[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 31: Vol. 2 - "Tomodachi" Arc: Derweil dort, wo das Leid nicht rankommt. ------------------------------------------------------------------------------- "Hast du dich jetzt wieder gefangen?", frage ich leise, nachdem Kyokei-san zu wimmern aufhört. "Scheint so.", brummt er und scheint sich für die vielen Tränen unfassbar zu schämen. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich das sogar. Ich lasse ihn langsam los. "Akira ist praktisch nie krank, der hat ein Immunsystem aus Stahl, der war nie abwesend. Selbst, wenn er die wenigen Male erkältet war, wollte er nie zu Hause bleiben.", beginnt er nach mindestens zwanzig Sekunden Stille. "Ich bin ganz Ohr.", bestätige ich und ahne, was er gleich sagen wird. "Kann sein, dass seine Abwesenheit keinen gesundheitlichen Grund hat. Sondern einen anderen.", spreche ich das aus, was schon lange in der Luft liegt. Kyokei-san schweigt wieder und drückt die Finger tiefer in meine Matratze unter der Decke. Ich gehe nochmal das durch, was mir gesagt wurde, um zu helfen. Vergangenheit, Techtelmechtel, Gedächtnislücken, ist das ein Grund für ihn zu fliehen? Ich denke nicht, Egaoshita-san und Kyokei-san mögen ja rumgemacht haben, einseitige Liebe ist irgendwo auch im Spiel und doch kenne ich ihn nicht so, dass er weglaufen würde, nur weil er möchte, dass Kyokei-san ihm nachläuft. Das ist er nicht. Das ist nicht der Grund. Kyokei-san hat keine Schuld daran, selbst wenn es so wäre. "Es hat nichts mit dir zu tun.", stelle ich nach diesen Gedankengängen klar. "Wie bitte?", stimmt, ich muss ihm erst sagen, wie ich darauf gekommen bin, manchmal vergesse ich das. "Es sieht ihm nicht ähnlich, wegen so etwas die Flucht zu ergreifen, ist es nicht so?", rücke ich ein Verständnis in die richtige Richtung. "Recht hast du. Das ist nicht Akira.", gibt er mir nun Recht. "Hey, Kaishi-chan, ist mein 3DS vielleicht bei dir?", Shuichiro steht in meiner Tür und sieht verstohlen zu Kyokei-san rüber. "Oh, hallo, Kyokei-chan.", überrascht betritt er ebenfalls mein Zimmer. "Moin, Shuichiro.", begrüßt Kyokei-san ihn matt, ich dagegen sage nichts. Da liegt etwas in seiner Ausstrahlung, er kann womöglich riechen, dass Kyokei-san nicht zum spielen hier ist. Unsicher, ob er so stehen bleiben oder sich auf den Boden setzen soll, steht er da und schaut in die Lücke zwischen unserem Freund und mir. Er entscheidet sich dafür, den Raum zu verlassen, mit einer Tüte Chips zurückzukommen und sich auf mein Bett zu setzen. "Was ist denn so passiert, als ich nicht da war?", fragt er naiv wie sonst auch. "Nichts Besonderes.", lügt Kyokei-san emotionslos und ich wehre mich dagegen, ihm zu sage, dass ich genauso gut wie er weiß, dass das nicht der Fall ist. "Egaoshita-san ist verschwunden. Zumindest glauben wir das.", erkläre ich die Lage, in der wir uns befinden. "Akira-chan? Der ist doch bestimmt nur krank...", gähnt er. "Das glaubst du doch wohl selber nicht.", wirft Kyokei-san Shuichiro vor, woraufhin dieser die Augen weitet. Shuichiro senkt kurz seinen Blick und fährt dann fort. "Wenn ich ehrlich bin, glaube ich das auch nicht." Egaoshita-san ist abwesend und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht krank sein. Dann ist es eben das erste Mal, dass er krank ist, versucht mir ein Teil meines Verstandes mir einzubläuen. "Wie auch immer, wir sollten abwarten.", flüstert Kyokei-san wieder und Shuichiro und ich sehen ihn fragend an. "Vielleicht schwänzt er. Leistungsdruck und so. Vielleicht ist er einfach deprimiert wegen seiner Noten.", das habe ich tatsächlich nicht in Betracht gezogen, dass es so sein könnte. Trotzdem glaube ich nicht, dass das wirklich sein Ernst ist, immerhin war Kyokei-san es, der das gesagt hat. Der beste Freund, der alles was den anderen besten Freund angeht erniedrigt, das sieht ihm nicht ähnlich. Das ist eine Falle. Eine, die mich und Shuichiro daran hindern soll, sein Loch aus Schuldgefühlen zu weiten, indem wir von seinem Freund reden, mit dem er letzte Woche rumgemacht hat und dieser dann anschließend aus unserem Blickfeld verschwunden ist. "Vielleicht hast du recht, kein dummer Gedanke, Kyokei-san.", stimme ich ihm zu als wäre alles andere nicht im Bereich des Möglichen. Shuichiro will etwas erwidern, lässt es aber doch bleiben. "Du wolltest doch etwas sagen, Shui. Willst du uns denn gar nicht verraten, was das war?", greift Kyokei-san nach Shuichiros Antwort. Dieser Tonfall und dieses Gesicht, so schaut er immer, wenn er in dieser Laune ist. Skeptisch, rücksichts- und emotionslos, diese Aura die er ausstrahlt macht sogar mir Angst. Dieses Gesicht zeigt er nicht oft, aber wenn er es tut, dann ist es grauenvoll. Der Teil von ihm, der sein alltägliches Gesicht in die Ecke drängt, wenn er merkt, das man etwas im Bezug auf ihm verheimlicht, wenn man ihm das Gefühl gibt, er könne ruhig weiter in dieser Lüge weiterleben. Das ist nicht er. Das ist seine Krankheit, die Krankheit, bereit zu sein, über Leichen zu gehen, wenn man ihn betrügt. Shuichiro kann seine Augen nicht von Kyokei-san abwenden und diese füllen sich, wie ich es von ihm kenne, mit Tränen. Shuichiro ist ein Angsthase und eine Heulsuse, deshalb ist es besser, wenn er bei mir bleibt. "Ich will aber nichts sagen... Das stimmt nämlich gar nicht!", keift Shuichiro weinerlich. "Ach echt?", der alte Kyokei-san ist zurück und sieht ihn etwas mitleidig an. "Aber du musst doch jetzt nicht weinen, so dringend hab ich es auch nicht wissen wollen.", beruhigt Kyokei-san ihn wieder. "Tut mir leid, du brauchst es mir nicht zu sagen, wenn du nicht willst.", wispert Kyokei-san und betrachtet den Fußboden. "Ich geh jetzt besser nach Hause.", ohne dass Shuichiro oder ich ihn aufzuhalten versuchen, hat er die Zimmertür schon hinter sich gelassen. Shuichiro will gerade ebenfalls erneut den Raum verlassen, da schlägt Kyokei-san auf einmal wieder die Tür auf. "Eins noch. Wenn Akira morgen immernoch nicht zurück ist, gründe ich einen Suchtrupp. Heute frage ich erst mal seine Eltern aus, vielleicht wissen die ja was. Ich sag euch Bescheid, wenn ich mehr weiß. Bye.", und schon verschwindet der Türspalt wieder. "Akira-chan ist nicht krank. Kyokei-chan denkt das nicht nur, er weiß es. Er hat glaubt, Schuld daran zu haben. Denn der Grund, weshalb Kyokei-chan das denkt ist, der, dass Akira-chan und er-", ich will ihm gerade sagen, dass er sofort aufhören soll weiterzureden und ihm fragen, woher er diese Informationen hat, da wird zum dritten Mal die Tür geöffnet, unerwarteter den je, viel zu unerwartet als dass die Quantität es hätte zulassen dürfen. Kyokei-san betritt stampfend das Zimmer und ich halte vor Schreck den Atem an, weil ich weiß, dass er mir vertraut hat und diese Information nun doch ans Tageslicht kam. Shuichiro dreht sich wie ferngesteuert um, bevor er von Kyokei-san mit voller Wucht zu Boden geschlagen wird. Seine Nase blutet und er liegt fast schon ohnmächtig auf meinem Teppich. Warum hat er das gesagt? "Shuichiro, du hast gelauscht. Du... hast das wirklich gemacht, was?", wieder scheinen jegliche menschliche Gefühle sich von ihm fernzuhalten, diese Wut sieht nicht mehr menschlich aus, dafür ist sie einfach nicht gemacht. "Kyokei-san, ich wusste nicht, dass-", ich will ihm gerade erklären, dass ich genauso wenig wusste, dass Shuichiro uns belauscht und er hier wohnt und deshalb dazu fähig ist. Ich hätte es wissen müssen. Shuichiro sagt immernoch nichts und unter seinem Gesicht färbt sich der blaue Teppich mit seinem Blut. Kyokei-san steht stocksteif an derselben Stelle und atmet schwer. "Fick dich doch.", mit diesen Worten verlässt er endgültig Zimmer und Haus, bestätigend, dass er nicht mehr zurückkommen wird. Ich wage es nicht, Shuichiro danach zu fragen, wie seine Rede ausgegangen wäre, wenn er nicht gerade von eine seiner besten Freunde geschlagen und aufgefordert worden wäre, sich zu ficken. Wenn ich ihn nicht zu mir gerufen hätte, wäre das nicht passiert. Es ist meine Schuld. Ich kenne Shuichiro doch besser als jeder andere auf dieser Welt. Der Einzige, zu dem man hätte "Fick dich." sagen sollen, ist niemand geringeres als ich. Akira: Der Weg zu dieser scheiß Adresse ist echt lang. Nachbarbezirk am Arsch, wie konnte sie nur so weit weg gehen und mich allein lassen? Ein Glück, dass wir an der Grenze dieses Bezirks leben, sonst hätte es länger gebraucht. Auf Biegen und Brechen, habe ich es über die Grenze geschafft, so viel Zeit ist vergangen, die Schule ist längst vorbei. Kyocchi wird sicher sauer auf mich sein, dass ich die Schule geschwänzt habe und über das Wochenende hinaus die Stadt verlassen habe. Mich nur von meinem Schulbrot und dem Geld ernährt, dass ich eben dabei hatte, Mann, habe ich einen Hunger. Jetzt beginnt es schon wieder dunkel zu werden, und weil ich mir nicht zumute, ein drittes Mal unter der Brücke zu übernachten, mache ich mir Sorgen. Ich streife weiter durch diese Kaff-Gegend dieses Bezirks und lande in einer Art verlassener Einkaufsmeile. Weil ich, selbst wenn ich sofort das Haus meiner Mutter finden würde, nicht den Mut hätte zu klingeln, setze ich mich auf die Terrasse des mittelmäßig gefüllten McDonalds. Mir ist trotz meines Aufenthaltes und meines Hungers nicht danach, etwas zu bestellen. Seufzend starre ich auf die fast schon menschenleere Straße und denke nach. Worüber genau ist mir nicht klar. "Komplizierter Gedanke?", fragt die Stimme eines unbekannten Mädchens hinter mir. "Was?", verdattert sehe ich sie an und fühle mich so, als hätte ich Jahre nicht mehr mit einem Menschen gesprochen. "Wie unhöflich von mir, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt.", fällt ihr ein und sie setzt sich neben mich auf die Bank im Sonnenuntergang. Die Pinkhaarige scheint Gefallen daran zu finden, fremde verwahrloste Jungs, die von zu Hause abgehauen sind, einfach so anzusprechen und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Sie guckt mich eindringlich an und ihre blauen Augen hätte ich fast für unendlich fesselnd erklärt, wenn sie nicht wieder zu reden angefangen hätte. "Sanae Uchihara mein Name. Freut mich, dich kennenzulernen.", erfüllt sie ihre vorhin ernannte Pflicht, sich vorzustellen und lächelt mich an. Ist nicht war. Warum sollte man einer fremden Person einfach so seinen Namen sagen oder überhaupt erst ansprechen? Ich sollte mich da lieber rausholen, bevor das noch schräger wird. "Hör mal, Uchihara-san, du kannst nicht einfach fremde Menschen ansprechen und ihnen deinen Namen verraten, das ist gefährlich. Außerdem bin ich der Letzte, der jetzt irgendwie betrogen oder abgezogen werden könnte, da du`s weißt.", beende ich dieses Gespräch, auch wenn es sich nicht so anfühlt, als hätte es sein Ende erreicht. "Aber ich will das doch gar nicht, ich hab doch gar nichts dabei, was DU gerade brauchen könntest. Wir haben beide nicht, was dem anderen von Nutzen sein könnte.", klärt sie mich auf und isst etwas von ihrem Menü. "Das tut nichts zur Sache, du kannst nicht einfach-", ehe ich meinen Satz beendet habe, habe ich auch schon Pommes im Mund. "Wenn du schon nicht reden willst, dann können wir ja essen. Greif ruhig zu.", grinst sie und beißt in ihren Hamburger. "Ich schlucke die Pommes herunter und nehme mir noch etwas von ihr. "Wehe, du überlegst dir das anders.", knurre ich und im selben Moment fühlt es sich an als wäre da ein rumorendes schwarzes Loch in meinem Bauch, dass sich anfühlt als hätte es noch nie Pommes bekommen und kurz vorm Verhungern, wie auch ich zwei Tage ohne Frühstück oder Abendessen mit einem einzigen spärlichen Mittagessen. "Gemeinschaft mit einem Menschen ist mir wichtiger als jemandem irgendwas zu schulden kommen zu lassen. Sind doch beide lonely.", meint sie mit vollem Mund. Trick hin oder her, ich bin zu hungrig, um ihr zu sagen wie unmöglich sie ist. Und so aßen wir, ich nur Pommes, der Burger stand außer Frage. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, aber wir unterhalten uns wie zwei normale Menschen. Über Schule und den Sinn des Lebens. je mehr wir uns unterhalten und je mehr ich von ihr erfahre, desto besser gefällt mir ihre Art. Aber das würde ich ihr nicht sagen, zumindest vorerst nicht. "Du bist echt ein klasse Typ!", lacht sie und strubbelt mir durch die Haare. Das fühlt sich lustig an. "Willst du mir nicht wenigstens deinen Vornamen sagen, Unbekannt-kun?", fragt sie, nachdem sie ihre Hand aus meinen Haaren entfernt hat. Ich habe nicht länger das Bedürfnis, sie wegzuschicken oder sonstiges. Eine Fremde ist sie auch nicht mehr und überhaupt kann ich mir momentan nicht vorstellen, wie es schlimmer kommen könnte. Ich habe nichts zu verlieren und rücke raus mit der Sprache. "Akira. Akira ist mein Name." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)