zählte der Blonde weiter auf. "Oh, ich denke nicht, dass der Oyabun dich mitgenommen oder dir geschadet hätte. Er hat sich schließlich nur mit dir unterhalten wollen", wandte Seto berichtigend ein. Ungläubig schaute Joey ihn an und entzog sich dann der Berührung des Brünetten. Dieser ließ resigniert die Schultern nach unten fallen und seufzte. "Ja, Touji hat sich vor dich geschoben und hat dich geschützt, wie es seine Aufgabe war. Das bestreit ich ja nicht. Aber er hat dir in dieser Situation nicht das Leben gerettet", fasste Seto kurz zusammen. "Ich versteh dich einfach nicht... was ist dein Problem?", brauste Joey plötzlich auf. "Touji gibt mir ein Gefühl der Sicherheit, gerade wenn du nicht bei mir bist... sollte das nicht das Wichtigste sein? Also warum redest du ihn schlecht?" "Tu ich nicht, Joey", erwiderte der Brünette geduldig. "Aber du willst mir Touji madig machen... was? Denkst du da läuft was zwischen ihm und mir?", warf Joey wütend in den Raum. Seto blickte ihn nur ruhig an und plötzlich weiteten sich Joeys Augen. "Himmel, dass glaubst du doch nicht wirklich, oder?" "Natürlich nicht", verneinte Seto sofort. Das Gespräch nahm langsam eine lächerliche Wendung. "Bist du eifersüchtig auf Touji?", hakte Joey weiterhin energisch nach. "Nein", kam es wieder ruhig von Seto, der von Joey mit kritischem Blick gemustert wurde. "Ich finde nur, dass du dich zu sehr an ihn klammerst. Wir hätten dir auch hier in Amerika einen Personenschützer anstellen können." "Ich vertraue Touji", kam es nun verzweifelt aufbrausend von Joey. "Warum soll ich mir einen Unbekannten aufs Auge drücken lassen, dem ich nicht vertraue?" "Ich mach mir nur Sorgen um dich, Joey...", wandte Seto ein, "Was wenn er dich wirklich vor was auch immer in diesem Land schützt und dabei verletzt oder getötet wird? Roberts Tod hat dich damals enorm belastet. Jetzt bist du mit Touji noch enger befreundet, als du es mit Robert warst. Das ist nicht gut... weder für dich, noch für Touji." Joey wandte sich bei Roberts Erwähnung ungehalten ab und tigerte zur breiten Fensterfront ihrer Suite. "Du und mein Dad habt mir versichert, ich wäre hier sicher und müsste mich vor nichts fürchten", zischte Joey leise. Seto folgte ihm und stellte sich hinter ihn. Ließ vorsichtig seine Hände von Joeys Seite zu dessen Bauch gleiten und umschlang ihn sanft. Zog ihn dicht an seine Brust und legte seine Lippen an Joeys Ohr. "Das stimmt auch, deswegen wirst du hier auch keinen Personenschützer brauchen", flüsterte er dem Blonden sanft ins Ohr. "Ich will mich doch nur sicher fühlen", brauste Joey erneut auf und wand sich in der Umarmung. "Das wirst du... dafür werde ich sorgen. Deshalb wird Touji ja auch bei dir bleiben", erwiderte Seto, Joey nicht loslassend. "Aber... du musst auch lernen, dich ohne ihn wieder sicher zu fühlen." Joey ließ seinen Kopf resigniert nach vorne fallen. Seto hatte irgendwo ja Recht. In Japan hatte er nicht einen Schritt aus dem Haus gemacht ohne das Touji sein ständiger Schatten gewesen war. Obwohl... "Als ich mich von ihm lösen wollte, hast du es verhindert und jetzt stellst du es da, als wäre ich abhängig von ihm", kam es leise gezischt. "Wann wolltest du dich von ihm lösen?", fragte Seto verwundert nach. "An Valentinstag... da wollte ich, dass er sich den Abend frei nimmt, während du mich zum Essen und dann ins Kino ausführen wolltest. Da hast DU gesagt, dass du dich wohler fühlen würdest, wenn Touji uns begleiten würde", half der Blonde seinem Freund auf die Sprünge, der darauf erst einmal nicht erwiderte. Seto sah an Joey vorbei aus dem Fenster und auf die Stadt hinunter. Stimmt, vor ein paar Monate fand er es selbst keine gute Idee, dass Touji den Abend frei nahm. Aber das lag eher daran, dass er Angst gehabt hatte, dass Joey durch irgendetwas aufgescheucht werden könnte und dann in Panik davon rennen würde. Aber wie sollte er das erklären ohne Joey zu brüskieren? "Hör zu... Touji wird bei dir bleiben... sein Visum geht sechs Monate. Und am Ende dieser Zeit schauen wir gemeinsam darauf, wie du dich fühlst. Wenn du sagst, dass du ihn über diese sechs Monate hinaus brauchst, dann lassen wir sein Visum verlängern, okay?", schlug er Joey vor. Dieser nickte nur. Dann klopfte es an der Suitetür. Kapitel 178: Wohnungssuche -------------------------- Kapitel 178 - Wohnungssuche "Die Wohnung ist doch super", meinte Joey, als er durch die leeren Räume einer Wohnung mit extrem hoher Decke lief. "Hm, ich weiß nicht", meinte Seto, der an einem der dreckigen Fenster stand und auf die Straße vor dem Haus hinunter spähte. Joey seufzte laut. "Was gefällt dir dieses Mal nicht?", fragte der Blonde genervt. Seto wandte sich langsam zu seinem Freund um und musterte ihn eingehend. "Du hast hier nichts in der Nähe... keinen Laden, in dem du mal eben was kaufen kannst, der Campus ist ewig weit entfernt und ich glaube, da unten findet gerade ein Drogendeal statt", zählte Seto auf. Joey kam zu ihm und blickte aus dem Fenster. Er sah den Mann, der mit einem Halbwüchsigen redete. Dann verpasste der Ältere dem Jüngeren eine Kopfnuss, bevor sie sich beide in die gleiche Richtung wandten und davon gingen. "Das sind Brüder", stellte Joey in den Raum. "Ich glaube nicht, dass ein Dealer seinem Kunden eine Kopfnuss verpassen würde." "Dann schließ die Augen und stell dir diese Wohnung eingerichtet vor und dann prüfe, ob du dich hier wohl fühlen würdest", bat Seto, der sich hinter Joey stellte und ihn sanft umarmte. "Schlafzimmer, Badezimmer, Wohnzimmer mit Büroecke und Küchenzeile..." Plötzlich schlug Joey seine Augen wieder auf und schüttelte den Kopf. "Es ist ein Zimmer zu wenig", stellte er schließlich fest. "Ein Zimmer zu wenig?", kam es verwirrt von Seto. "Na ja... findest du nicht, dass Touji auch einen Platz zum Pennen brauchen könnte?", wandte Joey leise ein, da er wusste, das Touji ein heikles Thema für Seto war. Dieser musterte seinen blonden Freund und nickte dann einlenkend. "Du hast Recht...", meinte Seto schließlich und überraschte Joey damit. "Wirklich?", fragte Joey verwirrt nach. "Ja...", bekräftigte Seto erneut und wandte sich an die Maklerin. "Wir brauchen eine Wohnung mit einem Zimmer und einem Bad, sowie einer Gästetoilette mehr", wies er die Frau an, die dies nickend zur Kenntnis nahm und sofort auf ihr Tablett einhackte. "Dann hab ich in diesem Stadtbezirk noch fünf weitere Objekte, die wir uns gerne sofort anschauen können", meinte sie schließlich mit einem freundlichen Lächeln. Damit verließen sie das Haus. Vor der Tür wartete Touji auf sie, der ihnen die Tür öffnete. "Perfekt", flüsterte Joey, als er den ersten Blick in die letzte Wohnung warf. Nun ja, eigentlich war es ein kleines Haus direkt am Campus. "Wenn Sie sie jetzt schon für perfekt halten, dann warten Sie erst einmal ab, bis sie die Räumlichkeiten ganz besichtigt haben", lächelte die Maklerin. Sie führte Joey und Seto in den großen Wohnraum, der direkt hinter dem kleinen Windfang der Haustür lag. "Die Haustür ist mit diesen Sicherheitsriegeln versehen, die die Tür sichern und es unmöglich machen, dass jemand die Tür aufbrechen kann. Zudem kann man die Tür des Windfangs auch noch einmal verschließen, sollte man das für notwendig erachten", erzählte die Maklerin. Der Wohnraum hatte an der Außenwand einen klassischen Kamin, wie er für diese Art von Häusern typisch war. Nach vorne gingen mehrere schmale, aber hohe Fenster. Im hinteren Bereich des Wohnraumes ging es in die offene Küche, die bereits eingebaut war und keinen Wunsch in einer modernen Küche offen ließ... nun ja, außer einem Reiskocher. Direkt hinter dem Windfang ging vom Wohnraum eine Treppe in den ersten Stock. "Früher führte die Treppe direkt zur Haustür, doch der Vorbesitzer wollte, dass die Haustür separiert ist", erklärte die Maklerin wieder, doch statt die Treppe hinauf zu führen, führte sie unter ihr hindurch zu Räumen, die Joey sonst wohl völlig übersehen hatte. Hier lagen eine separate Toilette, sowie ein Raum, mit nach hinten ausgerichteten Fenstern, welches über ein eigenes kleines Badezimmer mit Dusche verfügte. "Das wär doch perfekt für Touji, oder?", wandte sich Joey an Seto, da Touji es vorgezogen hatte - wie bei den vorherigen Objekten, die sie sich angeschaut hatten - draußen zu warten. Seto nickte. Als sie zurück zum Wohnraum geführt wurden blieb die Maklerin kurz stehen und öffnete eine Tür, die direkt unter der Treppe eingerichtet worden war. Dahinter ging eine Treppe nach unten in den Keller. "Im Keller haben sie alle wichtigen Anschlüsse für Waschmaschinen, Trockner, sowie Großgeräte... etwa Gefriertruhen oder so etwas", sie wollte schon in den Keller hinab, als Seto ihr stumm zu verstehen gab, dass sie das nicht sehen mussten. Sie nickte, führte sie in den Wohnraum und dann die Treppe nach oben. Oben gab es zwei weitere Zimmere und ein großes, luxuriöses Badezimmer. "Das sind die beiden Schlafzimmer des Hauses. Das Elternschlafzimmer mit den Fenstern zur Straße, das Kinderzimmer mit den Fenstern zum Garten", erklärte die Maklerin weiter. "Es gibt eine gute Highschool nur drei Blocks entfernt." "Wir haben keine Kinder", meinte Seto trocken. Die Frau nickte verhalten, bevor sie wieder zu lächeln begann. Es gab noch eine weitere Treppe, die hinauf unter das Dach führte. Sie bestieg sie und zur Überraschung der beiden jungen Männer war der Dachboden ausgebaut. Er hatte sowohl nach hinten, als auch zur Straße hin Fenster. "Daraus könntest du dein Studio machen", meinte Seto sanft lächelnd. Joey nickte lächelnd und war begeistert von dem Raum. "Die Straße runter gibt es einen wundervollen, kleinen Park. Ein paar Blocks in die Richtung weiter und man ist am Fluss, der immer gerne für Motive in der Kunst herhält", pries die Frau an. "Wenn sie die Straße vorne in die Richtung gehen, aus der wir kamen finden sie einen Lebensmittelladen, eine Apotheke und ein Medical Center. Es gibt einige kleinere Lokale in diesem Viertel, sowie Cafés entlang des Campus." Seto zog Joey zu sich und blickte ihn lächelnd und erwartungsvoll an. "Was sagt mein Streuner?", fragte er auf Japanisch, was der Maklerin einige Fragezeichen ins Gesicht zauberte. "Es ist perfekt, die Frage ist nur, ob es in meinem Budget liegt", meinte Joey, der nach allem was er gesehen hatte und der absolut perfekten Lage begann zu zweifeln, ob er wirklich ein ganzes Haus kaufen sollte. Aber an jeder einzelnen Wohnung hatte Seto kein gutes Haar gelassen. "Lass das meine Sorge sein...", lächelte Seto und küsste Joey liebevoll, bevor er sich zur Maklerin umwandte. "Wir wären an dem Haus interessiert", meinte er fachmännisch und begann dann mit der Maklerin zu fachsimpeln. Joey ließ die beiden alleine, stieg beide Treppen in das Erdgeschoss hinunter und öffnete die Haustür. Sofort stellte sich Touji, der eben noch am Wagen gelehnt hatte, kerzengerade hin. Der Blonde winkte ihn heran und zeigte ihm das Erdgeschoss und das Zimmer mit Bad, dass Touji bewohnen sollte. "Ich soll hier mit dir wohnen?", fragte Touji erstaunt. "Na ich lass dich sicher nicht in einem Auto wohnen oder irgendwo, wo du noch ewig viel Weg hast, es sei denn, du bestehst darauf", erwiderte Joey leise. "Nein, das hier ist gut. Dann muss ich mir nur noch ein Fitnessstudio suchen", meinte Touji mit einem zurückhaltenden Lächeln. "Werden wir sicherlich auch finden, oder wir richten im Keller einen Fitnessraum für dich ein", erwiderte Joey. "Wird sich schon eine Möglichkeit finden", meinte Touji, der das freundliche Angebot des Blonden nicht direkt ablehnen wollte. Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass er sich in der Nähe ein Zimmer in einem der berühmt-berüchtigten Appartementkomplexe nehmen würde. Dass der Blonde ihm hier ein Zimmer einrichten wollte überraschte ihn und er wusste nicht, ob dessen Freund so erfreut darüber war, denn ihm waren nicht die Spannungen entgangen, die zwischen beiden entstanden waren und an denen offensichtlich er schuld war. Kapitel 179: Touji ------------------ Kapitel 179 - Touji Seto und Joey liefen, Hand in Hand, einem Student hinterher, der die Aufgabe hatte, ihnen das Gelände des Pratt Institut zu zeigen. Er war bereits im vorletzten oder letzten Semester, so genau hatte Joey nicht zugehört. "Gegründet wurde das Pratt Institut 1887 vom amerikanischen Industriellen Charles Pratt, daher auch der Name", trug der Student begeistert vor. Etwas zu begeistert für Setos Geschmack. Dennoch war es ihm wichtig gewesen seinen Streuner auf die Kennenlern-Tour zu begleiten. "Es war eines der ersten Colleges, das Studenten unabhängig von Klasse, Hautfarbe oder Geschlecht aufnahm und das zur Wende zum 20. Jahrhundert. Das war damals nicht selbstverständlich." "Wo ist Touji?", fragte Joey nervös und leise Seto. "Er macht einen Ortskundekurs für die Stadt", antwortete der Brünette geduldig, ignorierend, dass Joey diese Frage heute schon zum dritten Mal stellte und sie noch nicht mal mittags hatten. "Wozu muss er das machen?", fragte der Blonde irritiert. "Seit die erste Klasse von 12 Studenten 1887 auf dem Pratts Campus hier in Brooklyn zusammenkam, hat sich das College zu einem weltweit führenden Hochschulinstitut mit einer weltbekannten Fakultät von über 1.100...", erzählte der Student weiter. "Damit er seinen Job richtig machen kann. Stell dir vor, ihr seid in Manhattan unterwegs und irgendetwas geschieht, dann muss er dich auf dem kürzesten und schnellsten Weg nach Hause oder zu einem Krankenhaus bringen. Wie will er das machen, wenn er sich nicht auskennt?", erklärte Seto ihm weiter auf Japanisch. "Du denkst also, dass ich auch hier in Gefahr sein könnte?", kam es aufgeschreckt von Joey. "Nein... nein, das hab ich nicht gesagt...", wiegelte der Jungunternehmer sofort ab. "Dieser Standort ist der wunderschöne 25 Hektar große Hauptcampus, daneben gibt es noch ein richtungsweisendes Gebäude in Manhattan und bietet 4700 Studenten unvergleichliche Möglichkeiten, sich mit künstlerischen Führungskräften und lokalen, sowie internationalen Industrien auseinanderzusetzen und von ihnen zu lernen. "Aber wenn du denkst, dass ich nicht in Gefahr bin, warum muss Touji dann diesen Kurs machen?", hakte Joey erneut nach. "Weil es nun mal zu seinem Job gehört, sich hier auszukennen", kam es etwas schärfer von Seto. "Du wolltest, dass Touji bei dir hier in New York ist, dann muss er sich auch auskennen." Joey schnaubte und verschränkte die Arme, während er eine Schnute zog und die Augenbrauen zur Nasenwurzel zog. In diesem Moment blieb der Student, der die ganze Zeit voraus gegangen war, stehen und wandte sich zu ihnen um. Er musterte sie beide und Seto blickte ihn mit seinem typischen 'Ist was'-Blick an. Dann wandte sich der Student wieder um, und führte sie weiter über den Campus. "Ursprünglich war das Institut in mehreren separaten Gebäuden an öffentlichen Straßen untergebracht, bis in die 1950er Jahre. Im Zuge von Robert Moses' Plan für die Stadterneuerung erlebte der physische Campus von Pratt den größten Wandel in seiner Geschichte...", berichtete der Student weiter. "Wenn die Führung fertig ist, gehen wir Möbel shoppen, was meinst du?", fragte Seto sanfter und zog Joey, der immer noch die Arme vor der Brust verschränkt hatte, an sich heran. "Mach du das doch alleine", meinte Joey bockig. "Streuner... du sollst dich in dem Haus wohl fühlen, also sollte es auch nach deinem Geschmack eingerichtet sein", widersprach Seto. "Na wenn du meinst", kam es lustlos von dem Blonden. "... und der Campus wurde eingezäunt und bildete die Grand Mall, um die Gebäude des Institut zu verbinden. Die Hochbahn, die mal mitten durch das Gelände ging wurde abgebaut und es kamen neue Strukturen dazu, wie Männer- und Frauenschlafsäle und eine neue Studentenvereinigung", hörte Joey schließlich wieder ein Bruchstück der Führung des älteren Studenten. "Sei bitte nicht so, Joey... du tust gerade so, als ob ich dir etwas weg genommen habe", bat Seto mit einer versöhnlichen Stimme, doch Joey fiel es schwer in dieser ungewohnten und öffentlichen Umgebung seinen Schutzpanzer fallen zu lassen und einzulenken. "Der Campus ist über zwei öffentliche Eingänge zugänglich, die beide in den Abendstunden schließen und rund um die Uhr von Sicherheitskräften bewacht werden. Das Haupttor an der Willoughby Avenue an der Nordseite des Campus...", erzählte der Student weiter, als sie an dem großen Tor vorbei kamen. "Hörst du... die Eingänge werden rund um die Uhr bewacht", versuchte Seto Joeys Unsicherheit und Angst etwas zu mildern. "Niemand, der nicht hier her gehört, kommt rein." "Und was heißt das auf Touji bezogen?", fragte Joey. Perplex blickte Seto ihn wieder an. "Touji? Inwiefern?", fragte Seto nicht verstehend. "Er ist kein Student, wird er dann nicht Probleme bekommen den Campus mit mir zu betreten?", spezifizierte Joey. "Ich glaube nicht, dass die Personen jeden Morgen mit Ausweisen kontrolliert werden. Schau, wir sind doch auch auf den Campus gekommen, obwohl du noch gar kein aktiver Student bist und ich nur deine Begleitung", versuchte Seto Joeys Sorge zu zerstreuen. "Heute ist Tag der offenen Tür für die zukünftigen Studenten und ihre Familien. Aber wie ist das im Alltag?", meinte Joey erneut. Plötzlich blieb der Führer erneut stehen und wandte sich zu ihnen. Er musterte sie abwechselnd, bevor er das Wort ergriff und die beiden mit einem guten Japanisch überraschte. "Man kann im Sekretariat einen Dauerbesucherausweis anmelden. Den geben Sie diesem Touji, dann wird es auch im Alltag keine Probleme geben", klärte er die beiden auf, die ihn mit großen Augen anstarrten. "Sie verstehen uns?", fragte Seto nach einem kurzen Augenblick. "Natürlich verstehe ich Sie. Denn wie ich ganz zu Beginn sagte, ist es dem Pratt Institut wichtig auch international zu sein und Besucher aus anderen Ländern Ansprechpartner zur Seite zu stellen ohne das Sprachbarrieren im Wege stehen", kam es scharf von dem Student. "Hätten Sie vielleicht mitbekommen, wenn Sie mir auch nur einen Augenblick zugehört und nicht über 'Touji' gestritten hätten." Mit diesen Worten wandte er sich wieder in Laufrichtung und ging langsam weiter, während Joeys Kopf hochrot vor Verlegenheit wurde und Seto dem Früher hinterher sah. "Wir... wir haben gar nicht gestritten", widersprach Joey leise und ernte einen überraschten Blick von Seto. "Nein... wir streiten über Touji nie... und schon gar nicht, seit du gesagt hast, dass du ihn mit hier her nehmen möchtest", kam es mit sarkastischem Tonfall von Seto. Jetzt blickte Joey ihn verblüfft an. "Was ist eigentlich dein Problem?", fragte er schließlich scharf. "Du hast mir Touji aufgeschwatzt. Ich wollte nach Robert keinen Personenschützer mehr, aber du hast darauf bestanden." "Weil es letztes Jahr noch notwendig war. Nun sind wir aber in den USA und weder der Alte Wheeler noch die Gumi kann dich hier erwischen, selbst wenn die alle nicht im Gefängnis wären", zischte Seto zurück. "Du wolltest doch, dass ich herkomme und studiere", gab Joey zurück. "Weil es dein Traum ist, dass zu tun und ich nicht wollte, das du wegen mir diesen Traum aufgibst und es irgendwann bereust", gab Seto zurück. "Dann lass ich meinen Traum auch leben und wenn ich Touji brauche, um mich sicher zu fühlen, dann solltest du das auch akzeptieren und nicht ständig deswegen rummosern", kam es nun erzürnt von Joey. "Man könnte glatt meinen, du wärst eifersüchtig auf Touji." "...", Seto wollte etwas erwidern, doch die Worte blieben ihm im Hals stecken und Joeys Augen weiteten sich geschockt. "Himmel, du BIST eifersüchtig auf Touji!", platzte es aus dem Blonden raus. "Q... Quatsch", wiegelte Seto bemüht ab. "Oooh doch, das seh ich dir an. Aber warum? Glaubst du echt, ich fang mit ihm was an oder was?", wollte Joey es nun wissen. "WAS? So ein Blödsinn... wenn ich mir in etwas sicher bin, dann ist es deine Liebe zu mir und meine Liebe zu dir", kam es wie aus der Pistole geschossen von Seto. "Aber was ist es dann?", wollte Joey beharrlich wissen. Seto blickte sich fast Hilfesuchend um, bevor er sich wieder zu Joey wandte. "Meinst du nicht, ich würde gerne anstatt seiner hier bei dir bleiben und dir die Sicherheit geben, die du brauchst?", zischte Seto nun gepresst hervor. "Aber ich kann mir das nicht leisten meine Firma vier Jahre sich selbst zu überlassen. Ich kann dir nur anbieten jedes Wochenende herzu kommen für ein paar Stunden Zweisamkeit. Und... Und ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen soll, dich nur noch so selten zu sehen und zu spüren." Wie vom Blitz getroffen stand Joey da und sah mit immer noch geweiteten Augen seinen Freund an, bevor er sanft eine Hand an dessen Wange legte. "Oh Seto,... ich würde alles geben, damit du bei mir bleiben würdest, während ich mich hier ausprobiere... aber ich wusste, dass das nicht geht. Ich liebe dich sooo sehr und der Gedanke, dich nicht jeden Tag zu sehen, der tut so weh", gestand der Blonde. Seto lehnte seine Stirn an Joeys Stirn. "Ich werde so oft es geht bei dir sein, Streunerchen. Und bis dahin muss Touji auf dich aufpassen und deshalb hat er einen Crashkurs in Englisch und nun diesen Ortskundekurs machen müssen", erwiderte der Brünette sanfter. "Okay...", kam es einlenkend von Joey, bevor er seine Lippen auf die seines Drachens legte und einen Kuss einforderte, den Seto nur zu gerne gab. Kapitel 180: Einweihung ----------------------- Kapitel 180 - Einweihung Langsam schritt Joey durch das Erdgeschoss des Hauses, dass Seto für ihn gekauft hatte. Es war in Rekordzeit modernisiert und renoviert worden. In der Zeit hatten sie noch in einem Hotel gewohnt. Während Touji weiterhin zu seinem Ortskundekurs ging hatten Seto und Joey die Umgebung des Pratts Institut und die Nachbarschaft von Joeys Haus erkundet. Dabei hatten sie mehrere Einkaufsmöglichkeiten entdeckt und evaluiert, sowie hier und da ein wenig das Einkaufen geübt. Seto fand es ungemein wichtig, dass Joey mit der ihm fremden Währung lernte umzugehen und ihre Wertigkeit verstand. Im Vergleich zu Japan hantierten die Amerikaner mit eher geringen Beträgen, die aber umgerechnet durchaus etwas höher in ihrer Wertigkeit lagen, als der japanische Yen. Dabei fanden sie neben einem 24/7-Supermarkt, der qualitativ zufriedenstellende Waren zu gerechtfertigten Preisen anbot, auch einen Asia-Laden, in dem man die meisten Grundnahrungsmittel der japanischen Küche kaufen konnte. Daneben war gleich ein Gemüsehändler, der Gemüse aus der asiatischen Küche anbot und damit den Asia-Laden mit Frischware ergänzte. Hier und da hatte Seto Joey noch in einen Klamottenladen gezogen, da Joey Tristans Vorschlag beherzigt hatte und einen Großteil seiner Kleidung in Japan gelassen hatte. Zwar hatten sie in Japan schon ein paar Sachen für Amerika gekauft, doch Seto hatte eingewandt, dass man vielleicht auch einen Teil der Garderobe direkt vor Ort kaufen sollte, damit man sich durch kleine Unterschiede nicht zu sehr von der urbanen Bevölkerung abhob. Immerhin war New York City ein eigener Kosmos mit eigenem Stil, in dem man schnell auffallen konnte, wenn man sich zu sehr von anderen unterschied. Gerade beim Kauf von Klamotten hatte Joey den Umgang mit dem US-Dollar schnell gelernt und nicht selten mit den Ohren geschlackert, wenn er die Preise in Yen umrechnete. Nachdem das Haus soweit renoviert gewesen war, waren auch Jack und Serenity nach New York gekommen und hatten es sich angesehen. Kurz darauf waren sie Möbel einkaufen gegangen. Wann immer sie etwas sahen, wovon sie überzeugt waren, dass es in das Haus passte und Joey gefallen hatte, hatten sie es gekauft. Dabei hatte Joey irgendwann den Überblick verloren, ob Seto oder sein Dad bezahlte, was ihm wieder einen fahlen Beigeschmack gab. Er fand generell, dass Seto sich schon mit dem Hauskauf und der Renovierung viel zu viel in Unkosten gestürzt hatte, aber er sagte nichts dazu. Die Angst, dann als undankbar wahrgenommen zu werden, gesellte sich schließlich zu dem fahlen Beigeschmack. Nach ein paar Tagen Möbeljagd hatte sich Joeys Stimmung derartig verschlechtert, dass es kaum noch zu übersehen war. Also war Serenity eingeschritten und hatte ihm gehörig den Kopf gewaschen. Das war genau das Richtige gewesen, wie er so rückblickend fand. Sie hatte ihm klar gemacht, dass die beiden - Seto und ihr Dad - es schön fanden, ihm zu einem guten Start ins Studium zu helfen... dass die beiden nur wollten, dass er sich in seinem Haus wirklich wohl fühlte. Da war irgendetwas Schweres von ihm abgefallen und sie hatten auch den Rest, den man in einem Haushalt so neben Möbel brauchte noch besorgt. Und all das war gestern geliefert worden. Seto und er hatten gestern den ganzen Tag bis spät in die Nacht damit verbracht Möbel zu stellen, die sie gleich von den Spediteuren auch aufbauen gelassen hatten, und alles einzurichten. Dennoch fehlte irgendetwas, ging es dem Blonden durch den Kopf. Doch er konnte einfach nicht sagen, was in dem Haus fehlte. Als es klingelte zuckte er schreckhaft zusammen, bevor er spürte, wie Seto ihn kurz umschlang und ihm einen Kuss auf die Wange gab. "Sie sind da", flüsterte er ihm sanft zu und lächelte ihn an. Dann zog er Joey mit sich in den Windfang. Im Windfang war nun die Garderobe an der Wand, die auf der anderen Seite zur Treppe gehörte. An der seitlichen Außenwand stand ein Sideboard mit einer kleinen Schale für Schlüssel und den Geldbeute. Eine hohe, grüne Pflanze stand neben der Tür. Als Joey die Tür öffnete quietschte Serenity sofort und umarmte ihn herzlich. Hinter ihr stand Jack und Marcia, jeder von ihnen einen der Zwillinge auf dem Arm. Als sich Serenity von dem Blonden löste wurde er direkt von Marcia und den Zwillingen umarmt. Sein Vater legte nur stolz seinen Arm um Joeys Schulter, der schon die Haustür schließen wollte, als er einen Widerstand spürte. Kurz schoss ihm Adrenalin durch den Körper, als sich ein ihm bekanntes Gesicht durch den Türspalt schob. "Hey", begrüßte Tristan ihn mit einem breiten Grinsen. Joeys Augen wurden vor Überraschung ganz groß, bevor er seinen besten Freund in die Arme nahm und an sich zog. Dieser drückte ihn ebenso aufrichtig. "Wie kommst du denn hier her?", fragte Joey verblüfft. "Auf dem Weg hier her haben wir ihn aufgelesen", scherzte Jack und folgte mit seiner Frau in den großen Wohnraum. "Wir wollten dich überraschen", erklärte Tristan. "Na das ist euch geglückt", kam es ehrlich von Joey. Dann schloss er endlich die Haustür und als er sich umdrehte sah er Seto zufrieden lächelnd dastehen. Er ging zu ihm und küsste seinen Freund, der sicherlich das alles arrangiert hatte. Erst dann schob er Tristan durch die hölzerne Rollschiebetür in den Wohnraum. "Boa, Brüderchen... das sieht voll gut aus", quietschte Serenity erneut, die bereits bei Mokuba stand, der einen Arm um ihre Hüfte gelegt hatte. "Aber du kennst die Möbel doch schon vom Kaufen", erwiderte Joey verwirrt. "Ja, klar kenn ich alle Möbel schon. Aber sie jetzt hier stehen zu sehen, arrangiert und mit den anderen Möbelstücken kombiniert ist was ganz anderes als in den ganzen Geschäften, in denen wir waren", erklärte sie und strahlte über das gesamte Gesicht. "Hinten auf der Küchentheke findet ihr übrigens Getränke und Kleinigkeiten... hab auch einen Hocker für meine liebsten Zwillingsgeschwister aufgestellt", erklärte er nervös, während Seto an der Anlage für etwas seichte Hintergrundmusik sorgte. "Es sieht echt richtig gut hier aus, Joey", lobte auch Tristan. "Danke... möchtest du dein Zimmer sehen?", fragte der Blonde. "Mein... Zimmer?", kam es nun verblüfft von dem Brünetten. "Ja, klar...", grinste Joey und zog ihn zur Treppe und in das obere Stockwerk. Neben dem luxuriösen Badezimmer und seinem eigenen Schlafzimmer gab es auf dieser Etage noch zwei Zimmer und eines hatte er extra für Tristan eingerichtet. Immerhin war er sein bester Freund und Joey hatte gehofft, dass er hin und wieder zu Besuch kommen würde. Tristan war von dem Zimmer gerührt und umarmte Joey noch einmal. "Das andere ist ein Gästezimmer, falls die Jungs auch mal vorbei schauen wollen", meinte Joey mit einem sanften Lächeln. "Das werden sie bestimmt, nur haben sie jetzt nicht frei bekommen", meinte Tristan. "Nicht mal Yugi?", fragte Joey verblüfft. "Nein... seinem Großvater geht es nicht so gut, Grippe oder so etwas", erklärte Tristan. Dass die Jungs aber vielleicht noch nachkommen würden verschwieg er jedoch. Er wollte keine Hoffnungen schüren, die sich möglicherweise nicht erfüllten. "Ich hoffe, er kommt bald wieder auf die Füße", kam es aufrichtig von Joey. Yugis Großvater war auch immer zu ihm sehr gut gewesen. "Ach bestimmt... du kennst doch den alten Herrn... ich bin mir sicher in ein paar Tagen geht's dem wieder saugut, dann kann er den Mädels wieder hinterher schauen", kam es voller Überzeugung von Tristan und beide mussten lachen. Dann gesellten sie sich wieder nach unten. Kapitel 181: Die nackte Wand ---------------------------- Kapitel 181 - Die nackte Wand Joey stand vor einer Nische im Wohnzimmer, deren Wand nackt war. Jedenfalls empfand der Blonde sie als nackt. Auf dem Boden stand ein großer Blumentopf in der eine grüne Pflanze ihre Blätter fächerartig zu allen Seiten streckte. Doch die Wand... die war leer. "Guten Morgen, Brüderchen", meinte Serenity, als sie von oben herunter kam und sich gähnend streckte. Dann schmiegte sie sich an Joey. "Was ist mit der Wand?" "Sie ist nackt", war alles, was Joey antwortete und einen verwirrten Blick von Serenity kassierte ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. Dann blickte sie wieder zur Wand. "Hey, meine großen", kam es von Jack, als auch er herunter kam und verwundert hinter seinen Kindern stehen blieb. "Was gibt es?" "Joey sagt, die Wand ist nackt", antwortete Serenity, als würde sie das genauso empfinden. Die linke Augenbraue wanderte bei Joeys Dad ein Stück hoch, während auch er zur Wand schaute. Als Tristan ins Erdgeschoss runterkam streckte er sich. Er konnte sich gar nicht erinnern, wann er das letzte Mal so gut geschlafen hatte. Als er in den Wohnraum kam sah er Joey, Serenity, Jack, Seto und Mokuba vor einer Nische stehen, während Marcia und die Zwillinge in der Küche waren und das Frühstück vorbereiteten. "Gu... Guten Morgen?", kam es unsicher von Tristan, während James auf ihn zugewetzt kam und ihn umarmte. Der Junge hatte Tristan am Abend zuvor, als er ihn kennen gelernt hatte, sofort ins Herz geschlossen. "Was machen die denn da?" "Keine Ahnung. Sie sagen nur, dass die Wand nackt sei. Aber keiner zieht sie an", erklärte James verwirrt, während Tristan ihn auf den Arm nahm. "Ah ja... nun ja, es ist schwer eine Wand anzuziehen... sie hat weder Füße noch einen Kopf, wo man Kleidung drüber ziehen kann", meinte er zu James, der ihn verblüfft ansah, als hätte Tristan gerade eine tiefgreifende Weisheit verkündet. Er brachte den Kleinen zurück in den Küchenbereich, wo Marcia ihn dankbar anlächelte. "Du kannst gut mit Kindern", meinte sie anerkennend. "Danke, aber ich hab Übung. Meine Schwester hat bereits Kinder, auf die ich hin und wieder aufpasse", erklärte Tristan. "Ach so ist das", lächelte sie sanft. "Also,... was machen die da?", fragte Tristan nun Marcia, während er James auf einem der Hocker absetzte, auf dem auch Grace saß. "Wie James sagte: Sie sagen alle, die Wand wäre nackt. Es fing glaub ich mit Joey an, dann fing er mit dem Satz Nitty, danach Jack und Seto und Mokuba steht glaub ich nur wegen Nitty dabei", erwiderte sie amüsiert. Erstaunt blickte Tristan zurück zu den fünf. Dann ging er zu ihnen und tippte zunächst Mokuba auf die Schulter. "Hey, Großer... nimm deine Liebste und hilf doch bitte Marcia beim Frühstück", bat er ihn und Mokuba nickte, griff nach Serenitys Hand und zog sie mit sich. Zwei gerettet, blieben noch drei. Also stupste er Seto sanft mit dem Ellenbogen in die Seite, der ihn unwirsch anblickte und erst dann realisierte, dass er wohl die letzten zwanzig Minute auf eine Wand gestarrt hatte. Er löste sich und ging ebenfalls zur offenen Küche. Dann schob sich Honda vor Jack, der dadurch einen Schritt zurückweichen musste und aus dem Bann der Wand gelöst wurde. "Ich glaub deine Zwillinge wären ganz froh, wenn du ihnen beim Frühstück richten helfen würdest", meinte Tristan vorsichtig, da er den Älteren noch nicht ganz einzuschätzen wusste. Doch dieser nickte und ging dann ebenfalls. So blieb nur noch Joey übrig. Tristan stellte sich neben Joey und schaute auf die Wand der Nische. "Die Wand ist also nackt?", fragte er seinen besten Freund. Dieser nickte. "Jap... ist sie...", antwortet der Blonde nachdenklich. "Inwiefern ist die Wand nackt?", hakte der Brünette nach. "Keine Ahnung... ich fand sie schon gestern irgendwie unfertig und... nackt", erklärte Joey verwirrt. Sie schauten die Wand ein paar Minuten an, dann stieß Tristan Joey vorsichtig seinen Ellenbogen in die Seite. "Ich hab's. Ich weiß, warum sie nackt ist", meinte er schließlich darauf und erntete einen völlig überraschten und verblüfften Blick von Joey. "Geh in die Küche, schick mir Seto her und helf deiner Familie dabei das Frühstück zu machen." Zögerlich, aber gehorsam löste sich Joey von der Nische, ging in die Küche, wechselte ein paar Worte mit Seto und half dann den anderen beim Frühstück machen. Doch immer wieder ertappte er sich dabei, wie er zu Seto und Tristan blickte, die dann das Wohnzimmer verließen und hoch gingen. Also löste sich der Blonde aus der Küche und ging zur Treppe, um bei ihr nach oben zu schauen. Was die beiden wohl da oben gemeinsam taten? Doch gerade, als er einen Fuß auf die erste Stufe gesetzt hatte kam Serenity, die ihren Arm um ihn legte und wieder zurück in die Küche zog. Sie hatten gerade den Tisch gedeckt, als Seto mit einem Paravent nach unten kam, der eigentlich ins Schlafzimmer gehörte. Er stellte ihn auf, und stellte ihn neu ein, so dass er etwas höher reichte. Jetzt konnte man die Nische und die Treppe nicht mehr von der Küche und dem Tisch aus sehen. Doch ein Poltern verriet, dass wohl auch Tristan die Treppe hinunter gekommen war. "So, Frühstück ist fertig", kam es fröhlich von Marcia, die damit ihre Familie an den Tisch rief. "Du, Mama... was machen Seto und Tristan da?", fragte James neugierig. "Ich weiß es nicht", antwortete sie ehrlich. "Darf ich schauen gehen?", fragte er seine Mutter. "Nach dem Frühstück", meinte sie mit sanfter Strenge. Er nickte und sie servierte, was sie vorbereitet hatte: Bacon, Pancakes, scrambled Eggs, kleine, gebratene Würstchen, sowie Toast, Butter, Marmelade und Ahornsirup. Sie stellte die große Servierplatte in die Mitte des runden Tisches, den sie ausgezogen hatten, damit sie alle daran Platz hatten. Dann kamen Seto und Tristan hinter dem Paravent hervor, stellten ihn komplett vor die Nische und gesellten sich zu ihnen. "Was habt ihr denn da gemacht?", fragte Joey etwas nervös. "Wir haben die Wand angezogen", antwortete Tristan mit einem breiten Grinsen und erntete einen verwirrten Gesichtsausdruck von Joey. Seto beugte sich zu seinem Streuner und küsste ihn sanft. "Wir zeigen es euch nach dem Frühstück", versprach der Jungunternehmer und ließ dann seinen Blick über den Tisch schweifen. "Oh Marcia, du hast dich echt selbst übertroffen..." "Ach was... ist nur ein kleines amerikanisches Frühstück", meinte sie bescheiden lächelnd. Nachdem sie gemütlich gefrühstückt und danach den Tisch gemeinsam abgeräumt hatten sammelten sich alle vor dem Paravent. Seto und Tristan standen links und rechts von dem Wandschirm. Vorsichtig hoben die beiden sie hoch und schoben sie zur Seite. Dahinter kam die nun neu dekorierte Nische zum Vorschein: Sie hatten ein Regalbrett eingespannt, auf dem einige Bilderrahmen standen und an der Wand hingen weitere. Joeys Augen wurden groß. Da war ein Bild seiner Mutter, als sie noch jünger gewesen war und sie lächelte mysteriös und glücklich. "Da waren wir noch zusammen. Ich hab das Bild eine Woche vor dem Besuch meiner Mutter und unserer Trennung gemacht", erklärte Jack sanft, während er eine Hand auf Joeys Schulter legte. Diesem wurde bewusst, dass seine Mutter da gerade mit ihm schwanger war. War sie deshalb so glücklich? Auf dem nächsten Bild sah er Serenity, die überglücklich in die Kamera lächelte. Auf dem Bild war sie kaum älter als sechs Jahre und Joey konnte sich daran erinnern, dass das ihr letzter, gemeinsamer Urlaub vor der Scheidung gewesen war. "Das war der Tag am Strand", meinte Serenity verträumt, als es ihr auch wieder eingefallen war. "Wir sind den ganzen Tag am Strand entlang gelaufen, haben Strandburgen gebaut und Eis gegessen." Das nächste Bild zeigte Jack, als er ungefähr in dem Alter von Joeys Mutter gewesen war. Auch er wirkte überglücklich und verliebt. Darüber an der Wand hingen Bilder von Seto, Mokuba, den Zwillingen und ein Familienbild, welches an Weihnachten entstanden war und sie alle, außer Tristan, zeigte. Jetzt... jetzt war die Wand nicht mehr nackt. Kapitel 182: Anders als erwartet -------------------------------- Kapitel 182 - Anders als erwartet Der Einführungstag war geprägt von einem chaotischen Treiben auf dem Campus des Pratt Institut. Der Campus wirkte, als würde er aus allen Nähten platzen, so viele Studenten und Professoren waren auf ihm unterwegs. Die meisten blickten sich immer wieder suchend um und schienen gar nicht zu wissen, wohin sie eigentlich mussten. Immer wieder hatte Joey das Gefühl, dass die Panik in ihm hochkommen wollte. Doch Touji hatte in jedem der Momente seine Hand auf Joeys Schulter gelegt und ihm damit gezeigt, dass er nicht alleine war. Als ob der Personenschützer seine Gedanken lesen konnte. Schließlich hatten sie alle Formalitäten des ersten Tages absolviert, hatten ihre Ausweise für den Campus, Joeys Stundenplan, waren im Campus eigenen Buchladen gewesen und hatten die Bücher für den Unterricht abgeholt und hatten sich die Räumlichkeiten und die Wege dorthin angeschaut. Hatten gecheckt wo die Toiletten und wo die Mensa war Als sie am Nachmittag dann die Straße zu Joeys Haus überquerten war der Blonde heil froh endlich den Trubel und das Chaos, welches sich auf dem Campus kaum gelegt hatte, hinter sich zu lassen. Kaum waren sie im Haus verschwand Touji in seinem Zimmer, während Joey sich erschöpft und müde auf die Couch fallen ließ. Dann umfingen ihn zwei starke Arme von hinten und er wusste auch ohne hinzusehen, dass es Seto war. Tristan war bereits vorgestern wieder zurück nach Domino geflogen und auch seine Familie war wieder bei sich zu Hause, da auch heute die Schule für Serenity und die Zwillinge wieder losgegangen war. "Na, wie war es?", fragte Seto sanft. "Chaotisch... furchtbar viele Menschen... anstrengend", fasste der Blonde kurz zusammen und ließ sich gegen Setos Brust fallen und schloss die Augen. "So sind erste Tage immer", erwiderte Seto sanft schmunzelnd. "Hast du hunger?" "Oh ja", meinte Joey aus tiefster Überzeugung. "Gut... ich hab uns was gemacht", lächelte Seto und Joey öffnete überrascht seine Augen und blickte seinen Freund an. In den letzten zwei Wochen hatte Seto öfters das Essen übernommen, aber meist bestand es dann aus etwas, was er bei irgendeinem Lieferdienst bestellt hatte. Dabei hatten sie sich durch die kulinarische Vielfalt des Viertels probiert. "Du hast was gemacht?", fragte Joey verblüfft nach. "Jap... war gar nicht so einfach, aber Marcia hat mir via Skype geholfen", erklärte Seto schmunzelnd, während er seine Umarmung löste, nach Joeys Hand griff und ihn wieder auf die Füße zog. Er führte ihn zum Esstisch, auf dem zwei abgedeckte Teller standen. Kaum saß Joey auf seinem Platz hob Seto die Metallhaube und präsentierte ein Stück wundervoller, mehrstöckiger Lasagne. Joeys Augen begannen zu strahlen. Die Aufregung des Neuen war bereits Ende der Woche verflogen und Routine war in Joeys Alltag eingekehrt. Die ersten Projektarbeiten hatten begonnen, viel früher, als er erwartet hätte, aber es war nun mal keine 'normale' Uni. Es war eine Kunsthochschule und da lautete die Devise 'Learning by Doing'. Seine Kommilitonen waren alle furchtbar begabt oder hatten ihr ganzes Leben NonStop geübt, um so gut zu werden, wie sie waren. Joey war mit seinem Talent also keine Ausnahme und dennoch schien er etwas zu haben, was den anderen fehlte oder schwer fiel umzusetzen. Eine seiner Professorinnen hatte gemeint, dass er seinen Bildern, selbst wenn es nur Sketche oder Zeichnungen waren, Leben einhauchte. Was genau sie damit meinte erschloss sich Joey nicht. Er sah keinen wirklichen Unterschied zu den Übungen der anderen Studenten. Als er an diesem Freitag nach Hause kehrte roch es im ganzen Erdgeschoss herrlich. Seto war zwar legere, aber irgendwie feierlich gekleidet. Joey verstand nicht warum. Es war doch nur Freitag gewesen. Dennoch legte er seine Unterlagen auf einen Beistelltisch an der Treppe, da er sie später mit in sein Atelier nehmen wollte, und ließ sich dann in Setos Arme ziehen. Dieser Küsste ihn voller Liebe und legte eine Hand an Joeys Wange. Dieser schloss genießerisch die Augen und spürte wie der Kuss seine Sinne vernebelten und ihm weiche Knie bescherte. Dann zog Seto ihn sanft mit sich Richtung Küche. Als er sich von ihm löste, konnte Joey sehen, dass auf der Anrichte ein Tablett mit Muffins stand. Aber keine typischen Muffins. Es waren Käsekuchenmuffins, denn bei einem der Lieferdienste hatte er seine Vorliebe für den New Yorker Cheesecake entdeckt. Dass es den auch als Muffins gab überraschte ihn. Doch noch mehr überraschte es ihn, als er erkannte, dass mit einer roten, gelierten Masse Buchstaben auf den einzelnen Muffins geschrieben worden waren. Er trat näher an die Theke und erstarrte, denn die Muffins waren so angeordnet, dass ihre Buchstaben Worte ergaben und diese Worte ergaben eine Frage. Völlig perplex wandte sich Joey zu Seto, der mittlerweile hinter ihm kniete und ein kleines Kästchen in seinen Händen hielt. Mit großen, blauen Augen blickte er zu ihm auf und lächelte auf die unwiderstehlichste Art, die er beherrschte. "Joseph Johnson... mein Leben fühlte sich schon immer unvollständig an und als ich in die Oberschule kam und dich sah, war es um mich geschehen. Ich hab mich fast augenblicklich in dich verliebt und jedes Wortgefecht fachte diese Liebe nur an, denn du hast dich weder vor mir, noch meinem Ruf oder meiner 'Macht' gefürchtet. Du hast nie mit deiner Meinung hinterm Berg gehalten und mir ehrlich immer die Leviten gelesen, wenn du es für notwendig hieltest. Das habe ich lange stumm bewundert. Nie wieder möchte ich dich in meinem Leben missen und so möchte ich dich fragen, ob du dein Leben mit mir auch in Zukunft teilen möchtest... ob du mich heiraten möchtest?", kam es voller Gefühl von dem Brünetten. Joey konnte sehen, dass Seto alles was er gesagt hatte ehrlich und aufrichtig meinte. Mit großen, braunen Augen starrte er ihn an. Sein Mund stand einen Spalt weit offen und für einen Moment glaubte er zu träumen. Hielt Seto gerade wirklich um seine Hand an? "I... ich möchte mein Leben lang an deiner Seite sein, aber... ich kann dich nicht heiraten", kam es mit erstickender Stimme und den Tränen nah. Verwirrt sah Seto ihn an und verstand nicht so recht, was das bedeuten sollte. Langsam wandte sich Joey von Seto ab, nahm seine Sachen und stieg die Treppe hinauf. Seto sah ihm nur verwirrt hinterher. Als er den Dachboden erreichte legte er seine Sachen auf seinen Schreibtisch und begann zu schluchzen. In seiner Verzweiflung setzte er sich in die Ecke unter der Dachschräge, zog seine Knie an die Brust und weinte noch verzweifelter. Er liebte Seto über alles und natürlich wünschte er sich eine Zukunft mit ihm. Doch er konnte ihn nicht heiraten. Seto war ein angesehener Geschäftsmann, der auf seinen Ruf achten musste. Was wenn er ihn heiratete und die Zeitungen nachforschten. Sie würden sicherlich finden, was er so dringen zu verbergen suchte. Und das würde Setos Ruf ruinieren... ihm zeigen, zu was die Gumi ihn im letzten Sommer gezwungen hatten und dann würde er es bereuen ihn überhaupt in seinem Leben zu haben. Die Angst, Seto jetzt - da er seinen Antrag abgelehnt hatte - verloren zu haben schnürte ihm langsam aber sicher immer mehr die Luft ab. Er japste verzweifelt, während immer mehr Tränen über sein Gesicht liefen und seine Nase ging vor lauter Weinen zu. Er wollte Seto nicht verlieren. Wollte ihn nicht verletzen. Nicht von sich stoßen. Aber das eine... das konnte er ihm nicht erzählen. Wer würde so jemanden wie ihn dann noch lieben können? Plötzlich spürte er, wie sich Arme um ihn legten und er an eine warme, starke Brust gezogen wurde. Spürte, wie ihm jemand über den Kopf und den Rücken streichelte und beruhigend auf ihn einredete. Erst nach und nach erkannte er durch den Schleier aus Tränen, Rotz und Panik Seto. Er war ihm nach gelaufen? Tröstete ihn, obwohl er ihn so enttäuscht hatte? Warum? Doch er konnte nicht anders als sich fest an ihn zu klammern, aus Angst der andere könnte verschwinden, sobald er ihn loslassen würde. War das überhaupt vermeidbar? Er fürchtete nicht. Was sollte er jetzt nur tun? Er liebte Seto doch so sehr... Kapitel 183: Glücklich sein --------------------------- Kapitel 183 - Glücklich sein "Egal, warum du glaubst, dass du mich nicht heiraten KANNST, ich bin mir sicher, dass es nicht so schwer wiegt, wie es dir möglicherweise gerade vorkommt", argumentierte Seto sanft, während sie am Frühstückstisch saßen. Joey biss sich missmutig auf die Lippen und stand dann auf, um in die Küche zu gehen und sich einen frischen Tee aufzubrühen. Die halbe Nacht hatte Seto versucht ihn zu überzeugen, dass einer Heirat nichts im Wege stand. Einerseits war der Blonde erleichtert gewesen, denn Seto schien trotz seinem 'Nein' darin kein Abbruch ihrer Beziehung zu sehen. Doch andererseits verstärkte das den Druck des Geheimnisses, dass Joey vor ihm hatte. "Wie kannst du das sagen, wenn du nicht weißt, warum ich dich nicht heiraten kann?", fragte er erneut trotzig und teils mürrisch. Seto war aufgestanden und ihm gefolgt, nur um seine Arme sanft um seine Hüfte zu schlingen und den Kopf auf Joeys Schulter abzulegen. "Es gibt nichts - NICHTS - was meine Liebe zu dir jemals schmälern können wird. Bitte glaub mir das doch", bat Seto sanft und mit milder Stimme. Joey hätte seinem Geliebten das nur zu gern geglaubt. "Wie kannst du das einfach so sagen?", hakte er wieder nach. "Weil es genau so ist, mein geliebter Streuner. Egal, was du mir nicht erzählen kannst, es wird nichts an meiner Liebe zu dir ändern. Das schwöre ich dir", beteuerte Seto erneut. Klar, er hätte offenbaren können, dass er bereits alles wusste, was im Sommer des vergangenen Jahres geschehen war und dass er zufällig darüber gestolpert war, wozu die Gumi seinen Geliebten gezwungen hatte... doch das hätte möglicherweise Joeys Vertrauen in ihn gänzlich erschüttert. "Und was... was wenn ich jemand umgebracht habe?", fragte Joey aufbrausend, sich aus der Umarmung lösend und sich umdrehend. Er fühlte sich so in die Ecke gedrängt. Warum musste sich auch alles ständig ändern? Ihre Beziehung war doch gut, so wie sie war. Es war mehr gewesen, als Joey sich jemals erhofft hatte. Etwas, wovon er Jahre lang geträumt hatte. "Hast du denn jemand umgebracht?", fragte Seto mit einem Ansatz eines verschmitzten Lächelns, welches wiederrum Joey ärgerte, weil er sich dadurch erst recht nicht ernst genommen fühlte. Die Wut wallte schlagartig in ihm auf und er stieß Seto nach hinten von sich. "Und wenn... was dann? Wenn ich jemanden ausgeweidet habe und er röchelnd vor meinen Füßen ausgeblutet ist...", fauchte er. "Hey... du konntest nichts für den Tod des Anwaltes", wandte Seto nun besorgt ein, der das ganze missverstand und es einem ruhenden Schuldgefühl in Joey zuschrieb. "Das weiß ich... Ich hab ihn weder gebeten Robert die Kehle aufzuschneiden, noch mich zu betäuben oder zu verschleppen... das alles hat er gemacht, weil er Schulden bei der Gumi hatte", blaffte Joey empört. "Joey... hey... komm schon... beruhig dich bitte wieder und sag mir doch einfach, was das Problem ist", bat Seto beschwichtigend. "Das Problem? Das Problem bist du... weil du mich nicht ernst nimmst und nur belächelst", keifte Joey angespannt zurück. "...", Seto hatte etwas erwidern wollen, doch ihm wurde klar, dass eine Erwiderung nur zu einem Streit führen wurde. Und... möglicherweise hatte Joey Recht. "Es tut mir leid, wenn ich dir das Gefühl gebe, dich nicht ernst zu nehmen. Das lag nicht in meiner Absicht, Joey." Überrascht blickte Joey seinen Freund an. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet und die Entschuldigung brachte ihn aus dem Konzept. "Wa... Warum können wir nicht einfach alles so belassen, wie es ist? Ist es nicht gut?", fragte er schließlich, nachdem seine Wut verraucht war. Seto schloss wieder zu ihm auf und schloss seine Arme um ihn. "Natürlich ist das, was wir haben gut. Aber ich möchte der Welt eben zeigen, dass wir für immer zusammen gehören, auch wenn du hier in New York studierst und ich in Domino meine Firma leite", erklärte Seto sich sanft. "Ich bin einfach mit dir an meiner Seite so glücklich, dass ich es laut hinaus rufen möchte." Joey musste lächeln. Manchmal war Seto so unglaublich süß und romantisch. Langsam beugte er sich zu dem Brünetten und legte seine Lippen auf die Setos. Dieser erwiderte den Kuss sanft und ließ seine Finger am Hinterkopf in das blonde Haar gleiten. Als der Kuss endete blickte Joey seinem Drachen in die blauen Augen. "Ich werde so lange an deiner Seite bleiben, wie du mich dort haben möchtest, aber wenn wir heiraten... dann wird die Presse recherchieren und wer weiß, wie die darstellt, was... was in meiner Vergangenheit liegt. Das könnte dir schaden", erklärte er mit leiser Stimme. Dabei sank sein Blick auf Setos Brust. Vorsichtig legte dieser seine Hand an Joeys Wange und hob seinen Blick wieder zu sich. "Ich liebe dich, und die Presse kann mir nichts erzählen, was ich nicht schon über dich weiß, mein geliebter Streuner", erwiderte Seto und auch wenn Joey es noch nicht verstand, gestand Seto ihm in diesem Moment, dass er bereits alles wusste. "Und sie sollen ruhig versuchen dich in den Schmutz zu ziehen, dann werden sie erleben, was es bedeutet den Zorn eines Drachens auf sich zu lenken." Joey musste grinsen. Er wusste, dass Seto das wirklich so meinte, wie er es sagte. Dann beugte sich Seto zu ihm und küsste ihn erneut. Joey erwiderte den Kuss und legte etwas mehr Leidenschaft hinein. Als der Kuss endete suchte Joey erneut den Augenkontakt zu seinem Drachen. "Ja", meinte er nur sanft. "Ja?", kam es verwirrt von Seto. "Ja!", wiederholte Joey mit Nachdruck, bevor es bei Seto 'Klick' machte und er über das gesamte Gesicht zu strahlen begann. Er schlang seine Arme um Joeys Hüfte, hob ihn hoch und drehte sich um die eigene Achse, während er vor Glück auflachte. Auch Joey lachte und hatte seine Stirn an die Setos gelehnt. Er konnte nur hoffen und sich inständig wünschen, dass Seto Wort halten würde: Das Seto noch zu ihm stehen würde, wenn er irgendwann die ganze Wahrheit erfahren würde. Doch für den Moment ... für diesen Moment wollte der Blonde einfach nur glücklich sein. Kapitel 184: Druck nehmen ------------------------- Kapitel 184 - Druck nehmen Serenity hörte gar nicht mehr auf zu quietschen, als sie den Ring an den Händen ihres Bruders und dessen Freund sah. Es begann sogar schon in den Ohren weh zu tun, doch so drückte sie nun mal ihre unbändige, ehrliche Freude über die Verlobung der beiden aus. Sehr zum Leidwesen aller Anwesenden, die schon befürchteten an diesem Abend noch ihr Gehör zu verlieren. "Gratuliere", kam es von Jack, Joeys Vater, der erst Joey in seinen Arm schloss und ihn sanft an sich drückte. Dann reichte er Seto die Hand, bevor er ihn völlig überraschend auch an sich zog und drückte. Immerhin würde er sein Schwiegersohn werden, da konnte man dann schon etwas vertrauter miteinander umgehen, befand der Ältere. Schließlich kam Marcia und umarmte beide in einer Umarmung und gratulierte ihnen ebenfalls von ganzem Herzen. Dabei legte sie ihre Hand mütterlich an Joeys Wange und strich stolz darüber, während sie ihn anstrahlte. Die Zwillinge waren mehr verwirrt, als dass sie sich freuten. Für die beiden gehörten die beiden ohnehin zusammen und verstanden nicht, dass sie erst jetzt Verlobung feierten. Eigentlich hatten sie gedacht, dass die beiden längst in irgendeinem heiligen Bund oder sowas einander Treue und Liebe versprochen hatten. Mokuba versuchte derweil Serenity etwas zu bremsen, doch vergebens. Jedes Mal wenn sie die Ringe sah quietschte sie im Reflex. Also tat Joey das einzige, was ihm bekannt war, um das abzustellen: Er präsentierte einen Erdbeerblechkuchen. In weiser Voraussicht, wie seine Schwester reagieren würde, hatte er diesen gebacken, da er wusste, dass sie ihn liebte. Und wer den Mund voll hatte konnte nicht quietschen. Nachdenklich sah Joey auf den weißgoldenen Ring an seinem linken Ringfinger. Er war dankbar, dass der Ring nicht offensichtlich golden war. Ein Silberring wäre ihm lieber gewesen, doch Seto hatte gemeint, dass Silber nicht genug war, um den Wert ihrer Liebe auch nur ansatzweise widerzuspiegeln. Glücklicherweise hatte Seto auf einen Stein im Ringverzichtet, wie man ihn womöglich einer Frau geschenkt hätte. "Woran denkst du gerade, Joey?", fragte Kai aus dem Laptop, mit dem er via Skype sprach. "Wertigkeit", antwortete Joey gedankenverloren. "In Bezug auf ...", hakte der Rothaarige behutsam nach. "Was, wenn man etwas einen Wert beimisst und dann feststellt, dass es weit darunter liegt?", meinte er leise. "Was entspricht denn nicht dem Wert, dem man ihm zuschreibt?", fragte Kai. Joey hob seinen Blick und sah in die Kamera. Sein trauriger Blick war Antwort genug für seinen Therapeuten. "Joey... du wirst nur Gewissheit bekommen, wenn du Seto davon erzählst", kam es mit sanfter Strenge von dem Psychologen. Joey senkte seinen Blick wieder betroffen. "Ich will ihn aber nicht verlieren", stammelte er mit Verzweiflung in der Stimme. "Warum hast du so wenig Vertrauen in den Mann, den du heiraten möchtest?", hakte Kai nach und erntete einen verwirrten Blick von dem Blonden. "Aber ich vertrau ihm doch", begehrte er auf. "Dann wag es: Sag es ihm und vertrau darauf, dass es nichts an seiner Liebe zu dir ändert", riet ihm Kai eindringlich. Joey musste schlucken. "Werd drüber nachdenken", erwiderte er leise. "Ich möchte dich jetzt nicht länger aufhalten, ist sicherlich noch früh." "Wir haben jetzt gleich neun Uhr. Mein erster Patient kommt gegen zehn", erklärte Kai sanft. Joey blickte auf seine Wanduhr, die ihm anzeigte, dass es acht Uhr am Abend war. Zeitverschiebung war so ein Thema, dass Joey regelmäßig Kopfschmerzen bereitete. "Ich bin ziemlich fertig vom Tag. Serenity war... laut und anstrengend", gestand er leise und man sah ihm die Erschöpfung tatsächlich an. Kai nickte nur mit einem zarten Lächeln im Gesicht. "Dann erhol dich gut und wir sprechen in zwei Tagen wieder miteinander, okay?", erwiderte der Rothaarige sanft und Joey nickte, bevor er die Verbindung kappte und den Laptop zuklappte. Er lehnte sich zurück gegen die Rückenlehne, bevor er nach ein paar Minuten aufstand und die Zimmertür öffnete und zurück in das Erdgeschoss kehrte, wo Seto und Touji bereits beim Aufräumt waren. "Danke für eure Hilfe beim Aufräumen", kam es müde von dem Blonden. Touji nickte nur und zog sich dann wieder in sein Zimmer zurück, während Seto zu ihm kam. "Na, wie war das Gespräch mit Kai?", fragte er sanft nach. Es kam selten vor das Joey ihn bat dem Gespräch mit Kai fern zu bleiben, denn eigentlich zog der Blonde Kraft aus seiner Anwesenheit. Doch seit ein paar Wochen gab es immer vereinzelte Sitzungen, zu denen Joey ihn auslud. Seto war ihm deswegen nicht böse. Er wusste, dass Joey sich endlich Kai anvertraut hatte, was den Sommer im letzten Jahr betraf und er noch nicht soweit war es auch ihm zu erzählen. Doch sie machten Fortschritte und das war alles was zählte. "Wir drehen uns im Kreis", meinte Joey ehrlich. "Warum?", fragte Seto behutsam nach. "Er rät mir etwas zu tun, was ich für falsch halte... oder nicht falsch, aber... zu riskant", erzählte Joey, während er sich von Seto zum Sofa und schließlich in seine Arme ziehen ließ. "Zu riskant?", erkundigte sich Seto erneut. Missmutig sah Joey ihn an und Seto lächelte entschuldigend. "Ich hab es dir versprochen ... mehr als einmal: Es gibt nichts, was meine Liebe für dich ändern wird", versicherte der Brünette seinem Verlobten und küsste den Verlobungsring seines Streuners. "Du musst es mir nicht erzählen, wenn du es nicht möchtest, aber hör dann auch auf dir deswegen unnötige Gedanken zu machen, Streunerchen... Oder erzähl es mir und lass dich davon überraschen, dass sich nichts ändern wird." "Ich sag schon seit Monaten, dass ich nicht darüber reden möchte... doch ihr habt nicht locker gelassen. Warum sagst du also jetzt, dass es okay ist, wenn ich es dir nicht erzähle?", hakte Joey verwirrt nach. "Weil du mit Tristan und Kai drüber sprichst. Es ging nie darum, dass du dich vor allen erklärst, Liebling... es ging nur darum, dass du überhaupt mit jemand darüber sprichst, damit es dich nicht von innen heraus auffrisst", lächelte Seto zufrieden und sah, wie Joey ihn verdaddelt ansah. Dann schmiegte sich der Blonde eng an ihn und küsste ihn voller Liebe und Dankbarkeit. Kapitel 185: Erschwerte Bedingungen ----------------------------------- Kapitel 185 - Erschwerte Bedingungen "Hast du mein Hemd gesehen?", rief Seto fragend von der Treppe, die er nur halb herunter gekommen war. Joey blickte ihn vom Frühstückstisch aus mit großen Augen an, während er an einer trockenen, etwas zu viel getoasteten Scheibe Weißbrot mümmelte. "Hemd? Welches Hemd?", fragte er gespielt unschuldig nur zurück. "Du weißt, welches Hemd ich meine", seufzte der Brünette. "Das, was ich auf dem Rückflug nach Domino tragen wollte." "Nö... keine Ahnung wo es ist", log Joey nicht gerade überzeugend und Seto kam seufzend die restlichen Stufen herunter. "Joey... wir hatten doch darüber gesprochen: Ich bleib, bis du dich eingelebt und eine Tagesroutine aufgebaut hast, dann flieg ich zurück nach Domino", kam es erinnernd von Seto. Joey blickte kurz in die Luft, als würde er angestrengt nachdenken, dann schaute er Seto wieder an. "Nope, kann mich nicht an ein solches Gespräch erinnern", meinte er trocken. Seto trat an den Frühstückstisch, bevor er von hinten seine Arme um Joeys Schultern schlang. "Streunerchen ... ich kann meine Firma nicht vier Jahre einfach sich selbst überlassen, dass weißt du doch. Ich flieg heute zurück und komme übernächstes Wochenende schon wieder zu Besuch", argumentierte er zärtlich. "Für elf Stunden, ich weiß", kam es schmollend von Joey. "Ja, ich weiß, dass ist nicht viel Zeit, aber es geht wegen der Zeitverschiebung nicht anders", erklärte Seto weiter. "Das ist nicht genug", begehrte der Blonde auf. "Nein, ist es nicht und ich versprech dir, ich werde mir etwas überlegen, damit ich mindestens einen ganzen Tag da sein kann, okay?", schlug Seto vor. Joey hatte gewusst, dass Seto irgendwann nach Hause fliegen musste und er dann von Woche zu Woche für ein paar Stunden zurück kommen würde. Doch jetzt, wo es soweit war, fühlte sich der Blonde, als ob ihm das Herz aus der Brust gerissen würde. Seit Seto ihn im Frühjahr des vergangenen Jahres bei sich aufgenommen hatte waren sie nur wegen der Entführung getrennt gewesen. Ansonsten war Seto immer da gewesen. "Wenn etwas ist reicht ein Anruf und ich komme sofort. Ruf aber auch deinen Dad an, er wird schneller hier sein", mahnte Seto ihn sanft und platzierte einen Kuss an Joeys Hals. "Und außerdem ist Touji noch da ... er wird auf dich aufpassen." "Aber Touji ist nicht du", begehrte der Streuner erneut auf und war den Tränen nahe. "Das will ich doch hoffen, dass er nicht ich ist", kam es neckend von Seto. "Hey, nimm mich ernst", kam es sauer von Joey. "Ich nehm dich ernst, mein Geliebter, mein Verlobter, mein zukünftiger Ehemann", flüsterte Seto ihm versöhnlich ins Ohr. Joey drehte sich auf dem Stuhl zu Seto und schlang seine Arme um ihn. Er hatte sich so sehr vorgenommen, dass er nicht weinen würde, doch jetzt überkam es ihn einfach. "Sssh... schau mal... wir haben jetzt schon Mitte, fast Ende September... noch sechs Wochen, dann fliegst du für eine Woche zu deinem Dad und Serenity zum Thanksgiving Essen. Und vier Wochen später treffen wir uns bei deinem Dad zum Weihnachtsfest und Silvester. In den Frühlingsferien kommst du nach Hause und in den Sommerferien... da verreisen wir für ein paar Wochen", malte Seto in einem ruhigen Tonfall die nächsten Monate aus. "Wir verreisen?", kam es überrascht von Joey. "Wohin denn?" "Wohin du möchtest, Joey. Wir werden uns die ganze Welt gemeinsam anschauen", versprach Seto. "Und wenn du mit dem Studium fertig bist, dann werden wir heiraten." Joey lächelte verträumt und die letzte Träne rann ihm einsam über die Wange zum Kinn. "Okay...", flüsterte der Blonde. "Also verrätst du mir jetzt, wo mein Hemd ist?", fragt Seto erneut liebevoll. "Nope", kam es sofort trocken von Joey, der sich wieder seiner trockenen Toastbrotscheibe zuwandte. Seto wollte sich schon die Haare raufen, als ihm etwas einfiel. "Erinnerst du dich an den Pulli, den ich gestern getragen habe?", fragte Seto, während er sich wieder neben Joeys Ohr beugte. "Hm... was ist damit?", fragte Joey beiläufig, während er auf dem knusprigen Brot herum kaute. "Ich tausche ... den Pulli, gegen das Hemd", schlug Seto einen Handel vor. "Warum sollte ich das eine gegen das andere tauschen?", fragte Joey. "Weil der Pulli nach mir riecht und das Hemd ungetragen ist", gab der Geschäftsmann zu bedenken, als ob er gerade am Deal des Jahrhunderts feilen würde. "Das ist ein Punkt... aber du hast einen Denkfehler, Mister C - E - O", konterte Joey ruhig und gelassen. "So? Und was ist mein Denkfehler?", kam es überrascht von dem Brünetten. "Der Pulli ... ist gar nicht in deinem Besitz", flüsterte Joey ihm zu und grinste schief. "Du ... du hast ihn dir schon unter den Nagel gerissen?", kam es verblüfft von Seto. Joey nickte stoisch und biss noch ein Stück des Brotes ab. "Klar, er ist kuschlig, schlabbrig und riecht nach dir. So ein Schatz würd ich doch nicht einfach ziehen lassen", meinte er scharfsinnig. Seto ging neben ihm in die Knie und seufzte ergeben. Er blickte von unten herauf zu seinem Geliebten, der es ihm gerade nicht leicht machte Abschied zu nehmen. "Ich könnte ein anderes Hemd anziehen", sinnierte Seto mehr zu sich selbst, als zu Joey. "Könntest du ... sofern du deinen Koffer findest", merkte Joey erneut an. "Du hast meinen ganzen Koffer versteckt?", schreckte Seto auf. Er war erst vor einer Stunde an ihm gewesen und hatte seinen Kulturbeutel darin verstaut nachdem er aus der Dusche gekommen war. "Ich sag dir mal was... du hast Zuhause ein ganzes Ankleidezimmer voller Klamotten. Die hier brauchst du nicht. Daher bleiben die hier, damit du Wechselklamotten hast, wenn du zu mir kommst", erklärte Joey fachmännisch. "Hast du gerade meine Kleidung als Geisel und Garant genommen, damit ich wieder komme?", hakte Seto erkennend nach. "Jup", kam es von dem Blonden. Er wusste, dass es kein richtiges Druckmittel war, denn für Seto wäre es ein Leichtes genau diese Klamotten noch einmal irgendwo zu kaufen. Aber es ging ihm ums Prinzip. "Okay... ich finde, dass ist ein kluger Gedanke, aber dennoch brauch ich ein Hemd für den Flug... ich kann ja nicht im Unterhemd rumrennen", bat Seto ihn noch einmal ganz behutsam und Joey musterte ihn kurz. Dann nickte er. "Unter dem Sofa", meinte er ruhig. Seto sprang auf, gab ihm einen liebevollen Kuss und eilte zum Sofa unter dem er das sorgfältig zusammengelegte Hemd fand und hinein schlüpfte. Als er es zuknöpfte kam er zurück und nahm nun auch am Tisch Platz, um zu frühstücken. Joey stand auf und schenkte Seto einen Kaffee ein. Als er ihm diesen bringen wollte 'stolperte' er und kippte die laufwarme Brühe über das frische Hemd. Sofort sprang Seto auf, was ein Fehler war, denn nun lief ihm die Brühe von innen und außen den Körper hinunter und er seufzte schwer. "Du wirst mich nicht weglassen, oder?", fragte Seto resigniert. "Musst du denn heute fliegen?", fragte Joey belämmert und mit großen Augen. "Ich... ich kann meinen Flug auf heute Abend verschieben, aber dann muss ich wirklich, Streunerchen", erwiderte Seto, dem bewusst wurde, dass er ohne Aufschub hier nicht wegkam. "Wäre das okay?" Joey nickte zufrieden und nahm ein Handtuch, um das Hemd wieder zu trocknen, doch Seto pellte sich bereits aus seinen Klamotten. "Aber ich lauf nicht den ganzen Tag nackt durchs Haus", rief Seto, während er die Treppe hinauf stieg, um noch einmal kurz zu duschen. Kapitel 186: Besser als die Kopie --------------------------------- Kapitel 186 - Besser als die Kopie Joey schreckte aus seinem Albtraum. Hastig sah er sich in dem schwach beleuchtenden Zimmer um, bevor er erkannte, dass er in seinem Schlafzimmer in New York City war. Hastig tastete er nach seinem Laptop, klappte ihn auf und sah sofort die Skype-Oberfläche vor sich. Er tippte Setos Bild an und dann den Hörer. Es dauerte kaum zwei Klingeltöne, als schon Seto auf dem Bildschirm erschien. Hinter ihm die breite Fensterfront seines Büros im Kaiba Tower mit einem strahlend blauen Himmel. "Hey, Schatz. Hast du wieder einen Albtraum gehabt?", fragte Seto sofort. Noch immer war Joey etwas außer Atem und Schweiß rann ihm an der Schläfe herunter. "Wie... wie spät ist es denn?", fragte er verwirrt. "Bei uns hier ist es jetzt 16.00 Uhr und bei dir müsste es ... 03.00 Uhr in der Früh sein", antwortete Seto und schien sich damit als Antwort auf seine Frage zu begnügen. "Möchtest du mir von deinem Traum erzählen?" Joey sinnierte kurz. Die Teile seines Traumes waren längst nicht mehr greifbar und ihm entschwunden. Zurück blieb nur das Gefühl des Schreckens und der Angst. Er schluckte. "Kann... kann nicht... ist alles weg", kam es leise von Joey. "Stör ich dich gerade?" "Du störst mich nie", erwiderte Seto. Joey wusste, dass Seto das ernst meinte. Vor ein paar Wochen - kurz nachdem Seto zurück nach Japan geflogen war - war er mit so einem Panikanruf mitten in eine Besprech geplatzt. Seto hatte sofort alle aus dem Konferenzraum geworfen und sich die Zeit genommen ihn zu beruhigen und mit ihm solange zu reden, bis er zurück in den Schlaf geglitten war. "Ich vermiss dich so", flüsterte Joey und Seto lächelte schmerzlich. "Ich vermisse dich auch, mein Streuner", erwiderte der Brünette, der heute einen braunen Dreiteiler und ein hellblaues Hemd trug, wie Joey auffiel. "Kannst du das nächste Mal über Nacht bleiben?", fragte Joey hoffnungsvoll und wusste, dass es eigentlich keine Option war. "Ich werde sehen, was ich machen kann, mein Schatz, aber ich kann es dir nicht versprechen", erwiderte Seto geknickt. "Schon okay ... die Nächte ohne dich sind nur so ... bedrohlich.", meinte Joey und wusste, dass man die Augenringe mittlerweile sehen konnte. "Wie läuft das Studium?", fragte Seto interessiert. Joey zuckte kurz mit den Schultern, soweit das ging. "Gut, wenn ich nicht ständig in meinen Kursen einpennen würde", meinte er leise. Hier in Amerika reagierten Dozenten und Lehrer anders auf schlafende Schüler und Studenten, als in Japan. "Wenn ich das nächste Mal komme, bring ich dir eine spezielle Teemischung von Kai mit. Sie soll dir helfen vor dem Schlafengehen zu entspannen und dann zu einem ruhigen Schlaf führen", meinte Seto besorgt. "Okay, danke", erwiderte Joey müde. "Kai meinte, dass du in den letzten zwei Wochen drei eurer sechs Sitzungen verpasst hättest", merkte Seto ohne Vorwurf in der Stimme an. "Ja, ich weiß. Aber bis ich heim komme, bin ich so erledigt, dass ich gerade noch was essen kann, bevor ich halbtot ins Bett falle und dann wach ich nachts immer wieder auf und morgens bin ich dann - wenn ich überhaupt pünktlich aus dem Bett komme - total gerädert", erklärte Joey geknickt und konnte die Sorge in Setos Gesicht ablesen. "Vielleicht... vielleicht sollte ich einfach heim kommen?" "Lass uns erst den Tee probieren", schlug Seto behutsam vor, der wusste, wie wichtig Joey dieses Studium war. "Okay...", murmelte Joey. "Joey... wo ist der Pulli?", fragte Seto mit weicher Stimme. Joey zog das Kleidungsstück unter dem Kissen hervor und roch daran. Ein seliges Lächeln legte sich über seine Gesichtszüge. Noch immer roch er nach Seto. "Stülp ihn mal über das schmale Kissen da." Irritiert tat Joey, worum Seto ihn gebeten hatte und erkannte, dass es jetzt so wirkte, als ob der Pulli gerade getragen wurde. Er kuschelte sich wieder an das Kleidungsstück und versank zunehmend mehr im Schlaf und war schließlich wieder weggepennt. Seto lächelte zufrieden, dennoch lag auch tiefe Besorgnis über seinem Gesicht. Sie brauchten eine Lösung. Als Seto an diesem Samstag bei Joey eintraf fand er Joey am Esszimmertisch sitzend schlafend vor. Sein Gesicht auf dem Marmeladenbrot liegend, dass er sich wohl gemacht und gerade einmal abgebissen hatte. Langsam ging er auf ihn zu und weckte ihn vorsichtig. Sofort schreckte Joey auf, wobei die Hälfte der Marmelade an seinem Gesicht kleben blieb. "Seto? Was machst du denn hier?", kam es verwirrt von Joey, dessen Stimme verschlafen war, aber vor Freude überlief. "Es ist Samstag, Joey", antwortete Seto mit deutlicher Sorge in der Stimme. "Was? Echt? Oh", erwiderte der Blonde, der sich an die Wange schlagen wollte und dort auf die Marmelade traf. Sofort zog er erschrocken die Hand von seinem Gesicht und blickte auf die rote, gelierte Masse. "Was zum... oh..." Er nahm ein sauberes Küchenhandtuch und wischte sich die klebrige Marmelade vom Gesicht und der Hand. "Jetzt reicht es", kam es plötzlich energisch von Seto, der sich kurz vorbeugte, Joey unter die Kniekehlen und um den Rücken fasste und ihn einfach hochhob. Dann trug er ihn die Treppe hinauf ins Schlafzimmer, wo er feststellte, dass Joey seine Idee mit dem Pulli und dem Kissen noch etwas ausgearbeitet hatte. Ein lebensgroßes Foto seines Gesichts war mit zwei Sicherheitsnadeln an das Kissen geheftet, dass nun durch den Halsausschnitt raus ragte. "Seto, darf ich dir Kissen-Seto vorstellen", meinte Joey, der witzig klingen wollte, was ihm aber nicht gelang. Seto setzte ihn vorsichtig mit den Füßen auf dem Boden ab. "Ausziehen", kam es nur knapp von Seto und Joey blickte ihn mit großen, nicht verstehenden Augen an unter denen sich dunkle Augenringe abzeichneten. "Du willst jetzt Sex?", kam es fast entsetzt von dem Blonden. Seto hielt kurz beim Aufknöpfen seines Hemdes inne, bevor er den Kopf schüttelte. "Nein, wir werden jetzt zusammen ins Bett gehen und miteinander schlafen", meinte Seto. Völlig verwirrt sah Joey ihn an. Er war so übermüdet, dass er nicht verstand, was Seto meinte. Für ihn hatte Seto praktisch gesagt 'Sex, nein, wir haben jetzt Sex', was so gar keinen Sinn ergab. Seto schlüpfte aus seiner Hose, nachdem er das Hemd über einen Sessel gelegt hatte und ging zu Joey. Ihm zog er das T-Shirt aus und zog ihn dann in ihr Bett, da Joey ohnehin keine Hose angehabt hatte. Dort nahm er ihn in den Arm und küsste ihn sanft. "Augen zu und schlafen... ich bin bei dir und pass auf dich auf", meinte Seto zärtlich und Joey kuschelte sich eng an seine Brust. "Viel besser als die Kopie", murmelte Joey mit einem zufriedenen Ausdruck und schlief prompt wieder ein. Seto sah auf der anderen Seite von Joey in sein eigenes Antlitz und schüttelte nur den Kopf. Kapitel 187: Kluge Schwester ---------------------------- Kapitel 187 - Kluge Schwester "Guten Morgen, Sonnenschein", hörte Joey leise säuselnd die Stimme seiner Schwester. Ein Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht und er öffnete langsam die Augen. Die untergehende Sonne schien ihm ins Gesicht und Serenity strahlte nicht minder. "Eher Abend, oder?", fragte Joey. "Hm ... ja. Abendessen ist bald fertig und ich wollte mal nach dir schauen", kam es liebevoll von ihr, während sie sich in seinen Arm kuschelte. "Hab ich dich geweckt?" "Nein", antwortete Joey. Er war am Morgen beim Familiensitz seines Dads eingetroffen und beim Frühstück mehrfach weggenickt, worauf Jack darauf bestanden hatte, dass Joey sich hinlegen ging. Und er hatte geschlafen. Lange und ohne Albträume. Warum das so war, verstand Joey nicht. Aber er fühlte sich das erste Mal seit Wochen ausgeschlafen. "Seto meinte, dass du in letzter Zeit nicht gut schläfst und wieder Albträume hast", schnitt Serenity das Thema an. "Kai meint, dass ich unter Verlustängste leide, jetzt wo Seto und ich das erste Mal räumlich getrennt leben", meinte Joey leise. "Aber du weißt, dass Seto dich nicht verlassen wird. Dazu liebt er dich viel zu sehr", meinte sie lächelnd. "Ja, ich weiß das. Aber ... mit Rationalität kannst du einer Angst nun mal nicht beikommen. Aber wir arbeiten daran", meinte er bedrückt. "Wenn du möchtest könnte ich jedes Wochenende zu dir kommen", schlug sie vor, doch Joey schüttelte nur den Kopf. "Nein. Du bleibst schön hier und nutzt das Wochenende zum Lernen oder zum Ausgehen oder was Mädels in deinem Alter so tun. Außerdem kommt Seto samstags immer für ein paar Stunden, ... wobei ich die letzten Male seinen Besuch fast immer gänzlich verpennt habe", meinte er nachdenklich. "Vielleicht wäre es einfach besser, wenn er nicht mehr wöchentlich kommt, sondern wir schauen, ob es im Monat Gelegenheit gibt, dass er zwei Tage am Stück bei mir sein kann." "Du weißt, er kommt, weil er dich liebt und solange ihr zusammen seid ist es ihm egal, ob du wach bist oder schläfst", erklärte sie ihrem älteren Bruder. "So?", kam es zweifelnd von Joey. "Jap, hat er mir so gesagt", meinte sie strahlend. "Du machst dir viel zu viele Sorgen darüber. Wie hilft denn der Tee, den er dir mitgebracht hat?" "Hm ... also ich konnte keine Wirkung feststellen. Vielleicht muss man dran glauben oder so", gestand er geknickt. "Vielleicht solltest du mal mit Marcia drüber sprechen. Vielleicht kann sie dir irgendwie helfen?", meinte Serenity nachdenklich. "Nein, danke", kam es resolut von Joey, was ihm einen verwunderten Blick von Serenity einbrachte. Er lächelte mild. "Ich möchte keine Tabletten nehmen." "Okay, aber du kannst nicht ständig wie ein Schlafwandler durch die Gegend rennen oder halb im Müsli ertrinken, nur weil du beim Frühstück einschläfst", gab sie zu bedenken. Joey stand neben Marcia und half ihr beim Abwasch. Sie hatte ein hervorragendes Abendessen gezaubert und das mindeste, was Joey im Gegenzug für sie tun konnte, war ihr zu helfen. "Und wie ist das Studentenleben?", fragte sie interessiert. "Eigentlich großartig, wenn ich denn mal was davon mitkriege", meinte Joey mit einem schmerzlichen Unterton. "Hm ... Nitty hat erzählt, dass du Probleme mit dem Schlafen hast. Ehrlich gesagt dachte ich ja, sie übertreibt, bis dir das Gesicht fast ins Müsli gefallen ist", meinte sie sanft. "Ja, sorry dafür. Ich konnte gestern Nacht gar nicht schlafen und davor die Nacht war auch recht kurz", kam es entschuldigend von dem Blonden. "Ich kenn das gut und irgendwann ist der Schlafrhythmus völlig hinüber und man fühlt sich wie ein Taucher, der nicht weiß, wo oben und unten ist", kam es mit viel Verständnis von der Ex-Frau seines Dads. Er nickte nur. "Und wie hast du das Problem gelöst?", fragte Joey leise. "Tabletten? Tees?" "Ich hab tatsächlich ein wenig mein Leben umgestellt: Reduzierung des Kaffeekonsums, Wechsel auf Tee, Yoga und Meditation haben Wunder gewirkt", erzählte sie von ihren Erfahrungen. Erstaunt sah er sie an. "Yoga und Meditation?", fragte er ungläubig nach. Marcia war eine Chirurgin und das sie mit fernöstlichen Methoden kam, war irgendwie kurios. Doch sie lachte nur, als sie den Ausdruck in seinem Gesicht sah. "Ja, glaub mir, das beruhigt die inneren Gefühle und hilft dir gerade vor dem Zubettgehen abzuschalten", erklärte sie ihm mit einem Schmunzeln. "O-okay", kam es langgezogen von Joey. Er dachte kurz darüber nach und befand, dass sich Millionen von Menschen, die Yoga betrieben, nicht irren konnten. Also sah er wieder zu ihr auf. "Kannst du ... mir das bitte zeigen?" "Klar", meinte sie erfreut darüber, dass Joey dem eine Chance geben wollte. "Ich zeig dir ein paar einfache Stellungen und Grundlagen und wenn du in vier Wochen wieder kommst bauen wir drauf auf, wenn du dabei bleiben möchtest." Er nickte ihr dankend zu und dann beeilten sich die beiden mit der Küchenarbeit fertig zu werden, da die Familie im Wohnzimmer mit einem Film wartete. Als sie dann ins Wohnzimmer kamen kuschelte sich Serenity auf einer Seite an ihn, während die Zwillinge sich von der anderen an ihn schmiegten. Sanft streichelte er den Zwillingen abwechselnd über das blonde Haar. Bereits in der Mitte des Filmes waren die beiden eingeschlafen und Marcia und Jack brachten sie nach oben in ihr Zimmer. "Marcia möchte mir Yoga beibringen", meinte Joey in ruhigem Ton und Serenity blickte lächelnd zu ihm hoch. "Das freut mich, dass du dafür offen bist", erwiderte Serenity sanft. "Du bist gar nicht überrascht?", wunderte sich der Blonde über seine Schwester. Diese schüttelte nur seicht den Kopf. "Nach Mamas Tod hatte ich auch einige Probleme mit dem Schlafen, da hat sie mir auch Yoga beigebracht. Mir hat das wirklich geholfen", meinte sie sanft. Er musste lächeln, als ihm bewusst wurde, dass Serenity vorhin das gemeint hatte und nicht das Verschreiben von Tabletten. Also zog er sie fester an sich und küsste ihre Stirn. "Was hab ich nur für eine kluge Schwester... ich sollte einfach öfters auf dich hören", meinte er nur stolz zu ihr. "Ja, das solltest", lächelte sie verschmitzt. "Schon komisch, wie sich alles entwickelt hat, oder?" "Was meinst du?", fragte der Blonde nach. "Erst vor einem Jahr warst du mit Seto zum ersten Mal hier und hast Marcia und unsere Geschwister kennen gelernt. Du warst so nervös und hattest so viel Angst davor, dass sie dich ablehnen könnten und heute ... heute fühlst du dich hier Zuhause und bist gerne hier", erklärte sie. Verblüfft sah Joey sie an und nickte langsam. "Ja, da hast du allerdings Recht", gab er zu. "Ich freu mich so, dass du Dad, Marcia und die Zwillinge in dein Herz gelassen hast", murmelte Serenity schläfrig und bettete ihren Kopf auf seine Schulter. "Ja, darüber bin ich auch sehr froh", gab er seiner Schwester erneut Recht. Dann nickte sie weg und er brachte sie in ihr Zimmer. Kapitel 188: Ein neuer Versuch ------------------------------ Kapitel 188 - Ein neuer Versuch Als Seto das Haus seines Streuners betrat blieb er wie angewurzelt stehen und musterte seinen Verlobten. Der Blonde stand im Wohnraum in einer unnatürlichen Haltung da und versuchte das Gleichgewicht zu halten. Der Jungunternehmer konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dann fiel die Tür, die noch einen Spalt weit offen gestanden hatte, geräuschvoll ins Schloss, was Joey erschreckt zusammen fahren und damit umkippen ließ. Auf dem Rücken liegend blickte er über Kopf überrascht zu Seto. "Du bist zu früh", begrüßte Joey seinen Verlobten erstaunt. Dieser kam nun in den großen Wohnraum und kniete sich vor seinen Streuner, bevor er sich hinunter beugte und ihn sanft küsste. "Wir hatten Rückenwind", erklärte er kurz, immer noch ein Lächeln auf den Lippen. "Was war das denn eben?" "Yoga", antwortete der Blonde, immer noch rücklings unter Seto auf dem Boden liegend. "Ah ja", kam es amüsiert von dem Brünetten. Er wusste, dass Joey sich seit Thanksgiving darin übte und es ihm in Kombination der Meditation tatsächlich half wieder mehr und erholsamer schlafen zu lassen, was man ihm auch ansah. "Marcia hat mir gestern eine neue Figur erklärt, aber ich fall dabei immer um", erklärte Joey. "Wo ist Mokuba?" "Wir haben unterwegs kurz Halt gemacht und ich hab ihn bei Serenity rausgelassen", antwortete der Brünette bereitwillig. "So? Schön, dass die beiden immer noch total in einander verliebt sind", schmunzelte Joey zufrieden. "Und ich gönn es den beiden." "Ich würde dich gerne heute Abend ausführen", meinte Seto auf einmal, während er immer noch über Joey gebeugt auf dem Boden kniete und sie sich kopfüber gegenseitig anschauten. Joeys Blick bekam einen überraschten Ausdruck. "Du möchtest mich ausführen?", kam es verwirrt von Joey. "Wohin denn?" "Das ist eine Überraschung", erwiderte Seto verführerisch. "Aber wie soll ich das Richtige anziehen, wenn ich nicht weiß, wo wir hingehen?", versuchte Joey weiterhin eine Antwort auf seine Frage zu finden. "Hm... wie wär das: Wir gehen es uns etwas bequem machen, gehen dann duschen und dann leg ich dir die passende Garderobe zurecht?", schlug Seto mit weicher Stimme vor. "Wir machen es uns also bequem?", hakte Joey verspielt und lächelnd nach. "Wenn du möchtest ...", hauchte Seto ihm zu, bevor er ein weiteres Mal Joeys Lippen in Beschlag nahm und ihn voller Liebe küsste. Sie stolperten - immer noch in einem leidenschaftlichen Kuss verbunden - die Treppen hinauf und dann in die Richtung ihres Schlafzimmers. Auf dem Weg hatten Joey irgendwo sein Shirt verloren, während Setos Hemd erst an der Schlafzimmertür zu Boden fiel. Im Schlafzimmer fummelte Joey an Setos Hosenknopf herum, der sich gar nicht lösen wollte, während Seto ihm seine Trainingshose einfach so samt Boxer von der Hüfte streifte. Dann gelang es dem Blonden den Knopf zu öffnen und mit seinem Geliebten gleichzuziehen und ihn gänzlich auszuziehen. Als sie am Bett ankamen legte Seto eine Hand in Joeys Rücken und half ihm sich auf das Bett zu legen, während er wieder über ihm kniete. Als der Blonde richtig lag tastete Seto nach der Nachttischschublade, zog sie auf und holte die kleine Tube mit Klappdeckel hervor. Gerade als er sie aufschnappen ließ brach Joey ihren Kuss. "Lass es uns wieder umgekehrt machen", keuchte der Blonde erregt. "Okay", kam es mit rauer Stimme von Seto. 'Umgekehrt' bedeutete, dass Joey ihn in sich spüren wollte. Allerdings hatten sie seit dem White Day im März es nicht mehr so rum versucht. Das war nun neun Monate her. Dennoch ließ Seto seine vorbereiteten Finger sanft zwischen Joeys Schenkel gleiten und suchten ihren Weg zwischen die Backen. Joey keuchte erneut auf, als die Finger ihr Ziel fanden und begannen um seinen Muskel zu kreisen. Er biss sich kurz erregt auf die Unterlippe, bevor er seinen geliebten Drachen wieder in einen Kuss zog. Dann glitt das erste Fingerglied in ihn und er stöhnte in den Kuss. Er schob einen seiner Schenkel auf Setos Hüfte und hoffte, ihm so mehr Platz zu verschaffen. Sanft bereitete der Brünette ihn vor, dehnte den Muskel, damit er nicht bei dem, was da kommen würde, so leicht verletzt werden würde. Wie immer wurde Joey unter ihm ungeduldig und brach erneut ihren Kuss. "Lass ... lass mich nicht länger warten, mein geliebter Drachen", keuchte er heißer. Seto zog seine Finger aus ihm zurück, griff erneut zur Tube mit dem Gleitgel und bereitete dein Glied vor. Schließlich positionierte er sich richtig zwischen den weit geöffneten Schenkel seines Streuners und setzte vorsichtig an. Langsam schob er sich in Joey, der versuchte entspannt zu bleiben, doch kaum war Seto zur Hälfte in ihn eingedrungen, griff erneut die Panik nach ihm. Er presste seine Augen fest aufeinander und begann die Luft ruckartig scharf einzuziehen. Sofort stoppte Seto sein Vordringen und strich mit den Fingern Joey eine Strähne aus dem Gesicht. "Sssh ... hier sind nur wir beide. Du und ich, dein Drache. Du bist bei mir in Sicherheit. Ich werde dir nicht weh tun", flüsterte Seto. Dabei wandte er eine Technik an, die ihm Kai vermittelt hatte, die dieser immer dann anwendete, wenn sein Gespräch mit Joey drohte ihn zu triggern. Joey wollte Seto. Wollte ihn in sich spüren. Und dennoch sträubte sich etwas tief in ihm drin. Er verstand es nicht. Sie hatten doch so schon Sex gehabt. Wundervollen, fantastischen Sex. Vor neun Monate am White Day. Dabei hatte er selbst die Initiative ergriffen gehabt. Warum... warum also konnte er das jetzt nicht genießen? Frustriert schlug er seine Augen auf und schob Seto unsanft von und aus sich, bevor er sich ruckartig aufsetze und nach Atem rang. Tränen des Frustes liefen ihm über das Gesicht. Seto rückte hinter ihn und legte sanft seine Arme um ihn und bettete seinen Kopf vorsichtig auf Joeys Schulter. Langsam und ohne etwas zu sprechen wiegte er seinen Geliebten hin und her, dessen Verwirrtheit und Frustration deutlich in seinem Gesicht wiedergespiegelt wurden. Schließlich schrie Joey seinen Frust laut hinaus und ergab sich dann seinen Tränen. Seto drehte ihn ein wenig mehr zu sich und zog ihn an seine nackte Brust. Sanft schloss er seine Arme um den Blonden, um ihm zu zeigen, dass er nicht alleine war und er nicht fortgehen würde. Auch diese Gefühle gehörten zu so einem missglückten Versuch, wie Seto wusste. Sie hatten schon einige dieser 'Fehlschläge' hinter sich. Liebevoll streichelte er seinem Streuner über den Rücken und das Haar. Hielt ihn weiterhin fest an seine Brust gedrückt und wartete... Kapitel 189: Ein gelungener Abend --------------------------------- Kapitel 189 - Ein gelungener Abend Nachdem sie geduscht hatten, hatte Seto Joey passende Kleidung für ihr Ausgehen rausgesucht. Doch der Blonde wirkte nicht so, als ob er wirklich Lust hatte mitzugehen. Nach einem missglückten Versuch miteinander zu schlafen fiel Joey oft in ein Stimmungstief. Gelegentlich gelang es Seto ihn aufzufangen und seine Stimmung wieder aufzuhellen und er hoffte, dass es ihm auch an diesem Abend gelingen würde. Dazu musste er seinen Geliebten nur davon überzeugen, dass ihr Ziel es wert war sich schick zu machen und mit ihm mitzukommen. Und das kostete Seto einiges an Fingerspitzengefühl und Engelszungen. Doch eine Stunde später waren sie beide schick, aber nicht zu formal angezogen und fuhren über die Manhattan Bridge in das geschäftige Zentrum von New York City. Nach knapp einer halben Stunde erreichten sie ihr Ziel: Den Times Square, der an der Kreuzung Broadway und Seventh Avenue lag, und das Zentrum des Theaterviertels von Manhattan bildete. Mit großen Augen sah Joey an der Fassade des Marriott Marquis Hotel hinauf. "Sind wir hier wirklich richtig?", fragte er zweifelnd. Doch Seto lächelte ihn einfach breit an, ergriff seine Hand und zog ihn in das Hotel. Dort bemühten sie einen der gläsernen Aufzüge und fuhren in den 48. Stock des Gebäudes, in dem das Rooftop Restaurant 'The View' untergebracht war. Am Empfang nannte Seto seinen Namen und das er eine Reservierung für zwei am Fenster hatte. Sofort bat der Oberkellner einen seiner Untergebenen die Herren zu ihrem Tisch zu bringen. Joey staunte nicht schlecht. Das Restaurant war gut gefüllt und scheinbar waren vor allem die Fensterplätze begehrt. Doch ihr Kellner bahnte ihnen einen sicheren Weg durch die Fläche und ließ sie dann Platz nehmen, bevor er den beiden die Karte reichte. Irgendetwas war komisch an diesem Restaurant. Erst als Joey aus der breiten Fensterfront blickte wurde ihm bewusst, was es war: Das gesamte Restaurant bewegte sich und der Ausblick wanderte. "Dafür ist dieses Restaurant berühmt", flüsterte Seto ihm über die Tischecke hinweg zu. "Man bekommt einen tollen Ausblick über die ganze Stadt von hier." Joey war sprachlos und bestaunte den sich bewegenden Ausblick, während Seto ihnen einen Wein und eine Vorspeise bestellte. "Wow", kam es schließlich leise von Joey und all der Frust, der an diesem Abend zuvor losgetreten worden war verpuffte. Seto lächelte nur zufrieden. "Joey?", hörte er plötzlich seinen Namen und wurde aus der Bewunderung des Ausblicks gerissen, als er sich fragend umblickte und dann sah, wie Justin auf ihr Tisch zukam. "Ha, hab ich mich doch nicht getäuscht." "Ähm, hey Justin", begrüßte der Blonde seinen Kommilitonen, mit dem er zwei oder drei Kurse - so genau konnte er es gerade gar nicht aus dem Stehgreif sagen - besuchte. "Was machst du denn hier?", hakte Justin nach und in seiner Stimme schwang ehrliche Überraschung mit. Zu Justin schloss ein Mann auf, der ein paar Jahre älter als der blonde Amerikaner zu sein schien. Dieser musterte Seto und Joey ausgiebig. "Wir... oh, bitte entschuldigt: Seto, das ist Justin. Wir haben ein paar Kurse gemeinsam. Justin, das ist mein Verlobter Seto", stellte Joey kurz vor, als ihm sein Fauxpas bewusst geworden war. Seto lächelte stolz, dass sein Streuner ihn ohne Zögern als das vorgestellt hatte, was er für ihn war. Er wusste, dass die Amerikaner in Punkto Homosexualität nicht alle aufgeschlossen und liberal eingestellt waren, manche ihnen sogar mit Abscheu und Ekel begegnete. Allerdings schien Justin das locker zu nehmen, wenngleich eine kleine Überraschung in seinem Ausdruck lag. Scheinbar hätte er Joey nicht für schwul gehalten. "Freut mich, das ist Brian. Er ist... mein Date", kam es nach einem kurzen Überlegen und Brian schien damit sehr zufrieden zu sein nicht als 'Freund' bezeichnet worden zu sein. Dabei ruhte Brians Blick weiterhin auf Joey, was Seto gar nicht so behagte. Er wusste, wie sensibel Joey auf so etwas reagieren konnte. "Wollt ihr euch zu uns setzen?", fragte Seto kurzer Hand und wusste, dass die beiden ausschlagen würden. Sie wirkten eigentlich, als wären sie gerade im Begriff zu gehen. "Nein, danke. Wir haben schon gegessen und wollten jetzt noch in die Lounge eine Etage tiefer. Hey, wie wär es, wenn ihr euch nach eurem Essen anschließen würdet", schlug Justin vor. Joey blickte fragend zu Seto, der aber abwinkte. "Bedaure, wir haben danach noch etwas vor", meinte Seto bestimmt und gezwungen höfflich. "Schade... dann bis im neuen Jahr", meinte Justin heiter und ließ sich dann von Brian zum Restaurantausgang ziehen. Joey lächelte ihm noch kurz hinterher. "Wir haben danach noch etwas vor?", fragte Joey schließlich interessiert. "Hm... ich hab noch zwei Karten für eines der Musicals", meinte Seto nun wieder etwas entspannter und sanfter. Er war erleichtert, dass Joey scheinbar den Blick dieses Brians nicht registriert hatte. Als sie ins Haus kamen war Joey immer noch am Schwärmen. Allein das Essen war schon ein Hit gewesen, doch das Ganze mit einem Musical abzurunden hatte den Ärger des Nachmittags gänzlich vergessen gemacht. Gut gelaunt zog er Seto herein, schloss die Tür und sicherte sie mit dem Verschlusssystem, dass vor seinem Einzug eingebaut worden war. Immer noch die Melodie des eingängigsten Songs summend zog er Seto mit sich die Treppe hinauf, während Touji, der sie gefahren hatte, sich in sein Zimmer zurück zog. Vergnügt hüpfte Joey regelrecht in ihr Schlafzimmer und begann sich auszuziehen. Er wollte schon in seine Schlafsachen schlüpfen, als Seto plötzlich hinter im Stand und ihm einen Kuss auf die nackte Schulter hauchte. Das brachte den Blonden zum Kichern, was Seto nur allzu gerne hörte. Also wiederholte er seine Geste und Joey kicherte erneut. Langsam wandte Seto ihn zu sich um und küsste ihn. Vorsichtig und behutsam. Erst als Joey den Kuss erwiderte ließ Seto mehr Leidenschaft in ihn hineinfließen. Und auch das erwiderte Joey ohne Seto in etwas nachzustehen. Wieder bewegten sie sich langsam auf ihr Bett zu, während sie auch die restliche Kleidung von ihren Körper streiften und zu Boden fallen ließ. Doch dieses Mal kletterte erst Seto auf die Liegefläche ohne den Kuss abbrechen zu lassen. Er zog Joey einfach mit sich, bis dieser über seinem Schoss kniete. Immer wieder strich Seto ihm über den Rücken und ließ seine Hand tiefer sinken. Ein wohliger Schauer glitt über Joeys Rücken und er keuchte in den Kuss. Als Seto begann ihn erneut vorzubereiten war das Gefühl dabei gänzlich anders, als am Nachmittag. Dieses Mal blieb die Panik aus, als sein Drache nach einer langen Vorbereitung endlich in ihn glitt. Er konnte gar nicht genug von seinem Verlobten bekommen und begann sich instinktiv auf ihm zu bewegen. Seto überließ ihm die Führung und das Tempo. Und Joey ging darin auf. Genoss jeden Stoß seines Geliebten, bis sie nacheinander ihre Höhepunkte erreichten. Sie standen unter der Dusche und wuschen sich gegenseitig. "Ich versteh es nicht", kam es nachdenklich von Joey. "Was verstehst du nicht?", fragte Seto interessiert. "Heute Nachmittag, da wollte ich dich unbedingt in mir spüren und ... es war ein Fiasko. Beinahe wären wir deswegen nicht mal ausgegangen. Und das jetzt ... das war so wundervoll und so betörend. Da war keine Panik, keine Bilder ... nur purer Genuss", führte Joey verwirrt aus. Seto beugte sich zu ihm und küsste ihn sanft und zurückhaltend. "Soll ich dir verraten, was der Unterschied war?", flüsterte er ihm gegen das Rauschen der Dusche ins Ohr. Joey blickte ihn forschend an und nickte dann. "Die Stellung macht den Unterschied. Du erträgst es nicht, wenn du unten liegst", offenbarte Seto ihm und die Erkenntnis traf Joey wie ein Paukenschlag. Kapitel 190: Ungewohntes Interesse ---------------------------------- Kapitel 190 - Ungewohntes Interesse Die drei Wochen mit Seto, sowie mit seiner Familie war für Joeys Geschmack viel zu schnell vorüber gegangen. In diesen Wochen hatten sie Setos Theorie mit der Stellung mehrfach überprüft und ... sein Drache hatte Recht. Solange Joey nicht unten liegen musste -sei es rücklings oder bäuchlings - konnte er den Sex als empfangender Teil ertragen und sogar genießen. Mehr als einmal war Joey die Frage in den Sinn gekommen, ob das der Grund war, warum Seto die Reiterstellung oder eine Variante davon bevorzugte, wenn sie die Rollen zurücktauschten. Seit Seto ihm offenbart hatte, dass auch er Opfer von sexualisierter Gewalt geworden war hatten sie nie groß darüber gesprochen. Alles was sein Drache dazu immer zu sagen hatte war, dass er seine Therapie erfolgreich abgeschlossen hatte und es schon lange zurück liegen würde. Doch gerade der letzte Teil seines Arguments... Joeys Entführung lag jetzt anderthalb Jahre zurück und in diesen 18 Monaten war es so oft vorgekommen, dass ein Sinneseindruck die Macht gehabt hatte ihn zu triggern. Ihn zurück schleuderte und ihn in einen Zustand aus Panik und Angst versetzte. Warum schien Seto das so viel besser im Griff zu haben, als er? "Hey, Joey", hörte er hinter sich Justin rufen. Er blieb stehen, wandte sich um und sah den immer gutgelaunten, blonden Amerikaner. "Hi, Justin", grüßte er seinen Kommilitonen und reichte ihm die Hand, in die Justin einschlug. "Na, wie war dein Jahreswechsel?", fragte dieser, während sie ihren Weg zum Auditorium fortsetzten. "Gut, ich war mit Seto bei meiner Familie", meinte Joey gut gelaunt. "In Japan?", hakte Justin nach. "Nein, meine Familie lebt hier, in den USA", antwortete der blonde Japaner. "Echt? Seid ihr eingewandert?", fragte Justin weiter und irgendwie kam Joey dieses plötzliche Interesse an ihm und seiner Familie merkwürdig vor. Aber vielleicht war er auch einfach auf Grund seiner Erfahrungen etwas paranoid. "Mein Vater ist Amerikaner", klärte er seinen Studienfreund auf. "Er lebt im mittleren Westen." "Und deine Mutter ist Japanerin?", wollte Justin wissen. "Ja ... meine Mutter war Japanerin", kam es kurz angebunden von Joey und Justin verstand, dass er gerade in einen wunden Punkt getroffen hatte. "Aber du bist in Japan aufgewachsen?", schob er kurz vor dem Hörsaal als Frage nach. "Hm... ja, bin ich", meinte Joey kurz angebunden. "In Tokyo? Oder Kyoto?", hakte der andere weiter. "Ähm.. dazwischen. Meine Heimatstadt liegt in der Chūbu-Region", meinte Joey, als sie in den großen Raum mit den zahlreichen Staffeleien, die um ein kleines Podest angeordnet waren, eintraten. Joey ging zu seinem bevorzugten Platz und war überrascht, als Justin ihm folgte und die Staffelei neben ihm in Beschlag nahm. "Wie wär's, Joey, gehst du noch mit in die Mensa?", fragte Justin, nachdem ihr Kurs zu Ende gegangen war. "Ein bisschen Zeit überbrücken, bis zum nächsten Kurs ..." Überrascht blickte Joey zu Justin. Er hatte seinen neuen Stundenplan für das zweite Semester noch nicht im Kopf, also kramte er ihn aus seiner Umhängetasche und stellte fest, dass der nächste Kurs tatsächlich erst in einer Stunde los gehen würde. "Hast du auch Kunstgeschichte belegt?", fragte er irritiert Justin. Schon seit das Semester vor anderthalb Wochen begonnen hatte schien Justin ein größeres Interesse an ihm und ihrer Freundschaft zu haben. Vielleicht lag es daran, dass Justin vor Weihnachten Seto und ihn in diesem spektakulären Restaurant gesehen und dadurch erfahren hatte, dass Joey auch schwul war? Das war das einzige, was sich in der Zwischenzeit geändert hatte. Joey nickte also und sie schlenderten Richtung der Mensa. Dabei blickte Justin immer mal wieder über seine Schulter hinter sie. "Ist alles in Ordnung?", fragte Joey besorgt. "Jap ... alles Bestens", kam es hastig von Justin, der verlegen grinste. "Kennst du das Gefühl, dass du verfolgt wirst?" "Wer kennt das nicht?", gab Joey grinsend zurück. "Da hast du auch wieder Recht", meinte Justin und blickte wieder in die Richtung, in die sie wollten. Schließlich erreichten sie die Mensa und schauten sich die Auslage an. Die Mensa bot sowohl warme Essen, als auch Salate, Obst, Sandwiches, Snacks und Gebäck. Justin strebte, obwohl sie noch nicht ganz Mittag hatten zur Essensausgabe und schaute, was es gab. Dann begann er zu strahlen. "Es gibt Lasagne und Pizza in drei Ausführungen", rief er Joey zu, der sich ein Tablett nahm und sich zu ihm gesellte. "Das soll ja von dem Italiener hier in der Nähe kommen. Der soll sich einmal die Woche die Zeit nehmen hier für uns aufzutischen." Joey kannte den Italiener. Er war mit Seto ein paar Mal dort gewesen und selbst Seto war begeistert von der Qualität des Essens dort. Doch das der Koch dieses Restaurants einmal die Woche für Studenten kochen sollte, dass konnte sich der Blonde dann doch nicht vorstellen. Aber er ließ Justin seinen Glauben. Justin nahm sich von der Pizza, während Joey auf die Lasagne zurückgriff und sich dazu einen kleinen Salat dazu holte. Nachdem sie gezahlt hatten suchten sie sich einen ruhigen Platz, wobei Justin zielstrebig einen Tisch in der Ecke an der Fensterfront ansteuerte. Joey folgte ihm und setzte sich ihm dann gegenüber. Sie hatten kaum gesessen als überraschend Brian auftauchte. "Hey Jungs", begrüßte er die beiden und setzte sich neben Justin. Justin grinste über das gesamte Gesicht und hielt dem Älteren seine Pizza hin, von der Brian abbiss und die Brauen überrascht hochzog. "Scheiße, ist das gut", kam es von ihm, wobei er sich mit der Papierserviette die Mundwinkel entlang strich. "Ist von dem Italiener, hier ein paar Straßen weiter", meinte Justin überzeugt, bevor er selbst von der Pizza abbiss. "Müssen wir mal hingehen, was?", kam es grinsend von Brian, bevor er zu Joey blickte. "Und du hast die Lasagne? Ist die auch so gut?" "Denke schon", meinte Joey und lächelte höfflich. Es war nicht das erste Mal, dass Brian sich zu ihnen gesellte, wenn sie Zeit überbrückten. "Da ist er wieder", meinte Justin plötzlich aufgeregt, aber mit gedämpfter Stimme. "Wer?", fragte Brian ruhig und stahl sich noch einen Bissen von Justins Pizza. "Der Typ da mit der Sonnenbrille. Der verfolgt mich schon seit das Semester begonnen hat", meinte er zu ihnen. Brian und Joey blickten in die Richtung und Joey musste kurz schmunzeln. "Soll ich mal hingehen und fragen was das soll?", bot Brian an. "Nicht nötig, der folgt nicht Justin, sondern mir", klärte Joey kurz auf und nahm einen weiteren Bissen der Lasagne. "Dir? Ist das ein Stalker?", kam es besorgt von Justin. "Sollen wir die Campus-Sicherheit rufen?", fragte Brian ernst. "Nein, er gehört zu mir", meinte Joey abwinkend und legt die Gabel hin. "Wie zu dir? Das ist aber nicht dein Verlobter ... wie hieß er noch mal gleich?", wandte Justin ein. "Nein, das ist nicht Seto. Sein Name ist Touji", erklärte Joey erneut. "Er ist ... er gehört halt zu mir." "Was ist er? Ein japanischer Bond?", begann Brian zu scherzen, was Joey irgendwie sauer aufstieß. "Es ist kompliziert", meinte Joey kurz angebunden. "Habt ihr eine Dreiecksbeziehung?", hakte Justin nach und erntete einen schockierten Gesichtsausdruck von Joey. "Was? Nein. Ähm ... ich fühl mich nicht so gut, ich glaub ich mach für heute Schluss", meinte Joey und nahm sein Tablett mit der halb aufgegessenen Lasagne und brachte sie zum Rückgabefließband. Auf dem Weg sammelte er Touji ein, der nun neben ihm herlief. Justin und Brian sahen den beiden noch einen Moment verwundert nach und verstanden nichts. Kapitel 191: Party ------------------ Kapitel 191 - Party Joey blieb vor dem Studentenwohnheim stehen, dass in einem etwas größeren Wohnhaus auf dem Campus untergebracht war und in dem bereits jetzt die Hölle los war, und drehte sich noch einmal zu Touji. "Ich weiß nicht so recht", begehrte der Blonde erneut auf. "Meinst du echt, das so 'ne Studentenparty was für mich ist?" "Du bist ein Student und du hast jetzt anderthalb Semester Bestleistungen gebracht, also was spricht gegen etwas Spaß? Ich warte hier auf dich", erwiderte Touji beruhigend. Die Idee auf eine Party zu gehen war von Joey gekommen. Justin hatte ihn eingeladen, der in dem Studentenwohnheim hier wohnte. Doch als sie sich dann auf den Weg gemacht hatten, hatte Joey weiche Knie bekommen. Er war noch nie auf so einer 'richtigen' Party gewesen. Klar, zuhause in Japan hatte er mit seinen Freunden gelegentlich einen drauf gemacht, aber das war was anderes gewesen. "Hey, Joey, da bist du ja", hörte er auf einmal Justin, der gerade mit Brian ankam. Scheinbar hatten sie noch was für die Party besorgen müssen, die bereits im vollen Gang war. "Und du hast Touji mitgebracht." Joey hatte die beiden nie darüber aufgeklärt, dass Touji sein Personenschützer war. Das hätte nur zu weiteren Fragen geführt, die Joey nicht beantworten wollte. Also hatten Touji und er sich darauf geeinigt, dass Touji so eine Art großer Bruder war. Das das natürlich auch irgendwie komisch wirkte, dass ein großer Bruder ständig hinter seinem jüngeren her trabte, war Joey erst aufgefallen, nachdem er es laut ausgesprochen hatte. In Japan war es nichts ungewöhnliches Nicht-Verwandten mit Tantchen, Großmütterchen oder eben großer Bruder zu titulieren. Aber in den USA war das anders. Aber Joey wollte auch nicht zurück rudern. "Kommst du auch mit rein, Touji?", fragte Brian ihn überschwänglich, als er aus dem Auto ausgestiegen war und das kleine Metallfässchen geschultert hatte. Touji blickte ihn an, bemühte sich aber keiner Antwort. Er war bislang gut damit gefahren so zu tun, als würde er die englische Sprache nicht verstehen. "Nein, Touji wollte mich nur hier absetzen", übernahm Joey die Antwort, bevor er sich noch einmal an seinen Personenschützer wandte und mit ihm auf Japanisch weitersprach: "Oder möchtest du mit rein kommen? Alterstechnisch würdest du nicht sehr auffallen, lediglich die Sonnenbrille ist zu dieser Tageszeit etwas ... auffällig." "Ich werde hier warten und wünsche dir viel Spaß", wiederholte Touji erneut und lächelte sanft, um Joey zu ermutigend. Dieser seufzte kurz und ließ sich dann von Justin förmlich in das Haus ziehen, aus dem laute Musik auf die Straße drang. Im Haus selbst war es noch voller, als Joey befürchtet hatte. Es war fast wie in der Rush Hour in Japan, was ihm noch nie wirklich behagt hatte. Doch Justin zog ihn immer tiefer in das Labyrinth von ineinander verschachtelten Räumen und unzähligen Menschen. Er folgte Brian, der sich mit dem Fass einen Weg in den großen Aufenthaltsraum bahnte und es dort auf einen niedrigen Kaffeetisch abstellte. Sofort wurde er umjubelt. Die laute Musik dröhnte in seinen Ohren und irgendwer reichte Justin zwei Flaschen Bier, von denen er eine an Joey weiterreichte. Joey blickte die braune Flasche in seiner Hand nur skeptisch an, bevor er sie auf irgendeinen Beistelltisch abstellte. So langsam bahnte sich in ihm der Verdacht, dass er wohl eher der spießige Student war, der mit solchen Feierlichkeiten nicht wirklich was anfangen konnte. Er sah, wie ein Junge und ein Mädchen die Treppe lachend hochstiegen und sich dabei bereits gegenseitig die Oberteile aufknöpften. Scheinbar waren einige Klischees, die Joey aus Film und Fernseh kannte, doch wahr. "Hey, alles in Ordnung?", hörte er auf einmal Justin nah an seinem Ohr rufen. Zu nah. Joey zuckte zusammen und drehte sich erschrocken zu ihm. Der andere war von der Reaktion überrascht und sah ihn besorgt an. Dann nickte Joey. Etwas verbal zu rufen wäre sinnlos gewesen, die Musik übertönte alles, was nicht direkt am Ohr gesprochen wurde. Daher gestikulierte er nur auf sein Gehör und hoffte, dass Justin verstand. Dieser grinste ihn nur an und zog ihn dann an Brian vorbei auf die improvisierte und gerammelt volle Tanzfläche. Kurz sah sich Joey um, ob jemand Anstoß daran nahm, dass Justin mit ihm tanzen wollte. Doch scheinbar interessierte es absolut keinen und Joey begann sich zaghaft zu bewegen. Als Joey nach fast zwei Stunden den Weg zur improvisierten Bar fand stellte er fest, dass es kein Wasser oder sonst etwas ohne Alkohol gab. Auf der Theke standen dutzende Bierflaschen, Wodka, Tequila, Korn und jede Menge kleiner Fläschchen, die man wohl mit einem Schluck leeren sollte. Das einzig Gute an der Bar war, dass die Musik hier nicht so dröhnte und man sich tatsächlich verständigen konnte. "Na, amüsierst du dich, Joey?" hörte er eine Stimme dicht an seinem Ohr und zuckte erneut zusammen. Als er über seine Schulter sah, erkannte er Brian. "Sicher, du dich auch?", fragte Joey zurück. "Hm... Studentenparties sind immer gleich. Kennst du eine, kennst du alle", meinte Brian und lächelte dabei nur etwas wehmütig. "Suchst du was?" "Was zum Trinken", meinte Joey und das Lächeln von Brian wurde lockerer. "Da steht 'ne Menge direkt vor dir", meinte er nur süffisant. "Ja, ne... was ohne Alk wär spitze", erklärte Joey nicht ohne eine gewisse Verlegenheit. "Biste trocken?", fragte Brian offen, erkannte aber an Joeys verwirrtem Gesichtsausdruck, dass er den Begriff nicht kannte. "Warum denn nicht ein Bierchen?" "Schmeckt nicht", meinte Joey nur und gab seine Suche auf. "Schon mal eines getrunken?", fragte Brian weiter. "Sicher", gab Joey zu, was nicht mal gelogen war. Das Problem waren aber die Erinnerungen, die mit dem Bier verknüpft waren. Daher zog er es einfach vor diesen Geschmack nicht noch einmal auf seine Zunge zu lassen. Brian lachte plötzlich amüsiert auf. "Sag mal, kennen wir uns irgendwoher?", fragte der Ältere plötzlich. Joey sah ihn verwirrt an. "Klar, von Justin", antwortete Joey, der die Frage nicht ganz verstand. Wieder lachte Brian. "Nein, ich mein davor ... es kommt mir so vor, als ob ich dir schon mal vor dem Kennenlernen in diesem Restaurant begegnet bin", kam es von Brian. "Aber ich kann mich einfach nicht mehr daran erinnern, wo ich dich schon mal gesehen haben könnte." "Glaub, da irrst du dich. Vielleicht hast du mich ja mal im Vorbei gehen gesehen?", meinte Joey und lächelte nur höfflich. "Bist du sicher?", hakte Brian nach. "Bis letztes Jahr war ich noch nie zuvor in Amerika", erklärte Joey und fühlte sich zunehmend unbehaglicher. "Ich werd mal abhauen." "So früh schon?", kam es überrascht von Brian. "Jap, morgen kommt Seto und da will ich nicht übernächtigt sein", schob Joey als Grund vor. "Okay, soll ich dich heim fahren?", fragte Brian und nippte an seiner Bierflasche. "Trinken und fahren?", kam es skeptisch von dem Blonden. "Ist nur Bier", meinte Brian breit grinsend. "Lass mal gut sein, ich wohn nicht weit von hier", meinte Joey und wandte sich ab. Doch das durch die Masse bahnen war nicht so einfach. Auf einmal spürte er hinter sich erneut eine Präsenz und als er sich umdrehte sah er Brian. "Hab ich dich irgendwie beleidigt, oder so?", fragte der Ältere. "Alles okay, Alter", meinte Joey und versuchte voran zu kommen. "Sicher?", hakte der andere nochmal nach, doch seine Stimme wurde bereits von der Musik geschluckt. Als Joey endlich aus dem Haus kam war er erleichtert und atmete tief ein. Er hatte das Gefühl nach Qualm und Alkohol zu stinken. Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter und wirbelte erneut erschrocken um, doch dann erkannte er Touji vor sich. "Himmel, erschreck mich doch nicht so", kam es erschöpft von Joey. "Tut mir leid, das lag nicht in meiner Absicht", meinte Touji ehrlich, bevor sie sich dann auf den Heimweg machten. Kapitel 192: Einschneidende Veränderung --------------------------------------- Kapitel 192 - Einschneidende Veränderung "Nein, nein, nein ... wie kann das denn sein?", kam es verzweifelt von Joey, der durch das Haus rannte, Seto immer dicht hinter ihm. "Da muss man doch was tun können." "Ich hab alles versucht, Streunerchen", versicherte Seto ihm. "Das war nicht genug. Komm schon, du bist der große Seto Kaiba, da gibt's doch bestimmt noch einen Joker, den du ausspielen kannst", flehte Joey regelrecht. "Ich hab sogar einen Anwalt konsultiert. Wir können dagegen nichts tun", meinte Seto noch einmal beherrscht. "ABER DAS GEHT DOCH NICHT!", verlor der Blonde seine Fassung. Seto schob sich vor Joey, der wild im Raum umher getigert war, und schloss ihn in seine Arme, zog ihn an sich und hoffte, dass es seinen Streuner beruhigen würde. Doch die Verzweiflung schlug in Wut um und Joey versuchte sich aus der Umarmung zu winden. "Du musst ruhiger werden, bitte", kam es bittend von dem Jungunternehmer. "RUHIGER?", kam es entrüstet von Joey. "WIE DENN?" In seiner Not und Ratlosigkeit presste Seto seine Lippen auf die seines Verlobten und dieser erstarrte förmlich. Damit hatte er wohl nicht gerechnet und als sich Seto von ihm löste war er tatsächlich ruhiger. Die Wut war verraucht und Joey begann zu weinen. Seto hielt ihn fest in seinen Armen und versuchte ihn zu trösten. Nachdem sich Joey etwas beruhigt hatte saß er mit Seto und Touji am Tisch und trank Tee. Seine Augen waren immer noch gerötet. "Das ist doch kein Weltuntergang", versuchte nun Touji Joey zu trösten. "Wir haben doch gewusst, dass es früher oder später soweit sein würde." "Aber ich hatte auf später gehofft", murrte Joey trotzig. Dann sah er zu Seto. "Und du hast wirklich schon alles ausreizt?" "Ja, hab ich", meinte Seto betroffen. "Die Anwälte sagen, dass Touji jetzt zurück nach Japan muss und in frühestens sechs Monaten kann er erneut ein Visum beantragen." "Aber hast du ihnen auch die Situation erklärt?", hakte Joey nach. "Auch das hab ich, aber sie sagen, dass es auch amerikanische Personenschützer gibt, die wir bemühen können", erwiderte Seto. "ABER ...", wollte Joey erneut aufbegehren, als Touji ihm eine Hand auf die Schulter legte. "Du bist soweit. Du bist stark und mutig und es gibt nichts, wovor du dich hier in Amerika fürchten musst", sprach der Personenschützer vertrauensvoll auf ihn ein. Für Setos Geschmack etwas zu vertrauensvoll. Aber er sagte nichts. "Ich bin noch lange nicht so weit", wiedersprach der Blonde ein weites Mal. "Das... das haben wir doch auf der Party gesehen." "Du hattest zweieinhalb Stunden großen Spaß", rief Touji ihm in Erinnerung. "Sie waren mit auf einer Party?", hakte Seto nach. "Nein, er hat vor dem Haus gewartet", stellte Joey sofort richtig. "Und das hat mir überhaupt erst die Sicherheit gegeben hinzugehen. Ich wusste, dass du da warst und sollte etwas passieren würdest du mir helfen." "Joey", kam es ruhig, aber streng von Touji. "Dir wäre so oder so nichts geschehen. Ich weiß, du bist durch deine Erfahrungen vorbelastet, aber gelegentlich siehst du Dämonen, wo es keine gibt. Außerdem werden dann die Fragen aufhören." "Welche Fragen?", versuchte Seto wieder Anschluss an das Gespräch zu bekommen. "Wer Touji ist und warum er mir überall hin folgt", fasste Joey die Fragen zusammen. "Aber mir ist es egal, ob und wer fragt." "Streunerchen", hakte Seto erneut ein. "Egal, wie wir es drehen und wenden: In zwei Wochen wird Touji wieder nach Japan zurückkehren. Also lass uns das Beste aus der Situation machen und dich daran gewöhnen in Zukunft allein unterwegs zu sein." "NEIN", brauste Joey erneut auf und schlug auf den Tisch, was zur Folge hatte, dass ihm die Hand weh tat. Vorsichtig legte Touji seine Hand auf die schmerzende und gewann damit Joeys Aufmerksamkeit. "Wenn wir es nicht üben wirst du in zwei Wochen von jetzt auf gleich dieser Situation ausgesetzt sein", gab der Personenschützer zu bedenken. "Komm, du hast mich auf Kurzwahl und du bist nie weit von hier unterwegs. Wenn etwas ist und sei es allein Panik, rufst du mich an und ich bin sofort da. Du wirst sehen, in zwei Wochen wirst du ohne Probleme ohne mich auskommen." Joey presste seinen Kiefer fest aufeinander und kämpfte gegen das Gefühl der Hilflosigkeit an. Am nächsten Tag verließ Joey alleine sein Haus, während Touji und Seto am Fenster standen und ihm nachsahen. Obwohl Joey nur über die Kreuzung musste, um sein Ausbildungsort zu erreichen, sah er sich sieben Mal um. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und die Nervosität ließ nicht nach, als er endlich durch das Seitentor das gesicherte Gelände des Pratt Instituts betrat. Immer wieder schaute er hinter sich, konnte aber neben anderen Studenten, die geschäftig unterwegs waren, niemanden sehen, der ihn verfolgte oder beobachte. Dennoch hatte seine Nervosität ihn den gesamten Tag fest im Griff. Selbst einer Dozentin fiel auf, dass er das reinste Nervenbündel war und fragte ihn, ob alles in Ordnung sei. Danach beschloss Joey - nach nur der Hälfte seines Stundenplans - dass es für einen Tag genug war. Als er viel zu früh nach Hause kam erntete er verwirrte Blicke von Touji und Seto, doch das war ihm egal. Er ließ sich auf seine Couch fallen und nickte fast sofort vor Erschöpfung ein. Das ging bis zur Wochenmitte so, bevor er es schaffte die beiden Tage vor dem Wochenende seinen gewohnten Tagesplan vollständig zu absolvieren. Viel hatte er aus der Woche nicht mitgenommen und seine Arbeiten spiegelte seine Zerrissenheit und Nervosität wider. Er wollte das alles nicht, wollte das Touji einfach noch eine Weile bleiben konnte und ihn weiterhin begleitete. Doch auch am Wochenende ließen ihn Seto und Touji nicht in Ruhe. Da er die ganze Woche immer sofort nach seinem Unterricht nach Hause gekommen war, war er nicht zum Einkaufen gekommen. Das musste er nun erledigen. Alleine. Und er hasste es. Der Laden lag gerade die Straße hinunter an der nächsten Kreuzung, dennoch kam es dem Blonden eher wie ein Spießrutenlauf vor. Nach einer halben Stunde kam er zurück, mit zahlreichen Tüten, aber nur der Hälfte von dem, was er eigentlich auf seinem Zettel stehen gehabt hatte und jeder Menge von Kleinkram, der weder nahrhaft noch wirklich gutschmeckend war. Doch als Seto ihm das mitteilte konnte Joey nicht anders als wütend die Treppe hinauf zu stapfen und sich in seinem Atelier einzubunkern. Joey hätte es nie freiwillig zugegeben, aber die zweite Woche lief etwas entspannter, als die erste Woche. Dennoch bewahrte er sich eine Grundparanoia, die ihn dazu veranlasste immer wieder hinter sich zu schauen. Doch auch dieses Mal wurde er von niemandem verfolgt oder beobachtet. In seinen Kursen wurde er wieder etwas ruhiger, sehr zur Freude seiner Dozentin, die ihn in den praktischen Kursen förderte. Missmutig sah Joey auf die Anzeigetafel, die hoch über ihnen hing und ihnen mitteilte, zu welchem Terminal sie mussten. Seto hatte ihn an die Hand genommen und neben ihm lief Touji mit seinem Gepäck. "Ich geb schnell mein Gepäck auf", meinte der Personenschützer. Joey sah ihm hinterher und fühlte sich einfach elend. "Joey, freu dich doch für Touji. Er fliegt endlich nach Hause", meinte Seto behutsam zu ihm. "Ja, toll für ihn", kam es abweisend von Joey. Die ganze Zeit hatte er noch gehofft, dass Seto ein Wunder vollbringen würde und Touji doch noch drei oder sechs Monate bei ihm in Amerika bleiben durfte. Doch nun standen sie mitten auf dem JFK-Flughafen und Touji war drauf und dran aus seinem Leben zu verschwinden. Vielleicht - aber nur vielleicht - hatte er den Mann doch etwas zu sehr ins Herz geschlossen, aber immerhin hatte er ihn 18 Monate überall hin begleitet, ihn vor seinem Vater und dem Oyabun gerettet und beschützt. Er hatte alle Gefühls- und Stimmungsschwankungen stoisch hingenommen und immer gewusst, wie er ihn beruhigen musste. Eine Stunde später stand Joey mit Seto neben sich an einem großen Fenster und sah der Maschine der JAL zu, wie sie beschleunigte, vom Boden abhob und Touji mit sich davon trug. Kapitel 193: Wiedererkannt -------------------------- Kapitel 193 - Wiedererkannt Es war mittlerweile Ende April. Touji war nun vier Wochen schon zurück in Japan. Anfangs hatte Joey und er noch täglich geskypt, doch dann hatte Touji einen neuen Schützling bekommen und war nur noch am Wochenende erreichbar gewesen. Der Blonde wusste, dass der Kontakt zu Touji immer mehr einschlafen würde, bis er gänzlich abbrach. Er hatte mit Kai viel darüber geredet und erkannt, dass er sich vielleicht etwas zu sehr auf Touji verlassen hatte. Touji hatte Recht: Hier in den USA gab es niemand, der hinter ihm her war oder ihm etwas Böses wollte. Doch auch daran arbeitete er mit Kai. Joey trat einen Schritt von seiner Staffelei zurück und betrachtete sein Bild, an dem er arbeitete, aus etwas Distanz. Irgendetwas stimmte immer noch nicht ganz damit, aber im Moment kam er einfach nicht drauf, woran es liegen könnte. Seine Dozentin kam vorbei und stellte sich etwas hinter ihn und betrachtete das Bild. "Es wirkt voller Gefühle", meinte sie fachmännisch und Joey fragte sich, was das wohl für Gefühle waren, die sie darin erkennen wollte. Doch er fragte sie nicht. Die traditionelle Malausbildung gehörte in den ersten beiden Semestern einfach dazu, auch wenn Joey dem Malen mit Pinseln auf Leinwänden nicht viel abgewinnen konnte. Er freute sich auf das nächste Semester, welches im September begann und ihn endlich mit modernen Medien arbeiten lassen würde. Als die Dozentin weiterging beugte sich Justin zu ihm rüber. Seit der Party vor fast zwei Monaten hatte sich Joey ein wenig von ihm und seinem Freund zurück gezogen. Er fand, dass sie zu viel fragten und Brians 'Anmache' auf der Party selbst hatte Joey als unangebracht empfunden. 'Kennen wir uns irgendwoher?', hallte es erneut durch Joeys Kopf. Die älteste Anmache der Welt, zischte Joey gedanklich. "Da stecken wirklich viele Gefühle in deinem Bild", meinte Justin lächelnd. "So? Welche denn?", kam es mit einem leicht abweisenden Unterton. "Schmerz, Verlust, Trauer, hier könnte man gut Angst hineininterpretieren", antwortete Justin und zeigte mit dem kleinen Finger auf ein Segment von Joeys Bild. "Hast du sowas schon mal erlebt?" "Wer nicht", kam es kühl von Joey, der bemüht war seine Antworten so oberflächlich wie möglich zu halten. Noch ehe Justin etwas erwidern konnte beendete die Dozentin die Unterrichtsstunde und alle begannen ihre Sachen zu reinigen, wegzubringen und einzupacken. "Hey, Joey, wenn ich dich irgendwie vor den Kopf gestoßen haben sollte, dann tut es mir leid", kam es auf einmal von dem blonden Amerikaner und Joey blickte ihn überrascht an. "Wie kommste auf sowas?", hakte er nach. "Na ja, ich dachte eigentlich, dass wir einen ganz guten Draht zueinander haben, aber seit ein paar Wochen gehst du mir aus dem Weg", meinte Justin. "Wenn du mir sagst, was ich falsch gemacht habe, kann ich drauf achten es zukünftig zu vermeiden." Joey wandte sich zum Gehen als Justin wieder zu ihm aufschloss. "Alles gut, wirklich", meinte Joey. "Ja? Wie wär's dann, wenn wir gemeinsam in die Mensa gehen?", lächelte Justin ihn an. Joey hatte das Gefühl, dass er jetzt unmöglich einen Rückzieher machen konnte, nachdem er eben noch beteuert hatte, dass alles in Ordnung war. Also nickte er und bereute es in dem Moment, als er durch die offene Tür des Kunstraumes Brian vor dem Saal stehen sah. "Justin?", hörten sie hinter sich noch einmal die Dozentin rufen und drehten sich zu ihr. Sie gab dem blonden Amerikaner ein Zeichen, noch einmal zurück zu kommen. "Würdest du mit Brian schon mal voraus gehen, ich komme so schnell ich kann nach", bat ihn Justin plötzlich und Joey blickte ihn mit großen Augen an. Er hatte das Gefühl in eine Falle gelaufen zu sein, doch dann schüttelte er innerlich den Kopf. Das war pure, unbegründete Paranoia, also nickte er nur und sah Justin nach, während dieser zur Dozentin zurückkehrte. Dann verließ er den Kunstraum und trat zu Brian, der ihn freundlich anlächelte. "Hey", begrüßte der Ältere ihn. "Hallo", erwiderte Joey. "Justin musste noch mal zur Dozentin und meinte, wir sollen schon mal in die Mensa vorgehen." Brian nickte nur und sie verließen Seite an Seite das Gebäude, um sich dann in die Richtung der Mensa zu begeben. "Hab dich lange nicht mehr gesehen", meinte Brian. "War beschäftigt", war die kurze Antwort von Joey. "Womit denn?", fragte Brian neugierig nach. "Musste ein paar Sachen regeln", kam es nichtssagend von Joey. "Verstehe ... und wo ist dein Schatten abgeblieben?", hakte Brian weiter nach. Joey begann mit den Zähnen zu knirschen. "Ist beschäftigt", antwortete Joey ausweichend. "Okay", erwiderte Brian und sie gingen schweigend weiter. Als sie etwa die Hälfte der Strecke hatten, ergriff Brian erneut das Wort. "Ist 'Joey' eigentlich ein typischer japanischer Name?" "Was?", kam es verwirrt über das neue Gesprächsthema. "Na ja, Joey klingt sehr amerikanisch... ist das die Kurzform für einen japanischen Vornamen?", fragte Brian erneut. "Es ist die Kurzform für Joseph", antwortete Joey und ein Schauer lief ihm über den Rücken. "Das ist auch kein wirklich japanischer Name, oder?", meinte Brian schmunzelnd. "Was hast du denn erwartet?", hakte Joey mit einem Anflug von Genervtheit nach. "Keine Ahnung... so etwas wie Ken, Shinji oder ... Takumi", kam es von Brian, dessen Stimme sich gerade beim letzten Namen irgendwie veränderte und einen erneuten, unangenehmen Schauer über Joeys Rücken laufen ließ. "W... was?", kam es unsicher von dem Blonden. Brian begann kokett zu lächeln. "Mir ist wieder eingefallen, woher ich dich kenne", meinte der Ältere mit charmantem Unterton, den Joey als bedrohlich empfand. Lag es an seiner Paranoia? "A... ach wirklich?", kam es stotternd von Joey, der stehen geblieben war und wieder hinter sich blickte, aber niemand sonst sehen konnte. Auch Brian blieb stehen und wandte sich Joey zu. "Warum stellst du dich dumm? Ich finde nicht, dass man sich für die Darstellung in pornographischen Werken schämen muss", kam es von Brian, dem noch beim Sprechen auffiel, dass etwas in ihrer Konversation ganz und gar schief lief, denn Joeys Mimik begann zu entgleisen und sein Gesicht sich verlegen zu röten. "W... was?", wiederholte der Blonde erneut. "Hey, alles in Ordnung mit dir?", fragte Brian besorgt. "Ich muss jetzt gehen", kam es tonlos von Joey, der sich auf dem Absatz umdrehte und davon ging. Nach zwei, drei Schritten wurde aus dem Gehen ein Laufen und weitere fünf Schritte später rannte er, als sei der Teufel höchstpersönlich hinter ihm her. Dabei hörte er nur am Rande Brians besorgte Rufe nach ihm. Kapitel 194: Offenbarung ------------------------ Kapitel 194 - Offenbarung Joeys Panikanruf hatte Seto vor zwanzig Stunden erreicht. Seto wusste nicht, was geschehen war, denn Joey hatte nur panisch und hemmungslos in die Kamera geschluchzt. Scheinbar wollte er etwas sagen, doch die Worte waren einfach nicht zu verstehen. Also war Seto noch während dem Videoanruf aufgesprungen und losgeeilt. Dabei hatte er den offenen Laptop mit einer Hand getragen, während er mit der anderen Jack eine Nachricht schieb. Auf dem Weg zum Flughafen war die Verbindung auf Joeys Seite abgebrochen. Sofort hatte er versucht seinen Streuner anzurufen, doch es war kein Durchkommen möglich. Er landete direkt auf der Mailbox. Also hatte er Jack angerufen, der seinerseits alles hatte stehen und liegen gelassen und sich auf den Weg nach New York City gemacht hatte. Das Taxi war noch nicht ganz zum Stillstand gekommen, als Seto hastig ausstieg. Er reichte dem Fahrer durch das geöffnete Fenster einige Geldscheine und war sich sicher, dass es locker der dreifache Fahrpreis war, doch das war egal. Der Fahrer war seinem Wunsch, so schnell wie möglich das Fahrziel zu erreichen nachgekommen und hatte sich ein deftiges Trinkgeld verdient. Der Fahrer rief ihm noch nach, dass das viel zu viel sei, doch Seto war bereits die paar Stufen zur Haustür hinauf gestiegen, um diese aufzuschließen und in den Windfang hinein zu stürzen. Als er in den Wohnraum kam blieb er geschockt stehen, als er die Umzugskisten überall sah. Aus dem oberen Stockwerk hörte er Jacks ruhige Stimme, mit der er wohl auf Joey einredete. Doch die einzelnen Worte verstand Seto nicht. Er stellte seinen Notfallkoffer - den er Zuhause stets im Kofferraum seines Wagens hatte - ab und eilte die Treppe hinauf. Als er in ihr Schlafzimmer kam sah er zwei Koffer auf dem Bett, in die achtlos Klamotten geworfen worden waren. "Joey... komm schon, rede mit mir", hörte er Jack seinen Sohn bitten, bevor der Blonde aus dem Bad wieder ins Schlafzimmer kam und abrupt stehen blieb, als er Seto sah. Seine Augen waren gerötet und etwas geschwollen vom Weinen und die nächsten Tränen begannen gerade aus ihnen hervor zu quellen. Sofort eilte Seto zu ihm und schloss ihn in seine Arme. Joey ließ einfach alles fallen, was er gerade aus dem Bad geholt hatte, um es in die Koffer zu werfen und krallte sich an seinem Drachen fest. Es hatte fast eine Stunde gedauert, bis sich Joey wieder beruhigt hatte. Seto hatte ihn irgendwann zur Sitzecke im Schlafzimmer gezogen und Jack hatte sich auf Joeys andere Seite gesetzt. Als es abzusehen war, dass Joey sich langsam beruhigen würde war Jack in die Küche gegangen und hatte ihnen einen frischen Tee aufgebrüht, mit dem er zurück kam. Seto half Joey vom Tee zu nippen. Alleine hatte der Blonde die Tasse nicht halten können. "Ich... ich muss weiter packen", stammelte Joey erschöpft. "Warum musst du packen?", fragte Seto behutsam und machte keine Anstalten Joey loszulassen. "Weil ich meinen Kram nicht hier zurück lassen will", war die ernüchternde Antwort des Blonden. "Nein, ich meine, warum du dein Studium abbrechen möchtest?", hakte Seto noch mal neu nach. "W... weil... weil es nicht anders geht", kam es hin und her gerissen von Joey und eine weitere dicke Träne bahnte sich ihren Weg über seine Wange. Seto strich sie ihm vorsichtig weg. "Erklär es mir, Streunerchen", bat der Brünette. Wieder drängten sich weitere Tränen aus den Augen des Blonden, bevor er die Hände vor sein Gesicht schlug. Doch Seto wollte ihn sich nicht so aus der Sache zurückziehen lassen. Also griff er sanft nach den Händen und zog sie vom Gesicht. "Komm schon, Geliebter. Was ist vorgefallen, dass du Hals über Kopf und völlig aufgelöst diese Stadt verlassen willst?", fragte Seto ihn erneut. "Hat... dir jemand weh getan?" Joey presste sein Gesicht gegen Setos Schulter und schluchzte leise weiter. Seto sah ratlos zu Jack, der aber auch nur mit dem Schultern zucken konnte. Scheinbar hatte er in den Stunden, die er vor Seto hier angekommen war, nichts aus seinem Sohn heraus bekommen. Behutsam legte Seto seine Hand an Joeys Wange und brachte ihn dazu ihn anzusehen. "Die Gumi", schluchzte der Blonde nur. "Die Gumi?", kam es verwirrt von Seto. "Sie hat mir hier alles ruiniert", weinte Joey weiter. "Wie das? Sie sitzt doch in Japan im Gefängnis", merkte Seto sanft an. "Weil... WEIL...", Joey war regelrecht zerrissen. "Weil was, Joey?", fragte nun Jack besorgt. "WEIL SIE DIESE VIDEOS GEMACHT HABEN!", platzte es schließlich verzweifelt aus Joey. Als ihm klar wurde, dass er sein Geheimnis hinaus gespien hatte, sprang er von der Sitzecke auf und wollte aus dem Zimmer rennen. Doch er stolperte über den Kram am Boden und fiel auf seine Knie. Schluchzend und völlig verzweifelt krümmte er sich nach vorne und schlug kraftlos mit der Faust auf den hölzernen Boden. Seto und Jack wechselten einen Blick, standen dann auf und eilten zu Joey. Sanft umfingen sie ihn, doch Joey wollte sie von sich stoßen. Alles in ihm schrie danach, dass er sie wegstoßen müsste, bevor sie sich von ihm abwandten. Doch die beiden ließen sich nicht wegstoßen, weder durch die kraftlosen Versuche des Blonden, noch durch dessen Worte, die im Schluchzen völlig unverständlich waren. Dennoch hatten Jack und Seto ihn wieder zwischen sich genommen. Drückten sich eng an ihn. Er sollte spüren, dass sie nirgendwohin gehen würden. "Sssh, Streunerchen. Es ist doch alles gut. Komm, vertrau deinem Dad und mir", flüsterte Seto ihm sanft und voller Liebe ins Ohr. Joey presste sich erneut verzweifelt an ihn und weinte bitterlich. Er wollte so sehr daran glauben, dass sein offenbartes Geheimnis nichts zwischen ihnen ändern würde. Doch die Angst hatte ihn fest in ihrem Griff. Kapitel 195: Brian ------------------ Kapitel 195 - Brian Brian war nie ein Kind von Traurigkeit gewesen. Seit er mit dreizehn festgestellt hatte, dass er mit Mädels nichts anfangen konnte hatte er jeder Konvention der Gesellschaft getrotzt. Das hatte sich bis heute nicht geändert: Er ging gerne und oft aus. Sah er jemand, der ihm gefiel vergnügte er sich mit ihm in einem der Dark Rooms oder nahm ihn mit nach Hause. Jedoch niemals zwei Mal. Er führte keine Beziehungen. Seiner Ansicht nach war so etwas nur für 'Heten', die nach dieser strebten, um ihrem Nachwuchs ein stabiles Verhältnis bieten zu können. Dann gab es da auch noch Justin. Brian würde nicht soweit gehen zu sagen, dass Justin und er zusammen waren. Sie dateten sich immer mal wieder und Justin war der einzige, mit dem er öfters als einmal Sex hatte. Ihm war nur allzu bewusst, was für ein Klischee sie eigentlich waren: Er, der dreißigjährige Dozent für Gestaltung in der Werbung und Justin, sein jugendlicher Geliebter von gerade mal 19 Jahren. Sein Freundeskreis war am Anfang furchtbar schockiert über den Altersunterschied gewesen, doch mittlerweile war Justin in diesem ein akzeptiertes Mitglied. Einer Runde von homosexuellen Männern, die gerne feierten, ausgingen, sich vergnügten und für einander da waren, wenn man jemand zum Reden brauchte. Einen Kreis in dem es die unterschiedlichsten Typen gab, vom biederen Buchhalter, der in seinem Alltag niemanden auch nur ahnen ließ, dass er schwul war, über den netten Typen nebenan, der in einem der großen Supermärkte stellvertretender Filialleiter war, bis hin zum offen schwulen Friseur, der nebenbei vor der WebCam sein Einkommen mit Wichsen aufbesserte und in gewissen Kreisen eine Ikone geworden war. Für Brian war da nie etwas dabei gewesen, so dass er auch kein Problem darin sah Joey auf seine Porno-Karriere anzusprechen. Aber mit der Reaktion des blonden Halbjapaners hatte er nicht gerechnet. Die hatte ihn zutiefst erschrocken. Dazu kam, dass Justin ihm den Kopf abgerissen hatte, als er nachgekommen war und Joey nicht mehr da gewesen war. Brian hatte ihm von seinem Gespräch mit ihm auf dem Weg zur Mensa erzählt und Justin hatte - wie so oft - Brians fehlendes Taktgefühl kritisiert. Sie hatten abwechselnd versucht Joey anzurufen und versucht heraus zu finden, wo Joey wohnte. Doch alles was sie wussten war, dass Joey in der Nähe des Campus wohnte. Aber wo... das hatten sie nicht in Erfahrung bringen können. Also wählte Brian erneut Joeys Handynummer und hatte wie so oft in den letzten drei Tagen nur die Mailbox dran. Dass diese immer noch Nachricht aufnahm konnte nur bedeuten, dass Joey sie regelmäßig abhörte. "Hey Joey, hör mal, es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass ich das Thema angeschnitten habe. Ich wollte dich nicht brüskieren. Ich hab mir wirklich nichts Böses dabei gedacht. Also, wenn du das abhörst, wär ich dankbar, wenn du dich kurz bei mir melden würdest, okay? Bis dann", sprach er ein weiteres Mal auf die Mailbox und legte auf, gerade als es an seiner Tür klopfte. Er stand auf und ging zur metallenen Schiebetür, die in seinem Loft als Wohnungstür fungierte. Als er diese geöffnet hatte blickte er in unglaublich blaue Augen eines hochgewachsenen Japaners, der ihn kalt und missbilligend musterte. Er kannte den Typen, die Frage war nur, woher. "Mein Name ist Seto Kaiba, darf ich reinkommen?", stellte er sich vor und Brian dämmerte, woher er ihn kannte: Er hatte ihn vor Weihnachten mit Joey im 'The View' gesehen. Vor ihm stand Joeys Verlobten, der auf ihn ein wenig wie ein Yakuza wirkte. Dennoch trat er einen Schritt beiseite und ließ den Fremden eintreten. "Brian, richtig?", fragte der Brünette ihn, aber eigentlich klang es weniger wie eine Frage, als vielmehr wie eine Tatsache. "Uhm... ja?", kam es von Brian. Sein Gegenüber war jünger als er und dennoch umgab eine Aura von Macht den Japaner. "Ich bin Joeys ...", begann Seto, als Brian ihm ins Wort fiel. "... Verlobter, ich weiß", schloss der Ältere. "Gut", war alles was der Blauäugige sagte, während er in dem Wohnraum des Lofts herum ging, als wäre er in einer Kunstausstellung und würde sich in aller Ruhe die Exponate betrachten. Der Japaner war wütend, da war sich Brian sicher. "Geht es um Joey?", fragte Brian, als ihm bewusst wurde, wie dämlich seine Frage eigentlich war. Seto war stehen geblieben und schaute ihn musternd an. "Ja", meinte er einsilbig und mit frostiger Ausstrahlung. "Geht es ihm gut?", hakte Brian nach. Wieder ernte er einen vernichtenden Blick. "Nein", war wieder die einsilbige Antwort des Brünetten. "... Willst du mir sagen, was genau dich herführt oder soll ich Eintritt erheben?", kam es schließlich genervt von dem Älteren. Da kam Seto an seinem Regal mit den Porno-DVDs an und ging diese scheinbar durch, bis er an einer Stelle hängen blieb und Brian wusste genau, an welcher der DVDs er gestoppt hatte. Seto zog die DVD aus der Reihe und blickte nachdenklich auf das Cover. Da lag etwas in seinem Blick, dass Brian nicht einzuordnen wusste. "Weißt du eigentlich, dass Joey im Januar Geburtstag hat?", fragte Seto ihn. Verwirrt blickte Brian ihn an. "Viele Menschen haben im Januar Geburtstag", konterte er und wusste nicht worauf Seto hinaus wollte. "Aha... ja, dass stimmt allerdings", gab Seto zu. "Er ist dieses Jahr 19 geworden." Brian, der nicht verstand, was das nun mit Setos Besuch zu tun hatte wurde langsam ungeduldig. "Schön für ihn...", meinte er und wollte sich schon abwenden, als Seto ihm die DVD zuwarf. Er fing sie und begann langsam wütend zu werden. "Ich denke, du gehst..." "Was steht auf der Hülle, wann diese DVD entstanden ist?", fragte Seto. Brian schnaufte genervt, drehte die Hülle so, dass er die Rückseite sehen konnte und suchte nach dem Produktionsjahr. "Vor zwei Jahren", meinte er schließlich, als es bei ihm Klick machte. Er zog seine Stirn kraus und blickte dann zu Seto. "Da war Joey 17." "Ja... das war er", meinte Seto ruhig. "Er... hat sich prostituiert?", hakte Brian geschockt nach. Natürlich hatte er auch einige Bekannte in seinem Umfeld, die sich ebenfalls prostituiert hatten oder es immer noch taten. Aber keiner von diesen war Minderjährig dabei gewesen. "Nein", kam die schlichte Antwort von Seto und konnte sehen, wie seine Antwort Brian erneut verwirrte. "Was genau versuchst du mir da eigentlich zu sagen?", fragte Brian, der keine Lust mehr auf Ratespiele hatte. "Erzähl mir von dem Porno", fragte Seto ohne Brian eine Antwort zu geben. "Ist schon länger her, dass ich den hier gesehen habe", gestand Brian ein, dass er sich nicht mehr so genau erinnern konnte. "Die Yakuza hat 'nem Typen Geld geliehen. Als er es zurückzahlen soll kann er nicht, da nehmen sie seinen Sohn mit, damit er es abarbeitet... so oder so ähnlich ist die grobe Handlung." Seto zog die Augenbrauen hoch. Diese 'Handlung' war erstaunlich nah an der Wahrheit. "Also geh ich mal davon aus, dass der 'Sohn' nicht sehr kooperativ bei allem ist?", fragte Seto. "Kennst du das Filmchen nicht?", fragte Brian verwirrt. "Nein", gestand Seto einsilbig. "Hör mal, wenn du ein Problem damit hast, dass dein Verlobter solche Filmchen gemacht hat, dann ist das etwas zwischen euch und hat nichts mit mir zu tun", kam es schließlich von Brian, der völlig auf dem Holzweg war. "WENN Joey solche 'Filmchen' gemacht hätte, hätte ich kein Problem damit", erwiderte Seto mit einer unterschwelligen Schärfe, die Brian verwirrte. "Komm schon, red doch einfach mal Klartext. Was ist das Problem?", fragte Brian erschöpft. "Das Problem ist, dass du einen Kinderporno besitzt, der die Vergewaltigung meines Verlobten zeigt", meinte Seto kalt, nahm die DVD wieder an sich und verließ damit Brians Wohnung, der wie vom Blitz getroffen stehen blieb. Kapitel 196: Freundschaft ------------------------- Kapitel 196 - Freundschaft "Schatz... wir gehen jetzt aus diesem Haus und ich bring dich zu deiner Vorlesung", kam es geduldig von Seto, der einen unwilligen Joey an der Hand hatte. Doch dieser sträubte sich. "Ich geh da nicht mehr hin", meinte Joey bockig. Allein die Vorstellung, dass Brian und Justin möglicherweise anderen was von den Filmen erzählt haben könnte machte ihn kirren. "Wir haben darüber bereits diskutiert und festgestellt, dass nicht hingehen keine Option ist", widersprach Seto sanft. "Komm schon, Streunerchen..." In diesem Moment klopfte es an der Tür und beide sahen überrascht zur mehrfach gesicherten Haustür. Seto entriegelte die Tür und öffnete sie einen Spalt, so dass nur er zu sehen war. Vor der Tür stand Justin, der ihn hoffnungsvoll ansah. "Hey, ist Joey da?", fragte er ihn. Seto sah zu Joey, der hinter der Tür stand und wegsah. "Ähm... worum geht es denn?", fragte Seto leise. "Brian hat mir von deinem Besuch und eurem Gespräch erzählt", meinte Justin und Joey blickte entsetzt zu Seto. Also hatte Brian Justin erzählt, was Seto ihm anvertraut hatte und nun wusste es Justin auch. Seto schloss den Spalt durch den er mit Justin gesprochen hatte kurz und zog Joey sanft zu sich. "Hör nicht auf deine innere Stimme. Überleg nur, wie sie dich all die Jahre isoliert hat und die Angst davor geschürt hat, dass deine Freunde sich von dir abwenden würden, wenn sie es erfahren würde. Erinner dich, wie deine Freunde dich eines besseren belehrt haben", rief Seto ihm sanft in Erinnerung. Joey presste seine Lippen aufeinander, dann öffnete Seto die Tür wieder, so dass Justin herein kommen konnte. Langsam nahm Justin die Einladung an, schob sich an Seto vorbei ins Innere des Hauses und stellte erstaunt fest, dass Joey auch da war. Doch dieser mied den Blickkontakt zu ihm und schien sich trotzig von seinem Verlobten zu lösen und in den Wohnraum zu stapfen. Zögerlich folgte Justin ihm und sah, wie Joey weiter zur offenen Küche ging und dort den Wasserkocher aufsetzte. "Ähm... wie... wie geht es dir, Joey?", fragte Justin vorsichtig. "Blenden", kam es tonlos von dem blonden Japaner. "Ja, sieht man dir an", gab Justin zurück. Seto schloss zu Justin auf, der sich interessiert im Wohnraum umsah und die zusammengefalteten Kartons sah, die vor ein paar Tagen - bei Setos Ankunft - schon halb gefüllt waren. "Mistest du aus?", fragte er, um etwas Smalltalk zu betreiben und das Eis zu brechen. "Nein", meinte Joey einsilbig. "Was sollen dann die Kartons?", hakte Justin nach. "In irgendwas muss ich meine Bücher ja verpacken, wenn ich nach Hause gehe", meinte Joey und Seto griff sich an die Nasenwurzel, weil auch das eigentlich kein Thema mehr war. "Nach Hause? Willst du wegziehen?", kam es erschrocken von dem blonden Amerikaner. "Aber warum?" Joey hielt einen Moment inne. "Eigentlich soll er hier bleiben und sein Studium fertig machen", wandte Seto ein. "Alles andere würde er sich später nie verzeihen." Justin trat zu Joey in die Küche. "Hey, Joey... es tut mir wirklich leid, dass Brian so ein emotionaler Holzklotz ist. Er hat es wirklich nicht böse gemeint", meinte Justin leise. Joey nahm das aufgekochte Wasser und füllt es in drei Tassen, die er zuvor aus dem Schrank genommen hatte und mit Teeeiern bestückt hatte. Er schob eine der Tassen zu Justin, bevor er sich mit den beiden anderen Tassen von diesem abwandte und zu Seto ging, dem er eine der Tassen gab. Justin sah etwas ratlos zu Seto, während Joey sich auf die Couch setzte. Seto setzte sich neben seinen Verlobten und Justin schloss zögerlich auf. "Seit Seto ihn aufgeklärt hat, was auf der DVD zu sehen ist, ist er zutiefst betrübt darüber, dass er dich darauf angesprochen hat", erklärte Justin, nachdem er sich mit etwas Abstand neben Joey gesetzt hatte. "Ich weiß, dass macht das jetzt nicht wieder wett... aber wir beide wären gerne weiterhin mit dir befreundet." Überrascht blickte Joey zu ihm auf. Für ihn war das nicht nachvollziehbar. "Warum?", fragte er schließlich. "Warum nicht?", kam es verwirrt von Justin. "Hey, du bist ein cooler, lockerer Typ und ich dachte eigentlich, dass wir ganz gut miteinander befreundet sind. Das will ich nicht aufgeben. Und nur... weil Brian und ich jetzt diese eine Sache über dich wissen, heißt das doch nicht, dass du nicht mehr der bist, den wir kennen und schätzen gelernt haben." Seto lächelte zufrieden. "Wär es nicht gut auch hier jemand zu haben, mit dem du sprechen könntest... zum Beispiel, was für eine Nervensäge dein Verlobter ist?", flüsterte Seto ihm sanft ins Ohr. In Joey begann etwas zu arbeiten und schließlich nickte er. Vielleicht... hatte Seto recht. Justin begann erleichtert zu lächeln. "Kommst du mit in die Gruppe?", fragte Justin, als er aufstand und seinen Tee auf den niedrigen Tisch abstellte. Joey blickte zu Seto und dieser nickte nur lächelnd. "Ich hol dich später ab", meinte Seto sanft zu ihm und nahm Joey dessen Tasse aus der Hand. Nur langsam stand Joey auf und ging mit Justin zurück in den Windfang. Dort zog er sich eine dünne Jacke über, bevor er seine Tasche aufnahm. Doch bevor er mit Justin das Haus verließ eilte er noch einmal zu Seto zurück und küsste ihn sanft und voller Dankbarkeit. "Na, ist er doch zur Vorlesung gegangen?", fragte Jack, als er aus dem Gästezimmer kam, dass bis vor ein paar Wochen noch von Touji bewohnt gewesen war. "Ja, das Gespräch mit Justin hat ihm gut getan", meinte Seto ruhig. "Woher wusste er, wo Joey wohnt?", hakte Jack nach. "Hm... vielleicht... hab ich ihn gestern beim Einkaufen getroffen und bin mit ihm ins Gespräch gekommen", gestand Seto und schenkte Jack ein verschmitztes Lächeln. "Aber ich dachte, dass du diesen Brian auf dem Kicker hast?", kam es verwirrt von Jack. "Na ja, erst schon... aber als ich den Schock in seinem Gesicht gesehen habe, als ich ihm sagte, was auf der verdammten DVD zu sehen ist, wurde mir bewusst, dass er es nicht böse gemeint hatte", erklärte Seto. "Außerdem denke ich, dass die beiden ihm gut tun... immerhin haben sie es geschafft, dass er mit ihnen auf eine Studentenparty ging." "Du spannst für Joey ein soziales Netz hier in Amerika, damit ihn jemand auffangen kann, wenn wir noch auf dem Weg sind", stellte Jack anerkennend fest. "Das ist gut." "Das hier sollte Joeys schönste Zeit sein. Ich lass nicht zu, dass er sie aus falscher Scham heraus abbricht oder sich selbst zu einem Gefangenen macht", kam es ernst von dem Jungunternehmer. "Ja, die Studentenzeit soll eine schöne Zeit sein, aber glaub mir: Die schönste Zeit wird erst noch kommen, wenn ihr wieder zusammen lebt und euren Alltag gemeinsam bestreitet", kam es weise von Joeys Dad. Seto blickte ihn überrascht an und lächelte glücklich. Kapitel 197: Trotz allem ------------------------ Kapitel 197 - Trotz allem Joey lag in Setos Arm und schaute an die Decke des fremden Hotelzimmers, in dem sie lagen. Seit dem Zwischenfall mit Brian und der Erkenntnis, dass er einen der Filme mit Joey gesehen hatte wareneinige Wochen ins Land gezogen. Nachdem Brian und Justin bewusst geworden waren, dass es sich dabei nicht einfach nur um einen Porno gehandelt hatte, hatten sie aufrichtige Reue gezeigt und die Freundschaft zu Joey nicht abreißen lassen wollen. Sie hatten verstanden, wer Touji war und was seine Aufgaben gewesen waren und übernahmen einige dieser. So waren sie eigentlich immer zusammen unterwegs gewesen. Schließlich hatte Brian noch einmal ein Gespräch zum Thema DVD und ihrer Entstehung gesucht. Im ersten Moment hatte Joey wieder mit einem Fluchtimpuls reagieren wollen, doch Justin hatte ihn gebremst und ihm klar gemacht, dass es nichts gab, wofür er sich schämen musste. Nur zögerlich hatte er den beiden dann von dem Sommer vor zwei Jahren erzählt. Sie waren mehr als geschockt gewesen, doch sie hatten ihn dazu ermutigt, nicht länger darüber zu schweigen. Mittlerweile war es Sommer und Seto hatte sein Versprechen gehalten: Er hatte sich einige Wochen freigeschaufelt und war mit Joey auf Reisen gegangen. Nachdem sie bereits in Italien drei Städte besucht hatten befanden sie sich gerade in der Hauptstadt Frankreichs, der Stadt der Liebe: Paris. "Du, Seto?", flüsterte er in die Nacht, die durch ein gedämpftes Lichtchen erhellt war. "Hm?", kam es schläfrig von seinem Drachen. "Als... ich Dad und dir von den Filmen erzählt habe... da wart ihr gar nicht überrascht", merkte er langsam an. Seto öffnete seine Augen und die Müdigkeit war sofort verschwunden. Sanft zog er Joey mehr in seine Arme, so dass sie sich bequem anschauen konnten. Er lächelte sanft und strich seinem Streuner eine Strähne aus dem Gesicht hinters Ohr. "Waren wir auch nicht", gab er offen zu. "Ihr... ihr habt das schon gewusst?", fragte Joey zögerlich. "Ja", antwortete Seto mit ruhiger Stimme, den Blickkontakt zu Joey nicht abreißen lassend. "Seit... wann?", hakte der Blonde nach. "Seit dem ersten Weihnachten bei deinem Dad. Ich war damals noch einmal bei Serenitys Lehrer. Mir war es komisch vorgekommen, dass er dich für älter gehalten hat und hab bei ihm im Mülleimer die DVDs gefunden", erzählte Seto ehrlich. "DVDs? Plural?", fragte Joey. "Alle sechs Teile", spezifizierte Seto und sah, wie Joey Tränen in die Augen stiegen. Sanft strich er über die Wange. "Ich hab sie mitgenommen und deinem Vater gezeigt." "Ihr habt sie euch angeschaut?", kam es erschrocken von Joey. "Nein... haben wir nicht. Wir wollten nicht deine Privatsphäre verletzen", stellte Seto richtig. Joey kuschelte sich an seine Brust. "Also... hast du es die ganze Zeit gewusst... warum hast du nichts gesagt?", fragte Joey nach ein paar Minuten. "Weil ich nicht wollte, dass du das Gefühl hast, die Kontrolle zu verlieren. Wollte es dir überlassen, wann du mir davon erzählst", erklärte der Jungunternehmer und streichelte sanft über Joeys Rücken, der seinen Arm um ihn gelegt hatte. "Findest du es nicht schrecklich, dass da tausende DVDs von mir im Umlauf sind?", fragte Joey leise und hatte Angst vor der Antwort. "So viele sind das gar nicht mehr", meinte Seto gedankenverloren. Überrascht blickte Joey zu ihm auf. "Wie meinst du das?", wollte er wissen. "Jack und ich haben alle DVDs, deren wir habhaft werden konnten, aufgekauft und vernichten lassen", erzählte Seto mit einem sanften Lächeln. Überrumpelt von dieser Information starrte der Blonde seinen Drachen nur an. "Was? Das... das hat doch sicherlich Unsummen gekostet", wandte er flüsternd ein. "Das war es uns wert. Es sind nur noch Einzelexemplare vorhanden bei Käufern, die wir nicht ausfindig machen konnten", erklärte Seto weiter. "Also mach dir keine Gedanken mehr, Streunerchen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass du jemals wieder auf jemanden treffen wirst, der diese Filme gesehen hat." "Also... habt ihr alle vernichtet?", wiederholte Joey noch einmal gedankenverloren. "Bis auf die sechs DVDs, die ich damals diesem Lehrer abgenommen habe", berichtigte Seto erneut. "Warum hast du die nicht auch vernichtet?", wollte Joey wissen. "Ich weiß nicht so recht", gestand der Brünette. "Irgendwie dachte ich wohl, dass du sie vielleicht irgendwann mal mit Kai durchgehen möchtest, oder so." "Aha", kam es von Joey, der sich an die nackte Brust seines Liebsten schmiegte. Seto hatte also über ein Jahr schon die ganze Wahrheit gewusst und ihn trotz allem weiterhin geliebt... ihm sogar einen Antrag gemacht. Tränen bahnten sich ihren Weg und liefen ihm über die Wangen, bis sie auf die warme Haut seines Drachens tropften. Dieser blickte ihn erschrocken an. "Das war ein ganz dummer Gedanke, sobald ich nach Hause komme, werde ich sie auch vernichten", meinte dieser, da er dachte, dass es immer noch darum ging. "Ich hatte die ganze Zeit solche Angst, dass du nicht mehr mit mir zusammen sein wollen würdest, wenn du von den DVDs erfährst", schluchzte Joey leise. Sanft legte Seto seine Finger unter Joeys Kinn und hob dessen Blick zu sich. Voller Liebe lächelte er ihn an. "Dummes Streunerchen. Ich hab dir doch gesagt, es gibt nichts, was ich nicht von dir weiß und dass nichts meine Liebe zu dir ändern wird", kam es behutsam von Seto, bevor er sich zu Joey beugte und ihn leidenschaftlich küsste. Da erkannte Joey, dass Seto ihm schon bei ihrem Antrag gesagt hatte, dass er alles wusste, er es nur nicht verstanden hatte. Und so erwiderte er den Kuss voller Glück und Dankbarkeit, dass so ein wundervoller Mann, wie sein Drache, sein war und ihn trotz allem heiraten wollte. Kapitel 198: Vier Jahre ----------------------- Kapitel 198 - Vier Jahre Als die Oberklassenlimousine endlich vor der Villa hielt stieg Joey aus, blieb stehen, schloss seine Augen und zog die kühle, erfrischende Luft seiner Heimat tief in sich. Er war wieder Zuhause! Nun ja... in seinem ersten Zuhause, dass er in seinem Leben wirklich als solches betrachtet hatte. Nach vier Jahren in New York City betrachtete er auch das als seine Heimat, was der Grund dafür war, dass er sein Haus dort nicht wieder verkauft hatte. "Wow", kam es von Justin, der ihn etwas nach vorne drängte, damit auch er aussteigen konnte. Ihm folgte Brian. "Das hätte ich in Japan jetzt nicht erwartet: Ein Herrenhaus nach europäischem Vorbild." "Mein Adoptivvater stand auf europäische Kultur und Architektur", erwiderte Seto, der gerade durch die große Eingangstür trat. "Herzlich Willkommen in Japan." Dann trat er zu Joey, schlang seine Arme um ihn und küsste ihn, als hätte er ihn seit Wochen nicht mehr gesehen. Tatsächlich waren es nur einige Tage gewesen, doch er hatte früher nach Japan zurück gemusst, um einige Dinge in der Firma vorzubereiten. Joey erwiderte den stürmischen Kuss nur allzu gern und breit lächelnd. "Hallo, mein Drache... ich hab dich vermisst", meinte Joey in einem leisen, fast schon verführerischen Tonfall. Dann sah er, wie eine weitere Person heran trat und schob Seto einfach zur Seite. "Holy... Mokuba, bist du das?" Vor ihm stand ein fast so hochgewachsener 18jähriger Mokuba, mit kurz geschnittenem Haar, der aber noch genauso frech und breit grinste. Tatsächlich war das letzte Treffen fast sechs Monate her. An Weihnachten war er ihm nicht ganz so groß vorgekommen und vor allem hatte er noch seine Mähne gehabt. "Hatte einen Wachstumsschub. War schmerzhaft, hat sich aber gelohnt. Hab Seto fast eingeholt", meinte Mokuba fröhlich, wie eh und je. "Träum weiter, Kleiner", murrte Seto nur. "Serenity, Jack, Marcia und die Zwillinge kommen erst in ein paar Tagen an", informierte Mokuba den blonden Heimkehrer. "Schön... oh, wo hab ich meine Manieren. Moki, dass sind Brian und Justin. Leute, das ist Mokuba, Setos jüngerer Bruder. Aber Finger weg... der ist mit meiner Schwester zusammen", kam es gutgelaunt von Joey. Mokuba begrüßte die beiden. "Die anderen wollten heute Abend noch vorbei kommen und dich willkommen heißen", meinte Mokuba dann, während sie ins Haus gingen. Brian und Justin waren die ersten 'richtigen' Freunde, die Joey in Amerika fand und beinahe wäre die Freundschaft in die Brüche gegangen, bevor sie eine Chance gehabt hatte sich zu entwickeln. Durch einen unglücklichen Zufall hatte Brian eine der sechs DVDs gesehen, die die Gumi damals während Joeys Entführung aufgenommen hatten. Wäre es damals nach Joey gegangen hätte er fluchtartig New York City und die USA verlassen und davon gelaufen. Doch Seto hatte das nicht zugelassen und ein wenig interveniert. So hatten die Freundschaft eine Chance erhalten Bestand zu haben. Und das war auch gut so. Wie Joey heute wusste hatte Seto damals absolut recht gehabt: Wäre er davon gelaufen und hätte sein Studium abgebrochen, dann hätte er es bitterlich bereut. Durch Brian und Justin hatte Joey schließlich weitere Leute aus der schwulen Szene kennengelernt. Sie waren gemeinsam ausgegangen, was Joey am Anfang furchtbar schwer gefallen war, doch nach und nach hatte er mehr Selbstsicherheit aufgebaut. Und schließlich hatte er festgestellt, dass er nicht der einzige aus seinem amerikanischen Freundeskreis war, der Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht hatte. Irgendwann im vierten Semester hatte Joey angefangen einen Comic - oder war es ein Manga? - zu zeichnen. Am Anfang war seine Mentorin skeptisch gewesen, doch als sie die Thematik erkannte, um die es in dieser Graphic Novel gehen sollte, war sie durchaus aufgeschlossener. Joey hatte den ersten fertigen Band dann auch Kai als pdf geschickt und es Seto bei einem seiner Wochenendbesuche zu lesen gegeben. Es hatte ihn fast zerrissen, als er auf die Meinung der beiden gewartet hatte. Doch unterm Strich fanden sie es ein gutes Werk, mit dem Joey seine eigene Vergangenheit auf eine Weise aufarbeitete, die ihm mehr lag, als zu reden. Als er den Band Ende des sechsten Semesters zur Benotung seiner Mentorin vorgelegt hatte, hatte diese ihn gefragt, wie er auf die Storyidee gekommen war. Da hatte er ihr gesagt, dass er einfach seine Erlebnisse darin verarbeitet hatte. Sie war anfangs erst geschockt gewesen, doch dann hatte sie ihm ihren größten Respekt für diesen Mut ausgesprochen. Das hatte ihn soweit gestärkt, dass er ihr sogar seine alten Skizzenbücher aus der ersten Zeit nach der Entführung gezeigt hatte. Die Bilder schockierten sie erst, doch die Ausdrucksstärke imponierte ihr ein weiteres Mal und sie fragte Joey, ob er einige dieser Skizzen in einer Vernissage ausstellen wollte, die sie gerade organisierte. Anfänglich hatte er sofort abgelehnt. Doch als er Seto davon erzählt hatte, hatte dieser ihm Mut zugesprochen. Also hatte er noch einmal darüber nachgedacht. Diese Skizzen, die fast alle nach Albträumen entstanden waren, waren etwas extrem Privates und Joey war sich lange unsicher, ob er diese veröffentlichen wollte. Aber als sein Blick auf die selbstverlegte Graphic Novel fiel wurde ihm bewusst, dass es nichts gab, was er seinen Lesern nicht schon offenbart hatte. Also stimmte er doch noch zu. Zur Vernissage waren Seto und Honda, sowie Jack mit Marcia und Serenity gekommen, aber auch Brian, Justin und seine amerikanischen Freunde. Joey war so nervös gewesen und hätte beinahe vor der Eröffnung die Bilder wieder von der Wand genommen. Doch er musste feststellen, dass sie alle fest verschraubt waren. Aber dann hatte sein Drache ihn beruhigt und ihm Mut gemacht. Tatsächlich brachte ihm diese Studentenvernissage einen sehr positiven Bericht in einem Kunstkritikerblättchen, sowie den Kontakt zu einem Verleger, der so auf Joeys Graphic Novel aufmerksam wurde und sie landesweit publizieren wollte. Nachdem sie sich von der langen Reise erholt und ausgeschlafen hatten war Joey mit Brian und Justin aufgebrochen um ihnen seine Heimatstadt zu zeigen. Gegen Mittag schloss sich Seto an, den sie beim KC-Tower abholten. Dazu hatte Seto ihnen Besucherausweise an der Rezeption hinterlegt, so dass sie durch die Sicherheitskontrollen kamen. Brian und Justin waren vom Ausblick den Setos Büro bot regelrecht überwältigt, gehörte er doch mit zu den höchsten Gebäuden von Domino City. Joey erzählte begeistert von der Highschool, von Duel Monster, sowie den Turnieren im Königreich der Duellanten, so wie dem Battle City Turnier und der dazugehörigen Zeppelinfahrt. Als sie gerade das Büro verlassen wollten klopfte es und Mamoru Ejima kam herein, der sich freute Joey wieder zu sehen. Zwar waren sie die vier Jahre via Skype in Kontakt geblieben, da Joey hin und wieder etwas für ihn designt hatte, doch so von Angesicht zu Angesicht war es doch etwas anderes. Dann fragte sein ehemaliger Abteilungsleiter, wie die Chancen standen, dass ein so renommierter Künstler, wie es Joey jetzt wohl war, noch mal für ihn arbeiten würde. Joey hatte ihn halb geschockt angeschaut und gefragt, was er mit 'renommierter Künstler' meinte. Doch ehe er auch die Frage fertig gestellt hatte wurde ihm klar, dass Mamoru sein Werdegang verfolgt hatte und demnach sowohl von der Graphic Novel, als auch seiner Künstlerkarriere in den Staaten wusste. Sie waren gerade zu viert in ein Café eingekehrt und saßen im Außenbereich, um die angenehme Wärme frühsommerlichen Sonne zu genießen, als Joey seinen alten Namen hörte. "Joey Wheeler?", kam es von einem Mann, der ungefähr so alt wie Seto und er zu sein schien. Doch Joey konnte ihn nicht wirklich verorten. Natürlich wäre es möglich, dass er mit ihnen in einem Jahrgang an der Schule gewesen war und dass er ihn mit 'Wheeler' ansprach, passte auch dazu, denn er bezweifelte, dass außer seinen Freunde jemand von seinem Namenswechsel wusste. "Ja?", meinte Joey schließlich. "Josef Wheeler Junior?", hakte der Fremde noch einmal nach. Seto dämmerte es plötzlich, doch bis er was sagen konnte hatte Joey erneut bestätigt, dass er es war. Der Fremde griff in seine Innentasche und zog... einen Briefumschlag hervor, den er Joey in die Hand drückte. "Dieser Brief gilt hiermit als zugestellt. Ich wünsche noch einen wundervollen Tag", verabschiedete sich der Kurierzusteller, wandte sich ab und ging seines Weges. Etwas perplex sah Joey dem Typen hinterher und dann auf den Brief in seiner Hand. Da wollte wohl jemand sicher gehen, dass er diesen Brief erhielt. Als er ihn umdrehte erstarrte er, denn die Absenderadresse kannte er gut: Es war die seit viereinhalb Jahre unveränderte Adresse des Mannes, der ihn in seiner Kindheit und Jugend durch die Hölle geschickt hatte. Kapitel 199: Abschluss ---------------------- Kapitel 199 - Abschluss Joey konnte nicht glauben, dass er hier war. 'Hier' war in diesem Falle die Justizvollzugsanstalt in der seit viereinhalb Jahren der Mann einsaß, bei dem er aufgewachsen war. Der ihn nach der Scheidung von seiner Mutter begann zu missbrauchen, zu vergewaltigen, zu verkaufen und damit seine Schulde abzubezahlen. Dem er eine höllische Jugend, sowie eine einwöchige Entführung zu verdanken hatte, in der er sechs Tage lang vergewaltigt worden war und die Gumi alles schön aufgenommen und zu Pornos umgeschnitten hatten. Seine Hand ballte sich um seine Graphic Novel, die er mitgebracht hatte. Warum, dass wusste er selbst nicht so genau. Vielleicht als Zeichen für sich selbst, dass er all den Scheiß, den dieser Mann ihm angetan hatte, überwunden und hinter sich gelassen hatte. Aber warum saß er dann hier? Nervös blickte er auf seine Armbanduhr und stellte fest, dass er fast schon seit einer halben Stunde hier saß. Was dauerte das so lange den Alten aus seiner Zelle zu holen? Er blickte aus dem vergitterten Fenster auf den großen, weitläufigen Parkplatz vor dem Besuchereingang des Gefängnisses. Er konnte den Wagen sehen, in dem Seto, Honda, sowie Brian und Justin saßen und auf ihn warteten. Sie hätten ihn auch hier rein begleitet, aber die Regeln besagten, dass ein Gefangener nur einen Besucher empfangen durfte. Gerade als er begann die Geduld zu verlieren und aufstehen wollte, um dieses Wartezimmer zu verlassen wurde sein Name aufgerufen. "Joey Wheeler?", fragte der Mann mit dem Klemmbrett. "Ich heiße jetzt Joey Johnson", berichtigte Joey ihn. Doch der Beamte sah ihn nur desinteressiert an, ließ das Klemmbrett sinken und brachte Joey dann durch einen langen Gang in einen separaten Raum, in dem ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Sofa stand. Zwei Fenster mit Gitterstäben gewährten einen Blick auf die karge Landschaft, die das Gefängnis umgab. Als Joey sich zum Wärter umdrehen wollte, um zu fragen, was er hier sollte, hatte dieser sich schon wieder abgewandt und die Tür hinter sich geschlossen. Fassungslos blickte Joey die geschlossene Tür an. Dann blickte er sich im Raum um. Die Möbel waren alt und abgenutzt, teils ziemlich versifft. Aber es sah nicht nach einem gewöhnlichen Besucherzimmer aus. Seto hatte vor Jahren erzählt, dass er den Alten in einem großen Raum mit verschiedenen Besuchertischen als Kinderschänder geoutet hatte. Das entsprach hier gar nicht dieser Beschreibung. Dann hörte er, wie die Tür erneut aufging. Er wirbelte herum, bereit seinem persönlichen Monster die Stirn zu bieten, aber auf das, was sich ihm präsentierte, war er absolut nicht gefasst gewesen. Der Wärter, der ihn hier her geführt hatte, schob einen abgemagerten, übel zugerichteten Mann im Rollstuhl herein, dessen Haut einen gelblichen Schimmer hatte, ebenso wie die Augen. Der Wärter schob den Häftling an den Tisch, zog die Bremsen am Rollstuhl fest und verließ den Raum wieder. "Danke, dass du gekommen bist, Sohn", begann der Alte. "Ich bin nicht dein Sohn", widersprach Joey sofort und mehr automatisch, als gewollt. "Ja, stimmt... deine Schwester hatte mir so etwas bei ihrem letzten Besuch erzählt, aber solange du meinen Namen trägst, werde ich dich weiterhin Sohn nennen", entgegnete er. "Ich trage deinen Namen aber schon seit über vier Jahren nicht mehr", meinte Joey kalt. "Oh, verstehe... und welchen Namen trägst du nun?", fragte sein Gegenüber abgeschlagen. "Geht dich nichts an", kam es abweisend von dem Blonden. "Natürlich nicht. Verzeih bitte", kam es auf einmal ungewohnt demütig von dem Mann, der ein Päckchen Zigaretten aus seiner Brusttasche holte. Doch schon das schien ihn viel Mühe zu kosten. "Komm setz dich, bitte." Joey blieb stehen und sah dem Mann am Tisch zu wie er in quälend langsamen Bewegungen eine Kippe aus der Schachtel fummelte und sie sich zwischen die spröden Lippen steckte. Dann tastete er sich nach Streichhölzern ab. "Hast du mal Feuer?", fragte er, als wäre es das Normalste der Welt. "Bedaure", kam es nur kurz angebunden von dem Jüngeren. "Hach... schade, aber auch nicht wild", meinte der Ältere, nahm die Kippe und steckte sie zurück in die Schachtel. "Warum bin ich hier?", kam es schroff und ungeduldig von Joey. Joseph blickte langsam zu ihm auf und schien überrascht zu sein. "Ist das nicht offensichtlich?", fragte der Alte mit einer Spur Belustigung. Joey griff sich an die Nasenwurzel und kämpfte gegen die aufkommenden Kopfschmerzen und das Bedürfnis sich übergeben zu müssen an. "Auf deine Spiele hab ich keine Lust. Sag mir, was du zu sagen hast oder lass es bleiben", meinte Joey genervt. "Ich sterbe, Joey", kam es ruhig von dem Alten. Für einen Moment stand Joey wie vom Blitz getroffen dar und musterte den Mann vor sich im Rollstuhl, der kaum mehr als ein Schatten des Mannes war, der ihm früher so große Angst gemacht hatte. "Gut", kam es schließlich von dem Jüngeren. "Ich weiß, du meinst das nicht so", meinte Joseph in einem Anflug der Selbsttäuschung. Auf einmal flammte etwas in Joey auf. "Doch. Und wenn du mich fragst, kommt dein Tod 15 Jahre zu spät", fauchte Joey, während er seine Hände auf die Tischfläche schlug und sich halb über den Tisch stemmte. "Du bist ein Monster und du hast mir meine Kindheit und Jugend zur Hölle gemacht. Du hast mir meine Selbstachtung, mein Selbstwertgefühl und meine Unschuld geraubt." Während er seinen Vater anklagte wurde er immer lauter, bis er die letzten Worte förmlich schrie. "Und ich habe dafür gebüßt", schrie der Alte mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, zurück. Doch es war kaum mehr als lautes Sprechen. "Du hast einen Deal gemacht, damit du wegen allem möglichen angeklagt und verurteilt wurdest, außer dem Einzigen, was mich betraf. Wo also hast du gebüßt?", zischte Joey mit weiter schwelendem Zorn nach. "Du hast ja keine Ahnung, was ich durchmachen musste, Junge...", entgegnete der Mann fassungslos, "aber ich mache dir keinen Vorwurf." Als der Alte das ruhig hinterher schob lief das Fass endgültig über. "MIR? EINEN VORWURF? ICH WAR EIN KIND UND DEINE EINZIGE AUFGABE WÄRE ES GEWESEN MICH ZU BESCHÜTZEN!", schrie er ihn fassungslos an. "Es gibt nichts, dessen ich mich schuldig gemacht habe. Das zu erkennen hat mich zwei Jahre Therapie gekostet, sowie die Geduld und die Liebe meiner Freunde, meiner Familie und meines Verlobten. Alles was du mir immer eingetrichtert hast, war Bullshit. BULLSHIT." Dann begann er sich wieder zu besinnen, richtete sich auf und strich sein Hemd glatt. Er sah auf sein privates Monster hinab. "Ich werde deinen Tod nicht bedauern, alter Mann. Höchstens, dass er dich schon so früh ereilt. Gerne würde ich dir noch etwas mehr die Gastfreundschaft dieses Ortes wünschen", schob er schließlich ruhig nach. "Seit dein feiner Freund...", setzte der alte Wheeler an. "Mein Verlobter", berichtigte Joey sofort scharf. "...mich hier zuletzt besucht hat ist das hier die Hölle. Ich hab keine ruhige Minute mehr. Ständig sitzt mir die Gefahr im Nacken, dass mich die anderen packen und dann tun sie mir unaussprechliche Dinge an", berichtete der Alte verzweifelt. Joey ging um den Tisch und beugte sich dann zu dem Ohr des Mannes, den er so verachtete. "Gut... dann erlebst du das, was du mir angetan hast. Fühlst... was ich gefühlt habe, wann immer ich nach Hause kam und da zwei 'Freunde' saßen, die noch Geld von dir kriegten. Ich hoffe, deine 'Freunde' nutzen die verbleibende Zeit noch voll und ganz", flüsterte er ihm ins Ohr, bevor er sich wieder aufrichtete und den Raum verließ. Doch bevor die Tür zufiel hörte er noch einmal seinen Vater, der versuchte ihm hinterher zu rufen. "Nein,... das ist alles falsch... du musst mir doch vergeben... ich sterbe, Sohn... du musst mir vergeben und ich werde dir vergeb...", doch der Rest wurde von der zufallenden Tür geschluckt. Als Joey das Gebäude mit den Besucherräumen verließ war ihm trotz der sommerlichen Hitze kalt. Schweiß rann ihm über die Stirn und ließ sein Hemd an seinem Oberkörper kleben. Mit staksigen Schritten verließ er das umzäunte Gelände der Justizvollzugsanstalt und ging auf das Auto zu. Noch ehe er es erreicht hatte stiegen seine Freunde und sein Verlobter aus. Gerade als Seto ihn in seine Arme schließen wollte ging Joey hastig an ihm vorbei, beugte sich hinter das Auto und musste sich übergeben. Überwiegend bestand das Erbrochene aus Magensäure und Gallenflüssigkeit, da er den ganzen Tag nichts runter bekommen hatte. Justin und Brian waren schockiert von dieser heftigen, körperlichen Reaktion ihres Freundes. Doch Seto und Honda waren vorbereitet. Honda öffnete gerade eine kleine Flasche Wasser und reichte sie Joey, der sich damit den Geschmack und die Reste aus dem Mund spülte und auf das Erbrochene spuckte. Seto hielt ihm ein kleines Handtuch hin, mit dem Joey sich den Mund äußerlich trocknete. "Lasst uns gehen. Hier gibt es nichts mehr, was mich interessieren müsste", meinte Joey mit gebeutelter Stimme, während er auf den Rücksitz einstieg. Honda nahm Seto den Schlüssel für den Wagen ab, so dass Seto bei Joey sitzen konnte. Als Brian und Justin ins Auto stiegen lachte Joey hemmungslos und sie starten fragend zu Seto, ob das ein Nervenzusammenbruch war. "Ich hab Hunger, lasst uns was essen gehen", kam es schließlich von Joey. Seit seinem Besuch waren sechs Wochen vergangen. Brian und Justin waren längst wieder zurück in New York City und lebten ihr Leben und auch seine Familie war wieder nach Hause gefahren. Joey konnte nicht sagen was es war, aber nach dem Gespräch mit dem Alten hatte er sich endlich frei gefühlt. Vielleicht lag es daran, dass das Bild des Monsters durch das dieses alten, kranken, schwächlichen Schattens ersetzt worden war. Oder, dass er zum ersten Mal diesem Menschen ins Gesicht sagen konnte, was er ihm angetan hatte. Er hatte kein Mitleid mit dem alten Wheeler. Vielleicht hatte er moralisch nicht richtig reagiert, aber wie hätte er sonst reagieren sollen. Dieser Mann hatte absolut keine Einsicht gezeigt... keine Erkenntnis... keine Reue... Es klingelte an der Haustür. Er stand auf, legte sein Buch weg, indem er gelesen hatte, und ging zur Tür. Mokuba und Seto kamen aus anderen Richtungen und sie mussten lachen. Dann öffnete Joey die Tür. "Joey Wheeler?", fragte der uniformierte Mann vor der Tür. "Ich heiße jetzt Johnson", meinte der Blonde ernst. "Verzeihen Sie bitte, das stand hier nicht", meinte der Mann. Dann hielt er Joey ein Klemmbrett und ein Stift hin. "Würden sie den Empfang bitte hier quittieren?" "Welchen Empfang?", fragte Joey verwundert. Der Mann trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf eine größere, in braunem Packpapier eingewickelte Kiste preis. "Ich erwarte nichts in der Größenordnung. Von wem kommt die denn?" Der Mann seufzte leicht, zog sein Klemmbrett vor das eigene Gesicht und lass den Absender ab: "Von der Justizvollzugsanstalt". Joey blickte zu Seto, dann zu dem Postangestellten. "Ich verweigere die Annahme", meinte Joey. "Joey...", kam es plötzlich von Mokuba. "Bist du dir sicher?" Joey blickte zu Seto, der näher kam und einen Arm um seinen Streuner schlang. Er wusste, dass Seto immer hinter ihm stand, egal wie er sich nun entschied. Also hielt er seine Hand fordernd dem Beamten entgegen, der ihm das Klemmbrett gab, so dass er den Empfang quittieren konnte. Dann ging der Mann zurück zu seinem Fahrzeug, stieg wieder ein und fuhr davon. "Was sollen wir jetzt damit machen?", fragte Mokuba. "Verbrennen", meinte Joey. "Ich spiel sein Spiel nicht länger und es interessiert mich auch nicht was da drin ist." Mit diesen Worten wandte sich Joey ab und ließ die beiden Brüder mit der Kiste, in denen die Urne des alten Wheelers, so wie die wenigen Habseligkeiten, die dieser in seiner Zeit als Insasse der Justizvollzugsanstalt angehäuft hatte, alleine. Kapitel 200: Joeys steiniger Weg -------------------------------- Kapitel 200 - Joeys steiniger Weg Joey saß am Pool, seine Hosenbeine bis über die Knie hochgekrempelt und ließ seine Füße und Unterschenkel entspannt im kühlen Nass treiben. Die drei oberen Knöpfe seines Hemdes waren offen und die laue Brise des beginnenden Abends strich durch die Blätter der hier gepflanzten Deko-Sträucher und -Bäume. Er konnte es immer noch nicht glauben hier zu sein. "Joooey", hörte er plötzlich eine freudige Stimme, die rasch auf ihn zukam. Er musste lachen, als er erkannte, dass Justin nichts von seiner Energie und seinem Lebensfrohsinn verloren hatte. Dann wurde er auch schon stürmisch umarmt, während Brian eher gemäßigt nachkam. "Hey, Leute. Schön, dass ihr kommen konntet", begrüßte Joey die beiden. Dann sah er bereits die anderen Mitglieder seines amerikanischen Freundeskreises, die an Brian vorbeistürmten und ihn dann auch herzlich begrüßten. "Hach, das ist einfach traumhaft hier", kam es von Memmett, der schon immer der etwas tuckige von ihnen gewesen war und sich selbst oftmals als Tunte bezeichnete. Alles an ihm schrie einem förmlich ins Gesicht, dass er schwul war: die Kleidung, die Körpersprache, die nasale Art zu sprechen. Er hatte Joey viel dazu vermittelt, zu sich selbst und der eigenen Homosexualität zu stehen. "Danke für die Einladung", kam es von Nike, der vom Typ her der nette Nachbar von neben an war und durchaus auch als Hete durchgehen konnte. Er strahlte Joey auf seine sympathische Art an, während er ein Arm um Brian schlang. Die beiden kannten sich schon seit der Junior-Highschool und waren beste Freunde. "Ich hab zu danken, dass ihr alle gekommen seid", meinte Joey, während er seine Füße aus dem Becken zog und aufstand. "Hey, wenn man schon mal eine Reise nach Hawaii spendiert bekommt, dann sagt man nicht nein", meinte Ed, der es scherzhaft meinte, aber oft nicht witzig rüber kam. "Das kannst du übrigens auch in Japan von der Steuer absetzen." Joey musste amüsiert lachen. Ed: Buchhalter durch und durch. "Und Süße", meinte Memmett, der grundsätzlich alle schwulen Männer mit 'Süße' ansprach und von sich und seinen Freunden als 'Mädels' redete. "Wo ist der glückliche Bräutigam?" Als wäre es abgesprochen kam Seto just in diesem Moment von der anderen Seite in den Bereich des Außenpools, begleitet von seinem Bruder und Joeys japanischen Freundeskreis. Joey stellte alle einander vor und war glücklich, als er sah, dass sie sich auf Anhieb gut verstanden und seine beiden Freundeskreise direkt zu einem verschmolzen. Seto legte ihm einen Arm um die Schulter, zog ihn etwas näher zu sich und küsste ihn sanft. "Siehst du", flüsterte er sanft. "Was hab ich dir gesagt: Freunde von dir, sind auch stets miteinander kompatibel." Joey schmunzelte glücklich, als ihre Trommelfelle plötzlich aufs äußerste strapaziert wurden, als Serenity quietschend in den Außenbereich gerannt kam und direkt in Joeys Arme stürmte. Schon bei der Verlobungsparty war sie für einige langanhaltende Tinnitus verantwortlich gewesen. Doch das war erstmals zweitrangig, denn Joey schloss seine Arme um seine Schwester und drückte sie fest an sich. Ihr folgten Jack mit Marcia und den mittlerweilen 12jährigen Zwillinge, die - kaum das sie Joey sahen - sich nicht mehr beherrschen konnten und ebenfalls auf den Blonden zu rannten. Mit Schwung sprangen sie ihm um den Hals, was dazu führte, dass Joey sein Gleichgewicht verlor und samt seiner drei Geschwister rückwärts in den Pool fiel. Als sie wieder auftauchten musste er herzhaft lachen, was alle anderen auch ansteckten. Warme, starke Arme umschlangen Joey von hinten, als er aus der Dusche stieg und sich die erst kürzlich geschnittenen Haare trocken rubbelten. Genussvoll brummte der Blonde, schloss vertrauensvoll die Augen und lehnte sich an die starke Brust, die hinter ihm war. "Bist du aufgeregt?", fragte Seto sanft in sein Ohr. "Ein wenig", gestand Joey mit einem sanften Lächeln. "Ist das gut oder...", wollte Seto vorsichtig wissen. "Das ist gut... sehr gut", erwiderte Joey glücklich und nun lächelte auch Seto beruhigt. Joey wandte sich in der Umarmung und küsste seinen noch-Verlobten. Als ihr Kuss endete blickte er glücklich in die blauen Edelstein-gleichen Augen seines Drachens. "Es ist so surreal... das wir tatsächlich hier sind und es tun werden", meinte Joey leise zu Seto. Dieser schmunzelte und strich seinem Streuner eine Strähne aus der Stirn. Er wusste, was dieser meinte. "Ich hab immer von dem hier geträumt", gestand Seto. "Noch bevor wir zusammenkamen." "So? Und entspricht es ein wenig deinem Traum?", hakte Joey interessiert nach. "Nein... nicht ein wenig... das Hier und Jetzt übertrifft alles, was ich zu träumen wagte", erwiderte Seto überglücklich. Dann küsste er Joey noch einmal inniglich und zog ihn sanft zum Bett. Dort verwöhnte er seinen blonden Streuner nach allen Regeln der Kunst, obwohl er damit ihrer Hochzeitsnacht vorgriff. Doch das spielte in diesem Moment keine Rolle. Alles was in diesem Augenblick zählte war ihre Liebe. "Man, du siehst aus, als ob du die ganze Nacht kein Auge zugemacht hättest", tadelte ihn Serenity vorwurfsvoll, während sie sein Gesicht puderte. "Hab ich auch nicht", gestand Joey. "So aufgeregt gewesen?", hakte sie sanfter nach. "Nein…", kam es mit einem verschmitzten Lächeln, dass sie ohne weiteres Wort verstand, grinste und ihm gegen die Schulter boxte. "Das solltet ihr euch doch für diese Nacht aufheben", schimpfte sie gespielt empört. "Sorry, Schwesterchen, aber er war einfach so heiß, dass ich naschen musste", grinste Joey glücklich über beide Ohren. Sie seufzte gekünstelt schwer. "Schwule… denken immer nur mit ihren Schwänzen", meinte sie auf ihre, mitterlweile angeeignete, amerikanische Art. Er musste auflachen. "Nitty… wo hast du das denn her?", fragte er sie amüsiert. "Was? Stimmt es etwa nicht?", fragte sie unschuldig. "Und du warst heute Nacht in deinem Zimmer?", hakte er themenwechselnd nach. "Natürlich", meinte sie vorbildlich lächelnd. "Und Mokuba?", bohrte der Blonde weiter. "Der war auch in meinem Zimmer", kam es breit grinsend von Serenity. Nun war es an Joey schwer zu seufzen. "Heten, nichts als Sex im Kopf", versuchte er Serenitys Stimme von ihrem Vorwurf nachzuahmen. Dann brachen sie beide in Gelächter aus. Seto stand nervös am Strand unter einem breiten Rosenbogen, der mit weißem Stoff und bläulichen, sowie rosa Rosen geschmückt war. Er trug einen traditionellen Hochzeitskimono für Bräutigame. Hinter ihm stand mittig im Bogen ein shinto-buddhistischer Priester, er breit lächelnd dastand und hier auf Hawaii ansässig war. Die Gäste der Hochzeit saßen auf Klappstühlen in mehreren Reihen vor Seto und warteten gespannt. Dann erklang leise, japanische Musik und dann wurde Joey von seinem Dad den Gang zwischen den Stühlen herunter geführt. Auch er trug einen traditionellen Hochzeitskimono, der farblich passend zu Setos gestaltet war, so dass sich beide perfekt ergänzten. Auch Joey strahlte über das gesamte Gesicht. Jack wirkte unglaublich stolz, dass er die Ehre hatte seinen Sohn zu seinem zukünftigen Ehemann zu führen. Als sie ankamen umarmte er Joey noch einmal und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, bevor er sich zu Marcia, den Zwillingen und Richard begab. Serenity stand neben Joey am Bogen und war seine Trauzeugin, während Mokuba diesen Dienst für seinen Bruder übernommen hatte. Die Party war im vollen Gange. Nach der traditionellen Zeremonie an dem nicht ganz so traditionellen Strand hatten Joey und Seto sich umgezogen und etwas nicht ganz so sperriges angezogen, so dass sie mit ihren Gästen feiern und tanzen konnten. Die Stimmung war ausgelassen und heiter. Irgendwann hatte sich Joey von der Tanzfläche gestohlen und war einige Schritte in die mittlerweile über sie hereingebrochene Dunkelheit geschritten. Er ließ sich einige Meter von der Feier in den Sand des eindrucksvollen Strandes fallen und sah auf das dunkle Meer in dem sich der volle Mond spiegelte. Noch vor sieben Jahren schien Joeys Leben ein einziger Albtraum. Sein Vater – beziehungsweise der Mann, von dem alle dachten, er sei sein Vater – sparte nicht mit Prügel, Misshandlungen, Erniedrigungen und Schmerzen. Nicht selten hatte er sich an dem Blonden vergriffen und ihn sogar als Bezahlung für Schulden Männer überlassen, die alles mit ihm tun durften. Nicht selten hatte sich Joey damals immer wieder in eine stille Ecke des Parks bei seiner Schule gerettet und dort genächtigt. Dann war der Tag gekommen, an dem ihn dieser Fremde so gemustert hatte, nachdem er am Vorabend einer erneuten 'Verpflichtung' zur Tilgung der Schulden seines Vaters entkommen war. Plötzlich war Seto aufgetaucht und hatte ihn gestichelt, so wie es damals eben ihre Art gewesen war. Damals hatte Joey nicht geglaubt, dass es sich um einen Wendepunkt in seinem Leben handeln würde. Er war nur widerwillig mit Seto mitgekommen, als dieser ihn mit zu seiner Villa nehmen wollte. Dort war er vor Erschöpfung zusammengeklappt und hatte fast vier Wochen im Koma gelegen. Als er aufgewacht war, war es als wäre er in einer anderen Dimension gelandet: Plötzlich erzählte ihm seine Schwester, dass der Fremde aus dem Park ihr beider Vater war und Seto hatte ihm seine Liebe gestanden. Als Joey entlassen worden war nahm Seto ihn mit zu sich und er konnte sich endlich wieder auf die Schule konzentrieren. Nach dem Abschluss war sein lang gehütetes Geheimnis schließlich aufgeflogen und er hatte Seto alles erzählt. Dieser wollte ihm helfen sich von seinem Vater loszusagen, doch dabei waren sie in eine Falle geraten, die nichts weniger als Joeys Entführung zur Folge hatte. Eine Woche war er durch die Hölle gegangen, bevor die Gumi ihn wieder gehen ließ und die Schulden seines Vaters als abgegolten betrachtete. Honda war ihnen damals eine große Hilfe gewesen. Er war für ihn da gewesen und hatte ihm dabei geholfen die traumatische Erfahrung zu bewältigen und zwischen Seto und ihm zu vermitteln. Dann kam der Job bei Kaiba Corp, das erneute Auftauchen des alten Wheelers und dessen Festnahme. Doch statt Gerechtigkeit zu erfahren machte der einen Deal mit der Staatsanwaltschaft, der es gelang die gesamte Gumi hops zu nehmen. Parallel baute Joey eine Beziehung zu seinem leiblichen Vater auf, durfte dessen Familie und seine Halbgeschwister kennenlernen und zum ersten Mal amerikanische Luft schnuppern. Während er bei der KC arbeitete und sich auf seine Unizeit vorbereitete absolvierte der Blonde eine Therapie mit dem besten Psychologen der Welt. Selbst nach seinem Umzug nach Amerika blieb Kai sein Therapeut und setzte seine Behandlung via Skype fort. In Amerika fand Joey dann neue Freunde und avancierte zu einem gefragten Nachwuchskünstler. Doch all der Erfolg hielt ihn nicht in Amerika. Nachdem er sein Studium erfolgreich abgeschlossen hatte war er zurück nach Japan gekehrt, hatte dort erneut bei KC angefangen zu arbeiten und hatte sich auch in seiner Heimat einen Namen als Künstler gemacht. Seine Graphic Novel war schlussendlich auch in Japan verlegt worden und mit Setos Hilfe hatte er eine Schutzorganisation ins Leben gerufen, an die sich Kinder und Jugendliche wenden konnten, wenn sie sich in einer Situation befanden, aus der sie alleine und ohne Hilfe nicht mehr heraus kamen. Warme Arme umschlangen ihn liebevoll von hinten und Setos Kopf schob sich auf Joeys Schulter. Sanft küsset er seinen frisch Angetrauten und strahlte ihn glücklich an. Das war er gewesen: Joeys steiniger Weg. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)