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Brothers

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallöchen!

Ja, mich gibt's noch - auch wenn ich mich in den letzten Monaten gnadenlos rar gemacht hab.
^^°
Sorry dafür, aber ich hatte einfach zu viel um die Ohren. Das Kapitel hier gammelte auch schon ewig angefangen auf meinem Rechner rum, aber ich bin einfach nicht dazu gekommen, es zu beenden. Jetzt hab ich das allerdings endlich geschafft und auch das nächste ist schon angefangen, allerdings habe ich im Moment wenig Zeit und weiß nicht, wann ich es beenden kann. Lasst euch überraschen; ich tu's auch.

Wie immer an dieser Stelle eine kleine Widmung, dieses Mal an alle diejenigen, die die Story lesen, favoriert und/oder kommentiert und immer noch nicht aufgegeben haben. Ich weiß, ich bin arschlahm, aber ich bin auch wahnsinnig dankbar für eure Geduld. Und ich hoffe, ihr werdet die Story auch weiterhin mögen.

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Samstag I - Brüdertreffen

Seto, der am vergangenen Abend noch recht lange wach gewesen war, weil er seine Grübeleien einfach nicht hatte abstellen können, erwachte am Samstagmorgen dennoch gewohnheitsmäßig gegen acht Uhr. Seufzend quälte er sich aus seinem verlockend warmen Bett, duschte und kleidete sich an. Dann wollte er nach unten zum Frühstück gehen, hielt im Flur jedoch inne. Sollte er oder sollte er nicht?
 

Eine knappe Minute lang debattierte er mit sich selbst, dann klopfte Seto an die Zimmertür seines Bruders und öffnete diese, als er erwartungsgemäß keine Antwort bekam. Wie am Vorabend war das Zimmer jedoch leer und auch das Bett des Fünfzehnjährigen war vollkommen unberührt. Tonlos vor sich hin fluchend – musste Mokuba ihm das wirklich antun, verdammt? – wandte Seto sich also dem Zimmer seines Stiefbruders zu und öffnete die Tür, als er auf sein Klopfen auch dort keine Antwort erhielt.
 

Der Anblick, der sich ihm jedoch bot, sobald er den Raum betreten hatte, ließ ihn wie angewurzelt stehenbleiben. Da lagen die beiden Schwarzhaarigen, noch immer in ihrer Kleidung vom Vortag, friedlich schlafend gemeinsam in Ryuujis Bett. Mokuba hatte seinen Kopf auf der Schulter ihres Stiefbruders gebettet, dieser hielt den Jüngeren im Arm und keiner der beiden machte Anstalten, aufzuwachen und ihren heimlichen Beobachter zu bemerken.
 

Wie lange er die beiden so betrachtete, ohne sich von der Stelle zu rühren, hätte Seto nicht zu sagen gewusst. Erst als er sich bei dem Gedanken ertappte, dass er nur zu gerne mit seinem kleinen Bruder tauschen und seinerseits Ryuuji im Arm halten wollte, um ihn beim Schlafen zusehen zu können, riss er sich von dem Bild los, verließ leise den Raum und schloss die Tür lautlos hinter sich. Dann ging er nach unten ins Esszimmer, um zu frühstücken.
 

Isono, der ihn fragend ansah, erklärte er, dass seine beiden Brüder noch schliefen und dass er sie keinesfalls wecken sollte. Er selbst, teilte Seto dem persönlichen Assistenten seines Vaters mit, würde nach dem Frühstück wieder auf sein Zimmer gehen und wollte dort nicht gestört werden. Als Grund dafür schob er die Schule und anstehende Klausuren vor, doch das war nichts weiter als eine Ausrede. In Wahrheit wollte er einfach nur allein sein, um sich an den immer noch schmerzenden Gedanken zu gewöhnen, dass Ryuuji nach allem, was er jetzt über ihn wusste, noch unerreichbarer war als die Sonne – ein Gedanke, der pure Folter war, denn seine Sehnsucht nach dem Schwarzhaarigen mit den unergründlichen grünen Katzenaugen konnte Seto einfach nicht abschalten, so sehr er es sich auch wünschte.
 

oOo
 

Als Mokuba am nächsten Morgen aufwachte und sich müde blinzelnd umsah, stellte er verwirrt fest, dass sein Zimmer sich über Nacht ganz schön verändert hatte. Es dauerte ein paar Minuten, bis der Fünfzehnjährige begriff, dass er sich gar nicht in seinem eigenen Zimmer befand, sondern in dem seines Stiefbruders. Ryuuji und er, erinnerte er sich langsam, hatten bis weit nach Mitternacht miteinander geredet und waren darüber wohl irgendwann beide ins Reich der Träume abgedriftet.
 

Ryuuji, stellte Mokuba mit einem raschen Blick fest, schlief noch immer tief und fest, und die Gewissheit, dass er selbst offenbar die gesamte letzte Nacht in den Armen und im Bett seines Stiefbruders verbracht hatte, trieb dem Fünfzehnjährigen die Schamesröte ins Gesicht. Sicher, er hatte auch schon in Setos Bett geschlafen, aber das lag erstens schon Jahre zurück und war zweitens etwas vollkommen anderes. Seto war immerhin sein leiblicher Bruder. Ryuuji hingegen war nicht wirklich mit ihm verwandt, auch wenn ihre Eltern seit kurzem miteinander verheiratet waren.
 

Jetzt mach dich doch nicht lächerlich!, höhnte eine gehässige Stimme in Mokubas Kopf. Du hast auch schon im Schlaf mit Ryou oder Yuugi gekuschelt. Dutzende Male sogar, wenn nicht noch öfter. Was machte da schon eine einzige Nacht im Bett seines Stiefbruders für einen Unterschied? Verwandt oder nicht, Ryuuji war jetzt ein Teil seiner Familie, genau wie Seto. Ryou hingegen … Alleine der Gedanke daran, wie oft er schon an Ryou gekuschelt auf dem Sofa der Kinoshitas oder sogar in Ryous Bett eingeschlafen war, ließ Mokubas Gesichtsfarbe noch dunkler werden. War es vielleicht sogar seine Schuld, dass Ryou diese Gefühle für ihn entwickelt hatte? Möglicherweise wäre das alles ja überhaupt nie passiert, wenn er nicht so anhänglich wäre, wenn er müde wurde. Verdammt, was sollte er denn jetzt machen?
 

Ein leises Murmeln rechts von ihm holte Mokuba wieder aus seinen Gedanken. Vorsichtig riskierte er einen Blick und bemerkte, dass sein Stiefbruder gerade dabei war, aufzuwachen. Hastig rückte der Fünfzehnjährige ein Stück von ihm ab, was Ryuuji endgültig aus dem Schlaf riss. "Hm? Oh, Morgen, Mokuba", begrüßte er den Jungen verschlafen, streckte sich erst einmal und gähnte dann herzhaft, ehe er sich aufsetzte und einen Blick auf seinen Wecker warf. "Schon fast elf. Ich glaub, das Frühstück haben wir verpasst", stellte er fest und Mokuba nickte ein wenig befangen. Das schien Ryuuji jedoch zu seinem Glück nicht zu bemerken. Vielleicht ging er auch einfach nur darüber hinweg. Was es auch war, Mokuba war dankbar dafür.
 

"Na, aufstehen sollten wir aber langsam trotzdem. Mir hängt der Magen schon in den Kniekehlen und wenn ich nicht bald was zu essen kriege, fresse ich einfach dich." Ryuuji zwinkerte seinem Stiefbruder zu und grinste, als der Junge zu kichern begann. Genau das hatte er erreichen wollen. Er konnte sich nämlich lebhaft vorstellen, wie durcheinander Mokuba nach allem war, was er am Vortag erfahren hatte. Immerhin war er selbst vor einem knappen Jahr in einer ganz ähnlichen Situation gewesen. Und Mokuba zu helfen, sich über seine genauen Gefühle für seinen Freund Ryou klarzuwerden, würde ihm möglicherweise auch dabei helfen, nicht ständig an seine eigenen Probleme und seine Gefühle für Seto zu denken. Ablenkung hieß die Devise – jedenfalls so lange, bis die Gewissheit, dass nach Donnerstagabend endgültig alles vorbei war, nicht mehr so entsetzlich wehtat.
 

"Okay, dann lass uns runtergehen." Mokuba stand aus dem Bett seines Stiefbruders auf, blickte an sich herab und lächelte verlegen. Er trug noch immer die Kleidung, die er am Vortag auf der Heimfahrt getragen hatte, und auch Ryuuji hatte immer noch seine Schuluniform an, die inzwischen allerdings reichlich verknittert aussah. "Aber vielleicht sollten wir vorher noch duschen und uns umziehen", beschloss Mokuba daher und legte fragend den Kopf schief. "Sagen wir, wir treffen uns so in einer halben Stunde unten, okay?", bot er an und ging hinüber in sein eigenes Zimmer, nachdem sein Stiefbruder genickt hatte.
 

Ryuuji wartete, bis Mokuba gegangen war, dann verschwand er schnell in seinem Bad. Angetan mit einer schwarzen Jeans, einem roten Hemd und einer schwarzen Weste erschien er knappe zwanzig Minuten später unten in der Küche. Mokuba, in blauer Jeans und einem grün-weiß geringelten Pulli, traf nur wenig später ein und seufzte, als Isono-san ihnen beiden mitteilte, dass "Seto-san" bereits um neun Uhr das Frühstück eingenommen, sich dann wieder in sein Zimmer zurückgezogen habe und nicht gestört zu werden wünsche, da er lernen wolle.
 

"Er hätte uns ja wenigstens wecken können", schmollte Mokuba, während Ryuuji innerlich aufatmete. Seto so kurz nach dem Aufstehen schon gegenübertreten zu müssen hätte seine Kräfte deutlich überstiegen, daher war er froh über die Schonfrist. Ihm war zwar durchaus bewusst, dass er seinem älteren Stiefbruder nicht ewig aus dem Weg würde gehen können, aber er war dennoch für jede Verschnaufpause dankbar – obwohl es einen Teil von ihm gab, der sich auch nach dem Streit, den er mit Seto gehabt hatte, immer noch nach dessen Nähe sehnte. Ich bin doch echt bescheuert, bescheinigte Ryuuji sich selbst, während er gemeinsam mit Mokuba im Esszimmer Platz nahm und sich dort einem verspäteten Frühstück widmete. Mir ist definitiv nicht mehr zu helfen. Wie kann man nur so dämlich sein und sich ausgerechnet in den eigenen Stiefbruder verlieben? Das sollte echt strafbar sein.
 

oOo
 

Gegen ein Uhr, nachdem er sich nach dem Frühstück noch eine Weile Zeit mit Mokuba vertrieben hatte – Seto war noch immer in seinem Zimmer und dafür war Ryuuji ungemein dankbar; im Augenblick war er froh über jedes kleine bisschen Galgenfrist, das er bekommen konnte –, verabschiedete Ryuuji sich von seinem jüngeren Stiefbruder mit der Ausrede, dass er noch eine Verabredung hatte. Eigentlich war das genau betrachtet ja nicht mal wirklich gelogen, auch wenn besagte ›Verabredung‹ wohl nicht wirklich mit seinem Auftauchen rechnen würde. Immerhin hatte er denjenigen, mit dem er ›verabredet‹ war, ja nicht von seinem Auftauchen unterrichtet. Aber das würde schon nicht so schlimm sein. Jedenfalls hoffte er das.
 

Nach kurzem Suchen fand Ryuuji Isono-san, die rechte Hand seines Stiefvaters, in der Garage. Wie ungemein praktisch, dachte der Siebzehnjährige bei sich und bedachte Isono-san mit einem fragenden Blick, als dieser ihn bemerkte. "Wäre es möglich, dass Sie mich kurz bei Kinoshita-kun absetzen können?", erkundigte er sich höflich, denn er war sich ziemlich sicher, dass Isono-san die Anschrift kannte. Mokuba nach Ryous Adresse zu fragen verbot sich nach dem vergangenen Abend immerhin von selbst. Der arme Kleine war auch so schon durcheinander genug. Er musste nicht wissen, dass er, Ryuuji, gedachte, zu Ryou zu fahren und den Jungen abzuholen, um ihm für das Treffen mit seinem großen Bruder vor seinem Vater ein Alibi zu geben. Katsuya hatte ihm zumindest auszugsweise erzählt, wie sehr Kinoshita Satoru sich nach Kräften zu verhindern bemühte, dass seine Söhne sich sahen. Da war es sicher besser, wenn er keinen Verdacht schöpfte, was Ryou an diesem Nachmittag wirklich vorhatte.
 

"Selbstverständlich", riss Isono-sans Stimme Ryuuji aus seinen Grübeleien und er schenkte dem Älteren einen gemurmelten Dank und ein knappes Lächeln, ehe er in den Fond der Limousine – derart herumkutschiert zu werden war zwar immer noch sehr gewöhnungsbedürftig für ihn, aber nichtsdestotrotz auch sehr bequem – rutschte und es sich dort gemütlich machte. Isono-san fuhr nach dem Einsteigen diskret die Trennwand hoch, um den Stiefsohn seines Arbeitgebers seinen Gedanken zu überlassen, und Ryuuji war ihm dankbar dafür, dass er sich nicht erklären musste.
 

Die Fahrt dauerte nur wenig mehr als fünfzehn Minuten. Ryuuji schreckte aus seinen Grübeleien über Dinge, über die er eigentlich gar nicht mehr nachdenken wollte, auf, als Isono-san ihm die Tür des Wagens öffnete und sich leise räusperte. "Wir sind da, Ryuuji-san", informierte er den jungen Mann und deutete ein Nicken in Richtung eines Einfamilienhauses an, dessen akkurat gestutzter Rasen vor der Tür für Ryuuji deutlicher als Worte aussagte, dass hier ein sehr pedantischer Mensch leben musste.
 

Armer Ryou. Ohne sich diesen Gedankengang anmerken zu lassen, stieg Ryuuji aus, schenkte Isono-san ein knappes Lächeln und straffte sich, ehe er den kurzen Weg zur Haustür zurücklegte und die Klingel betätigte. Er musste kaum mehr als eine halbe Minute warten, dann wurde die Tür auch schon geöffnet und er fand sich einem dunkelhaarigen Mann gegenüber, in dem er schon allein aufgrund der Augenfarbe als Bakuras und Ryous Vater erkannt hätte, wenn er ihn nicht bereits am Vorabend gesehen hätte. Ryou, der sich offenbar bemüht hatte, die Tür vor seinem Vater zu erreichen, war augenscheinlich nicht schnell genug gewesen und stand jetzt etwas verloren ein paar Schritte hinter seinem Vater im Flur. Es war – zumindest für Ryuuji – offensichtlich, dass es dem Jungen unangenehm war, dass sein Vater und er sich nun doch kennenlernen würden, aber Ryuuji lächelte den Jüngeren nur kurz an, ehe er sich an dessen Vater wandte.
 

"Guten Tag, Kinoshita-san", begrüßte er ihn und ignorierte den Stich, den ihm der kühle, abschätzige Blick seines Gegenübers versetzte – ein Blick, der ihn unversehens an Seto erinnerte und so all das, was er eigentlich zu verdrängen und zu vergessen versuchte, wieder an die Oberfläche zu spülen drohte. Mit allergrößter Willensanstrengung drängte Ryuuji seine Gefühle zurück und verschloss sie hinter einem höflichen Gesichtsausdruck. Er hatte sicher nicht zu Unrecht den Eindruck, dass Kinoshita Satoru dafür sehr empfänglich war.
 

"Mein Name ist Otogi Ryuuji. Ich bin Mokubas Stiefbruder und hier, um Ryou-kun wegen der Nachhilfe abzuholen. Vorher wollte ich mich allerdings gerne noch bei Ihnen vorstellen. Ich fände es unhöflich, mich mit Ihrem Sohn zu treffen, ohne dass Sie die Gelegenheit hatten, mich vorher kennenzulernen", fuhr er daher fort und tatsächlich wich der strenge Blick Kinoshita Satorus und er gestattete sich ein anerkennendes Nicken. Er schätzte Höflichkeit sehr und offenbar wusste Mokuba-kuns Stiefbruder, von dem Ryou ihm am Vortag erzählt hatte, sich durchaus zu benehmen – trotz der Tatsache, dass sein Vater kein Japaner war.
 

Ryou, der von Ryuujis Auftauchen mehr als nur ein bisschen überrumpelt war, atmete sichtbar auf, als sich die starre Haltung seines Vaters kaum merklich lockerte. In dem Moment, als er Ryuuji vor der Tür erkannt hatte, hatte er schon das Schlimmste befürchtet – unter anderem dass sein Vater ihn gar nicht erst gehen lassen würde, wenn er auch nur ein Wort aus Ryuujis Mund hörte –, aber offenbar waren seine Sorgen unbegründet.
 

"Wir werden Ryou-kun selbstverständlich auch nachher wieder nach Hause bringen", versprach Ryuuji gerade, lehnte mit einem höflichen Kopfschütteln die Einladung, hereinzukommen, ab und bedachte stattdessen Ryou mit einem auffordernden Blick. "Wir sollten langsam los. Immerhin haben wir heute einiges zu tun", wandte er sich an den Jungen und der Fünfzehnjährige nickte hektisch, griff nach seinem bereitgelegten Englischbuch und seinem Heft und verabschiedete sich noch kurz von seinem Vater, ehe er sich von Ryuuji zur kaibaschen Limousine lotsen ließ.
 

Mit einem erleichterten Seufzer sank er in die weichen Polster und bedachte Ryuuji, der nach ihm eingestiegen war, mit einem Lächeln, in dem Dankbarkeit und Scham um Vorherrschaft rangen. Noch immer war er eifersüchtig auf Mokubas gutes Verhältnis zu dessen Stiefbruder, aber dass dieser ihn tatsächlich mit Isono-san abholte, um ihn vor seinem Vater gut dastehen zu lassen, beschämte den Jungen sehr.
 

Ryuuji, der Ryou sein Dilemma deutlich ansehen konnte – gerade nach dem Gespräch vom Vorabend und Mokubas Bemerkung, Ryou sei seinetwegen eifersüchtig, weil sie beide sich so gut verstanden –, ließ sich davon jedoch nichts anmerken. Stattdessen sah er den Jungen fragend an. "Isono-san und ich fahren dich noch eben zu deinem Ziel, wenn du uns sagst, wo das ist. Und wenn du nachher nach Hause willst, ruf mich einfach an, dann liefern wir dich auch wieder ab", sagte er und Ryou schluckte hart. "D-Danke", stammelte er verlegen und seine Wangen röteten sich halb aus Scham, halb vor Dankbarkeit. Ryuuji winkte jedoch einfach nur ab.
 

"Kein Ding, Ryou. Wirklich nicht", versicherte er dem Jüngeren und wartete, bis dieser Isono-san das Ziel genannt hatte. Sobald Isono-san die Trennscheibe hochgefahren hatte, reichte Ryuuji Ryou einen Zettel mit seiner Nummer. "Damit du mich nachher auch erreichen kannst", erklärte er diese Aktion. Mit einem gemurmelten Dank nahm Ryou den Zettel entgegen und schob ihn in seine Hosentasche. Dabei schämte er sich zum wiederholten Male unsäglich. Ryuuji war so nett zu ihm, gab ihm ein Alibi und verhalf ihm so zu einem lange überfälligen Treffen mit seinem heißgeliebten großen Bruder und er selbst sah in dem Älteren trotz allem nicht nur einen Freund von Bakura, sondern immer noch einen Konkurrenten um Mokubas Zuneigung.
 

"Du hättest aber nicht extra vorbeikommen müssen", nuschelte Ryou schließlich das Erste, was ihm einfiel, und schlug sich im nächsten Moment die Hand vor den Mund. Das hatte nicht sehr dankbar geklungen, sondern mehr wie ein Vorwurf. Ryuuji schien dies jedoch nicht so zu sehen, denn er lächelte nur und winkte ein weiteres Mal ab. "Kats hat mir erzählt, dass dein Vater ein ziemlicher Kontrollfreak ist und nicht will, dass du dich mit Bakura triffst." Was, zumindest in seinen Augen, wirklich ein ganz deutliches Anzeichen für einen miesen Charakter war. Wie konnte man seine eigenen Kinder nur absichtlich voneinander fernhalten?
 

Diese Gedankengänge sprach Ryuuji allerdings nicht laut aus. Das war definitiv nichts, womit er Ryou jetzt belasten wollte. Der Junge sah aus, als ginge ihm auch so schon genug im Kopf herum. "Ich dachte mir, wenn er dir das mit der Nachhilfe glauben soll, wäre es sicher besser, wenn ich dich abholen komme. Aber keine Sorge, ich komme gleich nicht mit, sondern lasse euch alleine. Du willst bestimmt unter vier Augen mit deinem Bruder sprechen, wenn ihr euch endlich mal wieder sehen könnt. Da will ich ganz bestimmt nicht stören", fuhr er stattdessen fort und Ryou unterdrückte ein erleichtertes Seufzen. Mokuba hat Recht. Ryuuji ist wirklich nett. Wenn er selbst nur nicht so schrecklich eifersüchtig wäre!
 

"Hattet ihr denn nicht andere Pläne für heute?", erkundigte Ryou sich in dem Versuch, das Gespräch nicht zum Erliegen kommen zu lassen. Mokuba hatte doch etwas mit seinen beiden Brüdern unternehmen wollen – oder auch nur mit Ryuuji alleine, falls Seto keine Lust dazu haben sollte. Hatte er diesen Plan etwa geändert? Vielleicht wegen dem, was am Vortag geschehen war? Ryou schluckte und wandte kurz den Blick ab, sah aber wieder auf, als sein Gegenüber den Kopf schüttelte.
 

"Nicht wirklich, nein", beantwortete Ryuuji die Frage, lehnte sich ein wenig zurück und verkniff sich nun seinerseits ein Seufzen. "Unsere Eltern", es war auch für ihn immer noch ein wenig seltsam, diese Worte auszusprechen, "kommen erst gegen Abend wieder und ich brauchte sowieso ein bisschen frische Luft." Er hatte zwar eigentlich kein wirkliches Ziel, aber er würde schon eine Beschäftigung für den Nachmittag finden, um sich die Zeit zu vertreiben, bis Ryou ihn anrief, um sich von ihm und Isono-san wieder nach Hause fahren zu lassen.
 

Das Halten des Wagens und kurz darauf das Öffnen der hinteren Tür unterbrach das Gespräch. So eilig, wie es möglich war, ohne allzu unhöflich zu erscheinen, stieg Ryou aus und verbeugte sich kurz vor Isono-san. "Vielen Dank fürs Herfahren", bedankte er sich und schwenkte dann zu Ryuuji um, der ebenfalls ausgestiegen war. Bevor er jedoch dazu kam, sich auch bei dem Schwarzhaarigen zu bedanken, hatte dieser ihn schon wie am Vortag kurz an sich gedrückt. "Viel Spaß, Ryou. Grüß Bakura von mir und denk dran, mich nachher anzurufen, ja?", bat er den Jungen und dieser nickte mit roten Wangen.
 

"Mache ich", versicherte er, löste sich von dem Älteren und blinzelte irritiert, als dieser ihm seine Englischsachen aus der Hand nahm. "Das musst du nicht mitschleppen. Ich geb's dir nachher wieder, wenn wir dich abholen. Und jetzt ab mit dir." Mit diesen Worten und einem Grinsen auf den Lippen gab Ryuuji Ryou einen Schubs und zwinkerte dem Jungen noch mal zu, ehe er sich zu Isono-san umdrehte und diesen bat, ihn später wieder abzuholen, damit sie gemeinsam Ryou nach Hause bringen konnten.
 

Ryou zögerte noch einen Moment, dann wandte er sich ab und lief los in Richtung des südlichen Parkendes. Dort hatten sein Bruder und er als Kinder oft zusammen gespielt und genau deshalb hatte er sich dort mit Bakura verabredet. Sobald er den Spielplatz erreicht hatte, der schon seit Jahren kaum noch benutzt wurde – die Stadtverwaltung hatte in einem vorderen Teil des Parks einen größeren und schöneren Spielplatz eingerichtet und dieser wurde heutzutage von den Eltern vorgezogen –, brach sich ein Lächeln auf seinem Gesicht Bahn, als er seinen Bruder erblickte, der bereits an das rostige Klettergerüst gelehnt dastand und offenbar nur auf ihn wartete.
 

"Kura!" Der freudige Aufschrei ließ den Angesprochenen aufschauen und bei dem Anblick seines kleinen Bruders, der voller Hast auf ihn zustürzte und dabei über das ganze Gesicht strahlte, schlich sich auch auf Bakuras Lippen etwas, das einem zufriedenen Lächeln sehr ähnlich sah. "Hey, Kleiner", begrüßte er seinen Bruder und dieser kam etwas außer Atem vor ihm zum Stehen. Er hatte seinem Bruder so viel zu sagen, wollte ihm so viel erzählen und ihn so viel fragen, aber im ersten Moment schnürte ihm die Wiedersehensfreude die Kehle zu und er brachte keinen Ton heraus.
 

Bakura, der das von seinem Bruder schon kannte, schob den Jungen einfach nur vor sich her zu den Schaukeln, deren Ketten zwar bedenklich knarrten und quietschten, die aber trotzdem noch robust genug waren, um ihrer beider Gewicht zu tragen – etwas, das er vorher selbstredend getestet hatte, denn er wollte ganz sicher nicht riskieren, dass sein kleiner Bruder sich verletzte. Nicht ausgerechnet dann, wenn sie sich endlich nach einer viel zu langen Ewigkeit ohne Kontakt mal wieder sehen konnten.
 

Allerdings, das war Bakura durchaus klar, war Ryou ganz sicher nicht nur hier, weil er Sehnsucht nach ihm gehabt hatte. Sicher, das mochte ein Teil des Grundes für Ryuujis Anruf vom Vorabend gewesen sein, aber es war ganz sicher nicht der Hauptgrund. Bakura kannte seinen Bruder gut genug um zu wissen, dass ihn irgendetwas sehr beschäftigen musste, wenn er den Zorn ihres gemeinsamen Vaters riskierte, um sich mit ihm zu treffen.
 

Was ihn auch gleich zu seiner ersten Frage brachte: "Wie hast du ihm eigentlich die Erlaubnis aus den Rippen geleiert, heute raus zu dürfen?" Immerhin, das wusste Bakura aus Erfahrung, waren im Haus seines Vaters die Wochenenden zum Lernen reserviert – eine Regel, die er selbst schon früher mit schöner Regelmäßigkeit ignoriert hatte; sicherlich ein weiterer Grund, warum sein Vater nie besonders gut auf ihn zu sprechen gewesen war. Ryou hingegen war eher harmoniesüchtig und lehnte sich eigentlich nie gegen ihren Vater auf. Wie mochte er es geschafft haben, dass dieser Kerl ihn trotzdem an einem Samstag freiwillig aus dem Haus ließ?
 

Bakuras Frage entlockte Ryou ein abgrundtiefes Seufzen. "Ich habe Vater erzählt, dass ich Ryuuji für heute um Nachhilfe in Englisch gebeten habe", gestand er und Bakura warf ihm einen halb anerkennenden, halb zweifelnden Blick zu. "Du hast gelogen?" Also das war neu. Ryou konnte nicht lügen. Er war der wohl ehrlichste Mensch der Welt und der schlechteste Lügner unter der Sonne. "Wie hast du's geschafft, dass er dir das abkauft?" Das interessierte ihn zugegebenermaßen wirklich brennend. Sollte Ryou sich in den letzten Wochen und Monaten, in denen sie keinen Kontakt gehabt hatten, so sehr verändert haben?
 

"Das war nicht meine Idee." Ryou zog eine unglückliche Grimasse. Manchmal hasste er es, dass er so leicht zu durchschauen war, wenn er log. "Ryuuji hat mir vorgeschlagen, dass ich das sagen sollte, wenn Vater fragt, warum ich gestern auf dem Parkplatz mit ihm gesprochen habe. Und vorhin hat er mich sogar abgeholt und sich bei Vater vorgestellt, damit es echt aussieht. Nachher soll ich ihn anrufen, damit er mich wieder nach Hause bringen kann", erzählte er und begann, mit seinen Schuhspitzen Muster in den Sand unter der Schaukel zu zeichnen, auf die sein Bruder ihn bugsiert hatte.
 

Dieses Verhalten Ryous, das für Bakura Bände sprach, ließ den Neunzehnjährigen dennoch nur nicken. Er hatte schon zwangsläufig dadurch, dass Ryuuji Katsuyas bester Freund war und daher viel Zeit mit ihnen verbrachte, selbst auch eine Menge mehr Kontakt mit dem Schwarzhaarigen, als er es sonst bei anderen Menschen schätzte. Allerdings konnte er nicht leugnen, dass Ryuuji bei weitem nicht so schlimm war, wie sein eigener erster Eindruck des Jüngeren, der hauptsächlich seiner Eifersucht entsprungen war, ihm hatte weismachen wollen. Ryuuji war, alles in allem betrachtet, kein übler Kerl.
 

Außerdem er hatte eine scharfe Beobachtungsgabe und konnte im richtigen Moment genau das Richtige sagen, wie ja allein die Tatsache bewiesen hatte, dass der Schwarzhaarige an seiner eigenen Versöhnung mit Katsuya nach seinem ›Ausflug‹ nicht ganz unbeteiligt gewesen war. Wenn Ryuuji es ihm nicht geraten hätte, hätte er selbst es sicher nicht über sich gebracht, sich bei Katsuya zu entschuldigen. Und dann hätten sie beide das, was zwischen ihnen war, heute ganz sicher nicht mehr – eine Vorstellung, bei der es Bakura innerlich schüttelte.
 

Seiner eigenen Gedankengänge bezüglich seines schwarzhaarigen Klassenkameraden zum Trotz behielt Bakura seinen Bruder ganz genau im Auge und so entging ihm der verkniffene Zug um Ryous Mund ebenso wenig wie das personifizierte schlechte Gewissen, das sich in seinem Gesicht abzeichnete. Zwar hatte Ryou seinen Kopf nach vorne gebeugt, so dass seine Haare seine Augen bedeckten, aber der Rest war deutlich genug.
 

"Du magst ihn nicht." Die Feststellung seines Bruders riss Ryou wieder aus seiner Versunkenheit. Erschrocken darüber, so durchschaut worden zu sein, sah er auf und senkte gleich wieder den Blick. "Doch, schon, aber …", setzte er an, brach ab und seufzte. "Das ist … kompliziert", nuschelte er dann und wäre um ein Haar hintenüber gekippt, als Bakura die Ketten der Schaukel packte und diese so zu sich drehte, dass sein kleiner Bruder ihn ansehen musste, ob er wollte oder nicht.
 

"Kompliziert?", hakte Bakura nach und Ryou schluckte hart. Da war sie, die Stunde der Wahrheit, die er gleichermaßen gefürchtet wie herbeigesehnt hatte. Einen Moment lang wollte er einfach nur die Lippen zusammenpressen und schweigen, doch dann purzelten die Worte auch schon förmlich aus seinem Mund: wie lange er schon in Mokuba verliebt war, wie sehr er sich für und mit Mokuba über die Erweiterung der Familie seines Freundes gefreut hatte, wie er Ryuuji kennengelernt und anfangs sehr nett gefunden hatte und wie er dann gemerkt hatte, dass Mokuba wohl zumindest ein bisschen für seinen neuen Stiefbruder schwärmte, wenn er nicht vollends in ihn verknallt war.
 

Ohne wirklich Luft zu holen erzählte Ryou seinem Bruder, wie eifersüchtig er war und wie sehr er sich dafür schämte, weil Ryuuji ja nun wirklich nichts für Mokubas Schwärmerei konnte, und er endete mit der Klassenfahrt, die er wegen der Nähe zu Mokuba so genossen hatte, und seinem Fauxpas im Aquarium, mit dem er nicht nur sich selbst, sondern auch Mokuba in ein Gefühlschaos allerersten Ranges gestürzt hatte.
 

"… und ich weiß nicht, ob wir nach gestern überhaupt noch Freunde sein können oder wie Mokuba reagieren wird, wenn wir uns am Montag in der Schule sehen. Ich hab solche Angst davor, dass er mich jetzt hasst. Und ich weiß, ich muss mich entschuldigen, aber ich weiß nicht, ob ich das kann, weil mir der Kuss wirklich nicht leid tut. Die Umstände schon, ja, aber der Kuss … der nicht", beendete der Fünfzehnjährige etwas atemlos seine Erzählung und sah seinen Bruder zögerlich an. Er hatte gerade zum allerersten Mal vor einem anderen Menschen und auch vor sich selbst laut zugegeben, dass er in einen seiner besten Freunde verliebt war, und er konnte absolut nicht einschätzen, was Bakura jetzt von ihm dachte. Hasste sein Bruder ihn jetzt? Verachtete er ihn? Hatte er ihn immer noch lieb?
 

Bakura nur ein wenig überfahren zu nennen von dem, was sein kleiner Bruder ihm da gerade erzählt hatte, wäre eine Untertreibung gewesen. Er hatte mit vielem gerechnet, aber ganz sicher nicht damit. Klar, dass der Kleine sich mies fühlte, wenn er in so einem Dilemma steckte. Zum allerersten Mal verliebt und dann gleich so was – es gab definitiv angenehmere Arten zu entdecken, dass man auf das eigene Geschlecht stand und nicht auf das andere.
 

Um ein Haar hätte der Neunzehnjährige geschmunzelt – offenbar waren sein Bruder und er sich in manchen Sachen noch sehr viel ähnlicher als gedacht –, aber er unterdrückte den Impuls und legte stattdessen eine Hand unter das inzwischen wieder herabgesunkene Kinn Ryous, um diesen so sanft dazu zu zwingen, ihm wieder in die Augen zu sehen. "Du und der kleine Kaiba also, ja?", versicherte er sich des Gehörten und Ryou errötete heftig, nickte aber dennoch, soweit Bakuras Griff das zuließ. "Ja, ich …", begann er, beendete seinen Satz aber nicht. "Hasst du mich jetzt?", fragte er stattdessen zittrig und atmete erleichtert auf, als sein Bruder gleich den Kopf schüttelte.
 

"Ich könnte dich nie hassen, Ryou. Ganz egal, was du anstellst oder in wen du verliebt bist. Du bist und bleibst mein Bruder und ich liebe dich." Eigentlich waren das Worte, die er nicht in den Mund nahm, aber als die großen, sanften braunen Augen seines kleinen Bruders pure Erleichterung zeigten, schob Bakura den Gedanken daran, dass so etwas ganz und gar untypisch für ihn war, in die hinterste Ecke seines Bewusstseins. Wenn es das war, was Ryou hören musste, um zu begreifen, dass seine Gefühle nichts Verwerfliches waren, dann würde er es dem Jungen notfalls immer und immer wieder sagen.
 

"Danke, Bakura." Ryou schniefte leise und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers über die Augen, um die aufkeimenden Tränen loszuwerden. Er wollte jetzt ganz bestimmt nicht heulen, aber er konnte auch nichts dagegen tun, dass seine Augen gleich wieder feucht wurden. Er wusste ganz genau, dass Bakura solche Worte wie ›Liebe‹ eigentlich nicht benutzte. Dass der Ältere ihm dennoch gesagt hatte, dass er ihn liebte und dass er ihn nie hassen würde, machte die Worte nur umso wertvoller für ihn. Und dass Bakura ihn wie früher, wenn er als Kind geweint hatte, auch jetzt in seine Arme zog und zuließ, dass er ihm mit seinen Tränen das Shirt durchnässte, tat einfach nur gut.
 

Wie lange er so einfach stumm geweint hatte, hätte Ryou hinterher nicht zu sagen gewusst. Nach einer gefühlten und doch irgendwie viel zu kurzen Ewigkeit löste er sich dennoch wieder von seinem Bruder, kramte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich entschlossen über die Augen. Genug der Tränen! Er war ganz bestimmt nicht hergekommen, um zu heulen. Er hatte seinen Bruder sehen und mit ihm reden wollen. Und nachdem Bakura ihm schon gesagt hatte, dass er ihn immer noch liebhatte und ihn nicht für seine Gefühle verachtete, war Ryou fest entschlossen, sich nicht länger von dem unterkriegen zu lassen, was er so lange mit sich herumgetragen und vor allen verborgen hatte. Solange Bakura zu ihm stand, solange konnte ihm nichts passieren. Diese Wirkung hatte sein großer Bruder früher schon auf ihn gehabt und Ryou stellte mit einem winzigen Lächeln fest, dass sich das nicht geändert hatte. Bakura war immer noch seine Anlaufstelle und der Mensch, bei dem er sich am sichersten fühlte.
 

"Übrigens musst du dir wegen Ryuuji keine Sorgen machen. Der hat absolut kein Interesse an Mokuba. Jedenfalls nicht so." Auf diese Worte hin sah Ryou seinen Bruder überrascht an. "Woher weißt du das?", hakte er neugierig nach, aber Bakura antwortete nicht sofort. Das, was er bei dem Gespräch zwischen Katsuya und Ryuuji in ihrer heimischen Küche gehört hatte, war eigentlich privat und ging Ryou nicht wirklich etwas an. Aber, sinnierte Bakura, wenn er vor der Wahl stand, ob er die Privatsphäre eines Klassenkameraden verletzte, um seinem kleinen Bruder zumindest einen Teil seiner Angst zu nehmen, dann gewann sein Bruder haushoch.
 

"Weil der in den großen Kaiba verliebt ist", gab Bakura daher äußerlich völlig ungerührt zur Antwort und Ryous Augen wurden groß und kugelrund. "Ryuuji ist in Seto verliebt?", fragte er ungläubig und ächzte leise, als Bakura ihm das Gesagte noch einmal mit einem Nicken bestätigte. Nach allem, was Mokuba in der Schule immer über die Streitereien zwischen seinem Bruder und seinem Stiefbruder erzählt hatte, war das ja wohl absolut aussichtslos.
 

"Der arme Ryuuji!", entfuhr es Ryou und auf Bakuras Lippen legte sich ein breites Grinsen. "Gerade erzählst du mir noch, dass du seinetwegen so eifersüchtig bist, und jetzt tut er dir plötzlich leid?", neckte er den Jüngeren und dessen Wangen röteten sich wieder, aber er nickte trotzdem. "Ja, irgendwie schon. Mokuba zufolge hat Seto ein paar ziemlich gemeine Sachen über Ryuuji gesagt. Aber als Mokuba ihm das erzählt hat, hat er nur gemeint, das wäre ihm egal. Aber das war es dann ja bestimmt doch nicht", vermutete Ryou, ohne zu ahnen, wie nahe er der Wahrheit damit kam. "Das muss doch schlimm für Ryuuji sein."
 

Du hast ja keine Ahnung, Ryou, dachte Bakura bei sich, doch er sprach diese Worte nicht aus. Er selbst hatte am Freitag durchaus gesehen, wie sehr Kaibas Worte seinem schwarzhaarigen Klassenkameraden zugesetzt hatten, aber das war ganz sicher nichts, was er Ryou zu erzählen gedachte. Immerhin wollte er seinem kleinen Bruder kaum erklären, dass er bereits am Freitag den Drang verspürt hatte, dem reichen Pinkel für sein Verhalten eine ordentliche Abreibung zu verpassen. Nach allem, was Ryuuji während seiner Abwesenheit für Katsuya und hinterher auch für ihn selbst getan hatte, fühlte er sich immer noch in seiner Schuld. Vielleicht konnte er diese Schuld ja dadurch begleichen, dass er sich Kaiba mal zur Brust nahm und dafür sorgte, dass dieser besser aufpasste, was er sagte und wen er mit seinen Worten verletzte.
 

Da das allerdings etwas war, was sein kleiner Bruder ganz sicher nicht gutheißen würde – Ryou war ein ziemlicher Pazifist und mochte Schlägereien ganz und gar nicht –, behielt Bakura seine diesbezüglichen Gedankengänge auch jetzt für sich. Er hatte nicht einmal Katsuya bisher erzählt, dass er plante, mit Kaiba ein paar sehr deutliche Takte zu sprechen, denn er bezweifelte, dass der Blondschopf sich davon würde überzeugen lassen, ihn dieses Gespräch mit ihrem brünetten Klassenkameraden unter vier Augen führen zu lassen. Und bei Katsuyas explosivem Temperament war die Gefahr, dass er, wenn er sich erst mal in Rage geredet hatte, versehentlich etwas herausposaunte, was Ryuuji ganz sicher lieber für sich behalten wollte, einfach zu groß. Dieses Risiko wollte Bakura lieber nicht eingehen.
 

Der abwesende Blick seines großen Bruders entging Ryou nicht. "Kura? Alles okay?", fragte er zaghaft, doch das reichte aus, um den Angesprochenen wieder in die Realität zurückzuholen. "Alles gut", beruhigte er den Jungen und machte sich dann daran, ihn von seinen eigenen ungewohnten Anwandlungen abzulenken und seine Gedanken wieder auf den eigentlichen Grund ihres heutigen Treffens zu lenken. Darüber, wann und wie er selbst sich mit dem älteren der beiden Kaiba-Brüder auseinandersetzen würde, konnte er auch später noch nachdenken, wenn er zu Hause war. Jetzt ging Ryou erst mal vor.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, fürs Erste war's das schon wieder. Ich hoffe, ihr bleibt mir gewogen und ich komme bald dazu, weiterzuschreiben.

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  night-blue-dragon
2018-09-11T17:23:00+00:00 11.09.2018 19:23
Hi,

eigentlich mag ich keine unfertigen FF's lesen und war mir mit dieser hier - nach den ersten Kapiteln - gar nicht so sicher, ob ich sie überhaupt lesen möchte. Ist nicht so wirklich meins, wenn alle schwul sind und lediglich die Eltern 'normal', wäre sonst auch blöd, da es wohl kaum Nachwuchs geben würde.^^
Dennoch haben die ersten Kapitel es geschafft mich an die Geschichte zu binden und nun sitze ich hier und frage mich, wie es wohl weitergehen wird. *seufz*

Ich mag das Pairing Seto x Ryuuichi sehr und möchte die beiden einfach nur nehmen und sie durchschütteln, bis sie begreifen, was sie füreinander empfinden, aber diese Erkenntnis wird ihnen wohl erst viel, sehr viel später kommen. Bei dem dem großen Streit zwischens Seto und Ryuuichi, hab ich immer gehofft, dass Seto mehr von sich preisgibt, als er will, aber nein, es war Ryuuichi der zuviel redete und dann noch das Falsche. *seufz*
Aber es war mehr als verständlich.
Ich bin nun echt neugierig wie Setos Gefühle ans Tageslicht kommen, bzw. beide erfahren, wie der andere fühlt. Entweder finden sie es selbst heraus oder Bakura mischt sich ein oder die jüngeren Brüder tratschen und es kommt über diesen Weg hinaus.
Yami wird sicher mal von Tristan getröstet, der bis jetzt noch keine Rolle hat (oder ich hab das einfach mit den japanischen Namen übersehen) und ja auch als ein Bad Boy gilt, wenn ich mich recht erinnere.

Ich finde es gut, dass Seto einen liebevollen Vater hat und es nicht dessen Schuld ist, dass Seto so ist wie er ist.
Es gibt soviel, dass ich schreiben könnte, aber das würde diesen Rahmen wohl doch sprengen.
Naja, ich kann nur hoffen, dass ich das Ende deiner Geschichte noch erlebe. *zwinker*

glg night-blue-dragon


Von:  -Pharao-Atemu-
2018-07-03T00:14:41+00:00 03.07.2018 02:14
Uff so habe nun non stop durch gelesen seit gestern und bin nun bei Kapitel 20
UFF
Okay also
Ich bin hin und weg davon wie die beiden Deppen die ganze Zeit umeinander schleichen wie zwei Raubkatzen ums fette Fleischstück.
Seto tut mir sehr leid, seine Emotionen plötzlich so durcheinander zu wissen, seine Gefühle kennen zu lernen, ist echt heftig.
Auch Ryuuichi tut mir sehr leid, die beiden sind echt Bemitleidenswert doof.
Ich hoffe irgendwie dass Moki das mitbekommt und die Sache in die Hand nimmt. XD
Antwort von: Karma
04.07.2018 11:22
Hi!

Freut mich, dass es noch jemanden gibt, der mit den beiden Dusseln mitleidet.
:D
Leicht mach ich's ihnen ja wirklich nicht. Und ich fürchte, das wird eher schlimmer als besser werden. Ich hab noch einiges an Drama geplant.

Was Mokuba betrifft: Der ist im Moment sehr mit sich selbst beschäftigt und sehr verwirrt. Inwieweit er das Dilemma seiner Brüder bemerkt, wird sich zeigen.
;)
Von:  jyorie
2018-06-14T05:22:17+00:00 14.06.2018 07:22
o͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡╮(。❛ᴗ❛。)╭o͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡͡ Hi,

Duke ist soooo ein lieber Kerl. Ich finde es sehr süß, wie er sich um die anderen Kümmert. Ich glaub das ist auch ein bisschen ein Ding, das er nicht an der ganzen Sache zerbricht, wenn man sieht das man mit ähnlichen Schmerzen nicht allein ist. (Geteiltes Leid ist halbes Leid). Und wenn Mokuba ihn mag und er jemand in der Familie (außer seine Mutti) hat, er ihn echt und offen willkommen heißt ist das Balsam für ihn. Und ein bisschen hab ich mich auch über Setos Eifersucht gefreut, als er die beiden gesehen hat^^°

Wow, die Idee, wie er Ryou und Bakura zusammen gebracht hat, war auch toll. Hoffentlich hält Ryou danach dicht, wäre schade wenn er sich so eine Möglichkeit verbaut und den Vater noch misstrauischer macht.

Ich bin gespannt ob Bakura etwas bewirken kann, ich kann mir gut vorstellen, das seine Methoden ziemlich Brecheisenartig radikal sind. Dafür freu ich mich aber, das Duke bei ihm einen Stein im Brett hat, weil er ihm den Richtigen schubs bei Joey gegeben hat, das das zu kitten war.

CuCu Jyorie

Antwort von: Karma
14.06.2018 21:08
Hi du,

freut mich, dass es dir gefallen hat.
:)

Und ja, mit deiner Vermutung liegst du ganz richtig. Ryuuji stürzt sich jetzt gerade voller Elan in die Hilfe für Mokuba und Ryou, um sich von sich selbst abzulenken. Unglücklich verliebt zu sein ist ja eh schon nicht leicht. Und wenn man dann noch glaubt, dass derjenige, dem die eigenen Gefühle gelten, einen hasst ... Macht's nicht einfacher. Mir tut der arme Kerl auch so ein bisschen leid. Und ich fürchte, es wird nicht unbedingt besser für ihn. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Ich bin so gemein.
*mich selbst schlag*

Ja, Ryou und Bakura ... Ich mag solche Brüderkisten unheimlich gerne und hab eh immer viel Spaß daran, Grummelkura zu schreiben. Der geht mir eigentlich in jeder Story, in der ich ihn verwurste, so ziemlich am leichtesten von der Hand. Sollte mir das zu denken geben?
XD

Was Bakuras geplantes Gespräch mit Seto betrifft ... Ich lass mich da selbst überraschen. Das kam irgendwie beim Schreiben ganz spontan, aber die Idee gefällt mir immer besser. Ich weiß zwar noch nicht, ob, wie und wo ich das unterbringen kann, aber mir fällt schon was ein.
^___^

Ich hoffe, du hast auch weiterhin Spaß an der Story. Ich hab ihn auf jeden Fall, auch wenn ich nicht so oft zum Schreiben komme, wie ich es gerne hätte.
^^°

Bis zum nächsten Mal!

Karma
Von:  Soichiro
2018-06-13T09:01:01+00:00 13.06.2018 11:01
Hey :D

Erst einmal, ich freu mich riesig, dass es weitergeht :)
Und da ich die Story wirklich super gern mag, komm ich auch mit dem Warten klar :D
Mir ist generell aufgefallen, dass es mir super leicht gefallen ist direkt wieder in die Geschichte hinein zu finden und das spricht eindeutig für die Story

So und nun zum Kapitel:
Bakura könnte ich gerade wirklich knutschen! *~*
Es ist einfach zuckersüß, dass er über seinen Schatten springt um seinem kleinen Bruder jede Angst zu nehmen! Und ich freue mich sehr für die Beiden, dass das mit dem Treffen geklappt hat! :D
Ich hatte wirklich schon befürchtet, dass das Treffen aus irgendwelchen Gründen ins Wasser fallen könnte.
Doch ihr Vater macht mich wirklich sauer. Der Kerl geht gar nicht! Seine Söhne können einem ja nur Leid tun!
Und ganz ehrlich....ich liebe die Idee, dass Bakura mit Seto reden will. Das wird sicherlich ein sehr interessantes Gespräch, auch wenn Seto damit sicherlich nicht rechnet.
Und auch wenn es mir für Katsuya leid tut, ich verstehe vollkommen, warum Bakura sich so sicher ist, dass es besser ist ihn nicht dabei zu haben. Ich will gar nicht wissen, was ihm so alles herausrutschen könnte, wenn er richtig sauer wird xD

Und Seto macht sich das Leben wirklich selbst schwer. Bei ihm fehlen mit manchmal wirklich die Worte!
Wobei er mir gleichzeitig auch wirklich leid tut, weil er sich so sicher ist absolut keine Chance zu haben.
Ach Mensch...die Zwei machen einen fertig X_X

Ich bin sooooo gespannt darauf zu lesen wie das alles weitergehen wird :D

liebe Grüße
Soichiro
Antwort von: Karma
13.06.2018 19:12
Aaaww, danke dir für den lieben und ausführlichen Kommentar. Bin leider noch auf der Arbeit und kann deshalb nicht allzu lange antworten, aber es freut mich auf jeden Fall, dass es dir gefallen hat. Ich hoffe, meine Muse ist auch weiterhin so fleißig.


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