Joeys steiniger Weg! von Onlyknow3 (Geschunden, Verloren und Aufgefangen) ================================================================================ Kapitel 67: Der Wert eines Lebens --------------------------------- Kapitel 67 - Der Wert eines Lebens "Der Mistkerl will ein Gespräch?", kam es verblüfft von Sergeant Yuki Nagasato, der die Staatsanwältin Amy Lee gegenüber stand. Diese wirkte ebenso wenig begeistert davon, aber sie nickte. "Sein Anwalt war bei mir und bat mich, zusammen mit dir, zum nächstmöglichen Besuchertermin zu kommen. Er hätte uns etwas anzubieten.", schilderte Amy ihrer Freundin Yuki. "Das ist eine Fahrt von einer dreiviertel Stunde bis ins Bezirksgefängnis. Ich hoff, dass er uns was echt Gutes zu bieten hat!", erwiderte Sergeant Nagasato mürrisch, während sie aufstand und ihr Jackett von der Stuhllehne zog und sich überzog, bevor sie vom Kleiderständer ihre Jacke anzog. "Das hoff ich auch.", pflichtete ihr die Staatsanwältin zu. Als Yuki und Ami aus dem Dienstfahrzeug ausstiegen streckten sie sich, nach der 45 minütigen Fahrt. Beide waren nicht zum ersten Mal hier. Eigentlich war es eine schöne Umgebung, die auf der einen Seite von Feldern dominiert wurde, die aber zu dieser Jahreszeit bereits abgeerntet waren und brach dalagen und auf der anderen Seite das Gebirge, dass den Talkessel, in dem die Region lag, umgab. Es war ein schöner Tag, mit wenigen Schäfchenwölkchen, die vor dem blauen Himmel ihrer Wege gingen. Diese idyllische Landschaft wurde durch den grauen, mehrfach umzäunte und ummauerten Gebäudekomplex mit den zahlreichen Wachtürmen gestört, der hier so deplatziert wirkte, wie ein Panzer auf dem Woodstock Festival. "Wenn dieser Arsch uns umsonst hier raus bestellt hat, nagel ich ihn an die Wand.", kam es bedrohlich von der Polizistin, die auf ein Wiedersehen mit diesem fehlgeleiteten und völlig verblendeten, chauvinistischen Pädophilen verzichten konnte. "Ich werde mich dann umdrehen, damit du freie Hand hast.", kam es beruhigend von der Staatsanwältin mit einem sanften Unterton. Es war immer eine nervige Prozedur für Yuki Nagasato als Polizistin ein Gefängnis zu betreten. Sie musste all ihre Waffen zuerst in einen Sicherheitsbehälter verschließen, dann einen Besucherantrag ausfüllen, in dem sie ihr Anliegen genau schilderte, bevor sie dann mit ihren Begleitpersonen einen Besucherausweis erhielt und in einen speziellen - privaten - Gesprächsraum gebracht wurden. Dann mussten sie darauf warten, dass der Gefangene, den sie zu sprechen wünschten hergebracht wurde. Doch schließlich wurde Joseph Wheeler Senior in Begleitung seines Anwalts herein gebracht und an seinem Sitzplatz gesichert, so dass er weder für seinen Anwalt, noch für die beiden Frauen eine Gefahr darstellen konnte. Nun ja, so wie der Mann heute aussah bezweifelten beide Frauen, dass er überhaupt für irgendwen eine Gefahr darstellte. Sein Gesicht war halbseitig blau verfärbt und geschwollen, ihm fehlten zwei Zähne und die Spuren der Gewalt zogen sich auch unter seiner Kleidung fort, wenn sie Hals und Arme so betrachteten. Scheinbar hatte der Mann die Gefängnisgerechtigkeit erfahren... oder die Yakuza hatte ihn erwischt. "Joseph.", kam es überrascht, aber mit einem schadensfrohen Unterton, von Sergeant Nagasato. "Was ist passiert?" "Als ob Sie das nicht wüssten!", zischte der abgehalfterte Mann mit unterdrücktem Ärger und Wut. "Ich hab in der Tat keine Ahnung.", kam es mit erhobenen, abwehrenden Händen von der Polizistin. "Mein Mandant wurde in den letzten zwei Tagen mehrfach angegriffen.", beantwortete der Strafverteidiger die gestellte Frage. Der Strafverteidiger war ein Mann Anfang dreißig, der scheinbar noch nicht lange Strafverteidiger war. Sein braunes Haar war ordentlich zurück gekämmt und der Anzug, den er trug, schien von der Stange zu sein. An seinem linken Handgelenk trug er eine billig aussehende Armbanduhr, deren Armband zweifach geflickt worden war. Ein Senffleck auf dem Hemd, der unter der Krawatte herausschaute ließ darauf schließen, dass er oft in Eile irgendein Fastfood in sich reinstopfte. Wie Amy Lee bereits wusste, war sein Name Zenzo Dan. "Von wem?", hakte Yuki nun nach und schien ehrlich daran interessiert zu sein. "Von seinen Mithäftlingen.", kam es oberflächlich von dem jungen Anwalt, der sich scheinbar vorgenommen hatte diesen Mistkerl nach bestem Wissen und Gewissen zu verteidigen. "Was war der Anlass dafür?", bohrte Yuki weiter, die sich bereits denken konnte, was los war. Scheinbar hatte Wheeler Senior bereits einen Vorgeschmack auf seinen Gefängnisalltag erhalten, sobald er mal verurteilt war. Sicherlich war er mit einem Mithäftling ins Gespräch gekommen und hatte davon gefaselt, dass er völlig zu Unrecht hier wäre und dann seine verdrehte Wahrheit zum Besten gegeben. Man konnte von den Insassen einer Strafanstalt halten was man wollte, doch selbst diese kannten Grenzen, die sie sühnten, wenn einer diese übertrat. Und Kindesmissbrauch wurde ganz übel und konsequent geahndet. "Komm schon, Schneckchen...", wollte der Alte loskeifen, als sein Anwalt ihm eine Hand auf den bandagierten Arm legte und ihn zur Ordnung mahnte. "Schneckchen?", kam es empört von der Polizistin. "Entschuldigen Sie bitte meinen Mandanten. Er hat starke Medikamente gegen die Schmerzen bekommen, die ihn etwas neben sich stehen lassen.", erklärte der Strafverteidiger, der versuchte die Situation zu retten. "Wir sind hier, weil ihr Mandant uns herbat, angeblich, weil er uns etwas anzubieten hätte. Hier sind wir, aber unsere Zeit ist begrenzt... also kommt jetzt noch etwas Produktives oder haben wir den Weg umsonst gemacht?", blaffte Yuki den Strafverteidiger an. Ihr Geduldsfaden war bezüglich dieses widerwärtigen Mistkerls ohnehin schon dünn, aber er verstand sich vorzüglich darauf, ihn noch weiter zu spannen. Also musste er sich nicht wundern, wenn ihr Geduldsfaden schließlich riss. "Entspann dich.", kam es von dem Kinderschänder. "Ich will ja nicht an deine Möse!" "Nein... aber wenn ich ein hilfloser Junge wäre, dann würdest du an meinen Arsch wollen!", konterte sie mit einem provozierenden Grinsen. "Muss ich mir das echt sagen lassen?", brauste jetzt Joseph auf und blickte dabei seinen Anwalt an. "Herr Wheeler, bitte.", kam es beschwichtigend von dem Anwalt. "Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es auch heraus!" Die Frauen mussten sich ein Grinsen verkneifen. Scheinbar war die Art seines Mandanten dem Strafverteidiger selbst zuwider. Der Mann im hellblauen Gefängnisoverall sah ihn nur verblüfft an. "Scheiße, du stehst auf meiner Seite, Jungchen.", murrte der Insasse. "Das heißt aber nicht, dass ich ihre Unverschämtheiten einfach so hinnehmen muss.", gab Zenzo Dan zurück. "Ich, als ihr Anwalt, kann Ihnen nur raten, sich verdammt nochmal am Riemen zu reißen und solche Unverschämtheiten zu lassen, vor allem, wenn Sie auf die Hilfe und das Entgegenkommen der Damen hoffen wollen." Joseph hob seine Hände, die mit Handschellen und einer Kette an dem Tisch festgemacht waren in einer Geste der Ergebenheit. Seine gesamte Körpersprache begann sich auf einmal zu ändern. Der Chauvinist wirkte auf einmal kleinlaut, gebeutelt und verzweifelt. "Ich will, dass Sie mich nicht wegen der Geschichte mit meinem Jungen verurteilen lassen.", fing der Senior an und Yuki konnte nicht anderes, als kurz spöttisch aufzulachen, bevor er fortfuhr. "Ich kann Ihnen Informationen bieten zu der Kitabatake-gumi*. Mit diesen Informationen können sie die älteste Kumi in Domino zerschlagen und den Oyabun wegsperren." "Sie können nicht wirklich glauben, dass wir Sie wieder auf freien Fuß setzen werden.", kam es nun empört von Amy, die sich die ganze Zeit vornehm zurück gehalten hatte. "Das ist lachhaft!" "Nein, ist mir schon klar, dass die... 'Damen' mich wegsperren wollen, weil ihre beschränkte Auffassungsgabe nicht die Wahrheit erfassen kann.", kam es herablassend von dem Mann, der aussah, als wäre er wiederholt gegen eine Wand gefallen. "Ich erde mich dabei verschiedener Dinge schuldig bekennen. Sie sorgen dafür, dass ich die Mindeststrafe erhalte und diese in einem Gefängnis absitze, wo man weder von den Lügen weiß, die hier kursieren, noch die Kitabatake-gumi Einfluss hat und an mich rankommt." "Warum?", kam es jetzt laut fragend von Yuki. Die Polizistin war irgendwann aufgestanden und stemmte jetzt ihre Hände auf den Metalltisch. "Was ist los Joseph... hast du schon einen Vorgeschmack auf das erhalten, was die Insassen mit Kinderschänder so tun? War das etwa nicht ganz nach deinem Geschmack?" "Sergeant, ich bitte Sie!", kam es nun tadelnd von dem Strafverteidiger. "Sie wollen sich doch nicht auf das Niveau meines Mandanten herab begeben und sich dann möglicherweise mit Erfahrung schlagen lassen." Yuki bedachte den Anwalt kurz scharf. Hatte der Anfang noch geklungen, als wolle er sie zurechtweisen, hatte sie den Eindruck, dass er genauso wenig von dem Mistkerl hielt, wie Amy und sie. "Mein Mandant ist sich darüber im Klaren, dass die hier angesprochene Mindeststrafe länger ist, als die mögliche Höchststrafe, die er auf Grund den Anschuldigungen seines Sohnes bekommen könnte, aber höchstwahrscheinlich nicht bekommen wird.", begann der Junganwalt. "Doch er weiß auch, dass er im Falle einer Bewährungsstrafe sein Leben verwirkt hätte, da die angesprochene Kumi seiner Habhaft werden würde. Und selbst wenn er zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt werden würde, würde er diese nicht überleben. Jedenfalls nicht, wenn seine Mithäftlinge erfahren, wofür er verurteilt wurde. Mein Mandant ist also bereit garantiert und länger einzusitzen, als bei der ursprünglichen Klage, sofern Sie ihm entgegenkommen." Yuki und Ami blickten aus den Augenwinkeln zueinander. Dann stand Amy auf und richtete ihr Kostüm, welches sie heute trug. "Das kann ich nicht sofort entscheiden. Ich muss mit dem Bezirksstaatsanwalt, sowie dem Anzeigesteller sprechen.", kam es neutral klingend von Amy. Sie spürte den ungläubigen Blick ihrer Freundin auf sich, die nicht verstand, warum sie nicht sofort 'Nein', 'Nope' oder 'Auf gar keinen Fall' sagte. Doch hier und jetzt, war nicht der geeignete Zeitpunkt ihr das zu erläutern. Während der Prozedur aus dem Gefängnis wieder heraus zu kommen hatten die beiden Frauen kein Wort miteinander gesprochen. Als die Polizistin all ihre Habseligkeiten wieder hatte und sie die Strafanstalt verließen reichte es Amy. "Ich sag es nicht gerne, aber dieser Deal ist gut!", meinte Amy. "Das kannst du doch nicht wirklich denken!", keifte Yuki zurück. "Komm schon Yuki... du weißt genauso gut, wie ich, dass er für das, was er dem Jungen angetan hat, bei einem uns wohlgesonnenen Richter höchstens vier oder fünf Jahre aufgebrummt bekommt, von denen er wohl die letzten beiden auf Bewährung ableisten dürfte.", rechtfertigte sich die Anwältin. "Es ist so gut wie unmöglich, dass er die Höchststrafe von zehn Jahren bekommt, es sei denn wir finden andere - nicht existente Opfer. Für das andere, was er uns anbietet, bekommt er mindestens 10 Jahre ohne Bewährung, wenn nicht sogar ein paar Jahre mehr! Und sollte es nicht unser Ziel sein, diesen Mistkerl so lange wie es geht wegzusperren?" Yuki ließ die Worte ihrer Freundin auf sich wirken und schlug frustriert gegen ihren Wagen. "Was ist das für eine Welt, in der man für das Zerstören einer kindlichen Seele und eines ganzen Lebens Bewährungsstrafen bekommt, aber wenn man beim Klauen von einer Handtasche bis zu einem Jahr Knast aufgebrummt bekommt?", kam es verzweifelt von der Polizistin. "Wenn du zu Joey gehst und ihm von dieser Option erzählst, wirst du nur sein ohnehin kaum vorhandenes Selbstwertgefühl völlig zerstören. Du wirst signalisieren, dass sein Leid nichts wert ist und du seine Gerechtigkeit auf Grund anderer Prioritäten opferst." Wieder entstand ein Schweigen zwischen den Frauen, bevor sie einstiegen und zurück in die Stadt fuhren. * Anm.: Kumi / -gumi (jap.) - Bande: So, wie es keine ganzheitliche Mafia gibt, sondern diese sich in 'Familien' untergliedert, so gibt es auch keine ganzheitliche Bōryokudan / Yakuza, sondern diese untergliedern sich in Banden / Gruppen sogenannten Kumi bzw. wenn man eine bestimmte meint hängt man dem Namen der Bande das Suffix -kai oder -gumi an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)