Bedrohliche Schatten von Onlyknow3 (Adventskalender 2019) ================================================================================ Kapitel 9: Überraschung ----------------------- Kapitel 09 - Überraschung An den Fingernägel knabbernd stand Jonouchi hinter der Theke an der Anrichte gelehnt. Er stützte den Arm, an dem er sich die Fingernägel schmerzhaft weit abgeknabbert hatte, mit dem anderen Arm, den er über seinen Bauch gelegt hatte. Er hatte wieder die Spätschicht und ließ seinen Blick prüfend durch die breite Fensterfront schweifen. Schon seit Stunden hatte er das Gefühl beobachtet zu werden. Aber sicherlich war das seiner wachsenden Paranoia geschuldet. Warum hatte er Itachi von dem Stalker in Domino City erzählt? Außer Honda und Yugi wusste aus seinem Bekannten- und Freundeskreis niemand davon. Mit gutem Grund. Itachis letzte Frage hatte einen Bereich seiner Vergangenheit berührt, die Jonouchi immer noch nicht bereit war anzurühren. Dennoch wallten seine Gefühle in ihm durcheinander. Das Glöckchen der Tür erklang und holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Sofort setzte er sein Lächeln auf. "Willkommen im Café A-ach du Scheiße.", ging seine höffliche und freundliche Begrüßung in ein leidendes Stöhnen über. Vor die Theke trat Kaiba Seto, der ihn mit seinen blauen Augen streng taxierte. "Du arbeitest gar nicht in der Mensa.", kam es von dem Brünetten, als würde er nahtlos an ein Gespräch anknüpfen, dass sie vor Wochen geführt hatten. "Ähm... hat ja nicht lange gedauert, bis du das durchschaut hast.", kam es spitz von Jonouchi zurück, der ihn ungläubig anstarrte. "Warum hast du nicht gesagt, dass du hier studierst?", hakte Kaiba mit einer Spur Vorwurf in der Stimme nach. "Ähm... weiß nicht... weil es dich nichts angeht?", antwortete Jonouchi defensiv. "Kann ich einen White Chocolate Mocha haben?", wechselte der Jungunternehmer plötzlich das Thema. "Klar... zum Hiertrinken oder zum Mitnehmen?", fragte Jonouchi automatisch und hätte sich für die gebotene Wahlmöglichkeit am liebsten selbst geohrfeigt. Also bat er das Schicksal, das Universum oder wer sonst gerade zuhörte darum, dass Kaiba sich für die Mitnehmvariante entscheiden würde. "Zum Hiertrinken.", antwortete Kaiba mit einem süffisanten Grinsen. Innerlich stöhnte Jonouchi auf, nickte dann aber. "Nimm doch an einem der Tische hier vorne Platz. Ich bring den Mocha gleich.", meinte der Blonde professionell und haderte innerlich mit sich und den übergeordneten Mächte, die so gar kein Mitleid mit ihm zu haben schienen. "Also bist du tagsüber Student und abends jobbst du als Barista?", setzte Kaiba erneut zu einem Gespräch an und Jonouchi schloss kurz genervt die Augen, während er zur Maschine zugewandt dar stand und den Kaffee in den Halter presste. "Du hast es erfasst.", meinte er nur resigniert, darauf gefasst, dass Kaiba gleich aus allen Rohren auf ihn feuern würde. Er spannte den Kaffee unter die Düse und ließ das Wasser darin aufkochen. Auch die Milch erhitzte sich in der Maschine. Der Blonde nahm ein hohes doppelwandiges Glas und füllte den weißen Schokoladensirup ein. Danach ließ er das heiße Wasser durch das sehr fein gemahlenes Kaffeemehl pressen, um einen Espresso zu erhalten. Diesen schüttete er in das Glas um und vermengte ihn mit dem Sirup, wodurch die haselnussbraune Farbe des Heißgetränks erheblich aufgehellt wurde. Dann füllte er das Getränk mit Milch auf und toppte alles mit der frischen Sahne, die er aus einer Kühlschublade holte. Das ganze garnierte er mit etwas Karamellsirup. "Ich bin beeindruckt. Du wirkst fast wie ein echter Barista.", merkte Kaiba lobend an, was den Blonden noch mehr verwirrte. Er kam um die Theke und servierte das Glas mit einem verpackten Karamellkeks an einem der vorderen Tische. Die hinteren waren bereits abgewischt. "Viel Vergnügen bei diesem Genuss.", wünschte Jonouchi ihm mit der einstudierten Floskel. Kaiba setzte sich und nahm dann einen Schluck von dem bestellten Getränk. Er wirkte auf Jonouchi ehrlich überrascht über das Getränk. "Vorzüglich.", meinte Kaiba ehrlich. Das verwirrte den Blonden noch mehr. "D... danke?", kam es unsicher von ihm, bevor er wieder hinter die Theke eilte. Kaiba ließ sich Zeit mit dem Trinken seiner Bestellung. Einerseits war Jonouchi erleichtert nicht mehr alleine zu sein, Aber auf der anderen Seite fragte er sich, warum es ausgerechnet Kaiba sein musste. Während der andere nach und nach sein Glas austrank bereitete Jonouchi alles für den Ladenschluss vor, auch wenn er die Maschinen erst nach dem Abschließen reinigen konnte. Man konnte ja nie wissen, ob da nicht doch noch ein Gast kam. Zwei Minuten vor Mitternacht trat Jonouchi wieder an Kaibas Tisch. "Ich würde jetzt gern zumachen...", meinte er leise zu seinem ehemaligen Klassenkamerad. "Natürlich. Entschuldige, dass ich dich so lange aufgehalten habe.", kam es ungewohnt handzahm von Kaiba, was Jonouchi seine Stirn fragend Kraus ziehen ließ. Doch dann schüttelte er nur seicht den Kopf. Sicherlich war der Brünette auch einfach nur müde und daher nicht mehr so schlagkräftig. Kaiba stand auf und richtete seinen Mantel, den er über dem Anzug trug. "Arbeite für mich.", kam es unvermittelt von dem Brünetten, der Scheine auf den Tisch legte und dabei Jonouchi mit seinem Blick fixierte. Jonouchi blickte überrascht zu dem anderen auf - der nach wie vor fünf Zentimeter größer war als er selbst - und lachte dann auf. "Klar... ich schmeiß vier Jahre Studium weg, um dein privater Barista zu werden.", spottete er amüsiert. "Wenn du als Barista arbeiten wollen würdest, okay... aber ich meinte eigentlich nach deinem Studium in deinem Berufsfeld.", korrigierte Kaiba Jonouchis Annahme. "Du weißt doch gar nicht, was ich studiere.", konterte der Blonde herablassend. "Hm... du wirst sicherlich Recht haben... Aber du wirst im ganzen Land keine fortschrittlichere Forschungseinrichtung für Robotik und künstliche Intelligenz finden, als meine.", meinte Kaiba, wandte sich um und verließ das Café. Dabei blickte Jonouchi geschockt dem Unternehmer hinterher. Jonouchi brauchte einige Augenblicke, bevor er aus seiner Schockstarre erwachte, zur Tür ging und sie abschloss. Der Rest war Routine. Nach einer rekordverdächtigen halben Stunde legte er seine Schürze ab, zog seine Straßenschuhe an und verließ das Café, nicht ohne den prüfenden Blick in die Gasse. Dann trat er auf die Straße und erstarrte erneut überrascht. Am Straßenrand stand ein hochpreisiger Mittelklassenelektrowagen, an dem Kaiba lehnte und scheinbar auf etwas zu warten schien. Jonouchi wollte schon in die andere Richtung davon gehen, als er Kaibas Stimme hinter sich hörte. "Darf ich dich nach Hause fahren?", fragte der Brünette. Jonouchi blieb stehen und wandte sich langsam zu dem Mann um, den er früher 'Geldsack' genannt hatte. "Ich möchte deinem Chauffeur keine Umstände machen.", wiegelte Jonouchi ab und wollte sich wieder wegdrehen. "Ich hab schon eine ganze Weile keinen Chauffeur mehr und fahre selbst.", meinte Kaiba daraufhin. "Warum?", hakte Jonouchi nach. "Weil es mehr Spaß macht.", antwortete Kaiba nicht ohne eine gewisse Verblüffung über diese Frage. "Nein... warum willst du mich nach Hause fahren?", hakte Jonouchi nochmals nach. "Das war kein Witz, um was ich dich eben bat. Ich möchte, dass du für mich arbeitest und dachte, dass wir auf der Fahrt vielleicht ein wenig darüber sprechen könnten.", erklärte Kaiba ernst. Unschlüssig sah Jonouchi die Straße erst in die eine Richtung, dann in die andere Richtung hinunter. Dann glitt sein Blick zum dunklen Park, dessen Bäume und Büsche sich sanft im milden Wind bewegten. War da ein Schatten gewesen? Sein Herz schlug ihm erneut bis zum Hals. Dann nickte er. "Warum nicht.", meinte er nur und kam mit zwei, drei großen Schritten förmlich zu Kaiba gesprungen. Dieser öffnete die Beifahrertür und ließ Jonouchi einsteigen, bevor er auf der Fahrerseite einstieg und losfuhr. "Du musst bei der nächsten Straße rein, dann den Park entlang und nach dem Park direkt wieder rein.", erklärte Jonouchi fix und Kaiba nickte. Nach weniger als fünf Minuten kam der Wagen vor Jonouchis Haus zum Stehen. Kaiba hatte scheinbar seine Angespanntheit bemerkt und hatte sich das Gespräch gespart. "Danke für s Fahren, Kaiba.", meinte Jonouchi. "Was ist mit meiner Bitte?", hakte Kaiba nach. "Ich werd drüber nachdenken, ja?", konterte Jonouchi, der dann ausstieg und direkt in seinen Hauseingang trat. Kaibas Wagen blieb noch stehen, bis er im Haus war und die Tür hinter ihm wieder zugefallen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)