Irrenanstalt von abgemeldet (WGs sind die Hölle!) ================================================================================ Prolog: Irgendwo mittendrin --------------------------- Jede Geschichte braucht einen Anfang. Ich würde so unfassbar gerne woanders beginnen, doch leider war die Situation so absurd lächerlich, dass ich weinen würde, würde ich nicht darüber lachen. So sitze ich also hier, splitterfasernackt, in meinem eigenen Badezimmer gefangen. Nun gut, manch einer stellt sich jetzt die Frage: Wieso tut sie das? Und darauf gibt es nur eine Erklärung, die ebenso absurd ist, wie der Umstand an sich: Mein Mitbewohner, Naruto – ein blonder Vollidiot – war immer noch sauer, dass ich ihm letzten Freitag die Tour bei einem fremden Weibsbild ruiniert hatte. Was er nicht wusste: Dafür gab es einen verdammt guten Grund, denn eine meiner besten Freundinnen hatte das unsägliche Pech, genau auf besagten blondhaarigen Idioten zu stehen. Dafür musste ich jetzt anscheinend jedoch meine Strafe frisch gebadet und nur mit einem durchnässten Handtuch bekleidet in unserem Badezimmer absitzen. Mir war zu spät aufgefallen, dass der Schlüssel nicht mehr von innen steckte und zwar just in dem Moment, in dem Naruto von außen zuschloss. Warum ich dann trotzdem in die Wanne gestiegen bin? Gute Frage. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass Naruto sich bis dahin wieder beruhigt hätte und mir aufsperren würde, dies war jedoch nicht der Fall, denn er hörte noch immer betont laut Musik in seinem Zimmer. Anfangs hatte ich geklopft und ihn in den verschiedensten Tonlagen beleidigt, was jedoch wenig bis gar nicht geholfen hat. Danach war ich zu verzweifelten Flehen gewechselt, doch meine Würde hatte mir recht zügig verboten, sie so willentlich wegzuwerfen und mit Füßen zu treten. So sitze ich also hier, splitterfasernackt, in meinem eigenen Badezimmer gefangen. Immer noch. Langsam wurde mir kalt, weshalb ich aufstand und begann, auf und ab zu laufen. In meine alten Klamotten wollte ich nicht, die waren verschwitzt und stanken und mal ehrlich: Dann hätte ich auch nicht baden brauchen! »Verdammt, Naruto!«, fluchte ich halblaut und kickte halbherzig die Waschmaschine, welche mir auch heute keine Antworten auf meine Fragen lieferte. Auch heute? fragt ihr euch bestimmt, nicht wahr? Nun, ich hatte öfters Sinnkrisen, vor allem unter Einfluss von Alkohol und nun ja... eventuell hatte ich mich bereits das eine oder andere Mal ratlos an sie gewandt. Doch sie schwieg beharrlich, zumindest das musste man ihr lassen. Auf einmal hörte ich eilige Schritte in Richtung Bad und einen Schlüssel, welcher sich verheißungsvoll im Schloss drehte. Na endlich! »Wieso zum Teufel hat Naruto dich bitte eingesperrt?« Ich hatte ganz vergessen zu erwähnen, dass ich noch einen zweiten Mitbewohner hatte. Einen verdammt heißen. Einen, auf den ich schon seit der Mittelstufe stand. Und der nun vor mir stand, in all seiner Pracht. Und mich grinsend in meiner lächerlichen Aufmachung musterte. Sasuke. Bitte, lieber Gott, mach, dass sich auf der Stelle ein Loch unter mir auftut. Kapitel 1: Irgendwann Freitagnacht ---------------------------------- Eine Woche später Der Bass ließ Wände und Herzen gleichermaßen erzittern, zwang Letzteren gar einen komplett neuen Rhythmus auf, so gewaltig war er. Ich war mir sicher, dass meine Trommelfelle noch vor dem Ende der Nacht einen erheblichen, dauerhaften Schaden davon getragen haben würden. Wäre ich mit meinem Studium der Medizin schon weiter, würde es mir vermutlich Grauen bereiten, hier zu sein, doch heute, benebelt vom Alkohol, welcher bis dahin schon reichlich geflossen war, scherte ich mich herzlich wenig darum. Die dröhnende, rhythmische Musik hatte auch durchaus positive Aspekte zu verbuchen. Unter anderem, dass er mir, Sakura Haruno, einer absolute Null in jedweder körperlichen Handlung, sämtliche Gehirnfunktionen lahm legte, während ich beschwipst und tölpelhaft auf der Tanzfläche versuchte, mich vor Sasuke nicht komplett zum Affen zu machen. Dass er überhaupt Woche für Woche mitkam, wenn Naruto und ich ihn zu „sozialen Interaktionen“ - eine kümmerliche, behilfsmäßige Bezeichnung für regelrecht eskalierende Partys – zwangen, wunderte uns beide über alle Maße. Doch auch daran wollte ich just in diesem Moment nicht denken. Naruto war vor einigen Minuten irgendwohin entschwunden, vermutlich in den Raucherbereich oder an irgendeine der zahlreichen Bars in diesem Club. Ino hatte ich schon in dem Moment, in dem wir über die Schwelle getreten waren, verloren, wie immer. Und so stand ich also nun hier, ein kläglicher Anblick eines tanzenden, jungen Erwachsenen, betrunken von der Liebe und den zwei Cocktails, die ich auf dem Konto „zu viel“ zu verbuchen hatte, jeglicher Scham beraubt. Das Licht in der Disko konnte man allerhöchstens als schummrig bezeichnen, doch hin und wieder redete ich mir ein, ein grinsendes Kopfschütteln von Sasuke zu bemerken. Offensichtlich fand er die Situation amüsant. Normalerweise hasste ich Partys – nein, wirklich, das ist mein voller, wahrheitsgetreuer Ernst – denn die stickige Luft und Atmosphäre, gepaart mit den grässlichen Kopfschmerzen am nächsten Tag, waren mir eigentlich zu viel. Auch die dichten Menschenmassen auf den Tanzflächen, wie sie ihre verschwitzen Körper regelrecht aneinander pressten, als versuchten sie, sich gegenseitig zu vertilgen, taugten mir herzlich wenig. Aber ich wollte Sasuke auch nicht alleine mit Naruto hierher kommen lassen, wo er dann von dutzenden von Frauen begafft wird, während ich zu Hause sitze und bete, dass er keine davon mit zu uns in die WG nahm. Ich weiß, das ist albern und kindisch und ich sollte ihm einfach sagen, wie ich für ihn empfinde, doch auf eine seltsame Art und Weise machte es mir sogar Spaß, mit den beiden hier zu sein. Vielleicht, weil es eine schrecklich gute Ablenkung zu den drögen, von theoretischer Medizin durchzogenen Tagen darstellte. Viel länger konnte ich nicht in meiner Trance bleiben, denn ich wurde übel von hinten angerempelt, sodass ich um ein Haar mit Sasuke zusammen geprallt wäre. „Verflucht“, murmelte ich, wohl wissend, dass es vollkommen von der Musik verschluckt werden würde. Ich brauchte frische Luft. Jetzt. Unbeholfen zupfte ich an seinem Shirt, um ihn dazu zu bewegen, mir direkt in die Augen zu schauen, sodass ich ihm signalisieren konnte, dass ich von hier weg wollte, zumindest für den Augenblick. Er nickte zur Antwort nur und zog mich prompt am Arm von der Tanzfläche. Den Platz, welchen wir leer ließen, wurde sofort von zwei anderen Personen regelrecht absorbiert, was mir eine peinlich berührte Gänsehaut bescherte. Mir wurde seltsam deutlich klar, wie dicht wir eigentlich wirklich aneinander gequetscht waren. „Ich kann alleine laufen, danke“, schrie ich ihm entgegen, doch entweder hörte er es nicht oder er ignorierte es geflissentlich – wie immer. Augen rollend seufzte ich. Aus diesem Mann würde ich nie schlau werden und das, obwohl ich ihn mit Naruto vermutlich am Längsten kannte. Während wir uns an Menschengruppe für Menschengruppe vorbei drängten, versuchte ich nach Ino oder Naruto Ausschau zu halten, doch selbst wenn das Licht heller wäre, würde ich, so klein, wie ich war, niemals über die ganzen Köpfe hinweg etwas erkennen. Wie sich herausstellte, war es der Raucherbereich, für welchen Sasuke sich entschieden hatte und es dauerte überhaupt nicht lange, einen gewissen Blondschopf zu erspähen – er stand weit außen, beschäftigt damit, irgendeinem dahergelaufenen Mädchen die Zunge in den Hals zu schieben. Sofort musste ich an Hinata denken und mir wurde schlecht. Mit ordentlich Mühe unterdrückte ich einen Würgereiz, welcher mir sämtliche Cocktails des Abends auf einmal Richtung Ausgang befördern wollte. „Was zur Hölle macht er da?“, fragte ich eher mich selbst, als meine männliche Begleitung. „Keine Ahnung“, antwortete er schulterzuckend. Was Naruto machte und vor allem mit wem war ihm komplett egal. Er kramte in seinen Jackentaschen nach seiner Schachtel Zigaretten und zündete sich kurz darauf eine, was ich mit einem angeekelten Naserümpfen quittierte. Ich wollte schon stickige, verrauchte Luft holen, um ihm eine Predigt darüber zu halten, wie ungesund und vor allem unnötig das war, doch sein kühler Blick brachte mich dazu, das Schweigen zu wahren. Mit einem Mal fühlte ich mich seltsam unwohl, ich wollte weg von hier. Mein Blick schien förmlich an Naruto zu kleben, doch natürlich bemerkte er mein dreistes Starren nicht einmal. Der Alkohol und das Mädchen in seinen Händen benebelten ihm die Sinne. „Lass' ihn doch einfach“, sprach Sasuke irgendwann zwischen zwei Zügen seiner Zigarette. Er atmete den Rauch durch seine Nase aus. Es war eigentlich schon fast traurig, dass das Rauchen seine offenbar einzige Schwäche war. Ansonsten war er grotesk perfekt. Auch heute sah er wieder zum Anbeten aus und wenngleich er die Blicke der vielen Mädchen zu ignorieren schien – mir fielen sie auf, jeder Einzelne davon. „Hinata ist meine Freundin und du weißt-“ „Ja, aber sie hat ihm nichts von ihren Gefühlen gesagt. Wieso sollte er es dann nicht tun? Er ist ein freier Mann“, unterbrach er mich unwirsch. Ich zog einen Schmollmund, doch das schien ihn nicht zu belangen. Tief in mir wusste ich natürlich, dass er absolut im Recht war, trotzdem nagte das schlechte Gewissen an mir. Ich fühlte mich, als müsste ich dafür sorgen, dass Naruto seine Hormone im Griff behält, bis Hinata ihm endlich alles beichtet. Doch dann kommt ganz automatisch immer der nächste Gedanke: Was, wenn er sie dann trotzdem ablehnt? Mein Magen schlug einen weiteren, unangenehmen Salto. Es war Freitagabend und ich wollte mich mit meinen Freunden amüsieren, nicht über derlei Dinge nachdenken. „Ich weiß ja“, seufzte ich schließlich. „Dann lass' uns noch was trinken“, schlug er vor, „und dann irgendwo hin setzen, ich hab absolut keine Lust mehr auf Tanzfläche“, fügte er mit genervtem Blick hinzu. Für ihn musste tanzen noch schlimmer sein, als für mich – immerhin wurde er alle fünf Minuten von einem anderen Mädel angetanzt. „Ich sollte nichts mehr trinken“, murmelte ich, auf einmal seltsam müde. „Hast du Angst, dass du nicht mehr nach Hause kommst?“ Ein süffisantes Grinsen erschien auf seinen Lippen und mir wurde schmerzhaft bewusst, dass der Alkohol nicht nur mich lockerer machte – er war auf einmal viel zu nahe an meinem Gesicht. Seine Offenheit im Angesicht seiner sonst so stoischen Art trieb mir die Schamesröte auf die Wangen. „Das nicht...“, stammelte ich verlegen. Ich wusste nicht, wo ich hin schauen sollte. Sasuke war viel zu nah, ich konnte den Zigarettenrauch, welcher an ihm haftete, beinahe schmecken. Und nicht nur den. Ich spürte, wie mir der Kopf schwirrte und ärgerte mich darüber, welche Macht der unwissende Uchiha auf meine Gefühlswelt hatte. „Also?“ Auffordernd zog er eine Augenbraue hoch und ich kam nicht umhin, mit den Augen zu rollen. Herr Gott! Ich wusste, wie ungesund mein Verhalten war, aber ich wusste auch, dass ich jedem anderen gegenüber stark geblieben wäre und abgelehnt hätte. Aber Sasuke war einfach eine andere Hausnummer. „Du zahlst“, grummelte ich verstimmt und folgte dem hübschen jungen Mann zurück in den Club, bedacht darauf, nicht aus Versehen einen letzten Blick auf die beiden Turteltäubchen zu werfen. Es dauerte eine Weile, bis wir zu der Bar durch dringen konnten, doch schlussendlich fanden wir uns zusammen mit den frisch erworbenen Drinks in eine der wenigen, etwas ruhigeren Sitzecken. „Hör endlich auf, über die beiden nachzudenken“, ermahnte er mich, sodass ich kaum merklich hoch schreckte. Er sah mir an, dass ich in Gedanken versunken war und war natürlich schlau genug, um zu wissen, was mich um meinen Seelenfrieden brachte. „Ich weiß, ich weiß, du wiederholst dich, Uchiha“, motzte ich verstimmt. Meine ungewohnte – und auch ungewollte – Tonart ließ seine Augenbrauen verwundert nach oben wandern. Er war wahrlich der letzte Mensch, der so ein Verhalten von mir kannte. Ich war ihm gegenüber, soweit ich weiß, noch nie launisch gewesen. „Lass' deine miese Laune nicht an mir aus.“ Die ungewohnte Wärme, welche draußen noch kurz in seinen Augen zu erkennen war, erlosch jäh und wich einer frostigen Kälte. Ich wusste, dass ich zu weit gegangen war. Ich sollte mich entschuldigen, das wusste ich, doch der Alkohol lähmte meine Zunge und zwang mich dazu, mich mürrisch von ihm abzuwenden. „Du hast Recht, du hättest wirklich nichts mehr gebraucht!“, zischte er wütend und machte Anstalten, mir meinen Drink wegzunehmen. „Hab' ich dir doch gesagt, aber du willst ja nicht auf mich hören!“, giftete ich und knallte den Cocktail auf den Tisch vor uns, ehe er mir ihn abnehmen konnte. Ich wollte hier weg, jede Faser meines Körpers schrie nach einer kühlen Decke, unter der ich mich begraben und mich selbst bemitleiden konnte. Was für eine lächerliche Farce. Ich hatte die Nase voll davon, mit den beiden feiern zu gehen, nur um sicher zu gehen, das Sasuke nicht mit anderen Mädchen redete. Um zu verhindern, dass er das tat, was Naruto gewiss in eben diesem Moment immer noch mit dem fremden Mädchen tat. Und auf einmal dämmerte es mir mit Paukenschlägen. Wieso ich wirklich so frustriert war. Die tiefe Gewissheit, dass Sasuke tatsächlich exakt das Gleiche tun würde, wenn ich nicht dabei wäre. Er war nicht so blind, wie Naruto. Er musste längst begriffen haben, was in mir vorgeht und aus Respekt unserer Freundschaft gegenüber verhielt er sich wie ein echter, verfluchter Gentleman. Ein ungewohntes Gefühl, angeheizt von dem Alkohol, loderte in mir wie Feuer und zwang mich dazu, aufzustehen und hier zu verschwinden. Ohne ein weiteres Wort schickte ich mich an, diesen Laden zu verlassen. Ungeschickt fummelte ich in meiner Tasche nach meinem Handy, um Ino Bescheid zu geben, dass ich verschwand. Die angenehme kühle Luft der voranschreitenden Nacht schlug mir wie eine Faust ins Gesicht. Die Wirkung des Alkohols schien sich auf magische Art zu verdoppeln, sodass ich für einen Moment die Augen schließen und mich konzentrieren musste, um nicht das Schwanken anzufangen. Meine Wut von gerade war ebenso schnell verraucht, wie sie aufgeflammt war und nun fühlte ich nichts, als Leere. Ich wollte umdrehen und mich bei Sasuke für den Auftritt entschuldigen, doch meine Sturheit zwang mich dazu, mich von der Disko fort zu bewegen, in Richtung nach Hause, welches glücklicherweise nur knappe zehn Minuten von hier entfernt war. Die kühle Nachtluft hatte meine vernebelten Gedanken ein wenig klären können und so fühlte ich mich erschreckend nüchtern, als ich zu Hause ankam. Unsere Wohnung war dunkel und ich hatte mich schon lange nicht mehr so einsam gefühlt, wie jetzt gerade. Ich schmiss meine Tasche und die Schlüssel auf den Küchentisch, schnappte mir mein Handy und verschwand ins Badezimmer. Keine Nachricht von Sasuke, wer hätte es erwartet. Ino hingegen hatte mir geschrieben. Eine Nachricht, über welche ich nur schmunzeln konnte. Hey, Süße. Ich hab die Nachricht zu spät gelesen, deswegen hoffe ich, dass du schon zu Hause bist. Nächstes Mal rufst du mich bitte an, ich will nicht, dass du mitten in der Nacht alleine nach Hause gehst, ok? Ich versicherte ihr, dass es mir gut ging, während ich mir die verschwitzten, verrauchten Klamotten vom Leib riss und mich wohlig seufzend unter eine heiße Dusche stellte. Die Hitze des Wassers auf meiner zarten Haut tat gut. „Sakura?“ Meine Stimmung sank endgültig in den Keller. Sasuke war aus irgendeinem Grund auch zu Hause. Keine Minute später klopfte er an die Tür. „Was?“, rief ich ihm mürrisch entgegen, während ich das Wasser abstellte und meinen Körper in weichen Frottee hüllte. „Können wir reden? Kurz?“ Ich runzelte die Stirn und starrte auf die Klamotten, welche ich beim Feiern angezogen hatte. „Wenn ich mir vorher was anziehen darf“, antwortete ich und verfrachtete die verschmutzten Klamotten in den Wäschekorb neben der Maschine. Ich hörte, wie er seufzte und in sein Zimmer verschwand, sodass ich ungestört in meines gehen und mich ankleiden konnte. „Wieso bist du einfach verschwunden?“ Ein erstickter Schrei entfloh meinen Lippen, während ich mir das T-Shirt über meinen entblößten Bauch zog. „Dachte, du wärst vielleicht zu Naruto, um ihm wie letztes Mal die Leviten zu lesen, aber da warst du nicht, deswegen bin ich her gekommen.“ „Schön, Sherlock und was jetzt?!“, zischte ich und machte Anstalten, ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen, doch Sasuke hatte keine große Mühe damit, sie aufzuhalten. „Wieso bist du auf einmal so wütend? Vorhin auf der Tanzfläche warst du noch so in Hochstimmung“, hakte er nach und ich verzog mein Gesicht zu einer Grimasse. Was zur Hölle war in ihn gefahren? Vielleicht sollte man ihn auch mal vom Alkohol weghalten. „Ich hab' einfach keine Lust mehr, mit euch feiern zu gehen, das ist alles. Kann ich jetzt schlafen?“ „Wieso?“ Er ging überhaupt nicht auf mich ein, was der Wut in mir eine kleine Renaissance verschaffte. „Sasuke, tu' mir einfach einen Gefallen, geh zurück zu Naruto und ihr amüsiert euch ganz prächtig mit den ganzen, betrunkenen Schnallen. Aber lass' mich jetzt schlafen!“, giftete ich ihn an, doch schien mein Ausbruch keinerlei Reaktion bei ihm zu verursachen. Doch dann dämmerte es ihm. Schlagartig. „Ach, da weht der Wind her.“ Das Grinsen von vorhin war wieder auf seinen Lippen und es gefiel mir gar nicht. Ich hatte überhaupt keine Zeit, um zu reagieren, denn im nächsten Moment küsste er mich. Einfach so. Aus dem Nichts. Ich lief diesem Kerl länger hinterher, als ich denken konnte, gefühlt und einfach so küsste er mich. Mitten in der Nacht. Vermutlich komplett betrunken. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ich konnte es überhaupt nicht genießen, denn sein Atem verriet mir, dass ich richtig lag. Ich wollte weg von ihm. Und in diesem Moment spaltete sich mein Geist. Die „nüchterne“ Sakura, schrie mich an, dass ich von ihm weg sollte, weil er das ohne Einfluss von Alkohol niemals – niemals tun würde. Die Sakura, die durchaus immer noch alkoholisiert war, trotz Spaziergang und kurzer, heißer Dusche, konnte nicht aufhören, die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu fühlen, die seine Berührung herauf beschwor. „Was ist los?“, fragte er mich ruhig, als er von mir abließ, seine Hände noch immer an meinen Hüften. Mein Herz schlug so laut, dass er in meinen Ohren pochte. Mein Körper fühlte sich seltsam kalt, taub und heiß gleichzeitig an. Mein Kopf war auf einmal komplett leer – ich war perplex. Etwas, was durchaus nicht oft vorkam. Er sah, wie verwirrt ich war und stoß mit seiner Nase ein kleines, untypisches Lachen aus. Wieder kam er mir näher, ich fühlte seinen Körper an meinem und im nächsten Augenblick seine Lippen wieder auf meinen. Die Stimme der nüchternen Sakura wurde gleichermaßen lauter und leiser. Ich spürte, wie er mich in Richtung Bett bewegte, ganz langsam, als wartete er immer noch darauf, dass ich ihn von mir stieß, doch der Alkohol in meinem Blut schien auf einmal mit voller Wirkung wieder da. Ich wusste, dass das ein Fehler war, vielleicht sogar der Größte, den ich bisher begangen hatte. Doch ich erwiderte seinen Kuss und erstickte jegliche letzten, verzweifelten Versuche meiner Vernunft im Keim. Kapitel 2: Irgendetwas mit Realitätsflucht ------------------------------------------ Am Montag darauf „Sakura!“, krächzte meine beste Freundin Ino verzweifelt. Seit Stunden raufte sie sich konstant die Haare, etwas, was die Blondine sonst nie tun würde, doch mein Benehmen trieb sie schier in den Wahnsinn. Ich reagierte jedoch nicht wirklich, war ich doch nach wie vor derart in meine Lektüre vertieft, dass meine Nase beinahe das bedruckte Papier meiner Leihbücher berührte. Seit Tagen machte ich nichts anderes mehr, als zu unchristlich frühen Zeiten in die Universitätsbibliothek zu flüchten – bevor jemand zu Hause auch nur ans Aufstehen dachte – und bis spät abends dort sitzen zu bleiben. Der vergangene Freitag hatte mich tief erschüttert, nun, vielmehr der Morgen danach, als ich mit pochenden Kopfschmerzen in meinem Bett erwachte und Sasuke sich bereits aus dem Staub gemacht hatte. Ich hatte es gewusst, in jener Nacht, wohin mich meine närrische Aktion, mit meinem Mitbewohner (und Schwarm) zu schlafen, bringen würde, doch der Alkohol hatte, scheinheilig pfeifend, sämtliche Vernunft aus meinem Hirn geblasen. Und nun saß ich da. Seit Tagen. Und redete mit niemandem. Nicht einmal Ino hatte bisher ein Wort aus mir bekommen und Hinata hatte mich jedes Mal, wenn wir uns in der Universitätsbibliothek über den Weg gelaufen waren, mit seltsam mitleidigen Blicken bedacht, als könnte sie mir von der Nasenspitze ablesen, was passiert war und wie es mich fühlen ließ. „Verflucht noch eins, Haruno, raus mit der Sprache, was zur Hölle ist Freitag noch bei dir passiert?!“, fluchte die Yamanaka beinahe verzweifelt. Samstag hatte sie das Ganze noch gar nicht so richtig begriffen und vermutet, dass ich einfach wieder einen üblichen Anfall von übertriebenem Eifer erlitten hatte, doch als ich auch am Sonntag noch kein Lebenszeichen von mir gegeben hatte, hatte sie langsam ein ungutes Gefühl beschlichen. Dieses ungute Gefühl hatte sich mittlerweile jedoch in eine mittelstarke Panik entwickelt, da ich mich immer noch vehement weigerte, selbst, wenn Ino mir persönlich gegenüber saß, zu sprechen. „Ino“, seufzte ich leise und meine Gegenüber verstand sofort, wieso – nicht, weil wir in einer Bibliothek saßen, nein. ich hatte in den letzten Tagen so wenig gesprochen, dass meine Stimme rau und kratzig geworden war. Allein den Namen meiner besten Freundin auszusprechen trieb mir fast die Tränen in die Augen, weswegen ich geräuschvoll schlucken musste und verdrießlich den Kopf schüttelte. Ich wusste durchaus, wie albern ich mich benahm und dennoch. „Ich will nicht darüber reden, okay?“ Ino seufzte erleichtert. Zumindest eine Reaktion, das war ja schon einmal etwas! „Ist wieder etwas mit Naruto gewesen?“, hakte die Blondine belustigt nach, erinnerte sie sich doch nur zu genau an meinen Tobsuchtanfall von vor einigen Wochen, bei welchem ich den blonden Chaoten beinahe am Ohrläppchen aus der Disko und zurück nach Hause gezogen hatte. Ich schüttelte verneinend den Kopf. „Sasuke?“ Ich stieß einen zischenden Laut aus und bedachte meine Freundin mit einem warnenden und doch mitleiderregenden Blick. Seufzend atmete die Yamanaka aus. Daher wehte der Wind also, das hätte sie sich auch denken können. Auf einmal seltsam müde rieb sie sich die Augen. Das Thema mit uns beiden beschäftigte den femininen Teil unseres Freundeskreises schon eine ganze Weile. „Okay. Gut. Also nicht gut, aber immerhin weiß ich jetzt grob, um was es geht“, sprach sie, während sie mich dabei beobachtete, wie ich mit leicht zitternden Fingern die Worte meiner Lektüre nach zeichnete, als würde es mir auch nur im Ansatz helfen, mich besser auf sie zu konzentrieren. „Ich hake mal nicht weiter nach, okay? Aber versprich mir, dass du mich nie wieder so ignorierst, okay? Und dass du mit mir redest, wenn etwas ist, zur Hölle! Wir sind beste Freundinnen und das nicht erst seit gestern! Ich hab mir Sorgen gemacht!“ Die Kränkung war durchaus wahrnehmbar und ich schämte sich tatsächlich ordentlich für mein Verhalten, wenngleich ich nicht die Kraft aufbrachte, meinen Mund zu öffnen und mich dafür zu entschuldigen. „Okay“, wisperte ich deswegen nur niedergeschlagen und klappte seufzend das Buch vor mir zu. Es hatte alles keinen Sinn. Ich hatte in den letzten Tagen zwei Bücher verschlungen und nur das Allerwenigste davon war überhaupt erst in meinem Kopf angekommen, geschweige denn dort geblieben. „So schlimm?“, fragte Ino mitleidig nach und erntete ein gequält dreinblickendes Gesicht. Ein Kopfnicken. Erneut seufzte die Blondine und glättete sich mit den Händen die zerzausten Haare. Sie fischte das Handy geschickt aus ihrer Hosentasche und begann, etwas zu schreiben. Vermutlich Hinata. Oder Temari. Oder Tenten. Wir fünf Freundinnen kannten uns seit dem ersten Jahr der Mittelschule und waren seither unzertrennlich. Sprich, jede Krise, egal, wie groß sie auch sein mochte, wurde zusammen ausgesessen. Früher bei Kaffee und Kuchen, heute bei einem Glas Wein und einer riesigen Box Taschentücher für das aktuelle Opfer. „Ich habe nicht so wirklich Lust, unter Leute zu gehen“, bemerkte ich stumpf, weil ich genau wusste, was die Yamanaka just in diesem Moment auf die Beine zu stellen vermochte. „Erstens: Das sind keine Leute, wie du sie so schön nennst, sondern unsere engsten Freundinnen und zweitens: Ich dulde keinen Einspruch“, mahnte sie und wandte ihren Blick kurz von ihrem Smartphone ab, um mir einen vielsagenden Blick zu zuwerfen. „Und ich tue dir ausnahmsweise den Gefallen, dass ich ihnen nicht stecke, wie du sie gerade genannt hast.“ Das entlockte mir dann doch den Hauch eines traurigen Lächelns und ein leises Schnauben. „Großzügig, danke“, murmelte ich missmutig, aber ich sah nicht, wie sie aus dieser Sache nun noch heraus kommen sollte, ohne es mir gewaltig mit meinen Mädels zu verscherzen, insbesondere mit Ino. „Also, weniger den Trauerkloß mimen und Sachen zusammen packen, hopp hopp!“, befahl sie und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Einige Stunden später „Hallelujah!“ Es war die Brünette, welche auf den Namen Tenten hörte, die diesen ironischen Freudenschrei von sich ließ, als sie die WG von Ino, Hinata und Temari betrat. „Ich dachte schon, wir wären aus dem dramatischen Alter endgültig heraus.“ Sie zog eine gespielt traurige Miene, während sie den Wein auf dem gläsernen Wohnzimmertisch abstellte und sich ihrer Jacke entledigte. „Wer hat dieses Mal etwas ausgefressen? Ino hat nur „Krisensitzung“ geschrieben“, lachte Temari, welche es sich ebenfalls gemütlich machte. Die Mädchen versammelten sich auf der großzügigen Couch, während Hinata die Gläser für den Wein holte. Am Anfang ihrer Studienzeit hatte sie ihre Gäste noch nach Tee oder Kaffee gefragt, doch dieses sinnlose Unterfangen hatte sie recht zügig sein lassen. „Ich, vermutlich.“ Ich hob beschämt die Hand. Ich fühlte mich ganz und gar nicht wohl in meiner Haut, doch hob der gewohnte Kreis der fünf Freundinnen meine Stimmung unbestreitbar an. Sie einfach nur zu sehen war schon genug, um die Sache auf groteske Art und Weise amüsant zu machen. Vielleicht war genau das der nicht ganz klar definierte Sinn und Zweck unserer unregelmäßigen Runden. „Ach, Kind“, seufzte Temari mit der Weisheit, die nur eine Frau haben kann, die wenige Tage älter war, als ich selbst. „Lass mich raten: Sasuke?“, fügte sie schelmisch grinsend hinzu, während sie die Flasche Rotwein entkorkte und Hinata die Gläser abnahm, um sie prompt zu füllen. „Bingo!“, klopfte Tenten ihr anerkennend auf die Schulter, wobei sie selbst doch noch gar nicht wusste, dass dies tatsächlich der Fall war. Aber die Mädels kannten mich zu gut. „Also, was hast du angestellt? Oder er?“, fügte sie an die mich gewandt hinzu, den ersten Schluck Wein genüsslich trinkend. Ich rutschte unangenehm berührt auf meinem Platz hin und her. So locker die Atmosphäre in unserem Kreis auch immer war, so recht brachte ich es dennoch nicht über mich, mit der Sprache heraus zu rücken. „Ich... er...“, stammelte ich wie ein Trottel und umklammerte das Weinglas mit beiden Händen, als könnte es mir irgendwie Halt geben oder auf das vorbereiten, was in wenigen Momenten gewiss wie ein Gewitter über mir einschlagen würde. „Wir haben Freitag miteinander geschlafen!“, sprudelte es aus mir heraus und für einen Moment hätte man die berühmte Stecknadeln hören können. Tenten war die erste, die reagierte, indem sie sich mit der offenen Hand gegen die Stirn schlug. Hinata verschluckte sich fast an ihrem Wein und Ino stand der Mund ungesund weit offen. „Verarsch' mich“, brachte sie nur hervor, doch ich schüttelte nur betreten den Kopf. „Wir sind hier nicht, um dir jedes Wort einzeln aus der Nase zu ziehen, also los, sag schon! Wie war's? Ist er gut?“ Ich warf Temari einen Blick der vernichtenden Sorte zu und für einen Moment befürchtete meine Gegenüber, den Wein gleich im Gesicht und nicht im Magen zu haben. „Das ist nicht wirklich witzig“, warf Hinata mit besorgtem Blick ein, ihre zarte Hand ruhte auf meine Schenkel und für diese einfache und doch rührende Geste war ich ihr unendlich dankbar. Manchmal waren die Mädchen wie Hyänen, die sich anstatt von Aas vom Leid der Anderen ernährten, nur Hinata war stets voll und ganz für die Betreffende mit Problemen da und nahm diese auch Ernst. „Ja, ja, ich weiß, entschuldige. Also Butter bei die Fische, wie zum Teufel ist das passiert?“ Temari hob beschwichtigend die freie Hand. Ich holte tief Luft und sammelte all meinen Mut, indem ich einen weiteren Schluck Wein den Hals herunter fließen ließ. „Also... wo fange ich an?“ Meine Hände spielten immer noch mit dem dünnen Hals des Glases, schwenkten es hin und her. Ich war selten sprachlos, diese Situation war mir neu. „Puh, also, wir waren Freitag feiern, ganz normal. Und... und naja, wir hatten ein wenig Ärger wegen...“ Ich hielt inne, da ich begriff, dass meine Geschichte keinen Sinn ergeben würde, so gar keinen, wenn ich meinen Freundinnen nicht von der Sache mit Naruto erzählte. Mein Blick wanderte unwillkürlich auf Hinata, welche bereits mit gesenktem Blick da saß. Sie war nicht dumm und begriff mein plötzliches Schweigen als Einzige. „Wegen Naruto... Also haben wir uns gestritten und ich bin nachhause, um zu duschen und zu schlafen. Und... und auf einmal war er auch wieder zu Hause und wollte mit mir reden und dann... ist es einfach passiert“, schloss ich lahm. „Wow.“ Ino fand als Erste ihre Stimme wieder, doch viel Geistreicheres hatte sie auch nicht dazu beizutragen. „Trink!“, befahl Tenten nur und hob ihr eigenes Glas zu einem gedachten Anstoßen an. Ich leistete ihrem Wort Folge und trank das halbe Glas auf einmal aus. „Also, ich habe echt mit viel gerechnet, aber damit nun wirklich nicht“, war Temari ein und bedachte mich mit einem grüblerischen Blick, „Ich meine, ihr eiert jetzt ja schon mehr als lange genug herum, aber dass das Ganze jetzt einfach so... plötzlich über die Bühne läuft...“ „Das ist nicht das Problem, glaub' mir“, unterbrach ich sie zögerlich, „Er war am nächsten Tag nicht mehr neben mir, nicht einmal in der Wohnung. Keine Nachricht, weder da noch kam seitdem eine... Ich gehe ihm aus dem Weg, aber er scheint das nicht mal wirklich mitzubekommen... oder es interessiert ihn schlichtweg nicht“, fügte ich mit trauriger Stimme hinzu. „Was ein Arsch“, war alles, was Tenten dazu einfiel. „Nichts gegen dich Hinata, aber Naruto ist querblind. Das er nicht rafft, was du für ihn empfindest und sich wie ein Tölpel benimmt wundert hier, glaube ich, niemanden, aber Sasuke?“ Sie sah wütend aus. Seit Jahren verfolgte sie das stumme Elend von mir und Hinata mit und infolgedessen auch das grenzdebile Verhalten der Männer. „Naja, wir waren beide alkohol-“, fing ich an, doch wurde ich direkt von Temari unterbrochen. „Ach, schnipp schnapp, papperlapapp“, schnaubte sie naserümpfend, „Wieso muss Alkohol immer bedeuten, dass man einen Freifahrtschein für Arschloch-Verhalten hat?“ Sie schüttelte ungläubig ihren Kopf. Derlei Probleme waren ihr, Gott sei dank, fremd, denn sie hatte Shikamaru und mit dem war sie trotz der eigentlichen Gegensätze mehr als glücklich. „Amen“, schloss Ino sich an und hob das Glas zu einem stummen Gruß, „Aber Sakura, das heißt ja, dass ihr noch gar nicht darüber gesprochen habt. Wieso hast du nicht versucht, mit ihm zu reden? Ich würde das sofort machen, wenn der werte Herr sich einfach sang- und klanglos aus dem Staub macht.“ Ja, das stimmte, Ino würde sofort die Initiative ergreifen, aber ich war da anders, war es schon immer gewesen. Ich ließ mich eher von meiner Scham leiten und badete mich lieber in Selbstmitleid, auch wenn ich mich dafür hasste. Ich war intelligent genug, um zu merken, dass ich etwas falsch machte und änderte trotzdem nichts daran, wirklich großartig. Ino hingegen war schon immer extrovertiert gewesen und setzte ihre Prioritäten ganz klar bei sich selbst an, wofür ich sie insgeheim extrem bewunderte, auch wenn ich das nie laut zugeben würde. Tief seufzend nahm ich einen Schluck Wein und füllte mir danach wieder nach, was offenkundig Antwort genug für die Mädchen war, denn alle schauten mich nur betreten an, was die ganze Sache irgendwie nur noch schlimmer machte. Ich wollte ja, dass sie mir in den Hintern traten und Sasuke am Besten gleich mit. „Und was ist jetzt dein Plan?“, erkundigte sich Tenten nach einer Weile des Schweigens. Sie wirkte bedrückt und ihre Stirn zog sich in tiefe Falten, was man bei der grundsätzlichen Frohnatur nur selten sah. „Ihm aus dem Weg gehen, bis Gras über die Sache gewachsen ist und so tun, als wäre nichts passiert“, antwortete ich ihr prompt und blickte gequält drein. Nicht, dass dieser Plan das war, was ich wirklich wollte, aber... „Ich will unsere Freundschaft nicht damit zerstören, dass ich ihm jetzt damit auf die Nerven gehe, wisst ihr? Außerdem wohnen wir zusammen und das wäre alles äußerst unangenehm, glaube ich...“ Ich seufzte tief. Unfreiwillig erinnerte ich mich an den Abend des Geschehens. An meine Vernunft, die mich angeschrien hatte und an die ich mich selbst jetzt nur dumpf erinnerte. Ich war dumm, so unfassbar dumm und ich ärgerte mich gewaltig dafür. „Das kann doch nicht dein Ernst sein“, seufzte Ino ergeben und schüttelte ungläubig den Kopf, „Du musst mit ihm darüber reden!“ Sie schien noch mehr sagen zu wollen, um ihre Meinung zu untermauern, doch schien sie mit Worten zu ringen. „Ich kann deinen Standpunkt schon verstehen, Süße, aber Ino hat Recht, so ungern ich das zugebe“, warf Temari ein. Die beiden tauschten stumm einen vielsagenden Blick aus. „Aber was ändert es schon?!“, brauste ich auf, der Wein verlieh mir wieder mehr Stärke, „Ihr kennt ihn, er hasst es, wenn Frauen sich ihm aufdrängen, obwohl er offenkundig kein Interesse hat. Muss ich wiederholen, dass er sich seitdem nicht mehr gemeldet hat und keine Anstalten macht, mich davon abzuhalten, ihm aus dem Weg zu gehen? Entschuldigt, aber bei all dem fällt es mir wirklich schwer, mich dazu zu bringen, ihn noch einmal darauf anzusprechen.“ Ich rieb mir mit der freien Hand das Gesicht, ich fühlte mich wieder einmal seltsam müde und ausgelaugt. Bis vor einer Woche war noch alles in Ordnung gewesen, mein Leben war schön und das größte Problem von uns Mädels war es gewesen, Naruto darauf aufmerksam zu machen, dass es ein Mädchen gab, welches ihn wirklich über alles vergötterte. Und nun saß ich selber als aktuelles Problem in der Runde und musste die Mädels (und vor allem mich selbst) davon überzeugen, dass meine Idee von der ganzen Sache die Beste war. Wieder herrschte betretenes Schweigen in der Runde, doch diesmal war es erstaunlicherweise Hinata, welche dieses als erstes brach. „Egal, wofür du dich entscheidest, i-ich stehe hinter dir, Sakura.“ Sie lächelte mir aufmunternd zu und für einen Moment war ich kurz davor, das Heulen doch noch anzufangen, doch ich schluckte den massiven Kloß in meinem Hals herunter und blinzelte die Tränen unwirsch weg. „Gleichfalls, auch wenn ich wirklich nicht davon überzeugt bin“, pflichtete ihr Tenten bei und Temari nickte nur zustimmend. Nur Ino kaute angespannt auf ihrer Unterlippe herum, mit dem heutigen Ergebnis ganz und gar nicht zufrieden. Schlussendlich seufzte sie jedoch und gab sich geschlagen. Wenn wir zwei etwas hatten, was uns verband, dann unser Sturkopf. „Du willst einfach so weiter machen?“, hakte sie steif nach und ich nickte beipflichtend. „Weißt du, du bist ein Vollidiot“, seufzte sie mürrisch, „Aber wenn etwas passieren sollte, sind wir natürlich für dich da. Und wenn dieser Mistkerl nicht bald seinen Hintern hoch kriegt, dann...!“ Ihre Drohung blieb aus und ihre Ansprache hing seltsam in der Luft. Erneut seufzte sie kopfschüttelnd. Kapitel 3: Irgendwie zu viel ---------------------------- Der Freitag danach Die Woche ging unter in einem vernebelten Meer aus drögen Vorlesungen und Abenden in der Universitätsbibliothek. Meine Tage waren gut gefüllt, sodass ich kaum zur Ruhe kam und dementsprechend nicht über meine derzeitige Lage grübeln konnte. Nachts hingegen, wenn mich keine eintönige Stimme fast in den Schlaf lullte oder mein Kopf über dicken Wälzern hing, kam mir wieder in den Kopf, warum ich mich ständig so müde und erschlagen fühlte – Sasuke. Seit einer Woche hatten wir kein Wort mehr miteinander geredet, nicht einmal ein Wort der Begrüßung, wenn wir uns in der Wohnung über den Weg liefen – was zugegebenermaßen sehr selten der Fall war, da ich jene tunlichst zu umgehen versuchte. Die Situation war grässlich für mich und mein überbeanspruchter Kopf gab sich die größte Mühe, alle möglichen, scheußlichen Zukunftsbilder zu malen, kaum hatte ich meine Augen zum schlafen geschlossen. Auf meinen Schultern schien ein massives Gewicht zu lasten, als ich Freitagmittag die Wohnung betrat. Es war Wochenende und so sehr ich jedwede Art der Ablenkung genoss, die Bibliothek war an diesen drei Tagen kaum zu ertragen, so voll war sie. Ich war erst ein einziges Mal am Wochenende dort gewesen und wäre selbst mit Musik auf den Ohren beinahe durchgedreht bei all dem Trubel. Seitdem vermied ich es, am Wochenende dorthin zu gehen, selbst wenn das für mich bedeutete, dass ich zu Hause sein musste. Inos Vorlesungen gingen selbst Freitags bis in den späten Nachmittag hinein und Hinata arbeitete jeden Freitag Nachmittag ehrenamtlich bei einem Tierheim in der Nähe der Universität und fiel somit auch weg. Tenten hatte freitags immer Training und Temari würde gewiss bei Shikamaru stecken und damit waren wir auch schon am Ende meiner Möglichkeiten zur Flucht. Mit gehörig angestautem Frust pfefferte ich meine Tasche auf den Küchentisch und öffnete den Kühlschrank, weniger aus Hunger, als aus Langeweile. Für eine durchschnittliche WG war er eigentlich immer gut gefüllt, was uns alle selber verwirrte, aber irgendwie schafften wir es, diesen Standard aufrecht zu erhalten. Ich schnappte mir einen Smoothie und verkrümelte mich in mein Zimmer, denn in absehbarer Zeit würden auch die Jungs zurück kommen und sicherlich lautstark in der Küche über die heutige, abendliche Aktivität plaudern. Narutos Begeisterung fürs Wochenende war noch weit größer, als bei „normalen“ Menschen und so war es eigentlich immer er, der uns bzw. Sasuke ein Ohr darüber ab kaute, was heute Abend alles in der Stadt lief. Manchmal waren es Hauspartys, in der Regel gingen wir allerdings nur in unseren Lieblingsclub. Bei dem Gedanken ans Feiern gehen wurde mir jedoch übel und ich hoffte, dass Naruto mich heute einfach verschonen würde. Selbst er musste die seltsame Atmosphäre in unseren vier Wänden bereits bemerkt haben, vielleicht hatte er sogar mit Sasuke darüber gesprochen. Letzteres bezweifelte ich zwar, da der Schwarzhaarige von sich aus nie etwas erzählte, aber die Möglichkeit bestand. Kaum hatte ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lassen, öffnete sich auch schon die Tür der Wohnung. “Was ein Timing, Sakura“, beglückwünschte ich mich innerlich, nur um prompt festzustellen, dass ich meine Tasche in der Küche vergessen hatte. So zu tun, als wäre ich nicht hier, war also keine Option mehr. Ich spürte, wie meine Füße kalt wurden, doch die Minuten verstrichen in unangenehmer Stille. Seufzend ließ ich die Jalousien meiner beiden Fenster so leise wie möglich herunter. Ich wollte kein Licht, wollte eigentlich nicht einmal wissen, welcher Tag es war. Alles, was ich wollte, war mein Bett, ein gewaltiger Becher Eis und ein paar leicht verdauliche Sendungen, die mich berieselten, bis ich in einen weiteren, wenig erholsamen Schlaf über driftete. Eine Decke, unter der ich mich mit all meinen Sorgen und ernüchternden Gedanken verschanzen konnte vor der Außenwelt und der Realität. „Sakura?“, hörte ich es kurz darauf an der Tür. Es war Narutos Stimme und sie war seltsam leise. Selbst wenn er die Tasche bemerkt haben sollte, so konnte ich immer noch so tun, als würde ich schlafen. Vielleicht ließ er mir zumindest dieses eine Mal meinen Seelenfrieden. „Ich weiß, dass du da bist, können wir reden?“, drängte er und unterstrich seine Bitte mit einem sanften Klopfen an der Tür. Ich zog demonstrativ die Decke über den Kopf und schloss die Augen zu einem stummen Gebet. Die Götter jedoch, sollte es sie geben, hatten sich scheinbar von mir abgewandt, denn die Tür zu meinem Zimmer öffnete sich. „Sag mal, was ist eigentlich hier los?“, fragte Naruto und kurz darauf zog er mir die Decke vom Kopf. Ich war, milde ausgedrückt, wütend. Was erlaubte er sich da eigentlich? „Sag mal, was ist eigentlich mit dir los?“, giftete ich ihn an und richtete mich halb auf, „Was fällt dir eigentlich ein, einfach in mein Zimmer zu kommen? Hab ich dich herein gebeten?“ Der Blonde sah mich erschrocken an und hob entschuldigend die Hände. „Hey, hey, alles gut, entspann dich.“ Es war sicher nicht böse gemeint, aber unwissentlich machte er es nur noch schlimmer. „Sag mir nicht was ich zu tun und zu lassen haben!“, schrie ich ihn an und erhob mich zur vollen Größe. Leider war ich selbst im Stehen einen halben Kopf kleiner als er und sah somit vermutlich eher weniger bedrohlich aus und dennoch wich er einen Schritt zurück. „Was ist hier los?“ Meine Wut fiel in sich zusammen und für einen Augenblick war ich verwundert, dass ich nicht mit zusammen brach. Meine Beine wurden schwach und ich wandte den Blick ab von Naruto und ihm. Sasuke war in der offenen Tür aufgetaucht und starrte uns beide mit zusammen gezogenen Augenbrauen an. Es war das erste Mal seit einer Woche, dass ich seine Stimme hörte. „Raus. Alle beide. Sofort.“ Ich schluckte hörbar und zwang mich weiterhin, keinen von beiden anzuschauen, da ich spürte, wie mir heiße Tränen in die Augen traten. Stattdessen starrte ich auf die Wand über meinem Bett, als hätte ich ein ganz besonders interessantes Detail in der Raufasertapete entdeckt, welchem ich nun meine ganze Aufmerksamkeit schenkte. „Sakura-“ „Raus!“, schrie ich aus vollster Lunge und war dankbar dafür, dass mir immerhin die Stimme nicht versagte. Ich sah nicht, wie sie verschwanden, aber das Geräusch der einrastenden Tür wenig später verriet es mir und beinahe augenblicklich sank ich auf meinem Bett zusammen. Die Tränen quollen mir mittlerweile in Strömen aus den Augen und ich hatte größte Mühe, nicht laut zu schniefen. Ich fühlte mich derart hundeelend, dass mir sogar die Lust auf Serien und Junkfood vergangen war. Ich wollte einfach nur schlafen und an nichts denken. Erneut zog ich mir die Decke über den Kopf und weinte mich ungehemmt in den Schlaf. Einige Stunden später Das Licht, welches durch die schmalen Streifen der Jalousie drang, war dämmrig, als ich meine geschwollenen, verweinten Augen öffnete. Ich konnte meinen eigenen Mundgeruch schmecken und den pochenden Schmerz in meinem Kopf – vermutlich durch das Weinen entstanden – nur allzu gut spüren. Für einen Moment fragte ich mich, wie lange ich wohl geschlafen hatte, doch ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es der späte Nachmittag des gleichen, bescheidenen Tages war. Das Display war überschwemmt mit Nachrichten und als ich es entsperrte, sah ich, dass der größte Teil davon von Ino und von Naruto waren. “Sakura, ich weiß nicht, was aktuell mit dir los ist und wieso du so gut wie nie in der Wohnung bist, aber wir müssen reden, bitte, ich mache mir Sorgen“ und “Tut mir übrigens Leid, dass ich einfach in dein Zimmer bin, echt jetzt!“ waren von Naruto. Bei Letzterer verzogen sich meine Lippen zu einem traurigen Lächeln. Ich hätte Naruto vorhin nicht so anfahren dürfen, dass war mir durchaus bewusst, aber in den vergangenen Tagen war mir die Kontrolle über meine Emotionen mehr und mehr entgleist. Trotzdem nahm ich mir vor, mich noch bei ihm zu entschuldigen. Inos Nachrichten hingegen waren weitaus länger. Sie wollte mich unbedingt sehen, Naruto hatte ihr scheinbar gesteckt, was heute vorgefallen war und mit mir reden – wer hätte es gedacht? Auch sie machte sich immer noch Sorgen um mich und wollte mich, zusammen mit der restlichen Clique, aufmuntern, so gut es ging. Einerseits wollte ich mein Bett nicht verlassen, andererseits schrie jede Faser meines Körpers nach Ablenkung. Ich war eigentlich nicht der Mensch, sich unter seiner Decke zu verkriechen und zu weinen, dementsprechend ärgerte ich mich über mein aktuelles Verhalten. Seufzend rieb ich mir die empfindlichen Augen und gähnte herzhaft. Ich antwortete ihr, dass ich mich fertig machte und dann zu ihrer WG aufbrechen würde und das tat ich auch. Da ich nicht wie ein komplettes Wrack aussehen wollte, zog ich mir frische Kleidung an und schminkte mich gerade so stark, dass man das Rot um meine Augen nicht mehr sehen konnte. An der Tür hielt ich kurz inne und lauschte. Es war albern, natürlich und selbst wenn sie da sein sollten, musste ich irgendwie raus kommen, aber meine Güte! Wart ihr noch nie verliebt und habt euch selbst in jener Hinsicht so stark selbst sabotiert, dass ihr am liebsten im Boden verschwinden würdet? Seid ehrlich! Alles grübeln half nichts, ich musste da durch, buchstäblich, also öffnete ich die Tür zögerlich und schielte durch den dünnen Spalt, ob die Luft denn rein war. Scheinbar waren die Jungs aber nicht da oder auf ihren Zimmern, sodass ich mich beeilte, meine Tasche aus der Küche zu holen und mir ein paar bequemer Schuhe anzuziehen, ehe ich aus der Wohnungstür huschte. Eine Stunde später „Hallo Ladies“, grüßte ich das Dreiergespann bestehend aus Ino, Hinata und Tenten. Letztere sah vom Training noch ein wenig mitgenommen und erschöpft aus, aber das Lächeln auf ihren Lippen war strahlend. „Hallo Totgeglaubte“, antwortete sie keck und zwinkerte mir zu. Ich grinste sie schief an und umarmte die drei nacheinander. Die Mädchen zu sehen war immer wieder wie ein Licht am Ende des Tunnels, wenngleich es momentan lediglich temporär war. „Sehr witzig“, entgegnete ich und knuffte sie freundschaftlich in die Hüfte. Wir liefen ins Wohnzimmer und verteilten uns wie bereits am Montag auf den umliegenden Sitzmöglichkeiten. Ich kam nicht umhin, festzustellen, wie ordentlich die Wohnung doch stets war, auch wenn ich fest davon überzeugt war, dass dies ausschließlich Hinata geschuldet war. „Also, was ist los?“, fing Ino ohne jede Umschweife an, „Naruto hat uns geschrieben, dass du vorhin etwas, nun ja, dramatisch warst, wie er es so schön ausgedrückt hat.“ Bei der Beschreibung meines Verhaltens wurde ich fast erneut wütend, da es jedoch nichts brachte, nun auch noch meine Freundinnen ungerechterweise anzufahren, schluckte ich den Spruch, der mir bereits auf der Zunge lag, herunter. „Er ist einfach in mein Zimmer gekommen. Er macht das immer und irgendwann reicht es mir halt auch einmal“, erklärte ich und versuchte mein Bestes, nicht schnippisch zu klingen. „Schon klar, Süße, aber ich glaube, das hat mit etwas ganz anderem zu tun...“, gab die Blondine mit besorgtem Gesichtsausdruck zurück. Ich verzog mein Gesicht zu einer ironisch-überraschten Grimasse und legte den Kopf schief. „Wirklich? Wie bist du nur darauf gekommen?“, witzelte ich. Ino schien die ganze Situation allerdings nicht wirklich witzig zu finden, denn sie funkelte mich wütend an. „Mal ehrlich, Sakura, langsam reicht es! Dass du dem werten Uchiha aus dem Weg gehen willst, okay! Ich bin damit nicht einverstanden, aber das ist deine Sache! Aber mit uns kannst du doch reden. Du gehst uns allen mehr oder weniger aus dem Weg und machst nichts mehr außer lernen oder Vorlesungen“, schimpfte sie. „Ich weiß, ich weiß, ich mach das doch auch nicht mit Absicht. Ich hab einfach momentan keine Lust auf gar nichts... Ich weiß selber, wie dumm das ist, aber irgendwie kann ich auch nichts daran ändern“, seufzte ich achselzuckend. „Wieso machst du es nicht einfach so, wie du gesagt hast? So tun, als wäre nichts passiert? Ich meine, du musst mit Sasuke ja nicht über den Abend reden, nicht einmal darüber, dass er einfach mir nichts, dir nichts verschwunden war am nächsten Morgen, aber einfach mit ihm... reden? Ganz normal, als wäre wirklich nichts passiert. Einfach da weiter machen, wo ihr vorher aufgehört habt?“, schlug Tenten vor und Ino nickte beipflichtend. „Genau!“, fiel sie mit ein, „Es wird dir auch nicht besser gehen, wenn du ihn weiterhin ignorierst oder versuchst, aus dem Weg zu gehen. Damit tust du dir ultimativ nur selber weh.“ Wie die beiden es sagten, war es schmerzhaft einfach, ja, auch ich hatte bereits mit diesem Gedanken gespielt, schließlich war dies ja mein ursprünglicher Plan gewesen, aber jedes Mal, wenn ich ihm über den Weg lief, war meine Zunge wie gelähmt und ich fühlte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich wollte ja wieder mit Sasuke ganz normal befreundet sein, wirklich, aber die Bilder jener Nacht hatten sich auf meine Netzhäute gebrannt, seine Berührungen auf meine Haut und der Geschmack seiner Lippen in meinen Kopf und es war mir dummerweise unmöglich, so zu tun, als wäre das alles nicht passiert. Als würde sein Verhalten diesbezüglich mir nicht das Herz zerreißen. „Ich weiß, ihr habt Recht“, antwortete ich schließlich halbherzig, „Ich werde es versuchen, okay? Versprochen!“ Das war keine Lüge, versuchen wollte ich es auf jeden Fall, wenngleich ich bezweifelte, dass ich all meine Gefühle einfach so hinter Schloss und Riegel setzen und bei Null anfangen konnte. Ich versuchte ein schiefes Grinsen und es war Hinata, die mir den Arm um die Schulter schlang. „Wir haben uns deshalb auch etwas be-besonderes ausgedacht“, sagte sie und lief knallrot an. Normal passierte ihr das nur, wenn die anderen Mädels sie mit dem Thema „Naruto“ aufzogen oder eben dieser urplötzlich vor ihren Augen stand. „Mein Cousin Neji ist, wie du weißt, ein paar Semester weiter und naja... seine Kollegen geben eine kleine Hausparty, zu der er uns eingeladen hat. Kein Sasuke, kein Naruto und ich würde auch mitgehen“, schloss sie und lächelte schüchtern. „Du gehst mit?“, hakte ich entgeistert nach, all meine Sorgen wie weggeblasen. Dass Hinata mal auf eine Feier mitgehen würde, haute mich derart von den Socken, dass ich gar nicht anders konnte, als bis über beide Ohren zu strahlen. „Selbstverständlich lass' ich mir das doch nicht entgehen!“, jubelte ich begeistert und drückte das schüchterne Mädchen voller Vorfreude. Ich kannte Neji nicht richtig und seine Kommilitonen schon gar nicht und das, obwohl Tenten bei ihnen wohnte, aber Hinatas Cousin war kein schlechter Mensch, auch wenn er manchmal etwas zu besitzergreifend ihr gegenüber war. Und wenn weder Sasuke, noch Naruto eingeladen waren, konnten wir zwei uns dort unbesorgt vergnügen. Dass ich dort auch ein wenig Ablenkung von dem elenden, zermürbenden Thema finden würde, war obendrein ein netter Bonus. „Das schreit nach einem Mädelsabend“, stieg Ino hocherfreut mit ein. Mich so ungezwungen und fröhlich zu sehen erfüllte sie mit ehrlicher Freude. „Temari muss natürlich auch mit! Und wehe sie hängt die ganze Zeit bei Shikamaru herum...“ Stimmt, Shikamaru, Temaris Freund, würde gewiss auch dort sein. Aufgrund seiner extremen Intelligenz hatte er einige Semester übersprungen und besuchte nun einige wenige Vorlesungen zusammen mit Neji. „Und Hinata putzen wir richtig heraus“, lachte ich. Die Angesprochene wirkte nicht wirklich glücklich damit, schlichtweg weil sie nicht wusste, was ich mit „heraus putzen“ genau meinte. „Ohje“, murmelte sie, worüber Ino und ich lachen mussten. Ino zögerte keine Sekunde und angelte sich sofort ihr Smartphone, um Temari von unseren Plänen zu unterrichten. „Mit was müssen wir eigentlich rechnen, wenn wir in eure Sportler-WG gehen?“, fragte ich an Tenten gewandt und das verschmitzte Grinsen, welches prompt ihre Lippen nach oben zog, schien schon Antwort genug zu sein. Sie, Neji und Mitbewohner Nummer 3, dessen Namen ich mir nicht merken konnte, studierten alle etwas, was mit Sport zu tun hatte und dementsprechend... schweißtreibend stellte ich mir ihre privaten Gemächer vor. Ob es dort genauso scheußlich roch, wie damals in den Turnhallen der Hochschule? „Lässt sich aushalten“, antwortete sie keck und zwinkerte vielsagend. „Ohje“, entwich es diesmal mir. Ich sah, wie Ino ihre Augen rollte. Sie war noch immer auf ihr Handy fokussiert, doch sie verfolgte unser Gespräch weiterhin. „Am besten, du verschwindest erst einmal nachhause, duscht und... lüftest oder putzt oder was auch immer“, schlug sie vor, während sie mit ihren hübsch gefeilten Nägeln auf dem Display tippte. „Sehr freundlich, wirklich“, murrte die Brünette nicht ganz ernstgemeint, das schiefe Grinsen verriet sie, „Aber hast ja Recht. Die beiden Jungs sind sicher schon in Vorbereitungen vertieft, vielleicht sollte ich ihnen mal helfen. Aber wehe ihr schickt mir keine Bilder von Hinata!“, fügte sie mit ernstem Gesichtsausdruck hinzu und erhob sich. „Selbstverständlich. Sollen wir später noch etwas mitbringen?“, erkundigte ich mich und für einen Augenblick wirkte Tenten ganz gedankenversunken. „Naja, wir haben schon etwas Bier besorgt, aber wir haben jedem, der eingeladen ist, gesagt, dass er oder sie noch selber etwas mitbringen soll. Damit es für alle reicht, weißt du. Soweit ich weiß kommen immerhin knapp 30 Leute... Ansonsten nur euch und gute Laune, würde ich sagen“, schloss sie und strahlte bis über beide Ohren. Ich nickte zustimmend und reckte den Daumen nach oben. „Alles klar, dann bis später, Stinker.“ Ich streckte ihr die Zunge heraus und sie antwortete mit derselben Geste, ehe sie auch die anderen beiden Mädchen verabschiedete – auf Umarmungen verzichteten wir allesamt, immerhin kam die Brünette vom Training – und die Wohnung verließ. „Was machen wir eigentlich mit mir?“, fragte ich mehr Ino als Hinata, „So kann ich kaum gehen und nachhause möchte ich vorher eigentlich nicht.“ Die Blondine hob den Blick und runzelte die Stirn. „Ihr leiht euch einfach beide etwas von mir, so einfach. Wäre nicht das erste Mal und wird sicher auch nicht das Letzte sein“, antwortete sie achselzuckend und damit war die Frage für sie vom Tisch, denn sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Handy zu. Dass ich etwas in ihrem Kleiderschrank finden würde bezweifelte ich nicht, doch Inos und Hinatas Kleidungsstil war so konträr wie süße Pfannkuchen und Curry. Das dunkelhaarige Mädchen schien das Selbe zu denken, denn ihr Gesicht strotzte nicht gerade vor Überzeugung. „Aber bitte kein Bauchfrei“, piepste sie und Ino verschluckte sich fast an ihrem eigenen Speichel. „Keine Sorge, das hatte ich nicht vor. Neji würde mich köpfen!“, lachte sie lauthals und bei der Vorstellung von Nejis Reaktion auf den Anblick seiner kleinen Cousine in bauchfreiem Outfit musste auch ich das Lachen anfangen. „Wir werden schon was finden. Temari hat gerade geschrieben, dass sie auf dem Nachhauseweg ist. Ich hätte gesagt, wir öffnen uns ein Fläschchen Wein und warten auf sie, ehe wir mit Hinatas Remake anfangen?“, schlug sie vor und schaute zwischen uns hin und her. „Klingt gut“, gab ich zurück und Hinata nickte ebenfalls, immerhin würde Temari sie gewiss vor allzu abstrusen Klamotten bewahren. Also verkrümelten wir uns in die Küche und öffneten eine bereits halb leere Flasche Wein. Es dauerte nicht lange, bis die andere Blondine unserer Clique die Tür zur Wohnung öffnete – wir hatten nicht einmal die Hälfte unserer Gläser geschafft. „Die Hölle gefriert und es regnet Feuer!“, begrüßte sie uns freudestrahlend. Offenkundig zielte sie auf die Tatsache ab, das Hinata mit uns feiern gehen wollte, denn sie grinste die Hyuuga an, als hätte diese ihr soeben erzählt, dass Weihnachten schon heute war. „Scheint so“, antwortete sie schulterzuckend und lächelte schüchtern. Manchmal wunderte ich mich, wie Hinata es mit vier derart aufbrausenden Charakteren wie uns aushielt. „Du brauchst also ein... Umstyling, hab ich das richtig verstanden?“, sprach Temari während sie sich ebenfalls ein Weinglas aus dem Schrank holte und sich zu uns gesellte. „Ino und Sakura haben von he-heraus putzen gesprochen, ja.“ Die Art und Weise, wie sie das Gesprochene betonte machte klar, dass sie noch immer nicht so ganz von diesem Plan überzeugt war, doch angesichts meiner heiteren Stimmung schien sie ihre Zweifel herunter zu schlucken. „Na dann nimmst du aber lieber etwas aus meinem Schrank. Sei mir nicht böse, Süße, du kleidest dich schlicht und sehr adrett, aber für eine Feier ist das nichts“, begann Temari, während sie sich etwas Wein einschenkte, „Und Inos Klamotten, nennen wir sie mal so, lasse ich nicht an dich heran!“, schloss sie mit einem schelmischen Grinsen. „Was soll das denn heißen?“, empörte sich Ino und hob die Augenbrauen. „Dass deine Sachen an Mädchen deiner Statur gut aussehen und an uns Normalsterblichen... fehl am Platz“, erläuterte sie schulterzuckend. Ino wirkte noch immer etwas verstimmt, aber sie beließ es dabei. Es stimmte aber, Ino war von uns allen am „besten“ gebaut, ginge man vom gängigen Schönheitsideal aus. Sie war blond, groß und schlank und besaß scheinbar kein Gramm Körperfett zu viel. Selbstverständlich war das kein gottgegebenes Geschenk – sie ging dreimal die Woche ins Fitnesszentrum und ernährte sich beinahe ausschließlich von Gemüse und Obst. Wenn ich mir eine Hose von ihr borgte musste ich mir diese immer auf einem Bett anziehen, mit angehaltener Luft. Sie passte, irgendwie, aber so gut wie an der Blondine sah sie niemals aus. „D-dankeschön, Temari.“ Hinata lächelte die zwinkernden Blondine dankbar an. Einige Stunden später Den Rest des Nachmittags hatten wir mit einem gemütlichen Plausch über unser jeweiliges Studium verbracht und erste Ideen für Hinatas Outfit gesammelt. Am Ende hatten wir uns auf einen schlichten schwarzen Rock und eine nicht übertrieben förmliche Bluse entschieden. Dazu trug sie eine schwarze Feinstrumpfhose und schwarze, gemütliche Halbschuhe. Sie sah immer noch sehr unschuldig aus, auf der Party würde sie jedoch nicht negativ auffallen. Hinata war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden und hatte derart theatralisch geseufzt, dass der Rest von uns in schallendes Gelächter ausgebrochen war. „Damit kann ich wirklich leben“, hatte sie gesagt und sich vor dem Standspiegel in Temaris Zimmer gedreht und gewendet, um sich von allen Seiten zu betrachten. Ich hatte mir vorgestellt, wie Naruto reagieren würde, würde er das schüchterne Mädchen derart „freizügig“ sehen. Bestimmt würde es ihn von den Socken hauen. Er begriff zwar nicht, wie Hinata für ihn empfand, doch das änderte nichts daran, dass sie gut miteinander befreundet waren. Meine eigene Kleiderwahl war schließlich auf eine schwarze Röhrenjeans mit hoher Taille und einem gekürzten Pulli in gebraucht wirkendem Grau gefallen. Am Saum war er durch zwei Schnürungen enger geknotet worden, sodass er mir fast wie eine zweite Haut anlag und meine vielleicht nicht ganz perfekte, aber dennoch schlanke Figur betonte. Auch ich war mehr als zufrieden und freute mich zunehmend auf unseren gemeinsamen Mädelsabend, ganz ohne Sasuke und Naruto. Ganz ohne Drama. „Ich würde sagen, wir sind startklar!“, verkündete Ino und klatschte aufgeregt in die Hände. Im Verlaufe des Abends war sie immer hibbeliger und aufgekratzter geworden und es war mehr als offensichtlich, dass sie sich von allen am Meisten freute, Hinata endlich einmal mit auf eine Party mitzunehmen. „Schätze schon“, antwortete ich, während ich meine Tasche durchwühlte und mental alle überlebenswichtigen Gegenstände durchging und ob diese eingepackt waren. Schlüssel? Check. Geldbeutel? Check. Handy? Check. Täschchen mit Hygieneartikeln und Schminke? Check. Ersatzunterwäsche, falls ich außerhalb übernachte? - Ach, ich mach doch nur Spaß, natürlich werde ich das nicht tun. „Ich hab auch alles eingepackt. Nimmt jede von uns einen Wohnungsschlüssel mit oder gehen wir zusammen nachhause?“, fragte Hinata an die beiden Blondinen gerichtet. „Also ich werde bei Shikamaru übernachten“, gab sie zurück und somit richteten die beiden ihr Augenmerk auf die letzte Bewohnerin der WG – Ino. „Ich nehme sicherheitshalber auch einen mit“, kam es nach kurzer Überlegung von ihr und sie wuselte zurück in ihr Zimmer, um ihren eigenen Schlüssel einzupacken. Hinata würde höchstwahrscheinlich als Erste die Party verlassen und es war unwahrscheinlich, dass die Yamanaka zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon gehen wollte. „Na dann los!“ Ich machte eine übertrieben enthusiastische Handbewegung und bedeutete den Mädels, den Weg voran aus der Wohnung zu leiten. Es war bereits später Abend und die Luft war angenehm kühl. Die Sportler-WG war nur knapp 20 Minuten zu Fuß entfernt und so entschieden wir uns gegen ein Taxi. Stattdessen machten wir einen kleinen Umweg zu einem Combini, um für jeden noch etwas alkoholisches mitzunehmen – nur Hinata packte sich ein Wasser ein, womit sie vermutlich das Leben von uns dreien noch retten würde. „Sag mal, Temari“, begann ich, als wir in die Straße der WG einbogen, „Kennst du eigentlich Leute, die heute da sein werden? Ich meine Shikamaru, Tenten und Neji, klar, aber sonst?“ „Ne, ich kenne nur die Bewohner der WG, also Lee noch. Ansonsten kommen vielleicht noch meine beiden Brüder, aber sonst habe ich keinen blassen Schimmer“, gestand sie. Stimmt, Lee, so hieß der dritte im Bunde der Sportfanatiker. Soweit ich wusste, hatte ich ihn einmal gesehen, aber ich konnte mich nicht genau erinnern. „Deine Brüder sind in der Stadt?“, hakte ich nach, auf einmal neugierig. Temaris Brüder, Gaara und Kankuro waren älter und lebten etwas weiter weg. Soweit ich wusste, war Kankuro bereits am Arbeiten und Gaara belegte den Masterstudiengang in BWL. „Ja, entschuldigt, hatte ganz vergessen, euch das zu sagen. Kankuro hat gerade Urlaub und Gaara hat schon Semesterferien, also sind die beiden aktuell bei unseren Eltern untergekommen“, erklärte sie. „Wir haben die beiden schon lange nicht mehr gesehen, wäre cool, wenn sie heute auch da wären“, klinkte Ino sich mit ein und Hinata und ich nickten zustimmend. Die beiden waren drei Jahre älter als wir und ziemlich cool. Das letzte Mal, als sie in der Stadt waren, hatten wir den ein oder anderen Abend miteinander verbracht und vor allem Kankuro war ziemlich unterhaltsam. „Hab ich ihnen auch gesagt, aber sie waren sich nicht sicher, ob sie Zeit haben. Gibt noch andere Leute, die die beiden unbedingt sehen wollen, wisst ihr.“ Temari verzog ihr Gesicht zu einer ironischen Grimasse. Wenig später waren wir auch schon da und mit 30 Leuten hatte Tenten eiskalt übertrieben. Nun, vielleicht auch nicht, vielleicht war das die ursprünglich geplante Teilnehmerzahl gewesen, doch die Wohnung der drei Sportler war randvoll mit definitiv mehr als 30 Studenten. Gott sei Dank war die Wohnung sehr groß und großzügig geschnitten, sodass man immerhin nicht in die Verlegenheit kam, mit den anderen zu kuscheln. Laute Musik, die wir bereits im Treppenhaus hatten hören können, dröhnte durch eine Anlage aus Nejis Zimmer und wir würden gute Mühe haben, sie zu übertönen. Die drei lebten mitten im Studentenviertel, also mussten wir zumindest keine Polizei wegen Lärmbelästigung befürchten. Wir vier hielten Ausschau nach der letzten in unserem Bunde und Gastgeberin des Abends – Tenten. Sie hatte nicht gelogen, als sie gesagt hatte, dass die Jungs bereits am Aufräumen waren, denn entgegen unserer Erwartungen war es bis auf einige herum stehende Plastikbecher und leere Bierflaschen ordentlich. Wir fanden sie schlussendlich in ihrem eigenen Zimmer, wie sie sich mit einem Jungen mit schwarzen Bobschnitt unterhielt. Er kam mir auf Anhieb bekannt vor und nachdem sie uns alle zur Begrüßung umarmt hatte, wurde mir auch klar, wieso. „Das ist Lee“, schrie sie über die Musik hinweg und deutete dabei auf den Jungen. Er hatte unfassbar voluminöses Haar und dicke Augenbrauen und selbst seine Wimpern waren dichter als bei den meisten Mädchen. „Sakura!“, schrie ich zurück und Ino und Hinata taten es mir gleich – Temari kannte ihn ja bereits, dadurch dass sie durch ihren Freund Shikamaru öfter mit Neji und ihm zu tun hatte. „Freut mich“, grinste er breit und betrachtete mich eingehend. „Ihr seht ziemlich nüchtern aus, Ladies, lasst uns das mal ändern!“, warf Tenten lautstark ein und führte uns in die Küche der Wohnung. Die verschiedensten Gruppen standen auch dort beisammen und eine jener Gruppen erhielt einen gewaltigen Rüffel von Tenten, da sie in der Wohnung, statt auf dem Balkon rauchten. Beschämt trollten sie sich, so schnell sie es in der vollgepackten Wohnung schafften, auf den Balkon. „Also, was wollt ihr? Die Leute haben komplett übertrieben, wir haben so viel Alkohol, dass wir morgen glatt weiter machen könnten!“, erklärte sie uns lachend und führte uns zu einem Tresen, auf dem nicht nur Bier, sondern auch Schnaps und Wein in den verschiedensten Variationen bereit standen. „Für mich nur ein Bier bitte“, gab Hinata etwas zu leise zurück, sodass sie sich mit rot anlaufenden Wangen wiederholen musste. Temari, Ino und ich mischten uns jeweils einen leichten Drink in einen der unzähligen Plastikbecher und geschlossen marschierten wir zurück in Tentens Zimmer zu Lee. In allen Räumen war es in ihrem scheinbar noch am angenehmsten. Wir unterhielten uns ein wenig und es dauerte nicht lange, bis Hinatas Cousin Neji sich uns anschloss. Er grüßte uns höflich und drückte Hinata fest an seinen gut trainierten Oberkörper. Die beiden fingen sofort an, über etwas zu reden, was der Rest von uns nicht verstehen konnte und ich freute mich wirklich darüber, wie fröhlich das sonst so schüchterne Mädchen gerade wirkte. „Sakura, nicht?“, sprach Lee mich an und umschloss mein Handgelenk mit seiner starken Hand, um mich sanft von dem Rest der Truppe wegzuführen. „Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.“ Er grinste schief und wirkte fast eine Spur zu begeistert von allem. Ich nippte zögerlich an meinem Getränk, um mir ein wenig Zeit zu verschaffen, da ich schon immer schlecht darin gewesen war, mit eigentlich fremden Leuten eine Konversation zu beginnen. Smalltalk lag mir einfach nicht. „Ich weiß gar nicht mehr, wie lange“, gestand ich nach kurzer Zeit und runzelte die Stirn. Es stimmte, so sehr ich meinen Kopf zerbrach, ich konnte mich nicht erinnern, wann und vor allem zu welchem Anlass wir uns das letzte Mal gesehen hatten. „Ach, ist ja auch egal. Es ist schön, dass du da bist“, lachte er, „Ich hab' leider vergessen was du studierst“, fügte er hinzu und lächelte entschuldigend, während er sich mit der freien Hand durch die Haare fuhr. Für einen Augenblick erinnerte er mich extrem stark an Naruto, was mir zugegebenermaßen etwas von meiner Nervosität nahm. „Medizin, erstes Semester“, antwortete ich ihm lächelnd, „Und du hattest irgendwas mit Sport, genauso wie Tenten, nicht wahr?“ „Jap, genau, Sportmanagement.“ Er prostete mir mit seinem eigenen Becher zu und ich nahm die Aufforderung an. Lee war ein wirklich netter, junger Mann und ich verbrachte den halben Abend damit, mich mit ihm zu unterhalten. Es war sehr angenehm, so einfach mit einem Jungen reden zu können. Mit Naruto und Sasuke hatte ich diese Einfachheit aktuell ja nicht. Anfangs unterhielten wir uns ausschließlich über sein Studium, da Medizin meiner Meinung nach kein sehr interessantes Thema für Außenstehende war. Lee hingegen hatte ganz erstaunliche Dinge zu erzählen und scheinbar auch jeden seltsamen Dozenten für sich beansprucht. Mit zunehmender Alkoholisierung wurden die Geschichten immer abstruser und mein Lachen immer lauter. Ab und zu schlossen sich die Mädchen ebenfalls an und erzählten uns etwas, was sie gerade brühwarm erzählt bekommen hatten und es war alles in allem eine wirklich schöne Feier. Als sich die Uhr langsam Mitternacht näherte verließen die ersten Grüppchen die Wohnung, um in eine Diskothek weiter zu ziehen und auch bei uns kam die Frage auf. „Wenn's sein muss, wieso nicht?“, kicherte ich, der Alkohol hatte in mir bereits jedwede Angst vor eventuell unangenehmen Aufeinandertreffen mit einem gewissen Jungen ertränkt. „Also ich würde dann nach Hause gehen“, warf Hinata ein. „Dann begleite ich dich!“, sagte Neji und zog prompt eine ziemlich verwirrt dreinblickende Cousine hinter sich her. „Also...“, fing Tenten an und konnte ein Lachen nur schwer unterdrücken, „Er hätte uns ja schon noch von ihr verabschieden lassen können, oder nicht?“ Der Rest von uns war nicht weniger überrascht von Hinatas schnellem Abgang. „Naja“, begann sie erneut, „Ich schmeiß dann mal die Leute raus bzw. frage sie, ob sie sich uns anschließen wollen. Die meisten sind ja eh schon weg!“ Und damit stand sie von unserer Sitzgruppe auf und verschwand aus ihrem Zimmer. Die Musik war mittlerweile deutlich leiser, sodass wir uns nicht mehr anschreien mussten, um uns zu verständigen. Eine knappe halbe Stunde später bummelten wir zusammen mit den verbliebenen Partygästen Richtung Disko und Lee und ich marschierten mit etwas Abstand zum Rest hinterher. Es war mittlerweile wirklich frisch geworden und Gentleman, wie er war, bot er mir direkt seine Kapuzenjacke an. „Danke“, murmelte ich und den Rest des Weges verbrachten wir schweigend. Auf welche Disko wir zusteuerten erkannte ich erst, als wir durch den angehörigen Park liefen, durch welchen ich nur eine Woche zuvor vor Sasuke geflüchtet war. Mir wurde etwas mulmig, aber ich wollte jetzt auch keinen abrupten Rückzieher mehr machen, immerhin hatte ich genug Leute, an die ich mich wenden konnte, sollten Naruto und Sasuke auch anwesend sein. „Alles okay bei dir, Sakura? Du wirkst irgendwie bedrückt auf einmal“, unterbrach er die Stille und riss mich beinahe brutal aus meiner Gedankenwelt. „Ja“, seufzte ich und versuchte, ein strahlendes Lächeln auf meine Lippen zu bringen, doch selbst ich spürte, dass es wacklig war, „ich war nur gerade woanders.“ „Wenn du irgendetwas brauchst, sag Bescheid“, bot er an. „Danke, lieb von dir“, bedankte ich mich und stupste ihn freundschaftlich an. Die Musik vom Club her wurde immer lauter und auch meine Nervosität wuchs mit jedem Schritt, doch ich schluckte den Klos in meinem Hals herunter und zwang mich dazu, wieder in besserer Stimmung zu sein. Mich jetzt wegen Sasuke verrückt zu machen brachte mir schließlich auch nichts. Der Club war voll bis oben hin und es dauerte nicht lang, bis wir einige, von der Party bekannte, Gesichter sahen. Von Sasuke und Naruto? Keine Spur. Meine Anspannung viel sekündlich ab und als wir den Tresen erreichten, um uns Getränke zu bestellen, war der Uchiha bereits aus meinem Kopf verschwunden. „Das geht auf mich“, rief Lee laut, als ich Anstalten machte, meinen Drink zu bezahlen und zwinkerte mir zu. „Danke“, lachte ich und knuffte ihn freundschaftlich, „Die nächste Runde geht dann auf mich!“ Er nickte und zog mich auf die Tanzfläche. Ich rief dem Rest unserer Truppe etwas entschuldigendes zu und ließ mich kichernd mitreißen. Das Drama meines Lebens hatte erst vor einer Woche wirklich begonnen und dennoch fühlte ich mich, als hätte ich schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt. Wir tanzten ausgelassen dicht aneinander gedrängt, da die Tanzfläche wie immer jeglichen Platz entbehrte. Wie ich dabei aussah interessierte mich nicht. Ich lachte und quietschte über Lees absurde Posen und versuchte mein Bestes, ihn nachzuahmen, doch dabei scheiterte ich kläglich, was wiederum ihn zum Lachen brachte. Ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen, als ich unsanft von der Tanzfläche gezerrt wurde. Für einen Moment perplex versuchte mein alkoholisierter Verstand, mit den Geschehnissen hinterher zu kommen. „Was?“, entwich es mir eher unterbewusst, als ich blinzelte und mich zu der Person umdrehte, die mich unsanft am Arm gepackt hielt. „Was?“ Es war Sasuke und so wütend hatte ich ihn schon lange nicht mehr gesehen. Er ließ mir überhaupt keine Zeit, angemessen zu reagieren – nicht, dass ich wusste, was angemessen wäre -, denn er zog mich grob am Arm Richtung Ausgang. Ich war immer noch zu überwältigt von der Situation, dass ich gar nicht wütend würde, wie es normal der Fall wäre, wenn man mich derart behandelte. „Was ist denn los?“, rief Lee uns hinterher. Er hatte Mühe, uns an den vielen Menschen vorbei zu folgen. Ich wollte ihm antworten, dass ich das auch gerne wüsste, aber aus irgendeinem Grund bekam ich mal wieder nicht die Zähne auseinander. Die kalte Nachtluft traf mich wie ein Faustschlag, sodass ich zischend einatmete und prompt das Frösteln begann. „Möchtest du meine Jacke, Sakura?“, bot Lee mir ohne Umschweife an, doch er hielt in seiner Bewegung inne, als er Sasukes Blick bemerkte. Seine Augen hätten selbst Eis zu Eis erstarren lassen. „Was willst du?“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und vermied es tunlichst, ihn direkt anzuschauen. „Von dir wissen, was zur Hölle du hier treibst“, schoss er zurück. „Ich hab getanzt?“ „Das hab ich gesehen. Aber was machst du mit diesem Typen hier?“, hakte er unnachgiebig nach. So langsam wurde ich doch wütend. Was bildete er sich überhaupt ein, solch eine Szene aufzuführen nachdem er mich eine Woche nicht einmal mit dem Hinterteil angeschaut hatte? „Dieser Typ hat einen Namen. Er heißt Lee“, informierte ich ihn schnippisch und verzog die leicht zitternden Arme vor der Brust. Lee war offenkundig eingeschüchtert oder perplex, denn er stand einfach nur da, den Mund leicht geöffnet. „Sehr reizend“, spottete er und musterte meine abendliche Begleitung abschätzig, was mich nur noch mehr anstachelte. „Was willst du hier?“, fragte ich ihn erneut, nur dieses Mal in einem gereizten Ton, der deutlich machte, dass ich keine Gegenfrage als Antwort tolerierte. „Du ignorierst mich eine Woche lang, als wäre ich Luft und jetzt kreuzt du hier mit irgendeinem Typen auf und schmeißt dich ihm regelrecht an den Hals. Geht's noch bei dir?“, knurrte er missgelaunt und angelte sich eine Zigarette aus seiner Hosentasche, um seinen Händen eine Beschäftigung zu geben, die nicht in einem Handgemenge enden würde. Mir fiel alles aus dem Gesicht, einerseits, weil er sich erdreistete, so einen Unfug von sich zu geben, andererseits, weil er Lee immer noch wie einen Menschen zweiter Klasse behandelte und das war einfach nicht fair. „Entschuldige mal“, mischte Lee sich nun ein und wirkte ebenfalls etwas verstimmt angesichts der Wortwahl des Uchihas, „Sakura ist eine freie Frau und kann sich abgeben, mit wem sie will! Wenn sie lieber mit mir ihren Abend verbringt, als mit dir, ist das nicht meine Schuld, also lass deinen Ärger gefälligst an wem anders aus!“ „Sakura will überhaupt nichts von dir, das weißt du hoffentlich“, höhnte Sasuke mit einer Arroganz in der Stimme, die mir die Galle hochtrieb. Zum ersten Mal, seit wir uns kannten, hatte ich das Bedürfnis, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. So kannte ich den sonst so stoischen jungen Mann nicht und ich würde lügen, würde ich sagen, dass es mir gefiel. „Woher willst du das denn wissen? So, wie du dich hier verhältst, glaube ich eher, dass du nicht weißt, dass sie nichts von dir möchte. Du benimmst dich lächerlich“, ereiferte Lee sich und richtete sich nun zur vollen Größe auf. Er war etwas kleiner, als Sasuke, aber definitiv besser trainiert. Wenn die beiden sich hier und jetzt an die Gurgel gehen würden, wüsste ich nicht, wer gewinnen würde. „Woher ich das wissen will?“, lachte Sasuke. Es war ein freudloses, triumphales Lachen und mir wurden die Füße kalt. „Weil wir heute vor genau einer Woche, zur exakt gleichen Zeit miteinander im Bett waren. Tut mir Leid, aber mehr als ein Zeitvertreib bist du nicht, also verschwinde.“ „Sasuke! Was zur Hölle bildest du dir eigentlich ein!“, schrie ich ihn nun an, Tränen in den Augen. Ich konnte nicht glauben, dass er damit auch noch hausieren ging. Was war heute nur mit ihm los? Erst sprach er keine Silbe mit mir und nun fuhr er Lee völlig grundlos an und erzählte ihm zu allem Überfluss auch noch von unserer Nacht. In der nächsten Sekunde wurde die Stille, in welcher wir uns wiederfanden, von einem schallenden Geräusch unterbrochen – ich hatte ihm tatsächlich eine Ohrfeige verpasst. Meine Hand zitterte fast so sehr, wie meine Gesichtszüge, welche ich verzweifelt zusammenzuhalten versuchte. Für einen Moment wirkte Sasuke ehrlich überrascht, denn er starrte mich mit geweiteten Augen an, wenngleich sie deshalb nicht mehr Emotionen in sich trugen, als sonst. „Ich glaube, du spinnst! Du verschwindest am nächsten Morgen einfach, redest eine Woche nicht mit mir, schaust mich nicht einmal an und jetzt kommst du hierher und benimmst dich wie das größte Arschloch!“, fuhr ich schreiend fort. Unwirsch wischte ich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Ich wollte definitiv nicht vor ihm weinen. „Sakura beruhige dich, alles gut.“ Es war Lee, der als Erstes seine Stimme wieder fand. Behutsam legte er mir die Hände auf die Schulter, doch noch immer starrte ich Sasuke an, wie er sich eher unbewusst mit der freien Hand über die rötlich gefärbte Wange fuhr. „Nein, nichts ist gut!“, beharrte ich stur, „Ich hab so die Nase voll von dir, weißt du das?!“ Anklagend deutete ich mit dem Finger auf den Uchiha, welcher die Stirn runzelte und mit den richtigen Worten zu ringen schien. Und obwohl ich mir vor exakt einer Woche erst geschworen hatte, es nicht mehr zu tun, legte ich den nächsten dramatischen Abgang hin. Kapitel 4: Irgendwie schockverliebt ----------------------------------- Am selben Abend Als ich zuhause ankam, und meine kleine „Partytasche“ einfach zu dem beängstigend instabil gestapelten Haufen Schuhe warf, war mein Zorn auf Sasuke noch immer weißglühend. Sein Auftritt per se hätte schon genügt, aber nein, er besaß auch noch die Dreistigkeit, mich als Schuldige unseres frostigen Schweigens abzustrafen. Mit zittrigen Fingern fischte ich mein Handy aus meiner Gesäßtasche. Ich hatte die Nase von dem Uchiha endgültig voll und so begab ich mich in die Küche und knipste das Licht an. Während ich mir ein kaltes Wasser aus dem Kühlschrank angelte, um zumindest meinen Verstand etwas abzukühlen, wählte ich die Nummer von Ino. Mir war durchaus bewusst, dass sie nicht direkt beim ersten Versuch ans Telefon gehen würde, doch das war mir gerade schnurzpiepegal. Seufzend setzte ich mich an unseren Esstisch und rief Ino Mal um Mal an, während ich das kalte Getränk geradezu inhalierte. Erst mit dem ersten Schluck war mir so richtig bewusst geworden, wie ausgetrocknet ich mich dank des Alkohols gefühlt hatte. Die Zeit verging schleppend, wie mir die Uhr oberhalb der Küchentür schmerzhaft deutlich klar machte und ich spürte, wie ich von Minute zu Minute ungeduldiger wurde. Was zur Hölle trieb das Mädel schon wieder? Bestimmt flirtete sie mit irgendeinem gutaussehenden Kerl. Wenn Ino wollte, konnte sie vermutlich jeden haben, aber sie liebte und respektierte sich selbst zu sehr, um sich mehr hinzugeben, als einem flüchtigen Flirt. Ich hatte in der Zeit unserer Freundschaft tatsächlich erst ein einziges Mal miterlebt, wie sie so verzückt von einem Mann war, dass sie wirklich mit ihm nachhause gegangen war. Das Schlimmste daran war aber, dass sie danach niemandem etwas erzählt hatte. Die Mädels und ich hatten uns versammelt und sie mit Fragen durchlöchert, doch sie hatte nur süffisant gegrinst und geschwiegen. Der schrille Ton meines klingelnden Handys holte mich abrupt zurück auf den Boden der Tatsachen, doch es war nicht Ino, die mich endlich anrief, sondern Naruto. Verwirrt rieb ich mir mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken und schloss für einen Moment die Augen, ehe ich auf Annehmen drückte. „Was willst du?“, fragte ich ihn genervt und hörte das ferne Dröhnen der viel zu lauten Diskomusik. “Sakura was zur Hölle ist los mit dir und Sasuke? Er hat mir nur gesagt, dass ihr zwei... Differenzen hattet und ist danach spurlos verschwunden! Ist er bei dir?“, fragte er mit besorgter Stimme nach. Er musste noch nicht viel getrunken haben, denn er artikulierte sich klarer, als er es sonst Freitagabend um diese Zeit tat. Scheinbar ging unser Theater nicht spurlos an dem blonden Chaoten vorbei. Beinahe fühlte ich mich schlecht, alles in mir wollte ihn beruhigen, doch angesichts meiner Pläne fiel mir nichts ein, was ich ihm Besänftigendes sagen konnte, was nicht gelogen wäre. Bevor ich ihm allerdings wirklich antworten konnte, hörte ich einen Schlüssel, welcher sich im Schloss drehte. „Scheint so, als würde er gerade heimkommen. Mach dir keine Sorgen, bei uns ist alles gut. Du kannst mir aber einen Gefallen tun!“, antwortete ich ihm möglichst ruhig. Für einen Augenblick hatte ich das Bedürfnis gehabt, in mein Zimmer zu hechten, doch Sasuke schien auf Krieg aus zu sein und ich war es müde, vor ihm davonzulaufen. „Okay... Dann ist ja gut. Und natürlich, was gibt es denn?“, hakte er nach. „Such' mal Ino und sag ihr, sie soll mich anrufen, wenn du sie findest, okay?“ „Okay. Alles klar. Dann bis später!“ Und damit legte er auf. Später, genau, dachte ich und verzog mein Gesicht zu einer missmutigen Grimasse. Just in diesem Augenblick erschien Sasukes stoisches Gesicht im Türrahmen. „Hast du dich beruhigt, ja?“, war das Erste, was er sagte. Ich schnaubte. War er schon immer so ein Arschloch gewesen und mir war das bisher durch meine rosarote Brille nur nie aufgefallen? „Lass' mich einfach in Ruhe, ja?“ Meine Augen starrten wieder auf das Display meines Handys, welches sich wieder in absolutes Schweigen hüllte. Inständig bat ich, dass Naruto meine beste Freundin bald finden würde. Meine Lust, mich mit Sasuke heute noch weiter zu unterhalten, war ungefähr so groß, wie meine Lust, Naruto die Anatomie des menschlichen Herzens zu erläutern. Ohne auf mich zu hören – oh Wunder – setzte er sich einfach direkt neben mich. Ich spürte seinen Blick durchaus auf mir ruhen, aber ich war vorerst wirklich durch mit diesem ganzen Mist. Mit ihm. Und in diesem Moment reichte es mir. „Kannst du nicht ein verfluchtes Mal respektieren, was ich sage?“, fuhr ich ihn an und durchbohrte ihn mit einem wirklich vernichtenden Blick. Der junge Mann gegenüber wirkte auf mich nicht mehr wie der, den ich kennen gelernt hatte und das innerhalb von einer einzigen Woche. Es erschütterte mich und mein Herz verzog sich schmerzhaft, aber die Wut blieb. Die Enttäuschung. Der Schmerz. „Nur wenn du mir erklärst, was das sollte“, gab er ruhig zurück. Er wirkte ernst und obgleich seiner dämlichen „Begrüßung“, schien er wahrhaftig nicht auf Streit aus zu sein. Ich neigte meinen Kopf ein Stück zur Seite, um ihm zu signalisieren, dass er dies bitte evaluieren möge. Für einen Moment war es still zwischen uns, nur das stetige Ticken der Uhr war zu vernehmen. Sasuke seufzte, etwas was man nur sehr selten hörte. Zumindest diese Art von Seufzen. Normal seufzte er nur, wenn er von Naruto genervt war und dieses Geräusch war signifikant anders, genervter, als jenes, welches ich nun zu hören bekam. „Wieso du in unsere Stammdisko gehst und dich dort diesem seltsamen Typen praktisch an den Hals wirfst. Du wusstest, dass wir da sein werden. Was sollte das also?“ So, wie er es formulierte, klang es, als wüsste er die Antwort auf diese Frage bereits. Davon ausgehend, dass seine Annahme so überhaupt richtig war. Was sie nicht war. Ich hatte mich Lee nicht „an den Hals geworfen“. „Ich habe mich Lee nicht an den Hals geworfen, wie du es so schön nennst“, zischte ich deshalb prompt, „Wir waren auf einer Hausfeier in Tentens WG, wo er und Neji nun einmal auch wohnen und danach sind wir weiter gezogen. Tut mir schrecklich Leid, dass unsere Disko nun einmal die Beste der Stadt ist“, erklärte ich ihm, obwohl ich das genau genommen nicht einmal musste. Ich war ihm - vor allem ihm - nichts schuldig. Nicht, nachdem er nach unserer Nacht zusammen einfach spurlos verschwunden war. „Du hast mit ihm getanzt, Sakura“, warf er ein und erneut schnaubte ich. „Das hab ich mit dir auch schon, und? Von den gefühlt tausenden Malen ist wie oft etwas passiert? Achja, einmal. Und? Hatte das was zu bedeuten? Nein. Also verschone mich bitte mit deinen Moralpredigten“, gab ich schnippisch zurück. „Das hatte nichts zu bedeuten?“, hakte er nach, die Stirn in Misstrauen gerunzelt. „Nein. Du bist danach spurlos verschwunden und ich habe keine Anstalten gemacht, mit dir darüber zu reden. Also sind wir wohl auf der gleichen Seite des selben Buches. Toll, nicht wahr? Zufrieden? Dann lass' mich jetzt bitte in Ruhe, ich warte auf einen Anruf“, signalisierte ich mein Bestreben, unser Gespräch zu beenden, doch Sasuke schien noch nicht ganz fertig zu sein. Und dann sagte er etwas, was mich in meinen Grundfesten erschütterte. Was mir die Wärme aus dem Körper zog, als wäre ich in eine Badewanne voller Eis getaucht. „Dann bin ich ja erleichtert“, fing er an, beinahe zögerlich, „Ich dachte, ich hätte einen Fehler gemacht. Alkohol und so. Aber wenn es dir auch nichts bedeutet hat, bin ich ja froh.“ Und damit erhob er sich und verschwand tatsächlich in sein Zimmer. Auch. Das war alles, was ich hörte. Wieder und wieder tauchte es in meinen Gedanken auf, wie ein schrecklicher Abgesang. Ich schluckte und kämpfte mit den Tränen. Unbewusst war mir selbstverständlich klar gewesen, was sein wortloses Verschwinden zu bedeuten hatte, aber es zu hören machte es noch bedeutend schlimmer. Mit verschwimmender Sicht entsperrte ich mein Handy und wählte erneut Inos Nummer. Wieder und wieder. Wie ein Ritual. Ich konzentrierte mich übermäßig darauf und darauf, zu trinken, um mich davon abzuhalten, mitten in der Küche zusammen zu brechen. “Hallo?!“ Beim fünften Versuch kam ich endlich zu ihr durch und ihre geschriene Begrüßung entlockte meinen Lungen sämtliche Luft. Endlich. „Ino? Kann ich zu euch. Ich meine, so richtig. Für ein paar Tage. Ich kann nicht mehr“, war alles, was ich hervor brachte. Abgehackte Sätze mit belegter, zitternder Stimme. “Bitte was?! Was zur Hölle ist passiert? Naruto hat mich gerade angesprochen! Ich wollte dich gerade selber anrufen! Wo bist du?“, schrie sie über die Musik hinweg. „Können wir darüber persönlich reden? Bei dir?“, fragte ich und trank erneut einen großen Schluck Wasser, um mich vor einem Nervenzusammenbruch zu bewahren. Für wenige Sekunden war es still am anderen Ende der Leitung – naja, bis auf die Musik im Hintergrund. “Wir treffen uns in einer halben Stunde dort. Ich suche Temari und Tenten. Bis gleich, Süße und Kopf hoch.“ Am anderen Ende piepte es, Ino hatte aufgelegt. Vermutlich beeilte sie sich, die beiden anderen Mädchen zu finden und dazu zu mobilisieren, mal wieder ein Drama á la Sasuke Uchiha zu deeskalieren. Mühsam erhob ich mich vom Tisch, um das Notdürftigste zusammen zu packen, damit ich für eine Weile bei Ino auskam – nicht, dass Klamotten ein wirkliches Thema gewesen wären. Selbst wenn Sasuke etwas gehört hatte, so machte er keine Anstalten, sein Zimmer zu verlassen. Eine Stunde später „Uff.“ Mehr sagte die sonst so wortgewandte Blondine nicht. Ich hatte mit Hinata ungefähr fünf Minuten im Wohnzimmer auf die Mädchen warten müssen, deren Gesichter allesamt ordentlich verschwitzt gewesen waren. Ino hatte sich geistig abwesend in die Unterlippe gebissen, als ihr Blick auf meine kleine Reisetasche gefallen war. Nicht, dass sie mich nicht als Gast haben wollte, ganz im Gegenteil - sie hatte schon öfter versucht, mich dazu zu überreden, eine 4er WG mit den anderen beiden aufzumachen -, aber die Situation zwischen mir und Sasuke hatte innerhalb kürzester Zeit erschreckende Ausmaße angenommen. „Gut zusammen gefasst“, versuchte ich mich an einem halbherzigen Witz. Offenkundig stand mir meine Verzweiflung ins Gesicht geschrieben, denn die Anderen betrachteten mich alle mit diesem grässlich mitleidigen Blick, der alles irgendwie nur noch schlimmer machte. „Weißt du, was ich nicht verstehe?“ Temari fand ihre Sprache als Erste wieder. „Was denn?“, fragte ich sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Wieso zur Hölle macht er so eine Szene, weil du mit Lee getanzt hast, wenn eure Nacht nichts für ihn bedeutet hat? Ich meine, Männer sind manchmal schwierig, ich weiß, aber Sasuke ist jetzt wirklich der Letzte, der eine Szene macht, wenn es dafür keinen guten Grund gibt, versteht ihr was ich meine?“ Inos Gesicht hellte sich schneller auf als der morgendliche Himmel im Sommer. „Das stimmt. Wie war das noch, Sakura? Du hast als Erste gesagt, dass es nichts zu bedeuten hatte, oder? Übrigens halte ich dich dafür immer noch für dämlich, du Esel. Aber darum geht es nicht. Für Sasuke hatte es etwas zu bedeuten, aber das zuzugeben nach deiner Aussage?“ Sie klatschte aufgeregt in die Hände, als hätte sie gerade das Heilmittel gegen Krebs gefunden. „Hört auf“, fiel ich ihnen ins Wort, den Kopf gesenkt. Ich betrachtete meine Hände, welche auf meinem Schoß ruhten. Sie zitterten immer noch leicht. „Ich weiß, ihr meint es nur gut, aber bitte, hört auf damit.“ Es war süß von ihnen, dass sie mir quasi Hoffnungen machen wollten und bei jedem anderen Mann hätte diese Argumentation vielleicht sogar gegriffen, aber nicht bei Sasuke. Er war es einfach nur nicht gewohnt, wenn ich mal jemand anderem Beachtung schenkte und nicht ihm – und das hatte ihm einfach nicht gepasst, ganz wie einem kleinen Kind. Ino seufzte tief und rieb sich die Stirn. Vermutlich machten sich Kopfschmerzen bei ihr bemerkbar, zumindest wäre das kein Wunder nach den Ereignissen des Abends. „Mädels, ich fürchte, ich verabschiede mich damit“, wandte Tenten ein und erhob sich langsam von der Wohnzimmercouch, „Ich fühle mich erschlagen und ich möchte gar nicht wissen, wie es Sakura gerade geht. Wir sollten die Sache für heute sein lassen und morgen weiter machen, wo wir jetzt aufhören. Ich persönlich würde gerade für eine Dusche und eine Mütze voll Schlaf morden.“ Sie lachte, aber es klang nicht so ungezwungen wie sonst. Dennoch kam ich nicht umhin, ihr aus tiefstem Herzen zuzustimmen, wenngleich ich wusste, dass mein Schlaf in dieser Nacht sehr durchwachsen sein würde. „Vermutlich hast du Recht“, stimmte Hinata ihr bei und seufzte ebenfalls tief. Wir sahen alle müde aus, auch wenn die Nacht noch verhältnismäßig jung war. Und so brach Tenten auf, aber nicht, ohne mir vorher eine dicke Umarmung zu verpassen. Die Intensität der unausgesprochenen Worte zwischen uns traf mich wie ein Schlag in die Magengrube und um ein Haar hätte ich doch noch das Weinen angefangen, aber ich riss mich zusammen und schluckte den Kloß in meinem Hals herunter. Bevor sie durch die Tür verschwand drückte sie mir einen kleinen, sauber gefalteten Zettel in die Hand, welcher mich an die kleinen „Liebesbriefe“ oder Kettenbriefe aus der Mittelstufe erinnerte. „Lees Nummer“, flüsterte sie so laut, dass nur ich sie hören könnte und ein schiefes Grinsen umspielte ihre Lippen, ehe sie uns mit einem Augenzwinkern endgültig den Rücken kehrte und verschwand. „Also gut, Mädels. Sakura kann sich im Wohnzimmer häuslich einrichten. Ich würde sagen, dass, solange du uns beehrst, morgens einfach keiner rein geht, bis die Tür nicht offen ist, damit du deine Privatsphäre hast. Wenn alle damit einverstanden sind.“ Temari blickte zwischen Ino und Hinata hin und her, welche ohne Umschweife ihre Zustimmung gaben. „Super, dann verschwinde ich jetzt in die Dusche, ich rieche nach Rauch und Schweiß.“ Sie lachte und hechtete gerade zu ins Badezimmer, bevor Ino ihr die erste Dusche des Abends streitig machen konnte. „Ich bin als nächste dran“, rief sie halb gegen die geschlossene Tür, halb uns entgegen. „Duschen klingt super“, seufzte ich und fühlte, wie die Müdigkeit meine Gedanken langsam aber sicher in Watte hüllte. „Ich war schon, nachdem Neji mich heim gebracht hatte, also alles gut“, erklärte Hinata mit einem schüchternen Lächeln, „Das heißt, ich würde jetzt auch schlafen gehen, wenn das Okay ist.“ Und damit wandte sie sich höflich an mich. „Na klar, ab mit dir. Wir sehen uns ja morgen.“ Ich umarmte sie und stiefelte ins Wohnzimmer, um mir frische Kleider parat zu legen. Ino folgte mir und ließ sich noch einmal auf die Couch fallen. „Was meinst du, wie es weiter geht?“, fragte sie in die Stille herein. Wenn wir zwei alleine waren, konnten wir irgendwie immer besser reden. Wir kannten uns seit dem Kindergarten und egal, wie schlecht es einer von uns beiden ging, wir konnten es der jeweils anderen immer sagen. „Ich meine, selbstverständlich kannst du hier so lange bleiben, wie du möchtest, Süße, aber ich glaube nicht, dass das eine Dauerlösung sein wird.“ Sie rieb sich gedankenverloren das Kinn und starrte auf den ausgeschalteten Fernseher, als könnte dieser ihr einige Antworten liefern. „Gute Frage. Zurück will ich ehrlich gesagt nicht mehr. Das klingt so schrecklich kindisch, ich weiß, aber ich kann Sasuke einfach erst einmal nicht mehr in die Augen schauen, ohne zu riskieren, dass ich anfange zu weinen. Bevor wir telefoniert haben habe ich mir schon ein paar Gedanken gemacht. Vielleicht etwas ganz eigenes und voller Fokus auf das Studium, verstehst du?“, warf ich eine handvoll Ideen in den Raum. Meine Situation fühlte sich so endgültig, wie ein Abschied. Als würde ein wundervoller Teil meines Lebens einfach enden. War ich zu melodramatisch? Definitiv. Letztendlich konnte ich mir dafür nur selbst die Schuld geben. „Wenn du das möchtest, werde ich dich dabei natürlich unterstützen.“ Erneut seufzte sie. „Danke.“ Ich fühlte mich elend. Und müde. „Geh du als nächstes duschen. Ich glaube, du brauchst den Schlaf dringender, als ich“, sprach Ino, als wir vernahmen, wie Temari aus dem Bad kam. „Bin fertig!“, rief sie sogleich und steckte kurz darauf den Kopf ins Wohnzimmer. Ihr sonst so unbändiges Haar klebte ihr förmlich am Kopf, was sie seltsam fremd wirken ließ. Ino schaute mich auffordernd an, sodass ich mich erhob. „Kann ich mir eines eurer Handtücher nehmen?“, fragte ich sie. Eine dämliche Frage, was mir ihr geschnaubtes Lachen verriet. „Du weißt ja, wo sie sind“, antwortete sie mit einem Zwinkern und machte Anstalten, mir aus dem Zimmer zu folgen. Temari verschwand in ihres und Hinatas Zimmer war bereits still. „Wir sehen uns morgen, Süße. Ruh' dich gut aus.“ Sie drückte meinen Arm und schenkte mir ein schiefes, etwas müde wirkendes Lächeln. „Danke“, wiederholte ich, wohl wissend, dass sie das Ausmaß der Bedeutung dahinter verstand. „Für dich? Immer.“ Und damit verschwand sie in ihr Zimmer und überließ mich meinen Gedanken. Die Luft im Badezimmer war schwül, obgleich Temari das Fenster einen Spalt weit geöffnet hatte, um den Dampf abzulassen. Von draußen wehten aufgeregte Stimmen junger Menschen heran, welche wahrscheinlich auf dem Weg zum Feiern waren – oder von einer Feier nachhause. Zielsicher lief ich zu dem kleinen Schrank unterhalb des Waschbeckens, um mir eines der unzähligen Handtücher zu schnappen, die darin verstaut waren. Der weiche Frottee fühlte sich angenehm zwischen meinen Fingern an. Ich konnte es kaum erwarten, aus den verschwitzten Klamotten des Abends zu schlüpfen, weswegen ich keine Zeit vergeudete und so schnell wie möglich unter die Dusche hüpfte. Das warme Wasser auf meiner Haut war angenehm und wenngleich es meine Muskeln zu entspannen vermochte, konnte es die innere Angespanntheit nicht lösen. Dennoch fühlte ich mich erfrischt, als ich das Wasser abdrehte und mich in das weiche Handtuch hüllte. Zum ersten Mal hatte ich keine Scham, einfach so, nur in ein Handtuch gekleidet, aus dem Badezimmer zu spazieren, doch bevor ich in mein vorläufiges Quartier verschwand, klopfte ich noch leise an Inos Tür, um ihr zu Verstehen zu geben, dass sie nun auch noch duschen konnte. Es fühlte sich seltsam an, nicht in meinem eigenen Zimmer zu sein, aber nicht auf eine negative Art. Während ich in meine Schlafkleidung schlüpfte, suchte ich nach der Fernbedienung für den Fernseher – ich brauchte definitiv etwas Leises im Hintergrund, was mich in den Schlaf berieseln konnte. Ohne große Hoffnung blickte ich auf das Display meines Handys, aber wie erwartet waren dort keine Nachrichten zu sehen. Naruto war vermutlich noch unterwegs und Sasuke... ja, Sasuke interessierte das Ganze schlichtweg nicht. Für einen Moment überlegte ich, Lee eine Nachricht zu schreiben, mich für den Auftritt zu entschuldigen, doch ich ließ es bleiben – dafür fühlte ich mich einfach zu erschlagen. Lustlos schmiss ich das Smartphone neben mir auf die Couch und verkroch mich unter eine Decke, während ich durch das Abendprogramm im Fernseher zappte. Hängen blieb ich bei einer Sitcom, deren Namen ich nicht kannte. Ich schaffte es noch, die halb angefangene Folge zu beenden, ehe ich in einen unruhigen Schlaf überglitt. Der nächste Morgen Die Regel mit der geschlossenen Tür war bereits neun Stunden später vom Tisch, denn Ino und Temari platzten mit übertrieben guter Laune ins Wohnzimmer, um mich aus dem Schlaf zu reißen. „Was zum Henker ist denn jetzt los?“, gähnte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Ich hab' meine Brüder dazu überreden können, mit uns frühstücken zu gehen, also hopp hopp!“, scheuchte Temari mich. Meine Stimmung hob sich prompt an – ihre Brüder waren ziemlich cool und ich hatte Gaare und Kankuro schon lange nicht mehr gesehen. Wir hatten das Thema zwar gestern erst, dass sich aber so schnell eine Möglichkeit ergeben würde, hatte ich nicht zu hoffen gewagt. „Darf ich mir zumindest die Zähne putzen?“, erkundigte ich mich ironisch und Temari rollte gespielt genervt mit den Augen. „Ausnahmsweise.“ Und schon war sie wieder weg. Lachend schnappte ich mir meinen Kulturbeutel aus meiner Reisetasche und verschwand ins Bad, um mich zu erfrischen. Innerhalb von zwanzig Minuten war die gesamte Mannschaft fertig und wir waren bereit, aufzubrechen. „Kommt Tenten auch?“, fragte ich in die Runde. „Jep, habe ihr schon geschrieben, sie macht sich schon auf den Weg in die Innenstadt. Wir treffen uns dort mit ihr und meinen Brüdern“, gab Temari prompt zurück. So euphorisch hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Sie war eine grundsätzliche Frohnatur, genau wie Naruto, nur dass ihre sich nicht ganz so penetrant äußerte. Sie liebte ihre älteren Brüder abgöttisch, seit diese aber aus der Stadt gezogen waren, sah selbst sie nur noch selten. „Die chaotische Energie zwischen dir und Kankuro ist das, was ich gerade brauche“, bemerkte ich lachend und stupste die Blondine freundschaftlich in die Seite. „Ich nehme das jetzt mal als Kompliment, Haruno“, lachte sie und schüttelte den Kopf, was ihre wilde Mähne hin und her fliegen ließ. Der Weg in die Innenstadt war dank der herausragenden Lage der WG kaum länger als zehn Minuten und diese verbrachten wir mit albernem Geplänkel. Bis jetzt hatte ich es tunlichst vermieden, auf mein Handy zu schauen, wenngleich ich es das ein oder andere mal hatte vibrieren spüren. Ich hatte zu gute Laune, um mir diese jetzt mit einer Diskussion mit Naruto zu verderben, nicht, dass er etwas für die ganze Sache konnte. Trotzdem stand das Frühstück erst einmal im Vordergrund und im Gedanken ging ich bereits durch, was ich mir bestellen würde. Schon bald tauchten Tentens unverwechselbare Pandazöpfchen in unserem Blickfeld auf. Obwohl die Stadt bereits gut gefüllt war, war sie einfach nicht zu übersehen. Neben ihr standen zwei große Männer, ganz eindeutig Temaris ältere Brüder. Wir begrüßten sie nacheinander und zogen sie in überschwängliche Umarmungen, welche sie mit scherzhaften Kommentaren quittierten. „Lange nicht gesehen“, grinste ich die beiden an. Ich war bisher erst einmal auf einer Feier gewesen, auf der auch Kankuro mit Anwesenheit geglänzt hatte und meine Erinnerungen an jene waren nur positiv. Ich hatte davor und seither selten so viel Spaß gehabt. Der Mann mit den braunen Haaren wusste definitiv, wie man die Stimmung zum kochen brachte. „Ihr könntet uns ja auch einmal besuchen, nur so als Vorschlag“, antwortete er mit einem süffisanten Grinsen. „Sag' das doch mal meinem Stundenplan“, schlug ich ihm vor und er lachte. „Du hast dir Medizin ausgesucht, selber Schuld“, schoss er augenzwinkernd zurück. „Wohl wahr“, seufzte ich theatralisch. „Als allererstes brauche ich einen Kaffee. Und zwar einen großen. Da ich aus irgendeinem Grund früher wach bin, als ich es normal gewesen wäre“, wechselte ich das Thema, meine Stimme durchtränkt von Sarkasmus und mein Blick wanderte zwischen Ino und Temari hin und her, welche pfeifend so taten, als hätten sie nichts gehört oder gesehen. „Dich hat sie also auch geweckt?“, mischte Gaara sich ein, während wir uns gesammelt auf den Weg zum Studentencafé machten. „Auch?“, hakte Tenten nach, „Ich dachte, ich wäre die Einzige, die sie aggressiv aus dem Bett geklingelt hätte.“ Sie warf unserer großen Freundin einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu, doch diese hüstelte nur gekünstelt. „Pff, das ist noch harmlos, bei mir ist sie direkt ins Zimmer gestürmt und hat mich praktisch aus den Federn geworfen“, konterte ich. „Warte, ihr wohnt jetzt zusammen?“, warf Kankuro verwundert ein und ich spürte, wie mir unangenehm warm wurde. „Äh...“, gab ich nur von mir und fühlte mich ziemlich dumm. „Spontane Übernachtung. Wir waren gestern zusammen feiern. Wir sind geschlossen hin und wollten ausnahmsweise mal geschlossen nachhause“, log Hinata blitzschnell mit einer Abgebrühtheit, die uns Mädchen komplett kalt erwischte. Jede von uns versuchte, sie nicht anzustarren, wie ein Marsmännchen und jede von uns sah absolut lächerlich dabei aus. Ich hatte wahrlich mit vielem gerechnet, nur damit nicht. „Pyjama Party, huh? Da wäre ich gern dabei gewesen“, fügte Kankuro zwinkernd hinzu, was seinen Bruder dazu veranlasste, mit den Augen zu rollen. „Du bist schlimm“, sagte er nur. Wir hatten noch immer nicht verarbeitet, was sich gerade abgespielt hatte, aber Kankuro schien Hinatas Geschichte abgekauft zu haben. Zumindest ließ er es sich absolut nicht anmerken, sollte es nicht der Fall sein. Kurze Zeit später hatten wir es uns auf der Terrasse des Studentencafés gemütlich gemacht und unsere heißen Getränke bereits bestellt, als Kankuro ein ganz anderes Thema anschnitt. „Temari hat uns genervt, dass wir wieder mal zusammen feiern gehen müssen. Wir sind heute bereits auf eine kleine Privatgesellschaft eingeladen, aber wie sieht es bei euch nächste Woche aus? Bei uns in der Garage?“, schlug er vor und nahm einen ordentlichen Schluck von seinem Cappuccino. „Sind unsere Eltern etwa unterwegs? Davon haben sie mir gar nichts erzählt“, schnaubte Temari. „Tja, das hat man davon, wenn man das ungeliebte Kind ist“, stichelte Kankuro und erntete dafür einen unsanften Rempler, welcher ihn fast aus dem Stuhl gehoben hätte, „Hey, hey, ganz ruhig, das war doch nur ein Scherz“, lachte er, nachdem er sein Gleichgewicht wieder gefunden hatte. „Ich finde die Idee gut“, warf ich ein, um die beiden bei ihrem geschwisterlichen Geplänkel zu unterbrechen, „Kommst du dann auch wieder, Hinata?“ „Kann ich „nein“ sagen?“, entgegnete sie mit einem milden Lächeln. „Auf keinen Fall!“ Kankuro wirkte entrüstet, dass das dunkelhaarige Mädchen überhaupt eine derartige Frage stellte. „Die Feiern in unserer Garage sind legendär. So eine zu verpassen zählt als Todsünde in manchen Ländern.“ Hinata lachte ein ehrliches Lachen und gab sich damit geschlagen. „Dann komme ich auch.“ „Super“, jauchzte Ino und legte den Arm um die Schulter der Hyuuga, „Ach, aber tut uns einen Gefallen. Und stellt bitte keine Fragen dazu. Ich weiß, ihr könnt gut mit Sasuke und Naruto, aber ladet sie nicht ein. Bitte?“ Gaara zog erstaunt seine schmalen Augenbrauen nach oben. Er mochte vor allem Naruto sehr gerne, wenngleich er das niemals - nicht einmal unter Gewaltandrohung - zugeben würde. Dennoch respektierte er Inos Bitte und ließ das ganze unkommentiert. „Äh... ich schätze schon?“ Der Braunhaarige wirkte ebenso verwirrt, aber auch er ließ das Thema unter den Tisch fallen. In dem Moment klingelte mein Handy. Die Nachrichten hatte ich gut ignorieren können, aber nachdem alle Anwesenden mich anstarrten, konnte ich schlecht so tun, als würde ich nichts hören. Deswegen stand ich seufzend auf und entschuldigte mich für einen Augenblick. „Kannst du für mich mitbestellen, Ino?“, fragte ich sie und deutete auf das zusammengestellte Frühstück, welches ich wollte. Sie nickte nur und versuchte angestrengt, nicht zu bedrückt auszusehen. Zu meinem großen Erstaunen war es Sasuke, der mich anrief und nicht Naruto, doch ich würde lügen, würde ich behaupten, dass es mir damit besser ging. Seine Stimme zu hören war das Letzte, was ich wollte. „Ja?“ Ich berief mich darauf, mich möglichst kurz zu halten, um meiner Stimme gar nicht erst die Möglichkeit zu geben, zu versagen. Der Kloß in meinem Hals wuchs beängstigend schnell mit dem Schweigen Sasukes. „Was willst du?“, fragte ich, als mir die Stille zu unangenehm wurde. “Wo bist du?“ „Nicht zu Hause, Sherlock“, antwortete ich gespielt locker und lachte trocken. “Schon klar. Aber wieso sind deine ganzen Sachen aus dem Badezimmer weg? Und deine Tür abgeschlossen?“, hakte er nach. Zögernd biss ich mir auf die Unterlippe und überlegte fieberhaft nach einer glaubhaften Ausrede. Meine letzten drei funktionierenden Gehirnzellen verweigerten aber im denkbar schlechtesten Zeitpunkt die Arbeit und so fing ich an, irgendetwas Unverständliches in mein Handy zu stammeln. “Haruno, was zur Hölle ist los?“ Sasuke wirkte ziemlich verstimmt, etwas, was mir zumindest den Hauch von grimmiger Zufriedenheit schenkte. „Ich habe bei Ino und den anderen übernachtet und wollte einfach nicht, dass ihr in mein Zimmer geht. Was ist daran so schlimm?“ Ich atmete möglichst leise auf, wieder halbwegs Herrin über meine Fassung. “Also kommst du heute zurück? Naruto geht mir offen gesagt ziemlich auf die Nerven wegen dir.“ Ein eher durchsichtiger Versuch, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. „Ich fürchte, das weiß ich noch nicht, ich habe heute Abend noch eine Verabredung“, ich betonte das Wort besonders, „und eigentlich bin ich euch nicht einmal eine Rechenschaft schuldig. Tut mir also Leid, aber viel Spaß mit Naruto“, fügte ich übertrieben euphorisch hinzu und legte auf, bevor er die Gelegenheit hatte, zu antworten. Da ich allerdings nicht albern wirken wollte, tippte ich noch ein schnelles Sorry, aber bin gerade mit den Mädels frühstücken! ab und schickte es an den Uchiha. „Alles okay?“, fragte Tenten vorsichtig, nachdem ich mich wieder zu ihnen gesetzt hatte. „Ja, alles klar. Sasuke beschwert sich nur, dass Naruto nervt, der übliche Kram.“ Ich zog eine vielsagende Grimasse. „Er war doch gestern auch unterwegs, wie kann er schon wieder auf den Beinen sein?“, fragte Ino und man sah ihr an, wie sie versuchte, sich vorzustellen, nur wenige Stunden nach einer Feier schon wieder wach und darüber hinaus in der Lage zu sein, jemanden auf den Nerv zu fallen. „Frag' mich nicht, woher er die Energie nimmt, ich weiß es nicht“, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß und zuckte mit den Schultern, „Wo waren wir stehen geblieben?“ „Bei der Feier nächste Woche“, erinnerte Temari mich, „Wir haben uns schon auf Freitag geeinigt. Und grob einen Kreis an Leuten eingekreist, der kommt. Darunter Tentens' Jungs-“ „Das sind nicht meine Jungs“, unterbrach die Brünette sie, erntete dafür aber nur ein Abwinken seitens Temari. „Ich werde Shikamaru mitnehmen und der Rest der Gästeliste wird von Kankuros und Gaaras Leuten aufgefüllt“, schloss sie. „Klingt gut“, sagte ich und trank einen Schluck von meinem mittlerweile nicht mehr ganz heißen Kaffee. Vor lauter Gerede hatte ich fast das Trinken vergessen. Gott sei Dank war ich durch meine intensiven Lernnachmittage an lauwarmen oder gar kalten Kaffee gewohnt. „Wir machen später eine Gruppe auf, da laden wir alle Leute ein, der Rest wird sich darüber dann schon regeln“, erklärte mir Kankuro und ich nickte, während ich weiter an meinem Kaffee nippte. Ich freute mich jetzt schon auf den Abend, nur beschloss ich insgeheim, dieses Mal nicht den Fehler zu machen, weiter zu ziehen. Vor allem nicht in „unsere“ Disko. Innerlich notierte ich mir, den Mädels davon zu erzählen. Kurz darauf kam unser Frühstück und beim Anblick meines hübsch angerichteten Tellers zog sich mein Magen willkürlich zusammen. Bis dahin hatte ich gar nicht realisiert, wie hungrig ich eigentlich war, aber nun machte ich mich buchstäblich über das leckere Essen her. Gott sei Dank war ich damit nicht alleine und wir zogen uns gegenseitig mit unserem beinahe animalischen Appetit auf. Den Rest des Morgens verbrachten wir mit Kaffee trinken und Gesprächen. Kankuro erzählte uns von seiner Arbeit und Gaara von seinem Studium, wenngleich keine von uns wirkte, als würden wir großartig viel verstehen. Das hielt zumindest den Brünetten jedoch nicht davon ab, in einer Tour weiter zu reden und ich musste gestehen, dass seine gute Laune ansteckend war. Als wir in der WG zurück waren, war es bereits früher Mittag. „Deine Brüder sind echt was Besonderes“, foppte ich Temari, aber sie wusste, wie es gemeint war. „Ja, besonders ist das Wort, das ich auch benutzen würde“, pflichtete sie mir grinsend bei, „Ich packs' dann aber mal. Shikamaru und ich sind noch verabredet“, fügte sie hinzu und verschwand relativ schnell wieder. Ich hingegen ließ mich auf die Couch fallen und angelte mein Handy aus der Hosentasche, während ich den obersten Knopf meiner spürbar enger sitzenden Hose öffnete. Ich hatte es mal wieder übertrieben. „Zu viel essen“ war allerdings ein Fehler, aus dem ich niemals schlau werden würde, vermutlich. Nachdenklich kramte ich den kleinen Zettel, welchen Tenten mir gestern gegeben hatte, aus meiner Reisetasche und speicherte Lees' Nummer in mein Handy ein. Hey, Sakura hier. Ich wollte mich noch für den seltsamen Auftritt von meinem Mitbewohner entschuldigen. Er kann manchmal etwas... speziell sein. Ich tippte die Nachricht fünf Mal neu ein, ehe ich sie abschickte. Die Antwort kam erschreckend schnell. Fast, als hätte er ruhelos darauf gewartet, dass ich ihm schreibe. Kein Problem, haha und kurz darauf Hast du die Woche mal Zeit?. Für einen Moment zog ich ernsthaft in Erwähnung, etwas mit ihm zu unternehmen, aber nachdem ich letzte Woche eher weniger gelernt hatte und ich keinesfalls zurück fallen wollte, schrieb ich ihm ein Sorry, aber diese Woche ist schlecht. Ich will mit dem Stoff nicht hinterher hängen und aktuell häuft der sich gewaltig. Aber Temaris Brüder veranstalten am Wochenende eine Garagenfeier zu der sie dich einladen wollten. Weiß nicht, ob Tenten dir das schon geschrieben hat zurück. Oh, cool. Nein, hat sie nicht. Aber wird sie mir später bestimmt noch selber sagen. Dann sehen wir uns also am Wochenende? Ja, genau, antwortete ich ihm und kam nicht umhin, ein wenig zu grinsen. Spitze! Dann will ich dich gar nicht weiter stören. Viel Erfolg beim Büffeln!!! ;) Lachend warf ich mein Handy zur Seite und ließ mich zurück in die Kissen sinken. Trotz des schlechten gestrigen Abends fühlte ich mich leicht, fast schon beschwingt. Ich freute mich richtig aufs nächste Wochenende. Der Freitag darauf Ganz im Gegensatz zur vergangenen Woche, verging diese wie im Flug. Der Sonntag nach dem desaströsen Abend war unangenehm gewesen, um es milde auszudrücken. Ich war für eine Stunde in meiner eigenen WG gewesen, um den Jungs zu erklären, dass ich vorerst auf Abstand bleiben würde. Naruto hatte sich total aufgeregt und wollte meine Erklärung diesbezüglich nicht hinnehmen, Sasuke hingegen hatte die ganze Zeit über beharrlich geschwiegen und mich mit einem Blick gemustert, der in Retrospektive ziemlich gruselig war. Und danach war die totale Funkstille zwischen uns eingetreten, etwas, was wir seit der Mittelstufe nicht mehr hatten. Abgesehen davon war aber alles erstaunlich reibungslos verlaufen. Die Vorlesungen waren größtenteils spannend gewesen, die Nachmittage hatten die Mädels und ich damit verbracht, mit Kankuro und Gaara die Party zu planen. Das ganze Unterfangen hatte zwischenzeitlich derart größenwahnsinnige Ausmaße angenommen, dass wir einen Nachmittag nur damit beschäftigt waren, über die geplanten Aktivitäten zu streiten, weil es davon schlichtweg zu viele gab. Ultimativ brach der Abend aber natürlich an und alle waren mit der Planung zufrieden. Die ursprüngliche Truppe, welche auch beim Frühstück vertreten war, hatte sich einige Stunden vor Beginn der Feier vor der Garage der Sabakunos versammelt, um ausgedehnt zu grillen. Die Stimmung war dementsprechend ausgelassen, als die ersten Gäste eintrafen, unter ihnen auch Lee. Er begrüßte mich mit einer stürmischen Umarmung, mit welcher er mich halb vom Boden riss. „Wie war deine Woche, fleißiges Streberlein?“, fragte er und grinste von Ohr zu Ohr. Sein Lächeln war fast so ansteckend, wie Narutos. „Mühselig, aber jetzt ist ja Wochenende – Gott sei Dank!“, antwortete ich lachend, „Und deine?“ „Da ich dich nicht gesehen habe, ziemlich langweilig“, gab er mit einem kecken Zwinkern zurück. Wir hatten die Woche über immer mal wieder miteinander geschrieben, aber die Planung der Party und Uni hatten mich zu sehr in Atem gehalten, um noch ein Treffen mit ihm unterzubringen, weswegen ich mich nun etwas unwohl in meiner Haut fühlte. „Hey, Lee, perfektes Timing!“, rief Tenten uns zu, „Du kannst uns helfen, die ersten Kästen aus dem Keller zu schleppen!“ Der Angesprochene ließ sich nicht zweimal bitten und folgte seiner Mitbewohnerin prompt ins Haus. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich beim Abräumen des Tisches nützlich zu machen. „Lee scheint ganz schön vernarrt in dich zu sein“, flüsterte Ino mir zu, während wir, die Arme voll mit benutztem Geschirr, in die Küche liefen. „Findest du?“ Ich blickte nachdenklich auf die Teller in meinen Händen, „Ich kann das nicht einschätzen, ich bin es nicht gewohnt, dass ich einmal nicht um Aufmerksamkeit buhlen muss“, fügte ich lachend hinzu. „Naw, Sakura, das ist unfair. Ich glaube, niemand hat je so viel Glück mit Sasuke gehabt, wie du. Und vielleicht Naruto.“ Das stimmte allerdings. Auch, wenn wir gerade nicht gut miteinander auskamen – oder eher ich nicht mit ihm -, so musste ich doch zugeben, dass ich eine der sehr limitierten Anzahl von Menschen bin, mit welcher Sasuke von sich aus eine Konversation begann. „Stimmt schon, stimmt schon. Aber trotzdem. Ich denke nicht, dass Lee „vernarrt“ in mich ist. Wir kennen uns ja eigentlich erst eine Woche“, argumentierte ich, „Außerdem... nur, weil Sasuke ein Dämlack ist und ich ungesunde Entscheidungen treffe, heißt das nicht, dass ich einfach so nichts mehr von ihm will. Schön wär's, dann hätte ich die ganze Sache vermutlich schon vor Jahren einfach aufgegeben...“, schloss ich seufzend. „Das wird schon alles wieder, vertrau mir. Auch wenn ich sagen musst, dass du eine Bereicherung für unsere WG bist. Vor allem für Hinata. Die Arme tut mir manchmal wirklich Leid, mit zwei so chaotischen Ladies wie Temari und mir“, scherzte sie. Als hätte Ino sie mit der Erwähnung beschworen, tauchte Hinata auf und hinter ihr waren Tenten und Lee. „Braucht ihr noch Hilfe?“, fragte die Hyuuga. „Nein, danke“, wandte Ino ein, „Spülmaschine sei Dank.“ „Gut, wir sind auch fertig. Der Rest müsste langsam auftauchen. Jemand Lust auf eine schnelle Runde Basketball?“ Lee schien sofort Feuer und Flamme, doch von uns Mädchen wirkte keine so recht begeistert. Ich war – mal wieder – bis obenhin voll mit Essen und der Gedanke alleine, mich jetzt körperlich zu betätigen, lies mir ein wenig übel werde. „Ich bin raus, sorry“, entschuldigte ich mich und Hinata und Ino stimmten mir postwendend zu. „Langweiler.“ Tenten streckte uns provokant die Zunge raus und zog statt uns einfach Lee mit sich. Wir verkrümelten uns stattdessen in die geöffnete Garage, auf eine der alten Couchen, welche wir extra zu diesem Zweck hierher geschafft hatten. Sie hatten allesamt lederne Bezüge, welcher an einigen Stellen derart durchgesessen war, dass der Stoff bereits abblätterte, doch an ihrer Gemütlichkeit hatten sie nichts eingebüßt. Wir schauten den beiden Sportfanatikern bei ihrem leidenschaftlichen eins gegen eins zu und feuerten sie an, was sie nur noch aufgedrehter werden ließ. Als Neji einige Minuten später auftauchte, war Tentens Gesichtsfarbe der einer Tomate nicht unähnlich und auch Lee schien erhitzt von all dem Gerenne. Auch er schaute den beiden kurz zu, ehe er sich zu uns gesellte und uns der Reihe nach begrüßte. „Wieso spielen die Basketball vor einer Feier? Die beiden sehen jetzt schon fertig aus“, stellte er trocken fest. „Frag' mich nicht, vielleicht zur Verdauung, wir haben ja gegrillt“, schlug Ino achselzuckend vor, „Wieso bist du eigentlich nicht mit Lee gekommen?“ „Wollte noch was für die Vorlesungen nächste Woche vorbereiten. Morgen habe ich dazu wahrscheinlich wenig Lust und Sonntag... ist halt Sonntag“, schloss er lahm. „Klingt plausibel. Ich wünschte, ich hätte diese Disziplin“, seufzte ich und lehnte mich zurück. Ich war noch immer papp satt und fühlte mich dröge. „Studierst du nicht Medizin? Muss man dafür nicht diszipliniert sein?“, hakte er nach und schenkte mir einen verwirrten Blick. „Schon“, begann ich langsam und grübelte für einen Moment, „Ist ja auch nicht so, als würde ich nichts machen. Ich bin mit dem Stoff sehr gut dabei, tatsächlich, aber naja, die letzten zwei Wochen waren irgendwie nichts“, lachte ich halbherzig und zog eine leidende Grimasse. „Ach, das kennt glaube ich jeder Student. Das wird schon wieder, glaub mir. Solange du nicht komplett hinterher fällst“, beruhigte er mich. Er war schon ein paar Semester voraus und hatte dementsprechend mehr Erfahrung mit dem Studium. Wenn er das also sagte, musste es schon stimmen. Es war ja auch nicht so, als würde mir das Medizinstudium kein Spaß machen – im Gegenteil. Die ersten Semester waren quasi pure Büffelei von Theorie und darin war ich stets herausragend gewesen – auch wenn man natürlich Schule nicht mit der Uni vergleichen konnte. Das Pensum war ein ganz anderes. Mit einem herzhaften Gähnen zog ich mein vibrierendes Handy aus der Hosentasche. Fünf ungelesene Nachrichten, alle von Sasuke. Was wohl los war, wenn er so viele Nachrichten schickte? „Was ist denn los?“, fragte mich Hinata, die direkt bemerkt hatte, dass etwas nicht stimmte. „Sasuke. Er hat mir fünf Nachrichten geschickt, warte kurz...“, hielt ich sie hin, während ich mein Display entsperrte. Hey, ich weiß, du willst aktuell aus irgendeinem Grund deine Ruhe haben, aber Naruto und ich bleiben heute zuhause. Wir wollten dich fragen, ob du mit uns ein paar Trashfilme schauen willst. Du weißt ja, wie Naruto auf die abfährt... Sakura? Ignorierst du mich jetzt? Meld' dich einfach. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen und ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, weswegen ich mein Handy einfach direkt an Ino weiter gab. Hinata lugte prompt über deren Schulter und las mit. „Oh. Mein. Gott.“ Das war alles, was die Blondine hervor brachte. „Du gehst auf keinen Fall.“ Sie durchbohrte mich sofort mit einem glühenden Blick. „Gaara und Kankuro sind so selten in der Stadt, du darfst heute Abend auf keinen Fall verpassen. Du weißt ja, was Kankuro gesagt hat, in manchen Ländern zählt das als Todsünde!“, mahnte sie mich und ich war nicht ganz sicher, ob es ernst gemeint oder halb scherzhaft war. „Schon klar, das hatte ich auch nicht vor.“ Ich rollte mit den Augen. Für was für eine miese Freundin hielt sie mich, dass ich all die Leute hier jetzt für Sasuke stehen lassen würde? Wenngleich ich zugeben musste, dass es schon verlockend war... „Und wenn sie sie einlädt?“, warf Hinata ein. Wie immer war sie die Vernünftigste. Naja, fast immer. Beim Frühstück hatte sie ja eine ganz andere Seite von sich gezeigt – etwas, was der Rest von uns noch immer nicht ganz verarbeitet hatte. Fragend blickte ich Ino an. Sie schien kurz mit dem Gedanken zu spielen und zuckte schlussendlich mit den Schultern. „Ich würde aber erst Kankuro und Gaara fragen. Die beiden haben sicher nichts dagegen, sie mögen die Jungs, aber trotzdem, der Höflichkeit halber“, fügte sie erklärend hinzu und ich nickte. „Alles klar, gute Idee, bin gleich wieder da!“ Und damit sprang ich mit neu gefundenem Elan von der Couch und suchte nach den beiden Brüdern, welche vermutlich noch letzte organisatorische Dinge im Haus abklärten. „Hey“, begrüßte ich die beiden, „bei uns hat sich was Neues ergeben“, begann ich ohne Umschweife, „Wäre es für euch in Ordnung, wenn wir Sasuke und Naruto doch noch einladen?“ Ich grinste verlegen und die beiden tauschten einen verwirrten Blick. Einmal mehr bewiesen sie, dass sie schwer in Ordnung waren, denn sie stellten wieder keine Frage bezüglich des Themas. Schon beim Frühstück hatten sie unsere Bitte, die beiden nicht einzuladen, ohne Weiteres hingenommen. „Klar, gerne“, antwortete Gaara als Erstes und Kankuro zuckte ebenfalls nur mit den Achseln. „Je mehr, desto besser, nicht wahr?“ „Naja“, wandte Gaara ein, „Dieses Motto hätte uns vor drei Tagen noch über hundert Gäste beschert.“ „Das war jetzt aber nicht alleine meine Schuld“, konterte Kankuro defensiv und hob die Hände hoch, als könnte er seine Aussage damit validieren. „Das hat auch niemand gesagt...“, seufzte Gaare und schüttelte den Kopf, ehe er sich wieder mir zu wandte. „Lad' sie ein.“ „Seid ihr euch absolut sicher?“, hakte ich kichernd nach und der Brünette nickte lachend. „Alles klar, super, danke!“ Ich zwinkerte den beiden zu, ehe ich wieder zu den Mädels und Neji joggte. „Erlaubnis eingeholt“, rief ich ihnen entgegen und reckte beide Daumen nach oben. Mit einem theatralischen Seufzer ließ ich mich wieder neben Hinata und Ino fallen, während ich erneut mein Handy in die Hand nahm. Hey, sorry, jetzt erst gelesen. Wir sind bei Temari. Kankuro und Gaara sind in der Stadt. Garagenfeier. Ihr seid hiermit offiziell eingeladen! :) „Jetzt bin ich aber gespannt“, gestand Ino und starrte mit einer Intensität auf mein Smartphone, als könnte sie dadurch irgendwie beeinflussen, wie schnell Sasuke reagierte. Normal dauerte das nie lange, was schlichtweg daran lag, dass er selbst es hasste, wenn ihm jemand Stunden später erst antwortete. „Nicht nur du“, entgegnete ich und schaute abwesend in Richtung der beiden Sportskanonen, die sich noch immer verausgabten, wenn auch deutlich entspannter und weniger laut. Es dauerte tatsächlich keine zwei Minuten, ehe ich eine Antwort erhielt. “Sind gleich unterwegs.“ Wortlos hob ich das Handy hoch und zeigte den beiden Mädchen die Antwort. „Jetzt bin ich erst recht gespannt“, wiederholte Ino und lachte dabei. Hinata hingegen lief hochrot an, wie immer, wenn sie wusste, dass sie mit Naruto aufeinander treffen würde. Und wer weiß, vielleicht konnten wir heute Abend, in einem deutlich kleineren Kreis, etwas ins Rollen bringen? Ich schenkte Ino ein verschmitztes Grinsen und sie schien sofort zu verstehen, was ich damit andeuten wollte. Eine Stunde später So langsam wurde ich nervös. Sasuke und Naruto waren noch immer nicht da und der größte Teil der Abendgesellschaft war bereits eingetroffen und amüsierte sich prächtig. Immer und immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich meine Aufmerksamkeit dem geöffneten Garagentor widmete, statt Tenten bei ihrem überlebenswichtigen Super Smash Match gegen Neji anzufeuern. Ungeduldig starrte ich auf mein Handy und überlegte, wie genau ich mich jetzt überhaupt verhalten sollte. Immerhin hatte Sasuke den ersten Schritt gemacht – irgendwie. Hatte Ino vielleicht doch Recht gehabt und ich hatte mir letzte Woche ein Eigentor geschossen, als ihm gesagt hatte, dass unsere Nacht unbedeutend für mich gewesen war? „Alles okay, Sakura?“ Lee hatte sich gebückt, damit sein Gesicht in meinem Blickfeld auftauchte. „Oh... Oh, ja, natürlich. Mir geht’s Bestens. Ich warte nur auf jemanden“, erklärte ich ihm und lächelte sanft. Sasukes Einfluss auf mich war zum Verrückt werden, mein Magen fühlte sich an, als wäre er mit Bienen und Schmetterlingen gefühlt. „Kann ich kurz mit dir reden? Ich meine... draußen?“, fragte er mich und wandte auf einmal den Blick ab. Ich konnte schwören, einen roten Schimmer auf seinen Wangen zu entdecken, doch ich schob den Gedanken beiseite. „Klar.“ Ich folgte ihm an den kleineren Grüppchen mir größtenteils unbekannter Gesichter vorbei nach draußen. Auch hier hatten wir einige Sitzmöglichkeiten aufgestellt, welche restlos belegt waren, sodass wir ein Stück die Straße hinab liefen. Die laue frühsommerliche Luft war angenehm und roch nach Holzkohle und Fleisch. „Also, was gibt es denn?“ Ich stupste ihn freundschaftlich an und Lee kratzte sich, anscheinend extrem verlegen, am Hinterkopf. „Ach, weißt du, jetzt wo wir hier so laufen, fühle ich mich irgendwie dumm, weißt du...“ Er seufzte tief und kickte einen kleinen Stein mit seinen Füßen vor sich her. „Nein, ich weiß nicht, was ist denn los?“, hakte ich nach und blieb stehen. Wir waren ein ganzes Stück vom Haus der Sabakunos entfernt, aber man konnte das Gelächter und Geplauder immer noch ein wenig hören. „Ich wollte dich fragen... Naja, wegen letztem Freitag... Was mit dir und Sasuke eigentlich genau vor sich geht?“ Er wich meinem Blick nicht direkt aus, aber er schien einen Punkt oberhalb meiner Schulter zu fixieren. Auf einmal klopfte mir das Herz bis zum Hals, nur wusste ich nicht, ob ich mich erwischt oder peinlich berührt fühlen sollte. Oder ob mein Herz einfach immer noch genauso durchdrehte, wenn ich an Sasuke dachte, wie vor dem ganzen Drama. „Wieso fragst du?“, wich ich seiner Frage aus und es war unfair, ich weiß, aber ich konnte nur sehr schwer über dieses Thema reden, selbst mit den Mädels. „Naja, weißt du, das klingt jetzt vielleicht noch viel dümmer, aber ich fand es ziemlich cool, dich letzte Woche getroffen zu haben und...“ Selbst einige Schritte von ihm entfernt konnte ich vernehmen, wie er tief Luft holte, „Irgendwie bin ich schockverliebt.“ Ich verlor selten die Kontrolle über meine Gesichtszüge und noch seltener fehlten mir die Worte, aber diese vier Worte schafften beides geradezu mühelos. Hatte ich mich gerade verhört? „Ähm...“ So recht wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Nicht, dass ich Lee nicht nett fand, ganz im Gegenteil, aber damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. „Oh Gott, es tut mir so Leid, aber ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, ich...“ Ich stockte. „Aber, ich meine... Ich... also, ja. Es tut mir Leid, aber ich fürchte ich empfinde wirklich etwas für Sasuke. Zu viel, um mich auf jemand anderen einlassen zu können.“ Er verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen. „Schon okay, so etwas hatte ich mir schon gedacht. Aber ich wollte es dir trotzdem gesagt haben.“ Jetzt fühlte ich mich richtig schlecht. So richtig, richtig schlecht. „Nein, alles gut, danke, wirklich. Aber ehrlich, es tut-“ „Das muss es nicht“, unterbrach er mich mit einem Lächeln, dass eine Spur zu dick war. „Lass uns einfach zurück gehen und einen schönen Abend haben, okay?“ Er zwinkerte und wirkte alles in allem sehr gefasst. Wir kannten uns ja auch erst eine Woche, technisch gesehen. Irgendwie wusste ich nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte, deswegen schwieg ich einfach. Der Rückweg war glücklicherweise auch nicht sehr weit und schon nach einigen Schritten fiel mir ein unverkennbare Blondschopf auf. „Naruto“, rief ich und winkte ihm zu. Ich wusste nicht, wieso, aber Sasukes Nachricht hatte mich irgendwie entspannen lassen. Als erster Schritt zurück zu unserer alten Dynamik, sozusagen. Kaum hatte er mich ins Auge gefasst, stürmte er mit atemberaubender Geschwindigkeit auf mich zu und riss mich in einer heftigen Umarmung von den Füßen. „Hey, wir haben uns nur eine Woche nicht gesehen, ganz ruhig“, scherzte ich, aber mein bester Freund schnaubte nur und drückte mich nur noch fester. „Die langweiligste Woche meines Lebens!“, beteuerte er und nun lachte ich noch mehr. Über seine Schulter hinweg sah ich Sasuke auf uns zulaufen, deutlich entspannter als Naruto. Er war nicht der Mensch für Dramatik. „Scheint so, als hättet ihr Sachen zu bereden, ich geh' schonmal vor“, sagte Lee und ich nickte ihm eifrig zu. „Wir sehen uns bestimmt noch öfter“, antwortete ich ihm und zwinkerte. Er tat mir schon Leid, wie er davon trottete, aber meine Freude über unsere Wiedervereinigung war einfach zu groß. „Hey, Sasuke“, grüßte ich den Schwarzhaarigen beinahe schüchtern, als er neben uns zum Stehen kam. Naruto hatte mich mittlerweile wieder herunter gelassen. „Hey.“ Die Andeutung eines Lächelns huschte über seine Lippen. „Über was habt ihr zwei geredet?“ Er deutete nach hinten – offensichtlich meinte er Lee. „Ach... öh... das ist schwer zu erklären“, stammelte ich verlegen. Ich wollte Lee hier definitiv nicht gegen eine Wand fahren. „Wen interessiert das?!“, quakte Naruto dazwischen und rempelte mich an, sodass ich fast das Gleichgewicht verlor, „Aus irgendeinem Grund redet ihr zwei wieder und das heißt, wir zwei reden auch wieder! Und Gaara und Kankuro schmeißen eine ihrer Garagenfeiern! Auf geht’s!“, jubelte er. „Dann sollten wir wohl besser keine Zeit mehr verlieren, was?“ „Du sagst es!“ Naruto sprang wie von der Tarantel gestochen auf und rannte zurück zu Temaris Brüdern, mit welchen er sich wohl vor meiner Unterbrechung unterhalten hatte. „Hey, Sakura.“ Bevor ich Naruto folgen konnte, hielt Sasuke mich am Handgelenk zurück. „Was gibt’s?“, erkundigte ich mich und neigte meinen Kopf leicht zur Seite. „Können wir nachher kurz miteinander reden?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)