Kampf gegen das Schicksal von Faylen7 (Wunden der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Die hylianische Trauerfeier und Hopfdingen verschwanden mit den ruhigen Abendstunden langsam aus den Gemütern der jungen Schüler und vielleicht würde sein rätselhafter Tod erst dann wieder von Bedeutung sein, wenn alte Geschichten zurück ins Leben gerufen werden mussten. Hylianer vergaßen und erinnerten sich irgendwann mit schauriger Gewissheit wieder an das, was in ihrer Vergangenheit lag, dann, wenn die heile Scheinwelt bröselte... Nur Link grübelte verbissen über Hopfdingen nach, erinnerte diesen klumpigen Ring und seinen Kompass mit einer merkwürdigen Gewissheit, dass diese Dinge von Bedeutung sein würden in naher Zukunft. Er wusste es einfach... Er wusste es... Erschöpft saß er mit William in der Bibliothek am Ende des Ganges, wo sein Schlafquartier lag. Er hatte ein Buch vor seiner Nase aufgeschlagen, aber las nicht, sondern starrte wie in Trance auf die vielen hylianischen Schriftzeichen. Die Feder in seiner Hand musste bereits ausgetrocknet sein, während er weiterhin in Gedanken schwebte und keineswegs den Inhalt des Buches verstand. Seine Augen waren mittlerweile wieder fast zurück zu ihrem Ursprung, beinahe das gleiche tiefblau wie es einst gewesen war. Und ihr rätselhaftes Flimmern im Kerzenlicht zeugte von der einstigen Natur des trübsinnigen, sehnsüchtigen Heroen, der aus dem Kindsein auf so schändliche Weise herausgerissen wurde. Gebannt schaute Link dem Flackern der Kerze zu, erinnerte sich an einige Worte Shieks, der Hyrules Sonnenlicht mit dem eine Kerze verglichen hatte. Auch Hyrules Sonnenlicht war gebunden an ein unhaltbares Gleichgewicht... Und ebenso wie eine einfache Elfenhand das Licht der Kerze mit zwei Fingern auslöschen konnte, so konnten jene, die Macht hatten, das Licht der Sonne mit purer Dunkelheit überschatten. Es war eine Warnung von den Lippen Shieks mit der geschenkten Macht behutsam umzugehen. Ein Warnung, die der junge Heroe erst jetzt wieder erinnerte... „Hüte dich vor der Macht in dir selbst...“, flüsterte Shieks untypische, helle Stimme. „Hüte dich...“ Link schüttelte mit dem Kopf... Irgendwie traurig, dass er sich erst jetzt wieder an Shieks Worte erinnerte, jetzt, da er sein Fragment falsch, zum Unwohl seiner selbst, eingesetzt hatte... Und was ihm Shiek nicht alles über die Macht des Mutes erzählt hatte. Damals bei einem Lagerfeuer in purer Wildnis, wo eine verhüllte Zelda ihm Gesellschaft geleistet hatte. Schon damals hatte sie gespürt, wann er jemanden brauchte, ein wenig Gesellschaft genoss und die Anwesenheit eines Freundes nötig hatte. Sie erzählte ihm in der alternativen Zukunft alles mögliche über das Fragment des Mutes, noch bevor er wusste, dass er es trug. Sie redete von Heilkräften, einem Licht im Dunklen und sie meinte auch, es könne denjenigen, die in seiner Nähe verweilten, ebenso mit mehr Mut ausstatten, wenn der Träger es wollte. Aber viele, eigentlich fast alle der Fähigkeiten waren Link bisher noch unbekannt. Fähigkeiten wie Schockwellen und magische Flüche, die nur mit dem Fragment des Mutes möglich wären. All diese hatte er noch nicht entdeckt. Doch einige der Gaben, die das Fragment mitbrachte, schreckten Link irgendwie ab. Dinge wie eine Gedankenmanipulation oder sogar Schweben... Auch, wenn Zelda meinte, diese Dinge würden ihm zustehen, er würde wissen, wie er sie kontrollieren könnte und nur er hätte ein Herz, das rein genug war, um mit einer solchen Macht tausender Gesichter umzugehen... Ja, Zelda hatte immer Zuversicht gezeigt. Sie hatte ihm immer vertraut... Er hatte Sehnsucht, das spürte er im Augenblick, Sehnsucht nach Zelda, auch wenn er immer dachte, es sei falsch an sie zu denken, es sei falsch, sich ein wenig Wärme und Zuneigung von ihr zu wünschen. Und trotz allem hatte er nun unglaubliche Sehnsucht nach ihren Worten und ihren Augen. Sie waren blau... das einzige, was er wusste, aber wie sie aussahen, was in ihren Augen lag... all’ das schien wie verboten in seinen Gedanken. Er erinnerte sich einfach nicht daran, wie Zeldas Augen aussahen, traute sich aber aus irgendeinem Grund nicht, mit einem Blick in ihre Augen die Erinnerung aufzufrischen. Das konnte doch nicht sein, dachte er. Wie stupide! Er wusste einfach nicht mehr, wie ihre Augen aussahen, obwohl sie so viel zusammen durchgestanden hatten, obwohl sie doch über ihr Schicksal verbunden waren. Er hatte es schlichtweg vergessen. Aber stimmte das? Vergessen... etwas unabdingbares in einer magischen Welt wie Hyrule. Aber vielleicht nicht in diesem Fall... Mehr und mehr Entsetzen und Verwirrung machten sich in seinem Kopf breit. Er stützte seine Hände an den Kopf, rieb sich über die Stirn, aber er erinnerte einfach nicht Zeldas sanftmütige Augen, die so eindringlich in der Seele lesen konnten. Link war enttäuscht... von sich selbst... und er hatte Zweifel, ob an dieser Vergesslichkeit nicht mehr dran war als er verstehen konnte... Sicherlich konnten sich Hylianer nicht alles merken, nicht ein Gelehrter sollte alle wichtigen Ereignisse in seinem klugen Kopf behalten können. Aber Zeldas Augen waren doch immer ein Grund für ihn gewesen, weiterzugehen, zu kämpfen, die Hoffnung zu behalten und nun waren ihre Augen in seinen Erinnerungen leer... ausgelöscht... unwirklich... Entsetzt starrte er weiterhin auf die Buchseiten, fand für seine Vergesslichkeit einfach keine Erklärung und hatte ein leichtes Angstgefühl um Zelda, wenn er daran dachte. Er konnte es immer noch nicht glauben. Er kannte Zeldas Augen nicht mehr... „Will?“, sagte Link eindringlich, beinahe aufgeregt und drehte sich auf seinem Stuhl zu dem Kerl, der vor dem Kamin zwischen Büchern verzweifelte. „Jo? Probleme?“ „Das Mädchen in unserem Zimmer, du weißt schon, das blonde Mädchen mit den blauen Augen.“ „Ja, was ist denn mit ihr?“ „Kannst du dich an ihre Augen erinnern?“ Links Worte waren trocken wie abgestandenes Brot. „Ja, warum?“ Link stand auf, lief in Wills Richtung und meinte beinahe befehlend: „Beschreib’ sie mir!“ „Wieso?“, äußerte der junge Laundry und runzelte die Stirn. „Frag’ nicht, sondern beschreib’ sie mir!“, sagte Link forscher und ballte die Fäuste. „Ich kann’s ja mal versuchen.“ Und Will blickte zu dem einzigen Fenster in der kleinen Bibliothek, wo man das Licht eines sehr schmalen Sichelmondes erkennen konnte. „Es war irgendwie ein sehr kräftiges, leuchtendes Blau, genauso wenn der Himmel klar und rein ist. Ein schönes Blau, was ich bisher bei noch keiner Hylianerin gesehen habe.“ Link nickte und zwinkerte ein paar Mal, wollte, dass er sich an ihre Augen erinnerte, aber es ging einfach nicht. Da war irgendwie eine Blockade in seinem Kopf. Er stützte sich auf dem Tisch ab, wo auch die kleine Kerze stand und schlug mit der linken Faust so kräftig darauf, dass die Kerze ungewöhnlich flackerte. „Äh... Link?“, meinte Will vorsichtig und lief die wenigen Schritte zu ihm hinüber. „Was?“, sagte er kurz und kräftig. Und schon wieder war sein merkwürdiger Mitbewohner dabei auf die eisige und grantige Schiene abzurutschen. William überlegte lange, wollte nichts falsches sagen und schwieg lieber als erneut in Links griesgrämiger Geheimniskiste herumzuwühlen. Geräuschvoll ließ sich Link auf den Stuhl sinken und sagte wehleidig. „Ich erinnere ihre Augen einfach nicht mehr...“ „Na und? Wenn du sie triffst, dann siehst du sie wieder.“ Link wurde mit jeder Minute eisiger und wütender. „Verdammt, du verstehst das nicht. Nach allem, was ich mit ihr durchgestanden habe, ist es einfach nicht normal, dass ich mich nicht mehr an ihre Augen erinnere. Ich habe einfach... Panik... verrückt zu werden.“ Will steckte seine Hände in die Hosentaschen und schwieg. ,Das war es wohl’, dachte er. Dieser Satz musste typisch Link sein... Er lief zum Fenster und sah drüben in der Mädchenschule noch Licht brennen. „Ist sie so wichtig für dich?“ „Ja...“, sagte Link lispelnd, wünschte sich aber im selben Moment er hätte es nicht zugegeben. Damit wand sich William zu ihm, seine grünen Augen glühten in der dämmrigen Atmosphäre der winzigen Bibliothek. „Ich muss dir was gestehen, Link.“ Und er holte tief Luft. „Ich hätte mir schon beinahe Hoffnungen gemacht.“ Links Gesicht verzog sich zu noch mehr Verwirrung als bisher. „... ich habe gedacht, wenn ich herausfinden würde, wer sie ist... dann könnte ich mich näher mit ihr anfreunden. Sie ist irgendwie faszinierend und zieht einen sofort in einen magischen Bann... Aber anscheinend waren meine Hoffnungen überflüssig...“ Link hörte aufmerksam zu und doch begriff er nicht das, was Will andeutete. „Warum? Du kannst sie doch immer noch kennen lernen.“ „Ja, aber nicht so wie ich es gerne gewollt hätte.“ Link sah zu Boden und folgte den Schatten, die jene rote Kerze im Raum mit den drei Bücherregalen warf. „Aber noch ist ja nichts verloren, oder?“ Und William hatte gerade jetzt einen Schub der sogenannten Laundry- Angriffslust. Nur weil Link ein so enges Verhältnis zu dieser unbekannten Schönheit hatte, hieß das doch noch nicht, dass er keine Chance hatte. Link zuckte mit den Schultern und pflanzte sich wieder vor das Buch, ärgerte sich aber weiter darüber, dass er Zeldas unglaublich angenehmen Augen mit den mildtätigen Blicken nicht mehr entsinnen konnte. In dem Moment warf Will eines der Bücher gegen eine Wand und das Teil wurde aufgrund des Aufpralls zerfetzt. Link zog eine Augenbraue nach oben und hatte den kurzen Gedanken, dass nicht nur er einen Grund hatte, sich über sich selbst zu ärgern. „Verdammter Auftrag... ich habe einfach die Schnauze voll davon.“ Link verstand sofort und wusste, dass Will ihm sicherlich gleich mitteilen würde, welchen tollen Auftrag er von Newhead erhalten hatte. „Link, jetzt mal ernsthaft! Bist du mit deinem Auftrag zufrieden?“ Und jener schüttelte den Kopf. Will pflanzte sich neugierig ihm gegenüber und steckte die wissbegierige Laundrynase in das Buch, welches Link auf dem Tisch liegen hatte. „Nein... mein Auftrag ist langweilig. Ich soll’ mich über berühmte Leute Hyrules informieren...“ Begriffsstutzig überdachte Will die Sache zweimal. „Wieso langweilig? Nimm’ doch den Helden der Zeit, Link.“ „Ich habe keine Lust über einen ausgesonderten, komischen Kauz zu schreiben, der besser kämpfen kann als der Rest der Schüler hier.“ Will überlegte langsam und ließ Links Worte auf der Zunge zergehen. Ausgesonderter Kauz... der besser kämpfen kann als andere... Plötzlich lachte Will in einem so lauten, kreischenden Ton mit seiner tiefen Stimme, dass es jede Ratte aus den Löchern befördern hätte können. „Weißt du, wie das gerade klang? Als ob du über dich selbst schreiben wolltest.“ Und Will lachte wieder, kam aber nicht auf den Dreh, dass er dem Helden der Zeit direkt gegenüber saß. „Toll, du bezeichnest mich also als einen komischen Kauz...“ „Ja, das bist du.“ Link schlug mit der Faust auf den Tisch. „Bei Farore, nun mach’ aber halb lang. So schlimm bin ich auch wieder nicht.“ „Doch, genau das bist du.“ „Bin ich nicht!“ Link sagte jedes Wort langsam und energisch. „Sogar Lilly, mein durchgeknalltes Schwesterchen, sagt das. Außerdem verhältst du dich genauso: Wie ein komischer Kauz mit einem Riesenrepertoire an Geheimnissen.“ Und Link gingen die Argumente aus. Wo Will Recht hatte, hatte er Recht. „Dann bin ich eben so...“, trotzte er. Und Will lachte herzlichst. „Und was ist nun an deinem Thema das Problem?“, sagte Link, um seinen Mitbewohner von seinem komischen Lachanfall abzulenken. „Ich soll die goldene Kralle einer Pteropia suchen. Und ich habe keine Ahnung, was eine Pteropia ist.“ Link grinste unverbesserlich und überlegte hinterlistig, ob er seinem verzweifelten Kumpel mitteilen sollte, um was es sich handelte, oder nicht... Denn er kannte sich eben mit jeglichen Geschöpfen Hyrules aus, hatte viele Wesen Hyrules legendärer Mythologie schon mit eigenem Auge gesehen und wusste um den Dämonenunrat in jener magischen Welt. Es war noch nicht lange her, dass er eine Pteropia gesehen hatte… „Hast du schon in den Büchern nachgeguckt?“ „Ja… doch!“, meinte Will genervt. „Weder in dem dämonischen Lexikon steht was zu Pteropias, noch irgend woanders…“ „Dann ist dieses Lexikon unvollständig.“ Wills Augenbrauen zogen sich nach oben und er hatte schon wieder seine Verdächtigungen gegen Link. „Womit wir wieder bei dem Thema wären. Du bist also tatsächlich ein Moblinjäger, sonst würdest du so etwas nicht behaupten können.“ Link wollte gerade auf Wills Spitzfindigkeit eingehen, als er an der gegenüberliegenden Wand etwas Unnatürliches beobachtete. Er sah die Schatten tanzen, die das Kerzenlicht erschuf und doch tanzte in der Kürze eines Augenblicks mehr an den Wänden als die Kerzenflamme zuließ. Link sprang auf und warf erschrocken den Stuhl um, auf dem er zuvor noch saß. „Was ist denn?“, schnaubte Will und folgte dem ernsten Blick des unbekannten Heroen, wollte erkennen, welcher Grund seinen Kumpel aufhorchen ließ, wollte verstehen. Aber Link führte nur einen Zeigefinger an seine spröden Lippen und bat Will mit stummen Worten sich so leise wie möglich zu verhalten. Das Licht der Kerze flackerte unruhiger, getragen vom gespenstischen Atem jener Dinge, die ein bloßes einfältiges, hylianisches Auge nicht sehen konnte. Will fühlte eine Gänsehaut, die über seinen Nacken lief, eine Form von Annäherung an Dunkles, was er bisher in seinem fünfzehnjährigen Leben nie gespürt hatte. Angstvoll landete seine rechte Hand über seinem Mund, um die Aufregung nicht Überhand nehmen zu lassen. Er schwieg mit Ehrfurcht. Er schwieg mit Entsetzen. Vier Augen verweilten an der gegenüberliegenden Wand, als die Schatten jener Gegenstände sich im Zimmer ausbreiteten. Wie Tausende kleine Füße liefen Kreaturen die Wände hinauf, die sich dem Auge der Wirklichkeit entzogen. Der junge Laundry fühlte schweren Schweiß an seiner Stirn, fühlte ein Vibrieren und Brennen in seinen Blutadern. Blut kochte… die Gefahr nahte… Er wollte zum Schrei ansetzen, doch Link war schneller. Wie der Blitz hielt er seinem Kumpel den Mund zu und verfolgte mit sturem Blick geduldig das Treiben an den Wänden. Das Licht der Kerze wurde kleiner und fast erstarb es in einer unnatürlichen Atmosphäre von Hitze und Kälte, die sich in der kleinen Bibliothek abwechselten. Für eine Sekunde wanderten Links Augen, in denen sich Erfahrung und Furchtlosigkeit in den letzten Wochen so selten spiegelten, zu Will, dem der Atem stockte. Ein Funken Mut schien in Links Blick zu zerbersten und Will verstand nur spärlich den Ausdruck von Macht und Gewissheit in dem eindrucksvollen Blau... Die Schatten wanderten weiter, krochen hastig, als würden sie vor anderen Gefahren fliehen, in die vier Ecken des Raumes und wenn spitze Ohren genau zuhörten, dann sangen sie erneut ihr schauriges Lied von Qual und Hilflosigkeit. Sie zischten, bettelten vor den namenlosen Schrecken Hyrules, die sich noch weniger preisgeben würden, um Gnade. Ohne Vorwarnung, so schnell wie sie gekommen waren, lösten sich die Schatten in den vier Ecken auf. Das Licht der Kerze warf seinen Schein sinnlich und wärmend in die kleine Bibliothek und alles schien so normal wie vorher. In dem Moment platzte die Panik aus Wills Innerem, die er bisher so gut unterdrückt hatte. Er fluchte, sprang auf die Beine und lief kopfschüttelnd auf und ab. „Beim Triforce... Was war das?“, kreischte er und fühlte sich, als wäre er lebendig in Zoras Reich begraben worden. Es fröstelte ihn. Himmel, es fröstelte ihn vor Angst. „Scheiße. Ich glaub’, ich zerfließe gleich vor Angst...“ Link ließ sich laut und träge ausatmend in den Stuhl zurückfallen, sodass jener quietschte und sagte ruhig: „Es sind Schatten ohne Ursprung... Schatten ohne Ursprung sind nie ein gutes Zeichen.“ Er zupfte sich am Kinn und starrte entschlossen zu seinem Schwert, welches abgestellt und unnütz in der Ecke stand. „Ich kann immer noch nicht glauben, was gerade passiert ist...“, sagte Will. Seine Stimme zitterte. Seine Hände schwitzten und sein Puls raste... immer noch... und er wusste nicht, wie er sich jetzt beruhigen oder diese Nacht ruhig schlafen sollte. Er blickte zaghaft in den dunklen Gang außerhalb der gläsernen Tür, schaute zu dem eigenen Quartier und fragte sich, wie er am besten dort hingelangen könnte, ohne Angst vor dem eigenen Schatten haben zu müssen. In dem Moment schrillte ein tosender Verzweiflungsschrei durch den Raum. Erschrocken drehte sich Will zu seinem merkwürdigen Mitbewohner, der wie wild geworden aufsprang, sich sein Schwert krallte und dieses auf den Rücken schnallte. Will kratzte sich verstört am Kopf und sagte schwächlich: „Du willst doch nicht etwa... dort... in die Dunkelheit?“ Und Wills langer Arm schwenkte ängstlich zu dem Gang. „Hör’ zu, Will. Geh’ in unser Quartier und schließ’ die Tür ab, öffne sie erst wieder, wenn ich dreimal klopfe. Ich muss los...“ Wills smaragdgrüne Augen wurden größer mit jedem Wort besonders wegen den letzten dreien. „Du musst los? Aber wohin denn?“ Links blaue Augen schwenkten zu Boden. „Ich muss etwas tun, ich muss einer Sache auf den Grund gehen.“ „Aber warum denn du? Das machen doch die Friedenswächter.“ An der Entschlossenheit in Links Gemüt nagten nun Zweifel und Ungeduld. „Jawohl, Will... Siehst du irgendwo einen Friedenswächter?“ Noch ehe Will ihm antworten konnte, nahm Link ihm das Wort. „Nein... und ich habe keine Lust in der Nacht von lebenden Schatten überfallen zu werden. Ich muss etwas tun.“ Und der einstige Held der Zeit kam innerhalb von Sekundenbruchteilen zum Vorschein. Nachdenklich strich sich Link einige blonde Strähnen von der Stirn und setzte ernster hinzu. „Ich kann nicht einfach zusehen... Und wenn ich durch meine Nachforschungen herausfinde, welche Monster Hopfdingen auf dem Gewissen haben, zu welchem Zweck und mit welchem Sinn, dann hat das nichts mit Überheblichkeit und Übermut zu tun, sondern mit Pflichtgefühl...“ Link trat zwei Meter weiter in Richtung Glastür und legte die linke Hand auf den Türknauf. Er warf einen beinahe gespenstisch, unheimlichen Blick zu Will, untermauert mit einem sättigenden Grinsen. „Bis später“, meinte er und lachte beinahe. „Spinner...“, entgegnete Will und sah seinen Kumpel schließlich in der Dunkelheit verschwinden... Furchtsam tapste Will mit Fackel und einem Messer, welches sein Vater ihm vermacht hatte, aus der kleinen Bibliothek heraus. Allein nach dem grusligen Ereignis durch einen düsteren Gang zu watscheln, zollte Mut und Überwindung. Und Link, dieser exzentrische Kerl, rannte einfach mit einem Schwert in der Hand drauf los. Mitten hinein in die Gefahr. Mitten hinein in den Schlammassel. Wo, beim Triforce, hatte er das bloß her? Seine Eltern mussten Magier sein, dachte Will. Und sein Vater musst vermutlich zu der Sorte Hylianer gehören, die erst handelten bevor sie nachdachten... Und Will konnte sich nicht vorstellen, dass Links überspanntes, hitzköpfiges Verhalten von anderen Einflüssen als dem Erbe herruhten. Als Will vor der klapprigen Holztür in sein Quartier stand, den Riegel mit zitternder Hand hinunterschob und sofort nach Eintritt die Tür verschloss, entkam der erste erleichterte Seufzer seinem Mund. Er blies die Fackel aus und warf sich aufs Bett. Sein Blick ging zur Tür und er hatte für einen Augenblick die Hoffnung, sein Zimmergenosse würde klopfen... Link war doch nicht mehr ganz dicht im Kopf, dachte Will. Erst hatte er ein scheinbar inniges Verhältnis zur Königstochter Hyrules, dann blieb er ruhig und gelassen, wenn sich Dämonen in der Schule aufhielten. Der führte sich beinahe auf wie jemand, der Hunderte Gefahren überwunden hatte. Wie jemand, der dem Bösen in die Augen gesehen hatte und daran nicht gebrochen war. Er verhielt sich beinahe wie ein... Held... Will fiel aus dem Bett und landete schmerzhaft auf seiner langen Nase. Seine Augen aufgerissen und munter... So simpel klang dieses Wort. Held... ein Held... Konnte es sein, dass sich Link nicht wie ein Moblinjäger, sondern wie ein Held benahm? Eine unglaubliche Idee manifestierte sich in Wills Gedanken, auch wenn er nicht auf den Dreh kommen würde, Link deswegen auszufragen. Aber konnte es sein, dass Link jener Held war, über den die Hylianer ständig redeten? Und wenn es stimmte, dass der Held der Zeit an der Schule war. Wenn jener Heroe einer der Schüler war... wenn er tatsächlich... Bei Farore, Nayru und Din... Was, wenn Link der Held der Legenden war? Der junge Held tapste derweil entschieden in Richtung der Latrinen. Irgendetwas zog ihn wie magisch näher an den Ort des Schreckens... Er wollte lediglich herausfinden, ob es hier in der Nähe zu den Latrinen irgendwelche Zuflüchte gab... vielleicht auch Geheimgänge. Ganz egal, Hauptsache er fand irgendeinen Anhaltspunkt. Während er weiterschlich, kam er einmal mehr an einem der vielen Schaukästen vorbei, wo Auszeichnungen lagen und glänzende Pokale standen. Link kratzte sich am Kinn und las den Namen Arn Fearlesst langsam, ließ ihn auf der Zunge zergehen. Vielleicht sollte er sich doch über ihn informieren, wenn er schon so berühmt gewesen sein sollte. Vielleicht konnte sich Link doch irgendwie mit ihm identifizieren. Die Idee über Arn Fearlesst zu schreiben war doch gar nicht mal so schlecht, dachte er. Wollen wir doch mal sehen, ob dieser Arn Fearlesst so gut kämpfen konnte, wie manche behaupteten. Der Heroe schlich weiter, bis er an den Latrinen angekommen war. Behutsam klopfte Link dann mit dem Heft seines Schwertes die dunklen Steinwände ab. Immer wieder hörte er den gewöhnlichen Klang des Gemäuers, aber nirgends war etwas Verdächtiges. „So unvorsichtig?“, sagte eine feste Stimme und eine starke Hand legte sich auf Links Schulter. Im Eifer des Gefechts wirbelte Link das Schwert herum, noch bevor er erkannte, wer hinter ihm stand. Zwei Klingen prallten mit rauer Gewalt aneinander und erst als der gesunde Stahl beider Waffen nicht mehr vibrierte, ließ Link das Schwert sinken. „Valiant!“, hallte seine Stimme durch die Dunkelheit, worauf jener Adlige den Störenfried scherzhaft beäugte. „Du solltest nicht so gedankenlos nachforschen, wenn du schon so wenig Vertrauen in die Friedenswachenden hast.“ Link steckte seine scharfe Klinge zurück in die metallene Schwertscheide und wand sich wieder den kalten Steinwänden zu. „Das ist es nicht... ich stelle nicht die Sachverständigkeit der Ritter Hyrules in Frage. Aber ich muss einfach handeln...“ Valiants hellgraue Augen verliehen der Nachdenklichkeit in seinem Blick einen tieferen Sinn. Link handelte aus Pflichtgefühl? Aus Treue? Vielleicht hatte Valiant ihn doch unterschätzt, was seine Ideale betraf. Er wühlte in einem Päckchen herum und zauberte das kleine Kaleidoskop hervor. Aber Link beachtete Valiant mit keiner Silbe, sondern widmete sich geduldig seinem Vorhaben. Valiant hustete auffällig. „Was?“, murmelte Link, ohne sich ablenken zu lassen. „Was ist denn?“ „Ich habe hier etwas für dich... von Zelda.“ Schnell und verwundert drehte sich Links Schädel und er erkannte das einstige Kinderspielzeug seiner Prinzessin. „Von Zelda?“ Da war Milde und eine andersartige Form von Güte in Links Blick, auch wenn er die Augen gen Boden wand. Und Valiant verstand langsam... Link war nicht der grausame Held, den er sich immer vorgestellt hatte. Vielleicht war er in Zeldas Anwesenheit beinahe ein kleines Kind. „Sie sagte mir, dass jenes Kaleidoskop das sichtbar macht, was zwar gesehen werden will, aber nicht darf... oder so ähnlich. Und, dass diese Linse im Inneren anders arbeitet als das Auge der Wahrheit.“ „Und ich soll das an mich nehmen?“ Valiant wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und nickte. Link packte den Gegenstand dankend in eine Tasche und widmete sich wieder seinem Tun. Der junge Adlige stand zwei Meter weiter und beobachtete den Helden ausdauernd. Aber Link ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, schnüffelte weiter nach unsichtbaren Dingen, wollte den Wänden verborgene Geheimnisse entlocken... Derweil verschränkte Valiant die Arme und hatte eigentlich nicht die Lust sich hier die Finger schmutzig zu machen. Er dachte an seine Cousine und ihr Glück. Er konnte Zelda nicht vor ihrem eigenen Dickschädel schützen, aber er konnte sie vor einem Heroen schützen, der sie irgendwann verletzen würde... Er setzte seine Beine in Bewegung und sagte eindringlich: „Was ich dir noch raten will. Solltest du Zelda nur in irgendeiner Weise verletzen, ihr das Herz brechen oder sie zum Weinen bringen, werde ich dafür sorgen, dass du nie wieder einen Fuß in ihre Gegenwart setzt.“ Schockiert wand sich der junge Heroe zu dem Blaublütigen. „Wie bitte?“, stotterte Link und er blinzelte. Das bisschen Blut in seinem Gesicht verschwand und er wurde so bleich wie eine Hauswand. „Du hast mich verstanden“, sagte Valiant kühl und durchbohrte mit seinen grauen Augen diejenigen Links. „Vielleicht weißt du es wirklich nicht... verstehst es nicht, ahnst es nicht, aber Zelda denkt ständig an dein Wohlbefinden. Und du bist so ignorant, es nicht einmal zu bemerken...“ Link war sprachlos. Valiant trat näher und verzog nicht eine Miene in seinem angespannten Gesicht. „Du solltest nicht denken, dass die Ritter Hyrules dir alle wohlgesonnen sind.“ „Das weiß ich selbst“, murrte Link. „Gut. Ich meine, ich hab’ nichts gegen dich. Aber nur weil Zelda mir die Anweisung gab, dir zu helfen, heißt das nicht, dass ich dich in ihrer Gegenwart dulde.“ Link ballte die Fäuste und hatte plötzlich den unwiderruflichen Wunsch, Valiant das hochnäsige, eingebildete Maul einzuschlagen. Eigentlich hatte er ihn für einen guten Menschen gehalten. Aber diese Meinung änderte sich gerade in dieser Minute um eine ganze Achse... „Keine Sorge...“, zischte Link enttäuscht. „Ich werde Eure schöne königliche Hoheit keineswegs belästigen... und auf Eure angebliche Hilfe kann ich auch verzichten.“ „Dann wäre das geklärt.“ Und der Adlige strich sich wieder das blonde Haar hinter ein Elfenohr und ließ die Drohung ein weiteres Mal über seine Lippen gleiten: „Halte dich von Zelda fern.“ Und der junge Prinz verschwand in der Dunkelheit. Link aber trat wütend an die Steinwand, stemmte seine Hände dagegen und kniff die Augen zusammen. ,Halte dich von Zelda fern...’, schallte es in seinen Gedanken. Und der junge Heroe hatte nur zwei Gefühle darauf... Verzweiflung und Schmerz. ,Verdammt, das tat weh’, dachte er. War das Zeldas Wunsch? Wollte sie, dass er sich in Zukunft nicht mehr bei ihr blicken ließ? Link konnte das nicht glauben, und noch weniger verstehen... Sicherlich, er wusste, dass er sie verletzt hatte mit seiner fiesen Abweisung, seiner Kälte und den unüberlegten Worten aus seinem Mund. Aber vielleicht war es mehr ein Hilferuf gewesen, den nur Zelda verstehen konnte. Ein Hilferuf eines jungen Hylianers, der sich schämte jemanden direkt um Hilfe zu bitten... Und warum sonst hätte sie ihn vor wenigen Tagen, nach seinem merkwürdigen Anfall, gepflegt, wenn sie ihm nicht helfen wollte, wenn sie diesen Hilferuf nicht verstanden hatte? Traurig betrachtete sich der junge Heroe das Kaleidoskop seiner Prinzessin und erinnerte sich voller Demut daran, was sie sich einst versprochen hatten. Und gerade er war es, der jenes Versprechen mit Kälte und Abweisung zunichte gemacht hatte. Er erinnerte sich genau an jenen Tag, als er von Zelda zurückgeschickt wurde im Fluss der Zeit. Er wusste jedes Gefühl, er besann sich auf jeden Blick seiner Prinzessin, als er mit elf Jahre altem Körper und einer kleinen sattgrünen Tunika vor dem jungen Antlitz der kleinen Prinzessin stand. So viele Empfindungen hatten jenen Augenblick begleitet. Ein wenig Angst, sie könnte ihn zurückweisen, weil er sie erneut besuchte. Ein Funken Mut für jenen glücklichen Moment, Nähe und Wärme einzufordern, die er in seinem erwachsenen Körper nie erhalten hatte. Ein wenig Hoffnung, Zelda würde ebenso die Erinnerungen an den Zeitkrieg behalten haben... Und jede Empfindung wurde erfüllt... wurde belohnt... Ein blonder Knabe mit wachen, tiefblauen Augen wandelte vorsichtig durch das sattgrüne, glänzende Gras. Lange Grashalme umspielten braune, alte Lederstiefel an den kleinen Füßen des Jungen, dem es fast schon sehnsüchtig nach Nähe und Wärme an diesem Ort verlangte. Träge und beinahe hypnotisiert bewegte er sich vorwärts, lief wie gesteuert durch jene alten, gepflegten Schlossgärten, die heute fast gar nicht bewacht wurden... denn es war Friedenszeit, jetzt, da der Junge ohne Fee jenen Frieden zurück in das alte Land seiner Urväter gebracht hatte. Niemand des einfältigen Volkes aber nur annähernd ahnte, dass einst der Himmel sich blutrot färbte und niemand je die glühenden, hassbeseelten Teufelsaugen gesehen hatte, die jenen Jungen nun für immer verfolgen würden... Zaghaft erreichte er jenen Ort, mit dem alles begann... Der kleine Schlosspark lag friedvoll und ohne Harm vor seinen ernsten Augen und auch das Mädchen, welches sein Schicksal teilte, stand davor... so wie immer blickte sie neugierig durch ein kleines Spitzbogenfenster um diejenigen, welche bei ihrem Vater, dem König Hyrules persönlich, Audienz ersuchten, zu beobachten. Sie war in Gedanken weit weg, zu fasziniert von den Gästen ihres Vaters, als dass sie den jungen Heroen bemerken würde... Mittlerweile keimte Nervosität und Angst vor Zurückweisung in ihm auf, etwas, wovor er immer schon Angst hatte... eine kleine Schwäche in einem muterfüllten Herzen wie es jenes des Helden der Zeit war. Eine kleine Schwäche, die irgendwann an ihm zehren würde... Er trat einen Schritt näher. Ein Rascheln in den gesunden Gräsern des Schlossgarten und die junge Prinzessin horchte sogleich auf. Ihr blondes Haupt richtete sich in die Höhe und doch blieb sie noch wenige Sekunden ihm den Rücken zugewandt stehen... Beklemmung und Unruhe lagen in der Luft. Kleine Flüche, die zu der Beunruhigung in Links Gemüt beitrugen. Erinnerte sie sich nicht mehr? Oder warum drehte sie sich nicht endlich um? Er wollte schon etwas sagen, wollte die Beklemmung in seiner Kehle loswerden, aber er schaffte es einfach nicht, fühlte sich verwundbar und fast hilflos... Ein nichthörbares Flüstern entkam seiner Kehle. Nur ein Name entkam seinen Lippen. Der Name, den er nie vergessen würde. Der Name einer Hylianerin, die ihm immer einen Grund geschenkt hatte, weiterzukämpfen und an das Gute zu glauben. „Zelda?“, flüsterte er leise und stockend und endlich wand sie sich ihm entgegen. Ihre himmelblauen Augen spiegelten ein Spektakel aus Überraschung, Schock und Freude wieder. Und ein kleiner Funken darin sagte ihm leise, dass sie sich erinnerte, dass sie wusste, wer er war und warum er sich erneut in den Schlossgarten geschlichen hatte. Er wollte nichts als sein Schicksal erfüllen und vielleicht einen Freund wiederhaben... Sie starrten einander lange an, bis es schließlich Link war, der den Blick abwendete. Noch nicht sicher, ob sie wusste, noch nicht sicher, ob sie verstand... Seine Kehle war immer noch leicht taub, vielleicht einfach nur erfreut, Zelda wiederzusehen. Vielleicht aber auch nur wegen seiner Feigheit, zuzugeben, dass ihn mehr als bloß das Schicksal zu ihr geführt hatte. „Du erinnerst dich?“, murmelte er leise und steckte nervös die Hände in die Hosentaschen... Einige weitere Sekunden verstrichen und immer noch rührte sich die junge Königstochter nicht, starrte ihren Heroen bloß schockiert an, bis sich endlich ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht regte. Links Augen begegneten ihren nur kurz, aber das Chaos der Gefühle in jenem Augenblick war unhaltbar und überwältigend. Sie kniff die Augen zu und erst jetzt sah er die kristallenen, glitzernden Tränen an ihren Augenrändern schimmern. Ein leises, erleichtertes Auflachen huschte aus ihrem Mund und schließlich rannte sie mit ausgestreckten Armen auf ihn zu, haute den jungen Heroen beinahe um und suchte seine kindliche Umarmung. „Du dussliger Held... wie könnte ich dich nur jemals vergessen?“, wimmerte ihre glockenhelle Stimme. Erleichtert und vielleicht sogar glücklich erwiderte er die Umarmung und zwei kleine Tränen tropften auch von seinen Augen. Beschämt deswegen wischte er sich das Wasser sofort von den Wangen und genoss die Wärme Zeldas, die er so noch nie erfahren hatte. Sie rückte einige Zentimeter von ihm weg, lehnte ihre Stirn gegen seine und lächelte wieder. Er lächelte zurück... wie leicht es damals war, dass er Freude und Glück auf diese Weise ausdrücken konnte... damals... und das war vorüber... Wenig später saßen die beiden Kinder des Schicksals auf der Steintreppe in jenem Schlossabteil und unterhielten sich, lachten zusammen, bis sie sich ein altes Versprechen gaben... Zelda nahm seine linke, triforceverinnerlichte Hand in ihre beiden und sagte leise. „Ich möchte, dass du mir etwas versprichst, Link...“ Er nickte lediglich, ein wenig verlegen in seinem naiven, unschuldigen Herzen... „Wenn einem von uns beiden das Schicksal mehr Bürden auferlegt als er ertragen könnte, so teilen wir diese... wenn du meine Hilfe brauchst... dann bitte sag’ es und zeig’ es mir...“ Sie lächelte tiefsinniger als vorher. „Versprich’ mir, dass wir immer für einander da sind...“ Und er war jenes Versprechen ohne Zweifel und ohne weitere Überlegungen eingegangen. Er hatte es sich gewünscht, dass sie für ihn da sein würde, wenn die Zeiten herb wurden. Und das kleine Kinderversprechen hatte ihm sein Herz gewärmt für das, was hinter ihm lag und vielleicht auch für das, was folgte. Aber das, was sich ihm geräuschlos und bedrohlich angenähert hatte, schien genau jenes Versprechen in alle Winde geschlagen zu haben. Ein Versprechen mit soviel Bedeutung schien einfach vergessen... „Versprich’ mir, dass wir immer für einander da sind...“ Ein Versprechen, dass nun gebrochen wurde. Ein Versprechen, an dem Böses nagte... Mit stillen Zweifeln gedachte er den Zeiten von damals und fühlte sich mehr und mehr schuldig für seine Unfähigkeit Nähe zuzulassen. Er betrachtete das weiße Kaleidoskop nostalgisch und blickte hindurch. Es war seltsam, was er sah. Die vielen bunten Steinchen darin bewegten sich zwar und doch bildeten sie mit dem Verstreichen der Sekunden mehr und mehr Formen, die es sie auch in der Wirklichkeit an Ort und Stelle gab. Einige helle Steinchen erschufen das Bild einer kleinen Fackel vor seinem linken Auge... und auch die Wände zeichneten sich... Erstaunt fixierte Link jede weitere Wand mit dem Kaleidoskop und auch die Latrinen der jungen hielten der Betrachtung des Kaleidoskops stand. Nur eine Sache war irgendwie bizarr... Das Kaleidoskop erschuf auch ein detailgetreues Abbild der hinteren Ecke in jenem langen Gang, aber es zeigte weitaus mehr. Verwundert schaute der Heroe mit bloßem Auge hin, aber die Wand, welche sich in der Wirklichkeit zeigte, wurde in jenem Kaleidoskop nicht wiedergegeben. Link zog die Augenbrauen hinab und trampelte näher an diese merkwürdige Wand heran. Er stemmte seine Hände dagegen und doch war nichts ungewöhnliches für ihn an dieser Wand. Na toll, dachte sein Abenteuerinstinkt. War das etwa schon alles? Keine Überraschung? Nichts Ungewöhnliches an dieser Wand? Da muss doch irgendwo ein Schalter sein... Vorsichtig tastete er die Wände ab, aber er fand nichts weiter... Entweder spielte das Kaleidoskop ihm nur einen Streich, oder aber es verbarg sich tatsächlich ein Zugang an dieser Stelle. Links Mundwinkel zogen sich halbherzig nach oben und er gähnte laut. ,Na gut’, dachte er. Vielleicht ergab sich irgendwann eine Möglichkeit diesem Geheimnis auf den Grund zu gehen, für heute aber, ließ er die Sache ruhen. Nachdenklich verschwand der junge Heroe mit Zelda in seinen Gedanken auf sein Quartier, hoffend, diese Geschichte mit Valiant, dem Cousin Zeldas, würde sich aufklären... So wie er es Will mitgeteilt hatte, klopfte Link dreimal in regelmäßigem Abstand an die Tür und huschte schnell in das wärmende Quartier hinein. Verdutzt stand der junge Laundry in seinem hässlichen, zotteligen Nachthemd in der Mitte des Raumes und versuchte sich einen Reim aus dem Trübsinn in Links Augen zu machen. „Hast du etwas herausgefunden?“ Aber der unerkannte Held schüttelte bloß den Kopf, streifte sich seine Waffen vom Körper und ließ sich hundemüde ins Bett fallen. „Und das war schon alles? Ein Kopfschütteln?“ Links Augen schwenkten nachdenklich zu Will, der unbeirrt auf dem Teppich im Raumzentrum stand. „Ich bin diesen blöden Schatten gefolgt, aber es war nirgendwo sonst was ungewöhnliches“, meinte Link, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und dachte melancholisch an Zelda. Seine Abweisung und Kälte hatten vielleicht mehr als bloß eine lange Freundschaft zu ihr kaputt gemacht. Traurig drehte er sich zum Fenster und ignorierte seinen Mitbewohner oder die weiteren Fragen aus seinem neugierigen Mund. Es interessierte Link im Moment einfach nicht... Seine tiefblauen Augen schienen durch die Nacht, als Will das Licht in dem Zimmer löschte und einen unbeantworteten Gutenachtgruß über die Lippen gleiten ließ. ,Warum bin ich nur so unfähig für Gefühle’, fragte das kindliche Herz den viel zu alten Verstand. ,Warum bin ich nur so abgestumpft...’ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)