Der Detektiv, der mich liebte von oOLunaOo ================================================================================ Prolog: -------- Unaufhörlich tropfte das Wasser in die Pfütze am Boden der trostlosen kalten Lagerhalle. Es war ein leises stetes Geräusch, das gespenstisch in dem verlassenen Gebäude widerhallte. In einer der dunklen Ecken kauerte die Gestalt einer jungen Frau. Sie zitterte, ob wegen der Kälte oder der Schmerzen, die sie erleiden musste, da ihr Körper von blutigen Verletzungen gezeichnet war, die ihr zweifelsohne durch Gewalt zugefügt wurden. Sie wusste, dass derjenige, der sie hier festhielt nur mit ihr spielte, um einen besonderen Mann in der Stadt herauszufordern und wenn dieser Mann nicht bald hier auftauchen würde, würde dieses Spiel tödlich für sie enden… Langsam hörte sie Schritte auf sich zukommen, ehe jemand vor ihr in die Knie ging und grob ihren Haaransatz packte, um ihr zerschundenes Gesicht sehen zu können. „Na, meine Süße? Glaubst du immer noch, dass er kommt, um dich zu retten?“, fragte eine belustigte Stimme. Die junge Frau hob trotzig den Blick und schaute ihren Entführer direkt an. „Ja, ich weiß, dass er kommen wird“, gab sie ungehalten zurück. „Ich hoffe für dich, dass du Recht behältst.“ Mit Entsetzen stellte die junge Frau fest, dass ihr Gegenüber ein Messer in der Hand hielt. „Weißt du…er war noch nie sehr kontaktfreudig und aus seinen Mitmenschen macht er sich auch nicht viel. Wieso sollte er also so ein dummes kleines Mädchen retten?“ Die Stimme des Entführers war direkt neben ihrem Ohr und kurz darauf spürte sie, wie die Spitze des Messers über ihren Hals kratzte und ein blutiges Rinnsal hinterließ. „Er wird kommen“, beharrte sie. „Aber ich habe keine Lust mehr zu warten. Wir sollten dieses Spiel hier und jetzt beenden.“ Die Messerklinge drückte stärker gegen ihre Kehle. Panik stieg in ihr auf und ein verzweifeltes Schluchzen kam über ihre Lippen. Ohne ihn wäre sie verloren und würde als zerschundene Leiche in dieser trostlosen Lagerhalle enden. „Bringen wir’s zu Ende“, flüsterte die Stimme des Entführers; sein Atem streifte ihre Haut, was ein Gefühl des Ekels in ihr aufsteigen ließ. Gleichzeitig wurde ihr jedoch bewusst, dass ihre Aussicht auf Rettung immer mehr schwand und vermutlich an ein Wunder grenzen würde. Verzweifelt schloss sie die Augen und wartete darauf, dass der Entführer sein grausames Werk vollenden würde. Sie wartete nur darauf, dass es endlich vorbei war, doch plötzlich hörte sie erneut Schritte in der Halle, die hastig auf sie zukamen. Dann schrie eine vertraute Stimme ihren Namen. „KATIE!“ … Eine schicksalhafte Nacht ------------------------- Einige Monate zuvor… Katie Miller seufzte frustriert, als sie die Einnahmen der vergangenen Tage, die sie in der Cocktailbar gearbeitet hatte, zu ihren bisherigen Ersparnissen legte. Missmutig blickte die junge Frau auf die bunte Blechdose, die in ihrer Kindheit immer zur Aufbewahrung von Keksen verwendet wurde. Jetzt diente sie Katie als Spardose, doch leider war sie als solche nicht einmal halb so voll, wie es ihren Wünschen entsprach. Vielleicht würde sich das Geld ja auf wundersame Weise vervielfältigen, wenn man es nur lange genug anstarrte. Die junge Frau schüttelte den Kopf, sodass ihr ihre langen braunen Haare ins Gesicht fielen. Sie war sicher wieder überarbeitet und hatte deshalb solche wirren Gedanken. Mit einem erneuten Seufzen wandte sie sich von ihren kargen Ersparnissen ab und ließ sich stattdessen auf ihr Bett fallen, das unter der plötzlichen Last leicht nachgab. Nachdenklich schaute sie an die Decke. Wie lange sollte das noch so weitergehen? Tag für Tag schuftete sie in dieser Cocktailbar in der Innenstadt, oftmals bis spät in die Nacht und brachte doch keinen Cent zum anderen. Wenn das so weiterginge, konnte sie sich ihren Traum wirklich an den Hut stecken. Schon als Kind hatte Katie davon geträumt eines Tages einen eigenen Blumenladen zu besitzen, doch da ihre Eltern keine Millionäre waren, musste sie sich das Geld dafür mühsam zusammensparen und hatte daher den Job in der Cocktailbar in der Nähe des Piccadilly Circus angenommen. Vielleicht schaffte sie es ja eines Tages wirklich genug Geld zusammen zu haben, um ihren Traum zu verwirklichen. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, ehe ihr nach dieser anstrengenden Nachtschicht die Augen zufielen und sie schließlich einschlief. Auch am folgenden Abend wurde Katie die Ehre zuteil, die Spätschicht in der Bar zu übernehmen, da überraschend jemand von ihren Kollegen ausgefallen war. Großartig, dachte sie, das hieß mal wieder bis in die frühen Morgenstunden zu arbeiten. Sie konnte es kaum erwarten! Dennoch zog sie sich am frühen Abend ihre Arbeitskleidung über, die aus schwarzen Hosen und einem roten Poloshirt bestand und warf noch einmal einen prüfenden Blick in den Spiegel. In einer Stunde müsste sie in der Bar sein und es war höchste Zeit sich auf den Weg zu machen, wenn sie rechtzeitig ankommen wollte. Schnell warf sie sich ihre Jacke über und nahm die Wohnungsschlüssel von der Kommode, ehe sie ihre vier Wände verließ und sich auf den Weg zur Arbeit machte. Hätte sie gewusst, was für eine furchtbare Überraschung der Abend für sie bereithielt, hätte sie die Bitte für ihren Kollegen einzuspringen sicher abgelehnt… Ihre Schicht in der Cocktailbar schien sich an diesem Abend ewig hinzuziehen. Katie fragte sich, ob die Gäste sich alle gegen sie verschworen hatten, da sie einfach nicht nach Hause gehen wollten und somit verhinderten, dass Katie in ihren wohlverdienten Feierabend gehen konnte. Seufzend lehnte sich die Braunhaarige gegen den Tresen und warf eines der Geschirrhandtücher über die Spüle. „Nimmt das denn gar kein Ende heute?“, fragte sie frustriert und strich sich einige vorwitzige Haarsträhnen hinter die Ohren. „Ich weiß, was du meinst“, stimmte ihr ihre Kollegin Sarah zu, mit der sie sich eigentlich ganz gut verstand. „Heute ist wirklich viel los und es scheint auch nicht so schnell Schluss zu sein.“ „Ja, leider“, murmelte Katie. „Naja, meckern hilft auch nicht. Lass uns weitermachen“, meinte Sarah dann und holte die nächsten Gläser aus dem Schrank, um darin Cocktails zu mixen. „Na, schön“, seufzte Katie und ging dazu über, die bereits benutzten Gläser zu spülen. Nach weiteren drei Stunden hatten schließlich auch die letzten Gäste die Bar verlassen. Als Katie einen Blick zur Wanduhr warf, zeigte diese bereits drei Uhr morgens an. Na toll, bis sie hier alles in Ordnung gebracht hatten und sie den Laden endlich verlassen konnte, würde sie vor vier Uhr nicht zu Hause sein und dabei war sie wirklich müde. Sie konnte ihr Bett förmlich schreien hören. Dennoch trotzte sie ihrer Müdigkeit und half Sarah noch dabei, die ausgetrunkenen Gläser, die noch vereinzelt auf den Tischen standen, wegzuräumen. Wie Katie es vermutet hatte, war es bereits halb vier, als sie endlich fertig waren. „Endlich fertig“, stellte die Braunhaarige erleichtert fest. „Du sagst es. Lass uns nach Hause gehen, ich bräuchte dringend ein bisschen Schlaf“, stimmte Sarah zu und schulterte ihre Tasche. Katie nickte nur und folgte ihr schließlich nach draußen. Kaum war sie auf die Straße getreten, schlug ihr sofort die kalte Nachtluft entgegen, was sie dazu veranlasste, den Kragen ihrer Jacke aufzustellen. „Soll ich dich noch ein Stück begleiten, Katie?“ Sarahs Stimme drang wieder an ihr Ohr. „Nein, ist schon in Ordnung. Du musst meinetwegen keinen Umweg machen“, winkte Katie ab. „Na gut, dann sehen wir uns morgen“, meinte ihre Kollegin, ehe sie sich verabschiedete und in der nebligen Nacht verschwand. Katie sah ihr nach und mit einem Mal hatte sie ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Irgendetwas sagte ihr, dass sie Sarahs Angebot besser angenommen hätte. „Sei nicht albern, Katie!“, rief sie sich selbst zur Ordnung. Sie war schon unzählige Male nachts alleine nach Hause gelaufen. Was sollte denn ausgerechnet heute passieren?! Kopfschüttelnd trat sie den Heimweg an. Gedankenverloren lief Katie durch die nächtlichen Straßen von London. Obwohl es fast vier Uhr war, war immer noch jede Menge los. Vor allem Taxis waren noch unterwegs, um vermutlich die letzten Schnapsleichen einer durchzechten Nacht einzusammeln. Katie beschleunigte ihre Schritte. Mittlerweile war ihr kalt und sie wollte einfach nur noch ins Bett. Sie hatte ihre Wohnung schon fast erreicht, als sie plötzlich einen entsetzten Schrei hörte, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Einen Moment stand sie wie angewurzelt da und eine einzige Frage schoss ihr durch den Kopf. Woher war dieser markerschütternde Schrei gekommen?! Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren, während sie fieberhaft überlegte, was sie nun tun sollte. Sollte sie es ignorieren und einfach nach Hause gehen oder sollte sie der Ursache des Schreis auf den Grund gehen? Ihr Verstand sagte ihr, dass sie lieber nach Hause gehen sollte, doch leider war Katie viel zu neugierig und so lief sie in die Richtung, aus der der Schrei vermutlich gekommen war. Es dauerte nicht lange, bis sie in einer dunklen Seitenstraße eine Gestalt ausmachte. Katie konnte die Person zwar nur schemenhaft erkennen, doch die schlanke, zierliche Silhouette verriet ihr, dass es sich vermutlich um eine Frau handelte. Katie konnte ob der Dunkelheit nicht viel sehen, doch die Person taumelte ein paar Schritte zur Seite und krümmte sich plötzlich. Da dies für gewöhnlich keine normale Körperhaltung war, ging die Braunhaarige davon aus, dass der Schrei von ihr gekommen war. Sie wollte gerade auf die Frau zugehen, um sie zu fragen, ob sie ihr irgendwie behilflich sein könnte, als das Auftauchen einer weiteren Person sie innehalten ließ. Dieser Umriss gehörte eindeutig zu einem Mann. Katie kam der peinliche Gedanke, dass sie die beiden vielleicht gerade bei etwas Bestimmtem störte. Wie sehr sie sich doch irrte! Bevor sie diesen Gedanken noch weiter verfolgen konnte, drangen Gesprächsfetzen an ihr Ohr. „B-bitte tun Sie das nicht…“, schniefte die Frau, ihre Stimme klang völlig erstickt. „Es tut mir wirklich leid. Ich habe Ihrem Mann mehrmals gesagt, dass er das Geld rechtzeitig bezahlen soll und andernfalls härtere Maßnahmen nötig sind. Nun, ich bedaure es sehr, dass Ihr Mann der Zahlungsaufforderung nicht nachgekommen ist. Jetzt muss ich leider andere Seiten aufziehen“, erwiderte der Mann mit gespieltem Bedauern. „Bitte…geben Sie ihm noch eine Chance. Er wird das Geld sicher bezahlen, bitte…“ Die Frau hatte die Hände ineinander gelegt und streckte sie ihrem Entführer flehentlich entgegen. „Ich gebe keine zweiten Chancen“, zischte der Mann und zu Katies Entsetzen zog er eine Pistole aus seinem langen Mantel. Sofort richtete er sie auf den Kopf der Frau, die in der Zwischenzeit auf die Knie gesunken war. „Bitte nicht…“, hörte Katie sie noch flüstern, doch der Entführer verstand offensichtlich wirklich keinen Spaß. Er achtete nicht weiter auf die flehende Frau zu seinen Füßen. Er spannte lediglich den Hahn der Pistole und richtete sie erneut auf sein Opfer, das jetzt nur noch ein Wimmern von sich gab. Dann herrschte kurz eine unheimliche Stille, ehe der Mann eiskalt den Abzug betätigte und die Waffe damit abfeuerte. Ein ohrenbetäubender Knall, der Katie fast das Trommelfell zerriss, erschütterte ganz London. Katie sah nur noch, wie augenblicklich das Blut in alle Richtungen spritzte und den dunklen Asphalt noch mehr befleckte, bevor die Frau zu Boden fiel und reglos liegen blieb. Katie hatte das Szenario fassungslos beobachtet. Sie konnte es nicht glauben – dieser Typ hatte die Frau eiskalt umgebracht! Sie war soeben Zeugin eines eiskalten Mordes geworden! Augenblicklich schrillten alle Alarmglocken in ihr los. Ihr Verstand schrie sie an, so schnell wie möglich wegzulaufen, doch sie war unfähig sich zu bewegen; sie war einfach zu geschockt. Erst als ihr bewusst wurde, dass sie verschwinden musste, bevor der Mörder sie womöglich noch entdeckte und auch noch auf sie Jagd machte, kehrte wieder Leben in ihren Körper zurück. So unauffällig wie möglich versuchte sie sich vom Ort des Verbrechens zu entfernen. Sie wollte gerade los laufen, als unglücklicherweise alles schiefging. Denn bevor sie in die Schatten der Seitenstraße zurückweichen konnte, wurde der Mörder auf sie aufmerksam. „Wer ist da?!“, rief er, als er ihren Umriss erkannte. Katie gab keine Antwort; stattdessen drehte sie sich um und rannte los, in der Hoffnung, dass sie die Hauptstraße lebend erreichen würde. Sie wusste, dass der Mörder ihr folgte, denn sie konnte hören, wie seine Schritte auf dem Asphalt widerhallten. Panisch rannte sie auf die Hauptstraße zurück, wagte es jedoch nicht, zu ihrer Wohnung zu laufen, da sie dort sicher in der Falle sitzen würde. Also rannte sie zurück Richtung Innenstadt und hoffte, dass sie den Mörder abhängen und jemanden finden könnte, der ihr helfen würde. Sie rannte so schnell ihre Beine sie tragen konnten und wechselte dabei immer wieder die Richtung. Müdigkeit und Angst machten ihr zu schaffen, sodass sie irgendwann einfach in jemanden hinein rannte, der sie überrascht auffing. Panisch schaute sie auf und blickte in ein fragendes Gesicht. Es war ein Mann, der sie besorgt musterte. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ Katie schaute sich hektisch um, konnte ihren Verfolger aber nicht entdecken. „Brauchen Sie Hilfe?“, fragte der Mann erneut. Katie schaute wieder zu ihm auf. „Ja, bitte Sie müssen mir helfen. Da war dieser Mann und er hat diese arme Frau erschossen. Aber dann hat er mich gesehen und hat mich durch die halbe Stadt gejagt…oh Gott, bitte helfen Sie mir.“ Katie war den Tränen nahe. Ihr Gegenüber wollte gerade etwas erwidern, wurde aber von seinem Begleiter unterbrochen. „Ein Mordfall und dann auch noch eine lebende Augenzeugin. Wie interessant.“ Katie blickte zum Besitzer dieser tiefen Stimme. Er war ein Stück größer als der andere, hatte lockige dunkle Haare und helle wachsame Augen, während der Rest von ihm in einen langen dunklen Mantel gehüllt war. „Sie finden es interessant? Soll ihr das vielleicht helfen, der Mörder hat sie gejagt und sucht vermutlich immer noch nach ihr“, bemerkte der andere. „Ja, eine natürliche Reaktion. Begleiten Sie uns doch, ich möchte mehr über Ihr nächtliches Erlebnis erfahren.“ Ohne eine Antwort abzuwarten setzte sich der Größere in Bewegung und sein Begleiter seufzte. „Kommen Sie, er erwartet, dass Sie mitkommen und bei uns passiert Ihnen auch nichts“, versprach dieser dann und schob sie sanft vor sich her. Katie wusste zwar nicht, wem sie da in die Arme gelaufen war, aber sie hatte das Gefühl, dass sie den beiden vertrauen konnte und das war zumindest besser, als vor einem Mörder zu fliehen, der es jetzt auf sie abgesehen hatte. Also folgte sie den beiden Männern zu einem ihr unbekannten Ziel… Willkommen in der Baker Street ------------------------------ Katie folgte den beiden Unbekannten durch die halbe Innenstadt, bis sie irgendwann in eine Straße einbogen. Die Braunhaarige erhaschte einen Blick auf das Straßenschild an einem der aus Ziegelsteinen erbauten Häuser und stellte fest, dass sie sich in der Baker Street befand. Die beiden Männer liefen zügig die Straße entlang; Katie hielt sich dicht neben demjenigen, der sie aufgefangen hatte und dessen Namen sie nach wie vor nicht kannte, ganz zu schweigen von dessen Begleiter. Obwohl sie bei den beiden offensichtlich in Sicherheit war, konnte sie nicht verhindern, dass sie immer wieder einen nervösen Blick über ihre Schulter warf, nur um jedes Mal erleichtert festzustellen, dass ihr der Mörder nicht mehr auf den Fersen war. Schließlich blieben die beiden vor einer Tür stehen; offenbar waren sie an ihrem Ziel angekommen. Katie schaute zu dem Haus auf, vor dem sie zum Stehen gekommen waren. Es war ebenfalls aus Ziegelsteinen gebaut, da es allerdings recht groß wirkte, bezweifelte sie, dass die beiden alleine darin wohnten. Es musste sich also lediglich um eine Wohnung handeln, die sich die beiden nach Katies Auffassung anscheinend teilten. Direkt neben dem Haus befand sich ein kleines Café, das um diese Uhrzeit jedoch geschlossen war und seine Markise eingefahren sowie die Rollläden heruntergelassen hatte. Ihr Blick huschte zurück zu dem Wohnhaus. Auf der dunkelgrün angestrichenen Tür prangte in Messingziffern die Hausnummer 221B. Auf eben diese Tür ging der Größere nun zu und öffnete sie. Dann verschwand er im Inneren des Hauses und schien darauf zu warten, dass sie ihm folgen würden. Der andere seufzte nur und zog Katie schließlich mit sich, worauf sie ihm wohl oder übel folgte. Er führte sie eine schmale Treppe hoch in den zweiten Stock des Hauses, wo allem Anschein nach die gemeinsame Wohnung lag. Oben angekommen wartete der Dunkelhaarige bereits auf sie. Kaum waren sie eingetreten, schloss er auch schon die Tür hinter ihnen und drehte sich dann mit einem erwartungsvollen Blick zu Katie um. „Erzählen Sie mir die Geschichte und lassen Sie kein Detail aus“, forderte er sie auf. „Ähm, na schön…“, gab Katie etwas überrumpelt von sich und hörte sich dabei sicher wie eine komplette Idiotin an. Sie wollte gerade ansetzen, als sie von dem anderen unterbrochen wurde. „Also wirklich, Sherlock. Haben Sie denn gar kein Taktgefühl? Das Mädchen wurde von einem Mörder verfolgt und kann von Glück reden, dass sie gerade uns über den Weg gelaufen ist. Sie denken aber nur wieder an den Fall.“ Er schüttelte seufzend den Kopf. „Entschuldigen Sie, John. Ich dachte, ich überlasse es Ihnen, den Seelsorger zu spielen“, gab der Genannte trocken zurück. Na schön, dachte Katie, das erste Rätsel wäre also gelöst: Unbekannter Nummer 1 und 2 hießen also Sherlock und John. Jetzt blieb bloß noch zu klären, was die beiden taten, dass sie angeblich Glück hatte, auf sie zu treffen. „Ja, das sieht Ihnen mal wieder ähnlich“, seufzte John in diesem Moment, ehe er das Wort an sie richtete. „Kommen Sie, setzen Sie sich erst einmal. Sie müssen wirklich verängstigt sein“, meinte er und hatte dabei nicht ganz unrecht; der Schreck saß ihr immer noch tief in den Knochen. Daher ließ sie sich bereitwillig von John zu einem Sessel führen, wobei ihr nicht entging, dass Sherlock die Augen verdrehte. „Sagen Sie uns doch erst einmal Ihren Namen“, meinte John, als sie sich setzte. „Mein Name ist Katie Miller“, antwortete sie daraufhin. „Schön, Sie kennenzulernen. Ich bin John Watson und das da ist mein Mitbewohner Sherlock Holmes“, stellte er sich vor und deutete auch auf den Dunkelhaarigen, der irgendwie ungeduldig wirkte. „Ähm, es freut mich auch…“, murmelte Katie und fragte sich, ob sie wirklich in guten Händen war. „Ja, das ist alles ganz reizend“, mischte sich Sherlock ein. „Können wir nun über den Mord sprechen?“ „Nehmen Sie es ihm nicht übel. Er ist immer so“, meinte John, als er Katies irritierten Blick bemerkte. „Erzählen Sie ihm davon, er wird vorher sowieso keine Ruhe geben. Ich werde Ihnen in der Zwischenzeit einen Tee kochen. Der wird Ihnen sicher gut tun.“ Mit diesen Worten stand John auf und verschwand nach nebenan in die Küche. Katie blieb allein mit Sherlock im Wohnzimmer zurück. Katie fühlte sich ein wenig unbehaglich, als sie allein mit ihm war. Er beobachtete sie genau, schien jedes Detail von ihr zu mustern, während seine hellen Augen auf ihr ruhten und sie durchdringend ansahen. „Worauf warten Sie noch? Brauchen Sie eine schriftliche Einladung? Erzählen Sie schon“, forderte er sie schließlich auf. „Also schön…ich hatte heute Nachtschicht, weil ich spontan für einen kranken Kollegen einspringen musste“, fing Katie an, wurde jedoch sofort wieder von Sherlock unterbrochen. „Sie arbeiten als Kellnerin in einer Cocktailbar, nicht wahr?“ Überrascht schaute Katie ihn an. „Woher wissen Sie das?“, gab sie dann zurück, bevor sie sich bei John bedankte, der ihr den Tee brachte und sich ebenfalls wieder setzte. „Ihre Hände sehen im Bereich der Fingerknöchel rau aus und weisen zum Teil kleine Schnitte auf, was darauf hindeutet, dass Sie oft Geschirr spülen. Zu Hause würden Sie das höchstens ein- oder zweimal machen und zwar dann, wenn Sie zu Mittag und zu Abend essen. In diesem Fall würden Ihre Hände aber nicht so aussehen, da Sie sie zwischendurch schonen könnten. Diese Tatsache lässt darauf schließen, dass Sie in der Gastronomie tätig sind, wo man ja bekanntlich öfter mal mit schmutzigem Geschirr zu tun hat. Ihre Arbeitskleidung sieht ziemlich leger aus und kann daher nicht in einem Nobelrestaurant getragen werden, also eher in einer Bar. Auf Ihrem T-Shirt sind zudem verschiedene Rückstände von Getränken zu finden, vermutlich sind sie entstanden, als sie eingeschenkt wurden und dabei in Ihre Richtung gespritzt sind. Die Flecken haben unterschiedliche Farben, einige sind rot und wieder andere sind blau. Herkömmliche Getränke weisen solche Farben in der Regel nicht auf, Cocktails sind dagegen kunterbunt erhältlich, da ja alles Mögliche da rein gemischt wird. Ihre Schicht muss lang gewesen sein, das verraten die Anzahl der Cocktailflecken auf Ihrem Shirt und die Tatsache, dass Sie so spät noch unterwegs waren. Ist es nicht so, Miss Miller?“ Ein selbstzufriedener Ausdruck trat in Sherlocks Augen, als er sie nach wie vor musterte. Katie konnte erst einmal gar nichts sagen, sie war viel zu perplex. „Wow…das war wirklich beeindruckend. Wie haben Sie das gemacht?“, fragte sie schließlich. „Er hat Sie gerade deduziert“, antwortete John an Sherlocks Stelle. „Und was bedeutet das?“, fragte sie nach. Sherlock holte gerade Luft und wollte etwas sagen, das sicher nicht nett gewesen wäre, doch dank Johns warnendem Blick verkniff er sich jeglichen Kommentar. „Er hat Sie sozusagen analysiert und das durch genaue Beobachtung. Das nennt man Deduktion“, erklärte John schließlich. „Schön, dass wir das jetzt geklärt haben. Erzählen Sie doch weiter, Katie“, meinte Sherlock und fixierte sie wieder, was der Braunhaarigen alles andere als angenehm war. „Na gut…“, sagte sie dennoch. „Wie ich bereits sagte, musste ich heute für einen kranken Kollegen einspringen. Sie haben Recht, meine Schicht war lang, da die Gäste einfach nicht nach Hause gehen wollten. Meine Kollegin Sarah und ich verließen die Bar etwa gegen halb vier. Ich schlug ihr Angebot, mich nach Hause zu bringen, aus und machte mich auf den Heimweg. Doch kurz bevor ich meine Wohnung erreicht habe, hörte ich diesen durchdringenden Schrei.“ Bei der Erinnerung daran fingen Katies Finger, die sie um die warme Teetasse gelegt hatte, unwillkürlich an zu zittern. „Weiter“, forderte Sherlock sie auf und die junge Frau fühlte sich, als ob sie einen Aufsatz vorlesen müsste. „Ich wusste zuerst nicht, was ich tun sollte, doch schließlich siegte die Neugier. Ich wollte der Ursache des Schreis auf den Grund gehen…“, sprach sie weiter. „Das ist nur zu gut verständlich. Ich hätte an Ihrer Stelle genauso gehandelt“, wurde sie von Sherlock unterbrochen. „Ach wirklich?“ Irritiert schaute sie ihn an. „Aber natürlich. Erzählen Sie weiter“, lautete die Antwort. Die Braunhaarige holte noch einmal tief Luft, denn jetzt kam definitiv der schrecklichste Teil der Geschichte. „Ich stand plötzlich in dieser dunklen Seitenstraße. Vor mir sah ich eine Person, die sich krümmte, als ob sie Schmerzen hätte. Ich konnte sie zwar nur schemenhaft erkennen, aber es war definitiv eine Frau…Ich wollte zu ihr gehen und sie fragen, ob sie Hilfe braucht, aber dann tauchte der Mörder auf…“ Katie brach ab und wurde stärker von dem Zittern erfasst, worauf John neben ihr beruhigend eine Hand auf ihrer Schulter ablegte. „Was ist dann passiert?“, drängte Sherlock, wobei er den tadelnden Blick seines Mitbewohners geflissentlich ignorierte. „Er sprach mit der Frau…ich konnte nicht alles verstehen, aber es ging offensichtlich darum, dass ihr Ehemann bei dem Mörder Schulden hatte, die er nicht bezahlen konnte. Deswegen schien er die Frau entführt zu haben“, murmelte Katie. „Sie haben das Ganze also aus einiger Entfernung beobachtet, sonst hätten Sie erstens nicht so lange in dieser Seitenstraße verweilt, da der Mörder sonst schon früher auf Sie aufmerksam geworden wäre und zweitens hätten Sie das ganze Gespräch gehört, wenn Sie näher dran gewesen wären“, schlussfolgerte Sherlock, worauf Katie zustimmend nickte. „Sie hat ihn noch angefleht, sie am Leben zu lassen, aber er hat sie einfach eiskalt erschossen. Ich war so geschockt, dass ich mich zuerst überhaupt nicht bewegen konnte. Als mir bewusst wurde, was ich da gesehen hatte, wollte ich einfach nur noch weg von diesem schrecklichen Ort. Ich hätte es auch fast geschafft, aber leider hat er mich im letzten Moment doch noch gesehen. Natürlich verfolgte er mich sofort und ich habe versucht, ihm zu entkommen“, redete Katie weiter. „Dabei hat er Sie vermutlich durch die halbe Stadt gejagt, da an Ihren Hosen Schlammspritzer zu sehen sind, was darauf hindeutet, dass Sie schnell gerannt sind. Außerdem waren Sie ziemlich außer Atem, als Sie John in die Arme gelaufen sind, also mussten Sie bereits eine beachtliche Strecke hinter sich haben“, fügte Sherlock hinzu. „So ist es…ich bin einfach nur gerannt, in der Hoffnung, dass er mich nicht erwischen würde und mir jemand helfen könnte, bis ich Sie getroffen habe“, endete Katie. „Das war wirklich sehr aufschlussreich“, sagte Sherlock schließlich, ehe er aufsprang und freudig durchs Zimmer lief. „Das ist großartig, endlich ein neuer Fall und ich dachte schon, London wären die Mörder ausgegangen. Sie haben mich wirklich vor tödlicher Langeweile gerettet!“ „Wie bitte?“, fragte Katie verwirrt. Sie hatte vor nicht einmal einer Stunde mit ansehen müssen, wie eine unschuldige Frau eiskalt ermordet wurde und dieser merkwürdige Typ freute sich darüber, als ob man einem Kind ein Überraschungs-Ei mitbringen würde! „Fragen Sie lieber nicht nach. Das macht er immer“, sagte John, als ob er ihre Gedanken lesen konnte. „Okay…gut zu wissen“, erwiderte Katie nur. „Wir sollten jetzt alle etwas schlafen. Es ist schon spät“, entschied John dann und erhob sich aus seinem Sessel. „Sie können natürlich hier bleiben. Das Sofa steht Ihnen voll und ganz zur Verfügung“, sagte er dann an Katie gewandt. „Mein Sofa?!“, kam es sofort von Sherlock. „Wo steht Ihr Name? Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause, Katie“, erwiderte John und ignorierte das Gemecker seines Mitbewohners. „V-vielen Dank“, murmelte die Angesprochene. „Und Sie sehen zu, dass Sie jetzt ins Bett kommen“, wies er Sherlock an. „Und was ist mit dem Fall?“, gab dieser zurück. „Sie sollen ins Bett gehen“, beharrte John. „Na schön, aber später gehen wir sofort zu Scotland Yard und fragen bei Lestrade nach, ob er irgendwelche Hinweise dazu hat“, erwiderte Sherlock. „Meinetwegen, schlafen Sie gut, Katie.“ Mit diesen Worten wünschte John der jungen Frau eine gute Nacht, oder das, was davon übrig war und schob Sherlock vor sich her aus dem Zimmer. Kurz darauf lag die Braunhaarige auf dem Sofa, das an der linken Wand stand. Eigentlich war sie hundemüde, doch an Schlaf war nicht zu denken. Immer wieder schossen ihr diese Bilder durch den Kopf, wie diese Frau regungslos am Boden lag, während sich ihr Blut auf der Straße ausbreitete. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, wie tief sie eigentlich in der Scheiße saß. Sie würde sich wohl nicht mehr auf die Straße trauen können, ohne befürchten zu müssen, dass sie im nächsten Moment ebenfalls erschossen würde, weil sie alles gesehen hatte. Sie hoffte nur, dass Sherlock und John ihr wirklich helfen konnten, auch wenn ersterer ziemlich schräg rüberkam… Sie versuchte erneut zu schlafen, doch sie machte kein Auge zu, sie war einfach viel zu aufgewühlt. Außerdem fühlte sie sich alleine unwohl, da sie ständig die Befürchtung hatte, dass die Tür aufgehen und der Mörder hereinkommen würde. Seufzend setzte sie sich auf. Wo dieser merkwürdige Sherlock wohl schlief? Er war zwar seltsam, war aber irgendwie auch interessant. Ob sie ihn suchen und fragen sollte, ob sie nicht einfach bei ihm bleiben könnte? Moment mal, war sie jetzt komplett bescheuert?! Was dachte sie denn da?! Sie konnte doch nicht zu einem fremden Typen ins Bett schlüpfen, der Mordfälle so toll fand wie kleine Kinder den Weihnachtsmann! Dennoch war der Gedanke verlockend… Katie wusste nicht, was in sie gefahren war, aber der Gedanke ließ sie nicht mehr los, bis sie irgendwann doch aufstand und sich auf die Suche nach seinem Schlafzimmer begab. Kurz darauf stand sie tatsächlich neben seinem Bett. Er schien sie nicht bemerkt zu haben, er hatte ihr den Rücken zugewandt und lag ganz still da. Katie zögerte zuerst, streckte dann aber langsam die Hand nach ihm aus. Sie wollte ihn gerade an der Schulter berühren, als er sich plötzlich regte. „Was wollen Sie hier?“, fragte er ohne sich umzudrehen. Katie zuckte erschrocken zusammen und sagte erst einmal nichts. „Na los, sagen Sie schon.“ Er drehte sich zu ihr um und schaute sie mit seinen hellen Augen erwartungsvoll an. „Ähm also…i-ich kann nicht einschlafen, mir geht das Ganze nicht mehr aus dem Kopf und alleine fühle ich mich unwohl. Kann ich denn nicht bei Ihnen bleiben?“, fragte sie schließlich leise. Sherlock schaute sie fassungslos an. „Bitte was? Ist Ihnen das Sofa etwa nicht gut genug?“ „N-nein, das ist es nicht. Bitte…ich möchte nicht alleine sein…“, murmelte Katie, ihre Stimme zitterte. „Wieso sollte ich das tun? Glauben Sie nicht, dass ich Sie in den Arm nehme und tröste. Ich bin nicht wie John. Gehen Sie zu ihm, er ist der Seelsorger“, erwiderte Sherlock nicht gerade taktvoll. „Das ist mir egal. Hören Sie, ich habe echt eine scheiß Angst und wenn ich alleine bin, wird es noch schlimmer. Bitte…ich habe doch einfach nur Angst…“ Jetzt hatte sie doch angefangen zu weinen, doch Sherlock versuchte es zu ignorieren. Als sie jedoch nicht aufhörte, gab er irgendwann doch nach. „Herr Gott noch mal, ist ja schon gut. Kommen Sie her, aber hören Sie verdammt noch mal auf zu weinen!“ Er war sichtlich genervt von ihrem Geheule, hob aber dennoch die Bettdecke an, um ihr zu bedeuten, dass sie zu ihm kommen konnte. Katie wischte sich kurz über die Augen und schlüpfte schließlich zu ihm unter die Decke. Sofort umfing sie eine wohlige Wärme und ein Gefühl der Sicherheit umgab sie, sodass das Weinen weniger wurde und schließlich ganz verstummte, bis nur noch ein leises Schniefen zu vernehmen war. „Danke…“, murmelte sie. „Ist schon gut. Schlafen Sie jetzt. Das war alles etwas viel für Sie“, erwiderte Sherlock leise, doch er war sich nicht sicher, ob sie ihn noch gehört hatte, denn als er wieder zu ihr schaute, stellte er fest, dass sie schon eingeschlafen war. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er spürte, dass sie näher zu ihm kam und sich schließlich ganz nah an ihn kuschelte, als ob er ihr den Schutz bieten könnte, den sie brauchte. Sherlock war maßlos über ihr Verhalten überrascht. Für gewöhnlich mieden ihn die Menschen eher, wenn sie nicht gerade Klienten, hilflose Polizeibeamte oder John waren. Er war noch nie sehr kontaktfreudig gewesen und wurde von einigen sogar als Freak oder Psychopath bezeichnet, aber dennoch schien sich dieses Mädchen mehr als wohl bei ihm zu fühlen. Sie hatte sich erstaunlich schnell beruhigt und schlief nun seelenruhig; dicht an ihn geschmiegt und mit dem Kopf auf seiner Brust liegend. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Vielleicht bist du noch merkwürdiger als ich, Katie Miller“, sagte er leise, ehe er sie unbewusst doch in den Arm nahm und schließlich auch wieder einschlief. Das Mädchen und der Freak ------------------------- Nachdem Katie in den frühen Morgenstunden zu Sherlock geschlüpft war, schlief sie bis zum späten Vormittag tief und fest. Sie fühlte sich wohl und sicher bei ihm, weshalb die Angst in der Nacht schnell verschwunden war, kaum dass sie sich zu ihm gelegt hatte. Nun lag sie immer noch neben ihm und hatte sich eng an ihn gekuschelt, während sie friedlich schlief. Auch der Dunkelhaarige schlief noch, er hatte wohl doch mehr Schlaf nötig, als er anfangs zugegeben hatte. Er hatte sie immer noch im Arm und behielt sie nah bei sich, wobei es den Anschein hatte, dass er sie im Schlaf noch näher gezogen hatte. Genau so fand John sie eine halbe Stunde später vor, als er leise das Zimmer betrat. Er war schon eine Weile wach und hatte sich darüber gewundert, dass sein Mitbewohner noch nicht auf den Beinen war, wo er doch am liebsten schon in der Nacht zu Scotland Yard gegangen wäre, um Lestrade darüber auszuquetschen, ob er irgendwelche Hinweise zu dem Mordfall erhalten hatte. Da Sherlock aber um diese Uhrzeit offensichtlich noch im Bett lag, was äußerst selten vorkam, entschied John doch mal nach seinem Mitbewohner zu sehen. Als er jedoch sah, dass er nicht alleine in seinem Bett war, blieb er wie angewurzelt stehen. „Großer Gott!“, rief er aus, als er sich von dem Anblick einigermaßen erholt hatte. „Wieso schreien Sie denn so?“, kam es verschlafen von Sherlock, der durch den Ausruf aufgewacht war. John gab jedoch keine Antwort, was den Dunkelhaarigen dazu veranlasste, die Augen aufzumachen und seinen Mitbewohner fragend anzuschauen. „Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Sie sehen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen“, stellte Sherlock fest. „Ja…ich glaube, das trifft es ganz gut. Geht es Ihnen gut oder muss ich mir Sorgen machen?“ Bei dieser Frage runzelte der Jüngere von beiden die Stirn. „Es geht mir bestens, danke der Nachfrage.“ „Sind Sie sicher? Ich habe Sie noch nie mit einem Mädchen im Bett liegen sehen“, meinte John; die Fassungslosigkeit stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. „Ach, das meinen Sie“, erwiderte Sherlock, als er merkte, worauf sein Partner hinaus wollte. „Sie stand plötzlich vor meinem Bett und hat mir etwas vorgejammert, von wegen sie hat Angst alleine zu sein und will bei mir bleiben. Ich konnte ihr Geheule irgendwann nicht mehr hören, deswegen ließ ich ihr ihren Willen. Es war lediglich Mittel zum Zweck. Glauben Sie bloß nicht, dass es etwas mit Gefühlen zu tun hatte“, stellte Sherlock sofort klar, wobei er das Wort „Gefühle“ aussprach, als handle es sich dabei um ein widerwärtiges Insekt, das man lieber nicht anfassen wollte. „Sie sind charmant wie immer. Es würde mir doch niemals in den Sinn kommen anzunehmen, dass Sie irgendwelche Gefühle für dieses Mädchen hegen könnten“, gab John zurück und seufzte innerlich. Sherlock würde sich wohl nie ändern. „Erfahre ich eigentlich den Grund für Ihr Auftauchen in meinem Schlafzimmer?“, durchbrach Sherlock die aufgekommene Stille. „Es hat mich nur etwas gewundert, dass Sie noch nicht wach waren. Normalerweise sind Sie doch als erster auf den Beinen. Ich wollte mich nur vergewissern, dass alles in Ordnung ist“, antwortete John wahrheitsgemäß. „Wie gesagt – es geht mir bestens“, wiederholte der Dunkelhaarige seine Aussage von vorhin. „Schön, dann sollten Sie aufstehen. Mrs. Hudson war schon hier und hat das Frühstück vorbeigebracht.“ Mit dieser Information wandte sich John zum Gehen und ging zurück ins Wohnzimmer. Kurz darauf stand auch Sherlock auf und gesellte sich zu seinem Partner; Katie ließ er in seinem Bett zurück. Als die Braunhaarige einige Zeit später aufwachte, setzte sie sich auf und schaute sich um, stellte jedoch fest, dass Sherlock tatsächlich verschwunden war. Auch sie schwang nun die Beine aus dem Bett und tapste hinüber ins Wohnzimmer. Dort saßen die beiden Männer bereits an einem Tisch, der neben einem bereitgestellten Frühstück mit zahlreichem anderen Krempel beladen war. Als Katie den Raum betrat, schauten beide auf. „Guten Morgen. Kommen Sie zu uns“, forderte John sie freundlich auf und zog den Stuhl neben sich etwas zurück. Katie bedankte sich leise und setzte sich auf den ihr angebotenen Platz. „Essen Sie ruhig etwas. Mrs. Hudsons Frühstück ist wirklich wunderbar“, sagte John dann, worauf sich die Braunhaarige erneut bedankte und sich etwas zu essen nahm; sie bemerkte jetzt erst, was für einen Hunger sie eigentlich hatte. Eine Weile herrschte Stille, bis Katie sie schließlich durchbrach. „Ich habe eine Frage.“ Damit wandte sie sich direkt an Sherlock, der ihr bis dahin wenig Beachtung geschenkt hatte. Als sie jedoch das Wort an ihn richtete, schaute er auf und sah sie abwartend an. „Fragen Sie“, lautete die knappe Antwort. „Sie haben gestern behauptet, dass ich Glück hatte, Sie getroffen zu haben. Wie war das gemeint? Ich meine, was tun Sie? Sind Sie so was wie ein Polizist?“ Die Fragen sprudelten nur so aus Katie heraus, doch Sherlock blieb ganz ruhig und legte lediglich die Fingerkuppen beider Hände aneinander. „Immer mit der Ruhe. Erstens war es John, der das behauptet hat. Zweitens meinte er damit, dass Sie bei uns in Sicherheit sind, da man mich für gewöhnlich nicht herausfordert. Drittens, ich verbitte es mir mit so etwas Untalentiertem wie einem Polizisten verglichen zu werden. Viertens, ich bin eine Art Privatdetektiv, besser gesagt ein sogenannter Consulting Detective, wohlgemerkt auch der einzige, da ich den Beruf erfunden habe. Ich werde hinzugezogen, wenn die Polizei nicht mehr weiter weiß, was eigentlich immer der Fall ist. Sind Ihre Fragen damit ausreichend beantwortet?“ Fragend schaute der Dunkelhaarige sie mit seinen durchdringenden Augen an. „J-ja, ich glaube schon“, stammelte Katie vor sich hin; sie fühlte sich mal wieder etwas überrumpelt. Doch dann fasste sie sich wieder und schaute ihn erneut direkt an. „Ach, übrigens…danke…“, murmelte sie und konnte nicht verhindern, dass sich ein leichter Rotschimmer auf ihre Wangen schlich. Ihr Gegenüber zog fragend eine Augenbraue hoch. „Wofür?“, fragte er dann. „Naja…dafür, dass ich heute Nacht bei Ihnen bleiben durfte“, murmelte Katie und hatte das ungute Gefühl, dass sich der Rotton noch verstärkte. „Schon gut. Das hatte ohnehin keinerlei Bedeutung. Ich wollte lediglich, dass Sie mit diesem nervigen Geheule aufhören. Glauben Sie bloß nicht, dass ich das noch einmal zulasse“, stellte Sherlock klar und holte Katie damit aus allen Wolken. „N-natürlich nicht…“, murmelte sie; man konnte ihr ansehen, dass seine Worte sie getroffen hatten, doch Sherlock bemerkte es wie immer nicht, wenn er mal wieder jemanden mit seinen taktlosen Kommentaren verletzt hatte. „Na los, jetzt machen Sie sich fertig. Ich will so schnell wie möglich zu Scotland Yard“, sagte er nur und sah sie auffordernd an. „Sie wollen mich wirklich mitnehmen?“, fragte Katie nun wieder etwas hoffnungsvoller. „Natürlich, Sie sind die wichtigste und einzige lebende Zeugin in diesem Fall. Lestrade will Sie sicher kennenlernen. Also beeilen Sie sich“, gab Sherlock zurück und klang dabei wieder etwas ungeduldig. Katie kam seiner Aufforderung nun nach und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Als sie alleine waren, wandte sich John an seinen Mitbewohner. „War das jetzt wirklich nötig, Sherlock?“ „Was denn?“, gab der Angesprochene zurück, er war sich mal wieder keiner Schuld bewusst. „Das Mädchen wurde letzte Nacht von einem Mörder verfolgt und ist total verängstigt, was nur zu gut verständlich ist. Sie hat sich wirklich wohl bei Ihnen gefühlt, sonst hätte sie sich nicht so schnell beruhigt. Sie hat sich aufrichtig bei Ihnen bedankt, aber Sie haben nichts Besseres zu tun, als ihr an den Kopf zu werfen, dass ihr Geheule nervt und sie bloß nicht auf die Idee kommen soll, noch einmal bei Ihnen zu schlafen. Das hätte doch echt nicht sein müssen“, tadelte John, doch Sherlock zeigte sich unbeeindruckt. „Verschonen Sie mich mit diesem Gefühlskram“, meinte er nur und verdrehte die Augen. „Na schön, ich gebe es auf. Sie werden sich wirklich nie ändern“, seufzte John. „Wie schön, dass Sie das nun auch erkannt haben. Lassen Sie uns jetzt gehen. Wir haben schon viel zu viel Zeit verloren.“ Mit diesen Worten stand Sherlock schließlich auf und ging zur Garderobe, um sich seinen langen schwarzen Mantel überzuziehen. John seufzte erneut, ehe er es dem Detektiv gleichtat und sich seine Jacke überwarf. Zehn Minuten später stand Katie zusammen mit den beiden Männern auf dem Bürgersteig der Baker Street, direkt vor der Haustür mit den messinggearbeiteten Ziffern. Bei Tag sah die Straße schon viel belebter aus. Autos, Taxis und rote Sightseeing-Busse fuhren von einer Richtung in die andere. Passanten eilten geschäftig vorbei. Das kleine Café war geöffnet und beherbergte zurzeit einige Gäste, die beschlossen hatten, ihr Frühstück außerhalb der eigenen vier Wände einzunehmen. Katie beneidete ihre scheinbare Sorglosigkeit. Wie gerne wäre sie jetzt einer der Cafégäste und nicht Katie Miller, die von einem Mörder verfolgt wurde und nun auf dem Weg zu Scotland Yard war, um sich brav einem Inspector vorzustellen. Sie seufzte innerlich, hatte jedoch keine Zeit, um sich weiter selbst zu bemitleiden, denn in diesem Moment rief Sherlock ein Taxi, das augenblicklich am Straßenrand hielt. Der Dunkelhaarige öffnete die Tür und ließ sowohl John als auch sie einsteigen, ehe er selbst folgte und sich das Gefährt in Bewegung setzte. Während der Fahrt herrschte weitestgehend Schweigen. Jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Als das Taxi schließlich vor Scotland Yard hielt, stieg Sherlock zuerst aus und wartete dann auf seine beiden Mitstreiter. Bevor sie das Gebäude betraten, schaute der Detektiv Katie wieder direkt an. „Wenn wir da drin sind, bleiben Sie am besten in meiner Nähe. Und lassen Sie sich nicht so von Anderson bequatschen. Der redet sowieso den ganzen Tag nur Müll“, sagte er dann mit ernster Miene. „Wer ist Anderson?“, fragte Katie irritiert. „Das werden Sie gleich herausfinden“, antwortete Sherlock. Es hörte sich so an, als ob zwischen ihm und diesem Anderson regelmäßig die Fetzen fliegen würden. „Kommen Sie“, meinte er dann und ging voraus; Katie und John folgten ihm. Als sie in der richtigen Abteilung angekommen waren, wurden sie sofort von einer Polizeibeamtin angesprochen. „Sieh an, der Freak ist wieder da. Hallo, John.“ „Hallo, Sally“, erwiderte Letzterer; Sherlock schwieg. Solche Begrüßungen bekam er wohl öfter zu hören. Plötzlich stieß ein weiterer Polizeibeamter zu ihnen, dessen Gesichtsausdruck sofort härter wurde, als er Sherlock entdeckte. Der erwiderte den Blick mit einem selbstgefälligen Ausdruck in den Augen. Es schien einen unsichtbaren Schlagabtausch zu geben und Katie schloss aus diesem Verhalten, dass das wohl Anderson sein musste. „Ich wusste, dass das ein scheiß Tag werden würde, als mir heute Morgen meine Lieblingstasse aus den Händen gefallen ist. Aber dass er so beschissen werden würde, hätte ich nicht gedacht“, sagte Anderson schließlich. „Anderson, so primitiv wie eh und je, was? Was für ein scheiß Tag für Ihre Lieblingstasse. Aber ich gebe Ihnen Recht, auf Ihr dämliches Gesicht kann nun jeder verzichten“, gab Sherlock zurück. Katie schaute ihn entsetzt an. Gegenüber einem Polizeibeamten nahm er sich ganz schön was raus. Anderson wollte gerade etwas erwidern, als diese Sally dazwischen ging. „Wie ich sehe haben Sie noch jemanden mitgebracht. Ist sie Ihre Freundin, John?“, fragte sie an Sherlocks Partner gewandt. Bevor dieser jedoch antworten konnte, zog Sherlock Katie zu sich und legte ihr einen Arm um die Schulter. „Nein, sie gehört zu mir und ist eine wichtige Zeugin in einem Mordfall. Wir müssen dringend mit Lestrade reden. Ist er in seinem Büro?“, erwiderte er an Johns Stelle. Katie konnte sehen, wie den beiden Polizeibeamten die Gesichtszüge entgleisten, als Sherlock sie in den Arm nahm. Die Braunhaarige war allerdings genauso fassungslos. Zuerst schärfte er ihr ein, dass sie nie wieder auf die Idee kommen sollte, bei ihm schlafen zu wollen und nun nahm er sie hier vor allen Anwesenden in den Arm und behauptete, sie gehöre zu ihm. Der Typ hatte sie doch echt nicht mehr alle! Sally war die Erste, die ihre Sprache wiederfand. „J-ja, er ist in seinem Büro. Gehen Sie nur…“ „Vielen Dank.“ Sherlock schenkte ihr ein Lächeln und zog Katie dann mit sich. John seufzte nur und folgte den beiden. Die Braunhaarige hörte nur noch, wie Sally zu Anderson flüsterte „Was sagt man dazu! Das Mädchen ist tatsächlich mit diesem Freak zusammen!“, bevor Sherlock anklopfte und sie das Büro von Inspector Lestrade betraten. Besagter Inspector saß hinter seinem Schreibtisch, der vor Akten fast überquoll und darunter zu zerbrechen schien. Als Sherlock mit John und Katie im Schlepptau hereinkam, schaute Lestrade auf. „Sherlock, Sie habe ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Was führt Sie diesmal her?“, fragte er dann und machte sich schon mal auf einen niederschmetternden Wortschwall gefasst, doch zu Lestrades Überraschung zog der Dunkelhaarige Katie vor sich und wuschelte ihr kurz durch die Haare. „Sie hat Ihnen etwas zu sagen. Katie hat einen Mord beobachtet und ist uns danach zugelaufen, nachdem der Mörder sie jagte“, meinte Sherlock daraufhin. Na toll, dachte Katie, er sprach von ihr wie von einer streunenden Katze. „Los, erzählen Sie ihm, was Sie mir erzählt haben. Sie können ihm vertrauen“, versicherte ihr Sherlock und stupste ihr fast schon sanft in den Rücken. Katie nickte nur und fing an, Lestrade die Horrorgeschichte zu erzählen. Als sie geendet hatte, ergriff Sherlock als Erster wieder das Wort. „Was sagen Sie dazu? Haben Sie schon davon gehört?“ Abwartend schaute er Lestrade an. „In der Tat. Die Leiche der Frau wurde heute Morgen gefunden. Es trug sich genauso zu, wie Miss Miller es geschildert hat. Sie wurde aus nächster Nähe erschossen, vom Täter fehlt bisher jede Spur“, antwortete der Inspector. „Das ist ja nichts Neues“, murmelte Sherlock. „Danke für das Kompliment…wir wussten bis jetzt auch nicht, dass es eine lebende Zeugin gibt“, gab Lestrade zurück. „Wie denn auch, sie war die ganze Zeit bei John und mir. Wissen Sie, um wen es sich bei der Toten handelt?“, fragte Sherlock dann. „Dort sollte sie auch vorerst bleiben. Bei Ihnen ist sie wenigstens sicher. Die Tote heißt Mary Parker. Sie war die Ehefrau von Henry Parker, einem berühmten Banker. Leider hatte er hohe Schulden bei diversen Leuten…einer wollte wohl nicht mehr länger auf sein Geld warten und jetzt musste seine Frau dafür bezahlen“, seufzte Lestrade. „Verstehe…wo ist die Leiche jetzt?“, fragte Sherlock dann. „Sie wurde bereits zu Molly in die Pathologie gebracht“, erwiderte der Inspector. „Vielen Dank, das ist immerhin ein Anfang. John, wir fahren zu Molly“, ordnete Sherlock dann an. Doch bevor sie gingen, drehte er sich noch einmal zu Lestrade um. „Ach ja, wie wäre es, wenn Sie Anderson eine neue Kaffeetasse spendieren? Dann hätte er zumindest einen Schock überwunden.“ Mit diesen Worten ließ Sherlock einen stirnrunzelnden Lestrade zurück und zog sowohl Katie als auch John mit sich. Im Vorbeigehen lächelte er Sally und Anderson noch einmal zu, die immer noch geschockt aussahen, ehe er das Gebäude wieder verließ und erneut ein Taxi rief, das sie kurz darauf zum Krankenhaus brachte. An ihrem Ziel angekommen, führte Sherlock die beiden anderen direkt nach unten in die Pathologie, wo eine rothaarige junge Frau gerade ihrer Arbeit nachging. Als sie den Raum betraten, schaute Molly sofort auf. Katie konnte nur allzu deutlich sehen, wie sich ihre Miene aufhellte, als sie Sherlock erblickte. Als ihr Blick jedoch auf die Braunhaarige fiel, machte sich Enttäuschung in ihrem Gesicht breit. „Hallo, Molly. Es ist schon eine Weile her“, begrüßte Sherlock nun die junge Frau. Komisch, ihr gegenüber verhielt er sich ganz anders als bei den Polizeibeamten. Ob sie vielleicht seine tatsächliche Freundin war? Es war jedoch unwahrscheinlich, sonst hätte sie sicher nicht so enttäuscht ausgesehen, als sie feststellte, dass der Detektiv in weiblicher Begleitung war. „Sherlock, wie schön Sie zu sehen. Wie ich sehe, haben Sie heute Verstärkung mitgebracht“, erwiderte Molly lächelnd. „Ja, das ist Katie. Sie hat einen Mord beobachtet und ich passe eine Weile auf sie auf, bis der Mörder es nicht mehr auf sie abgesehen hat“, gab Sherlock zurück. Sie wurde noch wahnsinnig mit dem Typ! Jetzt redete er wieder ganz anders über sie! Bevor sie sich jedoch in Gedanken noch weiter aufregen konnte, ergriff Sherlock wieder das Wort. „Untersuchen Sie gerade die Leiche von Mary Parker?“, fragte er und schaute Molly abwartend an. „Ja, wieso?“, gab sie etwas irritiert zurück. „Dann lassen Sie uns bitte einen Blick darauf werfen. Ich möchte sichergehen, dass es sich um die richtige Person handelt“, entgegnete Sherlock. „Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an“, gab Molly sofort nach; offensichtlich konnte sie dem Dunkelhaarigen keine Bitte abschlagen. Er bedankte sich bei ihr und trat zu einem der Obduktionstische, auf dem die Leiche lag. Er betrachtete sie einige Minuten eingehend, ehe er sich zu Katie wandte. „Kommen Sie her“, forderte er sie auf. „W-was…?“, stammelte sie vor sich hin. „Kommen Sie her. Schauen Sie sie sich an. Ist das die Frau, die Sie in der Mordnacht gesehen haben?“ Sherlock wartete darauf, dass sie zu ihm kam, doch Katie machte keine Anstalten. Irgendwann seufzte er genervt und packte ihre Hand, ehe er sie zur Leiche schleifte. „Jetzt stellen Sie sich nicht so an und sagen Sie mir, ob das die richtige Leiche ist“, drängte Sherlock und wirkte dabei fast schon wie ein ungeduldiges Kind, dass seinen Lutscher nicht schnell genug bekam. Katie schluckte schwer. Sie wollte diese Frau nicht sehen, schon gar nicht als Leiche, doch sie wusste auch, dass Sherlock ihr keine Ruhe lassen würde. Deswegen trotzte sie ihrem Widerwillen und überwand sich schließlich doch hinzusehen. Eine blasse Frau mit blond gefärbten Haaren lag vor ihr. Auf den ersten Blick sah es so aus, als ob sie schlafen würde, wäre da nicht diese hässliche Schusswunde mitten auf ihrer Stirn, die verriet, dass diese Frau tatsächlich tot war. Katie konnte sie nur entsetzt anstarren; sie war unfähig etwas zu sagen. „Na, was ist? Ist es diese Frau?“ Sherlocks Stimme riss sie aus ihrer Starre. „Ja…das ist sie…die Frau, die ich gesehen habe, hatte genau dieselbe Statur. Oh mein Gott…“, flüsterte Katie; ihre Stimme zitterte wieder und sie sah aus, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen würde. „John, gehen Sie mit ihr raus und warten Sie dort auf mich. Ich möchte noch kurz mit Molly reden“, sagte Sherlock, als er ihren Zustand bemerkte. John nickte nur und zog Katie sanft am Arm mit sich nach draußen. Kaum hatten sie das Krankenhaus verlassen, brach Katie in Tränen aus. „Beruhigen Sie sich doch…es ist alles in Ordnung“, versuchte John sie zu beruhigen, doch Katie schüttelte nur den Kopf und verbarg schluchzend ihr Gesicht an seinem Pullover. „Nichts ist in Ordnung…diese arme Frau…und dieser Mistkerl hat sie einfach umgebracht…verdammt…“, schluchzte sie. „Ich weiß, wie Sie sich fühlen…aber haben Sie keine Angst. Sherlock und ich finden ihn und bis dahin werden wir es nicht zulassen, dass Ihnen etwas passiert“, versprach John und fuhr ihr beruhigend über den Rücken. „Danke…“, murmelte Katie, während sie sich kurz über die Augen wischte. Einige Zeit später stieß auch Sherlock zu ihnen. „Ich habe alles geklärt. Wir können nach Hause fahren“, verkündete er. „Gut“, stimmte John zu und ließ Katie los, die immer noch ziemlich mitgenommen aussah. „Übrigens, Katie…es tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, was das für eine Belastung für Sie ist“, sagte Sherlock dann und versetzte damit sowohl die Braunhaarige als auch seinen Mitbewohner in Staunen. Katie schaute überrascht auf, konnte aber kein Anzeichen dafür entdecken, dass der Detektiv sich über sie lustig machte. Seine Entschuldigung war offensichtlich ehrlich gemeint. „Schon in Ordnung. Es geht mir schon wieder besser“, erwiderte sie schließlich lächelnd. „Wie schön. Dann sollten wir jetzt nach Hause fahren“, meinte Sherlock daraufhin und rief erneut ein Taxi, das sie zurück in die Baker Street brachte. Den Rest des Tages verbrachten sie in der Wohnung. Sherlock informierte John darüber, was er in seinem Gespräch mit Molly herausgefunden hatte. Mary Parker war offensichtlich nicht sofort nach ihrer Entführung umgebracht worden. Molly hatte Hinweise darauf gefunden, dass die Banker-Frau anscheinend mehrere Tage irgendwo festgehalten wurde und dabei gefesselt war. Der Entführer hatte also ein schamloses Spiel mit Mary gespielt und ihren Mann damit sicher immer mehr unter Druck gesetzt, bis er an der Tatsache verzweifelte, dass er das Geld nicht bezahlen konnte und damit das Todesurteil für seine Frau unterzeichnet hatte. Am Abend lauschte Katie den leisen Violinenklängen, die Sherlock seinem Instrument entlockte. Zum ersten Mal seit diesem Vorfall entspannte sie sich ein wenig und genoss einfach die Musik. In der Nacht lag sie jedoch wach und hing ihren Gedanken nach. Sie hatte es sich auf dem Sofa so bequem wie möglich gemacht, immerhin hatte Sherlock nur allzu deutlich gemacht, dass sie nicht mehr zu ihm kommen sollte. Nachdenklich schaute sie an die Zimmerdecke und dachte über den vergangenen Tag nach. Sie wurde einfach nicht schlau aus dem Detektiv. Einmal redete er über sie, als wäre sie seine Freundin, dann gab er sich wieder als Beschützer, nur um danach auf ihr herum zu trampeln und sich anschließend zu entschuldigen. Das war doch echt nicht mehr normal! Sie dachte an die entsetzten Gesichter von Sally und Anderson, als Sherlock behauptet hatte, sie gehöre zu ihm. War es wirklich so abwegig, dass Sherlock Holmes eine Frau an seiner Seite hatte? Jedenfalls würden sie den Beamten als das Mädchen und der Freak in Erinnerung bleiben. Ihr war nur nicht klar, wieso Sally Sherlock so genannt hatte. Vielleicht würde sie es ja irgendwann noch herausfinden, dachte sie müde, ehe ihr schließlich doch noch die Augen zu fielen. Leider war der Schlaf jedoch alles andere als erholsam. Denn kaum war Katie eingeschlafen, träumte sie von Mary Parkers Leiche in der Pathologie. Unruhig warf sie sich von einer Seite auf die andere, bis sie irgendwann schreiend aus dem Schlaf schreckte. Sofort spürte sie zwei starke Arme, die sich um sie legten und sie an einen schlanken Körper drückten. Erschrocken zuckte sie zusammen, doch als sie die vertraute tiefe Stimme hörte, entspannte sie sich wieder ein wenig. „Ganz ruhig. Sie haben nur geträumt“, sagte Sherlock leise und strich ihr sanft durch die Haare. „Was machen Sie hier…?“, fragte Katie ebenso leise. „Ich bin durch Ihren Schrei aufgewacht und wollte sehen, was passiert ist“, antwortete er. Dann herrschte kurz Stille, bis der Dunkelhaarige erneut die Stimme erhob. „Kommen Sie. Sie können bei mir schlafen.“ „Was?“, fragte Katie fassungslos. „Sie haben schon richtig verstanden. Aber wenn Sie lieber auf der Couch bleiben wollen“, erwiderte Sherlock. „Nein, will ich nicht“, kam es sofort von der Braunhaarigen und sie glaubte ein Schmunzeln auf seinem Gesicht zu erkennen. „Dann kommen Sie, bevor ich es mir noch anders überlege.“ Mit diesen Worten stand Sherlock wieder auf. Katie tat es ihm gleich und folgte ihm in sein Schlafzimmer. Dort angekommen ließ er sie zuerst ins Bett krabbeln, ehe er neben sie kam. Katie fühlte sich sofort wohler, doch an Schlaf war im Moment nicht mehr zu denken. „Sie sind jetzt wohl hellwach, was?“, meinte Sherlock, als sie sich hingelegt hatten. „Ehrlich gesagt schon…“, gestand Katie leise. „Was hilft Ihnen in solchen Fällen?“, fragte der Detektiv nach und schien ehrlich interessiert zu sein. „Naja…vielleicht reden wir einfach ein bisschen?“, schlug sie vor. „Reden? Mit so etwas Banalem können Sie wieder einschlafen?“, fragte er etwas überrascht. „Ich denke schon“, stimmte Katie zu. „Also gut, reden Sie.“ „Worüber?“, wollte die Braunhaarige wissen. „Erzählen Sie mir etwas über sich. Ich verspreche Ihnen auch, Sie nicht zu deduzieren“, versicherte ihr Sherlock und schaute sie abwartend an. „Also gut…geboren und aufgewachsen bin ich in Edinburgh“, fing Katie an. „Sie sind also Schottin“, stellte Sherlock fest. „Sie wollten das nicht tun“, erinnerte ihn Katie. „Oh, tut mir leid. Fahren Sie fort.“ „Meine Eltern waren nicht sehr reich. Sie betrieben ein kleines Café, in dem ich immer den Köchen über die Schulter schauen durfte. Obwohl wir uns einiges nicht leisten konnten, waren wir glücklich mit dem, was wir hatten. Eines Tages mussten meine Eltern das Café jedoch schließen, da sie die Miete nicht mehr bezahlen konnten. Durch diesen Verlust konnten wir uns auch unser Haus nicht mehr leisten. Also verkauften wir es schweren Herzens und sind weggezogen“, erzählte Katie. „Und so sind Sie nach London gekommen“, vermutete Sherlock. „So ist es. Wir zogen in eine kleine Wohnung am Stadtrand; für mehr reichte es leider nicht. Meine Eltern arbeiteten fortan in einem Restaurant, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Ich ging zur Schule, obwohl es mir wirklich nicht leicht fiel, mich zu etablieren. Es war alles so anders als in Schottland…aber dennoch fand ich bald einen Ort, an dem ich mich wie zu Hause fühlte“, berichtete Katie weiter. „Und wo war dieser Ort?“, hakte Sherlock nach. „Im Regent’s Park. Als ich eines Tages auf Erkundungstour war, bin ich irgendwann in diesem Park gelandet. Ich war sofort von all den Blumen fasziniert, die ich dort fand. Alle nur erdenklichen Arten und Farben, vereint in gepflegten Beeten, die dem Park etwas Einzigartiges gaben. Ich habe mich schon immer für Blumen interessiert und durfte früher sogar darüber entscheiden, welche Blumen auf den Café-Tischen stehen sollten. Aber als ich die Blumen im Park sah, wusste ich auf einmal, was ich mit meinem Leben anfangen wollte, was mein Traum ist. Ich wollte irgendwann einmal einen eigenen Blumenladen besitzen. Dieser Traum besteht bis heute“, erzählte Katie mit leuchtenden Augen. „Sie wollen einen Blumenladen betreiben? Es macht Ihnen also Spaß im Dreck herum zu buddeln, sich an Rosendornen zu stechen oder Grabgestecke zu binden…? Hört sich langweilig an“, kommentierte Sherlock. „Vielen Dank. Aber ja, genau das will ich – meinen eigenen Laden. Deswegen arbeite ich ja in dieser Cocktailbar. Ich werde nicht aufgeben, bis ich das Geld für die Miete zusammenhabe. Und dann werde ich mir meinen Traum erfüllen“, erwiderte Katie entschlossen. „Sie haben wirklich Ehrgeiz. Das muss man Ihnen lassen“, gab Sherlock zurück. „Vielen Dank. Was ist mit Ihnen? Kommen Sie hier aus London?“, fragte sie dann und schaute ihn abwartend an. „Ja, ich stamme von hier“, antwortete er. „Wie war Ihre Kindheit so?“, fragte Katie weiter. „Sie war gepflastert von regelmäßigen Auseinandersetzungen mit meinem Bruder“, erwiderte Sherlock. „Oh, Sie haben also Geschwister“, stellte die Braunhaarige fest. „Unnötigerweise“, gab er zurück und machte damit deutlich, dass er nicht weiter über seinen Bruder sprechen wollte. „Waren sie eigentlich schon immer Privatdetektiv?“, fragte Katie daher schnell. „Ich bin eigentlich Diplomchemiker. Aber diese Arbeit allein hat mir schnell nicht mehr ausgereicht. Es war langweilig nur in einem Labor zu sitzen. Heute dienen mir diese Kenntnisse bei der Aufklärung von Fällen“, entgegnete Sherlock. „Und wie wurden Sie dann zum Detektiv?“, wollte Katie wissen. „Ich bin zufällig an meinen ersten Fall geraten. Ich kenne Lestrade schon recht lange. Damals ließ er verlauten, dass er in einem Entführungsfall einfach nicht weiter kommt. Ich habe ihn gebeten, einen Blick darauf werfen zu dürfen und letztendlich habe ich ihm den Fall gelöst. Damals spürte ich, dass das genau das Richtige für mich ist. Nichts anderes auf der Welt gibt mir so einen Kick und treibt mir das Adrenalin ins Blut wie die Lösung eines Falls“, erzählte Sherlock. „Sie stehen also auf Leichen“, mutmaßte Katie. „Offenkundig“, erwiderte der Dunkelhaarige. „Da gibt es noch etwas, das mich interessieren würde“, sagte Katie dann. „Was denn?“ Fragend schaute Sherlock sie an. „Wie stehen Sie zu dieser Molly aus der Pathologie?“ „Zu Molly? Sie ist manchmal ganz hilfreich bei einem Fall“, erwiderte er. „Mehr nicht? Sie ist nicht Ihre Freundin?“, fragte Katie nach. „Wie kommen Sie denn darauf? Das ist sie natürlich nicht“, gab Sherlock zurück. „Haben Sie überhaupt eine Freundin?“ „Nein, ich bin mit meiner Arbeit verheiratet. Liebe ist lediglich ein chemischer Defekt“, erwiderte Sherlock ungerührt. „Oh ja, natürlich“, erwiderte Katie und kam sich plötzlich albern vor. „Wie kommen Sie eigentlich zu John als Mitbewohner?“, fragte sie dann. „Das war wohl eine Fügung des Schicksals…wir suchten beide einen Mitbewohner, obwohl wir wussten, dass wir unsere Eigenheiten haben. Wir ergänzen uns gut und um ehrlich zu sein, ist John eine der sehr wenigen Personen, denen ich blind vertraue. Außerdem konnte ich mir die Miete alleine nicht leisten“, erklärte Sherlock. „Verstehe…und wieso gibt es nur so wenige Menschen, denen Sie vertrauen?“, fragte Katie. „Weil man den meisten Leuten nicht trauen kann. Sie warten nur darauf, andere zu verraten und einen Vorteil für sich selbst daraus zu schlagen“, gab Sherlock zurück. „Ja, da haben Sie wohl Recht…“ Er spürte, dass sie aus Erfahrung sprach, doch er fragte nicht nach. „Eins würde mich aber noch interessieren“, setzte Katie an. „Was?“ Fragend ruhten seine hellen Augen auf ihr. „Wieso hat diese Polizistin Sie als Freak bezeichnet?“ „Das ist das, was ich für sie bin. Ich verfüge über einen messerscharfen Verstand und beobachte meine Mitmenschen sehr genau, sodass ich innerhalb von Sekunden alles über sie weiß. Kaum einer kann mir das Wasser reichen, wenn überhaupt. Durchschnittliche Hirnleistungen, wie Sally Donovan sie besitzt sind meiner Brillanz nicht gewachsen und können meine Schlussfolgerungen nicht nachvollziehen. Daher bezeichnet sie mich als Freak. Alles was Menschen nicht verstehen, ist für sie unnormal. Ich mache ihr da keinen Vorwurf. Ihr Verstand ist einfach nur schwach ausgeprägt“, antwortete Sherlock. „Wow…Sie sind ganz schön von sich selbst überzeugt, wissen Sie das…?“, bemerkte Katie, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Danke, das höre ich öfter. Ich fasse es mittlerweile als Kompliment auf“, erwiderte Sherlock. „Sie sind unglaublich“, murmelte sie und schüttelte leicht den Kopf. „Das weiß ich.“ Ein Lächeln huschte über seine Lippen. Dann herrschte Stille zwischen ihnen und Katie spürte, wie die Müdigkeit zurückkehrte. „Versuchen Sie zu schlafen“, meinte Sherlock, als er es bemerkte. Die Braunhaarige nickte nur und kuschelte sich sofort an ihn. „Wieso tun Sie das…?“, fragte Sherlock leise. Er wurde aus diesem Verhalten immer noch nicht schlau. „Es beruhigt mich, wenn ich so nah bei Ihnen bin. Ich fühle mich wohl und sicher bei Ihnen“, murmelte Katie, während sie sich noch näher an ihn schmiegte. „Das verstehe ich nicht…wie kann man sich bei mir wohl fühlen…?“ Sherlock klang ernsthaft irritiert. „Ich kann es Ihnen nicht erklären. Ich kann Ihnen nur versichern, dass es so ist“, antwortete Katie. „Dann muss ich mich wohl damit zufrieden geben“, entgegnete er. „Es sieht ganz danach aus. Aber wenn Ihnen das unangenehm ist, nehme ich natürlich auch etwas Abstand.“ Katie wollte wegrücken, doch Sherlock hielt sie zurück, was ihn selbst überraschte. „Nein, bleiben Sie ruhig. Ich möchte nicht riskieren, dass Sie noch einmal schreiend aufwachen. Vielleicht hilft Ihnen das, ruhiger zu schlafen“, erwiderte er. Katie schaute ihn verdutzt an, doch dann lächelte sie und kam wieder näher zu ihm. „Danke…“ „Schon gut und jetzt schlafen Sie“, gab er zurück. „In Ordnung. Gute Nacht, Sherlock“, murmelte sie und schloss die Augen. „Gute Nacht, Katie“, antwortete der Detektiv leise. Nachdem sie eingeschlafen war, beobachtete Sherlock sie noch eine Weile. Sie war ihm wirklich ein Rätsel und er war gespannt, wie sich das zwischen ihnen noch entwickeln würde. Wieder huschte dieses Lächeln über seine Lippen, ehe auch er die Augen schloss. Kurz darauf schliefen das Mädchen und der Freak tief und fest. Möge das Spiel beginnen ----------------------- Am nächsten Morgen wachte Katie bereits früh auf. Sie erwartete auch an diesem Morgen alleine im Bett zu liegen, doch zu ihrer Überraschung spürte sie Sherlocks warmen Körper hinter sich und seinen Arm um ihren Bauch. Sie musste sich wohl irgendwann im Schlaf umgedreht haben, außerdem war sie sich sicher, dass er sie noch nicht im Arm hatte, als sie in der Nacht eingeschlafen war. Dennoch musste die junge Frau zugeben, dass es sich keineswegs unangenehm anfühlte in den Armen des Dunkelhaarigen zu liegen. Mit ihren fünfundzwanzig Jahren hatte sie schon drei Beziehungen hinter sich und jedes Mal wurde sie enttäuscht, denn leider hatten sich bisher alle Männer, denen sie näher gekommen war, als Idioten herausgestellt. Sherlock war seit langer Zeit der erste Mann, bei dem sie sich wieder wohl fühlte, nur schade, dass Liebe für ihn nichts weiter als ein chemischer Defekt war, wie er es selbst ausgedrückt hatte. Langsam drehte sich Katie zu dem Dunkelhaarigen um, ohne ihn dabei zu wecken, geschweige denn auch nur ansatzweise von ihm abzurücken. Nachdenklich betrachtete sie den schlafenden Detektiv, der in dieser Position überhaupt nicht wie ein neunmalkluger Angeber wirkte. Ihr Blick wanderte über sein Gesicht hinauf zu den dunklen Locken, die ihm im Schlaf sanft in die Stirn fielen. Bevor sie es verhindern konnte, hatte sie auch schon eine Hand danach ausgestreckt; sie konnte einfach nicht widerstehen ihm sanft durch die Haare zu streicheln und wenn sie seinen Worten über Liebe und Beziehungen Glauben schenken durfte, konnte sie davon ausgehen, dass das noch nie eine Frau zuvor getan hatte. Gedankenverloren streichelte sie ihn weiter, während sie ihn wieder musterte. Sie wusste, dass hinter den geschlossenen Lidern helle wachsame Augen lauerten, die alles und jeden durchschauen und in Sekundenschnelle deduzieren konnten. Die hohen Wangenknochen gaben seinem Gesicht etwas Markantes und die leicht geschwungenen Lippen unterstrichen dieses Merkmal zusätzlich. Auch wenn er der größte Angeber war, den Katie jemals getroffen hatte, war er einfach verdammt attraktiv! Was waren denn das schon wieder für Gedankengänge?! Sie kannte diesen Mann gerade einmal einen Tag und hörte sich fast so wie ein verliebtes Schulmädchen an, das jedes Mal einen Kicheranfall erlitt, wenn sein Schwarm vorbeilief und insgeheim hoffte, dass er endlich auf es aufmerksam werden würde. Aber dennoch…sie konnte nicht abstreiten, dass Sherlock Holmes einfach wahnsinnig gut aussah…Plötzlich regte sich der Detektiv. Katie hielt in ihren Streicheleinheiten inne und schloss schnell die Augen; vielleicht würde er ja annehmen, dass sie noch schlafen würde. Doch kaum schlug der Dunkelhaarige die Augen auf, hörte sie auch schon seine tiefe Stimme dicht neben ihrem Ohr. „Ich weiß, dass Sie wach sind. Sie können die Augen wieder auf machen.“ Katie kam seiner Aufforderung nach und öffnete die Augen wieder. „Woher wussten Sie, dass ich wach bin?“, fragte sie. „Es war offensichtlich“, antwortete Sherlock lediglich. Damit konnte Katie zwar nicht sonderlich viel anfangen, aber sie beschloss, es dabei zu belassen. „Konnten Sie wenigstens für den Rest der Nacht gut schlafen?“, erkundigte sich Sherlock dann. „Ja, das konnte ich – dank Ihnen“, erwiderte sie lächelnd. „Keine Ursache. Aber jetzt sollten wir aufstehen. Das Frühstück steht sicher schon bereit und es gibt eine Menge zu tun.“ Mit diesen Worten schlug Sherlock die Bettdecke zurück und stand auf. Katie seufzte innerlich; eigentlich wäre sie viel lieber noch eine Weile mit ihm liegen geblieben, doch sie fügte sich ihrem Schicksal und folgte dem Dunkelhaarigen kurz darauf ins Wohnzimmer, wo schon Mrs. Hudsons Frühstück bereitgestellt war. Kurz darauf gesellte sich auch John zu ihnen, der ihnen einen guten Morgen wünschte. Das Frühstück verlief weitestgehend schweigend, bis John irgendwann die Stille durchbrach. „Was steht heute an?“ Seine Frage galt Sherlock, der sich bis dahin eher wortkarg gezeigt hatte. Sofort schaute der Detektiv auf, antwortete aber nicht gleich. „Ich werde noch einmal zu Lestrade fahren. Ich möchte wissen, ob es bereits etwas Neues gibt“, sagte er schließlich. „Aber Sie waren doch gestern dort. Meinen Sie wirklich, dass die Polizei schon weitergekommen ist?“, warf Katie ein. „Normalerweise müsste sie das, aber wenn Anderson die Spurensicherung macht, bezweifle ich das“, erwiderte Sherlock. „Was haben Sie eigentlich gegen diesen Anderson?“, fragte Katie daraufhin. „Er ist einfach zu dumm für diese Welt“, gab Sherlock zurück. Ja, er war definitiv sehr charmant! „Wie dem auch sei. Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg. John, Sie werden auf Katie aufpassen, bis ich wieder da bin“, ordnete er dann an, worauf sein Partner nur zustimmend nickte, es hätte sowieso keinen Sinn etwas dagegen zu sagen. Wie Sherlock es angekündigt hatte, verließ er nach dem Frühstück das Haus und fuhr mit einem Taxi Richtung Scotland Yard, während Katie mit John in der Baker Street blieb. „Was machen Sie, wenn er nicht da ist?“, fragte sie, als sie alleine waren. „Die Ruhe genießen, wobei ich das nicht böse meine. Verstehen Sie das nicht falsch. Sherlock und ich sind wirklich die besten Freunde, aber manchmal ist er eben ein wenig anstrengend“, antwortete John. „Ja, das glaube ich Ihnen gerne. Manchmal weiß ich wirklich nicht, woran ich bei ihm bin“, gestand Katie. „Das dürfen Sie ihm nicht übel nehmen. Sherlock war noch nie jemand, dem es leicht fiel, Kontakt oder Nähe zu anderen aufzubauen. Aber das heißt nicht, dass er Sie nicht mag. Wenn das der Fall wäre, würde er Sie niemals so nah an sich heranlassen, sondern hätte Sie schon längst rausgeworfen“, erwiderte John und Katie glaubte ihm aufs Wort. „Ja, ich glaube, da ist was dran. Jetzt fühle ich mich schon besser“, meinte sie lächelnd. „Wie schön.“ John erwiderte ihr Lächeln. „Kann ich mich irgendwie nützlich machen?“, fragte die Braunhaarige nach einer kurzen Stille. „Sie müssen sich uns gegenüber wirklich nicht verpflichtet fühlen“, erwiderte John. „Aber ich möchte nicht nur ängstlich in einer Ecke sitzen. In einem Männerhaushalt gibt es doch eigentlich immer etwas zu tun“, gab Katie zurück. „Also schön, um ehrlich zu sein, müsste die Küche mal wieder aufgeräumt werden“, gestand John. „Kein Problem. Ich übernehme das gerne“, sagte sie sofort mit Feuereifer. „Na gut, wie Sie wollen. Das Chaos auf dem Tisch lassen Sie am besten so wie es ist. Sherlock hat dort alles für seine Experimente gelagert. Er mag es nicht sonderlich, wenn man darin herum kramt oder sogar etwas davon wegräumt. Ach ja, und erschrecken Sie nicht allzu sehr, wenn Sie in den Kühlschrank schauen sollten“, warnte John. „Ähm…okay…?“ Katie schaute ihn etwas verwirrt an, fragte aber nicht weiter nach. Was sollte denn an einem Kühlschrank so furchterregend sein? Würde ihr die Salami zähnefletschend entgegenkommen? Der Gedanke war fast lustig, aber Katie verkniff sich jeglichen Kommentar. „Na gut, ich mach mich dann mal an die Arbeit“, verkündete sie John lediglich und verschwand in der Küche. Dort bot sich ihr ein grauenhafter Anblick; ein Schlachtfeld war wohl nichts dagegen. Überall türmte sich das Geschirr und halb ausgepackte Einkaufstüten standen dicht an dicht vor der Anrichte oder um den Tisch herum, der tatsächlich mit experimentellem Sch… überladen war. Oh ja…man merkte sofort, dass man sich hier in einem waschechten Männerhaushalt befand und es gab eine Menge zu tun. Also krempelte Katie die Ärmel hoch und machte sich an die Arbeit. Es dauerte fast zwei Stunden, bis die Küche wieder wohnlich aussah. Zuletzt machte sie sich daran, die Einkaufstüten auszupacken. Nachdem sie einiges in den Schränken verstaut hatte, ging sie schließlich zum Kühlschrank, um die Lebensmittel darin unterzubringen. Als sie die Tür öffnete, schauten ihr sofort braune Augen entgegen. Moment, Augen?! Sie sah noch einmal genauer hin und weitete geschockt ihre eigenen Augen. Da lag doch tatsächlich ein menschlicher Kopf im Kühlschrank und schaute sie ausdruckslos an! War dieser Typ eigentlich komplett bescheuert?! Welcher normale Mensch lagerte denn bitte einen abgetrennten Kopf im Kühlschrank, jetzt wusste sie, wieso John sie gewarnt hatte. Aber wenn sie so darüber nachdachte, war Sherlock Holmes kein normaler Mensch. Da die Lebensmittel aber unbedingt gekühlt werden mussten, blieb ihr nichts anderes übrig, als den Kopf zu ignorieren und den Kühlschrank einzuräumen. Sie nahm sich aber gleichzeitig vor, John oder Sherlock noch einmal darauf anzusprechen. Eine halbe Stunde später hatte die Braunhaarige alles erledigt und stieß wieder zu John, der im Wohnzimmer vor seinem Laptop saß. „Was machen Sie denn da?“, erkundigte sie sich, als sie ihm über die Schulter schaute. Offensichtlich war er in Gedanken, denn er antwortete nicht sofort. „Oh, tut mir leid. Ich war gerade so vertieft“, entschuldigte er sich dann. „Ich arbeite an meinem Blog.“ „Sie schreiben einen Blog? Worüber denn?“, fragte Katie interessiert. „Über unsere gemeinsamen Fälle. Ich schreibe alle gelösten Fälle nieder“, erklärte John. „Etwa auch meinen?“, fragte sie etwas erschrocken. „Nein, keine Sorge. Ich möchte Sie ja nicht in Gefahr bringen“, beruhigte sie John, worauf sie sich wieder entspannte. „Sie schreiben also alle Fälle auf…darf ich Ihren Blog vielleicht mal lesen?“, fragte sie dann; vielleicht würde sie ja so noch mehr über Sherlock erfahren. „Sicher, nur zu. Ich bin sowieso gerade fertig geworden“, stimmte John zu und machte ihr Platz. „Danke, aber da wäre noch eine Sache.“ John schaute sie fragend an. „Was zur Hölle macht dieser abgetrennte Kopf im Kühlschrank?“, fragte Katie. „Sie haben ihn also entdeckt. Sherlock verwendet ihn für seine Experimente“, erklärte John. „Es passiert öfter, dass er Leichenteile im Kühlschrank deponiert. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“ „Er ist echt irre…“, murmelte Katie daraufhin nur. „Von Zeit zu Zeit schon“, stimmte John zu. Die Braunhaarige lächelte nur verschmitzt, ehe sie sich hinsetzte und anfing, den Blog zu lesen. Etwa eine Stunde später kam Sherlock wieder zurück. „Sie lesen Johns Blog?“, fragte er, als er Katie kurz über die Schulter schaute. Sie war so vertieft gewesen, dass sie den Dunkelhaarigen bis dahin gar nicht bemerkt hatte und deswegen erschrocken zusammenzuckte, als er sie ansprach. „Ähm ja…ich habe einige Ihrer Fälle gelesen. Es ist wirklich beeindruckend, wie Sie sie lösen konnten“, antwortete sie. „Vielen Dank, ich weiß, dass ich brillant bin. Dann lesen Sie ruhig weiter, aber achten Sie besser nicht allzu sehr auf Johns Überschriften. Die klingen manchmal wirklich idiotisch“, meinte Sherlock, ehe er in die Küche ging, wobei er es ignorierte, dass John ob seines Kommentars die Augen verdrehte. Katie sah ihm nach. Sie sah, wie er sich in der aufgeräumten Küche umschaute. Er sagte jedoch nichts, was vielleicht auch daran lag, dass er zufrieden feststellte, dass sie seine Sachen auf dem Tisch nicht angerührt hatte. Sie schaute ihm noch kurz zu, wie er anfing Tee zuzubereiten, da es mittlerweile schon Nachmittag war, bevor sie schließlich weiter las. Zehn Minuten später kam Sherlock mit vier Teetassen ins Wohnzimmer zurück und stellte sie neben Katie auf dem Tisch ab. „Wieso haben Sie vier Tassen gemacht? Wir sind doch nur zu dritt. Oder kommt Mrs. Hudson vorbei?“, fragte John nach, der bis dahin die Zeitung nach Neuigkeiten durchstöbert hatte. „Nein, wir erwarten einen anderen Besucher…“, antwortete Sherlock. „Ich glaube, ich weiß wer es ist“, erwiderte John, als er den Gesichtsausdruck seines Partners bemerkte. Er hatte es kaum ausgesprochen, als es auch schon klingelte und sie unten die Schritte von Mrs. Hudson hörten, die eilig zur Tür lief, um sie zu öffnen und den Besucher eintreten zu lassen. Kurz darauf betrat eben dieser Besucher das Wohnzimmer. Es war ein Mann, wie Katie feststellte. Er trug einen Anzug sowie einen Regenschirm bei sich. Sein dunkles Haar war wohl schon etwas zurückgegangen, was zumindest die hohe Stirn erklären würde. Er sah aus, als ob er einen wichtigen Posten bekleiden würde und hatte etwas Hochmütiges in seinem Blick. Als er sich kurz umschaute, bildete sich ein süffisantes Lächeln auf seinen Lippen, ehe er sich an Sherlock wandte. „Du hast mich offensichtlich schon erwartet“, meinte der Unbekannte, als er die Teetassen bemerkte. „Nachdem du mir die SMS geschickt hast, war mir klar, dass du so schnell wie möglich her kommen würdest“, erwiderte Sherlock. „Wie schnell du doch immer deine Schlüsse ziehst. Das muss dann wohl Katie Miller sein.“ Als er die Braunhaarige direkt anschaute, zuckte diese zusammen und wich instinktiv hinter Sherlocks Rücken; sie fühlte sich unwohl unter seinem Blick. „Oh, ihr scheint euch schon angefreundet zu haben. Oder ist da etwa etwas, das ich wissen sollte? Ich habe noch nie zuvor gesehen, dass sich ein weibliches Wesen hinter deinem Rücken versteckt, als ob du sein persönlicher Beschützer wärst.“ Wieder lächelte er so süffisant, worauf Sherlock die Augen verdrehte, aber dennoch kurz sanft über Katies Finger strich, die sie in seinem Ärmel vergraben hatte. „Du redest schon wieder zu viel, Mycroft. Aber du hast Recht, das ist Katie Miller. Ich nehme an, diese Information hast du von Lestrade“, mutmaßte Sherlock. „Ja, ich war so frei, mich zu erkundigen“, stimmte Mycroft zu. „Offenkundig…“, gab Sherlock zurück, ehe er sich an Katie wandte, die sich wieder hinter seinem Rücken hervor gewagt hatte. „Das ist übrigens Mycroft Holmes, mein älterer Bruder, von dem ich Ihnen bereits erzählt habe“, stellte er den bis dahin Unbekannten vor. Das sollte Sherlocks großer Bruder sein? Er war offensichtlich das krasse Gegenteil von ihm und langsam verstand Katie, wieso die beiden eine eher kühle Beziehung unterhielten. „Freut mich“, brachte Katie schließlich heraus. „Die Freude ist ganz meinerseits. Ich hoffe, mein Bruder passt gut auf Sie auf“, antwortete Mycroft. „Das tut er“, versicherte ihm Katie; sie hatte plötzlich das Gefühl, Sherlock gegen ihn verteidigen zu müssen. „Wie schön…“ „Wollen wir nicht langsam zum Tee übergehen?“, mischte sich John ein, um die Situation zu retten. „Eine gute Idee“, stimmte Sherlock zu und zog Katie mit sich zum Tisch, worauf sich auch die übrigen Beteiligten setzten. „Dann lass mal hören. Wieso warst du bei Lestrade und hast dich über meinen Fall erkundigt?“, fragte Sherlock ohne Umschweife. „Als ich hörte, dass man die Frau von Henry Parker tot aufgefunden hat, wollte ich natürlich wissen, was vorgefallen war. Immerhin arbeitet Mr. Parker unter anderem für die Britische Regierung, da musste ich mich doch informieren. Bei der Unterredung mit Lestrade fiel der Name Katie Miller und er sagte mir, dass sie bei dir und John untergekommen wäre. Ich wollte die einzige lebende Zeugin gerne persönlich kennenlernen und mich davon überzeugen, dass sie wohlauf ist, wenn sie in deinen Händen ist“, antwortete Mycroft. „Wie du siehst, geht es ihr bestens“, erwiderte Sherlock und verdrehte die Augen. „Wie beruhigend…“, bemerkte Mycroft, bevor er sich direkt an Katie wandte. „Werden Sie mir erzählen, was sich zugetragen hat?“ Die Braunhaarige warf Sherlock einen zweifelnden Blick zu; sie war offensichtlich nicht sicher, ob sie ihm vertrauen konnte. Der Detektiv erwiderte ihren Blick und lächelte leicht. „Sie können es ihm ruhig erzählen. Er weiß nämlich genau, dass er ein ganz großes Problem mit mir bekommt, wenn er irgendetwas weitergibt. Nicht wahr?“ Sherlock bedachte seinen Bruder mit einem gespielten freundlichen Lächeln, worauf es an Mycroft war, die Augen zu verdrehen. „Na schön“, stimmte Katie zu und fing an, die Geschichte von Neuem zu erzählen. „Das war wirklich aufschlussreich, Miss Miller. Ich kann mir vorstellen, was passiert ist“, sagte Mycroft, als sie geendet hatte. „Wie wirst du jetzt vorgehen?“ Diese Frage galt Sherlock. „Ich werde den Mörder finden und dafür sorgen, dass Katie wieder in Sicherheit ist. Und nein, ich werde ganz sicher nicht mit dir zusammenarbeiten, nur weil Henry Parker für die Britische Regierung arbeitet“, erwiderte er. „Du weißt genauso gut wie ich, dass mich dieser Fall in dieser Hinsicht auch etwas angeht. Also solltest du noch einmal darüber nachdenken“, erwiderte Mycroft. „Nein, kein Interesse. Ich weiß mit meiner Zeit etwas Besseres anzufangen“, gab Sherlock sofort zurück. „Also gut, wie ich sehe, kann man mal wieder nicht vernünftig mit dir reden. Ich werde gehen, aber ich werde noch einmal auf dich zurückkommen“, verkündete der Ältere dann und stand auf. „Einen schönen Tag noch.“ Mit diesen Worten wandte er sich zum Gehen und war kurz darauf aus der Wohnung verschwunden. Am späten Abend saßen Sherlock und John noch im Wohnzimmer und dachten über den Fall nach. Katie war ebenfalls bei ihnen, allerdings war sie irgendwann eingeschlafen. Im Schlaf war sie Sherlock wieder näher gekommen, bis sie sich irgendwann nah an ihn gekuschelt hatte und friedlich schlief. Der Detektiv hatte sich mittlerweile daran gewöhnt und so ließ er es einfach zu, wobei er sie irgendwann zusätzlich in den Arm nahm, da er wusste, dass sie so auf jeden Fall ruhig bleiben würde und er somit in Ruhe nachdenken konnte. Johns fassungslosen Blick hatte er dabei einfach ignoriert. „Was halten Sie mittlerweile davon?“, fragte John in die aufgekommene Stille hinein. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Fall langsam größere Ausmaße annimmt, als ich anfangs dachte“, antwortete Sherlock. „Wie meinen Sie das?“, fragte sein Gegenüber weiter. „So wie ich es sage. Mittlerweile gibt es einfach zu viele Dinge, die mit diesem Fall zusammenhängen, als dass es ein einfacher Mord sein kann“, erwiderte Sherlock, während er Katie nachdenklich die Haare aus der Stirn strich. „Und was steckt Ihrer Meinung nach dahinter?“, wollte John wissen. Er hasste es, wenn Sherlock so weit ausholte und das Schlimmste daran war, dass John wusste, dass der Detektiv genau das in vollen Zügen genoss, weil er dann umso mehr seine Intelligenz unter Beweis stellen konnte. „Überlegen Sie doch mal, John. Das kann doch nicht so schwer sein. Katie beobachtet rein zufällig diesen Mord und läuft anschließend genau uns beiden in die Arme. Ausgerechnet wir beide helfen ihr und nehmen sie bei uns auf, um sie zu schützen. Als wir bei Lestrade und Molly nachfragen, finden wir heraus, dass die Tote die Frau eines Bankers ist, der direkt der Britischen Regierung untersteht. Er genießt also Ansehen und kann sich sicher einiges leisten. Seine Frau wurde jedoch nicht sofort umgebracht, sondern zuvor einige Tage festgehalten, während der Mörder ein nettes kleines Psychospiel mit ihrem Mann spielt. Und jetzt taucht auch noch Mycroft auf und will, dass ich ihn in meine Ermittlungen involviere, nur weil er der Meinung ist, es gehe ihn etwas an, da Henry Parker mehr oder weniger für ihn arbeitet. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?“ Abwartend schaute Sherlock seinen Partner an. „Ehrlich gesagt nicht…“, gestand John. Der Detektiv seufzte resigniert. „Ich wusste ja, dass Sie einen relativ geringen Verstand haben, aber dass er so klein ist, hätte ich nicht gedacht.“ „Wie schön, dass Ihr Verstand so groß ist, dass er für uns beide reicht“, gab John zurück und verdrehte die Augen. Er machte sich schon lange nichts mehr aus solchen Bemerkungen. Mittlerweile kannte er Sherlock so gut, dass er wusste, dass er es keinesfalls böse meinte und dies seine Art war, anderen mitzuteilen, dass er sie mochte. „Verraten Sie mir jetzt, was Sie damit sagen wollen?“, fragte John noch einmal nach, als Sherlock keine Anstalten machte, seine Erklärungen weiter auszuführen. „Ja, natürlich. Tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken gerade woanders“, gab Sherlock zu. „Das ist mir aufgefallen. Also – schießen Sie los“, forderte John ihn auf, worauf der Dunkelhaarige nickte. „Na schön. Ich fange noch einmal von vorne an. Katie hat diesen Mord beobachtet und läuft anschließend ausgerechnet uns in die Arme“, fing Sherlock an. „Sie meinen, es war Absicht, dass sie uns begegnet ist?“, fragte John, der langsam ahnte, worauf der Detektiv hinaus wollte. „So ist es“, bestätigte dieser dann. „Aber warum gerade sie?“, fragte John, der daraus offensichtlich nicht so ganz schlau wurde. „Das hat nichts mit ihr zu tun. Zumindest nicht direkt. Katie wurde willkürlich ausgesucht, aber der Mörder hat beabsichtigt, dass er beobachtet wird, da ihm klar war, dass ich darauf aufmerksam werde. Er hat Katie bewusst in unsere Richtung gehetzt, vermutlich wusste er, dass wir noch unterwegs waren und ihr helfen würden. Somit hat er ein Spiel in Gang gesetzt, das wir zwangsläufig mitspielen“, erklärte Sherlock. „Aber weiß der Mörder dann nicht, dass Katie bei uns ist?“, warf John ein. „Vermutlich weiß er es. Aber er wird sich ganz sicher nicht trauen hier aufzutauchen“, erwiderte Sherlock. „Ja, da haben Sie wahrscheinlich Recht“, stimmte John ihm zu. „Haben Sie noch mehr herausgefunden?“ „Allerdings…Mary Parker war die Frau eines Bankers, der für die Regierung arbeitet. Das lässt vermuten, dass der Täter nach Macht strebt und so versucht mehr davon zu bekommen, um das ganze System in seinen Grundfesten zu erschüttern. Er liebt die Kontrolle und will diese unbedingt für sich haben. Außerdem spielt er gerne, was daran deutlich wird, dass er sie nicht gleich umgebracht, sondern zuvor noch festgehalten hat. Er spielt sein Spiel mit einer besonderen Strategie und beendet es auf brutalste Weise. Die Tatsache, dass Mycroft sich jetzt eingeschaltet hat, kann unter Umständen auch von Vorteil für den Mörder sein, da er sich erhofft, über ihn Informationen über mich oder die Regierung zu bekommen. Ich fasse also zusammen – der Mörder spielt ein Spiel, in dem er alle Register zieht und die Möglichkeiten genau abwägt, um als Sieger daraus hervorzugehen. So erhält er Kontrolle und erlangt Macht. Indem er Katie als Zeugin ausgewählt hat, hat er sie zu seiner Gejagten gemacht. Er wird sich Stück für Stück an sie herantasten und die überflüssigen Figuren einfach aus dem Spiel werfen, um am Ende sie als König Schachmatt zu setzen. Und ich bin derjenige, der dieses Spiel stoppen muss, bevor er Katie umbringen wird“, endete Sherlock. John schaute ihn einen Moment wortlos an. „Wie sind Sie darauf gekommen?“, fragte er schließlich. „Es war einfach sich das zu erschließen. Es sind einfach zu viele Faktoren, die ineinander greifen und alle Spuren enden bei mir. Das Ganze ist in gewisser Weise eine Herausforderung bzw. eine Aufforderung zum Spielen an mich“, antwortete Sherlock. Einen Moment herrschte Stille, bevor John wieder das Wort ergriff. „Wenn ich mir das so anhöre, könnte man fast meinen, dass Moriarty dahinter steckt.“ Sherlock schaute ihn nur an und John erwiderte seinen Blick fassungslos, als ihm klar wurde, worauf der Dunkelhaarige hinaus wollte. „Sie meinen, dass er tatsächlich dahinter steckt? Aber wie ist das möglich? Ich dachte, er sei tot…“ Die Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus. „Das dachte ich auch. Aber langsam glaube ich, dass er doch noch am Leben ist. Alles deutet darauf hin, dass er wieder da ist und offenbar hat er seine Vorliebe fürs Spielen noch nicht verloren…“, antwortete Sherlock. „Und was machen wir jetzt…? Wenn er wirklich dahinter steckt, wird er nicht eher Ruhe geben, bis er Katie erwischt hat“, meinte John und wirkte sichtlich beunruhigt. „Das weiß ich…aber ich werde nicht zulassen, dass ihr etwas passiert. Es wird ihm kein zweites Mal gelingen, meinen Ruf zu ruinieren und die Menschen zu bedrohen, die mir nahe stehen. Dieses Mal bin ich auf ihn vorbereitet“, versicherte Sherlock ihm. „Das hört sich gut an. Zumindest klingt es so, als hätten Sie einen Plan“, erwiderte John. „Vielleicht nicht direkt, aber wenn es darauf ankommt, werde ich einen haben“, entgegnete der Detektiv. Dann herrschte kurz Stille zwischen ihnen, bevor Sherlock wieder das Wort ergriff. „Wir sollten uns ein wenig hinlegen. Heute können wir sowieso nicht mehr viel ausrichten“, meinte er, bevor er aufstand und die schlafende Katie kurzerhand auf den Arm nahm. „Sie haben Recht“, stimmte John ihm zu und stand ebenfalls auf, ehe sie sich noch eine gute Nacht wünschten und sich schließlich zurückzogen. Als Sherlock Katie sanft auf dem Bett ablegte, öffnete diese die Augen. „Was ist denn los?“, fragte sie verschlafen. „Ich habe Sie ins Bett gebracht. Sie können ruhig weiter schlafen“, erwiderte er, während er neben sie kam. „Na gut…“, murmelte Katie und kuschelte sich sofort wieder an ihn, als sie ihn nah neben sich spürte. Er ließ es zu und nahm sie wieder in den Arm. „Sherlock…?“, fragte Katie dann leise. „Was denn?“, gab er zurück. „Werden Sie es wirklich nicht zulassen, dass mir etwas passiert?“, murmelte die Braunhaarige, während sie sich noch näher an ihn schmiegte. "Sie haben das gehört?“ Der Detektiv klang überrascht. „Ja…ich war vorhin kurz wach und habe mitbekommen, dass Sie das gesagt haben“, antwortete Katie. „Verstehe…aber ich habe das ernst gemeint. Ihnen wird nichts passieren, nicht solange ich auf Sie aufpasse und Sie beschütze“, versprach er ihr. „Danke…“, murmelte Katie daraufhin und lächelte leicht. „Schon in Ordnung. Schlafen Sie jetzt, es ist spät“, erwiderte Sherlock. Katie nickte und schmiegte sich noch näher an seine Brust, ehe sie die Augen wieder schloss. „Gute Nacht“, murmelte sie noch. „Gute Nacht“, gab Sherlock zurück. Kurz darauf war die Braunhaarige wieder eingeschlafen. Sherlock beobachtete sie noch eine Weile, während er ihr sanft durch die Haare streichelte. „Haben Sie keine Angst, Katie. Ich werde Sie auf jeden Fall beschützen“, flüsterte er dann und küsste sie sanft auf die Stirn, ehe auch er die Augen schloss und kurz darauf eingeschlafen war. Am nächsten Morgen wurde Sherlock durch das Schrillen der Klingel geweckt. Verschlafen schaute er sich um und entdeckte sofort Katie, die sich noch näher an ihn gekuschelt hatte, als er es in Erinnerung hatte. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er ihr sanft eine Haarsträhne aus der Stirn strich, doch als er plötzlich die Stimme von Inspector Lestrade im Treppenhaus hörte, verschwand es gleich wieder. Wenn er hier auftauchte, musste etwas passiert sein. Vorsichtig löste er sich von Katie, um sie nicht zu wecken, ehe er aufstand und sich seinen blauen Morgenmantel überwarf, bevor er ins Wohnzimmer ging. Dort standen bereits John und Lestrade, der von Anderson und Sally begleitet wurde; beiden war anzusehen, dass der Grund für den morgendlichen Besuch nicht gerade erfreulich war. „Guten Morgen, Sherlock. Tut mir leid, dass ich Sie so früh schon störe“, begrüßte ihn Lestrade. „Was ist passiert?“, fragte Sherlock unvermittelt, ohne auf die Begrüßung einzugehen. „Wir haben eine zweite Leiche…in der Nähe vom Regent’s Park. Werden Sie mitkommen und sich die Sache ansehen?“ Fragend und gleichzeitig bittend schaute er den Dunkelhaarigen an. „Macht Anderson etwa die Spurensicherung, weil er mal wieder an Ihrem Rockzipfel hängt?“, fragte Sherlock mit einem spöttischen Unterton in der Stimme. „Ich bin auch nicht begeistert Sie zu sehen, glauben Sie mir“, gab Anderson grummelnd zurück. „Dann sind wir uns ja ausnahmsweise mal einig“, erwiderte Sherlock. „Ich unterbreche diese kleine Diskussion wirklich nur ungern, aber würden Sie mir vielleicht eine Antwort geben?“, mischte sich Lestrade wieder ein. „Ja, natürlich. Ich werde mir die Sache selbstverständlich ansehen. Aber ich komme nach. Sie wissen genau, dass ich nicht in einem Streifenwagen zu einem Tatort fahre“, antwortete Sherlock. „Das ist mir bekannt. Es hätte mich auch gewundert, wenn Sie diese Gewohnheit mittlerweile abgelegt hätten. Aber gut, ich sehe Sie dann vor Ort.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Lestrade und verschwand kurz darauf gefolgt von seinen beiden Polizeibeamten. John und Sherlock blieben allein im Wohnzimmer zurück und warfen sich einen vielsagenden Blick zu. „Glauben Sie, dass ein Zusammenhang besteht?“, unterbrach John die Stille. „Da besteht ganz sicher ein Zusammenhang. In Anbetracht der Umstände kann dieser zweite Mord kein Zufall sein“, erwiderte Sherlock. „Das ist anzunehmen. Denken Sie wirklich, dass Moriarty dahinter steckt?“, fragte John weiter. „Ich denke es, aber sicher bin ich mir noch nicht oder besser gesagt, ich hoffe, dass es nicht so ist. Aber das ist jetzt erst einmal nebensächlich. Ein Tatort wartet auf uns“, gab Sherlock zurück. „Sie haben Recht. Wir sollten Lestrade nicht allzu lange warten lassen“, stimmte John zu. „Wir treffen uns in einer viertel Stunde unten vor der Haustür“, ordnete Sherlock dann an, ehe er wieder in seinem Zimmer verschwand. Eine viertel Stunde später stieß Sherlock gemeinsam mit Katie zu John, der schon auf dem Bürgersteig vor dem kleinen Café auf sie wartete. Der Detektiv hatte die Braunhaarige geweckt, als er in sein Schlafzimmer zurückgekehrt war. Er wusste zwar nicht genau warum, aber er wollte Katie auf keinen Fall alleine lassen, deswegen zog er es vor sie zum Tatort mitzunehmen. Kurz darauf saßen sie auch schon in einem Taxi und waren auf dem Weg zum Regent’s Park, wo Lestrade bereits auf sie wartete. Als sie an ihrem Ziel angekommen waren, konnten sie schon von weitem das weiß-gelbe Absperrband sehen, mit dem der Tatort abgetrennt worden war. Katie spürte sofort einen unangenehmen Knoten in der Magengegend, der sich immer mehr zusammenschnürte, je näher sie dem Ort des Verbrechens kamen. Instinktiv griff die Braunhaarige nach Sherlocks Hand, in der Hoffnung, dass er es zulassen würde. Der Dunkelhaarige warf ihr jedoch nur einen kurzen Blick zu und umschloss ihre Finger schließlich mit seinen eigenen. Er wusste selbst nicht, wieso er so reagierte, aber seit die Braunhaarige ihm mehr über sich erzählt hatte und aufgrund des beobachteten Mordes so aufgewühlt war, fühlte er sich auf unerklärliche Weise zu ihr hingezogen. Er vertraute ihr schon beinahe so sehr wie John und das sollte etwas heißen, wo er doch als nicht sehr kontaktfreudig, arrogant und gefühlskalt galt. Aber dennoch löste Katie etwas in ihm aus, wodurch er das Gefühl hatte sie beschützen zu müssen. Aus diesem Grund ließ er es auch zu, dass sie seine Hand nahm. Kurz darauf blieben sie direkt vor Lestrade stehen, der ihnen mit ernster Miene entgegenblickte. „Gibt es vorab etwas, das ich wissen sollte?“, fragte Sherlock unvermittelt. „Das hier haben wir neben der Leiche gefunden“, meinte Lestrade und reichte dem Dunkelhaarigen einen kleinen Zettel, der sorgfältig zusammengefaltet worden war. Sherlock nahm ihn entgegen und entfaltete ihn langsam. „Was steht drauf?“, fragte John, als der Detektiv den Papierfetzen nur wortlos anschaute. „Wer kann von 5 rückwärts zählen?“, las Sherlock daraufhin laut vor. „Was soll das denn bedeuten?“, fragte John und runzelte irritiert die Stirn. „Das haben wir leider noch nicht herausgefunden. Wir sind uns zwar sicher, dass diese Nachricht vom Mörder stammt, aber wir wissen leider nicht, was sie zu bedeuten hat…“, warf Lestrade ein. „Wo ist die Leiche? Ich möchte mir das Ganze etwas näher ansehen“, mischte sich Sherlock wieder ein. „Da drüben, kommen Sie“, erwiderte Lestrade und ging voraus, worauf die anderen drei ihm folgten. An der entsprechenden Stelle angekommen, löste sich Sherlock sanft aus Katies Griff. „Bleiben Sie bei John. Sie müssen sich das nicht ansehen“, sagte er dann zu ihr, worauf sie nickte und zu John ging, der ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Sherlock warf ihr noch einmal einen kurzen Blick zu, ehe er schließlich zur Leiche trat. Bei diesem zweiten Opfer handelte es sich um einen Mann. Offensichtlich besetzte auch er eine höhere Position, was darauf zurückzuführen war, dass er Anzug und Krawatte trug sowie eine Aktentasche bei sich hatte, aus der jedoch allem Anschein nach nichts entwendet wurde, denn die Tasche war unversehrt und verschlossen. Des Weiteren musste der Mann bereits Anfang bis Mitte 50 sein, was das ergraute zurückgehende Haar sowie das etwas zerfurchte Gesicht zeigte. Weiterhin erkannte Sherlock sofort, dass er offenbar mit seinem Mörder gekämpft haben musste, da er Verletzungen an beiden Händen aufwies. Leider war der Mörder stärker als er, andernfalls würde er jetzt nicht tot vor dem Detektiv liegen. Als Sherlocks Blick über den leblosen Körper glitt, entdeckte er auch sofort die vermeintliche Ursache für den Tod des Mannes. In dessen Bauch klaffte eine übel aussehende Stichwunde. Der Mörder hatte offensichtlich ganz gezielt zugestochen und dabei beabsichtigt, dass der Stich auf jeden Fall tödlich sein würde. Zu diesem Zweck musste er das Messer noch einmal umgedreht haben, als es bereits in der Wunde steckte, um sicherzugehen, dass der Angriff auch wirklich den gewünschten Effekt erzielen würde. Wer auch immer diesen Mann auf dem Gewissen hatte, hatte ganz genau gewusst, wie und warum er so vorging. „Und haben Sie schon etwas herausgefunden?“ Als er Johns Stimme hörte, schaute der Detektiv auf. Sein Partner stand gemeinsam mit Katie hinter ihm und schaute ihn fragend an. „Ja, einiges. Der Mann ist Anfang bis Mitte 50. Seiner Kleidung nach zu urteilen besetzte er eine höhere Position. Seiner Aktentasche wurde nichts entwendet, sonst wäre sie offen und würde nicht so makellos aussehen. Bevor er starb, muss er mit seinem Mörder gekämpft haben, was die Verletzungen an beiden Händen erklärt. Außerdem hat die Stichwunde an seinem Bauch höchstwahrscheinlich zum Tod geführt. Wenn Sie mich fragen, wurde er auch von seinem Mörder überrascht. Er ahnte vermutlich nicht, was ihm bevorstand, denn für ihn war wahrscheinlich alles wie immer“, antwortete Sherlock. „Woher wissen Sie, dass für ihn alles wie immer war? Haben Sie ihn etwa gekannt?“, fragte John etwas überrascht. „Nein, habe ich nicht. Aber wenn er ein Spaziergänger wäre, hätte man ihn sicher auf einem der abweichenden Kieswege gefunden. Aber er liegt auf dem Hauptweg, der direkt durch den Park führt. Viele Leute benutzen ihn als Abkürzung auf ihrem Nachhauseweg von der Arbeit“, erwiderte Sherlock. „Sie ziehen Ihre Schlussfolgerungen schnell wie immer“, bemerkte Lestrade anerkennend, der gerade wieder zu ihnen getreten war. Sherlock wollte gerade etwas erwidern, als sich plötzlich Katie zu Wort meldete. „Schauen Sie mal. Da wurde etwas in den Sand gemalt“, meinte sie und zog Sherlock am Ärmel, damit er darauf aufmerksam werden würde. Sofort schaute der Dunkelhaarige auf und stellte fest, dass sie Recht hatte; direkt neben der Leiche war etwas in den Sand unter dem Kies gezeichnet worden. Augenblicklich trat Sherlock noch einmal näher an die Leiche heran. „Was steht da?“, fragte Katie, als sie ihm über die Schulter schaute. „Eine 5“, gab Sherlock zurück. „Eine 5? Was hat das zu bedeuten?“, fragte John irritiert. Einen Moment herrschte Stille, bevor Sherlock plötzlich die Lösung einfiel. Schnell kramte er noch einmal den Zettel aus seiner Manteltasche hervor. „Wer kann von 5 rückwärts zählen…“, murmelte er vor sich hin, ehe er sich umdrehte und sowohl Katie als auch John mit ernster Miene fixierte. „Es ist ein Countdown“, sagte er dann. „Ein Countdown?“, wiederholte John fassungslos, als er begriff, was Sherlock ihm sagen wollte. „Genau, ein Countdown, der mit 5 beginnt und dann runtergezählt wird“, bestätigte Sherlock. „Das Spiel des Mörders hat begonnen!“ Konfrontation ------------- „Es ist ein Countdown, der mit 5 beginnt und runtergezählt wird?“, wiederholte Katie, „was hat das zu bedeuten?“ „Ganz einfach – es wird noch vier weitere Opfer geben und wenn das letzte tot ist, wird sich der Mörder sein eigentliches Ziel schnappen“, antwortete Sherlock. „Sein eigentliches Ziel? Was wollen Sie damit sagen?“, fragte Lestrade. „Ist das denn nicht offenkundig? Mein Gott, ich habe es heute mal wieder nur mit Idioten zu tun“, seufzte Sherlock, worauf Lestrade die Augen verdrehte. „Würden Sie mich dann freundlicherweise aufklären?“, fragte er dann ruhig; er war diese Kommentare längst gewöhnt. „Ja, natürlich. Sein eigentliches Ziel ist ganz klar Katie“, erwiderte Sherlock. „Sie meinen, dass es derselbe Täter war?“, fragte der Inspector. „Ganz genau. Er spielt mit uns und hat nun diesen Countdown gestartet. Es ist eine Art Warnung, damit wir wissen, dass er sich die einzige lebende Zeugin holen wird, sobald der Countdown bei 0 angekommen ist“, erklärte Sherlock. „Und was tun wir jetzt?“, mischte sich John wieder ein. „Wir müssen herausfinden, wo er als nächstes zuschlagen wird und ob er nach einem Muster vorgeht und natürlich müssen wir sehr gut auf Katie aufpassen“, antwortete Sherlock und zog die Braunhaarige zu sich, die im Moment aussah, als hätte man ihr ins Gesicht geschlagen. „Bringen Sie die Leiche zu Molly. Ich werde sie dann um weitere Details bitten. Fürs Erste ist es wohl am besten, wenn ich Katie erst einmal nach Hause bringe. Sie sehen ja selbst, dass es ihr im Moment nicht gerade gut geht“, sagte der Dunkelhaarige dann, während er Katie im Arm behielt, damit diese nicht zusammenklappen würde. „Ja, gehen Sie nur. Ich lasse es Sie wissen, wenn es Neuigkeiten gibt“, erwiderte Lestrade daraufhin. „Ich erwarte Ihre Nachricht.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Sherlock von dem Inspector und zog Katie sanft mit sich zurück zur Hauptstraße; John folgte ihnen. Kurz darauf kamen sie wieder in der Baker Street an. In der Wohnung sorgte Sherlock dafür, dass Katie sich auf das Sofa setzte, bevor er sich an John wandte. „Würden Sie ihr vielleicht einen Tee machen? Möglicherweise beruhigt sie das ein wenig.“ „Ja, natürlich“, stimmte John sofort zu, ehe er in der Küche verschwand. Sherlock schaute ihm kurz nach, bevor er sich schließlich zu Katie setzte. „Geht es Ihnen gut?“, fragte er nach kurzem Schweigen. „Ob es mir gut geht? Sie fragen mich allen Ernstes, ob es mir gut geht und das nach dieser Sache im Park? Nein, verdammt noch mal! Es geht mir nicht gut! Ein Irrer bringt meinetwegen wahllos Menschen um und will mich selbst auch um die Ecke bringen und Sie haben nichts Besseres zu tun, als mich zu fragen, ob es mir gut geht! Ich habe eine scheiß Angst, wenn Sie es genau wissen wollen!“ Katie war immer lauter geworden und schließlich in Tränen ausgebrochen. Verzweifelt vergrub sie ihr Gesicht in ihren Händen, während ihr Körper immer wieder von einem Schluchzen geschüttelt wurde. „Sie sind mal wieder sehr taktvoll“, bemerkte John, der gerade mit dem Tee zurückgekommen war. „Tun Sie etwas. Das kann man ja nicht mit ansehen.“ Sherlock verdrehte bei diesem Kommentar nur die Augen, legte Katie aber dennoch einen Arm um die Schulter und drückte sie sanft an seinen schlanken Körper. „Es tut mir leid…hören Sie auf zu weinen“, sagte er leise und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Ich kann nicht mehr…wieso kann dieser Albtraum nicht einfach aufhören?“, schluchzte Katie und verbarg verzweifelt ihr Gesicht an seinem Hemd. „Beruhigen Sie sich, wir werden den Mörder fassen“, versprach Sherlock und zog sie noch etwas näher an sich. „Ich kann mich nicht beruhigen. Ich habe verdammt noch mal Angst.“ Ihr Weinen wurde noch heftiger und der Detektiv wusste sich nicht anders zu helfen, als sie festzuhalten und ihr weiterhin sanft über den Rücken zu streicheln. Es dauerte eine ganze Weile, bis Katie sich wieder beruhigt hatte und sich schließlich von Sherlock löste. „Hier, trinken Sie einen Schluck Tee, das wird Ihnen gut tun“, sagte John und reichte ihr die Tasse, die sie dankend annahm. Sofort nahm sie einen großzügigen Schluck von der warmen Flüssigkeit, die gleich ein wohliges Gefühl in ihr auslöste, wodurch sie sich schließlich einigermaßen entspannte. „Geht es Ihnen jetzt besser?“, erkundigte sich John. „Ja, vielen Dank“, erwiderte Katie und wischte sich kurz über die Augen, um auch noch die letzten Tränenspuren zu beseitigen. „Wie schön. Dann sollten Sie sich ein wenig hinlegen, das war sicher etwas viel für Sie. Sherlock überlässt Ihnen dazu bestimmt gerne sein Bett, nicht wahr?“ Abwartend schaute John den Dunkelhaarigen an, der ergeben seufzte. „Meinetwegen“, stimmte er zu. „Gut, dann bleiben Sie bestimmt auch gerne bei ihr“, fügte John hinzu. „Was? Was ist mit Ihnen? Ich wollte eigentlich noch zu Molly fahren und mit ihr über das neuste Opfer sprechen“, widersprach Sherlock. „Das können Sie auch später noch machen. Katie braucht jemanden, der bei ihr bleibt. Ich bin in einer halben Stunde verabredet, also bleiben nur noch Sie“, gab John zurück. „Sie sind verabredet? Das haben Sie sich doch gerade ausgedacht.“ Sherlock bedachte seinen Partner mit einem misstrauischen Blick. „Nein, habe ich nicht. Ich habe Ihnen doch davon erzählt“, erwiderte dieser. „Wann?“ „Heute Morgen beim Frühstück, aber Sie haben mir offensichtlich mal wieder nicht zugehört. Wie auch immer, ich muss jetzt los.“ Mit diesen Worten stand John auf und zog sich seine Jacke über. „Könnte spät werden“, sagte er noch, ehe er die Wohnung verließ und Katie und Sherlock allein im Wohnzimmer waren. „Tut mir leid, dass Sie meinetwegen nicht weg können…“, murmelte Katie in die Stille hinein. „Schon gut. Kommen Sie, Sie sollten sich wirklich etwas hinlegen“, erwiderte Sherlock und stand auf. Katie tat es ihm gleich und folgte ihm in sein Schlafzimmer. Kurz darauf lag die Braunhaarige in seinem Bett unter der Decke, während sie sich aufatmend in die Kissen kuschelte; Sherlock blieb neben ihr sitzen. Es herrschte Stille zwischen ihnen, bis Katie sie irgendwann durchbrach. „Sie können ruhig zu Molly fahren, wenn Sie wollen“, sagte sie. „Und was ist mit Ihnen?“, fragte Sherlock daraufhin. „Ich komme schon klar. Ich werde einfach hier bleiben und mich ausruhen. Hier bin ich doch sicher, oder nicht?“ Fragend schaute sie ihn an. „Natürlich sind Sie das. Hier kann Ihnen nichts passieren“, bestätigte Sherlock. „Dann können Sie ruhig fahren. Es ist in Ordnung“, versicherte Katie ihm. „Also schön. Mrs. Hudson ist unten, wenn etwas ist und Sie versprechen mir, die Wohnung auf keinen Fall zu verlassen“, sagte der Dunkelhaarige daraufhin und schaute sie eindringlich an. „Ja, ich verspreche es Ihnen.“ Damit wollte Sherlock aufstehen, doch Katie hielt ihn zurück, indem sie seine Hand ergriff. „Tun Sie mir noch einen Gefallen?“, fragte sie leise. „Was ist denn noch?“ Abwartend schaute er sie an. „Bleiben Sie noch bei mir, bis ich eingeschlafen bin?“ Bittend erwiderte sie seinen Blick. „Also gut, ich bleibe solange hier“, willigte er ein, worauf sich Katie bedankte und die Augen schloss, wobei sie immer noch Sherlocks Hand in ihrer eigenen hielt. Der Detektiv blieb einfach neben ihr sitzen und streichelte sanft über ihre Finger, wobei er sich fragte, wieso er das tat, während er darauf wartete, dass sie einschlafen würde. Es dauerte auch nicht lange, bis er ihre tiefen, gleichmäßigen Atemzüge vernahm, was ihm verriet, dass sie schlief. Er blieb noch einen Moment sitzen, bevor er schließlich aufstand, ihr noch einmal durch die Haare strich und die Wohnung kurze Zeit später verließ, um sich auf den Weg zum St. Barts Hospital zu machen. Als Katie wieder aufwachte, war es draußen bereits dunkel. Weder Sherlock noch John waren offensichtlich schon wieder da, denn in der Wohnung war alles mucksmäuschenstill. Langsam stand Katie auf und ging in die Küche, um sich dort einen Tee zu machen. Kurz darauf ging sie mit ihrer Teetasse ins Wohnzimmer, wo sie sich auf einem der Sessel niederließ und den Fernseher einschaltete. Sie verfolgte das Fernsehprogramm eine ganze Weile, bis sie plötzlich ein Geräusch vernahm, das aus ihrer Jackentasche kam. Es war eindeutig ihr Handy gewesen, das soeben ein Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Sofort stand sie auf und kramte ihr Mobiltelefon aus der Jackentasche hervor. Mit flinken Fingern entriegelte sie die Tastensperre und entdeckte sofort eine neue SMS, die vor wenigen Sekunden an sie gesendet wurde. Zuerst dachte sie es wäre Sherlock, der ihr sagen würde, dass es noch etwas dauern würde, bis er zurückkam, doch dann stellte sie überrascht fest, dass es ihre Kollegin und Freundin Sarah war, die ihr geschrieben hatte. Schnell öffnete Katie die SMS und überflog die Nachricht. Sarah wollte wissen wie es ihr ging, nachdem sie drei Tage nichts von ihr gehört hatte und sie auch nicht zur Arbeit erschienen war. Weiterhin ließ sie fragen, ob sie sich nicht heute Abend im Regent’s Park zu einem kleinen Spaziergang treffen wollten, da sie überraschend frei bekommen hatte. Katie schaute nachdenklich auf die SMS. Sie wusste, dass sie Sherlock versprochen hatte, die Wohnung nicht zu verlassen und eigentlich behagte ihr die Vorstellung nicht, an den Ort zurückzugehen, wo vor wenigen Stunden eine Leiche gefunden wurde, aber dennoch sehnte sie sich danach, Sarah wiederzusehen und wenigstens für einen Abend eine Freundin um sich zu haben, der sie von ihren Problemen erzählen konnte. Sie überlegte noch kurz, doch dann siegte schließlich der Wunsch ihre Freundin sehen zu wollen, weshalb sie sich kurzerhand ihre Jacke überzog und die Wohnung verließ. Kurz darauf war Katie im Regent’s Park angekommen. Suchend schaute sie sich nach Sarah um, konnte aber zunächst niemanden entdecken. Vielleicht verspätete sie sich ja oder Katie war zu früh. Sie beschloss zu warten. Die Minuten tickten dahin und Sarah tauchte nicht auf. Möglicherweise war ihr ja doch etwas dazwischen gekommen und sie hatte vergessen abzusagen. Katie wartete noch einige Minuten, doch als von Sarah immer noch jede Spur fehlte, beschloss sie zurück in die Baker Street zu gehen. Vielleicht war Sherlock mittlerweile wieder da und bei ihm würde sie sich sicher wohler fühlen als in dem dunklen verlassenen Park, der vor wenigen Stunden zum Tatort geworden war. Sie wollte gerade gehen, als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. „Es ist doch wirklich erstaunlich, wie leicht man normale Menschen reinlegen kann. Wo willst du denn hin, Katie?“ Erschrocken drehte sich die Braunhaarige um. Hinter ihr stand ein Mann, den sie nicht kannte, zumindest glaubte sie, dass sie ihn nicht kannte. Er trug einen Anzug, als ob er gerade von einer wichtigen Sitzung käme. Auf den ersten Blick machte er einen normalen Eindruck, doch auf eine unheimliche Weise lag etwas Wahnhaftes in seinen Augen, was Katie einen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Woher kennen Sie meinen Namen?“, brachte sie schließlich heraus. „Deine kleine Freundin aus der Cocktailbar hat ihn mir verraten. Sie ist wohl sehr leicht zu beeindrucken, was? Ich musste ihr nur schöne Augen machen und schon hat sie mir deinen Namen und deine Handynummer gegeben“, antwortete der Fremde. „Dann waren Sie es, der mir in Sarahs Namen die SMS geschickt hat“, vermutete Katie. „Sehr richtig, sie war so freundlich mir ihr Handy zu leihen. Wie nachlässig von Sherlock, dich heute Abend alleine zu lassen und Dr. Watson hatte auch keine Zeit, um auf dich aufzupassen, wie bedauerlich“, sagte ihr Gegenüber dann mit einem leisen Seufzen. „Sie kennen Sherlock und John? Woher?“, fragte Katie und hatte langsam ein ungutes Gefühl in der Magengegend. „Sagen wir es mal so: Wir sind alte Freunde. Aber nun zu uns beiden, mein hübsches Kind. Ich wollte dich unbedingt wiedersehen, nachdem du bei unserer ersten Begegnung in der Seitengasse so schnell verschwunden warst“, antwortete der Fremde. Katie wollte gerade etwas erwidern, als sie plötzlich innehielt. Ihre erste Begegnung in der Seitengasse? Mit einem Mal wurde ihr bewusst, wen sie da vor sich hatte. Entsetzt weiteten sich ihre Augen. „Oh mein Gott…Sie haben diese Frau dort erschossen“, sagte sie tonlos. „So ein schlaues Mädchen. Mary Parker war mit der Zeit lästig und als Druckmittel taugte sie nicht viel, deswegen habe ich sie beseitigt. Was für ein Pech für dich, dass du alles gesehen hast“, meinte der Fremde. „Dann haben Sie auch diesen Mann umgebracht, der heute hier gefunden wurde…“, mutmaßte Katie. „Gut kombiniert. Fast so scharfsinnig wie Sherlock“, grinste ihr Gegenüber, bevor er näher zu ihr kam. „Du weißt sicher, was ich mit dir vorhabe, Katie. Leider kann ich es nicht zulassen, dass Zeugen zurückbleiben. Deswegen muss ich dich leider auch umbringen. Dann habe ich mir vier weitere Morde gespart. Es ist ja so anstrengend, ein geeignetes Opfer zu finden. Aber natürlich werde ich dich nicht einfach so erschießen oder erstechen. Das wäre langweilig und einfallslos“, meinte der Fremde grinsend. Katie antwortete nicht. Sie ließ ihr Gegenüber nicht aus den Augen und überlegte fieberhaft, wie sie wieder heil aus dieser Sache herauskommen könnte. „Lass uns ein wenig spielen, Katie. Ich genieße es gerne, wenn ich meine Opfer beseitige, daher hoffe ich, dass du mitspielst. Ich bin gespannt, wie schnell du rennen kannst.“ Wieder grinste er und kam noch näher zu ihr. „Was soll das heißen…?“, fragte Katie und versuchte, die aufkommende Panik so gut es ging zu unterdrücken. „Wir beide werden ein bisschen Fangen spielen. Du läufst los und ich versuche, dich wieder einzufangen. Du gewinnst, wenn du es schaffst mir zu entkommen, also hast du immer noch eine Chance zu überleben. Aber ich gewinne, wenn ich dich treffe…“ Erschrocken stellte Katie fest, dass er eine Pistole aus seinem Anzug zog. „Das Spiel kann beginnen. Ich lasse dir sogar zwei Minuten Vorsprung. Und nun lauf…lauf um dein Leben, Katie Miller.“ Der Fremde lachte und trat ein paar Schritte zurück. Katie war starr vor Angst, doch wenn sie nicht weglaufen würde, würde er sie sicher an Ort und Stelle erschießen. Andernfalls hätte sie wenigstens den Hauch einer Chance, um zu überleben. So schnell sie konnte rannte sie los und stürzte den Kiesweg entlang, in der Hoffnung, dass sie dem Fremden auch wirklich entkommen konnte. Katie hetzte durch den Park, wobei sie sich immer wieder hektisch umschaute, aus Angst der Fremde wäre schon hinter ihr und im Begriff sie über den Haufen zu schießen. Sie hatte den Hauptweg schon längst verlassen und rannte die Kieswege entlang, die direkt an den Blumenbeeten vorbeiführten. Nicht selten streifte ihre Hand einige der Blumen, wobei die Dornen schmerzhafte Risse in ihrer Haut hinterließen, doch sie ignorierte den Schmerz und rannte weiter. Plötzlich hörte sie Schritte hinter sich und die Stimme des Fremden rief ihren Namen. Er schien schon ganz nah zu sein! Panik stieg in Katie auf und Tränen der Angst sammelten sich in ihren Augen, die ihr zum Teil die Sicht nahmen, während sie blindlings weiterstürzte. Sie spürte, dass ihre Kräfte nachließen, doch sie musste weiter rennen. Wenn dieser Irre sie einholen würde, wäre alles vorbei. Aber vielleicht konnte sie sich ja irgendwo verstecken und dann unbemerkt aus dem Park gelangen. Sie glaubte zwar nicht daran, aber einen Versuch war es zumindest wert. Hektisch schaute sie sich nach einem Versteck um und entdeckte eine Brücke, die zu einem anderen Teil des Parks führte. Schnell rannte sie darauf zu und versteckte sich darunter, in der Hoffnung, dass ihr Verfolger sie nicht finden würde. „Katie, wo bist du denn, meine Süße?!“, hörte sie ihn da auch schon rufen. Angespannt hielt sie den Atem an und betete inständig, dass er weiterlaufen würde. Die Sekunden schlichen dahin und kamen Katie wie eine Ewigkeit vor, doch dann hörte sie, dass er sich entfernte. Sie atmete erleichtert auf und blieb noch einen Moment sitzen. Schließlich wollte sie aufstehen und den Park so schnell wie möglich verlassen, doch da hörte sie erneut Schritte. Schritte, die direkt auf die Brücke zukamen! Starr vor Schreck blieb Katie wo sie war. Hatte er ihren Trick durchschaut und kam nun zurück?! Die Schritte kamen näher und näher und mit Entsetzen stellte Katie fest, dass es zu spät war, um jetzt noch wegzulaufen. „Jetzt ist alles aus…“, dachte sie und schloss verzweifelt die Augen. Im nächsten Moment legten sich zwei Hände auf ihre Schultern. „Katie, es ist alles gut. Sie müssen keine Angst mehr haben.“ Als sie die vertraute tiefe Stimme hörte, schaute sie auf und sofort machte sich Erleichterung in ihr breit. Doch im nächsten Augenblick wurde sie von ihren Gefühlen regelrecht überrannt, sodass sie ihrem Retter in die Arme fiel und in Tränen ausbrach. „Sherlock…“, schluchzte sie und drückte sich verzweifelt an ihn. Der Detektiv ließ es zu und hielt sie fest, während sie sich bei ihm ausweinte. „Oh Gott…ich hatte solche Angst…“, schluchzte sie und kam noch näher zu ihm. „Ist ja gut. Sie sind in Sicherheit. Es ist alles gut…“ Er redete beruhigend auf sie ein, während er ihr sanft über den Rücken streichelte. „Kommen Sie, wir gehen nach Hause.“ Vorsichtig zog er sie auf die Beine und legte ihr einen Arm um die Schulter, bevor er sie schließlich aus dem Park führte. Der Fremde hatte sie aus einiger Entfernung beobachtet und schaute ihnen mit einem Grinsen auf den Lippen nach. Es dauerte nicht lange, bis Sherlock und Katie wieder in der Baker Street angekommen waren. Der Dunkelhaarige wies sie an, sich aufs Sofa zu setzen, während er ihr etwas zu trinken holte. Als er wieder zu ihr kam, reichte er ihr ein Glas und setzte sich ihr gegenüber. „Trinken Sie das, das beruhigt Ihre Nerven“, meinte er. „Was ist das?“, fragte sie, als sie die orange-braune Flüssigkeit betrachtete. „Brandy“, lautete die Antwort. „Trinken Sie ruhig.“ Katie nickte und nahm einen Schluck. Sherlock hatte Recht, es beruhigte tatsächlich. „Danke, dass Sie mir geholfen haben. Ich glaube, wenn Sie nicht gekommen wären, würde ich jetzt nicht hier sitzen“, murmelte Katie. „Ist schon gut. Wissen Sie jetzt, wieso ich Sie gebeten habe, die Wohnung nicht zu verlassen?“ Fragend schaute Sherlock sie an. Katie senkte schuldbewusst den Blick. „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass ich Ihnen versprochen habe hier zu bleiben, aber als ich sah, dass die SMS, die ich bekam, vermeintlich von Sarah kam, hatte ich plötzlich den Wunsch, wenigstens für einen Abend eine Freundin um mich zu haben...“, erklärte sie leise. „Und dann sind Sie direkt dem Mörder in die Arme gelaufen“, endete Sherlock, worauf sie betreten nickte. „Verstehe…erzählen Sie mir von dieser Begegnung. Wie hat er ausgesehen?“ Abwartend schaute er die Braunhaarige an. Katie fühlte sich sichtlich unwohl dabei, sich an das Spiel auf Leben und Tod zu erinnern, doch sie wusste auch, dass Sherlock nicht locker lassen würde. „Er war etwa so groß wie Sie und hatte dunkle Haare. Er trug einen Anzug, in dem er übrigens eine Pistole versteckt hatte. Aber etwas war wirklich komisch…“, murmelte Katie. „Und was?“, hakte Sherlock sofort nach. „Er behauptete, dass er Sie und John kennen würde. Er meinte, Sie wären alte Freunde“, erzählte sie und bemerkte, dass sich der Dunkelhaarige kaum merklich anspannte. „Oh nein…“, murmelte er dann. „Was denn…?“ Katie gefiel seine Reaktion ganz und gar nicht. „Sie sind also tatsächlich Moriarty begegnet. Hat er Sie aufgefordert mit ihm zu spielen?“ Fragend schaute er sie an. „Ja…er wollte, dass ich mit ihm Fangen spiele. Wenn er mich eingeholt hätte, hätte er mich gnadenlos erschossen…“; sagte Katie leise. „Moriarty ist gnadenlos“, erwiderte Sherlock. „Und wer ist Moriarty?“, fragte Katie, auch wenn sie es eigentlich lieber nicht wissen wollte. „Ein kriminelles Genie, von dem ich dachte, es wäre tot“, antwortete der Detektiv. „Wie meinen Sie das…?“ Man konnte ihr anhören, dass sie verwirrt war. „Vor drei Jahren hatten wir schon einmal das Vergnügen…Moriarty ließ damals verschiedene Leute für sich arbeiten, um sich die Hände nicht schmutzig zu machen. Er selbst zog die Fäden im Hintergrund. Irgendwann ruinierte er gewissermaßen meinen Ruf, sodass es aussah, als ob ich mir die Lösungen meiner Fälle nur ausgedacht hätte und ich letztendlich selbst für Verbrechen verantwortlich wäre. Ich habe sein Spiel durchschaut, ihn aber leider unterschätzt. Er zwang mich damals dazu vom Dach des Krankenhauses zu springen, andernfalls hätte er John, Inspector Lestrade und Mrs. Hudson umbringen lassen“, erzählte Sherlock. „Jetzt verstehe ich das mit dem gnadenlos…Sie sind da wirklich runter gesprungen und haben es überlebt?“ Erstaunt schaute sie ihn an. „Ja, ich habe es geschafft, meinen Selbstmord zu fingieren, wodurch ich die, die mir wichtig sind, retten konnte“, erwiderte Sherlock. „Krass…“, murmelte die Braunhaarige. „Die Frage ist nur, wieso er jetzt wieder da ist, denn eigentlich hat er sich damals vor meinen Augen erschossen“, gab Sherlock zu bedenken. „Was?! Wie kann er dann wieder in London sein…?“, fragte Katie beunruhigt. „Ich habe keine Ahnung“, gestand der Dunkelhaarige. „Aber offensichtlich ist ihm damals auf dem Dach dasselbe gelungen wie mir…er hat es tatsächlich geschafft, seinen scheinbaren Selbstmord ebenfalls vorzutäuschen…aber wie auch immer, Sie müssen mir jetzt noch einmal versprechen nicht alleine nach draußen zu gehen und Sie müssen sich daran halten, denn er wird Sie garantiert weiter jagen.“ Er zog sie nah zu sich heran und Katie hatte das Gefühl, dass er ernsthaft Angst um sie hatte. „Ich verspreche es Ihnen“, antwortete sie und lehnte sich gegen seine Schulter. Sie saßen noch eine ganze Weile auf dem Sofa. Katie hatte sich dank dem Brandy wieder beruhigt, dafür war sie jedoch deutlich lockerer geworden, da es nicht bei einem Glas geblieben war. Irgendwann hatte sie sogar Sherlock dazu überredet mit ihr zu trinken, sodass am Ende beide weit davon entfernt waren nüchtern zu sein. Das Ganze ging so weit, dass die Braunhaarige irgendwann kichernd auf seinem Schoß saß und ihm dabei ziemlich nah gekommen war. „Wissen Sie, Sherlock, Sie sind wirklich ein besonderer Mensch“, kicherte sie und rückte noch näher an ihn heran. „Wie kommen Sie darauf?“, fragte er; er hatte sich noch besser unter Kontrolle als sie, aber dennoch spürte er, dass der Alkohol mittlerweile auch seinen Verstand verklärt hatte. „Naja…Sie sind wirklich ein totaler Angeber und Sie sind scheiße arrogant, aber ich habe noch nie einen Mann getroffen, der so brillant ist und dabei auch noch so verdammt gut aussieht“, kicherte Katie und kam ihm so nah, dass sich ihre Nasenspitzen berührten. „Und deswegen werde ich Sie jetzt küssen“, verkündete sie flüsternd, ehe sich ihre Lippen tatsächlich sanft auf seine legten. Sherlock war darüber maßlos überrascht und normalerweise hätte er eine derartige Nähe wohl kaum zugelassen, doch da der Alkohol ihn nach wie vor fest im Griff hatte, zog er Katie näher an sich und erwiderte den Kuss. Zuerst war dieser noch sanft und beinahe zaghaft, doch dann wurde er leidenschaftlicher und immer fordernder. Mit der Zeit zog Sherlock die Braunhaarige noch näher zu sich und strich sanft über ihre Lippen, die sie sofort bereitwillig öffnete. Augenblicklich drang seine forsche Zunge in ihren Mund ein und erkundete ihn ausgiebig. Katie genoss das Gefühl; sie schloss die Augen und gab sich dem Detektiv voll und ganz hin. Sherlock ließ den Kuss unterdessen noch fordernder und intensiver werden. Er stupste ihre eigene Zunge an, um sie zu einem leidenschaftlichen Spiel herauszufordern, worauf sie ohne zu zögern einging. Ihre Zungen fochten einen kleinen Kampf aus, doch der Dunkelhaarige behielt die Oberhand und vertiefte den Kuss nur noch mehr. Erst nach einer ganzen Weile lösten sie sich wieder voneinander, jedoch nur um kurz zu Atem zu kommen und dann den Kuss erneut aufzunehmen. Während sie sich immer inniger küssten und dabei noch näher kamen als beide es vermutlich jemals für möglich gehalten hätten, bekamen sie es möglicherweise gar nicht richtig mit, wie sie sich eng umschlungen von dem Sofa erhoben und sich langsam aber sicher Richtung Flur bewegten. Katie ließ es ohne Weiteres geschehen, dass der Detektiv sie sanft, aber dennoch bestimmt vor sich her schob, bis sie irgendwann vor seiner Schlafzimmertür angekommen waren. Kurz darauf befanden sie sich auch schon auf seinem Bett, während sie sich immer noch küssten. Katie hatte ihren Verstand mittlerweile komplett ausgeschaltet. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, wie sich ihre Finger verlangend in seine dunklen Locken krallten, ehe sie sich ihrer Leidenschaft hingab und schließlich gänzlich darin versank. Ein mörderischer Tanz --------------------- Am nächsten Morgen wurde Katie durch die Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen, geweckt. Verschlafen machte sie die Augen auf und schaute sich in dem Zimmer um, das lediglich durch das Licht der Morgendämmerung beleuchtet wurde. Jetzt erkannte sie, dass sie sich in Sherlocks Schlafzimmer befand, aber wie war sie in der vergangenen Nacht hergekommen? Die Erinnerungen waren nur schemenhaft, aber dennoch wusste sie, dass alles mit einem Glas Brandy angefangen hatte. Nun da sie darüber nachdachte nahm sie an, dass es wohl nicht bei einem Glas geblieben war. Aber was war noch in der Nacht passiert? Katie hatte das Gefühl, etwas Entscheidendes übersehen zu haben, doch was verdammt noch mal war es?! Sie war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht merkte, dass Sherlock neben ihr lag. Erst als er sie näher zu sich zog, bemerkte sie, dass er noch neben ihr war. Sie lächelte leicht und kuschelte sich instinktiv an seine nackte Brust. Plötzlich stutzte sie. Moment mal…wieso nackt?! Wo war sein Schlafanzug geblieben, den er in den vergangenen Tagen immer getragen hatte?! Sofort fuhr ihr der Schreck in die Glieder, als ihr langsam bewusst wurde, was sich wohl zwischen ihnen ereignet hatte. Vorsichtig hob sie die Bettdecke an, nur um sie gleich wieder fallen zu lassen. Ihre schlimmsten Befürchtungen waren soeben wahr geworden, denn wie sie feststellen musste, waren sie beide vollkommen unbekleidet. „Oh mein Gott…!“, stieß die Braunhaarige hervor. „Was haben Sie denn?“, antwortete Sherlocks verschlafene Stimme; er war offensichtlich gerade aufgewacht. „Was ich habe…? Schauen Sie mal unter die Decke…oder wissen Sie noch, was letzte Nacht passiert ist?“, gab Katie zurück. „Nicht so richtig…ich kann mich noch an den Brandy erinnern“, überlegte Sherlock. „Das ist zumindest mal ein Anfang…dann schauen Sie mal unter die Decke…“, forderte Katie ihn auf. „Wenn es Sie glücklich macht.“ Mit einem Seufzen kam er ihrer Bitte nach. Er warf einen kurzen Blick unter die Decke und ließ sie dann schweigend wieder fallen. „Oh…“, lautete schließlich sein Kommentar. „Das können Sie laut sagen…offensichtlich haben wir…na, Sie wissen schon“, murmelte Katie, worauf ihr sofort die Röte in die Wangen schoss. „Miteinander geschlafen, ja“, vervollständigte Sherlock ihren Satz; er sagte das so beiläufig, als ob sie gerade vereinbart hätten, bei diesem herrlichen Wetter einen Spaziergang zu unternehmen. „Das scheint Sie ja nicht sonderlich zu schocken“, stellte Katie fest, die immer noch feuerrote Wangen hatte. „Wieso sollte es das? Außerdem können wir es jetzt auch nicht mehr rückgängig machen“, erwiderte Sherlock. „Naja, da haben Sie auch wieder Recht“, gab die Braunhaarige zu. „Aber vielleicht sollten wir in Anbetracht der Umstände diese Förmlichkeiten beiseitelassen“, schlug der Detektiv vor. „Wie meinen Sie das…?“, fragte Katie verwirrt. „Ganz einfach. Nachdem wir nun so vertraut miteinander sind, können wir dieses ‚Sie’ auch genauso gut weglassen“, erklärte Sherlock. „Oh, das meinen Sie, ich meine du. Okay, ich bin damit einverstanden“, stimmte Katie zu. „Wie schön, dann sollten wir jetzt aufstehen“, meinte der Dunkelhaarige dann. „W-was?“ Verwirrt schaute sie ihn an. „Willst du etwa ewig hier liegen bleiben? Es gibt viel zu tun, also los“, drängte Sherlock und stand auf. Katie seufzte ergeben und tat es ihm schließlich gleich. Kurz darauf saß die Braunhaarige gemeinsam mit Sherlock und John im Wohnzimmer, wo sie Mrs. Hudsons Frühstück zu sich nahmen. Der Arzt unter ihnen war auffallend still, was auch Sherlock nicht entging. „John, ist alles in Ordnung mit Ihnen? Fühlen Sie sich nicht wohl?“ Fragend schaute der Detektiv seinen Partner an. „W-was? Oh…doch. Mir geht es gut“, antwortete der Angesprochene schnell und anhand dieser Reaktion wurde Sherlock klar, was offensichtlich mit seinem Mitbewohner los war. „Lassen Sie mich raten“, fing der Dunkelhaarige an und faltete die Zeitung zusammen, die er soeben nach Neuigkeiten durchforstet hatte. „Sie sind gestern Abend vermutlich erst nach 23 Uhr nach Hause gekommen, sonst wären Sie jetzt etwas ausgeschlafener. Man merkt, dass Sie noch ein wenig mit der Müdigkeit zu kämpfen haben, da Sie etwa im Abstand von zwei Minuten immer wieder kurz die Augen schließen. Aber nicht nur die Tatsache, dass Sie so lange unterwegs waren hat Ihnen weniger Schlaf bereitet, sondern noch etwas anderes hat Sie wach gehalten. Genau genommen waren Katie und ich der Grund für Ihre Schlaflosigkeit. Sie haben uns gehört und wissen, dass wir in der vergangenen Nacht miteinander geschlafen haben. Sie können es nur noch nicht so richtig begreifen, da Sie damit niemals gerechnet hätten und sehen deswegen immer wieder zwischen uns hin und her. Ist es nicht so, John?“ Abwartend schaute Sherlock sein Gegenüber an. Er hatte es kaum ausgesprochen, als John es gerade so noch verhindern konnte, dass er sich an seinem Frühstück verschluckte, während Katie sofort wieder die Röte in die Wangen schoss und sie sich wünschte, im Erdboden versinken zu können. „Ich habe also Recht. Sie müssen dazu nichts sagen, aber ich überrasche Sie immer wieder gerne. Vielleicht können Sie den Schlaf ja später ein wenig nachholen“, sagte Sherlock dann mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen, während er die Zeitung erneut aufschlug. Es herrschte eine peinliche Stille, die schließlich durch die Türklingel unterbrochen wurde. Sofort schauten alle Anwesenden im Raum auf. „Ein Klient?“ Fragend schaute John Sherlock an. „Nein, nur mein nerventötender Bruder. Ich frage mich, womit er mich heute langweilen will“, seufzte der Detektiv und faltete die Zeitung zum zweiten Mal zusammen. Kurz darauf hörten sie Schritte auf der Treppe und im nächsten Moment betrat Mycroft Holmes den Raum. „Guten Morgen, allerseits. Ich hoffe, ich störe nicht“, begrüßte er seinen Bruder und dessen Mitbewohner. „Das tust du immer, aber wie ich dich kenne, wirst du nicht eher verschwinden, bis du mir erzählt hast, weswegen du hier bist. Also raus damit“, forderte Sherlock ihn auf und versuchte, nicht allzu gelangweilt auszusehen. „Du bist wirklich zu freundlich, kleiner Bruder“, bemerkte Mycroft und widerstand dem Drang die Augen zu verdrehen. „Dir gegenüber immer. Sag schon, was du zu sagen hast. Falls du jedoch immer noch daran interessiert bist, im Fall Mary Parker mit mir zusammenzuarbeiten und denkst, ich involviere dich in meine Ermittlungen, muss ich diese Bitte leider abschlagen“, stellte Sherlock klar. „Darum geht es überhaupt nicht“, erwiderte Mycroft. „Ach nein? Worum denn dann?“, fragte Sherlock. „Am Wochenende findet auf dem Gelände des Towers eine Abendveranstaltung statt, die von der Regierung ausgerichtet wird“, fing der Ältere an. „Schön für dich, viel Vergnügen. Du solltest allerdings nicht zu viel von dem Punsch trinken, den sie bei solchen Festlichkeiten anbieten“, riet Sherlock ihm daraufhin. Mycroft seufzte genervt. „Würdest du mich vielleicht mal ausreden lassen?“, fragte er dann beherrscht. „Wenn es denn sein muss“, gab Sherlock zurück. „Vielen Dank“, erwiderte der Ältere immer noch genervt, ehe er fortfuhr. „Wie ich bereits sagte, findet auf dem Gelände des Towers diese Abendveranstaltung statt. Ich habe bereits gehört, dass sich ein weiterer Mord ereignet hat und wie mir berichtet wurde, wird es noch weitere Opfer geben“, redete er weiter. „Ich drehe Lestrade den Hals um…“, knurrte Sherlock dazwischen, doch Mycorft ignorierte diesen Einwurf. „Wie auch immer, wir vermuten, dass der Täter bei dieser Veranstaltung zuschlagen wird“, berichtete er, wodurch sein jüngerer Bruder ihm endlich Aufmerksamkeit schenkte. „Wie kommt ihr darauf? Gibt es Hinweise dafür?“, fragte Sherlock sofort. „Wir sind uns nicht sicher, aber gestern hat uns diese Nachricht erreicht“, erwiderte Mycroft und reichte Sherlock sein Handy, nachdem er die entsprechende Nachricht geöffnet hatte. Der Jüngere überflog die Nachricht und sofort war er wieder angespannt. „Was steht drin?“, mischte sich jetzt John ein. „Hört euch das an…“, antwortete Sherlock und richtete sich damit an seinen Mitbewohner und Katie. „Das wird ein erfreuliches Wochenende. Ich kann es kaum erwarten ein Tänzchen mit euch zu wagen…erst eins, dann zwei, dann drei…und dann…na, was kommt wohl nach drei…?“, las der Detektiv laut vor. Einen Moment herrschte eine unheimliche Stille. „Er wird sich auf dieser Veranstaltung sein nächstes Opfer suchen. Er wird den Countdown fortsetzen“, sagte John schließlich. „So ist es…Moriarty wird wieder zuschlagen, es sei denn wir können es irgendwie verhindern“, bestätigte Sherlock. „Moriarty?! Ich dachte, der wäre schon längst tot“, erwiderte Mycroft. „Das dachte ich auch, aber er ist definitiv wieder da. Katie ist ihm letzte Nacht begegnet. Er hat sie unter einem Vorwand in den Regent’s Park gelockt und Jagd auf sie gemacht. Ich konnte sie zum Glück rechtzeitig finden, bevor er ihr etwas antun konnte“, erzählte Sherlock. „Dann waren unsere Befürchtungen also tatsächlich richtig“, bemerkte John, worauf Sherlock zustimmend nickte, ehe er sich wieder an seinen Bruder wandte. „Lass mich raten – du willst, dass ich ebenfalls auf dieser Veranstaltung erscheine, um herauszufinden, was er plant, wer sein mutmaßliches Opfer ist und dann den Mord hoffentlich zu verhindern und den Countdown zu stoppen, richtig?“ Abwartend schaute Sherlock den Älteren an. „Sehr richtig. Wir sind uns sicher, dass du uns weiterhelfen kannst. Eine Begleitung hast du ja bereits. Miss Miller wird sicher gerne mit dir kommen und Sie sind auch eingeladen, John“, antwortete Mycroft. „Also schön, wir werden kommen. Immerhin geht es hier um Moriarty“, willigte Sherlock ein. „Wie schön, dann sehen wir uns am Samstag.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Mycroft und wandte sich schließlich zum Gehen. Als Mycroft verschwunden war, herrschte erst einmal Schweigen am Tisch. „Glauben Sie, dass es wirklich eine gute Idee ist dorthin zu gehen?“, fragte John schließlich. „Wieso denn nicht?“, gab Sherlock zurück. „Naja, vielleicht erwartet Moriarty genau das von Ihnen. Möglicherweise wird er dann umso schneller handeln, um Sie aus der Reserve zu locken“, gab John zu bedenken. „Das mag sein, aber er wird so oder so zuschlagen oder glauben Sie wirklich, dass er es sich anders überlegt, nur weil ich vielleicht keine Lust zum Tanzen habe?“, erwiderte Sherlock. „Ja, da haben Sie Recht“, gab John zu. „Sage ich doch. Wenn er es schon erwartet, sollten wir ihm den Gefallen auch tun. Immerhin habe ich so vielleicht auch die Möglichkeit, ihn ein für alle Mal zu stoppen“, fügte Sherlock hinzu, worauf John nur zustimmend nickte. Dann herrschte wieder kurz Stille, ehe sich der Detektiv an Katie wandte. „Du hast Mycroft gehört, Katie. Er erwartet, dass du mich begleitest“, fing er an. „Ja, ich habe es mitbekommen. Ich würde gerne mit dir dorthin gehen, aber da gibt es ein kleines Problem“, gestand die Braunhaarige und senkte verlegen den Blick. „Und das wäre?“, hakte Sherlock sofort nach. „Naja…ich besitze kein Abendkleid. Um ehrlich zu sein war ich noch nie auf so einer Veranstaltung“, erzählte Katie daraufhin. „Verstehe, dann sollten wir zusehen, dass du dir so ein Kleid zulegst“, erwiderte Sherlock. „Und wovon soll ich das bitte bezahlen? Meine ganzen Ersparnisse befinden sich in meiner Wohnung, in die ich mich leider nicht hinein wagen kann, ohne befürchten zu müssen, dass dieser Moriarty hinter der Tür lauert“, gab Katie zurück. „Schon gut, deine Ersparnisse werden wir nicht benötigen. Du kannst meine Karte nehmen. Das Kleid geht auf mich“, entgegnete Sherlock, worauf Katie ihn überrascht anschaute. „Aber das kann ich doch nicht annehmen“, meinte sie, als sie sich wieder gefasst hatte. „Wieso nicht? Sieh es als kleine Entschädigung, immerhin bin ich für das, was heute Nacht passiert ist gewissermaßen verantwortlich, da ich dir den Brandy angeboten habe. Ich bestehe darauf“, beharrte Sherlock, worauf Katie ergeben seufzte. „Also gut, vielen Dank“, gab sie schließlich nach. „Gern geschehen. Vielleicht solltest du dir das Kleid auch mit jemandem aussuchen, der etwas von solcher Mode versteht“, fügte Sherlock hinzu. „Wie meinst du das?“ Fragend schaute Katie ihn an. „Naja, ich dachte mir, dass dich vielleicht Molly begleiten könnte. Sie wäre sicher eine gute Beraterin in solchen Dingen“, überlegte der Detektiv. „Ich soll mit Molly sozusagen shoppen gehen?“, fragte Katie nach. „Und wenn sie das nicht will?“ „Oh, ich bin mir sicher, dass sie dich gerne begleiten wird“, versicherte ihr Sherlock mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Na gut“, stimmte die Braunhaarige daraufhin zu, „wenn du meinst.“ „Wenn wir das dann geklärt haben, solltest du dich fertig machen“, meinte Sherlock dann, ehe er sich wieder an John wandte. „In einer halben Stunde bringen wir sie zu Molly. Ich will sie sowieso fragen, ob es schon etwas Neues gibt.“ John hatte den Wortwechsel zwischen den beiden schweigend verfolgt und sich dabei gewundert, dass sie auf einmal dazu übergegangen waren, sich so vertraut anzureden, doch wenn er darüber nachdachte, konnte er sich schon denken, wie es dazu gekommen war. Wie er ihn kannte war Sherlock es gewesen, der ihr das „Du“ angeboten hatte, nachdem sie sich so nah gekommen waren. John hätte damit niemals gerechnet, doch offensichtlich war in dieser Hinsicht auch Sherlock Holmes nur ein normaler Mensch. Als eben dieser ihn ansprach, wurde der Arzt aus seinen Gedanken gerissen. Er schaute auf und nickte lediglich, um zu signalisieren, dass er verstanden hatte. Damit war das Frühstück beendet und so beschlossen sie, sich fertig zu machen, um pünktlich in einer halben Stunde das nächste Taxi Richtung St. Bart’s Hospital nehmen zu können. Eine Stunde später betraten sie die Pathologie und trafen sogleich auf Molly, die gerade dabei war eine Leiche zu untersuchen, die jedoch nicht so aussah, als ob sie einem Mord zum Opfer gefallen wäre. Als die drei Besucher den Raum betraten, schaute die junge Frau auf. „Oh, hallo. Mit Ihnen habe ich ehrlich gesagt erst später gerechnet“, begrüßte sie sie; sie hatte schon geahnt, dass Sherlock im Laufe des Tages auftauchen würde. „Wir dachten, wir kommen etwas früher vorbei. Haben Sie etwas Neues für mich, Molly?“ Abwartend schaute Sherlock die junge Pathologin an und Katie hätte schwören können, dass sie ein wenig rot um die Nasenspitze wurde. „Ja, ich habe etwas Interessantes herausgefunden“, antwortete Molly, als sie sich wieder gefasst hatte. „Und das wäre?“, hakte Sherlock nach. „Ich habe festgestellt, dass dieser Mann nicht im Regent’s Park getötet wurde. Dort haben Sie ihn doch gefunden, nicht wahr?“, wollte die Pathologin wissen. „Allerdings, aber Sie meinen, dass er nicht am eigentlichen Tatort entdeckt wurde. Wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis?“, stellte Sherlock die Gegenfrage. „Wir wissen, dass er erstochen wurde, aber wenn man sich die Einstichstelle ansieht und sich das Ausmaß der Wunde bewusst macht, kann es unmöglich sein, dass nur so wenig Blut ausgetreten ist. Wenn er wirklich im Regent’s Park ermordet worden wäre, hätte überall um die Leiche herum Blut sein müssen, aber wie mir von Inspector Lestrade berichtet wurde, waren kaum Blutspuren am vermeintlichen Tatort zu finden“, erklärte Molly. Sherlock hatte ihr aufmerksam zugehört und dachte über ihre Worte nach. „Sie wollen mir also damit sagen, dass dieser Mann an einem anderen Ort umgebracht und dann in den Regent’s Park gebracht wurde, wo wir ihn schließlich gefunden haben“, überlegte Sherlock, als ihm langsam klar wurde, worauf Molly hinaus wollte. „Es sieht ganz danach aus“, stimmte die Pathologin zu. Der Dunkelhaarige verfiel erneut ins Grübeln und dachte fieberhaft darüber nach, was Moriarty damit bezwecken wollte. „Was meinen Sie dazu?“, riss ihn John irgendwann aus seinen Gedanken. „Einen Moment noch…ich denke noch darüber nach. Sie wissen, wie das läuft und was das für Sie bedeutet, John – nicht reden und nicht denken“, gab Sherlock zurück, worauf sein Partner die Augen verdrehte. Es folgten ein paar Sekunden vollkommener Stille, bevor Sherlock plötzlich ein etwas erschrocken klingendes „Verdammt!“ von sich gab. „Was ist los? Was haben Sie?“, fragte Molly, die ob des plötzlichen Ausrufs ebenfalls erschrocken zusammengezuckt war. „Dieser verdammte Bastard…ich weiß genau, was er damit bezwecken will…wieso bin ich da nicht schon früher drauf gekommen?!“ „Worauf? Jetzt sagen Sie schon“, drängte John, dem die Reaktion des Detektivs ganz und gar nicht gefiel. „Das ist doch offensichtlich, John. Molly hat uns doch gerade den entscheidenden Hinweis geliefert, haben Sie etwa nicht zugehört?“, gab Sherlock zurück. „Doch, ich habe ihr zugehört. Aber worauf wollen Sie hinaus?“, fragte John nach. „Das ist doch klar. Moriarty legt mit seinen Opfern eine Spur, die zu uns führen soll. Deshalb auch der Countdown. Mit jedem weiteren Opfer wird er ein Stück näher an uns heranrücken. Sie werden an Bedeutung und Ansehen zunehmen und wenn er alle wichtigen Figuren aus dem Weg geräumt hat, wird er sich die wichtigste holen“, erklärte Sherlock. „Oh mein Gott…das heißt wir müssen ihn stoppen, bevor er seine Spur vollenden kann…“, meinte John, worauf der Dunkelhaarige nickte. „So ist es und unsere nächste Gelegenheit dazu wird die Veranstaltung im Tower sein. Damit wären wir beim nächsten Thema“, sagte Sherlock und drehte sich zu der jungen Pathologin um. „Molly, würden Sie mir einen Gefallen tun?“ „Natürlich, worum geht es denn?“ Abwartend schaute die Angesprochene den Detektiv an. „Am kommenden Wochenende findet auf dem Gelände des Towers eine Abendveranstaltung statt. Mein Bruder hat mich dazu eingeladen und Katie soll mich begleiten. Leider besitzt sie kein Abendkleid, deshalb habe ich ihr vorgeschlagen sich eins zu kaufen. Ich wäre sicher kein guter Modeberater, Sie verstehen bestimmt mehr davon. Deswegen möchte ich Sie bitten Katie zu begleiten und gemeinsam mit ihr ein Kleid auszusuchen. Würden Sie das tun?“ Bittend erwiderte Sherlock ihren Blick. „Aber sicher. Wir werden sicher etwas Schönes finden“, stimmte Molly sofort zu; offensichtlich konnte sie dem Dunkelhaarigen keine Bitte abschlagen. „Wie schön. Dann wird sie gleich bei Ihnen bleiben, damit es nach getaner Arbeit sofort losgehen kann. Wir werden uns im Regent’s Park noch einmal umsehen“, meinte Sherlock daraufhin. Molly war so überrumpelt, dass sie nur wortlos nicken konnte. Bevor er sich mit John auf den Weg machte, zog Sherlock Katie jedoch noch einmal zu sich. „Bleib immer in Mollys Nähe, dann kann dir nichts passieren. Falls doch etwas ist, rufst du mich sofort an, in Ordnung?“ Sein Blick war eindringlich, aber gleichzeitig lag auch Besorgnis darin. „In Ordnung, aber mach dir nicht zu viele Gedanken. Es wird schon alles gut gehen“, versicherte ihm Katie lächelnd. „Na schön, dann wünsche ich euch viel Spaß“, sagte der Detektiv daraufhin und drückte sie kurz an sich, ehe er sich von den beiden Frauen verabschiedete und sich schließlich mit John auf den Weg in den Regent’s Park machte. Nachdem Molly ihre Arbeit beendet hatte, löste sie ihr Versprechen ein und begleitete Katie in die Innenstadt, wo sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Abendkleid machten. Katie genoss diese Unternehmung sichtlich. Sie konnte sich zum ersten Mal seit Tagen wieder richtig entspannen und Molly war gar nicht so übel, sodass es sich so anfühlte, als ob sie mit einer Freundin unterwegs wäre. Sie sahen sich in vielen verschiedenen Läden um und Katie schlüpfte in unzählige Kleider, wobei Molly ihr mit Rat und Tat zur Seite stand, doch das passende Kleid war dennoch nicht dabei. Erst als sie die Hoffnung schon fast aufgegeben hatten, fiel Molly noch ein Geschäft ein, in dem sie noch nicht waren. Tatsächlich wurden sie dort endlich fündig und Katie war überglücklich, letztendlich doch noch ein Kleid gefunden zu haben. Als sie ihre lange Einkaufstour beendet hatten, schlug Molly vor, noch irgendwo eine Kleinigkeit essen zu gehen. Katie stimmte ohne zu zögern zu, denn wie sie feststellen musste, machte shoppen ganz schön hungrig. Also folgte sie Molly in ein kleines Restaurant, wo sie an einem der hinteren Tische Platz nahmen. „Danke, dass du mich begleitet hast. Es hat wirklich gut getan, einfach mal etwas Normales zu machen“, sagte Katie, als sie sich hingesetzt hatten; sie hatten spontan beschlossen, die Förmlichkeiten beiseite zu lassen und stattdessen beim „Du“ zu bleiben. „Das habe ich doch gern gemacht“, erwiderte Molly lächelnd. „Denkst du, dass ihm das Kleid gefallen wird?“, fragte Katie dann. „Da bin ich mir sicher“, gab die Pathologin zurück. „Wenn du das sagst.“ Die Braunhaarige wirkte beruhigt. „Du scheinst mittlerweile sehr vertraut mit Sherlock zu sein, nicht wahr?“, bemerkte Molly nach einer kurzen Stille. „Ja, das stimmt wohl…obwohl ich anfangs dachte, dass du seine Freundin wärst“, gestand Katie mit einem verlegenen Lächeln. „Ich muss zugeben, dass ich wirklich mal Interesse an ihm hatte. Ich habe alles versucht, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen und ihm näher zu kommen. Ich mochte es, wenn er zu mir in die Pathologie kam und mich nach Neuigkeiten fragte. Dadurch hatte ich immer das Gefühl wichtig für ihn zu sein, auch wenn er meine Annäherungsversuche nicht erwiderte. Ich konnte ihm keinen Wunsch abschlagen und wurde in seiner Nähe grundsätzlich nervös. Mittlerweile habe ich das ein bisschen besser im Griff“, erzählte Molly. „Verstehe…und jetzt empfindest du nicht mehr so für ihn?“, fragte Katie nach. „Nein, ich bin in festen Händen. Obwohl ich ihm immer noch keine Bitte abschlagen kann und er mich mit seinem Charme nervös macht. Ich bin also außer Konkurrenz“, erwiderte Molly mit einem wissenden Lächeln. „W-was? W-wie meinst du das?“ Katie geriet sofort ins Stottern und konnte nicht verhindern, dass ihr die Röte in die Wangen schoss. „Komm schon. Erzähl mir nicht, dass du nicht in ihn verliebt bist“, sagte Molly daraufhin und musste sich ein Grinsen verkneifen. „Naja…ich weiß nicht so recht, ob ich in ihn verliebt bin“, murmelte Katie. „Wie fühlst du dich in seiner Nähe?“, fragte Molly daraufhin. „Naja…ich fühle mich eigentlich sehr wohl bei ihm und vor allem geborgen…ich weiß auch nicht. Er ist echt ein Angeber und Klugscheißer und total arrogant. Er gibt sich manchmal unnahbar, verhält sich abweisend und ist sogar verletzend, aber dann ist er auch wieder so sanft und fürsorglich und tut alles dafür, um mich zu beschützen. So wohl wie bei ihm habe ich mich bisher bei keinem Mann gefühlt“, antwortete Katie. „Wenn ich mir das so anhöre, bist du definitiv in ihn verliebt oder bist zumindest auf dem besten Weg dahin“, stellte Molly fest. „Vielleicht hast du Recht. Aber was ist, wenn er meine Gefühle nicht erwidert?“, gab Katie zu bedenken. „Ehrlich gesagt glaube ich schon, dass er etwas für dich empfindet“, entgegnete Molly. „Und was macht dich da so sicher?“, hakte Katie nach. „Ich will dir mal was sagen, Katie. Du hast vollkommen Recht, dass Sherlock Holmes ein arroganter Angeber ist, der von Nähe nicht viel hält und andere mit seinen Kommentaren verletzt. Aber wenn er erst einmal jemanden in sein Herz geschlossen hat, lässt er denjenigen niemals im Stich. Er kann seine Gefühle vielleicht nicht zum Ausdruck bringen, aber wenn er jemanden mag, ist er immer für ihn da und setzt alles daran, ihn zu beschützen. Ich habe es selbst erlebt, als er sich vom Dach des Krankenhauses gestürzt hat, um John und zwei andere zu retten. Also auch wenn er es nicht zeigt, kannst du sicher sein, dass er für dich da ist und etwas für dich empfindet, sonst wäre er nicht so fürsorglich und sanft, wie du es selbst ausgedrückt hast“, versicherte ihr Molly. „Dann denkst du wirklich, dass er mich vielleicht auch liebt?“, fragte Katie hoffnungsvoll. „Vielleicht schon, du musst jetzt nur dran bleiben und darfst ihn nicht aufgeben“, erwiderte Molly zuversichtlich. „Ja, ich glaube, du hast Recht. Danke, Molly“, sagte Katie daraufhin lächelnd. „Gern geschehen.“ Molly erwiderte das Lächeln. Es war bereits nach 22 Uhr, als Katie in die Baker Street zurückkehrte. Sherlock und John befanden sich im Wohnzimmer; der Arzt durchforstete die aktuellen Zeitungen nach Neuigkeiten, während der Detektiv seiner Violine eine leise Melodie entlockte. Als die Braunhaarige den Raum betrat, schauten die beiden Männer auf. „Hallo, tut mir leid, dass ich erst jetzt komme. Molly und ich waren noch etwas essen“, begrüßte Katie sie. „Schon in Ordnung. Immerhin warst du in guten Händen. Hast du ein Kleid gefunden?“ Fragend schaute Sherlock sie an, während er die Geige zur Seite legte. „Ja, wir haben zwar so ziemlich alle Läden durchkämmt, aber letztendlich sind wir doch noch fündig geworden“, antwortete sie lächelnd. „Wie schön. Ich wusste, dass Molly dir weiterhelfen könnte“, meinte der Detektiv und erwiderte ihr Lächeln leicht. „Aber ehrlich gesagt bin ich jetzt ganz schön müde. Ich hätte nicht gedacht, dass shoppen so anstrengend sein könnte“, sagte Katie dann und ließ sich auf das Sofa sinken. „Genau aus diesem Grund habe ich Molly darum gebeten, dich zu begleiten. Ich hätte dafür sicher keine Geduld“, meinte Sherlock, während er neben sie kam, worauf sie sich sofort an seine Schulter lehnte. Er ließ es zu und legte einen Arm um sie; mittlerweile war es schon zu einer Gewohnheit geworden. „Habt ihr etwas Neues herausgefunden? Ich meine, was die Sache im Regent’s Park betrifft“, fragte Katie in die aufgekommene Stille hinein. „Es ist tatsächlich so, wie Molly es gesagt hat. Dieser Mann wurde an einem anderen Ort umgebracht und dann in den Park geschleift. John und ich haben uns den vermeintlichen Tatort noch einmal angesehen. Es gibt wirklich keine Blutspuren und auch keine Anzeichen dafür, dass irgendwelche Spuren verwischt wurden, also muss Molly Recht haben“, erzählte Sherlock und Katie spürte, wie er sie unwillkürlich noch näher an sich zog. „Okay…das beruhigt mich ehrlich gesagt nicht…“, murmelte Katie. „Keine Sorge, ich werde dich nicht aus den Augen lassen. Er wird keine Gelegenheit haben, dir etwas anzutun“, versprach Sherlock, als er ihr Unbehagen bemerkte. „Na gut, ich zähle auf meinen persönlichen Beschützer“, erwiderte die Braunhaarige lächelnd. Dann herrschte wieder Stille im Raum. Sherlock spürte, wie Katie neben ihm immer ruhiger wurde, was ihn annehmen ließ, dass sie jeden Moment einschlafen würde. Tatsächlich fielen der Braunhaarigen wenige Minuten später die Augen zu, sodass sie noch mehr gegen ihn sank und schließlich eingeschlafen war. Sherlock ließ sie einfach in Ruhe, er behielt sie lediglich nah bei sich und streichelte ihr sanft durch die Haare. „Sie haben sich ernsthafte Sorgen um sie gemacht, nicht wahr?“, fragte John nach einer Weile und schaute ihn abwartend an. „Wie kommen Sie denn darauf?“, stellte Sherlock die Gegenfrage. „Es war offensichtlich, dass Sie sich Sorgen gemacht haben. Als Katie um halb zehn immer noch nicht da war, gingen Sie immer wieder nervös im Raum auf und ab. Ich weiß, dass Sie öfter hin und her laufen, aber Sie haben dabei immer wieder ‚Wo bleibt sie nur, hoffentlich ist nichts passiert‘ vor sich hin gemurmelt, bis Sie irgendwann angefangen haben Geige zu spielen, um sich zu beruhigen“, antwortete John. „Das haben Sie gehört? Ich dachte, Sie lesen Zeitung“, gab Sherlock zurück, dem es offenbar ganz und gar nicht gefiel, dass sein Partner so offen in ihm lesen konnte. „Ich habe auch gelesen, aber das heißt nicht, dass ich von meiner Umwelt sonst nichts mehr mitbekomme. Es ist doch in Ordnung, wenn Sie sich Sorgen um sie machen, auch wenn Sie es sich in ihrer Gegenwart nicht anmerken ließen. Ich denke, dass Katie Ihnen mittlerweile mehr bedeutet, als Sie zugeben“, erwiderte John und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Was soll das heißen…? Und was soll dieses Grinsen…?“ Jetzt klang der Dunkelhaarige misstrauisch. „Sie wissen genau, worauf ich hinaus will, Sie wollen es nur nicht sagen“, erwiderte John. „Ich weiß es nicht, wieso sollte ich also etwas sagen?“, entgegnete Sherlock, worauf sein Gegenüber leise seufzte. „Sie können wirklich stur sein, wissen Sie das? Aber wenn Sie es genau wissen wollen – wenn Sie mich fragen, sind Sie auf dem besten Weg sich in Katie zu verlieben, wenn das nicht schon längst der Fall ist“, sprach John seine Vermutung schließlich laut aus. Sherlock schaute ihn einen Moment überrascht an, doch dann lachte er leise. „John, ich bitte Sie. Sie wissen ganz genau, was ich von Liebe halte und was sie für mich ist, zumal ich nach wie vor mit meiner Arbeit verheiratet bin. Sie haben Recht, dass Katie mir wichtig ist, ich mir Sorgen um sie mache und ich auf keinen Fall will, dass Moriarty ihr etwas antut. Aber trotz allem ist sie nur eine Klientin. Von Liebe kann da keine Rede sein“, stellte er dann klar. „Na schön, wie Sie meinen. Ich bin gespannt, wer Recht behält“, sagte John lediglich, der sich sicher war, dass der Detektiv sich selbst etwas vormachte. Aber da er wusste, dass es sinnlos war, mit Sherlock darüber zu diskutieren, ließ er das Thema damit auf sich beruhen. „Allerdings“, gab Sherlock zurück, ehe wieder Stille zwischen ihnen herrschte. Sie blieben noch eine ganze Weile im Wohnzimmer sitzen, bis John irgendwann aufstand. „Ich werde mich dann mal hinlegen. Es ist schon spät“, verkündete er. „In Ordnung, ich werde Katie auch ins Bett bringen“, antwortete Sherlock, worauf John zustimmend nickte und ihm noch eine gute Nacht wünschte, ehe er nach oben ging. Sherlock schaute ihm einen Moment hinterher, bevor auch er aufstand und Katie auf den Arm nahm, während er sie in sein Schlafzimmer brachte. Kurz darauf hatte er sich auch schon mit ihr hingelegt. Die Braunhaarige schmiegte sich sofort wieder an ihn, worauf er sie erneut zu sich zog und sie sanft streichelte. Während er sie beim Schlafen beobachtete, kamen ihm wieder Johns Worte in den Sinn. Sollte er sich wirklich in sie verlieben oder war er es möglicherweise schon? Was dachte er denn da? Natürlich war er nicht in sie verliebt! Liebe war nichts weiter als ein chemischer Defekt und daran würde sich auch nichts ändern, oder etwa doch…? Er wurde noch wahnsinnig; seit Katie in sein Leben getreten war, war irgendwie nichts mehr wie vorher. Er seufzte resigniert und beobachtete sie wieder. Die Braunhaarige hatte von seinem Gedankenchaos nichts mitbekommen. Sie seufzte nur leise und kuschelte sich noch näher an ihn. Er ließ es zu und streichelte sie immer noch, während er weiterhin nachdachte. Wenn er sie so anschaute, musste er zugeben, dass sie schon ganz süß aussah und ehrlich gesagt mochte er es auch mittlerweile, wenn sie so nah bei ihm war. Da waren sie wieder – diese merkwürdigen Gedankengänge, die eigentlich ganz und gar untypisch für ihn waren. Nicht einmal in Mollys Gegenwart hatte er jemals solche Gedanken gehegt, obwohl es mehr als offensichtlich war, dass sie ihm gerne näher gekommen wäre. Aber bei Katie war es irgendwie anders; sie brachte ihn dazu, Angst um sie zu haben und Nähe zuzulassen, sogar mehr als er jemals für möglich gehalten hätte. Aber was verdammt noch mal hatte das zu bedeuten?! Wieder seufzte er leise. Er glaubte nicht, dass er in dieser Nacht zu einem Ergebnis kommen würde. Daher zog er Katie näher zu sich und schloss die Augen. „Vielleicht mag ich dich ja doch mehr, als es mir bewusst ist…“, murmelte er noch, ehe er schließlich eingeschlafen war. In den nächsten Tagen gab es keine besonderen Vorkommnisse und dann war es auch schon Samstag, der Tag, an dem die Abendveranstaltung auf dem Gelände des Towers stattfinden sollte. Bereits in einer halben Stunde würde das Taxi, das sie abholen würde, vorfahren und Katie stand immer noch vor dem Spiegel und musterte sich kritisch. Das Kleid, das sie gemeinsam mit Molly ausgesucht hatte, passte perfekt und sie war froh letztendlich doch noch ein passendes Outfit gefunden zu haben, aber gleichzeitig fragte sie sich, ob es Sherlock genauso gefallen würde. Sie wusste nicht wieso, aber irgendwie war es ihr wichtig, dass ihm das Kleid gefiel. Noch einmal warf sie einen prüfenden Blick in den Spiegel. Das Kleid reichte ihr bis zu den Knöcheln und war in einem intensiven Royalblau gehalten. Zusätzlich war es mit kleinen funkelnden Steinen besetzt und mit glitzernden Elementen durchwirkt. Ihre Schultern waren frei, dafür lag eine Stola über ihren Armen, die dieselbe Farbe wie das Kleid besaß. Die Haare hatte sie mit einigen schnellen Griffen hochgesteckt und mit Schmuckelementen verziert, lediglich eine einzelne Strähne ihres braunen Haars fiel ihr sanft in die Stirn. Katie war mit dem Gesamtbild zufrieden, aber würde Sherlock es auch sein? Sie würde es gleich erfahren, denn in diesem Moment hörte sie ihn nach sich rufen. Die Stunde der Wahrheit war gekommen. Langsam ging die Braunhaarige die Treppe hinunter und betrat kurz darauf das Wohnzimmer, wo sich ihre beiden Mitbewohner aufhielten. Als Katie hereinkam, schauten sie auf und waren im ersten Moment sprachlos. Die Braunhaarige errötete ein wenig und kam langsam weiter in den Raum. „Ich bin dann soweit. Wir können gehen“, verkündete sie verlegen. „Sie sehen wirklich wundervoll aus, Katie“, sagte John daraufhin, als er sich wieder gefasst hatte. „Danke“, erwiderte die Braunhaarige mit einem verlegenen Lächeln, ehe sie sich an Sherlock wandte. „Gefällt es dir auch?“ „Ja, es sieht wirklich gut aus und es steht dir“, antwortete der Detektiv. „Vielen Dank…“ Katie errötete wieder und freute sich innerlich wie ein kleines Kind über das Kompliment. „Das Taxi ist da“, informierte sie John in diesem Moment, da er gerade einen Blick aus dem Fenster geworfen hatte. „Na schön, dann wollen wir doch mal sehen, was sich Moriarty für heute ausgedacht hat.“ Mit diesen Worten ging Sherlock Richtung Treppenhaus, worauf John und Katie ihm folgten. Der Tower war hell erleuchtet, als das Taxi direkt davor zum Stehen kam. Die in den Boden eingelassenen Scheinwerfer gaben ihr Bestes, um das historische Bauwerk erstrahlen zu lassen. Als Sherlock ihr die Wagentür öffnete und Katie das holprige Kopfsteinpflaster betrat, war sie im ersten Moment von dem Anblick überwältigt. Sie war zwar schon ein paarmal hier, allerdings um die Kronjuwelen zu besichtigen und die Raben zu füttern (auch wenn das eigentlich verboten war). Als Gast einer Abendveranstaltung hatte sie das Gelände jedoch noch nie betreten. Überall tummelten sich Männer in feinen schwarzen und grauen Anzügen und Frauen in langen Abendkleidern, die alle nur erdenklichen Farben besaßen. Immer wieder fuhren Taxis vor, gelegentlich waren es sogar Limousinen, denen weitere Gäste entstiegen. Katie war sich sicher, dass all diese Herrschaften Rang und Namen besaßen und einer den anderen übertrumpfen wollte, weshalb sie sich plötzlich beinahe etwas schäbig und verloren vorkam. Wie gut, dass John und Sherlock bei ihr waren. Letzterer bot ihr nun seinen Arm an, worauf sie sich bei ihm unterhakte. „Bist du nervös?“, fragte er leise. „Ehrlich gesagt schon“, gestand die Braunhaarige. „Weswegen, wegen Moriarty oder der ganzen Arroganz, die hier in der Luft liegt?“, fragte Sherlock weiterhin. „Beides…wegen Moriarty, weil wir nicht wissen, was er plant und wegen der ganzen Leute, weil ich mich nicht blamieren will.“ „Mach dir keine Gedanken. Moriarty kannst du meine Sorge sein lassen und blamieren wirst du dich auch nicht, vertrau mir“, antwortete Sherlock. „Also gut“, gab Katie nach. „Bist du dann soweit?“, fragte der Detektiv dann. „Ja, lass uns gehen“, stimmte die Braunhaarige zu, ehe sie tief durchatmete und John und Sherlock schließlich ins Innere des Towers folgte. Das Innere des Bauwerks war nicht weniger imposant und prunkvoll als die äußere Fassade. Von den Decken hingen Kronleuchter, die sicher so viel wert waren, dass Katie locker einen Laden anmieten und die unliebsame Arbeit in der Cocktailbar hinschmeißen könnte, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen. Überall waren Stehtische aufgestellt worden, die dazu einluden mit einem Glas Sekt, das es zur Begrüßung gab, zusammenzukommen und Konversation zu betreiben, um sich möglicherweise besser kennenzulernen. Die Tische waren so angeordnet, dass in der Mitte des Festsaals genügend Platz blieb, um zu tanzen. Zu diesem Zweck befand sich an der Stirnseite des Saals eine Band, die für gute Stimmung und Unterhaltung sorgen sollte. Zudem gab es überall passende Dekorationen, die Sherlock jedoch als überflüssig und kitschig bezeichnete. Auch hier tummelten sich schon zahlreiche Gäste, die einander gelegentlich hochmütige Blicke zuwarfen, als ob sie nur darauf warteten, den neusten Klatsch und Tratsch offenzulegen und dadurch die Gerüchteküche anzuheizen. Katie fragte sich, was die Leute wohl über sie sagen würden, wenn sie feststellten, dass sie die Begleiterin von Sherlock Holmes war, doch wie sie den Detektiv kannte, würde er keinen einzigen Gedanken daran verschwenden. „Du machst dir Gedanken darüber, was die Leute wohl über dich sagen, wenn sie dich zusammen mit mir sehen, oder?“ Sherlocks Stimme riss Katie aus ihren Gedanken. Ertappt zuckte sie zusammen, ehe sie langsam nickte. „Um ehrlich zu sein schon. Hast du nicht gesehen, mit was für Blicken uns manche bedachten? Wir scheinen an einigen Tischen das Gesprächsthema Nummer 1 zu sein“, antwortete sie. „Das bin ich gewöhnt. Lass die Leute ruhig reden, Katie. Solange sie Gesprächsstoff haben, sind sie beschäftigt und langweilen sich nicht. Wir sind heute Abend hier, um uns einerseits etwas zu amüsieren und andererseits Moriartys Plan irgendwie zu durchkreuzen“, gab Sherlock zurück. Eigentlich hatte er ja Recht. Die Leute interessierten nicht sonderlich; sollten sie doch reden, was sie wollten, Moriarty war durchaus wichtiger. „Du hast Recht“, sagte sie deshalb lächelnd. In diesem Moment trat ein weiterer Gast zu ihnen, der sich als Mycroft Holmes entpuppte. „Sherlock, wie schön dich zu sehen. Hallo, John und Miss Miller, Sie sehen wirklich wundervoll aus“, begrüßte er seinen Bruder und dessen Mitstreiter. „Vielen Dank“, erwiderte Katie und lächelte verlegen. „Spar dir deine schleimigen Kommentare“, ging Sherlock dazwischen, „sag mir lieber, ob es bisher irgendetwas Verdächtiges gibt.“ „Bisher nicht. Aber wir sind natürlich alle auf der Hut…“, antwortete Mycroft. „Das will ich auch hoffen. Aber gut, ich werde mich aufmerksam umsehen“, versicherte Sherlock. „Wie schön. Entschuldige mich, ich muss noch ein paar Gäste begrüßen.“ Mit diesen Worten entfernte sich Mycroft und verschwand in der Menge. „Und was machen wir jetzt? Theoretisch könnte jeder hier das nächste Opfer sein“, meinte John nach einer kurzen Stille. „Wir machen erst einmal gar nichts. Wenn wir nur hier herumstehen und jeden einzelnen beobachten, ist das zu auffällig. Wir müssen uns genauso verhalten, wie die anderen Gäste auch, sonst wird unser alter Freund möglicherweise misstrauisch und wird sich nicht zeigen“, erwiderte Sherlock. „Ja, da ist was dran. Also gut, dann werde ich uns mal was zu trinken holen“, sagte John und mischte sich unter die Menge, während sich Sherlock und Katie an einen der Tische zurückzogen. „Denkst du wirklich, dass wir Erfolg haben werden? John hat schon Recht, wenn er sagt, dass im Prinzip jeder das Opfer sein könnte“, sagte die Braunhaarige, als sie bei dem Stehtisch angekommen waren. „Mach dir keine Sorgen, Katie. Nur weil wir uns unter die Gäste mischen, heißt das nicht, dass ich nicht alles genau beobachte. Amüsier dich einfach, ich habe alles im Blick“, beruhigte Sherlock sie. „Also gut“, gab sie sich zufrieden; sie war sich sicher, dass er wusste, was er tat. Der Abend schritt schnell voran, doch bisher fehlte von Moriarty jede Spur und auch sonst deutete nichts darauf hin, dass früher oder später ein Verbrechen verübt werden sollte. Die Band sorgte für eine feierliche Stimmung und hatte bereits das eine oder andere Tanzpaar dazu veranlasst, seine Künste unter Beweis zu stellen. Gerade war der letzte Ton des soeben gespielten Lieds verklungen, als der Leadsänger erneut zum Mikrofon griff und die Herren im Saal dazu aufforderte, eine Dame ihrer Wahl um den nächsten Tanz zu bitten. Sofort erhob sich ein allgemeines Stimmengewirr, als die feinen Herren sich beeilten, die vornehmen Damen zum Tanz aufzufordern. Katie beobachtete das Szenario mit einem Schmunzeln auf den Lippen, da es nicht selten vorkam, dass zwei Herren dieselbe Dame aufforderten und dann in eine lautstarke Diskussion gerieten, während die Dame hin – und hergerissen war, wem sie diesen Tanz nun schenken sollte. Doch plötzlich wurde ihr selbst eine Hand hingehalten. Katie schaute auf und sah direkt in Sherlocks graue Augen, die wieder einmal unergründlich wirkten. „Darf ich um diesen Tanz bitten, Miss Miller?“, fragte er schließlich. Die Braunhaarige war einen Moment überrascht; sie hatte nicht damit gerechnet, dass er sie auffordern würde, doch dann lächelte sie. „Es wäre mir eine große Freude“, antwortete sie und legte ihre zierliche Hand in seine, ehe sie ihm schließlich auf die Tanzfläche folgte. Kaum waren sie dort angekommen, zog sie der Detektiv auch schon in Tanzhaltung und somit ganz nah an sich heran. Katie ließ es bereitwillig zu; sie spürte deutlich, wie ihr Herz augenblicklich anfing schneller zu schlagen und nervös in ihrer Brust flatterte, als würde es mit einem Mal hunderte von Schmetterlingen beherbergen. Sie mochte es, so nah bei ihm zu sein und wünschte sich insgeheim, dass es öfter solche Momente zwischen ihnen geben würde. Als die Musik einsetzte, zog er sie noch näher zu sich und fing an zu tanzen, worauf Katie ihm automatisch folgte. Leichtfüßig schienen sie übers Parkett zu schweben. Katie genoss den Moment sichtlich und wünschte sich, der Tanz würde niemals enden. Mit der Zeit zog Sherlock sie noch näher an sich; er hielt sie fest in seinen Armen und veranlasste Katies Herz dadurch nur noch schneller zu schlagen, sodass sie befürchtete, dass der aufgeregte Schlag selbst die Musik übertönen könnte. Immer wieder führte er sie in elegante Drehungen, bevor er sie wieder zu sich zog. Es schien beinahe so, als ob sie alleine auf der Tanzfläche wären und die Musikanten dieses Lied lediglich für sie spielten und zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit fielen alle Ängste und Sorgen von Katie ab, die sie seit dem beobachteten Mord und dem Zusammentreffen mit Moriarty geplagt hatten. Es gab einfach nur Sherlock und sie. Es war wie ein magischer Moment, in dem sie ihm einfach nur nah sein konnte. Als er sie noch ein bisschen näher zog, schaute die Braunhaarige auf und blickte direkt in diese wachsamen unergründlichen Augen, die alles durchschauten und in denen sie sich ohne Weiteres verlieren könnte, zumal sie das Gefühl in ihr auslösten auf der Stelle in seinen Armen dahin schmelzen zu wollen. Und als der Detektiv sie dann auch noch mit diesem gewissen sanften Lächeln bedachte, wurde ihr schlagartig klar, dass Molly Recht hatte: Sie war bedingungslos und unwiderruflich in Sherlock Holmes verliebt! Als auch der letzte Ton des Lieds verklungen war, standen sie noch einen Moment da und schauten sich wortlos in die Augen. „Du bist wirklich eine gute Tänzerin“, meinte er schließlich. „Danke, du tanzt auch sehr gut. Ich würde es jederzeit wiederholen“, erwiderte Katie und konnte nicht verhindern, dass sich ein leichter Rotschimmer auf ihre Wangen schlich. „Wenn es die Umstände und meine Zeit zulassen, gerne“, gab Sherlock zurück. „Ich freue mich schon darauf. Aber jetzt sollten wir wieder zu John gehen“, meinte Katie dann. „Du hast Recht, nach dir.“ Mit diesen Worten folgte er ihr zurück zu dem Tisch, wo John auf sie wartete. Der Abend schritt weiter voran, doch von Moriarty fehlte weiterhin jede Spur. „Denken Sie, dass er sich nur einen üblen Scherz mit uns erlaubt hat und heute Abend gar nichts geplant hat?“, gab John zu bedenken, als sich nach wie vor nichts Besonderes ereignet hatte. „Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Seit wann ist Moriarty zum Scherzen aufgelegt? Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass noch etwas passieren wird, denn wenn Sie mich fragen, ist das alles viel zu friedlich hier. Er wird sicher dann zuschlagen, wenn keiner mehr damit rechnet“, erwiderte Sherlock und ließ seinen Blick, wie schon so oft an diesem Abend, durch den Saal schweifen, der sich mittlerweile schon etwas geleert hatte. „Das klingt irgendwie unheimlich…“, murmelte Katie. „Keine Sorge, solange du in unserer Nähe bleibst, kann dir nichts passieren“, beruhigte Sherlock sie, wobei er sich selbst fragte, was sein erklärter Erzfeind wohl im Schilde führte. Der Saal leerte sich mehr und mehr, bis sich schließlich nur noch einige wenige Gäste auf der Veranstaltung befanden. „Wir sollten uns auch langsam auf den Weg machen. Vielleicht hatten Sie doch Recht und Moriarty hat sich nur einen dummen Scherz mit meinem Bruder erlaubt“, sagte Sherlock schließlich, als sich auch die letzten Gäste auf den Heimweg machen wollten. „Na schön, dann werde ich unsere Mäntel holen“, meinte John und wandte sich zum Gehen. Kurz darauf stand Katie gemeinsam mit Sherlock und John auf dem Außengelände des Towers und wartete darauf, dass ein Taxi kommen würde, das sie nach Hause brachte. Die Braunhaarige hielt sich dicht neben dem Detektiv, da es mittlerweile doch ziemlich kalt geworden und der Nebel vom Ufer der Themse hochgekrochen war. Während sie warteten, beobachtete Katie die wenigen übrig gebliebenen Limousinen, die nacheinander vorfuhren, um ihre Fahrgäste nach Hause zu bringen. Sie hoffte nur, dass auch das Taxi bald auftauchen würde, da sie langsam aber sicher ihre Zehen nicht mehr spüren konnte. Plötzlich entdeckte sie in einiger Entfernung Scheinwerfer, die hoffentlich zu dem lang ersehnten Taxi gehörten, doch als sie näher kamen, stellte sie enttäuscht fest, dass es nur eine weitere Limousine war, die auch die letzten Gäste abholen wollte. Das Luxusauto hielt mit quietschenden Reifen an, worauf ein zwielichtiger Fahrer ausstieg und die hinteren Türen öffnete. Vor dem Tower wartete bereits sein Fahrgast, bei dem es sich allem Anschein nach um einen Regierungsbeauftragten handelte. „Dieser Fahrer sieht irgendwie unheimlich aus…“, meinte Katie, die plötzlich ein ungutes Gefühl hatte. „Allerdings…irgendwas stimmt da nicht. Ich habe diesen Mann auch bei seiner Ankunft hier gesehen und da wurde die Limousine eindeutig von jemand anderem gefahren“, antwortete Sherlock, der das Ganze ebenfalls beobachtete. Der Mann schien soeben auch zu dieser Erkenntnis gekommen zu sein, da er augenblicklich ein Gespräch mit dem Fahrer anfing; vermutlich um zu klären, wieso nicht der ursprüngliche Chauffeur gekommen war, um ihn abzuholen. Es gab einen kurzen Wortwechsel, ehe der Regierungsbeauftragte kurz nickte und schließlich einstieg. Katie wollte gerade beschließen, dass der Fahrer offensichtlich doch harmlos war, als sie plötzlich ein kleines schwarzes Kästchen mit einem roten Knopf in seiner Hand entdeckte. „Was hat er denn da?“, fragte sie und machte Sherlock mit einer kurzen Handbewegung darauf aufmerksam. Der Dunkelhaarige schaute auf und weitete erschrocken die Augen, als der vermeintliche Fahrer auf den Knopf drückte und dann flüchtete. Danach passierte alles ganz schnell – Katie wusste nur noch, dass Sherlock ihr „Runter!“ ins Ohr schrie und sie dann von den Füßen riss, bevor die Limousine mit einem ohrenbetäubenden Knall hinter ihnen explodierte. Das Problem mit dem chemischen Defekt ------------------------------------- Als die schwarze Limousine in einem gewaltigen orangeroten Feuerball explodierte, erschütterte der dadurch hervorgerufene Knall ganz London; es würde sicher an ein Wunder grenzen, wenn zumindest die Bewohner im näheren Umkreis des Towers nicht kerzengerade in ihren Betten sitzen würden. Dank Sherlocks schneller Reaktion hatte Katie Bekanntschaft mit dem harten Asphaltboden gemacht, dafür war sie jedoch der enormen Druckwelle der Explosion entgangen, die über sie hinweg fegte, kaum dass sie mit dem Boden in Berührung gekommen war. Einen Moment blieb die Braunhaarige regungslos liegen, aus Angst, dass gleich noch etwas in die Luft fliegen würde, doch alles, was auf diese markerschütternde Explosion folgte, war eine unheimliche Stille. Weitere Minuten verstrichen und als Katie sicher war, dass nun offenbar keine Gefahr mehr drohte, setzte sie sich langsam auf. Sofort bot sich ihr ein Bild der totalen Verwüstung. Überall lagen Wrackteile der ausgebrannten Limousine verstreut, teilweise brannten sie immer noch. Von dem Luxuswagen selbst war lediglich das verkohlte Gestell übrig geblieben und auch die Umgebung hatte einiges abbekommen, da es die kleinen Bäume, die die Auffahrt zum Tower säumten, aus ihren Beeten gerissen hatte. „Oh mein Gott…“, murmelte Katie, als sie das Ausmaß der Explosion überblickte. „Das kannst du laut sagen“, stimmte Sherlock ihr zu, als er sich ebenfalls wieder aufsetzte, ehe er sich an John wandte. „Geht es Ihnen gut?“ „Ja, alles noch dran“, antwortete dieser. „War das etwa Moriarty? Hat er sich als Chauffeur ausgegeben?“, fragte Katie, der der Schreck immer noch tief in den Knochen saß. „Nein, das war nicht Moriarty. Das war sicher einer seiner Handlanger, die er so gerne vorschickt. Dieser verdammte Bastard hat uns an der Nase herumgeführt!“ Mit einem Mal klang Sherlock richtig wütend. „Beruhige dich, das konnte doch niemand ahnen“, versuchte Katie ihn zu beschwichtigen. „Katie hat Recht. Er hat uns mal wieder alle hinters Licht geführt. Sollten wir uns nicht lieber mal den Tatort ansehen? Vielleicht können wir ja etwas Nützliches herausfinden, bevor Lestrade eintrifft“, schlug John vor. „Sie haben Recht. Gehen wir“, stimmte Sherlock zu und setzte sich in Bewegung. Katie schüttelte seufzend den Kopf; es war wirklich erstaunlich, wie schnell seine Stimmung umschlagen konnte. „Kommen Sie, wir sollten ihm nachgehen.“ Johns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Ja, ich komme“, antwortete sie und folgte ihm schließlich. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis Lestrade und seine Leute eintrafen. Nachdem sich Sherlock wie so oft ein Wortgefecht mit Anderson geliefert hatte, wandte er sich an den Inspector und erklärte ihm, was er bis jetzt herausgefunden hatte. Anschließend mussten sie dem Team von Scotland Yard noch einige Fragen beantworten, ehe sie zu dem Schluss kamen, dass sie wohl vorerst nicht zu neuen Erkenntnissen kommen würden. Nach einer geschlagenen Stunde konnten sie endlich ein Taxi rufen und kehrten schließlich in die Baker Street zurück, als es gerade sechs Uhr schlug. In der Wohnung angekommen beschlossen sie, sich wenigstens ein bisschen hinzulegen, bevor sie später weitere Nachforschungen im Fall der explodierten Limousine anstellen würden. So lag Katie kurz darauf neben Sherlock in dessen Bett und versuchte, wenigstens ein bisschen zu schlafen, doch sie machte kein Auge zu. Zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf und immer wieder tauchte die explodierende Limousine vor ihrem geistigen Auge auf, sodass an Schlaf überhaupt nicht zu denken war. „Kannst du nicht schlafen?“ Als sie Sherlocks tiefe Stimme neben sich hörte, zuckte sie erschrocken zusammen; sie hatte eigentlich angenommen, dass er längst schlafen würde. „Nein, ehrlich gesagt nicht. Es geht mir nicht aus dem Kopf…“, antwortete die Braunhaarige leise. „Kann ich verstehen, damit hat auch niemand gerechnet…komm her.“ Katie schaute ihn etwas überrascht an als er das sagte, doch dann kam sie seiner Aufforderung nach und kuschelte sich an ihn. Sofort fühlte sie sich wohler und ihr wurde zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit bewusst, wie sehr sie den Detektiv mittlerweile liebte. „Ist es so besser?“, fragte er leise, während er ihr sanft durch die Haare streichelte. „Ja, viel besser“, gab sie ebenso leise zurück. Dann herrschte kurz Stille, ehe Katie erneut die Stimme erhob. „Sherlock, passiert das alles meinetwegen…? Moriarty bringt all diese Leute nur um, weil ich den Mord an Mary Parker beobachtet habe, nicht wahr…?“, fragte sie leise. „Das ist doch nicht deine Schuld. Du darfst dir deswegen auf keinen Fall irgendwelche Vorwürfe machen, hörst du? Moriarty ist ein Wahnsinniger, der keinerlei Skrupel kennt. Ich weiß, dass er dich denken lässt, dass du an allem Schuld bist. Er versucht, seine Gegner psychisch fertig zu machen. Aber das darfst du nicht zulassen. Du trägst keine Schuld an diesen Morden, sondern nur er. Also hör auf, so etwas zu denken“, erwiderte Sherlock und zog sie noch näher zu sich. Katie schaute ihn einen Moment wortlos an, doch dann lächelte sie. „Danke, Sherlock…“ „Schon gut und jetzt versuch zu schlafen“, gab er zurück, worauf sie nur nickte und sich näher an ihn schmiegte. Dann herrschte wieder Stille, bis Sherlock spürte, dass Katie in seinen Armen eingeschlafen war. Er strich ihr noch einmal sanft durch die Haare, ehe auch er die Augen schloss und kurz darauf eingeschlafen war. Seit dem Vorfall mit der brennenden bzw. explodierten Limousine waren drei Tage vergangen. An einem regnerischen Nachmittag saß Katie im Wohnzimmer der Baker Street und war in eines der Bücher vertieft, die John ihr freundlicherweise aus der Bücherei mitgebracht hatte, da sie sich dank Moriarty nicht mehr auf die Straße trauen konnte; man konnte ja nie wissen, was dieser Irre als nächstes vorhatte. Mrs. Hudson hatte eine Schüssel ihrer vorzüglichen Kekse vorbeigebracht, die Katie ganz für sich allein hatte, da John von Sherlock zu Scotland Yard geschickt worden war, um bei Inspector Lestrade nachzufragen, ob es bereits irgendwelche neuen Informationen gab. Sherlock selbst hatte kein Interesse an den Keksen, die Katie ihm angeboten hatte; er war viel zu sehr damit beschäftigt, vor dem Sofa auf und ab zu laufen, während er immer wieder einen nachdenklichen Blick zur Wand warf, an die er Bilder der bisherigen Opfer, Tatorte und Nachrichten von Moriarty gehängt hatte. „Was machst du da eigentlich?“, erkundigte sich Katie nach einer Weile, in der sie ihn bei seinem Furchenlauf beobachtet hatte. Sherlock hielt inne und drehte sich zu ihr um. „Ich versuche herauszufinden, ob es irgendeine Verbindung zwischen den Opfern gibt und warum es gerade sie getroffen hat. Es wäre doch viel naheliegender, die Personen zu bedrohen, die dir nahe stehen, immerhin bist du sein eigentliches Ziel. Wieso bringt er dann ausgerechnet diese beiden Männer um?“ Wieder warf der Dunkelhaarige einen nachdenklichen Blick zur Wand. „Vielleicht weil beide zur Regierung gehört haben?“, mutmaßte Katie. „Das spielt sicher mitunter eine Rolle, aber ich glaube, dass da noch mehr dahinter steckt“, erwiderte Sherlock. „Und was denkst du?“ Fragend schaute Katie ihn an. „Das ist es ja gerade…ich habe keine Ahnung, was Moriarty sich dabei gedacht hat. Ich sage es nicht gerne und ich kann es auch kaum glauben, aber irgendwie kann ich mich nicht richtig konzentrieren…ich muss wohl doch auf John warten.“ Sherlock seufzte resigniert und ließ sich in seinen Sessel fallen. Einen Moment herrschte Stille, ehe Katie von ihrem Sessel aufstand, auf dem eigentlich immer John saß, und zu ihm rüber kam. Ohne zu zögern setzte sie sich auf seinen Schoß und lehnte sich an ihn. Sherlock ließ es zu; er war diese Nähe zu ihr mittlerweile längst gewohnt und seit sie zusammen auf dieser Abendveranstaltung im Tower getanzt hatten, schienen sie sich ohnehin noch näher gekommen zu sein, ohne dass es beiden richtig aufgefallen war. Eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen; Katie blieb einfach nah bei ihm und genoss es, wie Sherlock ihr sanft durch die Haare streichelte. „Wieso kannst du dich eigentlich nicht konzentrieren? Stimmt etwas nicht? Geht es dir nicht gut?“ Fragend schaute sie ihn an, wobei ein besorgter Unterton in ihrer Stimme mitschwang. „Doch, es geht mir gut. Wieso ich mich nicht konzentrieren kann, kann ich dir auch nicht sagen. Es ist mir selbst ein Rätsel, da ich so etwas überhaupt nicht von mir kenne. Meine Arbeit bedeutet mir alles, aber heute kann ich einfach keinen klaren Gedanken fassen. Seit einigen Tagen fühle ich mich sowieso irgendwie merkwürdig…nicht krank, aber da ist so ein Gefühl, das ich irgendwie nicht deuten kann“, antwortete Sherlock leise, während er ihr weiterhin durch die Haare streichelte. Katie hatte ihm aufmerksam zugehört und war bei seinem letzten Satz hellhörig geworden. „Ein Gefühl, das du nicht deuten kannst? Was für ein Gefühl?“, fragte sie nach einer kurzen Stille. „Das ist es ja…ich weiß es nicht“, gab er mit einem resignierten Seufzen zurück. „Kannst du es ungefähr beschreiben?“ Fragend schaute Katie ihn an. „Eigentlich halte ich von solchem Gefühlskram gar nichts, aber dir zuliebe werde ich es versuchen“, antwortete Sherlock. „Dann schieß mal los“, forderte Katie ihn auf. Der Dunkelhaarige schwieg einen Moment, als ob er zuerst darüber nachdenken müsste, wie er am besten anfangen sollte. „Du solltest nicht zu sehr darüber nachdenken. Erzähl mir einfach, was dir spontan einfällt“, meinte Katie, als sie seine nachdenkliche Miene bemerkte. „Also gut…ich kann mich in den letzten Tagen irgendwie nicht richtig konzentrieren. Immer wenn ich versuche, mit dem Fall irgendwie weiterzukommen, schweife ich mit meinen Gedanken ab und kann nicht klar denken. Nachts liege ich wach und grübel über tausend Dinge nach. Gut, das habe ich früher auch schon getan, aber in den letzten drei Tagen ist es irgendwie schlimmer geworden. Es fühlt sich an, als ob ich total durcheinander wäre und ich weiß einfach nicht wieso…es kann daran liegen, dass ich Moriartys Absichten immer noch nicht wirklich durchschaut habe, aber da ist noch mehr…mir ist nur nicht klar, was es ist…und etwas nicht zu durchschauen ist etwas, das ich ganz und gar nicht gewöhnt bin“, endete Sherlock. Katie hatte ihm aufmerksam zugehört, schwieg jedoch zunächst und ließ sich seine Worte noch einmal genau durch den Kopf gehen. Ihr war nicht entgangen, dass er gesagt hatte, dass er seit drei Tagen total durch den Wind war; das entsprach genau der Zeitspanne, die seit der Veranstaltung im Tower vergangen war. Ihre Gedanken rasten, als sie sich fragte, ob er insgeheim doch mehr in ihr sah, als eine Klientin, die seinen Schutz benötigte und ihm nur rein zufällig näher gekommen war. War es denn wirklich möglich, dass Sherlock Holmes, der gefühlskalte Eisklotz schlechthin, auch in sie verliebt war und bisher nur noch keine passende Gelegenheit gefunden hatte, um es ihr zu sagen? Ihr Herz fing sofort an, schneller zu schlagen, als sie mit dem Gedanken spielte, ihn einfach danach zu fragen. Doch was war, wenn er sie zurückweisen und sich über sie lustig machen würde? Sofort ließ ihre Euphorie wieder nach, doch dann fiel ihr ein, dass sie andernfalls vielleicht nie erfahren würde, was er für sie empfand. Hier und jetzt bot sich ihr die perfekte Gelegenheit, um endlich Klarheit zu schaffen; wer wusste schon, ob sich noch einmal eine solche Chance ergeben würde, wenn sie diese hier verstreichen ließ. Also nahm sie all ihren Mut zusammen und setzte zur alles entscheidenden Frage an… Doch plötzlich ging die Tür auf und John betrat das Wohnzimmer, womit er Katies Chancen von jetzt auf gleich zunichtemachte. „Bin wieder da und ich habe Neuigkeiten mitgebracht“, verkündete er, während er den tropfnassen Regenschirm zur Seite stellte, damit dieser wieder trocknen würde. „Was für Neuigkeiten? Erzählen Sie schon“, drängte Sherlock; er war wieder ganz der Alte und weit davon entfernt, auch nur ansatzweise durcheinander zu sein. Katie seufzte innerlich und hoffte, dass sie zu gegebener Zeit noch einmal auf das Thema zurückkommen könnte. „Immer mit der Ruhe. Wie wäre es, wenn Sie mich erst einmal reinkommen lassen?“, gab John zurück, während er sich seiner Jacke entledigte, die ebenfalls triefnass war. „Dann beeilen Sie sich. Wenn es wichtige Informationen sind, sollten wir keine Zeit verlieren“, erwiderte Sherlock ungeduldig; Katie befürchtete schon, er würde jeden Moment auf seinem Sessel auf – und abspringen, weil er es kaum erwarten konnte, dass John mit den Neuigkeiten herausrückte. Doch der Detektiv hielt sich zurück und begnügte sich damit, ungeduldig mit den Fingern auf die Sessellehne zu trommeln. Endlich setzte sich John in seinen Sessel, nachdem Katie immer noch auf Sherlocks Schoß saß. „Schießen Sie los. Was haben Sie herausgefunden?“, forderte der Dunkelhaarige seinen Mitbewohner erneut auf. John seufzte ergeben; er wusste, dass er jetzt nicht locker lassen würde, bis er die Neuigkeiten erfahren hatte. „Also schön, Sie werden ja doch keine Ruhe geben“, gab er nach. „Sehr richtig“, erwiderte Sherlock. „Würden Sie mich dann freundlicherweise auch zu Wort kommen lassen?“, fragte John mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme. „Ja, worauf warten Sie denn noch?“, stellte Sherlock die Gegenfrage; es war ja immerhin nicht seine Schuld, wenn sein Mitbewohner nicht einfach mit der Sprache rausrückte. Katie hatte den Wortwechsel schweigend verfolgt und musste sich ein Grinsen verkneifen. Die beiden diskutierten wirklich wie ein altes Ehepaar, doch sie sagte lieber nichts dazu, immerhin wollte sie auch wissen, was John herausgefunden hatte. Eben dieser räusperte sich jetzt. „Ich war zuerst im Krankenhaus bei Molly. Bei unserem zweiten Opfer handelt es sich um Edward Stone. Er war ein Regierungsbeauftragter, wie wir schon vermutet haben. Die Todesursache war ganz klar die Explosion; seine Leiche konnte nur noch anhand seines Gebisses identifiziert werden. Als man den Tatort untersucht hat, fand man neben der Leiche einen kleinen Zettel, auf dem eine ‚4‘ stand. Es war also ganz eindeutig Moriartys Werk, nur dass er diesmal jemanden als Handlanger hatte. Der vermeintliche Chauffeur, der die Bombe gezündet hat, befindet sich immer noch auf der Flucht, seine Identität ist bislang ungeklärt“, fing John an. Sherlock hatte ihm aufmerksam zugehört. „Es war klar, dass Moriarty dahintersteckt. Er hat uns an der Nase herumgeführt, indem er uns in Sicherheit gewiegt hat, bevor er seinen netten kleinen Countdown fortgesetzt hat. Aber ist das schon alles? Haben Sie nicht noch mehr Informationen? Das hilft mir nicht sonderlich viel weiter…“, antwortete er schließlich. „Doch, ich habe noch mehr herausgefunden…“ John machte eine kurze Pause. Es schien, als ob ihn die neugewonnenen Informationen in irgendeiner Weise beunruhigen würden. Sherlock beobachtete seinen Mitbewohner aufmerksam; er bemerkte dessen Unbehagen und hatte plötzlich selbst ein ungutes Gefühl, ließ sich jedoch nichts anmerken. Lediglich Katie bemerkte seine Anspannung, als er sie näher zu sich zog und noch fester hielt als vorher. „Erzählen Sie’s mir“, forderte er John schließlich auf. „Also gut…nachdem ich bei Molly war, bin ich zu Scotland Yard gefahren, wie Sie es gesagt haben. Lestrade hat mir berichtet, dass nun auch die Identität des ersten Opfers, das wir im Regent’s Park gefunden haben, geklärt ist. Bei dem Mann, der ebenfalls der Regierung angehörte, handelt es sich um William Smith. Aber das ist nicht das, was mich so beunruhigt…“, berichtete John und machte wieder eine kurze Pause. „Was dann? Nun sagen Sie es schon.“ Sherlock wurde langsam ungeduldig. „Beide Opfer und auch Henry Parker standen in direkter Verbindung mit Moriarty“, sprach John es schließlich aus. „Wie meinen Sie das…?“ Sherlocks Griff um Katie wurde noch fester, was diese nun auch nervös werden ließ. „Alle drei Männer machten mit Moriarty gemeinsame Sache. Dass sie für die Regierung tätig waren, wobei Henry Parker es ja immer noch ist, ist kein Zufall. Sie wollten mehr Einfluss und Ansehen, doch da sie sehr niedrige Posten bekleideten, waren ihre Aufstiegschancen relativ gering. Moriarty bot ihnen daraufhin an, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sie sollten die Regierung ausspionieren und nach Sicherheitslücken suchen, die Moriarty für seine Verbrechen nutzen konnte, um das gesamte politische System Englands unter seine Kontrolle zu bringen. Im Gegenzug würde er ihnen zu mehr Ansehen verhelfen. Henry Parker war der einzige der drei, der auch finanzielle Sorgen hatte. Da Moriarty ihm offensichtlich mehr Ruhm einbringen konnte, beschloss er ihn zu fragen, ob er ihm nicht auch eine gewisse Summe Geld leihen konnte, eine beachtliche Summe wohl gemerkt. Moriarty, der sich als Wohltäter ausgab, tat ihm den Gefallen. Als Henry Parker das Geld jedoch nicht zurückzahlen konnte, nahm Moriarty ihm das einzige, das ihm außer Ruhm und Ansehen am wichtigsten war – seine Frau Mary. Als Edward Stone und William Smith erfuhren, wie skrupellos er sein konnte, bekamen sie Angst und verweigerten eine weitere Zusammenarbeit, da sie befürchteten, dass auch ihren Ehefrauen etwas passieren könnte. Doch Moriarty den Dienst zu verweigern, war ihr größter Fehler. Sie hatten Recht, dass er Sie mit dem Mord an Mary Parker herausgefordert hat und Katie wurde zwangsläufig zu seiner Gejagten. Es war die perfekte Gelegenheit für ihn, auch noch die anderen beiden Störenfriede zu beseitigen, die jetzt nutzlos geworden waren und so hat er diesen Countdown gestartet“, endete John. Sherlock hatte ihm aufmerksam zugehört und ließ sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. „Alle drei waren also sozusagen Maulwürfe…“, sagte er schließlich. „So kann man es auch ausdrücken“, stimmte John ihm zu. „Das erklärt natürlich, wieso es gerade diese beiden Männer und Mary Parker getroffen hat. Gibt es noch mehr Regierungsbeauftragte, die mit ihm unter einer Decke stecken und ihm ein Dorn im Auge sein könnten?“ Fragend schaute Sherlock seinen Mitbewohner an. „Als das herauskam, wurden sofort sämtliche Mitglieder der Regierung überprüft, doch keiner schien Kontakt zu Moriarty zu haben“, antwortete John. „Verstehe…diese Schachfiguren haben also ausgedient und jetzt wird er sich neue suchen, immerhin ist sein Countdown noch unvollständig. Es liegt auf der Hand, wen er jetzt bedrohen wird, nicht wahr?“ Abwartend schaute Sherlock den Arzt an. Der sagte einen Moment nichts, als er darüber nachdachte, wen der Dunkelhaarige meinen könnte. Doch plötzlich wich alle Farbe aus seinem Gesicht, als ihm klar wurde, worauf Sherlock hinaus wollte. „Oh mein Gott…jetzt wird er sich sicher die Personen holen wollen, die Katie nahe stehen…“, sagte er dann. „So ist es…ihm ist bewusst, dass er dort angreifen muss, wo es am meisten wehtut. Mit der Ermordung der ersten beiden Opfer wollte er seine Spuren innerhalb der Regierung verwischen, damit nicht gänzlich aufgedeckt wird, dass er sich dort einschleusen wollte. Da ihm dort nun die Opfer sozusagen ausgegangen sind, ist er gezwungen, sich neue zu suchen, die auch eine gewisse Bedeutung haben müssen. Was wäre da besser, als diejenigen ins Visier zu nehmen, die Katie nahe stehen und die ihr etwas bedeuten“, gab Sherlock zurück. „Dieser Mistkerl…wir müssen ihn irgendwie aufhalten“, sagte John bestimmt und ballte die Hand zu einer Faust. „Vielleicht können wir das auch, wenn wir wissen, wen er bedroht“, überlegte Sherlock. „Da haben Sie Recht. Wer steht Ihnen denn besonders nah, Katie?“ Fragend schaute John die Braunhaarige an. „Naja, meine Eltern natürlich. Und dann wäre da noch meine Freundin Sarah, die mit mir in der Cocktailbar arbeitet. Ansonsten habe ich keine Verwandtschaft oder besondere Beziehungen in London“, antwortete Katie. „Drei Personen…das könnte Moriarty perfekt in die Hände spielen. Wenn man davon mal eine kurze Rangliste erstellt, stehen deine Eltern an oberster Stelle und danach kommt Sarah. Da Moriartys Opfer immer mehr an Wichtigkeit zunehmen, dürften deine Eltern noch eine Weile in Sicherheit sein, da der Countdown bislang bei ‚4‘ stehen geblieben ist. Das bedeutet, dass jetzt vermutlich Sarah in seine Schusslinie geraten wird“, schlussfolgerte Sherlock. „Was…? Oh Gott…wenn er ihr etwas antut, könnte ich mir das niemals verzeihen…“ Auch Katie war nun blass geworden und schmiegte sich instinktiv näher an den Detektiv. „Ganz ruhig, wir werden alles dafür tun, dass ihr nichts passiert“, antwortete Sherlock sanft und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Wirklich…? Und wie willst du das machen?“, fragte Katie und wischte sich kurz über die Augen; sie wollte sich jetzt auf keinen Fall hinsetzen und weinen. „Ich werde die besten Leute meines Obdachlosennetzwerkes damit beauftragen, Sarah rund um die Uhr im Auge zu behalten. Sie werden mich dann umgehend benachrichtigen, wenn ihnen etwas Verdächtiges auffällt. Außerdem bin ich mir sicher, dass uns auch Lestrade einige seiner Leute zur Verfügung stellen wird“, antwortete Sherlock. „Danke, Sherlock…ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“ Katie umarmte ihn dankbar und konnte ein paar Tränen doch nicht zurückhalten. Sherlock erwiderte die Umarmung. „Ist schon gut. Aber jetzt sollten wir uns an die Arbeit machen. John, rufen Sie Lestrade an und erklären Sie ihm alles. Er soll umgehend seine besten Leute schicken, um Sarahs Schutz zu gewährleisten.“ Der Dunkelhaarige ließ Katie wieder los und schaute seinen Mitbewohner abwartend an. „Natürlich, wird sofort erledigt. Und was machen Sie in der Zwischenzeit?“, fragte John, während er aus seinem Sessel aufstand. Ich werde einige meiner eigenen Leute aufsuchen und sie ebenfalls damit betrauen, auf Sarah aufzupassen. Sie passen auf Katie auf, bis ich wieder da bin“, erwiderte Sherlock. Der Arzt nickte zustimmend, ehe er zu seinem Handy griff, um Lestrade zu kontaktieren. „Du bist doch bald wieder da, oder?“, fragte Katie hoffnungsvoll, während sie sich von Sherlocks Schoß erhob. Sie wusste, dass ihr hier in der Baker Street nichts passieren konnte, aber dennoch fühlte sie sich sicherer, wenn sie wusste, dass Sherlock bei ihr war. „Keine Sorge, ich werde nicht lange weg sein. Bleib einfach hier bei John, dann kann dir nichts passieren“, versicherte er ihr, während er aufstand und sich seinen Mantel überwarf. „In Ordnung und nochmals vielen Dank“, sagte Katie leise. „Schon gut. Bis später, ich beeile mich.“ Mit diesen Worten küsste er die Braunhaarige sanft auf die Stirn, ehe er sich schließlich auf den Weg machte. Katie schaute ihm verwundert nach; ihre Finger wanderten hoch zu ihrer Stirn und berührten die Stelle, wo vor wenigen Sekunden noch die Lippen des Detektivs geruht hatten. Es war nur eine kurze sanfte Berührung gewesen, doch für Katie war sie von großer Bedeutung. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht ließ sie sich zurück auf den Sessel sinken. Sherlock hielt sein Versprechen und kehrte innerhalb von zwei Stunden in die Wohnung zurück, wo John ihm berichtete, dass er bei Scotland Yard alles in die Wege geleitet hatte und Lestrade gerne dazu bereit war, seine besten Leute für den Personenschutz abzustellen. Für den Rest des Tages gab es keine besonderen Vorkommnisse. Am Abend hatte sich Katie neben Sherlock auf dem Sofa zusammengerollt und schlief friedlich; der Dunkelhaarige streichelte ihr sanft durch die Haare, während er nachdenklich an die gegenüberliegende Wand schaute, von wo aus ihn sein Schädel angrinste, der auf dem Kaminsims seinen angestammten Platz inne hatte. Es schien beinahe so, als würde er ihn auslachen, weil er einfach keine Ordnung in sein Gedankenchaos bringen konnte. Der Detektiv seufzte resigniert und zog Katie näher zu sich, die daraufhin nur einen leisen Laut von sich gab und dann weiterschlief. „Warum seufzen Sie so schwer? Stimmt etwas nicht?“ Johns Stimme riss Sherlock aus seinen Gedanken. Der Dunkelhaarige hob den Blick und entdeckte seinen Mitbewohner im Bademantel vor sich. „Nein, mir geht es bestens. Ich bin nur ein wenig durcheinander“, antwortete Sherlock schließlich. „Moment…wie war das? Sie sind durcheinander? Ich kenne niemanden, der einen so messerscharfen Verstand hat wie Sie und seit ich hier bei Ihnen wohne, waren Sie noch nie durcheinander. Also, was ist mit Ihnen los? Muss ich mir ernsthafte Sorgen um Sie machen?“ Fragend und gleichzeitig etwas besorgt schaute John sein Gegenüber an. „Ich habe doch gesagt, dass es mir gut geht. Mir geht bloß diese merkwürdige Situation von heute Nachmittag nicht mehr aus dem Kopf…“, gab Sherlock zurück. „Was für eine Situation? Und wieso war sie merkwürdig?“, hakte John sofort nach. „Heute Mittag, als Sie bei Lestrade waren…ich habe versucht, selbst einen Zusammenhang zwischen den Opfern herzustellen, aber es ging nicht…“, erzählte Sherlock. „Wie meinen Sie das?“, fragte John verwirrt. „So, wie ich es sage – es ging nicht. Ich konnte mich nicht richtig konzentrieren, egal wie sehr ich es auch versucht habe“, erwiderte Sherlock, worauf sein Mitbewohner ihn erst recht perplex anstarrte. „Habe ich das gerade richtig verstanden? Sie konnten sich nicht konzentrieren? Sind Sie sicher, dass ich Sie nicht mal durchchecken soll?“ „Wie oft noch – es geht mir gut. Das denke ich zumindest…ich bin einfach nur durcheinander…seit ich mit Katie auf dieser Veranstaltung im Tower getanzt habe…“ Sherlock seufzte erneut. Spätestens da ging John auf, woher der Wind wehte. Das Ganze hatte also etwas mit Katie zu tun. Darauf hätte er auch gleich kommen können. „Aha…da haben wir es doch“, sagte John schließlich. „Was haben wir?“, fragte Sherlock mit einem misstrauischen Unterton in der Stimme. „Was mit Ihnen los ist. Sie müssen es sich nur eingestehen“, gab der Arzt zurück. „Was soll ich mir eingestehen?“, fragte Sherlock nach; das Misstrauen war noch nicht aus seiner Stimme verschwunden. Jetzt war es an John zu seufzen. „Was das angeht sind Sie wirklich schwer von Begriff, was? Wieso geben Sie es nicht einfach zu, dass Sie Katie lieben?“ „Warum sollte ich etwas zugeben, wenn es nichts zuzugeben gibt?“, gab Sherlock zurück. „Weil es offensichtlich ist, verdammt noch mal. Alle Anzeichen sprechen gegen Sie, Sherlock“, erwiderte John. „Welche Anzeichen denn? Nur weil ich mal ein wenig durcheinander bin, heißt das noch lange nicht, dass ich gegen meine Prinzipien verstoße und mich plötzlich in jemanden verliebe“, entgegnete Sherlock. „Ich glaube, dass Sie Ihre Prinzipien schon längst über den Haufen geworfen haben, Sie wollen es nur noch nicht so recht wahrhaben“, gab John zurück. „So ein Unsinn. Sie wissen genau, dass Liebe für mich nichts weiter ist, als ein chemischer Defekt“, antwortete Sherlock entschieden. „Und genau das ist das Problem. Aber gegen die Liebe ist man machtlos. Wenn sie einen erst einmal erwischt hat, hilft auch kein messerscharfer Verstand dagegen. Sie sollten mal darüber nachdenken“, meinte John daraufhin. „Ich brauche nicht darüber nachzudenken, weil sich für mich nichts daran ändern wird, dass Liebe ein Defekt ist und bleibt“, gab Sherlock zurück, worauf sein Mitbewohner erneut seufzte und es schließlich aufgab, dem Detektiv ins Gewissen reden zu wollen. „Sie sind wirklich ein hoffnungsloser Fall.“ Sie saßen noch eine ganze Weile im Wohnzimmer zusammen, bis Sherlock irgendwann beschloss, Katie ins Bett zu bringen und sich selbst hinzulegen. Kurz darauf lauschte der Dunkelhaarige Katies tiefen gleichmäßigen Atemzügen, was ihm verriet, dass sie immer noch tief und fest schlief und nicht mitbekommen hatte, dass er sie ins Bett gebracht hatte. Sherlock selbst konnte jedoch keinen Schlaf finden und dachte stattdessen über das Gespräch mit John nach. Machte er sich wirklich etwas vor und war schon längst in Katie verliebt, ohne dass er es richtig bemerkt hatte? Aber eigentlich war Liebe doch für ihn nichts weiter als ein chemischer Defekt, oder etwa nicht? Der Detektiv seufzte leise und schaute zu Katie hinüber, die sich nah an seine Seite geschmiegt hatte und friedlich schlief. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er ihr eine verirrte Haarsträhne aus der Stirn strich. „Wenn ich nur wüsste, ob ich dich wirklich liebe…wenn ich mir sicher sein könnte, würde es mir sicher besser gehen…“, murmelte er in die Dunkelheit, wobei er die Braunhaarige noch näher zu sich zog. Katie seufzte daraufhin leise im Schlaf und kuschelte sich nur noch näher an ihn. Er ließ es zu und küsste sie sanft auf die Stirn. „Vielleicht hat John ja doch Recht…aber eins ist sicher, ich werde auf keinen Fall zulassen, dass dir etwas passiert“, versprach er der Schlafenden leise, ehe er sie noch einmal sanft küsste und endlich auch die Augen schloss. Es würde sowieso nichts bringen, sich die ganze Nacht den Kopf zu zerbrechen. Er wusste, dass er definitiv etwas für Katie empfand, er war sich nur noch nicht sicher, ob es Liebe war oder nicht. Vielleicht war es ja im Endeffekt doch weitaus mehr als nur ein chemischer Defekt. Dies war sein letzter Gedanke, bevor er schließlich doch eingeschlafen war. In den nächsten Tagen gab es keine besonderen Vorkommnisse. Seit dem Vorfall am Tower hatte Moriarty nichts mehr von sich hören lassen, was den Schluss nahelegte, dass er womöglich überlegte, wie er weiterhin vorgehen könnte, um seinen Countdown fortzusetzen. Die Beamten von Scotland Yard und Sherlocks Leute aus dessen Obdachlosennetzwerk behielten nach wie vor Katies Freundin Sarah im Auge, da sie Moriartys nächstes Opfer sein könnte. Sherlock und John versuchten weitere Anhaltspunkte in Erfahrung zu bringen, um Moriarty endlich zu stoppen, doch bislang gab es keine neuen Erkenntnisse und Katie bemühte sich darum, sich irgendwie die Zeit zu vertreiben und betete, dass dieser Albtraum bald ein Ende haben würde, dabei waren ihre Hoffnungen bis auf Weiteres vergeblich… An einem regnerischen Abend, wie er für London nicht unüblich war, half Katie Mrs. Hudson, mit der sie sich ausgezeichnet verstand, einige Blumen, die sich die alte Dame erst kürzlich zugelegt hatte, ordentlich in die dafür vorgesehenen Töpfe zu pflanzen und sie farblich passend zu arrangieren. „Also, ich muss wirklich sagen, Sie haben tatsächlich einen grünen Daumen, Katie. Es wundert mich nicht, dass Sie irgendwann einen eigenen Blumenladen eröffnen wollen“, meinte Mrs. Hudson anerkennend, als sie Katies Arbeit bewunderte. „Vielen Dank, Mrs. Hudson. Blumen sind meine große Leidenschaft“, erwiderte die Braunhaarige lächelnd. „Das merkt man sofort“, bemerkte Mrs. Hudson ebenfalls lächelnd. „Lassen Sie uns weitermachen. Wir haben noch fünf Töpfe vor uns“, sagte Katie dann, worauf Mrs. Hudson zustimmend nickte. Katie wollte gerade die nächsten Blumen zur Hand nehmen, als plötzlich ihr Handy klingelte, das in ihrer Hosentasche steckte. Sofort drang eine panische Stimme an ihr Ohr. „Katie! Du musst mir helfen! Da waren plötzlich zwei Männer vor meinem Haus und haben Polizeibeamte niedergeschlagen! Sie wollten in meine Wohnung einbrechen, ich konnte gerade noch über den Balkon entkommen. Oh Gott, bitte hilf mir, Katie! Die wollen mir bestimmt etwas antun!“ Katie war im ersten Moment verwirrt, doch als sie realisierte, wen sie da am Telefon hatte, schrillten augenblicklich sämtliche Alarmglocken in ihr los. Moriartys Leute hatten Sarah ausfindig gemacht und wollten sie nun um jeden Preis zu dessen drittem Opfer machen! „Sarah, beruhige dich. Wo bist du?“, fragte Katie und versuchte, nicht auch noch in Panik zu verfallen. „Ich habe mich in der Cocktailbar versteckt“, antwortete Sarah mit zitternder Stimme. Richtig, dachte Katie, die Bar hatte heute ihren wöchentlichen Ruhetag. „Okay, hör zu. Bleib wo du bist, rühr dich auf keinen Fall von der Stelle. Ich hole dich da raus, vertrau mir“, sagte die Braunhaarige dann. „Beeil dich bitte…“, erwiderte Sarah noch, bevor sie auflegte. Katie legte ebenfalls auf und wandte sich an Mrs. Hudson. „Es tut mir leid, Mrs. Hudson. Aber die letzten fünf Blumenstöcke müssen leider warten. Meine Freundin steckt in Schwierigkeiten.“ Katie wartete keine Antwort ab; sie verließ die Wohnung und sprintete die Treppen hoch in den zweiten Stock, wo sie atemlos die Tür zum Wohnzimmer aufstieß. „Sherlock! Es ist etwas passiert! Sarah ist in Gefahr!“, platzte es sofort aus ihr raus; nun konnte sie ihre Panik nicht mehr unterdrücken. Der Detektiv schaute sie zuerst wortlos an, doch dann kam er auf sie zu und legte beruhigend beide Hände auf ihre Schultern. „Ganz ruhig, atme tief durch und dann erzähl uns, was passiert ist“, forderte er sie auf. Katie schaffte es, sich einen Moment zu sammeln und erst mal durchzuatmen, doch dann erzählte sie aufgeregt, was sich gerade ereignet hatte. „Sarah hat mich gerade auf dem Handy angerufen. Sie war total aufgelöst und verstört. Sie sagte, dass zwei Männer die Polizeibeamten vor ihrem Haus niedergeschlagen hätten und in ihre Wohnung einbrechen wollten. Sie konnte fliehen und versteckt sich jetzt in der Cocktailbar.“ „Verdammt…das sind sicher Moriartys Leute und wenn sie die Polizeibeamten ausgeschaltet haben, konnten meine Leute sicher auch nicht viel ausrichten…“, meinte Sherlock, der ihr aufmerksam zugehört hatte. „Bitte hilf ihr, Sherlock…ich will nicht, dass ihr etwas passiert.“ Katie war den Tränen nahe und drückte sich verzweifelt an ihn. „Keine Angst, ich habe dir versprochen, dass ihr nichts zustoßen wird und ich halte mein Wort. Ich hole sie da raus“, versprach er und löste sich von ihr, um sich in Windeseile seinen Mantel überzuziehen. Wenn er sein Versprechen halten wollte, durfte er keine Sekunde verlieren, wer wusste, ob Moriartys Männer Sarah nicht schon längst gefunden hatten. „Kann ich nicht mitkommen? Wenn ich hier warte, drehe ich durch…“, sagte Katie plötzlich. „Auf keinen Fall. Ich will dich nicht unnötig in Gefahr bringen. Du bleibst hier bei John“, entschied Sherlock. „Aber…“, setzte sie an, wurde aber von ihm unterbrochen. „Kein aber. Du bleibst hier in Sicherheit. Ich werde sie rechtzeitig finden und retten. Vertrau mir.“ Mit diesen Worten strich er ihr noch einmal sanft durch die Haare, ehe er schließlich verschwand. Als sie die Tür ins Schloss fallen hörte, beschlich sie plötzlich ein ungutes Gefühl, als ob dieser Rettungsversuch nicht gut ausgehen würde. Hastig drehte sie sich zu John um und schaute ihn mit einem flehenden Ausdruck in den Augen an. „Können wir ihm nicht doch nachgehen?“ „Sie haben ihn doch gehört. Sie sollen hier in Sicherheit bleiben“, antwortete John. „Aber ich habe ein ganz ungutes Gefühl. Was ist, wenn ihm etwas passiert?“, fragte Katie und war schon wieder im Begriff panisch zu werden. „Ihm wird nichts passieren. Er weiß, was er tut, glauben Sie mir“, erwiderte John. „Können wir ihm nicht trotzdem folgen? Bitte, John…“, versuchte Katie erneut ihn zu überzeugen. „Ich halte das für keine gute Idee“, gab der Arzt jedoch zurück. „Hören Sie mir zu…ich liebe diesen Mann und wenn ihm etwas zustößt, werde ich mir das niemals verzeihen, weil ich ihn darum gebeten habe, meine Freundin zu retten.“ Katie war schon wieder den Tränen nahe. John stutzte bei ihren Worten. „Sie lieben ihn…?“ „Ja, verdammt noch mal! Ich habe noch nie einen Mann so sehr geliebt wie ihn. Also bitte…lassen Sie uns ihm nachgehen.“ Am Ende konnte Katie ein paar Tränen doch nicht zurückhalten. „Worauf warten wir noch, gehen wir“, sagte John nach kurzem Schweigen, worauf die Braunhaarige aufschaute. „Wirklich…? Sie begleiten mich…?“ „Es geht hier immerhin um meinen besten Freund. Also los, wir haben keine Zeit zu verlieren“, gab John zurück und nahm ihre Hand, worauf er sie mit sich aus der Wohnung zog. „Ich danke Ihnen…“, murmelte Katie noch, ehe sie ihm in die regnerische Nacht hinaus folgte. So schnell sie konnten rannten sie durch die Straßen von London, während Katie ein Stoßgebet gen Himmel schickte, dass Sherlock noch nichts passiert war und sie rechtzeitig bei ihm ankamen. Die Cocktailbar war noch ungefähr drei Straßen entfernt, doch Katie kam es so vor, als ob sie in die nächste Stadt laufen müsste, um ihr Ziel zu erreichen. Was war in der Zwischenzeit alles passiert, seit Sherlock das Haus verlassen hatte und Katie versuchte, John davon zu überzeugen ihm nachzugehen? Sie war sich sicher, dass er die Cocktailbar gefunden hatte, immerhin kannte er Londons Straßen in – und auswendig und sie hatte ihm schon vor längerer Zeit einmal erzählt, wo sich die Bar genau befand. Aber hatten Moriartys Männer sie auch schon längst gefunden? Konnte Sherlock sie überwältigen und Sarah in Sicherheit bringen oder hatten sie den beiden etwas angetan? Vielleicht lagen sie ja blutüberströmt und schwer verletzt in der Cocktailbar und warteten vergeblich auf Hilfe. Was wäre, wenn es tatsächlich so war und bis John und sie ankamen war es schon längst zu spät?! Katie schüttelte energisch den Kopf. Sie musste sich jetzt konzentrieren und durfte sich durch solche Horrorszenarien keine Angst einjagen lassen! So schnell sie konnte rannte sie weiter… Endlich kam die Cocktailbar in Sicht. „Da vorne ist es“, informierte sie John, der daraufhin nur nickte. An ihrem Ziel angekommen blieben die beiden erst einmal stehen. „Wir dürfen jetzt auf keinen Fall voreilig und überstürzt handeln, weil wir nicht wissen, was da drin vor sich geht. Wenn wir jetzt da reingehen, werden Sie sich ruhig verhalten und in meiner Nähe bleiben. Sie werden auf keinen Fall irgendetwas auf eigene Faust unternehmen, haben Sie verstanden?“ Eindringlich schaute John die Braunhaarige neben sich an, die daraufhin mit ernster Miene nickte. „Okay, dann folgen Sie mir“, ordnete der Arzt dann an, worauf er vorsichtig die Tür aufschob. Er vergewisserte sich zuerst, dass die Luft rein war, ehe er Katie hinter sich her winkte und im Inneren der Bar verschwand. Leise schlichen sie durch die Cocktailbar, bis sie plötzlich Stimmen im Hinterzimmer hörten. Katie warf John einen panischen Blick zu, doch der bedeutete ihr ruhig zu bleiben, während er näher an den entsprechenden Raum herantrat. Sie hatten die Tür zum Hinterzimmer gerade erreicht und sie vorsichtig aufgeschoben, um den Überraschungsmoment auf ihrer Seite zu haben, als plötzlich alles ganz schnell ging. Sherlock hatte Sarah gefunden, die sich verängstigt an seinen Arm klammerte. Doch leider waren auch Moriartys Männer schon zur Stelle und bedrohten die beiden mit einer Waffe. Die Drohung galt vermutlich in erster Linie Sarah, die das eigentliche Opfer sein sollte; Sherlock war lediglich ihr lästiger Retter, der Moriartys Schergen dummerweise im Weg stand. Der Dunkelhaarige schien fieberhaft zu überlegen, wie sie wieder heil aus dieser mehr als brenzligen Situation herauskommen könnten, als einer der beiden anderen ihm die Entscheidung abnahm. Denn plötzlich richtete er die Waffe direkt auf Sarah und betätigte den Abzug. Katie sah nur noch, wie Sherlock blitzschnell reagierte und Sarah geistesgegenwärtig zur Seite schubste. Dann herrschte einen Moment eine unheimliche Stille, in der die Zeit still zu stehen schien. Doch plötzlich geriet der Detektiv ins Schwanken und Katie wurde mit Entsetzen bewusst, dass er soeben die Kugel für ihre Freundin Sarah abgefangen hatte und somit selbst getroffen wurde. Im nächsten Moment hörte man nur noch, wie der Dunkelhaarige zu Boden ging und Katies panischen Aufschrei. „SHERLOCK!!!“ Erste Geständnisse ------------------ „SHERLOCK!!!“ Katies entsetzter Ausruf war in der ganzen Bar zu hören. Leider hatte die Braunhaarige nicht bedacht, dass sie dadurch auch die Aufmerksamkeit von Moriartys Männern auf John und sich lenken würde, denn die fuhren jetzt blitzschnell herum und wollten sofort die Waffe auch auf sie abfeuern, als John plötzlich ebenfalls eine Waffe aus seiner Jacke hervorzog und den Angreifern zuvorkam. Auf den ersten ohrenbetäubenden Schuss, der die Bar erschütterte, folgte sogleich ein zweiter, ehe eine unheimliche Stille herrschte. „Die werden niemandem mehr etwas tun“, meinte John, während er die Waffe wieder in seiner Jacke verstaute. „Woher haben Sie die? Und wann haben Sie sie eingesteckt?“, fragte Katie perplex. „Die Waffe gehört mir. Hat Ihnen Sherlock nicht erzählt, dass ich als Soldat und Militärarzt in Afghanistan war?“, stellte John die Gegenfrage. „Das muss ihm wohl entfallen sein“, gab Katie zurück. „Ja, das sieht ihm ähnlich. Jedenfalls dachte ich, dass uns die Waffe vielleicht nützlich wäre, deswegen habe ich sie eingesteckt, bevor wir die Wohnung verlassen haben“, erklärte John. „Das war wohl ein Geistesblitz…“, bemerkte Katie. „Ja…aber jetzt sollten wir uns um Sherlock kümmern“, erwiderte John. „Sie haben Recht“, stimmte sie ihm zu und folgte ihm schließlich schnell zu der Stelle, wo der Detektiv zu Boden gegangen war. Bei dem Dunkelhaarigen und Sarah angekommen, stockte Katie vor Entsetzen der Atem und sie musste sich krampfhaft darum bemühen, nicht augenblicklich in Tränen auszubrechen. Sie hatte gehofft, dass ihn der Schuss vielleicht nur gestreift hätte, doch als sie näher herantrat, stellte sie fest, dass eine hässliche Wunde in seinem Bauch klaffte, die den weißen Stoff seines Hemdes mittlerweile rot gefärbt hatte und dass sich bereits eine beachtliche Blutlache um ihn herum ausgebreitet hatte. „Oh Gott…es ist alles voller Blut…John…helfen Sie ihm doch…!“ Nun konnte sie die Tränen doch nicht mehr zurückhalten. Verzweifelt ließ sie sich neben Sherlock nieder und nahm vorsichtig seine Hand in ihre. Auch John ging neben dem Detektiv in die Knie und verschaffte sich einen ersten Überblick über dessen Zustand. „Er ist doch nicht tot, oder?! Bitte sagen Sie mir, dass er nicht tot ist!“ Ein neuer Anflug von Panik schwang in ihrer Stimme mit, während sie Sherlocks Hand krampfhaft umklammerte. „Katie, bitte beruhigen Sie sich. Er ist nicht tot, aber sein Zustand ist extrem schlecht. Ich kann ihm nicht helfen, dazu fehlen mir die Mittel. Bleiben Sie bei ihm, ich sehe kurz nach Ihrer Freundin und rufe sofort einen Krankenwagen“, meinte John dann, bevor er aufstand und sich einen Moment suchend umschaute. Als er gefunden hatte, wonach er offensichtlich suchte, verließ er den Raum, ehe er nach kurzer Zeit zurückkam und Katie einen Stapel Geschirrhandtücher in die Hand drückte. „Hier, drücken Sie das auf seine Wunde, damit nicht noch mehr Blut daraus hervortritt.“ Katie nickte nur und nahm die Handtücher entgegen, worauf sie Johns Anweisung befolgte und sie vorsichtig auf Sherlocks Wunde drückte. Der Arzt beobachtete sie noch einen Moment, ehe er den Rettungswagen verständigte und dann zu Sarah hinüber ging, die sich verängstigt in einer Ecke zusammengekauert hatte. Die Zeit, bis der Krankenwagen eintraf, kam Katie vor wie eine Ewigkeit. Sie saß immer noch neben Sherlock und drückte ein Geschirrhandtuch nach dem anderen auf seine Wunde; wenn eines blutdurchtränkt war, schmiss sie es in die Ecke und nahm das nächste zur Hand. „Komm schon…du musst irgendwie durchhalten. Wehe du stirbst mir hier unter den Händen weg, Sherlock Holmes. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit dir zu sagen, dass ich dich liebe. Ich habe noch nie einen Mann so sehr geliebt wie dich…es ist mir egal, ob andere denken, dass du arrogant und gefühlskalt bist und es spielt keine Rolle, ob sie dich für einen Freak oder Psychopathen halten, ich liebe dich so wie du bist, mit allen Ecken und Kanten und es ist furchtbar für mich, dass ich es dir bisher noch nicht sagen konnte. Also bitte…tu mir das nicht an, Sherlock…bleib bei mir…“ Ihre Stimme war immer brüchiger geworden, bis ihr schließlich wieder die Tränen über die Wangen liefen. Plötzlich spürte Katie eine Hand, die sich sanft und beruhigend auf ihre Schulter legte. Die Braunhaarige zuckte kurz zusammen und schaute auf. John war wieder zu ihr getreten. „Machen Sie sich keine Sorgen. Diese Worte mögen ein schwacher Trost für Sie sein, aber ich bin mir sicher, dass er es schaffen wird. Ich kenne Sherlock. Er ist der hartnäckigste Mensch, den ich kenne. Ihn kriegt keiner so schnell klein. Deswegen müssen auch Sie daran glauben, dass er es schafft“, meinte der Arzt mit einem aufmunternden Lächeln. Katie sagte einen Moment nichts, doch dann lächelte sie auch ein wenig. „Danke, John…“ Im nächsten Moment flackerte blaues Licht auf, als endlich der Krankenwagen eintraf und mit quietschenden Reifen vor der Cocktailbar zum Stehen kam. John richtete sich wieder auf und ging den Rettungskräften entgegen, um sie gleich zu Sherlock führen zu können, denn mittlerweile konnte jede Minute entscheidend sein. Kurz darauf stürmten die Sanitäter auch schon ins Hinterzimmer und ließen sich neben dem verletzten Detektiv nieder, um die Erstversorgung vorzunehmen, nachdem Katie ihnen Platz gemacht hatte. Keine fünf Minuten später legten die Rettungskräfte den Dunkelhaarigen auf eine Trage, um ihn in den Krankenwagen zu bringen, ehe zwei Sanitäter nach Sarah sahen und kurzerhand beschlossen, dass sie ebenfalls ins Krankenhaus gebracht werden sollte, da sie ihren Schockzustand offensichtlich noch immer nicht überwunden hatte. Kurz bevor sie sich ebenfalls auf den Weg zum Krankenwagen machten, hielt Katie sie auf. „Kann ich bitte auch mitfahren?“, fragte sie hoffnungsvoll. „Sind Sie eine Angehörige?“, stellte einer der Sanitäter die Gegenfrage. „Ich bin gewissermaßen Sherlock Holmes‘ Freundin“, antwortete Katie. Die beiden Sanitäter sahen sich kurz an, doch dann nickte der eine zustimmend. „Also gut, kommen Sie mit.“ „Vielen Dank. Kommen Sie auch mit?“ Fragend wandte sich Katie an John. „Ich fahre erst einmal nach Hause und hole Sherlock ein paar Sachen, die er brauchen wird. Wenn Sie bei ihm sind, ist er ja in den besten Händen. Ich komme später nach“, erwiderte John. „Also gut, dann bis später“, gab Katie zurück, ehe sie den Sanitätern zum Krankenwagen folgte. Dort angekommen ging sie sofort wieder zu Sherlock, der mittlerweile an sämtliche Monitore angeschlossen war, die seine Vitalfunktionen überwachen sollten. Vorsichtig nahm sie wieder seine Hand in ihre eigene und streichelte sanft darüber, während sich der Krankenwagen unter Einsatz von Blaulicht und Sirenen in Bewegung setzte. Katies Blick ruhte auf Sherlocks Gesicht, das beunruhigend blass wirkte. Seine Augen waren geschlossen, es hätte sie auch gewundert, wenn er unter diesen Umständen bei Bewusstsein gewesen wäre. Seine Atmung war viel zu flach und sie befürchtete, dass sie jeden Moment einfach aussetzen könnte. Ihr Griff um seine Hand wurde fester, als sie innerlich ein stummes Gebet gen Himmel schickte, dass ihm nichts passieren und er das alles heil überstehen würde. „Bitte halt durch, Sherlock. Du darfst auf keinen Fall sterben, hörst du?“ Katie blinzelte aufkommende Tränen weg und umklammerte seine Hand noch fester. „Machen Sie sich keine Sorgen, Miss.“ Die Braunhaarige schaute auf und entdeckte einen der Sanitäter neben sich. „Heißt das, er kommt durch?“, fragte sie hoffnungsvoll und wischte sich über die Augen. „Sein Zustand ist nach wie vor sehr kritisch, aber dennoch stehen die Chancen gut, dass er überleben wird“, antwortete der Sanitäter. „Oh mein Gott, danke…“, murmelte Katie und konnte ein paar Tränen nun doch nicht mehr zurückhalten. „Ist schon gut. Bleiben Sie bei ihm. Wir sind gleich im Krankenhaus“, sagte der Sanitäter dann, worauf Katie nickte und Sherlocks Hand wieder fester umschloss. Kurze Zeit später kamen sie am Krankenhaus an. Der Rettungswagen hielt direkt vor der Notaufnahme, wo bereits zwei Krankenschwestern warteten, die während der Fahrt verständigt worden waren. Sie waren gerade ausgestiegen und hatten Sherlock und Sarah ebenfalls aus dem Wagen geholt, als zwei Ärzte hinzukamen, um sich ein erstes Bild von den Patienten zu machen. Einer der Mediziner nahm Sarah mit sich, um sicherzustellen, dass ihr nichts fehlte, von ihrem anhaltenden Schock einmal abgesehen. Der andere überprüfte gerade Sherlocks Zustand, ehe er sich an die beiden Krankenschwestern wandte. „Wir müssen sofort den OP vorbereiten. Sagen Sie oben Bescheid.“ Die Krankenschwester nickte nur und verschwand, um alles in die Wege zu leiten. Katie hatte gehört, was er gesagt hatte und erneut fuhr ihr der Schreck in die Glieder. Stand es etwa doch schlechter um ihn, als sie dachte?! Schnell ging sie auf den Arzt zu und packte ihn am Ärmel; Panik spiegelte sich in ihrem Blick wider. „Ist es etwa so schlimm? Sie können ihm doch helfen, oder? Bitte sagen Sie mir, dass Sie ihn retten können!“ Katie war beinahe hysterisch. Der Arzt schaute sie einen Moment wortlos an, doch dann umschloss er ihre Hand und löste sanft ihre verkrampften Finger aus dem Stoff seines Kittels. „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht.“ Mit diesen Worten setzte sich der Arzt in Bewegung und winkte die Sanitäter hinter sich her, die ihm gemeinsam mit Sherlock folgten. Katie schaute ihnen nach und betete inständig, dass sie ihren geliebten Detektiv wohlbehalten wiedersehen würde. Da es doch keinen Sinn hatte, sich vor dem Krankenhaus die Beine in den Bauch zu stehen und wie in Trance auf den Eingang zur Notaufnahme zu starren, beschloss Katie irgendwann in den Wartebereich zu gehen und dort erst mal auf John zu warten, der sicher bald eintreffen würde. Tatsächlich stieß er ungefähr zehn Minuten später zu ihr. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich musste zuerst Mrs. Hudson Rede und Antwort stehen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich sie beruhigen konnte. Dann hat auch noch Mycroft angerufen und zu allem Überfluss stand das Taxi mindestens eine viertel Stunde im Stau“, entschuldigte sich John, als er bei Katie ankam. „Ist schon gut. Ich habe mir schon gedacht, dass Mrs. Hudson Sie aufhalten würde“, gab die Braunhaarige zurück. „Hat man schon etwas von Sherlock gehört?“, erkundigte sich John dann, worauf Katie niedergeschlagen den Kopf schüttelte. „Nein, bis jetzt noch nicht. Als wir hier ankamen, wurde er sofort in den OP gebracht. Sie operieren noch…“, antwortete sie leise. „Verstehe…dann können wir im Augenblick wohl nichts anderes tun als warten…“, erwiderte John. „Ja…es sieht ganz danach aus…ich mache mir solche Vorwürfe…er ist nur in die Bar gegangen, weil ich ihn darum gebeten habe. Es wäre sicher besser gewesen, wenn ich gleich Inspector Lestrade informiert hätte. Dann wäre Sherlock nichts passiert und er wäre jetzt nicht hier…oh Gott…wenn er stirbt, werde ich mir das niemals verzeihen…“ Verzweifelt ließ sich Katie auf eine der Sitzgruppen sinken und vergrub das Gesicht in ihren Händen, worauf John neben sie kam und ihr beruhigend einen Arm um die Schultern legte. „Hören Sie auf, sich die Schuld dafür zu geben. Sie können doch nichts dafür. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er auch dann losgestürmt wäre, wenn Sie zuerst Lestrade Bescheid gesagt hätten. Wie ich Sherlock kenne, hätte ihn das nicht aufgehalten. Ich bin mir auch sicher, dass er alles gut überstehen wird, er wird nicht sterben, also bitte beruhigen Sie sich, Katie“, redete John ihr gut zu. „Ich versuche es schon die ganze Zeit…aber ich habe einfach Angst und ich kann es nicht abstellen…ich will ihn nicht verlieren…ich liebe ihn doch…“ In diesem Moment verabschiedete sich auch noch das letzte bisschen Selbstbeherrschung, das Katie noch besessen hatte, sodass sie erneut in Tränen ausbrach und sich verzweifelt an John klammerte. Der Arzt ließ es zu und konnte nichts anderes tun, als sie festzuhalten und ihr beruhigend über den Rücken zu streicheln, in der Hoffnung, dass sie sich bald wieder beruhigen und Sherlock wirklich alles gut überstehen würde. Die Minuten schlichen nur so dahin und Katie hatte mehr denn je das Gefühl vor Angst durchzudrehen. Immer wieder huschten ihre Augen suchend über den Flur, in der Hoffnung, dass sie einen Arzt oder Sanitäter entdecken würde, der ihr vielleicht schon etwas Näheres über Sherlocks Zustand sagen könnte, doch der Gang wirkte wie leergefegt. Sie hatte sich mittlerweile wieder beruhigt, aber dennoch war die Angst geblieben, die sie immer noch um Sherlock hatte. „Wie geht es eigentlich Ihrer Freundin Sarah? Haben Sie schon etwas von ihr gehört?“ Johns Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Ja, als ich vorhin auf Sie gewartet habe, war ein Arzt bei mir und hat mich über ihren Zustand informiert. Sie hat zum Glück keine ernsthaften Verletzungen, aber sie steht nach wie vor unter Schock. Die Ärzte haben ihr offensichtlich etwas zur Beruhigung gegeben und jetzt schläft sie. Ich kann nachher zu ihr gehen“, berichtete Katie. „Gut…dann hat wenigstens eine diese Geschichte halbwegs unbeschadet überstanden“, erwiderte John, worauf Katie zustimmend nickte. Dann herrschte kurz Stille zwischen ihnen, ehe die Braunhaarige wieder die Stimme erhob. „Wieso haben Sie Ihre Meinung eigentlich plötzlich geändert, als ich Sie gebeten habe, Sherlock zu folgen?“ Fragend schaute Katie den Arzt neben sich an. John schwieg einen Moment, bevor er ihr antwortete. „Weil Sie gesagt haben, dass Sie ihn lieben.“ „Ist es etwa so abwegig Sherlock Holmes zu lieben?“, fragte sie daraufhin. „In gewisser Weise schon. Die meisten Menschen kommen nicht besonders gut mit Sherlock klar. Ich meine, klar ist er arrogant und besserwisserisch. Er liebt es, sein Wissen zu demonstrieren und andere dumm dastehen zu lassen. Er hat nicht besonders viel Taktgefühl, stapft in jedes Fettnäpfchen und achtet nicht sonderlich darauf, ob er andere mit seinen Kommentaren verletzt. Viele halten ihn für einen Freak oder Psychopathen und von Nähe oder gar Liebe hält er nicht viel, aber dennoch ist er für diejenigen da, die ihm nahe stehen. Für die wenigen Leute, die er seine Freunde nennt, würde er alles tun. Gerade ich habe ihn als meinen besten Freund zu schätzen gelernt und weiß, wie ich mit seiner schrägen Art umgehen muss. Aber das wissen nicht viele und bisher gab es noch keine Frau, die ihn um seinetwillen geliebt hat, so wie er ist, mit all seinen Eigenheiten. Doch als Sie gesagt haben, dass Sie ihn lieben, habe ich sofort gemerkt, dass Sie es ernst meinen und es Ihnen wirklich wichtig ist, dass ihm nichts passiert“, antwortete John. „Ich verstehe…vielleicht haben Sie Recht, dass er seine Eigenheiten hat, aber trotzdem hat er mir bis jetzt immer das Gefühl gegeben, dass ich bei ihm sicher bin und ich mich auf ihn verlassen kann“, meinte Katie daraufhin. „Das zeigt Ihnen, dass Sie ihm nicht egal sind. Sie sind die erste Frau, bei der er so viel Nähe zulässt und wenigstens ansatzweise Gefühle zeigt. In gewisser Weise haben Sie ihn ein wenig verändert, im positiven Sinn“, gab John zurück. „Ja, schon möglich…aber denken Sie, dass die Chance besteht, dass er meine Gefühle erwidert? Dass er mich vielleicht auch liebt?“, fragte Katie mit einem hoffnungsvollen Unterton in der Stimme. „Ich denke schon. Er war in letzter Zeit so durch den Wind, dass ich der Meinung bin, dass er Ihre Gefühle tatsächlich erwidert, er will es sich nur noch nicht so ganz eingestehen, aber wenn Sie mich fragen, ist das nur noch eine Frage der Zeit. Also machen Sie sich keine Gedanken. Das wird schon“, meinte John lächelnd. „Na gut, wenn Sie das sagen“, erwiderte Katie und lächelte ebenfalls. Plötzlich hörten sie Schritte auf dem Korridor und im nächsten Moment erblickte Katie einen Arzt, der direkt auf sie zukam. Sofort stand die Braunhaarige auf und ging ihm entgegen. „Können Sie mir etwas über den Zustand von Sherlock Holmes sagen? Wird er durchkommen?“, fragte sie auch gleich, als sie bei ihm angekommen war. Der Arzt schaute sie einen Moment an, doch dann lächelte er. „Seien Sie unbesorgt. Er hat die Operation gut überstanden. Er wird es schaffen und wieder ganz gesund werden.“ Katie stand einen Moment regungslos da, doch dann drehte sie sich zu John um, der ihr nachgekommen war und fing erneut an zu weinen, diesmal jedoch vor Erleichterung. „Haben Sie das gehört, John? Er wird es schaffen.“ „Ja, ich habe Ihnen doch gesagt, dass er es heil überstehen wird. Jetzt müssen Sie keine Angst mehr haben“, antwortete John lächelnd, aber dennoch fühlte auch er sich in diesem Augenblick unglaublich erleichtert. Katie nickte unter Tränen und wandte sich wieder dem Arzt zu. „Ich danke Ihnen. Danke, dass Sie ihn gerettet haben“, sagte sie dann und musste sich beherrschen, um dem Mediziner nicht um den Hals zu fallen. „Schon in Ordnung, wenn Sie wollen, können Sie jetzt zu ihm“, meinte der Arzt daraufhin. „Ja, ich möchte ihn sehen. Kommen Sie auch mit?“ Fragend wandte sich Katie an John. „Gehen Sie ruhig schon vor. Ich werde schnell Mrs. Hudson und Mycroft anrufen und ihnen Bescheid sagen. Immerhin machen sie sich auch Sorgen. Ich komme gleich nach“, versprach John. „In Ordnung, dann bis gleich“, sagte Katie noch, ehe sie dem Arzt schließlich den Gang hinunter folgte. Schweigend liefen sie mehrere Korridore entlang, bis der Arzt irgendwann vor einer Tür stehen blieb, die zu einem Krankenzimmer führte. „Vielen Dank. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll“, sagte Katie noch einmal, während sie die Türklinke ergriff. „Ist schon in Ordnung. Sie sollten zu ihm gehen und rufen Sie mich, wenn etwas sein sollte.“ Mit diesen Worten lächelte der Arzt ihr noch einmal zu, bevor er schließlich wieder verschwand. Katie sah ihm einen Moment nach, bevor sie sich wieder der Tür zuwandte, die zu Sherlocks Zimmer führte. Sie atmete noch einmal tief durch, ehe sie schließlich die Klinke nach unten drückte und das Krankenzimmer betrat. Ihr Blick fiel sofort auf den Detektiv, der im einzigen Bett des Zimmers lag. Er war immer noch an sämtliche Geräte angeschlossen und eine Infusion tropfte stetig vor sich hin, aber seine Gesichtszüge waren nun viel entspannter als sie es im Krankenwagen gewesen waren. Zum ersten Mal in dieser Nacht empfand Katie bei seinem Anblick Erleichterung. Langsam kam die Braunhaarige näher zu ihm und setzte sich neben sein Bett, bevor sie vorsichtig seine Hand mit ihrer eigenen umschloss. Sie erwartete keine Reaktion von ihm, da er immer noch schlief, die Narkose schien ihm noch in den Knochen zu stecken, aber dennoch hatte sie irgendwie die Hoffnung, dass er es im Unterbewusstsein vielleicht spüren würde. „Ich bin so froh, dass du wieder gesund wirst…ich wüsste gar nicht, was ich ohne dich machen sollte…jetzt wird alles wieder gut“, sagte Katie mit einem Lächeln auf den Lippen in die Stille hinein, während sie sanft über seine Finger strich. In diesem Moment ging die Tür auf und John kam herein, der ihren letzten Satz noch gehört hatte. „Da haben Sie Recht. Er sieht schon ein ganzes Stück besser aus als vorher“, meinte er, während er sich auf die andere Seite des Bettes setzte. „Allerdings, er ist jetzt viel entspannter“, stimmte sie zu und strich weiterhin über seine Hand. „Haben Sie Mrs. Hudson und Mycroft erreicht?“ „Ja, Mrs. Hudson war den Tränen nahe, als ich ihr gesagt habe, dass alles in Ordnung ist. Mycroft war auch erleichtert, allerdings hat er seine Emotionen besser im Griff und zeigt sie nicht unbedingt. Aber ich denke, dass sie in den nächsten Tagen mal vorbeikommen werden. Mit diesen Verletzungen wird Sherlock sicher nicht so schnell entlassen“, antwortete John. „Das ist auch gut so. Er soll sich von diesem Angriff erst einmal erholen“, erwiderte Katie. „Dann hoffen wir mal, dass er das auch tun wird. Erholung ist für Sherlock manchmal ein Fremdwort. Wenn er an einem Fall dran ist erst recht“, erzählte John. „Mag sein, aber in diesem Fall wird er sich erholen. Dafür sorge ich schon, machen Sie sich keine Gedanken“, erwiderte Katie lächelnd. „Ich habe vollstes Vertrauen in Sie“, gab John ebenfalls lächelnd zurück. Es herrschte kurz Stille zwischen ihnen, doch plötzlich regte sich Sherlock und schlug kurz darauf die Augen auf. Im ersten Moment schaute er sich benommen um und schien sich zu fragen, wo er war und wie er hierhergekommen war, doch dann entdeckte er John und Katie neben sich. „John…Katie…seid ihr das…?“, fragte er sicherheitshalber noch einmal nach; seine Stimme klang schwach und war kaum mehr als ein Flüstern. „Sherlock…du bist wach“, stellte Katie erleichtert fest. „Wie fühlen Sie sich?“, erkundigte sich John. „Schrecklich…als ob eine ganze Elefantenherde über mich hinweg getrampelt wäre“, antwortete Sherlock leise. „Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber mach dir keine Sorgen, die Ärzte sagen, dass alles wieder in Ordnung kommt und du wieder ganz gesund wirst“, meinte Katie mit einem aufmunternden Lächeln. „Daran habe ich keinen Zweifel. Aber was ist genau passiert? Wie bin ich hierhergekommen? Ich kann mich nur noch an den Schuss erinnern und habe noch mitbekommen, dass du mit John in die Bar gekommen bist. Es kam mir auch so vor, als ob du nach mir rufen würdest…dann war auf einmal alles schwarz“, erinnerte sich Sherlock. „Es ist dir nicht nur so vorgekommen. Ich habe wirklich nach dir gerufen. Nachdem du gegangen warst, hatte ich so ein merkwürdiges Gefühl, als ob dir etwas zustoßen würde…deshalb habe ich John dazu überredet dir zu folgen. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir etwas passiert wäre, weil ich dich darum gebeten habe, Sarah zu retten…als wir in der Bar ankamen, hatten Moriartys Männer euch bereits aufgespürt. Ich musste mich wirklich beherrschen, um nicht gänzlich in Panik zu verfallen, als ich bemerkte, dass sie euch mit einer Waffe bedrohten. Und als dann dieser Schuss fiel und du Sarah zur Seite gestoßen hast, sodass die Kugel dich traf, war ich so erschrocken, dass ich nach dir gerufen habe…John hat Moriartys Handlanger ausgeschaltet und als ich dann endlich zu dir kam, war da so viel Blut, dass ich dachte, du seist tot…John hat sofort den Krankenwagen verständigt, während ich versucht habe, deine Blutung zu stoppen. Ich bin dann im Krankenwagen mit hierher gefahren. Die Ärzte haben dich sofort mitgenommen, um dich zu operieren und ich hatte furchtbare Angst, dass du sterben würdest…oh mein Gott…dabei wüsste ich doch gar nicht, was ich ohne dich machen sollte…“ Am Ende waren Katie wieder die Tränen gekommen und ihr Griff um Sherlocks Hand wurde ein wenig fester. Der Dunkelhaarige hätte gerne die Hand gehoben, um ihr die Tränen aus den Augen zu streichen, doch er fühlte sich zu schwach dazu, dennoch schaffte er es, den Druck ihrer Finger leicht zu erwidern. „Bitte hör auf zu weinen, Katie…es ist doch alles gut…du musst jetzt keine Angst mehr haben“, sagte er leise. „Zum Glück…ohne dich wäre ich doch total hilflos und verloren…ich will dich auf keinen Fall verlieren…“, schluchzte sie. „Das wirst du doch gar nicht, also beruhige dich bitte…“, murmelte Sherlock und drückte ihre Hand noch etwas fester, worauf sie unter Tränen ein leichtes Lächeln zu Stande brachte. „Tut mir leid…ich weiß, dass du es eigentlich nicht magst, wenn ich weine…aber ich bin einfach so unglaublich erleichtert, nachdem ich diese Ängste ausgestanden habe“, murmelte Katie und wischte sich mit ihrer freien Hand über die Augen. „Ist schon in Ordnung. Ich würde an deiner Stelle auch nicht anders reagieren. Also lass es ruhig raus“, gab Sherlock zurück. Katie gab daraufhin keine Antwort; die erneut aufkommenden Tränen machten jegliches Sprechen einfach unmöglich. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Braunhaarige wieder beruhigt hatte. „Geht es dir jetzt besser?“, fragte Sherlock, als auch die letzte Träne versiegt war. „Ja, danke…“, murmelte Katie und wischte sich noch einmal über die Augen, um die zurückgebliebenen Tränenspuren zu beseitigen. „Gut…“, murmelte Sherlock und schloss die Augen. Mit der Zeit spürte Katie, wie sein Griff um ihre Hand lockerer wurde, was ihr signalisierte, dass er offenbar wieder eingeschlafen war. „Er schläft wieder…“, stellte sie fest. „Das war zu erwarten. Er ist immer noch sehr erschöpft“, antwortete John. „Ja, ich weiß…“, murmelte Katie. „Wollen Sie nicht mal nach Sarah sehen?“, fragte der Arzt dann. „Und was ist mit Sherlock?“, gab sie zurück. „Keine Sorge. Bei mir ist er in den besten Händen“, versprach John. „Also gut. Ich sollte wirklich mal nachsehen, wie es ihr geht“, stimmte Katie schließlich zu und stand auf. An der Tür drehte sie sich allerdings noch einmal um. „Bis später“, sagte sie dann und lächelte dem Arzt zu, ehe sie das Zimmer verließ und sich auf den Weg zu ihrer Freundin machte. Etwa eine Stunde später kam Katie zurück, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Sarah sich bereits ein bisschen von dem Schock erholt hatte. John war wie versprochen nicht von Sherlocks Seite gewichen, doch als Katie sich wieder zu ihm gesellte, stand der Arzt auf. „Wohin gehen Sie?“, wollte die Braunhaarige wissen. „Ich werde mal nach Hause fahren und Mrs. Hudson Bericht erstatten. Ich bin mir sicher, dass sie bereits auf glühenden Kohlen sitzt“, antwortete John. „Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Wir sollten ihre Nerven nicht unnötig strapazieren“, gab Katie ihm Recht. „Dieser Meinung bin ich auch und jetzt, wo Sie wieder da sind, ist Sherlock ja auch nicht allein“, meinte John. „Nein, ich bleibe bei ihm. Aber Sie können sich zu Hause ruhig ein bisschen ausruhen“, erwiderte Katie. „Sind Sie sicher?“ Fragend schaute der Arzt sie an. „Ja, keine Sorge. Ich halte hier die Stellung“, versicherte Katie. „Also gut, wenn doch etwas sein sollte, melden Sie sich“, sagte John daraufhin. „Mach ich“, versprach die Braunhaarige. „Gut, dann sehen Sie zu, dass Sie auch etwas Ruhe finden. Bis morgen früh.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich John und verließ schließlich das Krankenhaus. Nachdem er gegangen war, nahm Katie wieder ihren Platz neben Sherlocks Bett ein. Vorsichtig nahm sie seine Hand in ihre und streichelte sie sanft, während ihr Blick auf seinem Gesicht ruhte, das zu ihrer Erleichterung entspannt wirkte. Sie betrachtete ihn eine ganze Weile, bis sie plötzlich merkte, dass auch sie langsam müde wurde. Eigentlich wollte sie wach bleiben, um sicherzugehen, dass mit dem Detektiv auch wirklich alles in Ordnung war, doch irgendwann konnte sie sich nicht länger wach halten, sodass sie ihren schweren Lidern nachgab und schließlich einschlief. Als Katie wieder aufwachte, spürte sie, dass ihr jemand sanft durch die Haare streichelte. Langsam machte sie die Augen auf und stellte sogleich fest, dass sie mit dem Kopf auf dem Krankenbett lag; sie musste in der Nacht wohl irgendwann eine bequemere Position gesucht haben. „Na, bist du wach?“ Als sie Sherlocks vertraute Stimme hörte, wurde ihr klar, dass nur er es sein konnte, der ihr sanft durch die Haare streichelte. „Sherlock…wie fühlst du dich?“, fragte sie sofort und setzte sich langsam wieder auf, wodurch er das Streicheln unterbrach. „Mir tut immer noch alles weh…ansonsten den Umständen entsprechend. Weißt du zufällig, wann ich hier raus kann?“ Fragend schaute der Detektiv sie an. „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du wurdest heute Nacht niedergeschossen und wärst beinahe gestorben und dann sprichst du jetzt schon von Entlassung?!“, fragte Katie ungläubig. „Ich kann nicht ewig hier liegen bleiben. Ich habe einen Fall zu lösen und muss Moriarty schnappen“, gab Sherlock zurück. „Du wirst so lange hier bleiben, wie es nötig ist. John hat mir bereits erzählt, dass du nicht so viel davon hältst dich zu schonen. Aber du wirst dich schön an die ärztlichen Anweisungen halten, sonst gibt es Ärger. Also denk nicht mal an eine vorzeitige Entlassung“, fuhr Katie ihn an. Der Dunkelhaarige wirkte etwas überrascht, offensichtlich hatte er mit einer solch heftigen Reaktion nicht gerechnet. Auch die Braunhaarige merkte jetzt erst, wie heftig sie auf seine Worte reagiert hatte. „Tut mir leid…aber ich mache mir einfach Sorgen um dich…“, sagte sie dann wieder ruhiger. „Ist schon gut. Ich weiß, dass du dir Sorgen machst. Es ist auch beruhigend, dass es außer John noch jemanden gibt, der um mich besorgt ist“, erwiderte Sherlock mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Um dich muss man sich ja auch ständig Sorgen machen“, murmelte Katie. „Ich weiß, tut mir leid“, entgegnete Sherlock und strich ihr noch einmal sanft durch die Haare. Dann herrschte kurz Stille, ehe der Detektiv wieder das Wort ergriff. „Wieso bist du mir heute Nacht eigentlich gefolgt?“ „Nachdem du gegangen warst, hatte ich so ein merkwürdiges Gefühl…ich hatte plötzlich so eine Ahnung, dass dir irgendetwas passieren würde. Deswegen habe ich John dazu überredet dir nachzugehen. Mein Gefühl hat mich ja auch nicht getäuscht, ohne uns hätten euch diese Typen sicher umgebracht…ich will gar nicht daran denken, wie es ausgegangen wäre, wenn wir zu Hause geblieben oder zu spät gekommen wären. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich hätte tun sollen…“, antwortete Katie. „Verstehe…ich war zuerst erschrocken, als ich euch entdeckt habe, weil ich Angst hatte, dass ihr auch verletzt werden könntet. Aber im Nachhinein bin ich froh, dass ihr aufgetaucht seid. Ihr habt uns dadurch vermutlich das Leben gerettet und dafür bin ich dir sehr dankbar, Katie“, erwiderte Sherlock. „Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Ich hätte dich niemals im Stich gelassen“, versicherte ihm Katie lächelnd. „Das hast du schön gesagt.“ Sherlock lächelte ebenfalls. „Aber ich möchte mich auch bei dir bedanken“, sagte Katie dann. „Wofür denn?“, wollte Sherlock wissen. „Dass du Sarah gerettet hast. Du hast ihr geholfen, weil ich dich darum gebeten habe, obwohl sie noch nicht einmal deine Klientin ist“, erwiderte Katie. „Das war doch selbstverständlich. Ich habe dir versprochen, sie zu beschützen und ich wollte unbedingt das Versprechen halten, das ich der Frau gegeben habe, die ich mehr als alles andere liebe…“, gab Sherlock leise zurück. Einen Moment herrschte eine unheimliche Stille, in der die Worte des Dunkelhaarigen zu ihr durchdrangen. Hatte sie das gerade richtig verstanden? Er liebte sie?! Sherlock Holmes liebte sie?! Das war genau das, was sie sich die ganze Zeit gewünscht hatte und woran sie schon fast nicht mehr glaubte, doch in diesem Moment, als er das sagte, konnte sie ihr Glück kaum fassen. „Du liebst mich…?“, fragte sie noch einmal nach, nicht dass sie am Ende wieder eingeschlafen war und das nur geträumt hatte. „Ja, ich liebe dich. Mir war noch nie eine Frau so wichtig wie du. Ich habe mich immer nur auf meine Arbeit konzentriert und hielt Liebe lediglich für einen chemischen Defekt, aber als du kamst, hast du meine Vorsätze regelrecht über den Haufen geworfen. Anfangs warst du für mich wirklich nur eine Klientin, aber ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dich beschützen zu müssen. Ich hatte Angst, dass Moriarty dir etwas tun könnte und wollte das um jeden Preis verhindern. Zuerst habe ich es noch darauf geschoben, dass ich versprochen hatte, dir zu helfen und diese Mordfälle um den Countdown zu lösen, aber als wir dann im Tower zusammen getanzt haben, wurde mir klar, dass da noch mehr zwischen uns ist. Ich wollte es mir nur nicht so recht eingestehen. John hat mich natürlich sofort durchschaut, aber ich bin ihm immer ausgewichen und habe es abgestritten, dich zu lieben, obwohl ich schon längst wusste, dass er Recht hatte. Und als du dann so verzweifelt wegen Sarah warst, wurde mir noch mehr bewusst, dass ich dich auf keinen Fall unglücklich sehen wollte. Ich wollte mein Versprechen unbedingt halten, weil mir zu diesem Zeitpunkt erst richtig klar wurde, wie sehr ich dich liebe. Ich wusste nur nicht so recht, wie ich es dir sagen sollte“, erzählte Sherlock. Katie hatte ihm aufmerksam zugehört und fiel ihm schließlich um den Hals, als er geendet hatte. „Oh mein Gott, Sherlock…du weißt gar nicht, wie glücklich ich bin…ich habe schon fast nicht mehr daran geglaubt…ich liebe dich auch…“, murmelte sie. „Das weiß ich doch. Es war dir deutlich anzumerken“, antwortete er leise und hielt sie fest. „Dass du aber auch immer alles durchschauen musst“, erwiderte Katie leise lachend. „Aber das heißt doch jetzt, dass ich offiziell zu dir gehöre und bei dir bleiben kann, oder?“ „Ja, das heißt es. Ich lasse dich jetzt sicher nicht mehr gehen und werde noch besser auf dich aufpassen“, versprach Sherlock. „Das hört sich gut an“, gab Katie zurück, worauf sie sich einen Moment wortlos anschauten, ehe der Dunkelhaarige sie noch näher zu sich zog und sich ihre Lippen trafen. Sie waren so sehr in den Kuss vertieft, dass sie gar nicht mitbekamen, wie die Tür aufging und John herein kam, da es mittlerweile schon Morgen war und er sehen wollte, wie es seinem besten Freund ging. Als er jedoch bemerkte, was sich vor seinen Augen abspielte, blieb er wie angewurzelt stehen. „Habe ich etwas verpasst?“, fragte er, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. Sofort lösten sich die beiden voneinander und richteten ihren Blick auf den Besucher. „Guten Morgen, John. Sie haben nicht viel verpasst. Abgesehen davon, dass Katie nun offiziell zu mir gehört“, antwortete Sherlock. „Das wurde ja auch langsam mal Zeit. Sehen Sie, ich habe Ihnen doch gleich gesagt, dass Sie mehr für sie empfinden, als Sie zugeben“, meinte John schmunzelnd. „Ist ja schon gut. Sie hatten tatsächlich Recht“, gab Sherlock zu und verdrehte die Augen. „Ich freue mich für Sie beide. Aber Ihnen ist hoffentlich klar, dass Moriarty nun erst recht Jagd auf sie machen wird“, gab John dann zu bedenken. „Ja, das ist mir bewusst. Deswegen werde ich jetzt umso besser auf sie aufpassen“, erwiderte Sherlock. „Daran habe ich keinen Zweifel“, gab John zurück. „Vielleicht sollten Sie aber dennoch mal mit Lestrade über den Vorfall gestern Nacht reden. Ich habe keine Lust auf eine Wiederholung, wenn Moriarty herausfindet, dass sein Plan fehlgeschlagen ist. Wir müssen unbedingt herausfinden, ob sich noch mehr seiner Handlanger hier in der Nähe aufhalten“, meinte Sherlock. „Sie haben Recht. Ich mache mich unverzüglich auf den Weg. Ich komme später wieder“, sagte John daraufhin und verabschiedete sich. „Hoffentlich geht das alles gut…“, murmelte Katie, als die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. „Mach dir keine Sorgen. Es kommt alles in Ordnung“, versprach Sherlock und küsste sie sanft auf die Stirn. „Na gut, ich vertraue dir“, erwiderte Katie lächelnd und schmiegte sich näher an ihn, worauf der Detektiv zustimmend nickte und anfing, ihr wieder sanft durch die Haare zu streicheln. Vier Wochen später konnte Sherlock das Krankenhaus wieder verlassen. Seine Verletzungen waren weitestgehend verheilt, auch wenn er sich eigentlich noch etwas schonen musste. Doch kaum hatten sie die Wohnung in der Baker Street betreten, klingelte sein Handy und Lestrade war am anderen Ende. Sherlock redete einen Moment mit ihm, ehe er auflegte und sich seinen Mantel wieder überzog, den er soeben an den Haken hinter der Tür gehängt hatte. „Wir fahren zu Scotland Yard. Lestrade will uns sehen“, meinte er und machte sich auf den Weg zur Straße, um ein Taxi zu rufen. Katie seufzte innerlich und folgte ihm schließlich. Es ging also wieder los! Blutrote Weihnachten -------------------- Nachdem Inspector Lestrade sie über die Identität der beiden mysteriösen Männer, die John in der Cocktailbar erledigt hatte und die offensichtlich tatsächlich unmittelbare Kontaktleute von Moriarty waren, informiert hatte, gab es in den nächsten Tagen und Wochen keine besonderen Vorkommnisse. Offenbar musste sich Sherlocks Erzfeind erst einmal eine neue Strategie ausdenken. Den Detektiv machte das beinahe wahnsinnig, was sich manchmal auch auf seine Laune niederschlug; sehr zum Leidwesen von John, da er die Stimmungsschwankungen seines Freundes meistens ausbaden durfte, weil dieser seinen Frust niemals an Katie ausließ. Die Braunhaarige dagegen war ganz froh, dass sie sich im Augenblick ein wenig entspannen konnte. Die letzten Wochen waren nervenaufreibend genug gewesen. Mittlerweile stand auch Weihnachten vor der Tür, die schönste Zeit des Jahres, wie Katie fand. Umso mehr freute sie sich über das kleine bisschen Ruhe, das Moriarty ihnen wenigstens zu Weihnachten gönnte, unwissend was für eine böse Überraschung dieses besinnliche Fest in diesem Jahr bereithalten würde… Es war eine kalte verschneite Nacht, in der sich Katie unter ihrer Decke vergraben hatte und ruhig neben Sherlock schlief, bis sie irgendwann näher zu dem Dunkelhaarigen kam und zusehends unruhiger wurde, ehe sie irgendwann schweißgebadet aus dem Schlaf hochschreckte. Ruckartig setzte sie sich auf und schaute sich erschrocken um, bevor sie zu der Erkenntnis kam, dass sie offensichtlich nur schlecht geträumt hatte und sich mit zitternden Fingern durch die Haare strich. „Katie, ist alles in Ordnung?“, fragte Sherlock plötzlich neben ihr. „J-ja…es war nur ein Traum…“, antwortete Katie; es klang, als ob sie sich damit selbst beruhigen wollte. „Du hast schlecht geträumt?“, fragte Sherlock nach, worauf die Braunhaarige zustimmend nickte und von einem stärkeren Zittern erfasst wurde. „Schon gut…es war nur ein böser Traum…“ Der Dunkelhaarige zog sie nah zu sich heran und streichelte ihr beruhigend durch die Haare, woraufhin sie sich an ihn schmiegte und das Gesicht an seiner Brust verbarg. „Oh Gott, Sherlock…es war so furchtbar…“ Sie hatte angefangen zu weinen und drückte sich noch näher an ihn. „Was hast du denn geträumt…? Vielleicht geht es dir ja besser, wenn du mir davon erzählst“, schlug Sherlock vor, während er sie immer noch streichelte. Katie zögerte einen Moment, sie wusste nicht, ob sie darüber reden konnte, doch dann gab sie sich einen Ruck. „Ich habe von Sarah geträumt…sie lag vor mir im Schnee…und plötzlich hat er sich rot gefärbt…es war Blut…ihr Blut…oh Gott…es war alles voller Blut…und auf einmal habe ich Moriarty gesehen…er sah aus wie damals im Park…er hat so hämisch gelacht und dann bin ich aufgewacht…“, erzählte Katie völlig aufgelöst und weinte nur noch heftiger, was Sherlock dazu veranlasste, sie noch näher zu sich zu ziehen. „Beruhige dich…es war nur ein Traum…“, versuchte er sie zu beruhigen. „Und wenn er sich bewahrheitet?“, schniefte Katie. „Mach dir keine Sorgen. Mein Versprechen gilt immer noch. John und ich werden sie weiterhin beschützen. Du musst keine Angst haben und jetzt beruhige dich. Es ist alles gut.“ Sherlock küsste sie sanft auf die Stirn und ging nun in ein Kraulen über. „Danke, Sherlock…“, murmelte Katie daraufhin und kuschelte sich noch näher an ihn. Eine Weile herrschte Stille, in der Katie versuchte, wieder einzuschlafen, doch der Traum hatte sie so aufgewühlt, dass sie es irgendwann aufgab. „Ich kann nicht mehr schlafen, Sherlock…“, sagte sie daher leise. „Dieser Traum hat dich wohl sehr mitgenommen, was?“ Katie nickte kaum merklich. „Na gut, dann lass uns rüber ins Wohnzimmer gehen. Vielleicht beruhigt dich ja eine Tasse mit heißem Tee“, meinte Sherlock und stand auf, worauf Katie es ihm gleichtat und ihm ins Wohnzimmer folgte. Dort wies der Detektiv sie an, sich aufs Sofa zu setzen, bevor er sie in eine warme Decke wickelte und dann in der Küche verschwand, um ihr einen Tee zu machen. Kurz darauf kam er auch schon wieder zurück und drückte ihr die Tasse mit der heißen Flüssigkeit in die Hand, ehe er sich neben sie setzte und wieder einen Arm um sie legte. Katie ließ es zu und lehnte sich an seine Schulter, nachdem sie einen Schluck Tee zu sich genommen hatte. „Vielen Dank…es geht mir schon ein bisschen besser“, murmelte sie. „Schon gut. Das beruhigt mich. Moriarty kann einem wirklich Angst machen“, antwortete Sherlock. „Allerdings…ich hoffe nur, dass er Sarah wirklich nichts tun wird…“, erwiderte Katie. „Mach dir keine Sorgen. Wir passen auf sie auf“, gab Sherlock zurück und nahm das Streicheln wieder auf. Dann herrschte kurz Stille zwischen ihnen, als plötzlich die Tür aufging und John hereinkam. „Was machen Sie denn hier unten?“, erkundigte sich Sherlock sogleich. „Ich habe Stimmen gehört und wollte nachsehen, was los ist. Ist alles in Ordnung?“ Fragend schaute John seinen besten Freund an. „Ja, wir konnten nur nicht mehr schlafen“, sagte Sherlock und warf ihm einen kurzen Blick zu, um ihm zu bedeuten, dass er es ihm später erzählen würde. „Ich verstehe“, erwiderte John, der wusste, was Sherlock ihm sagen wollte. Wieder herrschte kurz Stille, bevor Katie wieder das Wort ergriff. „Schmückt ihr das Haus eigentlich gar nicht für Weihnachten?“ „Das übernimmt eigentlich immer Mrs. Hudson“, antwortete John. „Kann ich ihr dabei behilflich sein?“, fragte Katie weiter. „Sicher, sie freut sich bestimmt über Hilfe. Vor allem weil sie schon jahrelang vergeblich versucht, John und mich dafür zu begeistern“, erwiderte Sherlock. „Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Aber gut, dann werde ich ihr meine Hilfe anbieten. Mögt ihr Weihnachten denn gar nicht?“, wollte Katie wissen. „Doch schon, wenn mein Bruder nicht vorbeikommt, was zum Glück nur selten vorkommt“, antwortete Sherlock. „Wie schön, dass ihr euch so gut versteht.“ Katie lächelte verschmitzt. „Nicht wahr…?“, gab Sherlock zurück. „Also ich liebe die Weihnachtszeit. Überall leuchten Lichter, es duftet nach Zimt und Plätzchen, alles wirkt so friedlich und ich liebe es, auf Geschenkesuche zu gehen“, erzählte Katie mit einem begeisterten Funkeln in den Augen. „Du tust dich am besten mit Molly zusammen. Die liebt das auch“, bemerkte Sherlock. „Ich dachte mir schon, dass das nicht so dein Ding ist“, erwiderte die Braunhaarige lächelnd. „Ach wirklich? Wieso nur?“ „Ach, nur so. Aber gut, dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden muss“, meinte Katie und schmiegte sich näher an ihn, worauf der Detektiv nickte und das Streicheln wieder aufnahm. Sie saßen noch eine ganze Weile im Wohnzimmer und nachdem sie ihren Tee ausgetrunken hatte, hatte es nicht lange gedauert, bis Katie wieder eingeschlafen war. „Es hatte einen Grund, weshalb ihr nicht mehr schlafen konntet, nicht wahr?“, fragte John in die Stille hinein. „Ja, Sie haben Recht. Ich wollte es Ihnen nur nicht vor Katie erklären, da sie dann vermutlich kein Auge mehr zugetan hätte“, antwortete Sherlock. „Das ist mir aufgefallen. Also, woran lag es, dass sie so aufgewühlt war? Sie hat vorhin richtig nervös gewirkt“, bemerkte John. „Sie ist vorhin aus dem Schlaf geschreckt und hat mir erzählt, dass sie einen Albtraum hatte. Ich fand es ehrlich gesagt etwas beunruhigend“, gab Sherlock zu, was seinen Mitbewohner etwas zu überraschen schien. Normalerweise konnte den Detektiv doch nichts so schnell aus der Ruhe bringen. „Wieso? Was hat sie geträumt?“, fragte John nach. „Sie hat mir erzählt, dass sie Sarah gesehen hat. Sie lag zu ihren Füßen und überall sei Blut gewesen, das offensichtlich das von Sarah war. Plötzlich ist Moriarty aufgetaucht und hat ihr ein diabolisches Lächeln geschenkt. Dann ist sie aufgewacht und wirkte im ersten Moment völlig verstört. Wie Sie sich sicher schon denken können, war sie daraufhin hellwach und konnte nicht mehr schlafen. Deswegen sitzen wir hier. Der Tee hat ihr scheinbar geholfen“, erzählte Sherlock. „Ich verstehe. Jetzt weiß ich auch, wieso Sie den Traum beunruhigend fanden. Denken Sie, dass Sarah schon wieder in Gefahr ist? Moriarty könnte uns doch wenigstens zu Weihnachten eine kleine Verschnaufpause gönnen“, seufzte John. „Machen Sie Witze? Moriarty gönnt uns sicher keine Pause. Ich glaube auch ehrlich gesagt nicht, dass er Sarah in Ruhe lassen wird. Wenn Sie mich fragen, war sie niemals außer Gefahr. Moriarty hat bisher nur noch keine Gelegenheit gefunden, um zuzuschlagen“, erwiderte Sherlock. Einen Moment herrschte eine unheimliche Stille im Raum. „Vermutlich haben Sie Recht. Wenn sich Moriarty erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, wird er nicht aufhören, bis er sein Ziel erreicht hat. Und was machen wir jetzt?“ Fragend schaute John den Detektiv an. „Uns wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin gut auf Sarah aufzupassen. Mir war klar, dass dieser Irre keine Ruhe geben würde, deswegen habe ich die besten meiner Leute beauftragt, alles in der näheren Umgebung von Sarahs Wohnung und ihrem Arbeitsplatz in der Cocktailbar genauestens zu beobachten. Sie werden mich umgehend informieren, wenn ihnen nur die allerkleinste Veränderung auffällt und Lestrades Männer wissen auch Bescheid“, erwiderte Sherlock. „Sie haben Recht. Mehr können wir wohl nicht tun“, stimmte John ihm zu. Sherlock nickte nur zustimmend und zog Katie näher zu sich, die immer noch friedlich in seinen Armen schlief. Sie saßen noch eine ganze Weile im Wohnzimmer, bis sie schließlich beschlossen, sich wieder hinzulegen, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Sherlock verabschiedete sich noch von John, ehe er Katie hoch nahm und zurück ins Bett brachte, worauf er neben sie kam und sie wieder nah zu sich zog. Die Braunhaarige seufzte leise im Schlaf und kuschelte sich sofort näher an ihn. Er ließ es zu und streichelte ihr sanft durch die Haare, während er nachdenklich an die gegenüberliegende Wand schaute. Er hoffte nur, dass er sein Versprechen ihr gegenüber wirklich halten konnte, ehe Moriarty einen Weg fand, Sarah etwas anzutun. „Du bist ja immer noch wach.“ Katies Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Ja, ich war bis eben noch im Wohnzimmer bei John. Du kannst ruhig weiterschlafen“, versicherte ihr Sherlock. „Aber nur, wenn du jetzt auch ein bisschen schläfst. Du hast dir meinetwegen schon genug die Nacht um die Ohren geschlagen“, erwiderte Katie. „Na gut, du kannst mich trotzdem wecken, wenn etwas sein sollte“, meinte Sherlock daraufhin und zog sie noch näher zu sich. „Mach ich“, versprach Katie und schmiegte sich noch näher an ihn. Daraufhin gab sich der Detektiv zufrieden und wünschte ihr noch eine gute Nacht, ehe er sie sanft auf die Stirn küsste und schließlich die Augen schloss. Katie tat es ihm gleich und blieb nah bei ihm, sodass beide kurz darauf wieder eingeschlafen waren. Am nächsten Morgen war Sherlock schon weg, als Katie aufwachte. Die Braunhaarige blieb noch einen Moment liegen, ehe sie auch aufstand und rüber ins Wohnzimmer lief, wo Sherlock und John schon mit dem Frühstück auf sie warteten. Nachdem sie die beiden kurz begrüßt hatte, setzte sie sich zu ihnen und fing erst mal an, zu essen. „Was steht heute an?“, fragte sie schließlich in die aufgekommene Stille hinein, die nur vom Rascheln der Zeitung unterbrochen worden war, wenn John eine Seite umblätterte. „John und ich fahren zu Scotland Yard und fragen bei Lestrade nach, ob es irgendetwas Neues gibt“, antwortete Sherlock. „Und was ist mit mir? Soll ich alleine hier bleiben?“, fragte Katie sofort, allein bei dem Gedanken daran fühlte sie sich unbehaglich. „Nein, ganz im Gegenteil. Du hast schon etwas anderes vor“, erwiderte Sherlock lächelnd. „Wie meinst du das?“, fragte die Braunhaarige etwas irritiert. „In einer Stunde wird Molly hier sein. Ich habe sie vorhin angerufen und ihr erzählt, dass du auch so gerne Weihnachtseinkäufe erledigst. Außerdem könntet ihr bei der Gelegenheit Mrs. Hudson dabei behilflich sein, das Haus ein wenig zu schmücken. Was meinst du dazu? Ich dachte, nach dieser nervenaufreibenden Nacht könntest du ein bisschen Ablenkung gebrauchen und wenn ich mich recht erinnere, verstehst du dich mit Molly auch ganz gut“, erklärte Sherlock. „Das war eine gute Idee. Ich mag Molly und mit ihr macht das Einkaufen viel Spaß“, erwiderte Katie lächelnd; sie war froh darüber, an diesem Tag einfach mal was ganz Normales machen zu können. „Ich wusste, dass dir das gefallen würde. Wie ich schon sagte, sie wird in einer Stunde hier sein und vorher machen wir uns auch nicht auf den Weg“, versprach Sherlock daraufhin, was Katie sichtlich beruhigte. Nach dem Frühstück zog sich Katie erst einmal an, bevor sie wieder zu Sherlock stieß, der mittlerweile in seinem Sessel saß und sein Handy nach irgendetwas durchstöberte. Als sie zu ihm kam, schaute er auf und sah sie fragend an, worauf sie sich kurzerhand auf seinen Schoß setzte und nah an ihn schmiegte. „Was ist denn los?“, fragte er daraufhin. Er wusste ja, dass sie sehr anhänglich war, aber dennoch war diese Reaktion selbst für sie etwas ungewöhnlich. „Sherlock…wenn Molly und ich einkaufen gehen, dann müssen wir doch keine Angst haben, oder?“, fragte sie leise. Der Detektiv sagte einen Moment nichts, er zog sie nur näher zu sich. Er konnte es ihr nicht verübeln, dass sie Angst hatte, nach dem was in der Cocktailbar vorgefallen war. „Nein, keine Sorge. Meine Leute sind überall in der Stadt verteilt und behalten euch im Auge. Euch kann also nichts passieren. Und jetzt hör auf, dir so viele Gedanken zu machen, immerhin sollst du dich mit Molly amüsieren“, antwortete er schließlich, worauf er sie näher zu sich zog und sanft auf die Stirn küsste. „Du hast Recht, ich denke wirklich zu viel nach. Aber wenn deine Leute in der Nähe sind, ist es ja gut“, stimmte Katie sichtlich beruhigt zu, wobei sie immer noch nah bei ihm blieb, was er bereitwillig zuließ. Eine Stunde später klingelte Molly wie verabredet an der Tür. Nachdem Mrs. Hudson die junge Frau hereingelassen hatte und diese Katie kurz begrüßte, verabschiedeten sich John und Sherlock und machten sich auf den Weg zu Scotland Yard. „Also, womit fangen wir an?“, wollte Katie wissen und schaute Molly abwartend an. „Ich denke, wir sollten zuerst Mrs. Hudson mit der Dekoration helfen. Sie hat schon sämtliche Kisten in den Flur geräumt“, antwortete Molly. „Na, schön. Dann lass uns doch mal runter gehen“, schlug Katie vor, worauf die Pathologin nickte und ihr nach unten folgte. Kurz darauf hatte Mrs. Hudson die beiden jungen Frauen voll eingespannt. Die ältere Dame hatte ihre eigene Wohnung bereits vor ein paar Tagen geschmückt, doch nun wollte sie auch den Rest des Hauses etwas weihnachtlicher gestalten, sodass ihr die Hilfe gerade recht kam. Katie war das gerade recht, so konnte sie sich wenigstens ablenken und mit Molly machte das Dekorieren jede Menge Spaß. Der Flur des Hauses wurde entlang des Treppengeländers mit einer Girlande aus künstlichen Tannennadeln und roten Schleifen verziert und die Haustür wurde mit einem Kranz aus Tannenzweigen und ebenfalls roten Kugeln verschönert. Schließlich brachten Katie und Molly in der oberen Wohnung, die die Braunhaarige mit Sherlock und John bewohnte, Lichter an den Wohnzimmerfenstern an, stellten unterschiedliche weihnachtliche Figuren wie Weihnachtsmänner oder Engel auf und platzierten einen Adventskranz auf dem Wohnzimmertisch. Sie waren über eine Stunde beschäftigt, ehe sie sich auf dem Sofa niederließen und erst einmal durchatmeten. „Das sieht schon besser aus, findest du nicht?“, fragte Molly in die Stille hinein. „Allerdings, Sherlock und John hätten es sicher nicht besser hinbekommen, wenn sie es überhaupt gemacht hätten“, antwortete Katie. „Da hast du Recht. Ich würde sagen, dass wir noch zehn Minuten verschnaufen und dann könnten wir uns auf den Weg machen, um ein paar Geschenke zu besorgen. Was meinst du?“ Fragend schaute Molly die Braunhaarige an. „Ja, das klingt gut“, stimmte diese zu. „Weißt du schon, was du Sherlock schenken willst?“, wollte Molly dann wissen. „Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung. Kannst du mir da weiterhelfen?“, stellte Katie die Gegenfrage. „Hm…mal überlegen. Das ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach. Sherlock ist in gewisser Weise schon wählerisch. Ich weiß, dass er hin und wieder mal liest oder an seinen Experimenten arbeitet, wenn er nicht gerade Geige spielt. Vielleicht finden wir ja irgendwas in dieser Richtung“, erzählte Molly. „Das sind zumindest schon mal ein paar Anhaltspunkte. Was hältst du davon, wenn wir einfach mal losgehen und schauen, was wir so finden“, schlug Katie daraufhin vor und stand auf, worauf Molly nickte und es ihr gleichtat. Kurz darauf befanden sich die beiden Frauen in der Londoner Innenstadt. Offensichtlich waren sie nicht die einzigen, die an diesem Tag beschlossen hatten, auf Geschenkesuche zu gehen. Auf den verschneiten Straßen tummelten sich unzählige Leute, von denen sicherlich auch einige Touristen waren. Alle liefen geschäftig von einer Richtung in die andere; einige waren bereits mit zahlreichen Tüten beladen, die sicher die diesjährigen Weihnachtsgeschenke beinhalteten. Andere unterhielten sich angeregt darüber, was sie sich zu Weihnachten wünschten oder was sie anderen schenken wollten. Kurz gesagt – es war ein buntes, hektisches Treiben, wie es nur die Vorweihnachtszeit mit sich bringen konnte. „Wo sollen wir anfangen?“, fragte Katie an Molly gewandt, als sie erst einmal stehen blieben und überlegten, wo sie hingehen wollten. „Eine gute Frage. Ich würde vorschlagen, dass wir einfach mal drauf los laufen und sehen, was wir so finden“, meinte Molly, worauf die Braunhaarige neben ihr zustimmend nickte und sich kurz darauf mit ihr ins Getümmel stürzte. Sie klapperten einen Laden nach dem anderen ab, wobei alle maßlos überfüllt waren. Die Kaufhäuser platzten förmlich aus allen Nähten und manchmal war ein Durchkommen durch die Menschenmassen so gut wie unmöglich. Alles war vollgestopft mit Weihnachtsdeko, was Sherlock sicher unheimlich genervt hätte, wenn Katie so darüber nachdachte. Wie gut, dass Molly ihre Shoppingbegleitung war. Die Dekorationen reichten von kleinen batteriebetriebenen Weihnachtsmännern, die fröhlich „Ho, ho, ho“ riefen, bis hin zu überdimensionalen Zuckerstangen, die sicher fiesen Karies hinterlassen würden, wenn sie nicht aufblasbar wären. Inmitten des ganzen Trubels fanden die beiden Frauen tatsächlich das eine oder andere Weihnachtsgeschenk, sodass sie nach über zwei Stunden fast alles zusammen hatten. Doch noch fehlte Katies wichtigstes Geschenk… Nachdem sie mit Mühe und Not aus dem gerade besuchten Kaufhaus kamen, beschlossen sie erst mal eine kleine Pause einzulegen und sich dafür in ein kleines Café zu setzen. „Oh Mann, ich wusste ja, dass viel los sein würde, aber mit so viel habe ich nun auch wieder nicht gerechnet“, meinte Molly als sie ihre Bestellung aufgegeben hatten. „Ja, ich hätte auch nicht erwartet, dass ausgerechnet heute halb London auf den Füßen ist, um Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Hast du jetzt eigentlich alles zusammen?“ Fragend schaute Katie ihre Mitstreiterin an. „Ja, ich habe alles. Ich habe schon befürchtet, dass ich mehrmals losgehen müsste, um die passenden Geschenke zu finden“, antwortete Molly. „Wie gut, dass du jetzt schon alles gefunden hast. Ich wollte nicht mehrmals in diesem Gedränge feststecken. Aber trotz allem habe ich immer noch kein Geschenk für Sherlock. Ich habe nach wie vor keine Ahnung, was ich ihm schenken soll“, seufzte Katie. „Ja, ein Geschenk für Sherlock zu finden ist wirklich nicht ganz einfach. Lass uns noch mal überlegen…“ Molly verfiel ins Grübeln und Katie tat es ihr gleich. „Er erzählt mir oft von seinen Experimenten und wenn ihm mal besonders langweilig ist, kann er auch mal ein Buch lesen, wenn John nicht in der Nähe ist, dem er auf die Nerven gehen kann“, überlegte Katie. „Wieso kombinierst du das dann nicht?“, schlug Molly daraufhin vor. „Die nächste Buchhandlung ist nicht weit von hier. Vielleicht finden wir ja ein gutes Buch über Experimente. Möglicherweise stehen welche drin, die Sherlock noch gar nicht kennt. Das würde sicher sein Interesse wecken.“ Katie dachte einen Moment über den Vorschlag nach. „Ja, das klingt gut. Dann lass uns gleich zur Buchhandlung gehen, sobald wir unseren Kaffee ausgetrunken haben“, stimmte sie schließlich zu. Nachdem die beiden Frauen ihren Kaffee ausgetrunken und das kleine Café verlassen hatten, machten sie sich auf den Weg in die nächste Buchhandlung, wo sie auch tatsächlich fündig wurden und damit endlich alle Geschenke beisammen hatten. Mittlerweile war es schon Abend geworden und die Geschäfte würden bald schließen, weshalb auch Katie und Molly schließlich beschlossen, den Heimweg anzutreten. So nahmen sie ein Taxi, das zuerst in der Baker Street anhielt, wo sich Katie von Molly verabschiedete, ehe es auch die junge Pathologin nach Hause brachte. Katie schaute ihr kurz nach, ehe sie schließlich im Haus verschwand. Zu ihrer Erleichterung waren auch Sherlock und John von ihrem Ausflug zu Scotland Yard zurück. Sie fand die beiden oben im Wohnzimmer, wo der eine in die aktuelle Zeitung vertieft war, während der andere auf seiner Geige spielte. Katie nutzte die Situation, dass sie sie offensichtlich nicht hörten und betrat die Wohnung durch die Tür, die direkt in die Küche führte, um erst mal ihre Weihnachtseinkäufe in Sicherheit zu bringen, ehe sie zu den beiden stieß. „Da bist du ja wieder“, stellte Sherlock fest und unterbrach sein Spiel. „Ja, ich bin gerade gekommen“, bestätigte Katie lächelnd und kam auf ihn zu. „Schön, ich hoffe, du hattest Spaß mit Molly“, erwiderte er, während er sie zu sich zog. „Ja, es war mal eine nette Abwechslung“, stimmte sie ihm zu und lehnte sich an ihn. „Und was ist mit euch? Habt ihr etwas Neues herausgefunden?“ „Wie wäre es, wenn wir uns erst mal einen Tee machen?“, schlug Sherlock vor. „Dann erzähle ich es dir in aller Ruhe.“ Katie erklärte sich damit einverstanden und dazu bereit, den Tee zu kochen, wofür sie in der Küche verschwand und nach zehn Minuten mit drei Teetassen wieder kam, die sie auf dem Wohnzimmertisch abstellte, ehe sie sich neben Sherlock aufs Sofa setzte und ihn erwartungsvoll anschaute. „Du hast ja bereits mitbekommen, dass uns Inspector Lestrade über die Identität der Männer in der Bar informiert hat und sie tatsächlich in unmittelbarem Kontakt zu Moriarty standen“, fing Sherlock an, worauf Katie zustimmend nickte. „Wir sind zu ihm gefahren, weil wir wissen wollten, ob er und seine Leute zu weiteren Erkenntnissen gekommen sind“, fügte John hinzu. „Haben sie denn noch etwas herausgefunden?“, fragte Katie daraufhin. „Ja und es beruhigt mich nicht gerade, was er uns erzählt hat“, antwortete Sherlock. „Und was heißt das?“, wollte Katie wissen. „Lestrade und seine Leute haben herausgefunden, dass diese Verbrecher sozusagen von Moriarty angeheuert wurden. Unser Freund kennt sich hervorragend im Verbrechernetzwerk von London aus und weiß, wo er solche zwielichtigen Gestalten auftreiben kann, die auch nicht vor Mord zurückschrecken. Du kannst dir das so vorstellen, dass er anfragen ließ, wer bereit wäre, ihm bei einem Verbrechen behilflich zu sein. Er hat sicher eine beachtliche Summe Geld geboten, wenn jemand die Absicht hegen würde, in seine Dienste zu treten", berichtete Sherlock. „Das heißt also, dass diese Typen dafür bezahlt worden wären, Sarah umzubringen…?“, fragte Katie entsetzt; es lief ihr bei dem bloßen Gedanken daran eiskalt den Rücken hinunter. „Ja…genau das heißt es. Die können uns zwar nicht mehr gefährlich werden, aber da, wo die hergekommen sind, sind sicherlich noch mehr. Moriarty weiß mit Sicherheit längst, dass der Mordversuch an Sarah fehlgeschlagen ist, also ist es mit größter Wahrscheinlichkeit nur eine Frage der Zeit, bis er sich die nächsten Verbrecher aussucht“, stellte Sherlock klar. „Du meinst also, dass Sarah immer noch in Gefahr ist…“, sagte Katie tonlos. „Ja…Moriarty wird weiterhin Jagd auf sie machen. Er braucht nur noch ein paar neue Helfer…“, stimmte Sherlock zu. „Aber was machen wir denn jetzt? Vielleicht hat er ihr ja schon längst etwas angetan…“ Katie klang langsam hysterisch. „Jetzt beruhige dich erst mal. Noch ist nichts verloren. Ich habe meine Leute bereits über die Situation informiert. Sie haben sich neu postiert und behalten Sarah jetzt wieder im Auge. Sie werden mich umgehend benachrichtigen, sobald etwas passiert. Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um sie zu beschützen. Also beruhige dich“, erwiderte Sherlock und zog sie näher zu sich. „Na gut…ich vertraue euch…“, murmelte Katie und schmiegte sich näher an ihn. Sie saßen noch eine ganze Weile im Wohnzimmer, bis sie irgendwann beschlossen, ins Bett zu gehen. Doch Katie konnte in dieser Nacht keinen Schlaf finden. Ihre Gedanken drehten sich unaufhörlich im Kreis und machten es ihr unmöglich einzuschlafen. Nach allem, was sie in den letzten Wochen durchgemacht hatte, hatte sie gehofft, dass ihre Freundin endlich in Sicherheit wäre, nur um jetzt festzustellen, dass genau das Gegenteil der Fall war. Moriarty wollte Sarah tot sehen, um seinen grausamen Countdown fortzusetzen und dazu war ihm offensichtlich jedes Mittel recht. Schwer seufzend drehte sie sich auf die andere Seite. „Kannst du nicht schlafen?“, fragte Sherlocks tiefe Stimme neben ihr. „Nein…mir geht zu viel durch den Kopf…“, gestand Katie. „Hätte ich es dir lieber nicht erzählen sollen?“, fragte der Detektiv und zog sie zu sich, worauf sie sich sofort so nah wie möglich an ihn kuschelte. „Doch, das war schon okay. Ich wollte es ja auch wissen“, gab Katie zurück. „Mach dir keine Gedanken. Irgendwie kriegen wir das schon hin. John und ich stehen in unmittelbarem Kontakt mit Lestrade. Und meine Leute sind ebenfalls mehr als wachsam. Wir werden sie beschützen“, versprach Sherlock und zog sie näher zu sich. „Na gut…aber ich bin trotzdem irgendwie hellwach…“, murmelte Katie und schmiegte sich näher an ihn. „Hör auf, dir Gedanken zu machen. Freu dich doch lieber auf die Vorweihnachtszeit. Du hast doch erzählt, dass dir der Tag mit Molly gefallen hat“, erwiderte Sherlock. „Das stimmt. Es fühlte sich so normal an, nicht als ob ein Wahnsinniger hinter mir her wäre. Ich habe sogar ein Geschenk für dich gefunden und das war gar nicht so leicht“, erzählte die Braunhaarige. „Ach wirklich? Das wäre doch aber nicht nötig gewesen“, erwiderte Sherlock daraufhin. „Wieso nicht? Wir gehören doch jetzt zusammen, also möchte ich dir auch etwas schenken“, gab Katie zurück. „Schon gut, ich bin ja schon still. Obwohl ich zugeben muss, dass ich auch ein Geschenk für dich habe“, sagte Sherlock daraufhin. „Aber zu mir sagst du etwas. Obwohl ich jetzt zugegebenermaßen neugierig bin“, gab Katie zu. „Das kann ich nachvollziehen. Aber du wirst dich leider noch etwas gedulden müssen“, entgegnete Sherlock und zog sie näher zu sich. „Na schön, ich denke, so lange halte ich es noch aus“, erwiderte Katie lächelnd und schmiegte sich näher an ihn. „Gut, was hältst du dann davon, wenn wir versuchen, noch ein bisschen zu schlafen“, schlug Sherlock dann vor, worauf sie zustimmend nickte. „Gute Idee, mittlerweile bin ich doch müde.“ „Dann schlaf gut“, meinte der Detektiv daraufhin und küsste sie sanft auf die Stirn. Katie murmelte nur noch ein „Gute Nacht“, ehe sie kurz darauf in seinen Armen eingeschlafen war und der Dunkelhaarige schließlich auch wieder einschlief. Die restliche Adventszeit verlief ohne Zwischenfälle und ehe sie sich versahen, stand auch schon Weihnachten vor der Tür. Für den Weihnachtsabend hatten John und Mrs. Hudson beschlossen, einige Freunde einzuladen; Sherlock fügte sich dem Ganzen einfach und Katie freute sich ohnehin über jegliche Abwechslung. So waren schließlich Molly, Inspector Lestrade und einige Bekannte von Mrs. Hudson im Wohnzimmer versammelt. Während sie sich unterhielten und bei einem Glas Wein die neusten Geschichten austauschten, hatten sie Sherlock dazu überredet, ein paar Weihnachtslieder auf seiner Geige zu spielen. Alles wirkte so harmonisch und familiär, wie Katie es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Alle waren in bester Stimmung; es wurde viel gelacht und manchmal ließen sie sich auch dazu hinreißen, zu Sherlocks Geigenspiel das eine oder andere Weihnachtslied mitzusingen, während im Kamin ein gemütliches Feuer knisterte und die ganze Wohnung nach den köstlichen selbst zubereiteten Plätzchen von Mrs. Hudson duftete. Wer von den Anwesenden im Wohnzimmer der Baker Street hätte zu diesem Zeitpunkt ahnen können, was für ein schreckliches Ende der Weihnachtsabend finden würde. Nachdem Sherlock sein Spiel beendet hatte, beschlossen sie, zur Bescherung überzugehen. Es wurden etliche Geschenke ausgetauscht, die in kunterbuntes Papier eingewickelt waren. Schließlich kam Katie zu Sherlock, um ihm das Päckchen zu überreichen, das sie dank Mollys Hilfe gefunden hatte. „Fröhliche Weihnachten“, sagte sie lächelnd, während sie ihm das Geschenk übergab. „Danke, das wünsche ich dir auch“, gab er zurück und zog ebenfalls ein Geschenk hervor, das er ihr mit einem sanften Kuss auf die Stirn überreichte. „Vielen Dank, darf ich es gleich aufmachen?“, fragte die Braunhaarige voller Neugier. „Ich bitte darum“, erwiderte er. Das ließ sich Katie nicht zweimal sagen. Schon als Kind hatte sie es geliebt, Geschenke auszupacken und das hatte sich bis zu diesem Tag auch nicht geändert. Zuerst betrachtete sie sich das Paket. Es war relativ klein und länglich, es konnte also nicht auch ein Buch sein. Das Geschenkpapier glänzte silbrig im Schein des Kaminfeuers und war mit einem hellblauen Muster verziert. Zusätzlich war eine Schleife in demselben Blauton auf dem Päckchen angebracht. Es war offensichtlich mit sehr viel Sorgfalt verpackt worden und Katie hatte die Vermutung, dass Sherlock dabei Hilfe von Mrs. Hudson erhalten hatte, wobei das für sie keine Rolle spielte; für sie zählte es einzig und allein, dass er zu Weihnachten an sie gedacht hatte. Sie betrachtete das Päckchen noch einen Moment, ehe die Neugier überwiegte und sie es schließlich öffnete. Als sie das Papier entfernt hatte, hielt sie eine kleine Schachtel in den Händen. Es war ihr anzusehen, dass sie sich mehr und mehr fragte, was sich wohl darin befand. Langsam öffnete sie die Schachtel und lugte hinein. Der Inhalt glitzerte ebenfalls in einem Blauton. Als sie sie schließlich ganz geöffnet hatte, kam eine silberne Haarspange zum Vorschein, die mit blau glitzernden Blumen verziert war. „Die ist ja schön“, sagte Katie, während sie die Spange herausnahm und nun eingehend betrachtete. „Dann gefällt sie dir also?“, fragte Sherlock nach. „Natürlich gefällt sie mir. Sie gefällt mir sogar sehr“, antwortete Katie. „John hat mir bei der Auswahl geholfen. Er dachte, dass dir so etwas gefallen würde. Ich habe da einfach seinem Urteil vertraut“, erzählte Sherlock dann. „Dann hast du ja alles richtig gemacht. Danke, Sherlock.“ Katie kam näher zu ihm und küsste ihn sanft, um somit noch einmal ihre Freude über das Geschenk auszudrücken. Als sich die Braunhaarige wieder von ihm löste, schaute sie ihn erwartungsvoll an. „Jetzt bist du dran. Ich möchte wissen, ob dir dein Geschenk auch gefällt.“ „Na, schön“, gab Sherlock daraufhin nach und öffnete nun ebenfalls das Paket, das sie ihm kurz zuvor überreicht hatte. Zu Katies großer Freude gefiel ihm das Buch zu diversen Experimenten tatsächlich und als er ihr dann auch noch mitteilte, dass er einige davon wirklich noch nicht kannte, freute sich die Braunhaarige umso mehr, dass sie mit ihrem Geschenk offensichtlich voll ins Schwarze getroffen hatte. Nachdem alle Geschenke ausgepackt waren, saßen alle noch beisammen und redeten und lachten, doch plötzlich unterbrach das Klingeln eines Handys sämtliche Unterhaltungen. Zu Katies Überraschung war es ihr Telefon, das die amüsanten Gespräche verstummen ließ. Sie warf einen kurzen Blick auf das Display, stellte jedoch fest, dass die Rufnummer unterdrückt wurde. Sofort beschlich sie ein seltsames Gefühl, aber dennoch bewegten sich ihre Finger wie von selbst und nahmen den Hörer ab. „Hallo…?“, fragte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme. „Fröhliche Weihnachten, Katie.“ Als sie diese vertraute Stimme hörte, wurde es der Braunhaarigen abwechselnd heiß und kalt und der Schreck fuhr ihr in die Glieder. Sie sah voller Panik zu Sherlock auf, der neben sie getreten war und formte mit den Lippen den Namen „Moriarty“. Sofort war auch der Dunkelhaarige in höchster Alarmbereitschaft. Er nahm ihr das Handy aus der Hand und drückte auf den Lautsprecher, sodass alle Anwesenden im Raum das Gespräch mit anhören konnten. „Was wollen Sie von uns?“, fragte Sherlock dann. „Oh, guten Abend, Sherlock. Ihnen auch fröhliche Weihnachten“, gab Moriarty zurück und seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. „Sparen Sie sich das und rücken Sie endlich damit raus, was Sie von Katie wollen“, wiederholte Sherlock mit mehr Nachdruck. „Ich habe ein Weihnachtsgeschenk für sie…“, antwortete Moriarty. Sherlock wollte gerade etwas erwidern, als eine andere Stimme alle erstarren ließ. „Fröhliche Weihnachten, Katie…“ Sarahs brüchige Stimme drang an ihr Ohr. „Ich wollte mich noch von dir verabschieden…es tut mir leid…ich habe versucht, davon zu laufen und mich zu verstecken, aber er hat mich doch gefunden…ich danke Sherlock und dir für alles, was ihr für mich getan habt, aber letztendlich hat er mich doch noch erwischt…es tut mir leid…“ Am Ende versagte ihre Stimme und sie schluchzte verzweifelt in den Hörer. „Sarah, bitte sag so etwas nicht. Wir werden sofort kommen und dich retten“, erwiderte Katie ebenfalls den Tränen nahe. „Es ist zu spät…tut mir leid…“ Mit diesen Worten legte Sarah auf und es herrschte eine unheimliche Stille im Raum. „Verdammt, was sollen wir denn jetzt machen? Er wird sie umbringen, wenn wir nichts unternehmen“, sagte Katie dann und schaute panisch zu Sherlock auf. „Beruhige dich. Wir werden sie finden“, antwortete er und zog sie in eine beruhigende Umarmung. „John, wie sieht es aus? Konnten Sie den Standort des Handys zurückverfolgen?“, fragte der Detektiv dann an seinen Mitbewohner gewandt, der sich sofort hinter seinen Laptop geklemmt hatte, als klar wurde, dass Moriarty in der Leitung war. „Einen Moment…ich habe es gleich…“, murmelte der Angesprochene konzentriert. Es dauerte genau noch einen Klick, ehe das Gerät einen Lageplan ausspuckte und damit Moriartys derzeitigen Standpunkt preisgab. „Er befindet sich im Regent’s Park“, verkündete John. „Das ist nicht weit von hier. Gehen wir, wir dürfen keine Zeit verlieren. Lestrade, Sie kommen auch mit. Molly bleibt mit Mrs. Hudson hier“, ordnete Sherlock an, worauf die Genannten zustimmend nickten. Katie würde ihn ebenfalls begleiten; er wusste, dass sie um keinen Preis in der Wohnung bleiben würde, deswegen versuchte er erst gar nicht sie davon abzuhalten. So schnell wie möglich verließen sie das Haus in der Baker Street und stürzten in die kalte und stille Nacht hinaus, bevor sie Richtung Park rannten und ein todbringender Wettlauf gegen die Zeit begann… Der Weg zum Park schien sich endlos hinzuziehen und Katie hatte das ungute Gefühl, dass ihnen die Zeit davon lief. Sie konnte nur inständig hoffen, dass sie noch rechtzeitig kamen, um Sarah aus den Fängen von Moriarty zu retten. Sie kamen immer näher, sie hatten das Parktor fast erreicht. Noch einmal beschleunigten sie ihre Schritte, ehe sie atemlos an ihrem Ziel ankamen und sich hektisch umschauten. In einiger Entfernung konnten sie schließlich zwei Gestalten ausmachen; eine Person saß zusammengekauert im Schnee, während die andere sich bedrohlich vor der sitzenden Person aufgebaut hatte. Es musste sich eindeutig um Sarah und Moriarty handeln. Sie wollten gerade loslaufen, als ein ohrenbetäubender Schuss die weihnachtliche Stille zerriss. Entsetzt schaute Katie dem Szenario zu. Die im Schnee kniende Person fiel augenblicklich zu Boden, während die andere die Flucht ergriff. „Schnell! Wir müssen ihm nach! Lestrade, Sie kommen mit mir. John, Sie sehen mit Katie nach Sarah und verständigen sofort einen Krankenwagen“, ordnete Sherlock an, worauf er gefolgt von Inspector Lestrade Moriarty nachsetzte, während John und Katie zu Sarah eilten, um sie noch irgendwie zu retten. Bei ihrer Freundin angekommen stockte Katie der Atem. In Sarahs Brust klaffte eine tiefe Schusswunde, aus der immer mehr Blut trat und bereits den weißen Schnee dunkelrot färbte. Mit einem Mal erinnerte sich Katie wieder an ihren Traum, den sie vor einigen Wochen hatte und in dem sie dieselbe Szene vor sich gesehen hatte. Nun schien dieser Traum grausame Realität zu werden. „Sarah! Hörst du mich?! Bitte sag doch was…!“ Verzweifelt ging Katie neben ihr in die Knie und zog sie in ihre Arme, während John übers Handy einen Krankenwagen verständigte. „Katie…bist du das…?“ Sarahs Stimme war nur noch ein Flüstern. „Ja, ich bin es. Halte durch, John hat schon einen Krankenwagen gerufen. Alles wird wieder gut“, antwortete Katie mit tränenerstickter Stimme. „Nein…für mich kommt jede Hilfe zu spät…“, flüsterte Sarah. „Sag das nicht. Du musst durchhalten, du darfst nicht sterben, hörst du! Verdammt, John helfen Sie ihr doch!“, flehte Katie den Arzt an, doch der schüttelte langsam den Kopf. „Es tut mir leid, Katie…aber das steht leider nicht in meiner Macht. Diese Wunde ist schwerwiegender als die von Sherlock damals. Um diese Blutung zu stillen, fehlen mir die Mittel, so gern ich ihr helfen würde…tut mir leid…wir können nur hoffen, dass der Krankenwagen rechtzeitig eintrifft“, erwiderte John. „Verdammt…Sarah, es tut mir so leid…“, murmelte Katie und konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten. „Was tut dir leid…?“, fragte Sarah leise. „Dass du in diese ganze Sache mit reingezogen wurdest, nur weil ich diesen Mord beobachtet habe und dieser Irre Jagd auf mich macht“, schluchzte Katie. „Gib dir…keine Schuld dafür…ich war einfach nicht vorsichtig genug…“, murmelte Sarah und wurde in Katies Armen schwächer. Sofort wurde die Braunhaarige von Panik ergriffen. „Sarah, halte durch! Der Krankenwagen ist sicher gleich hier! Bleib bei mir!“ „Tut mir leid, ich kann nicht mehr…aber…bitte versprich mir etwas…“ Sarah holte zitternd Atem, um eine letzte Bitte an Katie zu richten. „Bitte, pass auf dich auf…und lass nicht zu, dass er dich auch noch erwischt…“ Dann herrschte Stille; Katies Augen weiteten sich entsetzt, als ihr bewusst wurde, dass ihre Freundin soeben in ihren Armen gestorben war. „Nein…Sarah…verdammt…“, schluchzte Katie und drückte den toten Körper verzweifelt näher an sich. In diesem Moment kamen Sherlock und Lestrade zurück. „Wir haben ihn verloren. Was ist mit Sarah?“, erkundigte sich der Dunkelhaarige sofort, worauf sein Kollege den Blick senkte. „Sie hat es nicht geschafft. Sie ist tot…“, antwortete John leise. „Verdammt…! Dieser elende Mistkerl…!“ Wütend ballte Sherlock eine Hand zur Faust, ehe Katie seine Aufmerksamkeit erregte, die immer noch verzweifelt vor sich hin schluchzte. Langsam ging er auf sie zu und ging neben ihr in die Knie, worauf er ihr Sarahs leblosen Körper abnahm und ihn vorsichtig in den Schnee zurücklegte, bevor er Katie in eine Umarmung zog. Die Braunhaarige schaute einen Moment auf und sah ihn mit tränenüberfüllten Augen an. „Sherlock…“, schluchzte sie und schmiegte sich verzweifelt an ihn. „Schon gut…lass es raus…es tut mir leid, dass ich mein Versprechen dir gegenüber nicht halten konnte“, erwiderte er und zog sie näher zu sich. „Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist nicht deine Schuld. Du und John, ihr habt alles getan, was ihr konntet. Ich wünschte nur, dass wir die Möglichkeit gehabt hätten, sie zu retten…aber jetzt ist sie tot…“ Erneut wurde sie von den Tränen überwältigt, worauf sie sich weinend an ihn klammerte und Sherlock nichts weiter tun konnte, als sie festzuhalten und ihr sanft durch die Haare zu streicheln. Niemand von ihnen hätte zu Beginn des Abends gedacht, dass er ein so schreckliches Ende finden würde. Nichts war mehr von der weihnachtlichen Stimmung übrig. Alles was blieb, war Katies verzweifeltes Weinen, die Sirenen eines Krankenwagens, die langsam näher kamen und die weißen Schneeflocken, die lautlos vom Himmel fielen und sich schließlich mit dem blutbefleckten Schnee um Sarahs leblosen Körper vermischten. Atempause --------- Seit dem scheinbar friedvollen und besinnlichen Weihnachtsabend, der auf dramatische Weise ein grauenvolles Ende gefunden hatte, waren drei Tage vergangen. Katie steckte der schreckliche Vorfall im Park noch immer in den Knochen; seit sie ihre Freundin Sarah verloren hatte, stand sie total neben sich. Immer wieder wurde sie von ihren Gefühlen überwältigt, infolgedessen sie in Tränen ausbrach und sich zurückzog, um mit ihrer Trauer alleine zu sein. Sie ließ lediglich Sherlock an sich heran; sie wollte weder mit John, noch mit Mrs. Hudson oder mit Molly reden und der Detektiv konnte nichts anderes tun, als für sie da zu sein und zu versuchen, sie irgendwie zu trösten. In der Nacht vor Sarahs Beerdigung lag Katie wach und konnte einfach keinen Schlaf finden. Unruhig drehte sie sich von einer Seite auf die andere, ehe sie sich an Sherlock schmiegte, der neben ihr schlief. Seine Nähe beruhigte sie zwar, aber dennoch machte sie immer noch kein Auge zu. Irgendwann gab sie es schließlich auf und stupste seufzend den Dunkelhaarigen neben sich an. „Was ist denn?“, fragte er auch gleich; sie wusste, dass er ohnehin einen leichten Schlaf hatte. „Ich kann nicht einschlafen“, gestand Katie und kuschelte sich noch näher an ihn. „Geht dir schon wieder so viel durch den Kopf?“, fragte Sherlock und zog sie seinerseits näher zu sich. „Ja…ich kann es nicht vergessen…“, murmelte Katie; ihre Stimme zitterte schon wieder gefährlich. „Schon gut…was genau geht dir nicht aus dem Kopf?“, fragte Sherlock nach, während er anfing, ihr beruhigend durch die Haare zu streicheln. „Dieser Moment, als sie in meinen Armen gestorben ist…wie sie mich angesehen hat und ich ihr versprechen sollte, dass er mich nicht auch noch erwischt…immer wenn ich die Augen zumache, sehe ich diese Szene vor mir…“ Katie schluchzte leise und konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten. Verzweifelt schmiegte sie sich näher an den Dunkelhaarigen und ließ ihren Gefühlen freien Lauf, wobei sie immer wieder von einem Schluchzen erfasst wurde. Sherlock hielt sie einfach nur fest, streichelte ihr sanft über den Rücken und wartete, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Mit der Zeit wurden die Tränen weniger, bis sie schließlich ganz versiegten. Die Braunhaarige schniefte nur noch leise, während sie ihr Gesicht an seiner Brust verbarg. „Geht es wieder?“, fragte Sherlock leise und streichelte ihr immer noch beruhigend über den Rücken. „Ja…danke…tut mir leid, manchmal kann ich es einfach nicht zurückhalten“, murmelte Katie. „Schon gut, lass es ruhig raus. Es wird dir besser gehen, wenn du die Trauer zulässt“, antwortete Sherlock. „Ich weiß…ich kann das noch gar nicht richtig begreifen…vor ein paar Monaten haben wir noch zusammen in der Bar gearbeitet und manchmal auch in unserer Freizeit etwas unternommen und jetzt ist sie tot…“, schniefte Katie und drückte sich noch näher an ihn. „Wenn es in meiner Macht gestanden hätte, hätte ich sie gerettet…ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, weil wir nicht rechtzeitig bei ihr sein konnten, bevor der Schuss fiel“, antwortete Sherlock. „Du musst kein schlechtes Gewissen haben. Du trägst keinerlei Schuld daran. Ich weiß, dass du und John alles getan habt, um sie zu beschützen und dafür bin ich euch auch sehr dankbar. Ihr habt keineswegs versagt, wenn jemand versagt hat, dann wir alle, weil letztendlich niemand von uns in der Lage war, sie zu retten“, gab Katie zurück. Sherlock schaute sie einen Moment wortlos an, doch dann lächelte er. „Deine Worte beruhigen mich. Ich habe mir in den letzten drei Tagen wirklich Vorwürfe gemacht“, sagte der Dunkelhaarige nach einer kurzen Stille. „Das musst du wirklich nicht“, erwiderte Katie und küsste ihn kurz sanft. „Aber ich muss zugeben, dass ich mich vor der Beerdigung morgen fürchte“, murmelte Katie dann. „Das kann ich verstehen. Aber mach dir nicht so viele Gedanken. John und ich werden dich begleiten. Wir stehen das gemeinsam durch“, erwiderte Sherlock daraufhin und zog sie näher zu sich. „Danke, Sherlock.“ Katie lächelte leicht und schmiegte sich ihrerseits näher an ihn. Dann herrschte kurz Stille, ehe der Detektiv wieder das Wort ergriff. „Wir sollten jetzt ein bisschen schlafen. Es ist spät und du bist sicher müde“, meinte er, worauf Katie nickte und tatsächlich ein Gähnen unterdrücken musste. „Ja, mittlerweile bin ich wirklich müde“, gab sie zu und schloss erschöpft die Augen. „Dann schlaf gut“, meinte Sherlock noch, bevor er sie in Ruhe ließ und ihr lediglich durch die Haare strich. „Du auch, gute Nacht“, murmelte Katie, ehe sie kurz darauf auch schon eingeschlafen war. Sherlock blieb noch eine Weile wach, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich tief und fest schlief, bevor auch er schließlich wieder einschlief. Als Katie am nächsten Morgen aufwachte und aus dem Fenster schaute, stellte sie fest, dass der Himmel grau und schwer über der englischen Hauptstadt hing. Kein Sonnenstrahl drang durch die dunkle Wolkendecke und Regen prasselte leise gegen die Fensterscheibe. Es war das perfekte Wetter für einen traurigen Tag wie diesen; es passte ausgezeichnet zu Katies Stimmung und es schien ihr, als würde selbst der Himmel um ihre Freundin Sarah weinen. „Das Wetter hat sich dem heutigen Anlass wohl angepasst, was?“ Als sie Sherlocks Stimme hinter sich hörte, drehte sich Katie zu ihm um und nickte leicht. „Ja, es sieht ganz so aus…“, murmelte sie und schmiegte sich an ihn. „Ich weiß immer noch nicht, ob ich das durchstehe…“ „Du schaffst das. Du bist nicht allein, das habe ich dir doch schon heute Nacht gesagt“, antwortete Sherlock und küsste sie sanft auf die Stirn. „Also gut…ich hoffe nur, dass das meine Nerven mitmachen werden…“, sagte Katie leise. „Das wird schon. Und jetzt sollten wir uns fertig machen. Wir müssen schon bald los“, meinte Sherlock dann. „Na gut…“, stimmte Katie zu und löste sich von ihm, um sich anzuziehen, worauf er es ihr gleichtat. Eine Stunde später stand Katie zusammen mit Sherlock und John auf dem Bürgersteig der Baker Street und wartete darauf, dass ein Taxi am Straßenrand halten würde, um sie zum Friedhof zu bringen. Es dauerte auch nicht lange, bis ein Taxi neben ihnen zum Stehen kam und sie nacheinander einstiegen. Sherlock nannte dem Fahrer noch den Zielort und kurz darauf setzte sich das Fahrzeug in Bewegung. Während der Fahrt herrschte Schweigen. Katie schaute nachdenklich aus dem Fenster und versuchte vergeblich die bevorstehende Beerdigung wenigstens für ein paar Minuten aus ihrem Kopf zu verdrängen. Sherlock beobachtete sie besorgt, ein Ausdruck, der nur sehr selten bei ihm vorkam, wenn überhaupt. John hatte die Besorgnis seines Mitbewohners bemerkt und auch Katies Niedergeschlagenheit war ihm aufgefallen, doch er sagte nichts, denn er wusste, dass Sherlock ohnehin alles abstreiten würde, wenn er ihn darauf ansprach und dass keine Worte, welcher Art auch immer, Katie trösten konnten. Nach einer halben Stunde kamen sie schließlich am Friedhof an. Der Regen hatte noch nicht aufgehört und hatte den Schnee, der die Straßen Londons noch vor wenigen Tagen bedeckt hatte, fast gänzlich verbrannt. Nun war endgültig nichts mehr von der weihnachtlichen Stimmung übrig; alles, was geblieben war, war Trauer und Verzweiflung über den Verlust von Katies liebgewonnener Freundin… Als sie ausstiegen umklammerte Katie sofort Sherlocks Hand. Der Dunkelhaarige ließ es zu und drückte ihre Hand kurz sanft, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie ganz ruhig bleiben sollte. Sie warteten noch auf John, der die Taxifahrt bezahlte, ehe sie schließlich den Weg zur Kapelle antraten. Im Inneren des Kirchenraums war es ziemlich dunkel und es wirkte beinahe erdrückend, doch Katie riss sich zusammen und ging langsam nach vorne zur ersten Reihe, wo Sarahs Eltern und ihre jüngere Schwester saßen und leise in ihre Taschentücher weinten. Im Vorbeigehen stellte Katie fest, dass sich nur wenige Trauergäste eingefunden hatten. Sie entdeckte Lestrade, der von Sally Donovan begleitet wurde und ihnen kurz zu nickte. Da er in der Mordnacht ebenfalls im Park gewesen war, wollte er es sich anscheinend nicht nehmen lassen, Sarah die letzte Ehre zu erweisen. Offensichtlich hatte er auch nur Sarahs engsten Verwandten und Freunden von dem tragischen Ereignis berichtet, was vermutlich auch besser war. Katie war sich sicher, dass Moriarty versucht hätte, die Trauerfeier zu stören, wenn sie im größeren Rahmen ausgefallen wäre. In diesem Fall hatte er vielleicht gar nichts davon mitbekommen, das hoffte Katie zumindest. Schließlich waren sie bei der ersten Reihe angekommen. Katie fühlte sich mehr als nur unbehaglich und sie musste zugeben, dass sie Sarahs Familie gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte, weil ihre Freundin in diese Sache hineingeraten war und es mit ihrem Leben bezahlen musste, nur weil sie diesen Mord beobachtet hatte. Doch als sie Sarahs Eltern und ihrer Schwester die Hand reichte, um ihnen ihr Beileid zu bekunden, konnte sie in deren Augen keinen Vorwurf erkennen; es spiegelte sich nur Trauer und Verzweiflung darin. „Komm, setzen wir uns nach hinten zu Lestrade. Die Trauerfeier fängt sicher gleich an“, sagte Sherlock leise zu ihr, nachdem auch er und John Sarahs Familie ihr Beileid ausgesprochen hatten. Katie nickte nur und folgte ihm zu dem Inspector, während sie immer noch seine Hand umklammerte; das Ganze nahm sie jetzt schon mit, wie sollte es dann erst werden, wenn die Trauerfeier richtig losging… Sie hatten sich gerade zu Lestrade gesetzt, als auch schon leise Orgelmusik ertönte, um die Trauerfeier zu eröffnen. Katie hörte die Musik gar nicht richtig. Es fühlte sich an, als ob sie sich in einer Art Trance befand und die Musik aus weiter Entfernung zu ihr durchzudringen schien. Ihre Augen waren starr auf den Sarg gerichtet, der an der Stirnseite des Raums stand und immer wieder ging ihr der entsetzliche Gedanke durch den Kopf, dass darin tatsächlich ihre Freundin lag, mit der sie bis vor Kurzem noch zusammengearbeitet hatte. Sie umklammerte Sherlocks Hand fester und ein Schluchzen entrang sich ihrer Kehle, als sie die angestauten Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Sofort spürte sie seinen Arm um ihre Schulter, als er sie näher zu sich zog, um ihr wenigstens ein bisschen Trost zu spenden. Doch er wusste, dass ihr das im Moment vermutlich nur wenig helfen würde; der Schmerz saß einfach zu tief. Katie war trotzdem froh darüber, dass er bei ihr war und ihr Halt gab, gerade jetzt, wo sie sich so fühlte, als ob ihr jemand den Boden unter den Füßen wegziehen würde und sie haltlos in ihrer Trauer um Sarah versank. Verzweifelt schmiegte sie sich an Sherlocks Schulter, während sich immer wieder neue Tränen ihren Weg über ihre Wangen bahnten. Als die Musik verklungen war, trat ein Pfarrer vor und ging langsam zu einem Podium, das neben dem Sarg stand, um ein paar tröstende Worte an die Trauergemeinde zu richten. Er erzählte davon, dass Sarah in London aufgewachsen war und dort eine glückliche Kindheit verlebt hatte. Katie nahm die Worte des Pfarrers gar nicht wirklich wahr. Sie schienen einfach an ihr vorbei zu gleiten und wollten keinen richtigen Sinn ergeben. Auch als der Pfarrer von Sarahs Jugend sprach, fühlte es sich für Katie so an, als ob das Szenario des düsteren Kirchenraums wie ein schlechter Film an ihr vorüberziehen würde. Schließlich berichtete er von ihrer Arbeit in der Cocktailbar und dass sie nun leider viel zu früh und auf tragische Weise aus dem Leben geschieden war. An dieser Stelle fühlte sich Katie mehr denn je, als ob sie in einem bösen Traum gefangen wäre; sie wollte aufwachen, sie hatte das Gefühl einfach aufwachen zu müssen, nur um festzustellen, dass das alles eben doch kein Traum war; sie musste der grausamen Realität ins Auge blicken, die sie in diesem Moment mit aller Härte traf und ihr bewusst machte, dass ihre Freundin tot war und sie sie nie wiedersehen würde… Als der Pfarrer seine Rede beendet hatte, erhob sich die Trauergemeinde, um sich langsam zum Grab zu begeben. Als Katie neben Sherlock aus der Kapelle trat, stellte sie fest, dass es immer noch regnete, aber dennoch fand die Braunhaarige diese Tatsache besser, als die Düsternis, die in dem Kirchenraum geherrscht hatte und sie zu erdrücken drohte. Sie atmete ein paarmal tief durch, um sich zu sammeln. „Ist alles in Ordnung? Geht es dir gut?“, fragte Sherlock mit einem besorgten Unterton in der Stimme. „Es geht schon…“, antwortete Katie leise. „Willst du lieber nach Hause gehen?“, fragte der Detektiv weiter. „Nein, ich möchte Sarah die letzte Ehre erweisen und zu ihrem Grab gehen“, antwortete Katie. „Na gut, dann komm“, sagte Sherlock daraufhin und nahm wieder ihre Hand, bevor sie sich dem Trauerzug anschlossen. Auch an Sarahs Grab sprach der Pfarrer noch einmal ein paar Worte, ehe der Sarg langsam runter gelassen wurde und die einzelnen Trauergäste vortraten, um Sarah eine Rose, die sie vor der Kapelle erhalten hatten, mit auf ihren letzten Weg zu geben, indem sie diese auf den Sarg warfen. Katie trat zuletzt an das Grab heran, behielt aber die Rose noch einen Moment in der Hand, während sie mit traurigem Blick auf den Sarg hinunter schaute. „Verzeih mir, dass ich dich in diese Sache mit hinein gezogen habe…mach’s gut, Sarah…“, flüsterte sie, ehe auch sie ihre Rose in das offene Grab warf und dann wieder zu Sherlock ging, damit die Friedhofswärter dieses schließen konnten. Als sich die Trauergemeinschaft kurze Zeit später auflöste, bat Katie Sherlock ihr noch ein paar Minuten an Sarahs Grab zu geben, damit sie sich noch einmal in Ruhe von ihrer Freundin verabschieden könnte. Der Dunkelhaarige stimmte zu und versicherte ihr, dass er an der Kapelle auf sie warten würde, ehe er sie allein ließ und John mit sich Richtung Kapelle zog. Katie schaute ihnen einen Moment nach, ehe sie sich wieder Sarahs Grab zuwandte, das nun von unzähligen Blumen, Kränzen und Kerzen bedeckt war. Erneut kamen Tränen in ihr hoch, die sie diesmal jedoch nicht zurückhielt, sodass sie ihr ungehindert über die Wangen strömten. Wieso nur hatte es soweit kommen müssen?! Sarah hatte nie jemandem was getan. Im Gegenteil – sie war immer gut gelaunt gewesen, hatte Katie aufgemuntert, wenn diese mal wieder aufgrund der wenigen Einnahmen in der Cocktailbar frustriert gewesen war und war für jeden Spaß zu haben. Doch nun war sie tot, nur weil ein Irrer sie gejagt und letztendlich umgebracht hatte. All diese Gedanken gingen Katie durch den Kopf, während sie an Sarahs Grab stand und stumm um ihre Freundin weinte… Sherlock und John warteten unterdessen an der Kapelle auf sie. Der Detektiv beobachtete sie aus der Ferne und machte sich immer noch Sorgen darüber, ob sie das Ganze nicht ein wenig zu sehr mitnahm. Solange er Katie kannte, hatte er sie noch nie so aufgelöst gesehen, nicht einmal in der Nacht, in der sie von Moriarty durch den Regent’s Park gehetzt worden war. „Sie machen sich Sorgen um sie, nicht wahr?“ Johns Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. „Wie kommen Sie denn darauf?“, stellte Sherlock die Gegenfrage. „Ich kann es Ihnen ansehen und ich kann es auch verstehen…das Ganze hat sie ziemlich getroffen. Ich würde mir an Ihrer Stelle auch Sorgen machen. Wollen Sie nicht zu ihr gehen?“ Fragend schaute John seinen Mitbewohner an. „Sie hat gesagt, sie möchte allein sein“, erinnerte Sherlock ihn. „Ich weiß, was sie gesagt hat. Aber schauen Sie sie sich doch mal an. Sie ist völlig verzweifelt und am Boden zerstört. Katie braucht Sie jetzt, Sherlock. Also gehen Sie zu ihr“, forderte John ihn auf. Der Detektiv schwieg einen Moment, ehe er antwortete. „Na gut, Sie haben Recht. Ich gehe zu ihr“, gab er schließlich nach, bevor er sich in Bewegung setzte und langsam auf Katie zuging, die immer noch weinend an Sarahs Grab stand. Sherlock trat lautlos hinter sie und blieb einen Moment stehen, bevor er sie sanft umarmte und zu sich zog. Katie, die ihn bis dahin nicht bemerkt hatte, zuckte kaum merklich zusammen. „Tut mir leid…ich wollte dich nicht erschrecken“, sagte Sherlock leise. Als sie seine tiefe Stimme hörte, entspannte sich Katie gleich wieder und ließ sich mehr gegen ihn sinken. „Ist schon gut…“, antwortete sie ebenso leise. Einen Moment standen sie einfach nur da und schauten wortlos auf Sarahs Grab hinunter, ehe Katie wieder das Wort ergriff. „Sherlock…?“ „Was denn?“, gab er zurück. „Bin ich Schuld an Sarahs Tod…?“ Sie drehte sich zu ihm um und schaute ihn unglücklich an. „Wie kommst du denn darauf?“, fragte Sherlock etwas irritiert. „Weil ich sie in diese Sache mit rein gezogen habe…dieser Gedanke kam mir plötzlich, als ich hier stand und auf ihr Grab geschaut habe. Wenn ich diesen Mord an Mary Parker nicht beobachtet hätte, wäre Moriarty nicht auf mich aufmerksam geworden. Dann hätte er auch Sarah nicht in der Cocktailbar aufgesucht, um an meine Handynummer zu gelangen. Und dann hätte er sie auch nicht umgebracht…verdammt…Sherlock, ich mache mir solche Vorwürfe…“ Am Ende versagte ihre Stimme; sie brach erneut in Tränen aus und drückte sich verzweifelt an ihn. „Katie…das ist doch Unsinn…es ist nicht deine Schuld…du kannst nichts dafür…“, erwiderte Sherlock, während er sie näher zu sich zog und ihr beruhigend durch die Haare streichelte. „Vielleicht sollte ich einfach freiwillig zu ihm gehen, dann hat er, was er will und hört endlich auf, andere zu verletzen oder gar umzubringen“, schluchzte Katie. „Hör auf, so einen Unsinn zu reden!“, fuhr Sherlock sie an, was die Braunhaarige dazu veranlasste, überrascht zusammenzuzucken und auch der Detektiv wunderte sich über sich selbst, weil er so heftig auf ihre Worte reagiert hatte. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren, aber hörst du dir eigentlich zu? Das kann doch nicht dein Ernst sein, dass du dich Moriarty freiwillig ausliefern willst, damit er dich umbringen kann. Ich habe geschworen auf dich aufzupassen und dich zu beschützen. Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie es für mich wäre, wenn ich dich an diesen Irren verlieren würde? Ich weiß, dass ich nie sonderlich kontaktfreudig war und den meisten Menschen gegenüber auch nie sein werde, aber du bist für mich etwas Besonderes, weil du die Frau bist, die ich liebe; die einzige, die ich jemals geliebt habe. Und du wärst einer der wenigen Menschen, um den ich verdammt noch mal trauern würde, wenn ich ihn verlieren würde. Also hör bitte auf, so einen Unsinn zu reden“, sagte Sherlock wieder etwas ruhiger. Katie hatte ihm schweigend zugehört und war zweifelsohne über seine Worte überrascht, weshalb sie ihn einen Moment lang wortlos anschaute. Doch dann lächelte sie leicht, ehe sie ihn zu sich zog und sanft küsste. „Es tut mir leid, Sherlock. Du hast Recht, ich rede wirklich Unsinn“, sagte sie dann leise und schmiegte sich wieder an ihn. „Schon gut, was hältst du davon, wenn wir jetzt wieder zu John gehen und nach Hause fahren?“, gab der Dunkelhaarige zurück. „Ja, eine gute Idee. Lass uns gehen“, stimmte Katie zu, worauf Sherlock ihre Hand nahm und sie noch einen letzten Blick auf Sarahs Grab warf, ehe sie ihm zu John folgte und sie kurz darauf auf dem Rückweg in die Baker Street waren. Am Abend schlief Katie relativ früh ein; das Ganze hatte sie ziemlich mitgenommen, weshalb sie ihrer Erschöpfung schließlich nachgab. Sherlock blieb noch bei ihr, bis sie eingeschlafen war, ehe er sich zu John ins Wohnzimmer gesellte, der gerade die aktuelle Zeitung nach Neuigkeiten durchforstete. Als Sherlock sich ihm gegenüber in seinem Sessel niederließ, schaute der Arzt auf. „Schläft Katie?“, fragte er. „Ja, sie ist relativ schnell eingeschlafen. Das war alles etwas viel für sie“, antwortete Sherlock daraufhin. „Ja, das ist kein Wunder. Worüber haben Sie eigentlich mit ihr gesprochen, als Sie auf dem Friedhof zu ihr gingen? Ich habe mitbekommen, dass Sie einmal etwas lauter geworden sind. Sie klangen irgendwie energisch und leicht verärgert, soweit ich das beurteilen konnte“, bemerkte John. „Ach wirklich?“, gab Sherlock zurück, dem es nicht wirklich behagte, dass sein Mitbewohner ihn dermaßen durchschauen konnte. „Hören Sie auf, es abstreiten zu wollen, ich habe es genau gehört“, erwiderte John und verdrehte die Augen. „Also gut, Sie haben gewonnen…“, gab Sherlock schließlich zu. „Erzählen Sie mir nun auch, was los war?“, hakte John nach. Der Dunkelhaarige zögerte einen Moment, ehe er ergeben seufzte. „Katie hat mich gefragt, ob sie Schuld an Sarahs Tod ist. Sie macht sich Vorwürfe, weil sie denkt, dass sie Sarah in diese Sache mit rein gezogen hat. Ich habe ihr gesagt, dass das Unsinn ist und sie nichts dafür kann. Aber sie meinte, dass es vielleicht besser wäre, wenn sie sich Moriarty ausliefern würde, damit er den Countdown abbrechen würde und mit ihr hätte, was er wollte. Daraufhin habe ich ihr eben gesagt, dass sie nicht so einen Unsinn reden soll und bin energischer geworden…“, erzählte Sherlock. John hatte ihm aufmerksam zugehört. „Kein Wunder, dass Sie so reagiert haben. Ich wäre in diesem Fall sicher auch energisch geworden. Ich nehme an, es hat wohl keinen Sinn, Sie zu fragen, was Sie zu ihr gesagt haben, damit sie merkt, was sie eigentlich redet, oder?“ Fragend schaute John den Detektiv an. „Nein, das wiederhole ich auf keinen Fall“, erwiderte Sherlock. „War ja klar. Sie sind eben doch unverbesserlich. Aber gut, behalten Sie es ruhig für sich. Ich merke, dass Ihnen das unangenehm ist, also werde ich nicht weiter nachfragen“, sagte John daraufhin. „Wie nett von Ihnen. Dann können wir ja zum nächsten Thema übergehen. Ich wollte nämlich noch etwas mit Ihnen besprechen“, meinte Sherlock. „Worum geht es denn?“, fragte John und schaute seinen Mitbewohner abwartend an. „Was halten Sie davon, wenn wir London für eine Weile verlassen?“, schlug Sherlock vor. „Wie meinen Sie das?“, fragte John etwas irritiert. „So, wie ich es sage“, gab Sherlock zurück. „Das klingt fast so, als ob Sie verreisen wollten“, stellte John fest. „So könnte man es auch sagen“, stimmte Sherlock zu. „Okay…und was steckt da dahinter?“, hakte John nach. „Wissen Sie, in den letzten Wochen ist so viel passiert, dass ich denke, dass uns eine kleine Pause ganz gut tun würde. Ich denke dabei in erster Linie an Katie. Sie hat jetzt vier Morde miterlebt, wurde von Moriarty gejagt und hat ihre Freundin verloren. Ich denke, dass es ihr gut tun würde, für eine Weile aus der Stadt rauszukommen, um etwas Abstand zu gewinnen. Außerdem könnten wir uns dann in Ruhe überlegen, wie wir weiter gegen Moriarty vorgehen. Also, was sagen Sie dazu?“ Abwartend schaute Sherlock sein Gegenüber an. „Das klingt eigentlich gar nicht so schlecht. Und woran haben Sie gedacht?“, fragte John. „Meine Eltern besitzen ein Wochenendhaus, das einige Stunden von London entfernt liegt. Es befindet sich mitten auf dem Land, eine ausgezeichnete Lage, um ein bisschen Ruhe zu finden und sich zu entspannen. Das würde sich doch anbieten, oder?“ Abwartend schaute Sherlock seinen Mitbewohner an. „Ja, das klingt gut“, stimmte John ihm zu. „Sehr gut. Ich dachte mir schon, dass Sie zustimmen würden. Deswegen habe ich meine Eltern gleich, nachdem wir vom Friedhof zurückgekommen sind, kontaktiert und habe ihnen alles erklärt“, erzählte Sherlock. „Ja, das wundert mich nicht im Geringsten. Woher wussten Sie, dass ich zustimmen würde?“, fragte John. „Ich kenne Sie sehr gut und weiß, dass Sie hin und wieder gerne einmal ausspannen. Deswegen bin ich davon ausgegangen, dass Sie nichts dagegen hätten, wenn wir für eine Weile wegfahren würden“, antwortete Sherlock. „Das leuchtet natürlich ein. Und wann geht es los?“, erkundigte sich John. „Wir können übermorgen bei meinen Eltern den Schlüssel abholen. Sie können also schon mal anfangen, Ihre Sachen zu packen“, gab Sherlock zurück, worauf John lediglich zustimmend nickte. Nachdem Sherlock am folgenden Tag auch Katie von seinem Vorhaben erzählt hatte, war die Braunhaarige sofort von dem Gedanken angetan, London für einige Zeit zu verlassen, um nach den schrecklichen Ereignissen etwas Abstand zu gewinnen. So stand der kleinen Reise nichts mehr im Wege und sie ermöglichte es Sherlock und John zudem, etwas Zeit zu gewinnen, um in Ruhe darüber nachdenken zu können, wie sie weiter gegen Moriarty vorgehen wollten, da sich dieser zurzeit auffallend ruhig verhielt, nachdem er sie dermaßen in einen Schockzustand versetzt hatte. Bereits einen Tag später stand Katie mit gepackten Koffern und zusammen mit Sherlock und John auf dem Bürgersteig der Baker Street und wartete darauf, dass ein Taxi am Straßenrand halten würde, das sie zu Sherlocks Eltern bringen würde, bei denen sie den Schlüssel für deren Wochenendhaus abholen wollten. „Haben Sie Ihren Eltern eigentlich von Katie erzählt, als Sie mit ihnen telefoniert haben?“, fragte John in die aufgekommene Stille hinein. „Nein, nicht wirklich. Ich habe ihnen nur gesagt, dass ich außer Ihnen noch jemanden mitbringe. Sie dachten wohl zuerst, dass Mycroft uns begleiten würde, aber ich habe ihnen gleich gesagt, dass ich niemals auf so eine absurde Idee kommen würde, mit meinem nervigen Bruder anzureisen. Sie mussten sich also damit begnügen, dass ich Katie ihnen gegenüber zunächst als Überraschungsgast bezeichnet habe“, antwortete Sherlock. „Sie platzen sicher schon vor Neugier. Mit einer Frau rechnen sie ganz bestimmt nicht“, bemerkte John. „Das ist anzunehmen. Stell dich schon mal darauf ein, dass sie dich nach Strich und Faden ausfragen werden“, sagte Sherlock an Katie gewandt. „Sind deine Eltern wirklich so schlimm?“ Fragend schaute sie ihn an. „Ihre Fragen sind mehr als nur nervig. Du wirst sehen, was ich meine. Mir wäre es lieber, wenn sie den Schlüssel für das Wochenendhaus einfach unter den Fußabstreifer vor der Haustür legen würden, dann könnten wir der lästigen Fragerei aus dem Weg gehen, aber da müssen wir jetzt wohl oder übel durch“, gab Sherlock zurück. „So schlimm wird es schon nicht werden“, meinte Katie mit einem aufmunternden Lächeln. „Ich bin gespannt, ob du Recht hast. Bis jetzt waren sie immer nervig“, entgegnete der Detektiv. „Wir werden sehen. Ich lasse mich einfach überraschen. Wie lange fahren wir eigentlich noch?“, erkundigte sich Katie. „Es dauert bestimmt noch eine gute Stunde, wenn ich mir den Verkehr draußen so ansehe“, erwiderte Sherlock. „Gut, dann ruhe ich mich noch ein bisschen aus. Ich habe heute Nacht nicht sonderlich gut geschlafen. Du weißt sicher, wieso…“ Für einen kurzen Moment schwang ein trauriger Unterton in Katies Stimme mit. „Ja, ich kann es mir denken“, antwortete Sherlock und zog sie zu sich. „Schlaf ruhig ein bisschen. Wir wecken dich, wenn wir angekommen sind.“ Katie nickte daraufhin nur, worauf sie sich an ihn schmiegte und müde die Augen schloss, ehe sie kurz darauf auch schon eingeschlafen war. Etwa eine Stunde später wurde Katie durch ein sanftes Schütteln an ihrer Schulter geweckt. „Was ist denn?“, murmelte sie verschlafen, als sie langsam zu sich kam. „Wir sind da. Ich dachte, das interessiert dich. Es sei denn, du willst mit dem Taxi doch lieber wieder zurückfahren“, antwortete Sherlock. „Das hatte ich nicht vor. Ich bin schon da“, meinte Katie, ehe sie sich kurz über die Augen rieb, um die Müdigkeit zu vertreiben und schließlich ausstieg. Nachdem das Taxi den Rückweg angetreten hatte, wandte sich Sherlock dem Haus zu, das vor ihnen lag und einen sehr idyllischen Eindruck machte. „Seid ihr soweit?“, fragte er an seine beiden Mitstreiter gewandt, die zustimmend nickten. „Also gut, dann auf in den Kampf“, meinte der Detektiv und ging langsam auf die Haustür zu. Als sie vor der Haustür stehen blieben, klingelte Sherlock und wartete dann darauf, dass ihnen aufgemacht wurde. „Du hast keinen Schlüssel für das Haus deiner Eltern?“, fragte Katie etwas überrascht. „Nein, wieso auch? Ich bin nicht so oft hier, deshalb würde ich es unnötig finden, mir extra einen Schlüssel zuzulegen. Sie können uns genauso gut aufmachen“, erwiderte Sherlock. „Okay, wenn du das sagst“, meinte Katie mit einem verschmitzten Lächeln. Sherlock war gerade im Begriff noch einmal zu klingeln, als sie plötzlich Schritte im Inneren des Hauses vernahmen. Kurz darauf wurde ihnen die Tür geöffnet und ein älterer Mann stand ihnen gegenüber, der offensichtlich Sherlocks Vater sein musste. Als er erkannte, wer vor der Tür stand, lächelte er erfreut. „Sherlock, wir haben schon auf euch gewartet. Hallo, John. Schön, Sie zu sehen“, begrüßte Mr. Holmes seinen Sohn und dessen Mitbewohner, wobei er letzterem kurz die Hand reichte. Dann fiel sein Blick auf Katie und er stutzte; überrascht darüber, dass eine junge Frau die offensichtliche geheimnisvolle Begleitung war, von der Sherlock am Telefon gesprochen hatte. „Guten Tag, Mr. Holmes. Mein Name ist Katie Miller. Es freut mich, Sie kennenzulernen“, durchbrach Katie die aufgekommene Stille. „Es freut mich auch“, erwiderte Sherlocks Vater, worauf auch sie sich die Hände reichten. „Wieso habt ihr so ein Geheimnis daraus gemacht, dass Johns neue Freundin mitkommt?“, fragte Mr. Holmes dann an Sherlock gewandt, nachdem er Katies Hand wieder losgelassen hatte. „Weil sie genau genommen nicht Johns Freundin ist. Sie gehört zu mir“, erwiderte dieser, was dazu führte, dass ihn sein Vater fassungslos anstarrte. „Wie war das gerade?“, fragte er vorsichtshalber noch einmal nach; es hätte ja sein können, dass er sich verhört oder es sich nur eingebildet hatte. „Du hast schon richtig gehört. Können wir jetzt reinkommen oder müssen wir hier draußen erfrieren?“, stellte Sherlock die Gegenfrage. „Natürlich, kommt rein.“ Mr. Holmes fasste sich wieder und trat zur Seite, worauf Sherlock und die anderen beiden eintraten und seinem Vater ins Wohnzimmer folgten, wo sie schließlich auf Mrs. Holmes trafen, die mit erwartungsvoller Miene auf dem Sofa saß. Als die Besucher eintraten, schaute die ältere Dame auf und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie ihren Sohn entdeckte. „Sherlock, wie schön, dich mal wieder zu sehen. Du hast ewig nichts von dir hören lassen. Ich habe mir schon langsam Sorgen gemacht, dass du wieder in ernsthaften Schwierigkeiten steckst“, begrüßte sie ihn und stand auf, um ihn kurz zu umarmen. „Übertreib nicht. Wie du siehst, geht es mir ausgezeichnet“, gab Sherlock zurück und unterdrückte den Drang, die Augen zu verdrehen, worauf Katie sich ein Lachen verkneifen musste. „Tu nicht so, es war auch schon anders. Aber Sie passen ja gut auf ihn auf, nicht wahr, John?“ Mit diesen Worten wandte sich Mrs. Holmes an Sherlocks Mitbewohner. „Ich tue, was ich kann“, versicherte dieser ihr, was sie ein wenig zu beruhigen schien. Dann fiel ihr Blick auf Katie, die sich bis jetzt im Hintergrund gehalten hatte. „Und das ist wohl der geheimnisvolle Überraschungsgast“, meinte sie lediglich. „Ja, ich bin Katie Miller. Freut mich, Sie kennenzulernen“, erwiderte die Braunhaarige und reichte auch ihr höflicherweise die Hand. „Und bevor du auch damit anfängst – Katie ist nicht Johns neue Freundin. Sie gehört zu mir“, stellte Sherlock sofort klar, worauf auch seine Mutter ihn mit großen Augen anschaute. Einen Moment herrschte Stille, doch dann lächelte die ältere Dame erfreut. „Dass ich das noch erleben darf!“, rief sie aus und ergriff mit freudiger Miene Katies Hände. „Komm, setz dich, mein Kind. Du musst mir alles erzählen.“ Bevor Katie etwas sagen oder tun konnte, wurde sie auch schon von Mrs. Holmes zum Sofa gezogen und in die weichen Polster gedrückt. Sherlock seufzte sichtlich genervt über das Verhalten seiner Mutter und gesellte sich schließlich mit John und seinem Vater zu ihnen. Unterdessen hatte Mrs. Holmes schon damit angefangen, Katie Löcher in den Bauch zu fragen. „Erzählen Sie, Katie. Wie lange sind Sie schon mit Sherlock zusammen?“, fing die ältere Dame an. „Es sind jetzt ungefähr zwei Monate“, antwortete Katie. „Schon zwei Monate und du hattest es nicht mal nötig anzurufen und uns von den Neuigkeiten zu erzählen?“, fragte Mrs. Holmes vorwurfsvoll an ihren Sohn gewandt. „Ihr müsst ja nicht alles immer sofort wissen, oder?“, gab Sherlock zurück. „Trotzdem hättest du mal etwas sagen können“, bemerkte seine Mutter, ehe sie sich wieder an Katie wandte. „Er behandelt Sie doch gut, oder? Manchmal ist er nämlich schon etwas taktlos, wenn ich das so sagen darf.“ „Darüber müssen Sie sich wirklich keine Sorgen machen. Ich bin bei Ihrem Sohn in guten Händen. Er ist immer für mich da und passt auf mich auf und wenn es mir nicht gut geht oder ich traurig bin, dann gibt er mir Halt…“, erzählte Katie und warf Sherlock einen kurzen Blick zu. Mrs. Holmes schaute sie daraufhin nur verwundert an. „Sind Sie sicher, dass Sie von Sherlock reden?“, fragte sie dann, diese Seite ihres Sohnes kannte sie offensichtlich nicht wirklich. Katie musste sich bei ihrem Blick ein Lachen verkneifen. „Ja, ich bin mir ganz sicher“, sagte sie schließlich. „Dann kann ich ja wirklich beruhigt sein. Aber wie haben Sie ihn eigentlich kennengelernt?“, fragte Mrs. Holmes dann. Katie hatte mit dieser Frage schon gerechnet. „Das ist eine etwas längere Geschichte…und leider ist sie keineswegs romantisch, zumindest die Umstände unserer ersten Begegnung nicht…“, antwortete Katie. „Wie meinen Sie das?“, mischte sich nun Mr. Holmes ein. „Naja…vor ein paar Monaten arbeitete ich noch in einer Cocktailbar. Als ich von einer langen Spätschicht nach Hause ging, beobachtete ich einen Mord in einer dunklen Seitenstraße. Der Mörder hat mich allerdings gesehen und durch die halbe Stadt gejagt. Dabei bin ich zufällig Sherlock und John in die Arme gelaufen. Als ich ihnen sagte, was passiert ist, nahmen sie mich mit in ihre Wohnung in der Baker Street. Seitdem bin ich bei ihnen und sie passen auf mich auf, damit mich der Mörder nicht auch erwischt. Dabei sind Sherlock und ich uns irgendwann näher gekommen, bis daraus schließlich mehr wurde“, erzählte Katie. „Diese Geschichte mit dem Mord ist ja schrecklich…wie gut, dass Sie gerade Sherlock und John getroffen haben. Konnte man den Mörder inzwischen schon fassen?“, fragte Mrs. Holmes. „Nein, sonst wären wir nicht hier, um uns den Schlüssel zu eurem Wochenendhaus zu holen“, warf Sherlock ein. „Bei dem Mörder handelt es sich um Moriarty. Dieser Name sagt euch sicher noch etwas.“ Sherlocks Eltern schauten ihn entsetzt an. „Ich dachte, der sei längst tot“, sagte sein Vater dann. „Das dachten wir auch. Aber er ist definitiv wieder da und da Katie Zeugin dieses Mordes wurde, macht er nach wie vor Jagd auf sie. Er hat einen Countdown gestartet, der von 5 ab rückwärts gezählt wird. Bisher haben John und ich vergeblich versucht, ihn zu stoppen. Drei Menschen sind ihm schon zum Opfer gefallen. Zuletzt Katies Freundin und Arbeitskollegin Sarah, die wir vor zwei Tagen beerdigt haben. Jetzt fehlen ihm noch zwei Opfer, bis er seinen Countdown vollendet hat und sich Katie holen will“, berichtete Sherlock. „Das ist ja schrecklich“, meinte Mrs. Holmes, die ihm mit wachsendem Entsetzen zugehört hatte. „Im Moment verhält er sich auffallend ruhig, aber er plant sicher schon den nächsten Schlag gegen uns. Deswegen dachte ich, dass es ganz gut wäre, für eine Weile aus London rauszukommen. So hätten John und ich genügend Zeit uns zu überlegen, wie wir weiter gegen Moriarty vorgehen können und Katie könnte wegen der schrecklichen Ereignisse etwas Abstand gewinnen. Daher habe ich euch gefragt, ob wir uns für eine Weile in eurem Wochenendhaus niederlassen könnten“, erklärte Sherlock. „Natürlich, das ist gar kein Problem. Ich hole euch den Schlüssel“, antwortete seine Mutter und stand auf, um besagten Gegenstand zu holen. Kurz darauf kam sie wieder und gab ihn an Sherlock weiter, der ihn dankend entgegennahm. „Vielen Dank, dann sollten wir uns langsam auf den Weg machen“, meinte der Detektiv an John und Katie gewandt, die zustimmend nickten. „Was, ihr wollt jetzt schon gehen? Wollt ihr nicht wenigstens zum Essen bleiben?“, fragte Mrs. Holmes. „Danke, aber mir wäre es lieber, gleich weiter zu fahren. Wie ihr wisst, dauert es von hier aus eine ganze Weile, bis man das Haus erreicht und ich möchte vor Einbruch der Dunkelheit dort sein“, erwiderte Sherlock. „Das ist verständlich. Ihr könnt meinen Wagen nehmen“, bot Mr. Holmes an. „Danke, das nehmen wir gerne an. Ach ja, es wäre auch gut, wenn ihr niemandem aus der Nachbarschaft erzählt, dass wir hier waren. Ist nur zu eurer eigenen Sicherheit. Man kann nie wissen, wo sich Moriartys Leute verstecken“, meinte Sherlock. „Wir werden euren Besuch für uns behalten“, versprach Mrs. Holmes. „Gut, dann sollten wir jetzt gehen“, sagte Sherlock daraufhin und stand auf, worauf John und Katie es ihm gleich taten. Sherlocks Eltern brachten sie noch zur Tür, wo sich Mrs. Holmes noch einmal an Katie wandte. „Es hat uns wirklich gefreut, Sie kennenzulernen. Passen Sie gut auf sich auf und natürlich auch auf Sherlock und John, so wie die beiden hoffentlich auch auf Sie achten werden.“ „Das mach ich und ich kann Ihnen nur noch einmal versichern, dass ich bei den beiden in guten Händen bin. Es hat mich auch gefreut, Sie kennenzulernen. Aber jetzt sollte ich gehen. Sherlock wartet auf mich, auf Wiedersehen.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Katie von Sherlocks Eltern und stieg zu ihm und John in den Wagen, den ihnen Mr. Holmes freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Kurz darauf waren sie auch schon auf dem Weg zu dem Wochenendhaus, das der Familie Holmes gehörte. Die Fahrt dauerte mehrere Stunden und Katie fragte sich mit der Zeit, ob sie wohl tatsächlich vor Einbruch der Dunkelheit an ihrem Ziel ankommen würden, da draußen bereits die Dämmerung einsetzte. „Ist es noch weit?“, fragte sie irgendwann an Sherlock gewandt, der am Steuer saß. „Nein, vermutlich fahren wir noch eine halbe Stunde“, antwortete er. „Na gut“, gab Katie lediglich zurück und schaute wieder aus dem Fenster. Wie Sherlock es vorausgesagt hatte, fuhren sie noch eine halbe Stunde, ehe sie schließlich ihr Ziel erreichten. Erleichtert stieg Katie aus und streckte sich erst einmal; durch das lange Sitzen hatte sie das Gefühl, dass ihr alle Knochen wehtaten. Auch Sherlock und John waren ausgestiegen und machten sich daran, das Gepäck aus dem Kofferraum zu holen. Katie nutzte die Zeit, um sich etwas umzusehen. Das Auto war auf einer halbrunden Kiesauffahrt zum Stehen gekommen. Ein paar Meter weiter entdeckte sie ein großes Haus, das aus massivem Stein gebaut war. Der Größe nach zu urteilen, musste es wohl mindestens zweistöckig sein. Es besaß große hohe Fenster und an der weiß angestrichenen Tür hieß ein Schild die Besucher bzw. Bewohner des Hauses herzlich willkommen. Als Katie sich weiter umschaute, stellte sie fest, dass das Haus ganz alleine dastand. Es gab keine benachbarten Häuser; sie waren offensichtlich ganz für sich, was ihr nach den Ereignissen in London gerade recht war. Sie war sich sicher, dass sie hier die nötige Ruhe finden würde, die sie jetzt brauchte und dass sie hier keine Angst haben musste, dass jeden Moment ein Irrer auftauchen könnte, der sie umbringen will. „Und, was sagst du dazu?“, fragte Sherlock, als er neben sie trat. „Es gefällt mir und es ist schön ruhig hier. Hier lässt es sich bestimmt eine Weile aushalten“, antwortete Katie lächelnd. „Schön, dass es dir gefällt. Was hältst du davon, wenn wir reingehen? Hier draußen wird es langsam kalt“, meinte Sherlock dann. „Du hast Recht. Lass uns rein gehen“, stimmte Katie zu und folgte dem Dunkelhaarigen gemeinsam mit John zur Haustür. Als sie das Haus betraten, fanden sie sich in einer Eingangshalle wieder, die links und rechts zu den Wohnräumen im Erdgeschoss führte. An der Stirnseite führte eine Treppe nach oben und bestätigte somit Katies Vermutung, dass das Haus zweitstöckig sein musste. „Ich zeige euch am besten erst einmal alles, danach können wir die Koffer nach oben bringen“, meinte Sherlock, worauf Katie und John nur zustimmend nickten. Zuerst zeigte ihnen der Dunkelhaarige die Küche, die links von der Eingangshalle lag. Sie war groß und geräumig und Katie beschloss, diesen Bereich des Hauses gleich für sich zu beanspruchen, bevor Sherlock womöglich eines seiner Experimente eingepackt hatte und damit wieder den Küchentisch und den Kühlschrank belagern würde. Von der Küche kam man in ein gemütliches Esszimmer, in dem ein großer Tisch aus Eichenholz und sechs Stühle standen, die dazu einluden, sich dort einzufinden und die Mahlzeiten in gemütlichem Beisammensein einzunehmen. Dahinter befand sich noch eine Vorratskammer, wo man seine Einkäufe verstauen konnte. Auf der anderen Seite des Hauses befand sich das Wohnzimmer, das ebenfalls mit bequem aussehenden Möbeln, einem Flachbildfernseher und einem Kamin ausgestattet war. Gleich daneben befand sich zudem eine Art kleine Bibliothek, was vor allem Katie begeisterte. Als sie wieder in der Eingangshalle ankamen, nahmen sie ihre Koffer und gingen dann nach oben, wo sich drei Schlafzimmer, ein Badezimmer und ein Arbeitszimmer befanden, wobei letzteres sicher Sherlocks Vater gehörte. „Na, was sagt ihr dazu?“, fragte Sherlock, als die Führung beendet war. „Es ist schön hier. Mir gefällt es“, sagte Katie sofort. „Mir gefällt es auch“, stimmte John der Braunhaarigen zu. „Gut, dann sollten wir jetzt erst einmal unsere Koffer abstellen. Und dann könnten wir noch eine Kleinigkeit essen. Meine Mutter konnte es nicht lassen und hat für jeden von uns etwas eingepackt“, schlug Sherlock dann vor, worauf die anderen beiden zustimmten. Nachdem sie wie vereinbart noch etwas gegessen hatten, saßen sie für den Rest des Abends im Wohnzimmer zusammen, bis John ihnen irgendwann eine gute Nacht wünschte und sich zurückzog. Katie und Sherlock blieben noch unten und beschlossen, sich noch etwas vor den Kamin zu setzen, in dem immer noch ein kleines Feuer gemütlich vor sich hin knisterte. Als sie sich davor niederließen, atmete die Braunhaarige erleichtert über ein bisschen Ruhe auf, während sie sich an Sherlocks Schulter lehnte, der einen Arm um sie gelegt hatte und sie so nah bei sich behielt. „Du wirkst seit langem mal wieder richtig entspannt, weißt du das?“, stellte der Dunkelhaarige fest. „Das bin ich auch“, gab Katie zu. „Seit wir hier angekommen sind, sind meine Ängste zum größten Teil von mir abgefallen. Ich fühle mich hier sicher und denke, dass ich hier endlich ein bisschen Ruhe finden kann.“ „Das freut mich zu hören. Dann war es also doch keine schlechte Idee hierher zu kommen“, meinte Sherlock. „Ganz und gar nicht. Es war sogar eine sehr gute Idee. Ich hätte gar nicht gedacht, dass deine Eltern ein so großes Wochenendhaus besitzen. Aber es gefällt mir hier. Es hat mich nur gewundert, dass es in einer so einsamen Gegend liegt“, bemerkte Katie. „Meine Eltern haben bei der Wahl des Wochenendhauses darauf geachtet, dass man sich darin auf jeden Fall gut erholen und auch mal zurückziehen könnte. Deswegen haben sie sich für dieses hier entschieden. Aber keine Sorge, nur weil es hier keine benachbarten Häuser gibt, heißt das nicht, dass wir von der Außenwelt abgeschnitten sind. Nicht weit von hier liegt ein kleines Dorf. Mit dem Auto braucht man etwa zehn Minuten dorthin. Dort kann man auch einkaufen. Ich werde es dir morgen mal zeigen. Wir müssen sowieso unsere Vorräte auffüllen“, antwortete Sherlock. „Das ist eine gute Idee. Ich freue mich schon darauf“, erwiderte Katie lächelnd, worauf der Detektiv ebenfalls lächelte und sie näher zu sich zog. Sie blieben noch eine ganze Weile vor dem Kamin sitzen, bis sie irgendwann beschlossen, sich ebenfalls hinzulegen. Kurz darauf waren die beiden auch schon eingeschlafen; es war die erste Nacht seit Sarahs Beerdigung, in der Katie endlich wieder ruhig schlafen konnte. Am nächsten Tag löste Sherlock sein Versprechen ein und zeigte Katie das nahe gelegene Dorf, wobei auch John sie begleitete. An ihrem Ziel angekommen, beschlossen sie erst einmal ihre Einkäufe zu erledigen, ehe sie sich ein wenig im Ort umsehen würden. Es war Silvester und Katie hatte sich bereit erklärt, zur Feier des Tages ihre Kochkünste unter Beweis zu stellen. So kauften sie alles Nötige ein und ließen sich von dem Detektiv anschließend das restliche Dorf zeigen, bevor sie am frühen Nachmittag den Rückweg antraten. Den Nachmittag verbrachten sie im Wochenendhaus, wobei sich Sherlock und John noch einmal der Sache mit Moriarty zuwandten und Katie sich mit einem Buch zurückzog. Am Abend kochte Katie wie versprochen ein regelrechtes Menü und die beiden Herren des Hauses sprachen ihr ihr Lob aus, was die Braunhaarige maßlos freute. Nach dem Essen saßen sie noch im Wohnzimmer und warteten darauf, dass die Uhr Mitternacht schlagen und somit das neue Jahr einläuten würde. Als es soweit war, stießen sie miteinander an und wünschten sich ein frohes neues Jahr, ehe sie nach draußen gingen, da Sherlock ihnen gesagt hatte, dass man von der Wiese hinterm Haus das Feuerwerk sehen konnte, das jeden Moment im Dorf entzündet werden würde. Der Dunkelhaarige hatte nicht zu viel versprochen, denn sie waren kaum nach draußen getreten, als auch schon Feuerwerksblumen in allen nur erdenklichen Farben den Nachthimmel erhellten und mit einem lauten Knallen das neue Jahr begrüßten. Katie schaute dem Schauspiel fasziniert und mit leuchtenden Augen zu. Doch plötzlich kam ihr ein Gedanke und ein trauriger Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. Das entging auch Sherlock nicht. „Was ist denn los?“, fragte er daher. „Ich musste nur gerade an etwas denken“, antwortete Katie, doch Sherlock merkte sofort, dass sie ihm etwas verschwieg. „Und woran?“, hakte er deshalb nach. „Weißt du…heute wäre Sarahs Geburtstag…“, erwiderte Katie mit zitternder Stimme. „Wirklich…?“, fragte der Detektiv nach, worauf die Braunhaarige nickte. „Ja…ihr Geburtstag war der 01. Januar…sie hat sich immer wie ein kleines Kind auf das Feuerwerk gefreut. Wenn es zwölf schlug, stießen wir miteinander an und gingen dann nach draußen, um uns das Feuerwerk anzusehen. Sie war immer davon begeistert, dass sie in ihren Geburtstag hinein feiern konnte. Das wollte sie dieses Jahr wieder so machen…ich hatte sogar schon ein Geschenk für sie…aber jetzt werde ich es ihr niemals geben können…“ Zum Schluss versagte ihr die Stimme und sie konnte es nicht verhindern, dass sich ein paar Tränen den Weg über ihre Wangen bahnten. Sherlock zog sie daraufhin in eine Umarmung und hielt sie fest, während er ihr beruhigend über den Rücken streichelte. Katie ließ es zu und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust, während ihr immer wieder ein leises Schluchzen entkam. Die Gedanken an ihre ermordete Freundin waren mit einem Mal wieder in ihr hochgekommen und sie konnte nicht anders, als ihren angestauten Gefühlen in diesem Moment freien Lauf zu lassen. Eine ganze Weile standen sie so da; das Feuerwerk hatte schon längst aufgehört, als Katie sich wieder von Sherlock löste. „Geht es wieder?“, fragte er, worauf sie langsam nickte. „Ich glaube schon…“ „Dann lass uns reingehen. Vielleicht sollten wir auch nach oben gehen. Du siehst etwas erschöpft aus“, meinte Sherlock, worauf Katie erneut nickte und ihm schließlich ins Haus folgte. Nachdem sie John noch eine gute Nacht gewünscht hatten, zogen sich Katie und Sherlock in ihr gemeinsames Zimmer zurück. Die Braunhaarige wirkte immer noch niedergeschlagen, was auch dem Detektiv auffiel. „Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass du immer noch traurig bist. Aber ich verspreche dir, dass alles gut werden wird. John und ich schnappen uns diesen Wahnsinnigen, dann wird er nie wieder jemandem etwas tun“, sagte Sherlock, während er sich neben sie setzte und sie erneut zu sich zog. „Aber versprich mir auch, dass ihr beide auf euch aufpasst. Ich will nicht, dass er euch auch noch erwischt“, erwiderte Katie und schaute ihn bittend an. „Keine Sorge. Das wird auf keinen Fall passieren“, versicherte ihr Sherlock. „Gut, ich verlasse mich darauf“, entgegnete Katie. „Das kannst du. Geht es dir jetzt ein bisschen besser?“ Fragend schaute der Detektiv sie an. „Nicht wirklich…die Gedanken an Sarah kommen immer wieder in mir hoch…“, gestand Katie und schaute ihn unglücklich an. „Dann sag mir, wie ich dir helfen kann“, forderte Sherlock sie auf und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus der Stirn. „Lenk mich einfach ab…irgendwie…“, bat Katie, worauf eine kurze Stille zwischen ihnen herrschte, in der Sherlock offensichtlich über ihre Worte nachdachte. Doch dann zog er sie noch näher zu sich heran und im nächsten Moment spürte Katie, wie sich seine Lippen sanft auf ihre legten. Die Braunhaarige schloss daraufhin die Augen und gewährte ihm ohne zu zögern Einlass, als er sie darum bat, wobei sie ihm nun ihrerseits näher kam. Der Detektiv ließ es zu, während er den Kuss noch vertiefte, der langsam aber sicher etwas fordernder wurde. Katie ließ sich nur zu gerne darauf ein, denn wenigstens für diesen Moment hatte sie jeglichen Gedanken an Sarah verdrängt. Als sie sich wieder voneinander lösten, musste Katie erst wieder zu Atem kommen, wobei sie immer noch nah bei ihm blieb. Der Dunkelhaarige hielt sie fest und streichelte ihr wieder sanft über den Rücken. „Sherlock…?“, fragte Katie dann leise in die aufgekommene Stille hinein. „Was denn?“, gab er genauso leise zurück. „Lass mich diese furchtbaren Ereignisse wenigstens für eine kleine Weile vergessen…bitte…“, murmelte sie und kam ihm noch näher. Sherlock antwortete nicht, stattdessen zog er sie erneut zu sich und küsste sie noch einmal; dieses Mal war der Kuss jedoch leidenschaftlicher. Katie ging sofort darauf ein und ehe sie sich versah, hatte sie sich auch schon nach hinten auf das Bett sinken lassen, wobei sie den Detektiv mit sich zog, ohne den Kuss zu unterbrechen. Er folgte ihr bereitwillig und ließ den Kuss noch intensiver werden. Katie gab sich ihm voll und ganz hin und wusste nur noch, dass sich ihre Finger verlangend in seine dunklen Locken krallten, ehe sie sich vollends ihrer Leidenschaft überließ und sämtliche Gedanken an Sarah oder Moriarty verdrängte; wenigstens für diese eine Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)