Brothers von Karma ================================================================================ Kapitel 1: Die Eröffnung ------------------------ "Seto, Mokuba, kommt ihr mal bitte ins Wohnzimmer? Ich muss mit euch sprechen." Die Stimme ihres Vaters riss die beiden ungleichen Kaibabrüder – den achtzehnjährigen Seto und den fünfzehnjährigen Mokuba – aus ihrer Beschäftigung. Der Ältere der beiden ließ das Mathebuch seines jüngeren Bruders sinken und strich sich eine Strähne seines braunen Haars aus dem Gesicht, bevor er antwortete. "Wir kommen sofort, Vater", rief er dann, klappte das Buch zusammen und legte es beiseite. "Den Rest erkläre ich dir dann später, Mokuba", wandte er sich an den schwarzhaarigen Jungen, der auf seinem Schreibtischstuhl saß und gerade dabei war, sein Heft zuzuklappen und seinen Bleistift zur Seite zu legen. Mokuba nickte. "Ist gut, Seto", gab er zurück, sprang von dem Stuhl auf und rannte nach unten ins Wohnzimmer zu seinem Vater. Seto seufzte und folgte seinem jüngeren Bruder etwas langsamer. Unten angekommen sah er einen Vater, den er bereits um beinahe zwei Zentimeter überragte, abwartend an. Gozaburo Kaiba, seines Zeichens CEO der Kaiba Corporation, zwirbelte die Enden seines Schnurrbarts und Seto hob eine seiner fein geschwungenen Brauen. Er kannte seinen Vater lange genug um zu wissen, dass er diese Eigenart nur an den Tag legte, wenn er nervös war. "Setz dich bitte, Seto", wurde der Achtzehnjährige gebeten. Etwas skeptisch leistete er der Aufforderung seines Vaters Folge und nahm neben seinem jüngeren Bruder auf der Couch Platz. Mokuba hatte sich im Schneidersitz auf der Hälfte der Sitzfläche ausgebreitet und zerdrückte vor lauter Spannung eines der Couchkissen zwischen seinen Händen. "Was ist denn los, Vater?", platzte er heraus und Gozaburo atmete tief durch, bevor er sich in einen der Sessel gegenüber der Couch sinken ließ. Mehrere Minuten lang schwieg er und betrachtete seine beiden Söhne abwechselnd. Mokuba wurde unter den Blicken seines Vaters immer hibbeliger und aufgeregter. Seto hingegen lehnte sich zurück, schlug seine Beine übereinander und sah seinen Vater ruhig und abwartend an. Was auch immer er zu sagen hatte, würde er ihnen schon mitteilen. "Wie ihr beide ja wisst, bin ich seit dem Tod eurer Mutter vor elf Jahren alleine gewesen", brach Gozaburo letztendlich das Schweigen und wartete das Nicken der beiden Jungen ab, bevor er weitersprach. "Nun, vor ungefähr sechs Monaten habe ich eine sehr nette Frau kennengelernt und ... Nun ja, ich … habe mich verliebt", fuhr er fort. Sein Jüngster hielt den Atem an und seine blauen Augen wurden groß. "Du willst uns also sagen, dass du beabsichtigst, wieder zu heiraten. Das ist es doch, oder, Vater?", fragte Seto nach und der Kopf seines Bruders ruckte zu dem Älteren herum. "Wirklich, Nii-san?", wollte er wissen und blickte dann wieder zu seinem Vater. "Ist das wahr, Vater?", hakte er nach und Gozaburo nickte. "Ja, es stimmt. Ich habe Yukiko gebeten, meine Frau zu werden, und sie hat zugestimmt", antwortete er und hob die Hand, bevor Seto oder Mokuba etwas dazu sagen konnten. "Ich weiß, dass Yukiko nicht eure Mutter ist. Sie wird auch nicht versuchen, sie zu ersetzen oder zu verdrängen. Dennoch hoffe ich, dass ihr beide ihr eine Chance gebt und sie erst einmal kennen lernt, bevor ihr sie ablehnt", fügte er hinzu und sah genau in die blauen Augen seines ältesten Sohnes. Seto strich sich eine braune Strähne aus dem Gesicht und senkte den Blick. Er schwieg einen Augenblick lang und atmete tief durch, bevor er seinen Vater wieder ansah. "Selbstverständlich, Vater. Wann werden wir sie kennen lernen?", erkundigte er sich höflich und neutral. Ihm war nicht wirklich anzusehen, was er von den Neuigkeiten hielt. Dennoch atmete Gozaburo unwillkürlich auf. Er wusste, dass es seinem Ältesten nicht leicht fallen würde, sich an den Gedanken einer neuen Frau im Leben seines Vaters – und somit einer Stiefmutter für Mokuba und sich – zu gewöhnen, denn er hatte seine leibliche Mutter sehr geliebt. Gerade deshalb rechnete er ihm die Tatsache, dass er sich dazu durchgerungen hatte, sich kein voreiliges Urteil zu bilden, sondern Yukiko erst einmal kennen zu lernen, hoch an. Gozaburo lag viel an der Meinung seines Sohnes und er wusste genau, dass er – sollte Seto Yukiko wirklich vollends ablehnen – auf eine Heirat verzichten würde, denn das Glück seiner Söhne war ihm wichtiger als sein eigenes. Seto schloss die Augen und bemühte sich, weiterhin ruhig zu atmen und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn die Ankündigung seines Vaters getroffen hatte. Seit dem Tod seiner Mutter war kein Tag vergangen, an dem er nicht an sie gedacht hatte. Unzählige Male hatte er die alten Fotoalben herausgekramt und Mokuba von ihr erzählt, damit weder er noch sein kleiner Bruder die Frau, die sie beide geboren hatte, jemals vergaßen. Da Mokuba erst vier Jahre alt gewesen war, als sie gestorben war, kannte er seine Mutter fast nur aus den Erzählungen seines Vaters und seines älteren Bruders, aber Seto selbst erinnerte sich auch nach all den Jahren noch sehr gut an ihr Gesicht, ihr Lächeln, ihren Duft und die Wärme ihrer Hände, wenn sie ihm abends im Bett über die Haare gestreichelt hatte. Einerseits kam ihm die Eröffnung seines Vaters, dass er sich in eine andere Frau verliebt hatte und diese sogar heiraten wollte, daher wie ein Verrat an seiner über alles geliebten Mutter vor. Andererseits jedoch konnte ein Teil von ihm auch verstehen, dass sein Vater auch nur ein Mensch war, der sich nach Liebe sehnte – nach einer Art von Liebe, die ihm seine Söhne nicht geben konnten. Ich werde ihr eine Chance geben – so, wie Vater es sich wünscht, nahm der Seto sich vor, öffnete die Augen wieder und rang sich ein kaum wahrnehmbares Lächeln ab, von dem sein Vater genau wusste, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben musste. "Danke, Seto", murmelte Gozaburo und sein Sohn nickte leicht. Mokuba hatte seinen Vater und seinen Bruder aufmerksam beobachtet. Ihm war weder die Anspannung seines Vaters noch dessen Erleichterung über Setos Reaktion entgangen. Der Fünfzehnjährige, der unbewusst den Atem angehalten hatte, stieß diesen geräuschvoll aus und griff im Schutz des Couchkissens nach der Hand seines Bruders, umschloss sie und drückte die eiskalten Finger kurz, bevor er seinen Vater wieder ansah. "Wann treffen wir sie denn nun, Vater?", wollte auch er wissen und Gozaburo lächelte leicht, als er das vor Eifer und Aufregung gerötete Gesicht seines Jüngsten sah. Er war froh darüber, dass sich Mokuba über die Aussicht, eine neue Mutter zu bekommen, so sehr freute. Wie oft hatte die Begeisterung des kleinen Wirbelwinds für eine Sache seinen älteren Bruder schlussendlich überzeugt und mitgerissen? Einen Moment lang hatte Gozaburo befürchtet, Mokuba würde sich Setos Skepsis anschließen, doch ganz offenbar tat er das nicht. Im Gegenteil, er wirkte regelrecht aufgekratzt und zappelte unruhig auf der Couch herum. Dennoch entging ihm keineswegs, dass der Junge die Hand seines Bruders hielt und sie beruhigend streichelte. "Ich würde sie euch gerne morgen Abend beim Abendessen vorstellen. Ich habe bereits einen Tisch für fünf Personen reserviert", beantwortete Gozaburo die Frage seiner Söhne und Mokuba wedelte aufgeregt mit dem Couchkissen, dass er immer noch festhielt. "Das ist ja klasse!", freute er sich und bemerkte in seinem Überschwang nicht, dass sich die langen, schlanken Finger seines Bruders bei diesen Worten etwas fester um seine Hand schlossen. "Für fünf Personen, Vater?", hakte Seto nach und Gozaburo nickte. "Ja. Yukiko hat selbst auch einen Sohn. Ihr werdet also noch einen Bruder bekommen", erklärte er und Seto hob eine Braue, während Mokubas Augen zu leuchten begannen. "Einen Bruder? Ist er jünger oder älter?", wollte er aufgeregt wissen und Gozaburo lächelte erneut. "Nun, jünger als Seto und älter als du. Ryuuji ist siebzehn, soweit ich weiß", gab er zurück und Mokuba zog einen Flunsch. "Das ist gemein. Dann bleibe ich ja der Jüngste. Ich hatte gehofft, ich kriege vielleicht einen kleinen Bruder", murrte er und Seto wuschelte ihm durch die langen schwarzen Haare. "Sei nicht beleidigt. Man kann eben nicht immer alles haben, was man will, otouto. Und jetzt komm, deine Hausaufgaben warten", murmelte er, stand auf und sah seinen Vater an. "Wo und wann treffen wir uns morgen?", fragte er, denn er war ziemlich sicher, dass der CEO gleich vom Büro aus zum Restaurant fahren würde. "Ich werde um sechs Uhr zu Hause sein und gemeinsam mit euch zum Restaurant fahren. Wir treffen Yukiko und Ryuuji dort", antwortete Gozaburo und die blauen Augen seines ältesten Sohnes weiteten sich überrascht. "Du kommst vorher nach Hause, Vater?", hakte er nach und der Angesprochene nickte. "Das ist toll, Vater!", freute sich Mokuba, packte die Hand seines Bruders und zog ihn hinter sich her. "Komm, Nii-san, du musst mir die Aufgaben noch erklären. Ich muss das bis morgen früh verstanden haben!", drängte er und der Ältere gab sich geschlagen. "In Ordnung, Mokuba. Aber deshalb musst du mir keinesfalls den Arm ausreißen", tadelte er, doch der Fünfzehnjährige reagierte erwartungsgemäß nicht darauf, sondern zerrte im Gegenteil noch stärker an ihm. "Komm endlich, Seto!", quengelte er dabei und ließ seinen Bruder erst los, als sie in dessen Zimmer ankamen. Dort ließ er sich wieder auf den Schreibtischstuhl plumpsen, kramte seinen Bleistift heraus und schlug sein Heft auf. Seto zog sich einen zweiten Stuhl heran, klappte das Mathebuch wieder auf und nahm seine Aufgabe, seinem kleinen Bruder die Formeln zu erklären, genau dort auf, wo er sie zuvor unterbrochen hatte. "Jetzt habe ich es verstanden", verkündete Mokuba knappe zwei Stunden später, stand auf, gähnte und streckte sich. Dann begann er, seine Sachen zusammenzupacken. "Danke und gute Nacht, Nii-san", murmelte er und gähnte erneut. Seto erhob sich ebenfalls und wuschelte dem Jüngeren noch einmal durch die Haare. "Gern geschehen. Vergiss es nur nicht wieder, otouto. Und ich wünsche dir auch eine gute Nacht", erwiderte er, sah zu, wie Mokuba in sein Zimmer hinüber ging, und schloss dann die Tür. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit gönnte sich der Seto an diesem Abend jedoch keine Stunde mehr, um den Tag mit seiner Lieblingsmusik ausklingen zu lassen, sondern zog sich gleich aus, schlüpfte in seinen Pyjama und löschte das Licht. Seufzend kroch er unter seine Bettdecke, rollte sich auf den Rücken und starrte mit unter dem Kopf verschränkten Armen nachdenklich an die Zimmerdecke. An Schlaf war nach der Eröffnung, die sein Vater im Wohnzimmer gemacht hatte, nicht zu denken. Eine Stiefmutter und ein Stiefbruder, sinnierte Seto und schloss abgrundtief seufzend die Augen. Sicher, er hatte versprochen, der neuen Liebe seines Vaters eine Chance zu geben – und er war ein Mensch, der immer zu seinem gegebenen Wort stand –, aber er hatte dennoch ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Ich bin nur aufgeregt, das ist alles, versuchte er, sich selbst zu beruhigen, aber so ganz gelang ihm das nicht. Er konnte die Ahnung, dass etwas auf ihn zukam, das er lieber vermeiden wollte, einfach nicht abschütteln. Mokuba hatte, nachdem er in sein Zimmer gegangen war, schnell seine Schulsachen für den nächsten Tag zusammengepackt und war dann in sein Badezimmer hinübergegangen. Während sein Bruder in seinem Zimmer bereits im Bett lag, putzte der Fünfzehnjährige seine Zähne und zog seinen Pyjama an. Dann schlüpfte er ebenfalls unter seine Decke und kuschelte sich in seine Kissen. Eine neue Mutter und ein neuer Bruder, dachte er und zog sich die Bettdecke bis zum Kinn – nur um sich gleich darauf wieder frei zu strampeln, denn zum Schlafen war er viel zu aufgeregt. Wie die beiden wohl sind? Hoffentlich sind sie nett. Und hoffentlich mag Seto sie. Ich hätte gerne eine Mutter – so wie fast alle in meiner Klasse. Mokuba schämte sich für diesen Gedankengang, doch er konnte nichts dagegen tun. Sicher, er hatte eine Mutter gehabt, aber im Gegensatz zu seinem Bruder konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie es war, von ihr ins Bett gebracht zu werden oder sich von ihr umsorgen zu lassen, wenn er krank war. So lange er denken konnte, hatte das entweder Seto, sein Vater oder Isono, ihr ›Mädchen für Alles‹, erledigt. Wie es sich wohl anfühlte, einen Gutenachtkuss von einer Frau zu bekommen? Vielleicht tut sie das ja, wenn sie und Vater erst verheiratet sind und ich sie darum bitte. Hoffentlich ist Seto mir deswegen dann nicht böse. Mit diesem Gedanken, einem abgrundtiefen Seufzen und nur noch halb zugedeckt schlief Mokuba eine gute Stunde später schließlich doch endlich ein. Seto hingegen lag immer noch wach. Er war unruhig, hellwach und hätte am liebsten einen Spaziergang gemacht, um seine Gedanken zu ordnen, doch ein Blick auf die Leuchtanzeige seines Weckers sagte ihm, dass es inzwischen schon nach elf Uhr war und sein Vater das auf keinen Fall mehr erlauben würde. Da er jedoch nicht liegen bleiben konnte, stand er auf und ging in das gegenüberliegende Zimmer, um nach seinem Bruder zu sehen. Mokuba lag ausgestreckt auf dem Rücken, seine Bettdecke war halb vom Bett gerutscht und er schnarchte leise. Unhörbar seufzend hob Seto die Decke auf und legte sie über den Fünfzehnjährigen. Eine Weile blieb er reglos neben dem Bett stehen, dann strich er dem Schlafenden einmal kurz durch die Haare, verließ das Zimmer wieder und schloss die Tür leise hinter sich. "Kannst du nicht schlafen, Seto?", erklang die Stimme seines Vaters in seinem Rücken und der Brünette zuckte erschrocken zusammen. "Nein, Vater", antwortete er wahrheitsgemäß und drehte sich um, um seinen Gesprächspartner anzusehen. Gozaburo betrachtete seinen Ältesten und seufzte. "Ich weiß, dass das gerade für dich besonders schwer ist, Seto, aber bitte versuch, mich zu verstehen", bat er und sein Ältester nickte. "Das tue ich, Vater", versicherte er und unterdrückte mühsam den Impuls, sich an Mokubas Zimmertür zu lehnen. "Es ist nur ... Ich brauche etwas Zeit, um mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sich in unserer Familie etwas ändert", setzte er hinzu und sein Vater nickte verstehend. "Das weiß ich doch. Ich erwarte ja auch nicht von dir, dass du Yukiko mit offenen Armen empfängst. Ich wünsche mir nur, dass du sie kennen lernst. Sie wird deine Mutter niemals ersetzen können. Ayane war meine erste Liebe und die Mutter meiner Söhne. Nichts und niemand kann das ändern. Und das will Yukiko auch nicht. Sie ist selbst Mutter und weiß, was das bedeutet. Ich habe ihr viel von euch erzählt und sie ist schon sehr gespannt darauf, euch kennen zu lernen." Während des Gesprächs hatte Gozaburo Seto wieder ins Wohnzimmer gelotst und sich dort mit ihm auf die Couch gesetzt. Der Achtzehnjährige zog ein Bein an, faltete seine Hände in seinem Schoß und sah seinen Vater an. Dieser lächelte innerlich, denn so locker und ungezwungen gab sich sein Ältester sonst nur äußerst selten. Der frühe Tod seiner Mutter hatte den Jungen, der damals erst sieben Jahre alt gewesen war, tief getroffen. Er hatte sich in sich selbst zurückgezogen und es sich zur Aufgabe gemacht, sich um seinen kleinen Bruder zu kümmern – eine Tatsache, die ihn früher hatte reifen lassen als andere Kinder. Im Gegensatz zu den meisten Gleichaltrigen, die sich herumtrieben, ihren Eltern Sorgen bereiteten und nichts anderes als Parties, Spaß und Mädchen im Kopf hatten, war Seto ein sehr ernsthafter junger Mann, der nur selten einmal ausging – meistens nur dann, wenn sein bester Freund Yami vorher mindestens eine Woche auf ihn eingeredet hatte und ihn förmlich mitschleifte. "Was ist mit ihrem Sohn? Ryuuji, oder?" Mit diesen Worten riss Seto seinen Vater aus seinen Grübeleien. Gozaburo wandte seinem Sohn wieder seine volle Aufmerksamkeit zu. Die blauen Augen – die gleichen Augen, die auch Ayane gehabt hatte und die sie ihren beiden Söhnen vererbt hatte – des Achtzehnjährigen waren abwartend auf seinen Vater gerichtet und dieser lehnte sich etwas zurück. "Ich kenne ihn auch noch nicht persönlich, sondern nur von Fotos oder aus Yukikos Erzählungen. Du musst wissen, Yukiko und Ryuujis Vater, ein Amerikaner, sind bereits seit Jahren geschieden, sind aber übereingekommen, sich das Sorgerecht für ihren Sohn zu teilen. Deshalb verbringt der Junge die eine Hälfte des Jahres bei seiner Mutter in Japan und die andere Hälfte in Amerika bei seinem Vater", erklärte er und seufzte. "Yukikos Worten nach ist Ryuuji ein sehr offener, fröhlicher Junge. Sein Verhalten wird dir möglicherweise hin und wieder etwas seltsam vorkommen – immerhin hat fast er sein halbes Leben in den Vereinigten Staaten verbracht –, aber ich bin sicher, Mokuba und du werdet euch daran gewöhnen. Außerdem werdet ihr nicht sehr viel mit ihm zu tun haben, da er ja nicht die ganze Zeit in Japan bei uns leben wird." Seto lehnte sich ebenfalls an die Rückenlehne der Couch und ließ sich die Worte seines Vaters durch den Kopf gehen. Vielleicht würde die ganze Sache doch nicht so schlimm werden. Er würde sich schon irgendwie mit dem neuen Teil seiner Familie arrangieren. Sein Vater hatte es schließlich verdient, glücklich zu werden. Und falls er wider Erwarten doch nicht mit seiner Stiefmutter und seinem Stiefbruder zurechtkommen sollte, wäre das auch nicht weiter schlimm. Immerhin waren es für ihn nur noch sechs Monate bis zu seinem Oberschulabschluss. Danach sollte es kein Problem sein, in ein Studentenwohnheim zu ziehen, falls das nötig sein sollte. Warum mache ich mir eigentlich jetzt schon Gedanken darüber, was alles schief gehen könnte? Noch kenne ich die beiden doch nicht einmal. Seufzend schüttelte Seto über sich selbst den Kopf, ging aber nicht weiter auf den fragenden Gesichtsausdruck ein, mit dem sein Vater ihn für diese Aktion bedachte. Stattdessen warf er einen Blick auf die Wanduhr, die gegenüber der Couch hing, und stand dann auf. "Es ist schon spät. Ich sollte langsam schlafen gehen. Gute Nacht, Vater." Gozaburo erhob sich ebenfalls. "Gute Nacht, Seto. Schlaf gut", wünschte er seinem ältesten Sohn und dieser nickte ihm noch einmal zu, bevor er das Wohnzimmer verließ, um ins Bett zu gehen. Immerhin war es inzwischen schon beinahe Mitternacht und in ein paar Stunden musste er schon wieder aufstehen. Gozaburo sah Seto einen Augenblick lang nach, als dieser die Treppe nach oben ging, dann löschte er das Licht im Wohnzimmer und machte sich auf den Weg in sein eigenes Schlafzimmer, denn auch er hatte einen langen Tag vor sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)