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Du bist kein Monster

von

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Es war bereits dunkle Nacht, aber er wusste, dass es die beste Zeit war, um ihn zu finden.

Sein schwarzer Mantel verschmolz fast komplett mit der Nacht und sorgte dafür, dass er in der Nacht kaum zu erkennen war. Auch, wenn er sich sicher war, dass dieser Tiger ihn erspähen würde, wenn sie aufeinandertrafen.

„Denk daran, ich will ihn lebend, Akutagawa.“

Akutagawa grummelte, als er daran dachte, was sein Vorgesetzter ihm gesagt hatte. Warum sollte er diesen Tiger am Leben lassen, wenn er die Menschen in der Stadt angriff, verletzte oder sogar tötete?

Hinter ihm hörte er seine Bestie die Zähne fletschen. Rashoumon war genauso unzufrieden, wie er es war, aber er wusste, dass es besser war, nicht zu töten. Ganz egal, wie gefährlich eine Kreatur war. „Beruhig dich“, flüsterte er ihr zu, während er langsam weiterging, auf jede Bewegung achtend.

Dieser Tiger würde hier auftauchen, da war er sich sicher.

Er hatte genau erfasst, wo er als Nächstes auftauchen sollte und er hatte sich nie geirrt.

Erneut hörte er seine Bestie knurren, allerdings richteten sich diesmal Akutagawas Augen auf einen weißen Tiger, der in einem blauen Licht leuchtete. Seine Zähne fletschten und seine Krallen waren ausgefahren, während er ihn genau musterte.

Akutagawa grinste und machte ein, zwei weitere Schritte auf den Tiger zu. Er würde ihn heute besiegen und fangen. „Wie nett, dass du vorbeikommst, Jinko.“

Der Tiger knurrte lauter und schwenkte seinen Schweif in die Luft, machte ebenfalls Schritte auf Akutagawa zu.

Er ließ seine Hände in den Taschen seines Mantels versinken und brachte seine schwarze Bestie dazu, den Tiger anzugreifen und damit aufzuhalten.

Akutagawa schmunzelte, als der Tiger seinem Angriff auswich und an Rashoumon vorbei auf ihn zusprang. Mit einem schnellen Sprung zurück, ließ er die Bestie vor sich erscheinen und nutzte Rashoumon als Schild, um den Angriff zusätzlich abzufangen.

„Du bist nicht schlecht, Tigerjunge“, murmelte er, „aber es geht hier um den Frieden in dieser Stadt!“ Mit dem Satz schoß seine Bestie erneut auf den Tiger zu und traf ihn an einem Bein, worauf er ein Jaulen hörte.

Akutagawa machte ein missmutiges Geräusch und ging auf ihn zu. „Schon alles, Jinko?“

Der Tiger brüllte und schlug seinen Schweif auf den Boden, richtete sich trotz der Verletzung auf und sprang auf ihn zu, riss ihn überraschend zu Boden. Dennoch schaffte es Akutagawa, ihn nach einem kurzen Moment der Pause mit Rashoumon von sich zu stoßen, so dass er zurückspringen konnte. „Interessant, interessant“, sagte er grinsend.

Seine Augen spiegelten ein regelrechtes Feuer wider, was er schon lange nicht mehr gespürt hatte.

Der Tiger brüllte erneut laut und streckte seinen Kopf in die Luft, peitschte mit seinem Schweif und kratzte auf dem Boden herum.

„Komm schon“, sagte Akutagawa und grinste ihn an, ließ Rashoumon vor sich aufbauen, „ich bin bereit für dich, um diese Stadt zu retten, Jinko!“

Der Tiger knurrte ihm entgegen, bevor er wieder auf ihn zusprang. Akutagawa konnte in dem Moment wirklich nicht anders, als zu lächeln. Wann hatte er mal so viel Spaß an einem Kampf gehabt?

Er spürte, dass es nicht leicht war, den Tiger zu treffen, weil er bemerkte, dass dieser gewisse Heilungsfähigkeiten hatte, auch, wenn sie nicht direkt funktionierten, sondern ein paar Sekunden brauchten. Irgendwie erstaunte es Akutagawa.

Wer war dieser Tiger? Konnte er mit ein wenig Hilfe sich ihnen anschließen? Hatte er ihm deswegen gesagt, dass er ihn nicht töten durfte, weil er wusste, dass er eine gute Unterstützung war?

Erschrocken sprang Akutagawa zurück, als er einen Angriff auf sich zukommen sah, der nur knapp von Rashoumon aufgehalten werden konnte. Er sah direkt vor sich in die Augen des Tigers, die ihn bläulich anfunkelten. „Jinko ...?“, fragte er ein wenig leiser nach, allerdings setzte der Tiger nur erneut zu einem Krallenschlag an, worauf er zu seiner Bestie sah. „Rashoumon!“

Bevor er von dem Tiger getroffen wurde, konnte Rashoumon ihn so treffen, dass er bewegungslos auf dem Boden liegen blieb.

Akutagawa entspannte sich und trat auf den Tiger zu, blinzelte, als statt diesem plötzlich ein Junge mit schneeweißen Haaren und zerfetzter Kleidung vor ihm lag. Das Einzige, was er noch erkannte, war der Tigerschweif, den er besaß, der aber inzwischen schlaff auf dem Boden lag. „Uh ... ich schätze, ich muss dich zum Hauptquartier tragen, was?“

Er grummelte und hievte ihn auf seinen Rücken, seufzte, lächelte dann aber. Es hatte dennoch Spaß gemacht und er fragte sich, wer dieser Tiger war und was sie tun konnten, damit er nicht länger als Monster in Yokohama randalierte.

 
 

–*–

 

Aus den Schatten eines Gebäudes blickten hellleuchtende Augen zu dem Jäger, während aus seinem Rücken zwei lange, spinnenartige Arme und zwei dünne, aber etwa gleichlange, Flügel ragten.

Seine schwarze Kleidung verschmolz mit der Umgebung ziemlich gut und das einzige, was man wirklich erkennen konnte, waren die Augen, die einen hellen, blauen Schimmer besaßen, auch wenn sie ansonsten eher dunkelrot bis schwarz waren.

Die Kreatur hatte den Kampf, der sich vor ihm zugetragen hatte, beobachtet, aber er wusste, dass er nicht hatte eingreifen dürfen. Es war nicht sein Kampf, sondern Atsushis.

Er drehte sich um und versenkte seine Hände in den Taschen seines Mantels, ließ seine langen Arme und Flügel aus seinem Rücken in der Luft hängen. Er wusste sehr genau, wer dieser Jäger war. Er hatte ihn einmal gesehen, als er mit jemandem von ihnen zusammengetroffen war. Nur damals war dieser Junge noch unerfahren und jung gewesen, hatte gelernt, wie er kämpfen musste.

Heute war er um einiges geschickter.

Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Er würde ihnen Atsushi bestimmt nicht einfach so überlassen.

Er blieb stehen und zuckte mit einem seiner längeren Arme nach vorne. Dort war jemand.

Er grinste und ging langsam weiter, ließ seine Hände in den Taschen seines Mantels, während er um die nächste Ecke trat. Seine Augen richteten sich auf den Menschen, der zu ihm sah, eine Pistole in der Hand haltend und diese nun auf ihn richtend.

„Du–! Komm nicht näher!“

Er kicherte vor sich hin und legte den Kopf zur Seite. „Was bist du für eine erbärmliche Jägergestalt?“ Er ließ einen seiner langen Arme vorschnellen und schlug diesem Menschen die Pistole aus der Hand, der daraufhin erschrocken zur Seite sah, allerdings direkt wieder zu ihm. „Pff ... du solltest laufen, wenn du leben willst.“

Der Jäger weitete seine Augen, schüttelte den Kopf, bewegte sich allerdings rückwärts. „Ich laufe nicht davon. Es ist meine Aufgabe, dich zu töten.“

Er gab ein Lachen zurück, legte den Kopf in den Nacken. Was dachte dieser Mensch eigentlich, dass er ihn so einfach töten konnte? „Ich warne dich nur noch einmal, du solltest laufen.“ Seine Augen leuchteten inzwischen eher rot, als blau, während er seine spinnenartigen Arme und Flügel zur Seite streckte.

Was dachte dieser Jäger eigentlich, wer er war, dass er sich von ihm töten ließ?

„Nein!“, erwiderte er erneut, allerdings bemerkte die Kreatur, wie er zitterte und nur halb nach dem Griff eines Schwertes griff, was er ebenfalls bei sich trug.

Wie erbärmlich.

Er grummelte und zuckte mit den Schultern. „Hör zu, ich habe keine Lust auf deine Spielchen“, sagte er schließlich und ging einfach an ihm vorbei, ließ einen seiner Arme ausschnellen und traf diesen Menschen damit heftig am Oberarm, so dass er aufschrie. Das Blut quoll aus der Wunde, die er ihm zugefügt hatte. „Schwächling.“

„Was– du bist kein normales Monster! Wer bist du?“

Er drehte seinen Kopf zur Seite, schwenkte seine Flügel etwas und grinste ihn an, seine Augen waren immer noch dunkelrot und zeigten keine andere Farbe, außer ein wenig schwarz außen rum. „Sagt dir denn der Name ‚Chuuya Nakahara‘ etwas?“ Langsam drehte er sich doch wieder zu ihm, seine Hände immer noch in den Taschen seines Mantels vergraben. Nicht viele wussten, wer sich hinter diesem Namen wirklich versteckte. Und es gab nur einen Jäger, der ihn forderte.

„Was? Du bist eindeutig eine höhere– wieso kenne ich deinen Namen nicht?“, fing er mit geweiteten Augen an.

Chuuya zuckte mit den Schultern, sein Grinsen vergrößerte sich. „Vielleicht sagt dir der Name ‚Arahabaki‘ mehr, huh?“ Er streckte seine Monsterarme und Flügel weiter aus und leckte sich über die Lippen. „Du hättest wirklich laufen sollen, als du noch die Chance dazu hattest. Aber weißt du ... ich glaube, ich töte dich lieber.“ Er hatte durchaus gemerkt, wie sich die Augen dieses Jägers immer mehr geweitet hatten, als er ‚Arahabaki‘ erwähnt hatte. Es war nicht so, als wenn dieser Name so unbekannt in der Stadt oder überhaupt in ganz Japan war.

„Du kannst nicht– bitte– wieso–“, brachte dieser Jäger stotternd heraus, umklammerte zitternd den Griff seines Schwertes, „– wie kann es sein, dass du Arahabaki bist?“

Chuuya lachte und schleuderte den Jäger mit einer kurzen Druckwelle zu Boden, bevor er einen seiner Monsterarme ihm entgegenschlug und dafür sorgte, dass seine Verletzung noch mehr aufriss.

Der Schrei dieses Jägers hallte an seine Ohren und er schmunzelte. Sollte er ruhig vor Schmerzen schreien und sich krümmen. Es war eine Genugtuung, sie so schreien und sich winden zu sehen. Er liebte es, wenn sie sich vor ihm wanden.

Seine nächste Attacke ging zu einem der Beine dieses Jägers, traf so, dass er es abschlug und das Blut nur so spritzte. „Bereust du es, nicht davon gerannt zu sein?“

„Bitte ... ich–“, murmelte er leise, keuchend.

Chuuya sah, wie er litt, aber es störte ihn keineswegs. Er wusste, was diese Jäger mit ihnen taten. Er hatte schon gesehen, was sie mit anderen Monstern gemacht hatten, also tat er nur das Gleiche. Er ließ sie genauso leiden. „Beantworte mir eine Frage. Vielleicht erlöse ich dich dann von den Schmerzen.“

„Welche?“, brachte er erstickt hustend von sich, während er sich mit dem anderen Arm seinen verletzten Arm hielt und ihn panisch ansah.

Chuuyas Blick wurde ernster, während sich innerhalb des rot-schwarzen wieder ein blauer Schimmer in seinen Augen zeigte. „Wen hast du eigentlich gesucht? Oder wolltest du einfach nur nach Monstern Ausschau halten?“

Der Körper des Jägers zuckte heftig und er sah panischer aus. „Ein ... Tiger ... der hier ...“,

„Gehörst du zur Allianz?“, fragte Chuuya nach, ohne ihn ausreden zu lassen.

Ein Kopfschütteln war die Antwort, worauf Chuuya seufzte und mit den Schultern zuckte. „Jemand von der Allianz war schneller als du. Aber so, wie du aussiehst, hättest du eh keine Chance gegen den Tiger gehabt.“ Vermutlich hätte Atsushi ihn in Stücke gerissen, wenn dieser Jäger von ihnen ihn nicht vorher gefunden hätte.

Er drehte sich, ohne einen weiteren Blick auf den anderen zu werfen, ab und ging davon. Sollte dieser Kerl doch vor sich hin leiden und verbluten, bis er starb. Er hatte keine Lust mehr, sich um ihn zu kümmern.

Atsushi hatte das Gefühl, als wenn sich sein ganzer Körper zu schwer anfühlte. Was war passiert?

Er erinnerte sich daran, dass er einen Jäger getroffen und mit ihm gekämpft hatte, aber irgendwann war alles nur noch ein schwarzes Loch in seinen Erinnerungen.

Wo war er hier?

Seine Augen öffneten sich und er blinzelte überrascht, als er bemerkte, dass er in einem kleinen Zimmer auf einem Bett lag.

Das hier war nichts, was er kannte. Also hatte ihn nicht Chuuya gefunden, oder? Wo war er dann?

„Bist du wach, Jinko?“

Er drehte überrascht seinen Kopf zur Seite, als er die Stimme hörte. Die Stimme, die er bereits gehört hatte. Die Stimme dieses Jägers.

Mit einem Ruck sprang er aus dem Bett und bewegte sich in Angriffsposition, peitschte mit seinem Schweif in der Luft und starrte den Jäger mit funkelnden Augen an. Er würde nicht so einfach aufgeben, nur weil er scheinbar auf dem Gebiet des Feindes war. Wieso war er eigentlich nicht gefesselt? Wer war der andere?

„Beruhige dich, Jinko“, entgegnete der Jäger, ohne sich von dem Stuhl, auf dem er saß, zu erheben. Seine Arme waren weiterhin vor seiner Brust verschränkt.

„Was willst du von mir, Jäger? Wo bin ich hier?“, fragte Atsushi nach, schwenkte seinen Schweif umher und verengte seine Augen. War Chuuya auf dem Weg, ihn zu retten?

„Wir sind in dem Wohnhaus der Agentur“, antwortete der Jäger ruhig zurück, „du solltest nicht so einfach durch die Gegend springen.“

Die Agentur? Wieso war er hier? Und wieso hatten sie ihm nichts getan, obwohl er ein Monster war? Langsam entspannte er sich, blieb aber an der Stelle stehen, wo er hingesprungen war, um den anderen genauer zu mustern. „Wer bist du? Wieso–?“

„Wir werden dich nicht töten“, sagte der Jäger und zuckte nur knapp mit den Schultern, „... mein Name ist Ryuunosuke Akutagawa.“

Atsushi blinzelte ihn weiterhin verwirrt an. Wieso war ein Jäger so nett zu ihm? Die meisten wollten sie töten oder für Experimente missbrauchen. Chuuya hatte ihm gesagt, dass es eine große Belohnung auf ihn gab, wenn man ihn fand und auslieferte. Er verstand das nicht. „Warum? Bin ich nicht eine Gefahr für euch?“

„Wenn du das denkst, kannst du mich ja angreifen und fliehen, oder?“, entgegnete Akutagawa und sah ihn ruhig an, ohne sich zu bewegen.

Atsushi zuckte zusammen und sah ihn mit großen Augen an. Chuuya hatte ihm gesagt, dass er zuschlagen musste, bevor andere zuschlugen. Er musste sie vernichten, bevor sie ihn vernichten konnten. Ein Knurren entwich seiner Kehle und er schlug mit seinem Schweif durch die Luft. Seine Augen verengten sich und leuchteten ein wenig mehr auf. Dennoch spürte er, dass etwas nicht stimmte. Wieso konnte er seine Fähigkeit nicht aktivieren? Warum konnte er seine Tigergestalt nicht annehmen, um von hier wegzukommen? „Was– Akutagawa, was–“,

Akutagawa hob einen Arm und deutete in seine Richtung, blickte ihn ruhig an. „Das verhindert, dass du dich in dieses Monster verwandelst.“

„Was?“, erwiderte Atsushi und blickte auf Akutagawas ausgestreckten Arm, fuhr dann zu seinem Hals, als er etwas spürte. Er hatte es vorher nicht wahrgenommen, aber jetzt fühlte er es. Sie hatten ihm ein Halsband angelegt. Etwas, was seine Fähigkeit unterdrückte?

„Wir wollen mit dir reden, Tigerjunge“, hörte er eine weitere Stimme, worauf Atsushi seinen Kopf zur Seite drehte und zu einem großgewachsenen Mann sah, der einen braunen, langen Mantel anhatte.

„Wer– was habt ihr vor!?“, fing Atsushi an und fauchte ihn an.

„Deine Fähigkeit ist nicht alles, Tigerjunge“, sagte der Mann ruhig und ließ sich an der Seite auf einem Sessel nieder, schlug ein Bein über das andere, „du bist nicht nur ein Tiger, Kleiner.“

„Woher willst du das wissen?“, fauchte Atsushi ihm entgegen, peitschte seinen Schweif durch die Luft, „ihr seid doch alle gleich. Ihr jagt uns, um uns zu vernichten oder zu benutzen. Ihr seid bestimmt nicht anders! Deswegen haltet ihr mich hier fest!“ Chuuya hatte es ihm gesagt, dass er ihnen niemals trauen durfte. Wo blieb er?

„Wenn ich gewollt hätte, dass du stirbst, hätte ich Akutagawa nicht gesagt, dass er dich lebend herbringen soll“, sagte der Mann vor ihm ruhig lächelnd, „sag mir, willst du nicht lieber so leben, wie du willst?“

Atsushi starrte ihn an. Was sollte das hier? Wollte er ihn verwirren, damit er hierblieb? Damit er ihnen keinen Schaden mehr anrichtete?

Aber war es nicht auch das, was er sich wünschte? Nicht mehr ständig gejagt zu werden? Er wollte nicht überall nur als Monster gesehen und gejagt werden. Doch Chuuya hatte ihm gesagt, dass er niemanden von den Menschen trauen durfte, weil sie nur mit ihnen spielten, experimentierten und sie irgendwann tot sehen wollten.

Er schüttelte den Kopf. Er durfte nicht darüber nachdenken. „Wenn ihr mich hier festhaltet, wird es nicht gut für euch ausgehen“, sagte Atsushi mit ernstem Blick, „ihr habt bestimmt von ‚Arahabaki‘ gehört, oder?“

„Natürlich haben wir das“, erwiderte Akutagawa mit einem Brummen, „er ist praktisch der Gegner, den jeder Jäger fangen will.“

„Oh, sicher, Tigerjunge“, murmelte der andere vor ihm, schmunzelte dabei, „Chuuya Nakahara ist tatsächlich etwas Besonderes.“

Atsushi blinzelte ihn verwundert an. Woher kannte der andere Chuuyas Namen? Die Jäger sollten nicht wissen, wer hinter Arahabaki steckte. „Woher?“

„Akutagawa, lass uns alleine“, fing er an und drehte seinen Kopf zu dem jüngeren Jäger, der kurz schnaubte, allerdings dann das Zimmer verließ. Langsam blickte der Jäger vor ihm ihn wieder an. „Du willst wissen, wieso ich ihn kenne?“

Atsushi nickte still, ohne etwas zu sagen. Er wollte tatsächlich wissen, wieso ein Jäger wusste, wer hinter Arahabaki steckte.

„Er ist mein Gegner“, sagte der Jäger und grinste ihn an, „ich werde nicht ruhen, bis ich Arahabaki – nein, Chuuya Nakahara – getötet habe, Tigerjunge.“

Atsushis Augen weiteten sich, als er das hörte. Diese Selbstverständlichkeit in der Stimme. Wieso hatte er so ein Selbstvertrauen, dass er Chuuya töten konnte? Niemand konnte Arahabaki töten. „Wer ... wer bist du?“

„Osamu Dazai“, sagte er ruhig schmunzelnd zurück, „der Anführer der Agentur.“

Atsushi starrte ihn weiterhin an, ballte seine Hände zu Fäusten. Er hatte von ihm gehört. Er hatte davon gehört, dass die Monster ihm aus dem Weg gingen. „Warum willst du dann, dass ich hierbleibe?“, fragte er leise nach. Was sollte er hier? Wenn er seine Fähigkeit nicht nutzen konnte, war er nutzlos. Aber wenn er sich verwandelte, wurde er von einer Zerstörungswut übermannt, die er kaum kontrollieren konnte. Dann lechzte er nach dem Blut von Menschen.

„Du bist besser hier aufgehoben, als wenn du als Monster tobst“, entgegnete Dazai ruhig zurück, „meinst du nicht, Tigerjunge? Oh ... wie heißt du eigentlich?“

Verwirrt blickte Atsushi den anderen an. Er war zu etwas nutze, wenn er kein Monster war? Aber was? Und waren nicht alle hinter ihm her, so wie Chuuya es ihm gesagt hatte? War nicht eine große Belohnung auf ihn angesetzt? Er sah zu dem anderen auf, der ihn immer noch ruhig anlächelte. Ein Leben ohne dieses Monsterdasein? Ging das wirklich? „Atsushi ... Nakajima.“ Er wusste nicht einmal, wieso er ihm gesagt hatte, wie er hieß, es war mehr einfach über ihn gekommen.

„Freut mich, Atsushi-kun“, entgegnete Dazai schmunzelnd, „du hast Besseres verdient.“

Atsushi sah ihn ruhig an. Er war sich nicht ganz sicher, was er wirklich verdient hatte.

„Akutagawa wird dich die nächsten Tage in unsere Missionen einarbeiten“, sagte Dazai ruhig daraufhin und erhob sich dann.

Missionen. „Aber ihr jagt uns“, erwiderte Atsushi und blickte ihn still an.

„Niemand von uns tötet Monster oder verkauft sie an jemanden, der mit euch experimentiert“, entgegnete Dazai daraufhin und drehte sich noch einmal zu ihm, „oh, Akutagawas Fähigkeit ist gewisserweise ebenfalls ein Monster. Inzwischen sind sie ein Team.“

Atsushi sah ihn verwirrt an. Hatte er nicht davon geredet, dass er Arahabaki töten wollte? „Du willst Chuuya-san töten.“

Dazai sah ihn einen Moment länger mit verengten Augen an, strich sich seine Haare zurück und drehte sich dann zur Zimmertür um. „Arahabaki ist zu gefährlich, um ihn am Leben zu lassen und ich bin der Einzige, der ihn aufhalten kann. Chuuya Nakahara muss sterben.“

Atsushi blickte ihm hinterher, konnte aber nicht einmal mehr zu einer Erwiderung ansetzen, da Dazai kurz darauf bereits das Zimmer verlassen hatte.

Langsam drehte er sich um und sah aus dem Fenster nach draußen. War Chuuya so sehr anders, als er?

 
 

–*–

 

Geräuschlos lehnte er neben dem Fenster, welches zu einem der Zimmer der Agentur gehörte, in dem er Atsushi aufgespürt hatte.

Eigentlich hatte Chuuya vorgehabt, ihn dort rauszuholen, aber er hatte gestoppt, als er das Ende des Gesprächs belauscht hatte. Vermutlich hatte er recht, wenn er meinte, dass Atsushi nicht nur ein Monster war. Auch, wenn seine Fähigkeit anders war, als die von vielen anderen Menschen.

Er ließ seine langen Arme nach vorne gleiten und lächelte bitter. Atsushi verdiente es, normal zu leben, wenn er es konnte. Vielleicht würde dieser Kerl es schaffen, dass Atsushi seine Tigerfähigkeit kontrollieren konnte?

Er schloss für einige Sekunden seine Augen und versenkte seine Hände wieder in den Taschen seines Mantels. Langsam öffnete er seine Augen wieder und blickte überrascht vor sich, als er geradewegs in das Gesicht eines Mädchens sah. „Hey. Gehörst du zu ihnen, Kleine?“

„Du bist Arahabaki“, erwiderte sie mit einem so gleichgültigen Ton, dass Chuuya ein wenig erschrocken zurücksah.

Wenn er sie richtig einschätzte, war sie nicht älter als sechzehn, eher noch jünger. Warum schien sie absolut keine Angst vor ihm zu haben, obwohl sie wusste, wer er war?

Es dauerte allerdings nicht lange, bis er wieder ruhiger zu ihr schmunzelte. „Du weißt, wer ich bin? Hast du keine Angst, dass ich dir etwas antue?“ Auch, wenn er sich geschworen hatte, dass er keine Kinder verletzte. Zumindest, wenn sie ihm nichts tun wollten. Es war seltsam, dass jemand, der seine wahre Identität kannte, nicht zurückwich.

Selbst die meisten Mitglieder der Agentur hatten einen gehörigen Respekt vor ihm.

„Ich kann mich verteidigen“, sagte sie ruhig zurück.

Chuuya sah sie still an und musste zugeben, dass sie ihn beeindruckte. Wer war dieses Mädchen, dass sie so ruhig und abgeklärt blieb?

„Kyouka, kannst du dich um etwas kümmern?“

Überrascht hob Chuuya seinen Kopf, als er die Stimme gehört hatte, bemerkte wie hinter dem Mädchen jemand auf sie zutrat und ihr kurz eine Hand auf die Schulter legte. Er erkannte ihn als die einzige Person, die ihm gefährlich werden konnte. Zumindest wenn er nicht aufpasste.

„Dazai-san …“, murmelte das Mädchen, Kyouka?, leise, nickte und drehte sich dann einfach ab und in Richtung des Agenturgebäudes.

Chuuyas Aufmerksamkeit lag dennoch die komplette Zeit fast ausschließlich auf Dazai, während dieser ihn ebenfalls direkt ansah.

„Bist du wegen Atsushi hier?“, fragte Dazai schließlich nach und lächelte ihn an, wenn auch mit einem Ausdruck in den Augen, der etwas Verschmitztes zeigte.

„Was hast du mit ihm vor?“, stellte Chuuya die Gegenfrage. Es war vermutlich eh nur rein rhetorisch, immerhin konnte sich Dazai denken, dass es nur diesen Grund gab, dass er hier war.

„Er will normal leben und du kannst ihm das nicht geben … Arahabaki“, sagte er mit einem nun dunklen Ton.

Chuuya verengte seine Augen und bewegte seine Arme und Flügel ein wenig mehr zur Seite. „Denkst du, dass weiß ich nicht?“

„Natürlich~“, sagte Dazai und grinste ihn an, „Atsushi will dich dennoch noch einmal sehen.“

Verwundert hob Chuuya eine Augenbraue, legte den Kopf zur Seite. „Und?“ Er hatte nicht das Gefühl, dass Dazai ihn so einfach mit Atsushi reden ließ.

„Ich denke nicht, dass er noch einmal mit dir Kontakt haben sollte, Chuuya~“, entgegnete er ruhig zurück, „aber ich könnte dich natürlich nicht aufhalten, wenn du es dennoch machst, nicht?“

Einen Moment starrte er ihn einfach nur an, zuckte etwas mit den Schultern. Er wusste, dass er ihn aufhalten konnte, wenn er es wollte. Manchmal wusste er absolut nicht, wie er den anderen deuten sollte.

Wenn er es tat, würde er sich dann angreifbar machen? War es das, worauf Dazai abzielte, indem er ihm so etwas sagte? „Du glaubst also, ich falle darauf rein?“, erwiderte Chuuya und verengte seine Augen, „Dass du Atsushi nutzt, um mich in einem Moment der Unaufmerksamkeit zu erwischen?“

„Ah~ so misstrauisch, Chuuya~“, erwiderte Dazai in einem erheiternden Ton, „glaubst du echt, dass ich so hinterhältig bin?“

„Ich glaube, dass du alles tun würdest, um Arahabaki zu töten“, sagte Chuuya und verengte seine Augen, „in einem normalen Kampf neutralisieren wir uns und ich bin immerhin eine Bedrohung für diese Stadt.“

Er bemerkte, wie sich die Gesichtszüge des anderen verhärteten. „Da könntest du recht haben.“

„Sorry, wir müssen diesen Kampf verschieben, Dazai“, sagte Chuuya daraufhin, bewegte seine Flügel etwas und war mit einer schnellen Bewegung in die Luft und die entgegengesetzte Richtung gesprungen, „wir sehen uns.“ Er hoffte nur, dass Atsushi so wirklich glücklicher werden konnte. Aber wenn er seine Fähigkeit kontrollieren lernte, wäre er nicht mehr nur ein einfaches Monster. ‚Nur wenn du bei ihnen bleibst, dann denk daran, dass wir ab jetzt Feinde sind, Atsushi ...‘, auch, wenn er keine Lust hatte, gegen ihn zu kämpfen, so war es besser so.

 

Atsushi blickte ein wenig verwirrter aus dem Fenster, nachdem er sich wieder auf dem Bett niedergelassen hatte. Er war sich eigentlich ziemlich sicher, dass er Chuuya in der Nähe gespürt hatte, aber wieso kam er dann nicht zu ihm oder rettete ihn?

Langsam fuhr er mit einer Hand zu seinem Hals und dem Halsband, was man ihm umgelegt hatte. Mit diesem Teil würde er seine Fähigkeit wohl kaum aktivieren können. Vielleicht war das der Grund. Vielleicht wusste Chuuya davon und hielt ihn nicht mehr für nützlich?

Er schüttelte heftig den Kopf über den Gedanken.

Chuuya würde ihn nicht abweisen, nur weil er seine Fähigkeit nicht aktivieren konnte. Er war derjenige gewesen, der ihn damals gefunden und bei sich aufgenommen hatte, als Atsushi nicht wusste, was er tun sollte. Immerhin waren sie sich ähnlich, auch, wenn Atsushi sich niemals mit Arahabaki verglich.

Kurz schluckte Atsushi, als er daran dachte, wie er den anderen getroffen hatte und an seine ersten Tage mit Chuuya. Hatte er ihm damals nicht gesagt, dass er es verdiente, zu leben? Dass er eine Chance haben konnte, zu leben, obwohl er so ein Monster war?

Damals hatte er Atsushi aufgebaut, dass er nicht so einfach aufgab, sondern eine Chance bekommen konnte, ganz egal, was andere sagten. Ganz egal, wie jeder sie betitelte. Aber er wusste auch, dass Chuuya sich darauf einstellte, dass er irgendwann sterben musste, weil er die größere Gefahr war, nur dass niemand ihn töten konnte.

Atsushi schluckte, als er an Dazais Worte dachte. Suchte Chuuya nach jemandem wie ihm, der ihn von den Leiden erlöste? Konnte der Anführer dieser Agentur überhaupt wirklich etwas gegen Chuuya ausrichten und ihn töten?

Er hatte so selbstbewusst davon gesprochen, dass er Arahabaki tötete, aber konnte er es wirklich? Gab es jemanden, der Chuuya töten konnte?

Überrascht drehte Atsushi sich zur Seite, als er spürte, wie jemand in das Zimmer kam und er sah Akutagawa, der ihn nun anblickte, sein Mantel wirkte, als wenn er von einem stetigen Luftzug nach hinten geweht wurde. Es war irritierend. Wieso hatte Dazai eigentlich gesagt, dass er ebenfalls ein Monster war? Oder seine Fähigkeit? Wie konnte Akutagawa dieses Monster kontrollieren?

„Ist was, Jinko?“, brummte Akutagawa und starrte ihn dunkel an, trat langsam auf ihn zu, während er seine Hände in den Taschen seines Mantels vergraben hatte.

Atsushi schüttelte etwas zu schnell den Kopf, schwenkte seinen Schweif umher, der als Einziges von seiner Fähigkeit zu sehen war. „Was– wie soll ich euch eigentlich helfen, wenn ich mich nicht verwandeln kann?“ Langsam fuhr er erneut zu dem Halsband. Solange er es trug, konnte er sich nicht verwandeln und seine Fähigkeit aktivieren. Aber sonst konnte er es auch nicht kontrollieren und tobte solange, bis sein Blutdurst gestillt war.

„Dieses Halsband sorgt dafür, dass deine Fähigkeit unterdrückt wird, ja“, erwiderte Akutagawa und zuckte mit den Schultern, „aber du solltest dadurch in der Lage sein, Teile davon kontrolliert einzusetzen und es so lernen, zu kontrollieren.“

Atsushi blinzelte ein wenig irritiert zu dem anderen, bevor er zu seinen ausgestreckten Händen sah. Wie sollte er seine Fähigkeit kontrollieren, wenn er momentan nicht einmal spürte, dass es irgendwo war? Langsam hob er seinen Kopf wieder und sah zu Akutagawa. Hatte er das auch durchlebt, um seine Fähigkeit zu kontrollieren?

„Überanstreng dich nicht“, sagte Akutagawa ruhig und lehnte sich auf dem Sessel, auf den er sich in der Zwischenzeit gesetzt hatte, zurück, „ich weiß, dass es durchaus seine Zeit braucht, bis es so funktioniert, wie man will.“

Atsushi blickte überrascht zu ihm und bemerkte, wie er den Kopf dieser Kreatur hinter Akutagawa auftauchen sah, der die Zähne fletschte, sich aber ein wenig von dem anderen kraulen ließ und ihn nur noch still ansah. „Sei froh, dass Dazai-san etwas in dir gesehen hat“, murmelte Akutagawa ruhig und sah ihm wieder entgegen, „sie hat immer noch große Lust den Tiger zu zerfleischen.“

„Ich verstehe es nicht“, murmelte Atsushi und senkte seinen Blick. Momentan fühlte er sich hilflos, wenn er diesem Jäger und dieser Bestie gegenübersaß. Er konnte sich gerade immerhin auch nicht verteidigen und war ihnen ausgeliefert. Vor allem, da Chuuya ihn alleine gelassen hatte. „Warum denkt ihr, dass ich euch nützlich wäre?“

„Frag das Dazai-san und nicht mich“, brummte Akutagawa und verdrehte die Augen, „aber du bist nicht das erste Monster, was er aufgenommen hat.“

„Er hat gemeint, dass du–“, fing Atsushi an, stoppte allerdings, als er den anderen Schnaufen hörte.

„Nicht nur ich“, entgegnete Akutagawa ihn unterbrechend, „vermutlich würde er sogar Arahabaki am liebsten nicht töten.“

Atsushi sah verwirrter zurück, legte den Kopf schief. „Chuuya-san?“ Aber hatte Dazai ihm nicht gesagt, dass er ihn töten würde?

„Keine Ahnung, was dran ist“, brummte Akutagawa missmutig, „aber irgendwie ... ist Dazai-san anders, wenn es um Arahabaki geht.“

Atsushi lächelte ein wenig bitter, während er an den anderen dachte. „Ich denke, Chuuya-san hofft, dass er es irgendwann schafft, ihn zu erlösen.“ Auch, wenn Atsushi nicht wollte, dass Chuuya-san sterben musste, wenn Atsushi eine Chance bekam, seine Fähigkeit zu kontrollieren. Es fühlte sich nicht fair an.

„Ruh dich heute noch aus und Morgen werden wir uns ein wenig um eine neue Mission kümmern“, sagte Akutagawa und sah ihn ernster an, „und du solltest aufhören über Arahabaki zu reden. Wenn jemand weiß, dass du mit ihm Kontakt hattest, würden sie sich vermutlich eher deine Gefangenschaft oder deinen Tod wünschen, Jinko.“

Atsushi schluckte. Er wusste zwar, dass viele Chuuya fürchteten und das er sich sowieso entscheiden musste, wenn er hierblieb, dass er nicht länger bei ihm leben konnte. Vermutlich würde Chuuya ihn ab jetzt sowieso als Feind sehen. Selbst, wenn es nur darum ging, ihn zu schützen, weil er wusste, was er für eine Macht besaß und wie viele Feinde er hatte.

 
 

–*–

 

Die nächsten Tage waren für Atsushi mehr als ungewohnt und er fühlte sich nebenbei auch viel zu hilflos, nachdem er bei seiner ersten Mission für die Agentur gemerkt hatte, dass er seine Fähigkeit absolut gar nicht für sich nutzen konnte. Akutagawa hatte ihn mehrfach gerettet, was ihn störte.

Er wusste, dass er ohne dieses Halsband vermutlich wieder in seiner Tigergestalt toben würde und nichts dagegen tun konnte, aber es störte ihn umso mehr, dass Akutagawa ihn ständig retten musste, weil er sich nicht selbst helfen konnte.

Inzwischen war er bereits eine Woche ein Mitglied der Agentur, auch, wenn noch nicht komplett, weil er immer noch dieses Problem hatte, seine Fähigkeit nicht einsetzen zu können. Zumindest nicht kontrolliert.

„Bist du wirklich zu etwas zu gebrauchen, Jinko?“, brummte Akutagawa und sah ihn skeptisch an, während seine Bestie über ihm hing und etwas die Zähne fletschte.

Atsushi hatte bereits Mitte der Woche herausgefunden, dass Akutagawas Fähigkeit ihn am liebsten zerfleischen wollte, sie sich aber zurückhalten musste. „Ich krieg das schon hin!“, entgegnete Atsushi daraufhin und verdrehte die Augen. Er wollte sich auch nicht ständig von Akutagawa retten und sich von ihm anhören lassen, dass er so schlecht und unbrauchbar war.

Es musste doch eine Möglichkeit geben, dass er diese Fähigkeit irgendwie aktivieren konnte, ohne das dieser Tiger randalierte.

„Du bist so unfähig“, brummte Akutagawa und schüttelte den Kopf, was Atsushi dazu brachte, zu schnaufen.

„Du hast dich am Anfang bestimmt nicht besser angestellt!“, erwiderte Atsushi und verdrehte die Augen, „also lass mir die Zeit, ich schaff das!“

Erschrocken wich Atsushi zurück, als er bemerkte, wie Akutagawas schwarze Bestie zu ihm huschte und kurz vor ihm stoppte. „Was–“,

„Beruhig dich, sie beißt nur, wenn ich es will“, grummelte Akutagawa, trat zu Atsushi, während er seine Hände in den Taschen seines Mantels versenkt hatte, „kann es sein, dass du zu verkrampft bist, wenn du an deine Fähigkeit denkst?“

„Huh? Gar nicht!“, erwiderte Atsushi und schüttelte heftig den Kopf, wich einen Schritt von ihm zurück, um nicht so direkt vor der Bestie zu sein, „ich versuche doch einfach nur, ihn kontrolliert zu rufen.“

„Warum versuchst du stattdessen nicht einfach mal, Rashoumon abzuwehren?“, fragte Akutagawa nach, grinste ihn an und ließ die Bestie in Atsushis Richtung vorschnellen.

„Wa– Akutagawa, was soll das?“, brummte Atsushi, sprang in einer schnellen Geschwindigkeit nach hinten und atmete erschrocken aus, „willst du mich doch töten, weil ich euch nur Probleme mache?“

„Wenn du deine Fähigkeit nicht einsetzt, kannst du nicht entkommen“, sagte Akutagawa und sah ihn funkelnd an, „oh und ... Arahabaki wird dich dieses Mal bestimmt nicht retten.“

Atsushi zuckte zusammen, als er den anderen das sagen hörte. Akutagawa hatte recht damit. Chuuya hatte bestimmt entschieden, dass sie bei ihrem nächsten Zusammentreffen Feinde waren, damit er frei ein neues Leben anfangen konnte.

Seine Augen richteten sich auf einen Teil der Bestie, bevor er in einer schnellen Bewegung sich von dem Boden abstützte und in die Luft sprang, dabei irritiert bemerkte, mit welcher Wucht er sich abgestützt hatte. Was war das gewesen?

„Du kannst es ja doch“, sagte Akutagawa mit einem breiten Grinsen, „und? Willst du nicht versuchen, mich anzugreifen, Jinko?“

Atsushi verengte seine Augen, landete kurz und sprang dann erneut mit einer Wucht auf den anderen zu, die er vorher nie so gespürt hatte, während er bemerkte, wie sich seine Hände in die Tatzen eines weißen Tigers verwandelten und er kurz darauf gegen ein aufgebautes Schild von Akutagawas schwarzer Bestie schlug.

„Das ist eindeutig besser als deine jämmerliche Gestalt in den letzten Kämpfen, Jinko“, sagte Akutagawa grinsend, sorgte aber nach einem kurzen Hieb dafür, dass er Atsushi auf den Boden des Zimmers schleuderte, „wenn du es jetzt schon besser kontrollieren könntest, wäre es sicher weniger einseitig.“

„Irgendwann ... werde ich es dir zeigen!“, sagte Atsushi mit einem kurzen Fauchen, während er sich langsam aufrichtete und sich auf seinen Händen vor sich abstützte. Aber er hatte es durchaus geschafft, seine Fähigkeit zu kontrollieren, ohne gleich zu randalieren und alle in Gefahr zu bringen.

Langsam hob er seinen Blick und konnte nicht anders, als breit zu lächeln. Zumindest hatte er schon einen ersten Schritt in diese Richtung getan, um seine Fähigkeit zu kontrollieren.

Die nächsten Tage kümmerte sich Atsushi einzig um kleinere Kriminelle und weniger darum, irgendwelche Monster zu jagen.

Außerdem war er das erste Mal ein paar Tage ohne Akutagawa unterwegs, da er scheinbar einen schwierigeren Fall zu lösen hatte und nach einem Monster suchte, was sich regelmäßig selbst mit seiner Fähigkeit verletzte.

Atsushi wollte nicht weiter drüber nachdenken, als er es von dem anderen gehört hatte.

Er wanderte gerade ein wenig durch die Straßen und seufzte, als er in der Nähe seines ehemaligen Unterschlupfs war. Es wirkte leer, aber es wunderte Atsushi kein Stück. Chuuya blieb nie lange an einem Ort. Dennoch hätte er sich vielleicht gewünscht, ihn noch einmal zu sehen, einfach weil er ihm zu viel zu verdanken hatte.

Ein wenig ließ er seinen Kopf hängen, sprang dann allerdings nach hinten, als er nur sah, wie vor ihm etwas auf dem Boden einschlug.

„Du warst auch mal aufmerksamer, Atsushi.“

Überrascht sah er auf, blinzelte, als er Chuuya gehört hatte. „Chuuya-san? Was–“, er stockte, als er sah, wie Chuuya direkt vor ihm landete und seine Hand zu Atsushis Hals bewegte, über das Halsband fuhr, was er immer noch umhatte. Statt weiterzusprechen, schluckte Atsushi daraufhin nur.

„Du gehörst jetzt zu ihnen“, sagte Chuuya und zog seine Hand langsam zurück, sah ihm entgegen, während er seine Hände weiterhin in den Taschen seines Mantels vergraben hatte.

Atsushi wusste, dass es keine wirkliche Frage war, weil es eh klar war, aber dennoch nickte er langsam, senkte bedrückt seinen Kopf.

„Du weißt, dass wir eigentlich jetzt Feinde sind“, sagte Chuuya weiter, bewegte seine zusätzlichen, längeren Arme ein wenig, ohne sich allerdings ansonsten zu bewegen.

Atsushi nickte bedrückt.

„Warum greifst du mich dann nicht an?“, fragte Chuuya nach, legte den Kopf zur Seite.

„Chuuya-san, ich–“, murmelte Atsushi, unterbrach sich aber und schüttelte nur den Kopf, bemerkte kurz darauf, wie Chuuya einen Angriff gegen ihn startete, so dass er einfach nur nach hinten sprang, seine Augen leuchteten eine Spur mehr auf, während er den anderen ansah.

„Wenn du nicht angreifst, wird dir keiner glauben, dass du inzwischen für die Detektive arbeitest“, entgegnete Chuuya und ließ erneut einen seiner Arme, die Teil seiner Fähigkeit waren, auf ihn zu jagen.

Atsushi schluckte, wich allerdings weiter nur aus, während er zur Seite zu einem seiner Arme sah, bevor er wieder Chuuya anblickte. Wenn er seine Fähigkeit nicht aktivieren konnte, würde er sowieso keine Chance gegen Chuuya-san, gegen Arahabaki, haben. Aber irgendwie war da diese Stimme in seinem Kopf, die absolut und unter keinen Umständen seine Fähigkeit gegen Chuuya-san aktivieren wollte, weswegen er auch weiterhin nur auswich.

„Atsushi!“

Seine Augen richteten sich, während er weiter auswich, auf Chuuya. Er wollte, dass er sich wehrte und akzeptierte, dass sie Feinde waren. Wieso konnte Atsushi es also nicht auch annehmen und kämpfen?

Mit einem Schlucken schüttelte Atsushi nur den Kopf, ignorierte die Schockwelle von einer von Chuuyas Attacken, die ihn ein Stück zurückschleuderte und wodurch er auf dem Boden liegenblieb. Vielleicht war er doch nicht dafür geeignet? Wie konnte er einer der Detektive sein, wenn er es nicht schaffte, wann er wollte, seine Fähigkeit einzusetzen?

Er bemerkte, wie Chuuya sich zu ihm bewegte, ihn von oben herab ansah, während sich eine größere, schwarze Masse um ihn herum ausbreitete. Seine Augen waren in dem Moment eher blutrot. Das war in dem Moment nicht Chuuya-san, sondern Arahabaki. „Chuuya-san ...?“

„Bist du sicher, dass du so eine Chance bei ihnen hast?“, erwiderte Chuuya mit einem eher unmenschlichen Grollen, „glaubst du, sie würden dich aufnehmen, wenn du nicht einmal kämpfen kannst? Wo ist der gefährliche Tiger, der Yokohama in Schrecken versetzt hat?“

„Ich– ich weiß es nicht“, gab Atsushi leise zu, schloss seine Augen, „warum tötest du mich nicht, Arahabaki?“ Es war das erste Mal, dass er Chuuya-san wirklich mit Arahabaki anredete. Aber für den Moment wusste er, dass es passend war. Und wenn er sowieso keine Chance hatte, zu kämpfen, konnte Chuuya-san ihn auch töten.

Ein erneutes Grollen, bevor er an seinem Shirt gegriffen und nach oben gezogen wurde. Langsam öffnete Atsushi seine Augen, blinzelte dem anderen entgegen.

„Du willst sterben?“, fragte Chuuya mit einem weiteren Grollen nach.

Bevor Atsushi etwas erwidern konnte, bemerkte er nur, wie er aus Chuuyas Griff befreit wurde und sah, wie ein ... Mädchen, was vermutlich ein wenig jünger als er war, vor ihm stand und ein Schwert vor sich hielt.

„Du bist das Mädchen von damals“, murmelte Chuuya, ließ diese schwarze Aura um sich herum wieder etwas verschwinden und sah schließlich zu ihr.

„Ich bin Kyouka“, erwiderte das Mädchen und hielt das Schwert nun nach unten, „Dazai-san hat mich beauftragt, Atsushi zu beschützen. Ich werde nicht vor dir zurückweichen, Arahabaki.“

„Dazai, huh“, entgegnete Chuuya und legte den Kopf zur Seite, „sorry Kleines, aber das hier ist nur ein Treffen zwischen ehemaligen Kameraden.“

Atsushi blickte einen Moment überrascht zu Kyouka, bevor er langsam wieder zu Chuuya sah. Er sollte es endlich akzeptieren, dass sie Feinde waren.

„Du hättest ihn getötet“, sagte Kyouka mit schneidender Stimme.

„Ich wusste nicht, dass Atsushi inzwischen einen Bodyguard hat“, sagte Chuuya und zuckte mit den Schultern, „aber er braucht keinen Schutz von dir. Immerhin ist er der Tiger, der Yokohama lange in Angst und Schrecken versetzt hat.“

„Verschwinde oder ich werde dich töten“, sagte Kyouka mit dunkler Stimme.

Chuuya grinste nur und drehte sich dann ab. „Wenn du mich töten könntest, wäre ich dir dankbar. Aber es gibt nur eine Person, die etwas gegen mich ausrichten kann.“

Atsushi blickte ihm hinterher, wie er sich in die Luft schwang und dann über die Dächer verschwand. Nur langsam richtete er seinen Blick zu Kyouka, die ihr Schwert wegsteckte und sich dann zu ihm drehte.

„Warum hast du dich nicht gewehrt?“, fragte sie direkt nach, sah ihn mit einem eisigen Blick an, „du bist immerhin der Tiger. Du könntest dich zumindest gegen ihn verteidigen.“

Atsushi sah sie einen Moment still an, bevor er lächelte. „Vielleicht bin ich nicht geeignet, um euch zu helfen.“

„Dann würde sich Akutagawa nicht um dich kümmern, wenn du hoffnungslos wärst“, murmelte Kyouka und hielt ihm ihre Hand hin, „komm.“

„Akutagawa sieht nicht so aus, als wenn er das freiwillig macht“, brummte Atsushi und verdrehte die Augen, ließ sich dann aber aufhelfen und ging neben ihr her, „er würde mich vermutlich lieber töten.“

Er bemerkte, wie Kyouka ihn von der Seite her ansah, ein wenig schmunzelte und dann mit den Schultern zuckte. „Er war ein Monster, bevor Dazai-san ihn gefunden hat“, sagte sie leise vor sich hin, „oh, versprich mir, dass du ihm nicht sagst, dass ich dir was erzählt habe.“

Atsushi schluckte, schüttelte den Kopf. „Ich verspreche es, ich kann ein Geheimnis für mich behalten.“ Das Akutagawa ebenfalls ein Monster gewesen war, hatte er schon vermutet, als er mit Dazai geredet hatte.

„Seine Schwester wurde von Rashoumon schwer verwundet, er hat das vermutlich nie verarbeitet“, sagte Kyouka leise, „ihr geht es wieder gut, bevor du fragst. Sie sieht das auch nicht so eng, weil sie wohl weiß, dass es dieses Monster war, aber ...“

„Er macht sich Vorwürfe deswegen“, murmelte Atsushi leise zurück. Er selbst hatte jahrelang nicht kontrollieren können, wen er angriff und tötete, weil er einfach nur seinen Blutdurst stillen wollte. Vermutlich ging es Akutagawa früher genauso, nur dass es nicht nur Menschen getroffen hatte, die fremd für ihn waren.

„Er will dir auf seine Weise helfen“, murmelte Kyouka leise vor sich hin, „und er hasst es, wenn du nicht einmal versuchst, das wiedergutzumachen, was du getan hast.“

Atsushi weitete seine Augen, blieb stehen und sah zu Kyouka. In dem Moment, als sie den Satz beendet hatte, hatte er das Gefühl, dass sich etwas in ihm regte. Wenn er diese Fähigkeit kontrollieren konnte, könnte er Menschen retten und so wiedergutmachen, dass er so viele getötet hatte.

Ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen, bevor er wieder zu Kyouka aufschloss. „Glaubst du, ich kann das?“

„Das musst du selbst wissen“, sagte Kyouka daraufhin, „aber wenn du nicht daran glaubst, kannst du dich auch von ihm töten lassen.“

Atsushi schluckte, streckte seine Hände vor sich aus und dachte darüber nach. Wenn er wollte, konnte er diese Stadt beschützen und so seine Taten wiedergutmachen. Er musste kein blutrünstiger Tiger mehr sein, sondern konnte die Menschen hier retten. War es nicht eine viel bessere Möglichkeit, seine Fähigkeit einzusetzen?

Er nickte entschlossen und lächelte dann zu Kyouka. „Du hast recht, danke.“

Sie zuckte mit den Schultern, drehte allerdings ihren Kopf ein wenig zur anderen Seite, um ihn nicht anzusehen. „Ich will nur, dass Akutagawa wieder glücklicher ist und du machst ihn glücklich, Atsushi. Auch, wenn er es nicht zeigt.“

Ein wenig verwunderter sah Atsushi nun doch zu ihr, während er sich nicht vorstellen konnte, dass Akutagawa ihn wirklich unbedingt überhaupt leiden konnte. Aber dennoch sagte er da nichts mehr zu, sondern ließ es einfach dabei.

Irgendwie hatte er so ein Gefühl, dass er Kyouka dabei besser keine Widerworte gab und sie sehr genau wusste, was sie sagte.

Irritiert blickte Atsushi von seinem Schlaflager auf, bemerkte, wie Akutagawa vor ihm saß und ihn genauer musterte. Was ihn allerdings ein wenig zurückzucken ließ, war die Bestie des anderen, die ihn beschnupperte und etwas die Zähne fletschte.

„Was ...?“, murmelte Atsushi und rieb sich etwas über die Augen. Er war sich immer noch nicht sicher, ob er Akutagawa trauen konnte. Außerdem wirkte seine Bestie so, als wenn sie ihn gerade zerfleischen wollte.

„Du stinkst“, erwiderte Akutagawa und verschränkte die Arme vor sich.

„Eh, sorry?“, brummte Atsushi und verdrehte die Augen, setzte sich auf, „darf man hier vielleicht erstmal wachwerden?“ Das war absolut nicht die morgendliche Begrüßung, die er sich gewünscht hatte.

Warum war überhaupt Akutagawa hier, um ihn aus seinem Schlaf zu reißen? Und das nicht gerade auf die angenehme Tour, wenn er bemerkte, dass Rashoumon ihn immer noch anknurrte.

„Du hast dich mit Arahabaki getroffen“, sagte Akutagawa kühl weiter, während er seine Bestie langsam zurückrief und sie ein wenig kraulte.

Atsushi verdrehte die Augen. „Und?“, brummte er weiterhin. Er hatte das Treffen mit Chuuya-san ja nicht einmal geplant und außerdem wusste er, dass sie inzwischen Feinde waren.

Seine Gedanken glitten zu dem gestrigen Tag zurück und dahin, wie Chuuya-san ihn angegriffen hatte, auch, wenn er aufgepasst hatte, ihn dabei nicht zu verletzen. War es wirklich so eine gute Idee, sich ihnen anzuschließen? Selbst wenn er dadurch lernte, seine Fähigkeit zu kontrollieren, es fühlte sich so merkwürdig an, dass er und Chuuya-san ab jetzt Feinde waren. Immerhin hatte Atsushi jahrelang niemand anderen gehabt, als ihn.

„Du bist nicht stark genug, um gegen ihn zu kämpfen, Jinko“, sagte Akutagawa und verdrehte die Augen.

„Es war Zufall, dass wir aufeinandergetroffen sind“, brummte Atsushi genervt zurück, „und ich weiß selbst, dass ich nicht gegen ihn kämpfen kann.“

„Dann halt dich verdammt nochmal von ihm fern!“, sagte Akutagawa, während seine Bestie daraufhin erneut knurrte.

Atsushi blinzelte überrascht, erinnerte sich etwas an Kyoukas Worte und hob dann eine Augenbraue. „Machst du dir Sorgen um mich, Akutagawa?“

„Idiot“, sagte Akutagawa nur, erhob sich und drehte sich von ihm weg, „ich würde dich nur lieber selbst töten, bevor Arahabaki dich tötet, weil du leichtsinnig bist.“

Atsushi schluckte. „Du willst, dass ich eine zweite Chance bekomme, meine früheren Taten wiedergutzumachen?“ Das war immerhin das, was Kyouka ihm erzählt hatte, oder?

„Ich tue nur, was Dazai-san mir aufgetragen hat und kümmere mich um einen nichtsnutzigen Tiger“, sagte Akutagawa mit einem Brummen, ohne sich wieder zu Atsushi umzudrehen.

Atsushi grummelte vor sich hin. „Wer sagt, dass ich dich brauche?“

„Hmpf“, erwiderte Akutagawa genervt, „mach dich fertig, damit wir loskönnen. Ich hab keine Lust mich länger, als nötig mit dir zu beschäftigen.“

Atsushi war sich wirklich nicht sicher, wie er den anderen sehen sollte. Einerseits hatte er immer noch dieses Gefühl, dass Akutagawas Bestie ihn am liebsten zerfleischen wollte und Akutagawa dabei genüsslich zusehen wollte. Andererseits gingen ihm immer wieder Kyoukas Worte durch den Kopf und vielleicht hatte er wirklich nur eine merkwürdige Art, ihm zu zeigen, dass er sich um ihn sorgte.

Atsushi sah nachdenklich zu dem anderen, während er sich durch das Zimmer bewegte, um sich was zum anziehen zu suchen. Sehr merkwürdige Art.

Allerdings musste Atsushi auch sagen, dass es erfrischend neu war, mit dem anderen unterwegs zu sein. Er lernte ein paar Dinge über diese Agentur, die er früher nicht für möglich gehalten hatte. Auch, dass sie anders waren, als die Menschen, die sie nur jagten, um sie zu benutzen oder zu versklaven.

Er wünschte sich wirklich, dass Chuuya-san etwas von seinem Glück miterleben konnte, aber er wusste auch, dass es niemals so kommen würde. Seine Kräfte waren zu stark, als dass sie irgendjemand kontrollieren konnte. Er verdankte dem anderen so viel und wusste, dass er nichts für ihn tun konnte. Selbst diese Agentur war hinter Chuuya-san nur her, um ihn zu töten, damit er keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Atsushi schluckte und schüttelte den Kopf. Er sollte sich darüber keine Gedanken machen. Chuuya-san konnte sehr gut auf sich aufpassen und außerdem wartete er scheinbar nur auf jemanden, der ihn von diesem Leben befreite.

„Jinko? Was träumst du hier rum?“

Blinzelnd drehte Atsushi seinen Kopf zur Seite, blickte zu Akutagawa, der gegen die Hauswand eines größeren Gebäudes lehnte. „Was?“

Akutagawa schnaubte und griff ihn am Arm, zog ihn hinter sich her in das Gebäude. „Es ist gefährlich, wenn deine Gedanken nicht bei der Sache sind, Jinko.“

Atsushi nickte nur still und folgte ihm dann. Er wusste auch, dass er aufmerksamer sein sollte, wenn er unterwegs war. Danach unterschied sich seine Arbeit in der Agentur nicht von seinem Monsterleben, wo er auf jedes noch so kleine, feindliche Geräusch achten musste.

„Uh-uh, wenn das nicht dieser gesuchte Tiger ist.“

Atsushi blinzelte und hob seinen Kopf, sah an Akutagawa vorbei, dessen Bestie neben ihm die Zähne fletschte, allerdings diesmal nicht in seine Richtung. Um sie herum standen Menschen, teilweise mit Umhängen verhüllt, manche konnten sie auch genauer erkennen.

„Fasst ihn an und ich werde euch zerfleischen“, zischte Akutagawa mit einer solchen Ruhe, dass es Atsushi eindeutig eiskalt den Rücken runter lief. Auch, wenn er bemerkte, dass es nur gegen ihre Feinde gerichtet war und er gerade dabei war, ihn zu beschützen.

Atsushi blinzelte erneut. Wieso sagte Akutagawa so klar, dass er ihn beschützen wollte?

„Du beschützt diesen Tiger?“, kam es von einer rauen Stimme, bevor jemand zu ihnen trat und ein Messer in der Hand drehte, „mein kleines Hündchen ist wohl erwachsen geworden, huh?“

„Fass mich nicht an!“, zischte Akutagawa ihm entgegen, während Rashoumon vorschnellte und kurz vor diesem Kerl ein lautes Fauchen ausdrückte.

Atsushi blinzelte zwischen ihnen verwirrt hin und her, da dieser Kerl sich nicht sonderlich von Rashoumon beeindrucken ließ, sondern kurz vor Akutagawa stoppte, sein Messer vor sich hielt. Wer war das?

„So benimmt man sich aber nicht vor seinem Meister“, schüttelte er heftig den Kopf, berührte Akutagawas Kinn mit einer Hand, „immerhin habe ich euch gerettet. Wie geht es eigentlich Gin? Oder war dieser Angriff ihr Tod? Sie war eh nutzlos ...“

Atsushi konnte nicht einmal reagieren, als er nur sah, wie Akutagawa den anderen mit Rashoumon zu Boden schleuderte und sich die Bestie über ihn lehnte. Was ihn allerdings am meisten schockierte, war der Blick seines Partners, der blutrot war.

„Sag mir einen guten Grund, wieso ich dich nicht auf der Stelle töten sollte!“, zischte Akutagawa, während Rashoumons Maul kurz vor dem Hals des Kerls war.

„Genau das“, grinste er ihn einfach nur an, „du bist kein Detektiv oder Jäger ... du bist mein Hündchen, du bist ein Monster und wirst immer eins sein.“

„Aku–“, sagte Atsushi kurz, stoppte aber sogleich und starrte den anderen nur an. Ein Monster war immer ein Monster, oder? Wie sollte er da etwas anderes sein? Wie? Er schluckte und schüttelte heftig den Kopf, ließ sich auf den Boden sinken. Warum glaubte er, dass sich etwas änderte, nur weil er bei ihnen war? Weil Akutagawa auch mal ein Monster gewesen war und seine Kraft inzwischen kontrollieren konnte?

Ein Schrei hallte durch den Raum, der dafür sorgte, dass Atsushi wieder aus seinen Gedanken aufschreckte und aufsah. Sein Blick wanderte zu Akutagawa, allerdings hielt er diesen Kerl nicht mehr fest, stattdessen atmete er heftiger und hatte sich auf dem Boden neben ihm abgestützt. „Akutagawa?“

„Sei ... still, Jinko!“, brummte er, ohne aufzusehen.

„Ehrlich, muss ich mich immer noch um dich kümmern?“

Atsushi blinzelte, bemerkte kurz darauf, wie die Kerle, die um sie herum waren, nacheinander zu Boden sackten und eine deutliche Blutlache unter sich auftauchen ließen. „Chu–Chuuya-san?“

Nachdem der letzte von diesen Kerlen zu Boden gesackt war, drehte sich Chuuya-san zu ihm, warf Akutagawa einen kurzen Blick zu und legte dann den Kopf schief, versenkte seine Hände in den Taschen seines Mantels. „Alles in Ordnung bei euch?“

Akutagawa grummelte neben ihm, richtete sich auf und zog Atsushi an seinem Arm zurück. „Was tust du hier, Arahabaki?“

„Ein einfaches ‚danke‘ hätte es auch getan“, grummelte Chuuya-san und schüttelte den Kopf.

Atsushi sah etwas vor sich auf den Boden. „D–danke Chuuya-san“, murmelte er leise, während Akutagawa nur weiterhin brummte und seinen Kopf etwas zur Seite drehte.

„Ich brauche keine Hilfe von dir“, sagte Akutagawa schließlich, ohne sich allerdings wieder zu ihm zu drehen.

Chuuya-san zuckte nur mit den Schultern und trat auf sie zu, sah kurz zu Atsushi, richtete dann aber seinen Blick auf Akutagawa, dessen Bestie sich direkt wieder hinter ihm aufbaute. „Beruhig dich, Rashoumon“, sagte er leise, strich ihr sogar über den Kopf und sah dann auf Akutagawa runter, „er war dein ehemaliger Meister, oder?“

Atsushi schluckte. Es klang zumindest so und er schien auch irgendwas von Akutagawas Vergangenheit zu wissen.

Akutagawa grummelte nur, drehte seinen Kopf aber zumindest wieder zu Chuuya-san. „Was hast du mit ihr gemacht?“, fragte er schließlich, sah etwas mehr nach oben und zu Rashoumon, welche ruhig über ihm schwebte.

„Sie ist ziemlich stark“, murmelte Chuuya-san und richtete seine Augen von der Bestie zu Akutagawa, „ich denke, ich kann Atsushi in deinem Schutz lassen.“

„Chuuya-san ...“, flüsterte Atsushi, sah weiterhin zu ihnen.

Akutagawa grummelte, seufzte dann aber. „Du solltest verschwinden, bevor ich wieder die Kraft habe, gegen dich zu kämpfen, Arahabaki.“

Chuuya-san lachte nur kurz und schüttelte den Kopf, wuschelte Akutagawa durch die Haare. „Du würdest sterben. Ich habe einen Deal mit Dazai, dass ich euch nicht angreife. Dafür ...“, er schüttelte den Kopf erneut, „... lassen wir das.“

Atsushi konnte ihm daraufhin nur noch hinterhersehen, wie Chuuya-san aus dem Gebäude durch ein offenes Fenster an der Seite verschwand. Seine Aufmerksamkeit richtete er dann allerdings wieder auf Akutagawa. „Ist ... alles in Ordnung bei dir?“

„Mir gehts gut, Jinko“, brummte Akutagawa und richtete sich auf, klopfte sich den Staub von seinem Mantel, während er Atsushi mit der anderen Hand immer noch festhielt, „lass uns hier verschwinden.“

Atsushi drehte sich zur Seite und zu den ganzen, leblosen und blutüberströmten Gestalten, nickte dann und folgte Akutagawa. „Was ist mit ...?“

„Es war ein Schlachtfeld von Arahabaki, was sonst?“, brummte Akutagawa und zuckte mit den Schultern, zog Atsushi nach draußen, „wir konnten nichts machen.“

Atsushi schluckte, nickte allerdings. Auch, wenn es nicht ganz die Wahrheit war und Chuuya-san sie gerettet hatte, so konnten sie das kaum jemandem erzählen. „Akutagawa? Was ist mit ... uh, Gin? Du warst so ... anders?“ Eigentlich war sich Atsushi nicht einmal sicher, ob er so einfach fragen konnte. Es fühlte sich aber gerade so an, als wenn er es konnte. Akutagawa wirkte gerade irgendwie freundlicher als sonst. Davon ab, dass er seine Hand immer noch nicht losgelassen hatte.

„Gin ist meine Schwester“, erwiderte Akutagawa nach einer Weile des Schweigens zwischen ihnen, „sie ist ebenfalls in der Agentur. Aber ... sie lebt ihr eigenes Leben, seit ...“

Atsushi schluckte und erinnerte sich an Kyoukas Erzählung, auch, wenn Atsushi es eigentlich noch gar nicht wissen sollte. „Du brauchst nichts erzählen, wenn du nicht willst“, sagte er schließlich, als Akutagawa nicht weitersprach, „ich dränge dich nicht.“ Erschrocken spürte Atsushi, wie Akutagawa ihn zur Seite zog und gegen eine Hauswand in der Nähe drückte, ihm in die Augen sah.

„Wir sind uns ähnlich ... Atsushi“, sagte Akutagawa, auch, wenn er es eher flüsterte, als laut aussprach.

Atsushi schluckte und spürte, wie ihm ein wenig die Stimme versagte. War es gerade das erste Mal, dass Akutagawa ihn beim Namen nannte? Und wieso hatte er das Gefühl, als wenn der Tiger ihn ihm aufgrund dieser Berührung anfing zu grummeln und schnurren? Akutagawa war nicht einmal sonderlich sanft zu ihm, so wie er ihn festhielt.

Bevor er weiter reagieren konnte, spürte er nur, wie sich Akutagawas Lippen auf seine legten und er ihn intensiv und fordernd küsste.

Kurz weitete Atsushi seine Augen. Er hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Akutagawa ihn küsste. Was sollte er denn machen? Wie sollte er darauf reagieren? Allerdings fühlte es sich zu gut an, als dass er sich wehren wollte, so dass er es einfach zuließ, auch, wenn er nicht wirklich selbst etwas tat.

Akutagawa löste sich nach einer Weile von ihm, ließ ihn los und stützte seine Hände gegen die Hauswand neben Atsushis Kopf ab. Seine Augen richteten sich auf ihn.

Atsushi schluckte, konnte allerdings seinen Blick nicht von dem anderen nehmen. „Was–“,

„Damit du weißt, dass dein Platz an meiner Seite ist, Jinko“, brummte Akutagawa, zog seine Arme zurück und versenkte seine Hände in den Taschen seines Mantels, drehte seinen Kopf dabei weg.

Atsushi blinzelte ihn an und konnte nicht anders, als zu kichern, auch, wenn er sich eine Hand dabei vor den Mund hielt. Irgendwie passte es zu Akutagawa, es so zu bezeichnen, aber irgendwie wollte er auch gar nichts anderes. Er folgte dem anderen schweigend bis zu dem Wohnblock, in dem sie lebten. Akutagawa nahm ihn mit zu seinem Zimmer und schloss die Tür hinter sich, drückte ihn auf das Polster eines Sofas. „Aku–?“

„Gin wäre beinahe wegen mir gestorben, wenn Dazai-san uns nicht rechtzeitig gefunden hätte“, sagte Akutagawa, während er sich über Atsushi gelehnt hatte, „ich konnte es nicht kontrollieren und diese Gang ... sie waren verschwunden, bevor Rashoumon sie erwischen konnte. Ich weiß nicht, wie ich stoppen konnte. Ich glaube, es waren Gins Schreie, die es gestoppt haben. Sie war am Verbluten und dennoch– hat sie nur gesagt, dass sie glücklich ist, dass es mir gutgeht und das sie– wieso gibt sie mir nicht die Schuld?!“

Atsushi blickte einfach nur überrascht zu ihm, während er bemerkte, wie Akutagawa ein wenig seinen Blick abwandte. Langsam bewegte er seine Hände zu dem Gesicht des anderen, sorgte dafür, dass Akutagawa ihn wieder ansah und lächelte einfach nur sanft. „Du konntest es damals nicht kontrollieren ... und es ist doch gut jetzt.“ Wenn Atsushi daran dachte, wie viele Menschen er getötet hatte, weil er seine Kraft nicht kontrollieren konnte. Weil der Tiger in ihm nach dem Blut dieser Menschen verlangt hatte. „Und sie lebt doch, oder?“

Akutagawa blickte ihn an, nickte etwas langsamer. „Hm.“

„Chuuya-san ... nein, Arahabaki hat mich gelehrt, dass ich töten muss, bevor sie mich töten“, flüsterte Atsushi vor sich hin, „damals hätte ich nicht gedacht, dass es anders geht, aber du hast mich gerettet. Du hast doch schon genug gemacht, um deine Schuldigkeit zu begleichen, du musst dir nur selbst verzeihen.“ Im Gegensatz zu ihm war Atsushi gerade erst am Anfang, um ein normales Leben zu führen.

„Ich hab nur gemacht, was Dazai-san mir aufgetragen hat und den Tiger hierhin gebracht“, brummte Akutagawa, drehte seinen Kopf ab, auch, wenn Atsushi bereits bemerkte, dass er ein wenig rot geworden war, „... ich hab das absolut nicht für dich getan, nur damit du das weißt!“

Atsushi sah ihn an und kicherte nur wieder. „Verstanden, Ryuu!“ Er bemerkte zwar, wie Akutagawa ihn danach dunkel ansah, allerdings ignorierte er den Blick und zog ihn einfach nur zu sich runter, um ihn diesmal von sich aus zu küssen. Vielleicht konnte er hier wirklich neu anfangen? Zusammen mit Akutagawa. Auch, damit Chuuya-san sich keine Sorgen mehr um ihn machen musste. Vielleicht gab es auch irgendeine Lösung, in der Chuuya-san ebenfalls hier glücklich sein konnte?

Es war warm, als Atsushi am nächsten Morgen wach wurde. Er lag in einem warmen Bett, während Akutagawa neben ihm lag und seine Arme um ihn geschlungen hatte. Sein Gesicht wirkte entspannt und glücklich, während er noch schlief und ruhig atmete.

Atsushi hatte keine Ahnung, wie sie am vergangenen Abend überhaupt ins Bett gekommen waren, nachdem sie eine Weile auf dem Sofa gekuschelt hatten. Es fühlte sich immer noch so seltsam an, dass er mit Akutagawa hier lag und kuschelte. Dass sie sich geküsst hatten.

Seine Augen richteten sich auf die Bestie hinter Akutagawa, die ihren Kopf über ihnen gebettet hatte und ein leises Schnurren von sich gab. In diesem Moment wirkte Rashoumon absolut nicht wie eine wilde Bestie. Vorsichtig berührte Atsushi ihren Kopf und streichelte sie ein wenig, während er sich momentan sowieso nicht groß bewegen konnte, weil Akutagawa ihn so umklammert hielt.

Er dachte daran, wie Chuuya-san sie am gestrigen Tag so einfach berühren konnte, ohne das sie angegriffen hatte. Aber vermutlich hatte das damit zu tun, dass er Arahabaki war und Rashoumon seine Macht gespürt hatte.

Das leise Schnurren wurde etwas lauter und er bemerkte, wie Rashoumon sich etwas bewegte und sich gegen seine Hand lehnte. Es wirkte so unwirklich, dass sie ihn mal nicht anknurrte und aussah, als wenn sie ihn zerfleischen wollte. Atsushi schmunzelte ein wenig, während er darüber nachdachte. Gerade war er einfach nur glücklich, dass er so ruhig neben Akutagawa liegen und mit ihm kuscheln konnte.

Erst die Schritte außerhalb der Wohnung, die zu laut an seine Ohren drangen, sorgten dafür, dass Atsushi etwas seinen Kopf hob. Wobei er bemerkte, dass er sich immer noch nicht wirklich bewegen konnte, weil Akutagawa ihn immer noch festhielt. „Uh, Aku?“

Ein einziges, brummiges Grummeln war die Antwort, während Akutagawa ihn nur noch mehr an sich drückte.

„Ryuu, irgendwas ist draußen los“, sagte Atsushi leise und versuchte sich erneut von ihm zu befreien, während sich sein Schweif unter der Decke heraus bewegte. Er hörte erneut laute Schritte und zusätzliche Stimmen, ohne allerdings zu verstehen, was gesagt wurde.

„Jinko, hör auf“, grummelte Akutagawa und öffnete langsam seine Augen, blickte ihm entgegen, „es ist noch zu früh ...“

„Hörst du den Aufruhr nicht?“, fragte Atsushi nach und bemerkte, wie Akutagawa ihn langsam losließ, während er eine Augenbraue anhob.

„Was?“, fragte Akutagawa nach und sah zur Seite, „was ist da los?“

Atsushi blinzelte daraufhin nur irritiert, als sich Akutagawa aufrichtete und durch das Zimmer ging, um schließlich in den Flur zu gehen.

Verwirrt setzte Atsushi sich dann auf, stand nach Kurzem ebenfalls auf und folgte dem anderen, während er sich ebenfalls auf dem Weg schnell etwas überzog. „Aku?“

Akutagawa hatte kurz darauf die Tür geöffnet und blickte auf den Gang zu einer der vorbeilaufenden Personen. „Was ist los?“

Derjenige vor ihm war zurückgewichen und starrte auf den Boden vor sich, bewegte seine Hände ein wenig unruhig vor sich. „Uh, also ...“,

„Spuck’s aus!“, sagte Akutagawa mit bedrohlichem Knurren, welches Rashoumon über ihm durchaus Konkurrenz machte.

„Dazai-san meinte, ich soll dir und dem Tigerjungen nichts sagen“, erwiderte der andere und schluckte heftig, „bitte, Akutagawa-san, ich–“,

„Was ist los?“, zischte Akutagawa ihn erneut an.

Atsushi trat hinter ihn, traute sich allerdings nicht, etwas zu tun, sondern sah einfach nur auf den anderen. Warum wollte Dazai-san nicht, dass sie etwas erfuhren? Was war es, was sie nicht erfahren sollten?

„Ich kann nicht–“, fing der andere an und sah einfach nur den Boden vor sich an, „bitte Akutagawa-san, bitte–“,

„Aku, hör auf“, sagte Atsushi nun doch und legte ihm eine Hand auf die Schulter, auch, wenn Rashoumon ihn kurz darauf anknurrte, beruhigte sie sich direkt, als sie ihn anblickte.

Akutagawa seufzte kurz und atmete tief durch, trat einen Schritt von dem Kerl weg. „Wir müssen ihn finden.“

Atsushi sah verwundert zu seinem Partner, blinzelte, als Akutagawa ihn zurück in die Wohnung zog und ihm ein paar Klamotten reichte. „Was ...?“

„Wir suchen Dazai-san“, sagte Akutagawa mit einem ernsten Blick.

„Ich glaube nicht, dass er will, dass wir ihn finden“, murmelte Atsushi ein wenig leiser, seufzte allerdings auf den Blick des anderen hin. Es war wohl besser, wenn er sich nicht gegen ihn widersetzte.

 
 

–*–

 

Atsushi hatte keine Ahnung, wohin sie unterwegs waren. Eigentlich versuchte er die ganze Zeit sowieso nur, mit Akutagawa mitzuhalten, um ihn nicht zu verlieren, als dieser relativ schnell durch die Straßen wanderte. Rashoumon streckte sich in die Luft und überblickte dabei die Umgebung, während sie so heftig dabei knurrte, dass jeder in ihrer Nähe einen Schritt von ihnen wegmachte oder die Straßenseite fluchtartig wechselte.

Atsushi war sich nicht sicher, ob das so eine gute Idee war. Akutagawa tat zwar niemandem was, aber so, wie sich Rashoumon zusätzlich benahm, wirkte es halt eher wie die Wut eines Monsters, das in dieser Stadt randalierte, als irgendwas anderes.

Er stolperte schließlich fast in den anderen rein, als Akutagawa vor ihm stoppte und Rashoumon dadurch ebenfalls etwas zur Ruhe brachte. „Atsushi.“

„Was?“, fragte Atsushi nach, etwas irritiert darüber, dass Akutagawa ihn erneut beim Namen nannte, allerdings erkannte er kurz darauf die Bestie in der Ferne, die fast den kompletten Himmel an der Stelle dunkelrot färbte. Seine Augen weiteten sich. Was war das? „Was ist das, Ryuu?“

Akutagawa sagte erst einmal nichts, griff nach seiner Hand und zog ihn einfach nur mit sich, während er seine Schritte beschleunigte.

Atsushi stolperte anfangs eher hinter ihm her, bevor er mit ihm den Weg entlang rannte.

„Ich habe es nie gesehen, aber Dazai-san hat mir von erzählt“, sagte Akutagawa nach einer Weile, in der sie auf diese Stelle am Rand der Stadt zu rannten.

„Was meinst du?“, fragte Atsushi nach, als Akutagawa nicht weitersprach, sondern ihn einfach nur mitzog. Kurz vor der Stelle wirkte es, als wenn sie plötzlich in tiefer, schwarzer Nacht waren, während einige Stellen tiefrot leuchteten.

„Arahabaki“, sagte Akutagawa ruhig und stoppte seinen Lauf, hielt Atsushi somit ebenfalls auf.

„Arahabaki?“, wiederholte Atsushi und sah vor sich, suchte die Umgebung ab. Er konnte weder Chuuya-san, noch Dazai-san, irgendwo erkennen. „Was?“

„Das ist es, was er nicht wollte, das wir sehen“, sagte Akutagawa und gab ein leises, bitteres Lachen wider.

„Ryuu, was meinst du? Wovon sprichst du?“, fragte Atsushi erneut nach, sah sich weiterhin um.

Akutagawa schüttelte den Kopf und ging langsam weiter, ohne sich diesmal zu beeilen. „Willst du ihn wirklich noch einmal sehen?“

„Was–“, entgegnete Atsushi kurz, stoppte sich allerdings selbst, als er das Gefühl hatte, zu wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Chuuya-san hatte darauf gehofft, dass ihn jemand erlöste. Er hatte nur noch gewollt, dass Atsushi bei Akutagawa in Sicherheit war.

Die Finsternis um sie herum verschwand langsam wieder und es fühlte sich still, zu still, an, als Atsushi langsam schluckte. Das war nicht wahr, oder? Wieso durfte er ein normales Leben führen, was Chuuya-san nicht durfte? Warum ...?

„Jetzt fang bitte nicht an zu weinen, Jinko“, brummte Akutagawa und er blinzelte, als er bemerkte, wie Akutagawa sich zu ihm gedreht hatte und ihn plötzlich in eine Umarmung zog. Verwirrt sah Atsushi auf, spürte, wie ihm vereinzelte Tränen die Wangen hinunterliefen. Allerdings bemerkte er, wie Akutagawa ebenfalls damit zu kämpfen hatte, nicht zu weinen.

„Aber selbst, Ryuu“, erwiderte er mit einem schwachen Lächeln.

„Ich weine bestimmt nicht“, entgegnete Akutagawa grummelig, wischte sich demonstrativ mit einem Arm über die Augen und sah ihn dann an.

Atsushi lächelte ihn einfach nur weiterhin an und drückte ihm einfach einen Kuss auf die Lippen. Er wusste, dass Chuuya-san nicht wollte, dass er unglücklich war. Vermutlich hatte er nur auf den Moment gewartet, dass Atsushi woanders leben konnte, damit er seinen Frieden finden konnte.

Langsam löste er sich wieder von Akutagawa und sah ihm entgegen. „Ich liebe dich, Aku.“ Auch, wenn Akutagawa daraufhin nur ein genervtes Grummeln von sich gab und ihn statt zu antworten, erneut küsste, so reichte ihm das. ‚Du bist jetzt frei, nicht wahr, Chuuya-san? Ich werde nicht mehr töten, sondern ab jetzt glücklich sein.

[Soukoku - End-Special]

Er fühlte sich so leicht, frei, während er das Gefühl hatte, als wenn er einfach in der Luft schwebte.

Langsam öffnete er seine Augen, blickte in den blauen Himmel über sich.

Was war das?

Wieso fühlte er sich plötzlich so von einer großen Last befreit?

Sein Blick glitt zur Seite und er schwebte etwas umher. Ja, schwebte. Er war wirklich mitten in der Luft und unter ihm war das Hafengelände von Yokohama.

Seine Augen richteten sich auf eine Stelle an der Seite eines Kraters.

War das Atsushi? Zusammen mit Akutagawa?

Er lächelte und schloss seine Augen.

Er wusste, dass die beiden glücklich werden konnten.

Er brauchte sich keine Sorgen mehr um Atsushi zu machen, jetzt, wo er jemanden hatte, der auf ihn aufpassen konnte.

Langsam öffnete er seine Augen wieder, bemerkte, wie ein Schatten vor ihm auftauchte, der allerdings nicht schwarz, sondern eher bläulich war. So bläulich wie der Himmel, aber irgendwie war er dennoch gut zu erkennen.

Er spürte eine Berührung und blinzelte, als etwas von diesem Schatten ihn berührte. Es fühlte sich warm an.

„Glaubst du, Akutagawa und Atsushi werden glücklich?“

Diese Stimme.

Er erinnerte sich. Dazai hatte dafür gesorgt, dass er befreit war, um durch Arahabaki getötet zu werden.

Blöder Idiot.

„Ja.“

„Chuuya denkt dumme Dinge über mich.“ Dazais Stimme klang immer noch so vorwurfsvoll schmollend und er konnte nicht anders, als zu lachen.

„Ist es das, was du wolltest? Ein Doppelsuizid mit deinem Geliebten?“

Dazais Schatten wurde etwas durch den Wind hin und her bewegt, bevor er ein Lachen hörte. „Ich hätte Chuuya lieber gerettet, als mit ihm zu sterben.“

„Es gab keine andere Möglichkeit, Osamu“, flüsterte Chuuya zurück, „aber es gibt eine Möglichkeit, dass Atsushi von nun an ein besseres Leben hat.“

„Er hätte sich von dir töten lassen.“

Chuuya seufzte laut und dachte daran zurück. Er hatte nie vorgehabt, Atsushi zu verletzen oder zu töten, aber er wusste, dass er zwischendurch keine Kontrolle darüber hatte, was Arahabaki tat. Hätte Kyouka sich nicht eingemischt. Er sah vor sich, auch, wenn er vermutlich nicht anders aussah, als Dazai vor ihm. Ein einziger, vor sich hin wabbelnder, Schatten. Dazai hatte vermutlich immer ein Auge auf Atsushi, damit so etwas nicht passierte. Entweder er selbst oder jemand seiner Leute.

„Ich liebe dich, Osamu“, flüsterte er ruhig zu ihm.

„... Das fällt Chuuya früh ein“, brummte Dazai und er hörte ein ziemliches Schmollen aus der Luft, „... ich liebe dich auch, Chuuya.“



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