[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 71: Vol. 3 - "Undere" Arc: Unverhofftes Aufeinandertreffen ------------------------------------------------------------------ Auf der Zugfahrt reden wir kein Wort. Es ist fast immer so, wenn wir zu unseren Eltern fahren, ich meine, wir sehen sie praktisch nur an Feiertagen, wir leben nicht mehr mit ihnen zusammen. Es fühlt sich immer wieder aufs Neue seltsam an, als wäre ich längst erwachsen und ausgezogen. Ausgezogen ja, aber das ziemlich früh mit fünfzehn. Alles nur, um mich zu erinnern. Ich bin zurückgekehrt, um mich zu erinnern. Und vielleicht auch, weil ich Taiyo wiedersehen und sichergehen wollte, dass er mich nicht hasst. Irgendwie habe ich mich immer fehl am Platz zu Hause bei meinen Eltern gefühlt, ich habe immer gespürt, dass etwas nicht so ist, wie es scheint, nicht nur, weil ich meinem Vater, mit dem ich nicht blutsverwandt bin, natürlich überhaupt nicht ähnlich sehe. Auch Taiyo und ich sehen nicht wie Brüder aus. Aber ich habe alles geschluckt und so getan, als wäre es mir egal. Ich wollte einfach nur leben. Ich seufze. Mir graut es davor, ich weiß nicht wovor, aber mir graut es wirklich davor. Was haben unsere Eltern uns denn nun zu sagen? Wieso war mein Vater nur so hysterisch? Es muss sich nicht zwangsläufig um einen Notfall handeln, vielleicht will er es einfach so schnell wie möglich loswerden. Ich glaube, wenn es ein Notfall wäre, dann hätten sie uns nicht erst abends, "wenn der Zynit erreicht ist", angerufen und zu sich gebeten. Meine Mutter ist also krank. So ist es zwar nicht gesagt worden, aber mit "Ihr geht es sehr schlecht" klingt das nun mal so. Ich frage mich wirklich, was meinen Vater so dermaßen aufwühlt, dass er uns so spät abends noch herbestellt. Geht es meiner Mutter denn wirklich so dreckig? Als der Zug in den Stillstand gerät, steigt mein Nervositätspegel und ich schlucke. Bringen wir es hinter uns. Zu Hause öffnet uns unser Vater die Tür. Ihm stehen die Haare zu Berge und es sieht aus, als hätte er sich seit Neujahr nicht mehr rasiert. "Hallo.", presse ich nur hervor, Taiyo schweigt. "Warum sollten wir herkommen?", frage ich direkt. "Kommt erst einmal rein, Jungs.", sagt er nur und zieht uns in die Wohnung. Auf der Couch sitzt meine Mutter und sieht sich irgendeinen Schwarzweiß-Streifen an, dessen Namen ich nicht kenne. "Setsuna, sie sind da.", erregt mein Vater ihre Aufmerksamkeit. Sie sieht nur mit müden Augen in unsere Richtung. "Ich bin froh, dass ihr gekommen seid, Kinder. Tut mir leid, dass wir euch herbestellt haben um diese Uhrzeit noch.", murmelt sie. "Sei ehrlich, Mama, wirst du sterben?!", so fertig habe ich sie wirklich noch nie erlebt. "Nein, Schatz... ich werde nicht sterben...", sie kichert leise. Wahrscheinlich hat sie letzte Nacht einfach kein Auge zubekommen. Was hat sie nur? "Setzen wir uns an den Esstisch, eure Mutter und ich haben etwas Wichtiges mit euch zu besprechen.", kommt mein Vater wieder zu Wort und meine Mutter rappelt sich auf. Sie trägt ihre Arbeitskleidung. Und es ist Sonntag. Bestimmt will sie verdecken, wie sehr es ihr an Kraft fehlt. Arbeitskleidung ist da genau das Richtige. Am Esstisch ist wieder eine Runde Schweigen angesagt. Diesmal bin ich es, der sie bricht. "Raus mit der Sprache, was ist los? Ich kann doch sehen, wie fertig Mama ist. Und ich hoffe für euch, dass ihr vielleicht noch etwas anderes Wichtiges zu sagen habt. Ich meine, kommt schon, ich kann doch sehen, dass es um noch mehr als um Mamas Krankheit geht.", okay, vielleicht habe ich etwas über die Stränge geschlagen, aber was soll ich denn sonst tun, um den Stein ins Rollen zu bringen? "Wir haben das Gefühl, dass wir unsere elterliche Fürsorge in den letzten Jahren sehr vernachlässigt haben. Jungs, ihr seid alle beide freiwillig ausgezogen, Taiyo wegen seiner eigenen Gründe und du, Elvis, um... nun ja, um dich zu Erinnern und Taiyo wiederzusehen. Wir sagen nicht, dass das falsch war, dennoch... haben wir das Gefühl, dass es nicht richtig ist, dass wir einander nur an Feiertagen sehen. Wir möchten zumindest auf Zeit wieder mit euch zusammenleben. Wir wissen, dass kommt etwas spät, zumal Elvis fast volljährig ist und du, Taiyo, fast mit der Uni fertig, aber... Es wäre gut für uns und bestimmt auch für euch, wieder hier zu wohnen, wenn auch nicht für lang. Ich weiß, ihr habt euch jetzt daran gewöhnt auf euch allein gestellt und zu zweit zu wohnen, aber... Mir wäre es zumindest jetzt lieber, wenn ihr eurer Mutter, wenn auch nur für diese Zeit, beistehen könntet.", mein Vater macht eine Pause und holt tief Luft, doch Taiyo kommt ihm zuvor. "Und deshalb habt ihr uns hergebeten? Weil ihr uns wieder hierhaben wollt? Okay, na wenn ihr das sagt, aber... was soll das bedeuten, wir sollen Mama beistehen? Mama, du hast gerade gesagt, du würdest nicht sterben, oder? Meintest du damit etwa, nicht innerhalb von drei Tagen, oder was? Jetzt sagt uns doch endlich, was los ist!", knirscht Taiyo und ich erschrecke über seinen Tonfall. Er ist ja noch aufgewühlter als ich. "Beruhige dich, Taiyo, dass ich sterbe, liegt wirklich nicht im Zeitraum dieses Jahres. Ich habe nicht vor, mit vierzig zu sterben. An meiner Lebenserwartung hat sich nichts verändert. Wir wollten euch etwas anderes im Bezug auf mich sagen, aber ich hätte euch auch gern wieder hier, wenn auch nur für diese paar Monate.", unterbricht ihn meine Mutter. "Und wieso das alles? Warum steht euch ausgerechnet jetzt der Sinn nach einem Langzeiturlaub für mehrere Monate? So ganz ohne Grund? Das können wir nicht. Taiyo und ich haben Pflichten in unserer Stadt, die auch eure Stadt war. Ich will nicht sagen, dass ich euch nicht sehen will, aber... ich kann nach allem, was passiert ist, nicht mehr länger mit Vermutungen um die Runden kommen.", höre ich mich sagen. "Genau, ich will Mama, wenn es sein muss, auch beistehen, aber so können wir das nicht. Wir können nicht einfach ohne Weiteres herziehen. Wieso aber auch nur für ein paar Monate? Ich meine, okay, irgendwann muss ich mir ne Festanstellung suchen und Elvis sich eine Uni, aber... darum geht es euch nicht, was?", bestätigt Taiyo. "Nun, also, ihr habt Recht. Der Grund, weshalb wir euch hier haben wollen, ist... Setsuna ist schwanger.", kommt es ihm zögerlich über die Lippen. Stille. "Wie... bitte?", normalerweise freut man sich über solche Nachrichten, aber... ich kann nicht weg. Und vorallem habe ich mir nicht ausgemalt, so spät noch einen Bruder oder eine Schwester zu bekommen. Die Situation ist kompliziert, ich kann mich jetzt nicht einfach so sehr auf ein Geschwisterkind freuen, wenn ich weiß, dass meine Freundin eventuell in Lebensgefahr schwebt. "Jungs, ihr müsst das nicht machen, wenn es nicht geht. Ich will euch zu nichts zwingen, echt nicht. Ich... ich weiß doch, dass ich euch in den letzten Jahren nicht besonders nahe stand und wir uns voneinander mehr oder weniger distanziert haben. Aber, ich... wollte als Mutter wenigstens wieder aufholen, was ich versäumt habe. Euch beiden ist doch so viel passiert, deshalb seid ihr auch weggezogen, aber... ich will euch wirklich nicht noch mehr im Stich lassen, indem ich euch habe gehen lassen.", flüstert meine Mutter. "Ich... ich geh mal kurz raus.", zischt Taiyo und stapft Richtung Hintertür. "Taiyo, warte!", und mein Vater gleich hinterher. "Dieser Vollidiot.", brumme ich, als beide außer Reich- und Hörweite sind. "Dein Bruder ist kein Vollidiot, Elvis.", meint meine Mutter. "Natürlich ist er das. Ich kann war nicht sagen, ob es denn für mich einfach ist, aber im Gegensatz zu ihm, reiße ich mich mehr oder weniger zusammen...", "Elvis?", meine Mutter sieht mich intensiv mit einem von tiefen Augenringen umrandeten Augenpaar an. "Hast du Angst?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)