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[Beta Ver.] CONDENSE

An jenem schicksalhaften Regentag
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
EXTREM WICHTIGE INFO:
Ich dulde keine Raubkopie auf anderen Plattformen oder das Aneignen meines geistigen Eigentums!
Zum anderen ist die Geschichte in ihrem jetzigen Zustand noch nicht vollständig, die Kapitel extrem fehlerhaft.
Als ich die Geschichte begonnen habe, war ich selbst noch sehr jung und wusste entsprechend nicht sehr viel. Weder was ich mit dem Plot noch was ich mit den Charakteren tun soll. Vieles von dem, was ich wie in die Geschichte integriert habe, würde ich heutzutage unter keinen Umständen so umsetzen.
Demnach ist es ratsam, auf das Release der Light Novel zu warten.
Informationen zum Kauf der jeweiligen Volumes werden auf der Startseite dieser Geschichte vermerkt.
Dadurch wird hier aber nichts gelöscht, sondern auch weiterhin kostenlos aufrufbar sein.
Die angegebenen Genres haben sich mit der Zeit leicht verändert. Zwar begann es als "Romantik, Drama, Hetero", entwickelte sich mit meiner wachsenden Unzufriedenheit allerdings in eine Richtung, in der "Romantik, Drama, Hetero, Boys Love, Girls Love, Lime, Darkfic, Parodie" es wohl viel eher trifft.
Figuren und Handlungen sind frei erfunden. Komplett anzeigen

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Vol. 2 - "Tomodachi" Arc: Meine Schuld, dein Schmerz und unsere Angst

Elvis:

Als ich aufwache, ist mir tatsächlich nicht mehr schlecht. Chika lag die ganze Nacht bei mir und auch jetzt liegt ihre Hand auf meinem ehemalig verdorbenen Bauch. Liebe geht durch den Magen, fällt mir ein. Wenn Liebe durch den Magen geht und sie nur ihre Hand auf dorthin zu platzieren braucht, scheint da durchaus etwas dran zu sein. 

Mir geht es besser.

Ihretwegen.

Meiner Freundin wegen.

Chika wegen.

Mir sollte es jetzt eigentlich wieder gut gehen, aber das tut es nicht. Die Bauchschmerzen mögen sich verabschiedet zu haben, aber die Schmerzen, die ich sowohl mental als auch physisch in meinem Herzen verspüre, sind noch lange nicht auf dem Heimweg. Ich zeige es ihr vielleicht nicht, oder zumindest nicht absichtlich, aber ich bin todunglücklich. Alles ist so... anders. Und schuld ist niemand Geringeres als ich selbst. Ich kann nicht glücklich sein, auch wenn ich es noch so versuche. Dafür hab ich viel zu viel zerstört. Und trotz allem ist sie hier und weicht mir nicht von der Seite. Sie ist immer bei mir, klebt an mir und zeigt mir jeden Tag ihre unsterbliche Liebe. Auch jetzt. Sie klebt an mir.

Das gehört dazu, wenn man von Chika Failman geliebt ist.

Das gehört dazu, wenn man Chika Failman liebt. 

Man fühlt sie mit allem, was sie ausmacht. So wie wir liegen geht das nicht anders. Ihre Brust an meinem Rücken und ihr Becken an meiner Hüfte.

Der Körper einer Frau scheint ein noch größeres Mysterium für sich zu sein, als ich zunächst angenommen habe. Ich habe ebenfalls die Anatomie von sowohl Menschen als auch Tieren mit meiner Tante zusammen studiert, ich dachte, so wäre ich imstande, sozial wie ich bin, in Notfällen, bei denen ich explizit gefragt bin, zu helfen. Zu dienen. Ich dachte, für einen Teenager meines Alters wüsste ich schon einmal fast alles, was es zu wissen gibt. Aber dann schmiegt sie ihren Körper oder existiert einfach und ich fühle mich absolut unwissend.

Auch, wenn wir uns geküsst haben, mehrmals.

Auch, wenn ich ihre Brüste angefasst habe, einmalig.

Es gibt noch viel zu viel, von dem ich nicht weiß, wie es wäre, wenn ich es mit ihrem Körper anstellen würde.

Gestern habe ich am eigenen Rücken gespürt, wie sich das anfühlt, wenn sich die eigene Freundin ohne BH an einen schmiegt. Eine Sache mehr, die ich herausgefunden habe. Es hat zunächst leicht gekitzelt, ich gebe zu, ich habe mich leicht erschreckt. Herzklopfen. In dieser Nacht konnte ich nicht verhindern, darüber nachzudenken, wie es wäre, würde sie sich komplett nackt an mich drücken. Wie es wäre, komplett nackt mit ihr zusammen einzuschlafen. Mir fallen wieder die Fakten von jener Nacht ein, in der Chika und ich uns geküsst und berührt haben. Da ich meine Erinnerungen verloren habe, kommt mein Wissen dem Zustand einer Jungfrau gleich, völlig egal, ob ich tatsächlich eine bin oder nicht. Weil ich nicht weiß, wie es ist, mit ihr oder sonst einem Menschen Sex zu haben. Es ist nicht nur das Bedürfnis an Informationen, das mein Gehirn in Momenten wie diesen dominiert. Es ist auch... Verlangen. Du bist nach wie vor im Körper eines siebzehnjährigen Oberschülers, Elvis., sage ich mir und drücke diese Gedanken beiseite. Ich kann von Glück reden, dass sich diese schlüpfrigen Gedanken bei mir doch relativ in Grenzen halten, ich bin längst nicht so lüstern wie... Akira. Mir wird schlecht beim Gedanken an diesen Kerl.

Verdammt, was habe ich mir nur dabei gedacht?

Was habe ich mir dabei gedacht, dieses Mädchen, mein Mädchen, so herzlos zu betrügen?

Ob Bedürfnis an Informationen oder nicht, das ist einfach nur... widerlich. Den engen Kontakt mit ihrem Körper, über den ich ja so viel noch nicht weiß, habe ich überhaupt nicht verdient. "Morgen...", brabbelt sie mir neben das Schlüsselbein und ich fühle ihre vibrierende Nasenluft auf meiner  Haut. Auf meiner Schulter, die nass ist. Ich hoffe für sie, dass das kein Rotz ist. Ich richte mich langsam auf und streiche ihr übers Haar. "Morgen, Chika.", begrüße ich sie etwas verschlafen und bemerke kurz darauf eine Pfütze Blut neben dem Platz, auf dem ich gelegen habe. Dieser Anblick versetzt meinen Verstand wie immer in Alarmbereitschaft und ich schlage die Hand vor dem Mund. Ich schaue weg und versuche, einen klaren Kopf zu behalten. Denk nach, Elvis. Wieso ist da Blut in deinem Bett? 

Hatte ich Nasenbluten im Schlaf? Nein, dafür stimmt der Winkel, in dem ich eingeschlafen bin und der, in dem sich die Pfütze befindet, nicht überein. Ist es vielleicht Chikas Menstruation? Nein, dafür ist die Pfütze zu nah an meinem Hals und ihr Intimbereich zu weit weg davon. Darüber denke ich lieber nicht allzu gründlich nach. Ich gebe mir einen Ruck und verdecke die Blutlache unter der Bettdecke. Mein Blick fällt wieder auf meine noch im Halbschlaf befindlichen Freundin. 

Chika sieht etwas erschöpft aus, so als hätte sie die letzte Nacht nicht geschlafen und auch ihr sonst so eher rostbrauner Teint wirkt fast schon blasser. Sie wirkt für ihre allseits fröhliche und aufgeweckte Art so... krank. Meine Hand liegt immernoch auf ihrem Kopf und ich fahre ihr unauffällig über die feuchte Stirn. Sie ist viel zu warm. "Chika, geht's dir vielleicht nicht so gut?", frage ich und bin besorgt. Chika bemerkt meinen Blick und richtet sich ebenfalls auf. "Es geht schon.", meint sie grinsend, wenn auch etwas gequält. "Sag Bescheid, wenn du nicht mehr kannst.", bitte ich sie leise, auf sich aufzupassen, ohne sie zu zwingen, zu Hause zu bleiben. Danach ist mir nämlich gerade. Chika nickt. Daraufhin überrollt sie mich wie der Roadroller aus Jojo's Bizarre Adventure und verschwindet aus dem Zimmer.

 

Notiz an mich selbst: Vergleiche seine Freundin nie wieder mit einer verdammten Dampfwalze.

 

Ich bleibe allein zurück und denke nach. Taiyo könnte sich wundern, wieso Chika aus meinem Zimmer spaziert kommt. Aber das ist ehrlich gesagt meine kleinste Sorge. Ich denke an Chika. Dass sie nicht mit der größten Gesundheit gesegnet ist, ist mir klar. Unsere Begegnung im Flur damals endete schließlich damit, dass sie asthmatisch nach Luft schnappte und davonrannte. Im Sportunterricht ist sie auch nicht die Beste. Es kommt oft vor, dass sie schneller aus der Puste ist als andere. Sie schreibt mir immer an Tagen, an denen sie sich nicht fit fühlt. Ich habe sie außer im Flur noch nie krank erlebt. Diese Nacht hat sie bei mir übernachtet. Am darauffolgenden Tag ist sie krank. Ich habe sie so gesehen. Und ich kenne Chika gut genug, um zu wissen, dass sie nicht gerne Schwäche zeigt. Irgendetwas sagt mir, dass sie mir heute nicht sagen wird, dass sie sich nicht gut fühlt. Dasselbe Irgendwas sagt mir, dass sie gerade deshalb trotzdem heute zur Schule gehen wird. Einzig und allein, weil ich sie in einem Moment der Schwäche gesehen habe.

Im Grunde weißt du doch gar nichts über sie.

Du hast keine Ahnung, was sie durchgemacht hat.

Was ihr beide zusammen durchgemacht habt.

Wieder einmal verbanne ich Gedanken aus meinem Kopf und versenke sie in einem ausgedachten Schredder. Ich schlüpfe aus dem Bett, ohne das Blut darin eines weiteren Blickes zu würdigen. Ich ziehe mich an und trete in den kleinen Flur unserer Wohnung. Taiyo scheint gerade mit dem Frühstück fertiggeworden zu sein. Von Chika ist keine Spur.

 

"Guten Morgen, Bruder! Ich weiß ja, dass dein Wecker schrott ist, aber na ja, es wäre ziemlich peinlich gewesen, dich zu wecken, wenn ich weiß, dass Chika-chan ebenfalls hier schläft und ich so eventuell in einen Schulmädchen-Porno hineingrätscht wäre.", Taiyo lacht, ich verdrehe die Augen.

Schulmädchen-Porno, also wirklich. Einer dieser Schulmädchen ist zufällig ein Junge.

 

"Sag mal, Taiyo, wo ist eigentlich Chika? Ist sie noch im Bad?",  will ich wissen und Taiyo verengt kurz die Augen, wie immer, wenn er nicht weiß, wie er etwas sagen soll. Ich nenne dieses Phänomen bei ihm übrigens den Zitronenblick.

 

"Sie ist rausgekommen, meinte, sie hätte keinen Hunger und ist, naja... dann ist sie ausgeflogen. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht auf dich warten wolle, dann meinte sie aber, sie würde draußen warten, wegen frischer Luft oder so.",

 

"Verstehe.", meine ich nur.

 

"Ist alles in Ordnung mit ihr?", fragt er mich.

 

"Wie könnte es das? Sie wartet draußen, um zu atmen.", lasse ich ihn wissen.

 

Meine Augen landen auf der Uhr und ich realisiere, dass ich ziemlich spät dran bin. Ich werde mir die Zähne putzen und das Frühstück ausfallen lassen. Mehr Zeit ist mir nicht vergönnt. 

 

"Bist du im Bad fertig?", gehe ich sicher, dass ich mich nicht weiter verspäte.

 

"Jep, hau rein, Alter.", antwortet er. "Aber warte.", Taiyo zeigt auf die Stelle unterhalb meines Kinns. "El, du hast da was am Hals.", sagt er mit einer Mischung aus Neugier, Ernst und Gleichgültigkeit. "Blut oder so.", ergänzt er und starrt weiter auf die Stelle drauf. Ich krame ein Taschentuch aus meiner Tasche und reibe mir das verkrustete Blut ab. Das blutige Taschentuch verstaue ich faul in der Hosentasche. Nachdem ich also meine Zähne geputzt habe, verlasse ich die Wohnung. Chika empfängt mich still und wir machen uns auf den Weg. Wieder treffen wir auf Hanako und ich der versuche die doch so übertriebene Angst um Chika in den hintersten Winkel meines Verstandes zu verdrängen. Als Freund sollte ich ebenfalls etwas vertrauen in meine Freundin haben, dass sie weiß, was sie tut.

Ich rede mir ein, dass Chika einfach etwas angeschlagen ist.

Ich rede mir ein, dass meine Angst völlig unbegründet ist.

Die Angst, dass wieder ihr Blut an meinen Händen klebt.

 

***
 

Die erste Stunde, zu der Chika, Hanako und ich gerade noch pünktlich erschienen, zog sich wie Kaugummi. Mit Kaishi und Shuichiro habe ich noch immer kein weiteres Wort gewechselt. Akira ist auch heute abwesend. Ich hab nicht vergessen, was ich Shuichiro angetan habe. Aber was den Suchtrupp angeht, sollte ich schleunigst etwas unternehmen, wenn ich nicht will,  dass er weiter alles ins Chaos stürzt. Dass er weg ist, ist bereits ein eigenes Chaos für sich. Ich hoffe, er ist noch am Leben, denn wenn nicht, könnte ich mir das ganz bestimmt nicht verzeihen. Er ist Teil meines Lebens meines Alltags, meiner Normalität. Meiner Realität. Er ist es wert, dass ich etwas unternehme, sei es auch mit dem, der mich belauscht und dafür meine Faust kassiert hat, zu reden. Ich rette nur die Welt, in der ich lebe. Damit ich weiter meine Routine machen und meine Arbeit verrichten kann. In der Pause sehe ich meine Chance und gehe auf die beiden Tische von Kaishi und Shuichiro zu. Kaishi sieht mich einfach nur an, Shuichiro tut noch nicht einmal das.

 

"Brauchst du etwas, Kyokei-san?", fragt er mich zuvorkommend wie immer. 

 

"Lass uns aufs Schuldach. Reden. Ist wichtig.", erkläre ich knapp.

 

Beide stehen sie auf und kurz darauf sind wir auch oben, dort, wo voraussichtlich keiner zuhören wird. Chika ist im Klassenzimmer zurückgeblieben. Sie scheint gewittert zu haben, dass sie mir nicht aufs Dach folgen kann. Heute ist die Atmosphäre zwischen uns von einer unaussprechlichen Distanz geprägt, von der ich weiß, dass ich schuld an ihr habe. Chika versucht, rücksichtsvoll zu sein, ich dagegen bin im Vergleich absolut rücksichtslos. Wenn nicht bald ein Wunder meinerseits geschieht, wird ihre Güte am Ende vielleicht nicht mehr dafür ausreichen, um so zu tun als wäre nichts und sie wird mich verlassen. Das muss ich um jeden Preis verhindern. Nur leider nicht jetzt.
 

"Shuichiro, hör mal, für mein gestriges Verhalten möchte ich mich wirklich-",

 

"Warum hast du uns aufgelauert?", unterbricht er mich und sieht mich ernst an. "Warum hast du so getan, als würdest du nach Hause gehen?",

 

"Ist es schlimm, dass ich nicht nach Hause gegangen bin?",

 

"Aber warum... warum, Kyokei-chan? Das ist so... hinterhältig.",

 

"Hinterhältiger als hinter meinem Rücken über mich zu reden, nachdem du selbst lauschend vor der Tür ausgeharrt hast, was meinst du?", seine Augen weiten sich, als wäre er das, was man geschockt nennt.

 

"Du verstehst das nicht, ich...",

 

"Wenn irgendjemand von uns hinterhältig ist, dann bist du das, mein Freund.",

 

"So ist das nicht, Kyokei-chan, ich...",

 

"Du wusstest genau, dass ich mir bei Kaishi das Herz ausgeschüttet habe. Du weißt, wie schrecklich unangenehm das für mich gewesen wäre, wenn ein Dritter davon erfahren hat. Und doch konntest du nicht anders, als mich zu hintergehen und hinterher das Opfer zu spielen.",

 

"Halt die Klappe!", unterbricht er mich zerknirscht und ich erschrecke bei diesem harschen Tonfall, der ausgerechnet aus seinem Mund zu hören ist. Ist nicht wahr. 

 

"Was ist falsch mit dir?", will ich wissen. "Ich habe dich geschlagen, nicht deine Mutter flachgelegt. Es tut mir leid, hörst du?",

 

"Was ist falsch mit dir?!", ist er nun lauter und ich zucke erneut zusammen bei der Lautstärke, die er nun erreicht hat.

 

"Shui, im Ernst, es-",

 

"Nein! Falls du sagen willst, dass das, was ich sage, über die Grenze geht, dann ist auch das, was wir die ganze Zeit versuchen, so langsam Lichtjahre drüber hinweg!", Tränen glänzen in seinen Augen, Kaishis Unterkiefer reibt gereizt an seinem Oberkiefer.

 

"Shuichiro, ich kann dir beim besten Willen nicht folgen. Wenn du mir nicht sagst, was los ist, kann ich dich nicht verstehen.",

 

"Ich kann dich doch auch nicht verstehen!", schreit er, packt mich am Kragen und sieht mir schmerzerfüllt in die Augen. Hat der eine Kraft.

 

"Shui, lass Kyokei-san los. Was, neben einer Entschuldigung, verlangst du denn noch von ihm? Das-",

 

"Hör doch endlich auf, so zu tun, Kaishi-chan!", faucht er ihn an, ehe sein Blick wieder meinem begegnet. Noch nie habe ich Shuichiro derart als das erlebt, was man wütend nennt. 

 

"Kyokei-chan... warum... warum bist du so? Wieso kannst du nicht einfach mal sagen, was los ist? Ich verstehe, warum du mich hauen musstest, aber ich verstehe nicht, wieso du uns so überhaupt nicht über den Weg traust. Hast du das je? Was sind wir für dich? Hast du uns die ganze Zeit nur... benutzt?!", schluchzt er er zerknirscht und sieht mich mit wütender Verzweiflung weiter an.

 

"Definiere benutzt.

Er ist ja so verdammt wütend. Wütender als er sein dürfte. Und dann trifft mich der Schlag wie er Shuichiro an jenem Nachmittag getroffen hat. 

Er ist nicht wütend auf mich.

Er ist nicht enttäuscht oder verletzt meinetwegen.

Seine Wut gilt nicht mir.

Sie gilt dem, als der ich gezwungen bin zu existieren.

Sie gilt Elvis.

Versuche, Shuichiro zu verstehen. Was will er wohl? 

 

"Was meinst du, Shuichiro? Meinst du nicht, dass du für einen Schlag nicht etwas übertreibst?",

 

"Das ist doch jetzt nicht dein scheiß Ernst, Mann! Wirst du wohl endlich mal... wirst du endlich mal irgendetwas sagen oder tun, dass auch nur ansatzweise auf das anspielt, was wirklich du ist?!", er saugt scharf Luft in seine Lunge. "Wann hörst du auf, mich so anzusehen, als  wären wir Fremde? Wann hörst du auf, so vorhersehbare Dinge zu sagen? Warum zur Hölle wissen wir eigentlich gar nichts über dich? Wieso vertraust du uns so überhaupt nicht? Wenn du irgendetwas weißt oder nicht weißt, warum zum Teufel sagst du es nicht einfach?!", das ist der Moment, in dem ich ihn davonstoße. Nicht er auch noch.

 

"Ich hätte dich nicht im Traum für einen solchen Heuchler gehalten, Shuichiro Fujisawa. Ich soll dich wie einen Fremden ansehen? Du bist es doch, der mich gerade wie einen behandelt. Ich verstehe noch immer nicht, worauf du eigentlich hinauswillst. Ich weiß nicht, was deine Mission ist oder was es bringen soll, deinen Hass auf mich so zu verbergen, dass es aussieht, als würdest du mich von Herzen gernhaben.", Shuichiros Gesicht nimmt kurz einen verletzten Ausdruck an, ehe wieder seine Wut zum Vorschein kommt.

 

"Das stimmt nicht! Kein Stück! Ich bin nicht wütend, weil ich ein Heuchler oder ich dich angeblich nicht mag. Nein, ich bin wütend, gerade weil ich dich mag! Ich habe dich immer gemocht, Kyokei-chan! Kaishi-chan auch. Aber es tut so weh. Ich kann nicht mehr! Du dagegen scheinst überhaupt nichts zu fühlen, oder? Zumindest wissen wir das nicht! Wie kann ich mir sicher sein, dass wir Freunde sind, wenn du uns nicht einmal vertraust? Wie kann ich mir sicher sein, dass wir Freunde sind, wenn du nie, nie, nie auch nur irgendetwas von dir preisgibst, sondern immer nur lügst? Du beweist einem ja noch nicht einmal, dass es keine Lüge ist. Was erwartest du also, dass ich glaube?"
 

Ich strecke meine Hand nach Shuichiro aus, damit er mir auch wirklich zuhört, aber dazu kommt es nicht. Er rennt ein Stück zum Rand und bleibt steif in der Position eines verletzten verängstigten Tiers. Nur ist das Tier namens Shuichiro auch noch mit einer entzürnten Aura bewaffnet, deren Radius ich mich nicht zu nähern traue. "Komm ja nicht näher!", schreit er. "Bleib einfach weg.", sagt er mit erstickter Stimme. "Shuichiro, lass den Scheiß und hör mir zu.", flehe ich eher genervt als wirklich flehend. "Shui, sei vernünftig, seit gestern bist du drauf wie ein Junkie auf Entzug, hör ihm zu, also-", "Sei doch still!", unterbricht Shuichiro Kaishi harsch. Wir gehen beide näher an die bedrohliche Aura, Shuichiro weicht noch mehr an den Rand. "Es tut mir leid, dass ich dich geschlagen habe! Ich hab überreagiert, du weißt doch, dass ich dir nie freiwillig wehtun würde.", teile ich ihm meine Gefühle mit, die nicht zu ihn durchdringen. "Heuchler.", flüstert er. "Shui, lass es, er ist kein-", "Ist er wohl! Wenn er mir Kaishi-chan wegnimmt, ist er das! Wenn er das tut, kann ich genauso gut sterben!", brüllt er und stürzt sich über die Kante das Dach hinunter. "Shuichiro!!!", schreit Kaishi voller Leid, ich kriege nichts aus der Kehle. Kaishi sackt hinter der Wand zusammen und zittert, doch wir beide hören den sich schrecklich anhörenden Aufprall Shuichiros, der mich sofort an meinen eigenen Tod im Traum erinnert. Kaishi bewegt sich nicht und schreit, kurz darauf alle Schüler, die in diesem Moment die Köpfe aus den Fenstern strecken. Das Geräusch hallt hundertfach in meinem Hirn wider, dass mir alles hochkommt. Stumm schmeiße ich mich die Treppen zum Flur runter, renne ins Jungsklo in eine Kabine und übergebe mich qualvollst. Mein Herz rast und mein Magen fühlt sich an, als zöge er sich zusammen, als wären Stacheln drin, die das Zusammenziehen noch viel schmerzhafter machen. Es brennt furchtbar in ihm und ich kann meinen Kopf nicht über der Schüssel halten, stattdessen hängt er fast schon im Klowasser. Ich will Shuichiros Leiche nicht sehen, ich sehe sie schon vor mir, ohne überhaupt draußen nach unten gesehen zu haben. Kaishi kann ich auch nicht vor die Augen treten, Chika sowieso nicht, Akira auch nicht und überhaupt niemanden! Seit wann bin ich das Leben so leid? Seit wann bin ich an allem Leid schuld? "Seit wann ist das so?", krächze ich und krieche noch etwas tiefer in den Kabinenraum und schließe die Tür. Das Atmen tut mir immernoch weh und zum Aufstehen fehlt mir nach wie vor die Kraft. Das ist so schrecklich, die ganzen panischen Schreie aller und die Sirenen des Krankenwagens zu hören, verdammt, warum hab ich mich nicht unter Kontrolle?! Alles, woran ich denken kann, ist das Leid, dass ich allen durch meine Existenz beschert habe und was für ein beschissener Mensch, Sohn oder Freund ich doch bin, platonisch wie romantisch ein furchtbarer Freund. Im Gedanken an die ganze innere Verzweiflung schiebe ich mir die Finger in den Hals.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Trivia (kann Spuren von Spoilern enthalten);
Ehemaliger Titel aus Version 1.0 - Meine Schuld, dein Schmerz und unsere Angst
Grund:
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