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Die Farbe Grau

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Disclaimer: alles nicht mir.

Wenn ihr Rechtschreibefehler findet, macht Heidi Klum dafür verantwortlich, ich habe während der Endkorrektur GNTM geschaut (Umstyling! Menschliches Leid! Drama! Falls sich jemand fragt, woher ich die Ideen für die Dramen habe, die sich in den Geschichten immer so auftun...)

Drei Teile noch... Komplett anzeigen

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Arielle

Es war einfacher, sich auf die körperlichen Befindlichkeiten zu konzentrieren, als auf das, was sie hervorgerufen hatte. Die Schmerzen zu katalogisieren, war ihm schon seit frühester Kindheit mitgegeben und durch Rosenkreuz geschult worden. Die Schmerzareale detailliert zu beschreiben, die überreizten Nervenbahnen zu akzeptieren, ebenso. Jedes einzelne Training, das ihre Ausbilder angesetzt hatten um ihre Resilienz zu fördern und schulen, wenn sie gefoltert wurden, hatte er bestanden. Am Anfang schlechter, zum Ende hin immer besser waren seine Reaktionen gewesen und er hatte mehr in einem längeren Zeitraum aushalten könnten. Auch ihre Ausbilder hatten keine Gnade gekannt und sich aller Schwachstellen bedient, die ihnen bewusst waren.
 

Was diese Ausbildung jedoch von dem Ernstfall unterschied, war, wie Crawford bereits beim ersten Mal in der Gewalt des Drogenhändlers erkannt hatte, der Feind in sich selbst, der mit jeder Stunde schlimmer wurde. Verzweiflung hatte er bereits beim ersten Mal durchlebt und hätte sich ihr beinahe hingegeben. Von der Klippe, an der er innerlich gestanden hatte, hatte ihn Fujimiya weggeholt, indem er ihn ein zweites Mal befreit hatte um ihn zurück nach Tokyo zu bringen. Die Hoffnung und die Kraft, die er dadurch geschöpft hatte, stellten sich nun allerdings als Nachteil heraus, befand Crawford, denn mit jeder Stunde, die er hier kniete und wusste, dass alles wieder von vorne beginnen würde, wandelte sich eben jene Hoffnung in bittere Verzweiflung. Hätte er sich nicht eine Sekunde vor dem Telekineten in Sicherheit gewähnt. Hätte er doch nicht eine Sekunde lang daran geglaubt, dass die Freiheit, die er kurz genossen hatte, auch wirklich eine Sicherheit war.
 

Crawford verzog die trockenen, rissigen Lippen zu einem zynischen Lächeln. Glauben. Dass er nicht lachte. Ein Präkognitiver glaubte nicht, er wusste. Er kannte die Zukunft und handelte entsprechend. Dass er weder der Bezeichnung noch seinem Decknamen gerecht wurde, war Crawford spätestens dann klar gewesen, als sein eigener Telekinet begonnen hatte ihn zu foltern. Nichts davon hatte er vorhergesehen, alles davon hätte ihm seine Gabe zeigen müssen.

Die Antwort auf die Frage, warum dem nicht so war, gehörte zu den substanziellen Grundlagen seiner Strategie, der Katastrophe hier zu entkommen. Strategie. Wieder verzog Crawford die Lippen und er war sich nicht sicher, ob es ein Lächeln oder ein beißender Schrei war, der sich ihnen entringen wollte. Er war weit davon entfernt, auch nur den Ansatz einer Strategie zu haben.
 

Viel näher war er an der alles überschwemmenden Hoffnungslosigkeit, die ihn fest umfasst hielt und ihm deutlich machte, dass er nur deswegen noch nicht unter dem anderen Mann lag, weil dieser es sich für zuletzt aufsparte. Oder für den Zeitpunkt, von dem er wusste, dass er Crawford am Meisten demütigen würde. Sehr wahrscheinlich in Anwesenheit des Weiß, der das als Gelegenheit für seine Rache an ihm nehmen würde. Bis dahin begnügte er sich damit, seine Ängste und schlechten Erinnerungen weiter zu schüren und ihn durch Nagis Gabe zu foltern.

Crawford schluckte schwer, als er sich an den Hass und den Zorn in den Augen seines Telekineten erinnerte, kurz bevor dieser ihm die Hölle auf Erden bereitete. Da war kein Funken an Menschlichkeit gewesen, so abwesend, wie er ihn angestarrt hatte. Kein Funken an klarem Denken, auch wenn Crawford sich bewusst wurde, dass dieser Hass nicht von ungefähr kam. Er hatte Nagi verjagt und es war ein Fehler gewesen. Seine Worte, seine Schläge, all das war ein großer Fehler gewesen, den er nicht mehr wiedergutmachen konnte. Doch der Junge hätte ihn doch niemals von sich aus angegriffen.
 

Oder?
 

Crawford wusste es nicht. Seine Erinnerung flüsterte ihm ein, dass der Junge es nur ganz zu Anfang und da auch noch nicht einmal bewusst, gewagt hatte, seine Kräfte gegen ihn zu erheben. Die Reue, die er damals gezeigt hatte, glaubte ihm Crawford auch heute noch und so fiel es ihm schwer, nun daran zu glauben, dass Nagi es bewusst tat. Die Frage war daher eher, warum er Lasgo gehorchte und mit welchen Mitteln er den Telekineten zum Gehorsam zwang.

Eine weiterer Muskelkrampf durchzog ihn, als wolle er ihm persönlich eine Antwort auf die Frage geben und Crawford stöhnte ohnmächtig auf. Mühsam versuchte er, eine andere Position zu finden, scheiterte jedoch an den Fesseln, die ihn an Ort und Stelle hielten, um ihm seinen Aufenthalt möglichst schmerzhaft zu machen. Die Ketten, an denen er für einen Moment der frustrierten Disziplinlosigkeit zog, klirrten metallen, gaben aber sonst keinen Millimeter nach.

Wie die tausend Male zuvor auch schon. Tief atmete Crawford ein und versuchte, dem Brennen in seinen Oberschenkeln und Waden entgegen zu wirken, doch ohne Erfolg.
 

Nein, der Drogenhändler war nicht sein Hauptfeind, sein Körper war es. Das verräterische Stück Fleisch, das mit seinen Befindlichkeiten auf seinen Geist wirkte und ihn schwächte, während sich nun die Tür öffnete und eben der Mann den gleißend hellen Raum betrat, der ihn wiederholt in diese Position gezwungen hatte.

Während sich seine Hände zu eisernen Fäusten ballten, brannte Crawford seinen Blick in den blutbefleckten Boden vor sich. Er wollte nicht sehen, wie die grauen Augen ihn auszogen und ihm nonverbal deutlich machten, dass der andere Mann ihn lediglich als seinen Besitz ansah. Er wollte die Lust in dem Gesicht nicht sehen, die sich so zerstörerisch auf ihn ausgewirkt hatte und auswirken würde. Nichts wollte er sehen, wenn schon seine Gabe schwieg, als wäre er nie als Hellseher geboren worden. Aus seinem Blickwinkel heraus verhöhnte ihn die offene Tür, die ihm eben jene Flucht ermöglichen könnte, die ihm die Fesseln versagten.
 

Die Hand, welche mit falscher Sanftheit sein Kinn umfasste, ließ ihn zurückzucken, soweit es ihm das metallene Halsband um seinen Hals gestattete. Es war nicht viel, aber es reichte, um ihn unwilliger Empfänger eines Lachens werden zu lassen.

„Schau einer an, du bist ja immer noch wach“, murmelte Lasgo und Crawford schloss die Augen, als die widerlichen Finger ihm durch die blutigen Haare strichen. „Oder schon wieder?“

Als die Finger seine Lippen erreichten, grollte er und bohrte seinen Blick nun doch in die Augen des anderen Mannes. Er sah darin Belustigung, aber auch Entschlossenheit und insbesondere Letzteres war ihm beim letzten Mal ein Zeichen dafür gewesen, was der andere Mann bereit war, ihm anzutun. Strategie, rief Crawford sich ins Gedächtnis, bleibe bei deiner Strategie. Also der, die er nicht hatte.

„Was hast du mit Prodigy gemacht?“, stieß er rau, beinahe unhörbar durch seine schmerzende, trockene Kehle hervor und überrascht hoben sich Lasgos Augenbrauen.

„Ach herrje.“ Anstelle einer konkreten Antwort zog Lasgo eine Flasche Wasser hervor und schraubte den Aufschluss auf, als würde ihm jetzt erst bewusst werden, dass er ihm mit Absicht Wasser vorenthielt. Mit innerem Horror musste Crawford zulassen, wie er ihm sie an die Lippen setzte, doch er wusste es besser, als eben jene zu öffnen und das verlockende, kostbare Wasser hinein zu lassen, das sich ihm hier bot, also presste er den Mund gewaltsam aufeinander. Er wusste es fürwahr besser, als auf die Angebote des Mannes vor sich einzugehen, so würde kein einziger Tropfen Wasser in seinen Mund fließen. Nicht noch einmal.
 

Er gewann den stummen Zweikampf, ganz zur amüsierten Missbilligung des Drogenhändlers, der schließlich die Wasserflasche absetzte und enttäuscht mit der Zunge schnalzte.

„Was für ein sturer Mann“, verließen Worte Lasgos Lippen, die mit Sicherheit kein Lob waren und er verschloss die Flasche wieder, steckte sie zurück in seine Hosentasche. Lächelnd starrte er auf ihn herab, die Gier in seinen Augen unverhohlen zerstörerisch.

„Was hast du mit Prodigy gemacht?“, wiederholte Crawford, als er sich sicher sein konnte, dass das Wasser nicht zurückkehrte.

„Ich habe ihm eine Möglichkeit gegeben, sich für dein Handeln ihm gegenüber zu rächen.“

Crawford fiel es schwer, ruhig und indifferent zu bleiben, als Lasgo ihm erneut durch die Haare strich. „Woher weißt du davon?“, presste er hervor und sah sich einem solchen widerlichen Wissen gegenüber, dass er beinahe den letzten Rest an Beherrschung verlor, der noch in ihm wohnte.

„Er hat es mir gesagt. Detail für Detail hat mir der arme Junge mitgeteilt, was du ihm angetan hast, um ihn von dir weg zu treiben, nur weil er sich Sorgen um dich gemacht hat. Ich bin stolz auf dich, mein Schöner, denn du hast genau das getan, was du tun solltest.“
 

Genau getan, was er tun sollte? Crawford starrte in die zufriedenen, grauen Augen und sah dort eine Wahrheit, die er sich in den vergangenen Wochen, insbesondere aber in den letzten Tagen nie hatte eingestehen wollen. Als Fujimiya sie ihm ins Gesicht geschleudert hatte nicht. Jetzt auch nicht.

„Das ist eine Lüge“, wisperte er. Er musste es verneinen. Er konnte diese Worte nicht als Wahrheit akzeptieren. Niemals hatte er sich in seinen Handlungen von Lasgo führen lassen. Es waren seine freien Entscheidungen gewesen, die er getroffen hatte. Nur seine.

„Du möchtest, dass es eine ist. Was nicht bedeutet, dass dem auch so ist.“ Der andere Mann schritt um ihn herum und Crawford erstarrte. Das war nicht gut, das durfte nicht sein. Er durfte Lasgo nicht aus seinem Blickfeld verlieren, ihn hinter sich haben und dann dem ausgeliefert sein, was er tun würde.

Die Art, wie sein Hinterkopf an den Bauch des Drogenhändlers gedrückt wurde, ließ ihn erschauern. Die Finger um sein Kinn, die ihn dort gefangen hielten, während die andere Hand seinen rasenden Puls erfühlte, verursachten ihm Übelkeit.

„Schritt um Schritt hast du dich in dein eigenes Verderben begeben, Bradley, ohne, dass du auch nur einen Moment lang geahnt hast, wie nahe es auf dich lauert. Der Junge verehrt dich und du hast ihn zuverlässig in meine Arme getrieben. Ich musste nur warten, dass du deine Beherrschung verlierst so wie du sie bei Mamoru verloren hast. Ab dann war es ein Leichtes, dich in meine Arme zu ziehen. Also dorthin, wo du hingehörst.“

„Niemals“, zischte Crawford. „Du wirst mich nicht bekommen.“

„Du gehörst mir bereits.“

„Das kannst du vergessen, du widerliches Stück Dr-„
 

Weiter kam Crawford nicht, als sich mit einem Mal jenes Glas an seine Lippen presste, das er zu seinem Entsetzen besser kannte als er es wirklich wahrhaben wollte. Instinktiv verschloss er seinen Mund und schwieg eisern, um ja nicht dem Drogenhändler einen Ansatzpunkt zu geben, ihm den Glasdildo erneut bis zum Anschlag in den Hals zu schieben. Niemals wieder.

Das Lachen des anderen Mannes geisterte über seine Haut, als er seinen Kopf notgedrungen an dessen Bauch presste, um dem Druck auf seinen Lippen zu entkommen.

„Hast du die Lektion etwa vergessen, Bradley? So sprichst du nicht mit mir und wenn doch, dann stopfe ich dir dein vorlautes Mundwerk, bis du gelernt hast, was Höflichkeit ist.“
 

Nein, er hatte es nicht vergessen. Wie könnte er? Crawford schloss seine Augen und lenkte all seine Kraft darauf, dem Drogenhändler Widerstand zu leisten. In diesem Moment waren ihm die Konsequenzen egal, die sich für ihn ergeben würden, wenn er sich weigerte. Ihm war egal, dass es die darauffolgende Vergewaltigung schlimmer und brutaler machen würde. Er würde sich nicht hingeben. Niemals mehr.

Vertraut strichen die widerlichen Finger über seine schnell schlagende Halsschlagader.

„So stur. Was, wenn ich dich vor die Wahl stelle, Bradley? Entweder, du schluckst das Prachtstück hier oder dein Telekinet wird es an deiner Statt tun? Mit Freuden, so wie er dich auch mit Freuden gefoltert hat.“
 

Es war nur logisch, dass Lasgo ihm damit drohte, befand Crawford. Er hätte es sich denken können, dass der andere Mann meinte, sie gegeneinander ausspielen zu können. Das milderte aber keinen Millimeter den Schock und das Entsetzen, die ihn beide eisern umfasst hielten und ihm die Luft zum Atmen nahmen. Alleine die Vorstellung, dass Lasgo Nagi etwas antun würde, war unvorstellbar und unerträglich. Das durfte nicht geschehen, nicht auch noch der Junge.

Doch, so wurde es Crawford mit eben der gleichen, erschreckenden Klarheit bewusst, hatte er nicht die geringste Garantie dafür, dass Lasgo sich Nagi nicht schon aufgezwungen hatte. Ebenso wenig wie er eine Garantie dafür hatte, dass er es nicht noch tun würde, nachdem er mit ihm fertig war.
 

„Willst du ihn mir wirklich ausliefern, Bradley?“
 

Die Frage war doch, ob er ihn ihm nicht schon längst ausgeliefert hatte mit seinen Worten und Taten und Crawford beantwortete sich diese Frage mit ja. Es war bereits zu spät.

Und nichts, was nun noch kommen würde, würde sich mit der Schuld, die ihm dafür auferlegt worden war, messen können. Nichts. Für alles, was erfolgt war und nun noch erfolgen würde, würde er die Verantwortung tragen.

Langsam öffnete er seine Augen und richtete sie an die blutbespritzte Decke seines Gefängnisses. Er wusste, dass Vergebung das Letzte sein würde, was ihm zuteil werden würde und das ließ ihn schweigen. Er leistete stummen Widerstand, rührte sich nicht und gab nicht nach, den Preis dafür klar vor Augen. Dass das den Drogenhändler nicht amüsierte, wusste er. Er spürte es an dem Druck, der auf seine Lippen ausgeübt wurde. Er spürte es an der schneller werdenden Atmung, an der Anspannung hinter sich.
 

Erst, als er beinahe zuviel wurde, löste sich Lasgo von ihm und seufzte tief. Langsam kam er um ihn herum und maß ihn mit unverhohlenem Sadismus.

„Du hast es nicht Anders gewollt, Bradley. Aber ich bin mir sicher, dass Nagi dir beim nächsten Treffen deutlich mitteilen wird, was er davon hält, dass du noch nicht einmal den Versuch gemacht hast, ihn zu schützen.“

Damit drehte er sich um und verließ den Keller, schloss die Tür wieder hinter sich und übergab Crawford der Stille des gleißend hellen Raumes und der kalten, klammen Verzweiflung, die sich in ihm ausbreitete.
 

~~**~~
 

Youji warf einen schnellen Blick in die belebte Umgebung und ließ sich auf die Rücksitzbank fallen.

„Mir ist nicht wohl dabei“, richtete er an niemandem Bestimmten in ihrem Wagen, auch wenn es genug Zuhörer gab. Aya, der am Steuer saß, Schuldig, der den Beifahrersitz belegt hatte und nun seine Stirn bleich an die kühle Scheibe bettete. Wobei bleich der falsche Ausdruck war. Seine Gesichtsfarbe war durchscheinend, beinahe gräulich, seine gesunde Hand grub sich angespannt in den Stoff seiner Hose.

Ken saß neben Youji und starrte fragend auf das deutliche und erschreckend ungewohnte Anzeichen von Schwäche, das ihren Plan mit Leichtigkeit gefährden könnte. Daher war es Sorge, die in den Augen seines Teamkollegen stand, von der Youji aber wusste, dass sie garantiert nicht Schuldigs Wohlbefinden galt.

„Ich fühle mich nicht wohl dabei“, merkte eben leise an und Youji nickte. Das konnte er so unterschreiben. Wenn sie ihren Plan nicht durchführen konnten, dann konnten sie sich allesamt einen Strick nehmen, denn sie waren, ob sie es wollten oder nicht, auf die Frau angewiesen, die sie just in den Kofferraum gesperrt und entführt hatten.

„Ich auch nicht, Ken. Ich auch nicht“, seufzte er.
 

„Fahr endlich oder ich kotz dir den Wagen voll, Abyssinian“, holte ihn Schuldig ungnädig aus seinen Überlegungen und aus dem Augenwinkel sah Youji, wie Aya angespannt nickte. Kaum hatten sie sich in Bewegung gesetzt, hörten sie Manx‘ deutliches Missfallen, als sie von innen gegen den Kofferraum trat und Ken mit jedem ihrer Tritte zusammenzucken ließ. Was hatten sie sich nur dabei gedacht? Das würde nicht gut gehen, ganz und gar nicht gut, hielt sich Youji in einem Anflug von unnötigem und ungewolltem Pessimismus vor.
 

Sie schlängelten sich durch den Verkehr hin zum Hafen. Es kam Youji seltsam vor, dieses Gebiet am helllichten Tag zu betreten, denn meist waren sie nur nachts hier, dann, wenn es keine Zeugen gab und der Abschaum sich aus seinen Löchern traute. Nun wie eben jener Abschaum eine der verlassenen Hallen zu nutzen, war übelkeitserregend und verursachte Youji eine Gänsehaut.

Schuldig hatte ihnen eine Adresse genannt. Eine verlassene Lagerhalle weit ab vom Schuss, die niemand so schnell finden würde. Warnschilder an dem rostigen Metallzaun wiesen auf eine radioaktive Belastung hin, die es in Wirklichkeit gar nicht gab, und Youji ließ seinen Blick müßig über das Grün schweifen, das sich durch die Betonbodenplatten drängte und den letzten Kilometer zu einer holprigen Fahrt über unebenen Betonboden machten. Fenster waren eingeschlagen oder durch die oft vorkommenden Erdbeben und Stürme zersplittert, Stahlträger ragten rostrot aus dem Boden und vermissten das Dach, das sie einst getragen hatten.

„Links rum“, ertönte Schuldigs Stimme gepresst und er deutete Aya an, wo er parken sollte.

Youji ließ seinen Blick über die fünf Tanks gleiten, die zu Beginn ihres Daseins einmal gelb angestrichen gewesen waren, deren brauner Rost nun aber nur noch zur gesamten Trostlosigkeit beitrug. Sie flankierten den Überrest einer Halle, deren Schornsteine halb zerfallen waren. Zweifelnd ließ er seinen Blick die Metalllamellenwände hochgleiten, die den Rest des Gebäudes trugen und durch Metallrohre jeder Dicke umrahmt wurden.

„Hier.“
 

Aya hielt und kaum, dass er den Wagen zum Stehen gebracht hatte, schälte sich Schuldig aus dem Auto und übergab sich röchelnd und hustend direkt auf dem brüchigen Asphalt. Ken verzog angewidert das Gesicht und Youji wandte sich sorgenvoll an Aya. Das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten, war ein Telepath, der nicht in der Lage war, seinen Teil des Planes einzuhalten und sie somit vorhersehbar gefährdete. Langsam stieg er aus und blieb in angemessener Entfernung zu dem schwer atmenden Telepathen stehen.

„Was ist mit ihm?“, fragte er und stieg aus. Aya zuckte mit den Schultern.

„Gute Frage, nächste Frage.“

Nur langsam löste sich Schuldig von der Motorhaube, an der er sich festgehalten hatte und fischte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche, mit dem er sich den Mund abwischte. Für einen kurzen Moment legte er den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, ein paar Mal tief ein- und ausatmend. Sein Atem kondensierte an der frischen Luft.

„Was ist los?“, wandte Youji sich dieses Mal direkt an Schuldig und kassierte für seine – in seinen Augen – nur allzu berechtigte Frage einen zittrigen Mittelfinger.

„Zuviel weißsche Dummheit“, knurrte der Schwarz und die blauen Augen maßen ihn verächtlich. „Hol sie raus, bevor ich nochmal kotzen muss.“
 

Mit einem letzten Blick auf Schuldig öffnete er mit einem tiefen Seufzen den Kofferraum, bereit für alles, was ihn dort erwarten würde. Er sah hinunter auf die Agentin und rief sich ins Gedächtnis, dass er das tat, damit die ganze Situation weniger vertrackt, weniger hoffnungslos wurde. Und dass Manx ihm vielleicht irgendwann einmal für sein Handeln vergeben würde, so wenig sie auch jetzt davon begeistert war, was sie ihr antaten.

Er griff vorsichtig, aber unnachgiebig unter ihre Achseln und hievte sie aus dem Kofferraum. Natürlich wehrte sie sich, was Youji ihr noch nicht einmal verdenken konnte. Stumm nickte er Ken zu und gemeinsamen hielten sie die rechte Hand Persers solange ruhig, bis sie ihre Gegenwehr aufgab.

Schuldig deutete auf die kleine Metalltür und sie führten Manx vorsichtig über die gesprungenen Betonplatten in die Halle hinein, immer begleitet von dem unregelmäßigen Klackern ihrer Absätze auf dem Asphalt, das wie Donnerschläge durch die Stille hallte.
 

Hinter sich hörte Youji, wie sich Aya an Schuldig wandte und kam nicht umhin, die Ruhe seines Anführers zu bewundern, mit der dieser auf den Telepathen zuging. Er selbst hätte sie nicht gehabt, nicht in dieser Situation, nicht, nachdem was vorgefallen war.

„Gibt es etwas, das unseren Plan gefährdet?“ fragte Aya und wurde dafür mit einem beißenden Lachen belohnt.

„Deine Unfähigkeit zum Beispiel?“, giftete Schuldig zurück und Youji fand seinen Anfangsverdacht mehr als bestätigt. Mit Schuldig und seiner Telepathie stimmte etwas nicht und die schlechte Laune des Telepathen war ein deutliches Indiz dafür, dass er sich nicht unter Kontrolle hatte, dass das ein für ihn ungewohnter Zustand war und er das ganz und gar nicht kompensieren konnte. Dass er nun auch noch gezwungen war, mit Weiß zu arbeiten und sich auf die gegnerische Gruppierung zu verlassen, besser gesagt, ihnen ausgeliefert war, rundete das Ganze vermutlich noch ab.

Youji gönnte Schuldig das immer noch alles aus ganzem Herzen.
 

„Oder etwa das Versagen deiner Kräfte“, gab Aya mit einer Leichtigkeit zurück, die sich Youji nicht zum ersten Mal fragen ließ, was wirklich in den fünf Tagen passiert war, in denen Aya unfreiwilliger Gast bei Schwarz gewesen war. Es war nicht so, dass er seinem Freund nicht glaubte, was ihm geschehen war, doch vielleicht verschwieg Aya etwas. Denn das, was er ihnen erzählt hatte, passte nicht zu dem bissigen, aber ungezwungenen Unterton, der in seiner Umgangsweise mit Schuldig lag. Es passte auch nicht dazu, dass dieser sich brutal den Weg in die Gedanken ihres Anführers gesucht hatte.

„Willst du einen Beweis, dass es nicht so ist?“

Aya überging den lauernden Ton. „Später. Jetzt haben wir einen Auftrag.“

„Fick dich, Weiß.“

„Nein, das werde ich nicht tun. Aber ich weiß, wer zu diesem Zeitpunkt aller Wahrscheinlichkeit nach gefickt wird: Crawford und wenn du Pech hast, Naoe gleich mit dazu. Also. Wollen wir?“ Aya wartete Schuldigs Antwort nicht ab, sondern kam zu ihnen, in seinem Gesicht die grimmige Entschlossenheit, sich für das Kommende zu stählen.
 

Youji zog schamlos etwas Entschlossenheit für sich aus der Ruhe seines Anführers, auch wenn er unwillkürlich schauderte. Es roch durchdringend nach…zu wenig Mensch. Nach verlassenem, modernden Gemäuer, das nach und nach durch die Natur zurückerobert wurde. Er meinte Moos unter dem Geruch von Stahl und Blech zu vernehmen. Stehendes Regenwasser spiegelte den grauen Himmel, dort, wo das Dach eingestürzt war. Fast alle Stahlträger waren mit Graffitis besprüht und gaben dem Ganzen etwas Endzeitliches.

So stellte sich Youji die Welt vor, nachdem die Menschheit sie verlassen hatte. Die kühle Luft schauderte ihn und wärmesuchend zog er seinen Mantel enger.
 

Sie hatten Manx auf die stählerne Treppe an der Seite des Gebäudes platziert, damit sie sitzen konnte. Schuldig stieg langsam an ihr vorbei und verzog sich außerhalb ihres Sichtfeldes in den hinteren Teil des Gebäudes.

Ken kam zu ihm und Aya nickte auf Youjis fragenden Blick hin. Besser jetzt als später, sonst würden sie nie die Kraft dazu haben, ihre vermeintliche Verbündete zu befragen.

Behutsam nahm Youji die Kapuze ab, ebenso behutsam verfuhr er mit dem Knebel. Als er ihr jedoch die unordentlichen Haare aus dem Gesicht streichen wollte, entzog sie sich ihm mit einem wütenden Grollen und wich auf der Treppenstufe zurück, auf der sie saß. Mit der gleichen Ruhe hinderte Youji sie daran, sich auch noch zu erheben und trat dann einen Schritt zu Aya, während er ihr die Zeit ließ, ihre Umgebung in Augenschein zu nehmen.
 

Was ihr sah, gefiel ihr nicht. Youji konnte es ihr nicht verdenken, trotzdem lauerte in seiner Stimme der nur zu deutliche Befehl, seinen Worten Folge zu leisten, als sie Anstalten machte, sich ein weiteres Mal zu erheben.

„Bleib bitte sitzen, Manx“, sagte er ruhig und die erstaunlicherweise nicht verschmierten, roten Lippen verzogen sich zu einem wütenden Zischen.

„Warum sollte ich das tun, Balinese?“, hallte pures Eis durch die Stille und verlor sich in der Weite der Halle. Neben ihm schauderte Aya unwillkürlich. Den Zorn der Agentin auf sich zu ziehen war wahrlich kein schönes Gefühl und in ihrer jetzigen Verfassung war sie der Kälte des Orakels zu seinen besten Zeiten beunruhigend ähnlich.

„Weil wir mit dir reden müssen.“

„Dafür haben wir uns in einem Café getroffen. Bis ich plötzlich nicht mehr Herrin meiner Sinne war und ihr mich in einem verdammten Kofferraum gesteckt habt um mich zu entführen.“ Als Untermalung ihrer Worte erhob sie sich erneut. Erneut, dieses Mal bestimmter und grober als zuvor, drückte Youji sie zurück auf die Treppe.

„Ich weiß und wir werden es dir erklären. Aber du bleibst sitzen.“ Die Drohung war nun deutlich zu hören und mit zusammengepresstem Kiefer leistete Manx dem schließlich Folge.

Schweigend starrte sie ihm und Aya in die Augen und wartete sie auf die versprochene Erklärung. Die Kälte, die er in dem Grün erkannte, ließ Youji frösteln und sein Blick wandte sich hilfesuchend an Aya.
 

~~**~~
 

Manx wusste nicht, auf wen sie wütender sein sollte. Sich selbst, weil sie die Möglichkeit, dass Abyssinian mithilfe von Mastermind auch den Rest von Weiß unter seine Kontrolle gebracht hatte, nicht genügend gewürdigt hatte. Oder aber auf eben jenen, der es wagte, ihre Organisation zu verraten, sich mit Schwarz zusammen zu tun und sie zu entführen. Oder auf Youji und Ken, die es wagten, sich für seine Sache einspannen zu lassen.

Sie befanden sich am Hafen, wenn sie die Geräusche, die aus der Ferne zu ihr drangen, richtig interpretierte, eben dort, wo sie gerne ihre unliebsam gewordenen Gegenspieler entsorgten. Ihre Umgebung roch bereits danach, als wäre sie ein Grab und unwillkürlich schauderte Manx bei dem Gedanken daran, dass sie hier ihr Ende finden würde.
 

Auch das machte sie wütend.
 

„Es gibt mindestens einen Verräter in Kritikers Reihen“, begann Abyssinian ohne Umschweife und innerlich lachte Manx bitter auf. Äußerlich konzentrierte sie sich jedoch darauf, ruhig zu bleiben und zumindest den Eindruck von Fassung zu erwecken. Vielleicht würde das ihre Lebensspanne so lange verlängern, bis sie einen Plan oder zumindest eine Idee hatte, wie sie sich aus dieser Situation befreien konnte.

„Ja, dich, Abyssinian“, zischte sie, doch zu ihrem Unbill ließ er sich nicht aus seiner selbstgerechten, verräterischen Ruhe bringen.

„Nein, nicht mich. Birman.“

Ihr Lachen hallte nun doch laut und hässlich durch den stillen Industriekomplex und ließ die vor ihr stehenden Agenten zusammenzucken. Richtig so. Sollten sie ein schlechtes Gewissen und Angst vor dem haben, was kommen würde.

„Redest du dir das ein, ja? Redest du das ihnen ein? Wurde dir das durch Schwarz eingepflanzt?“, fragte sie und deutete mit dem Kinn auf Ken und Youji. Abyssinian maß sie nachdenklich, bevor er erneut den Kopf schüttelte.

„Omi wurde entführt, Manx. Von Lasgo, dem Mann, den ich töten sollte und es nicht konnte, weil er gewarnt wurde. Von Birman, die mit ihm gemeinsame Sache gemacht hat… wie lange schon, weiß ich nicht.“
 

Omi wurde entführt? Mit aller Macht hinderte sich Manx an einem Zusammenzucken. Das war ihr neu. Bislang hatte sie davon keine Kenntnis gehabt und die sich darauf anbahnende Katastrophe ließ sie sich wünschen, dass Abyssinian sie angelogen hatte. Auch wen sie ahnte, dass es sich dabei nicht um eine Lüge handelte. Eisern verbot sich Manx, darauf zu reagieren. Sie würde ihre eigenen Möglichkeiten haben, darauf zu reagieren und an Informationen zu gelangen.

Anstelle dessen legte sich blanker Hohn auf ihre Züge, als sie der anderen, dreisten Lüge des abtrünnigen Agenten lauschte. Birman sollte sie verraten haben? Definitiv die Einwirkung von Schwarz. Von alleine würde Abyssinian niemals auf einen solch absurden Gedanken kommen. Nein, das war die Unwahrheit.

„Aya hat die beiden zusammen bei Lasgo gesehen, wie sie sich vertraut unterhalten haben“, mischte sich Youji ein und Manx fixierte ihn, legte langsam den Kopf schief. War es also das, was sie ihm Glauben gemacht hatten? War das ihre Variante der Wahrheit?

„Natürlich. Und das alleine ist Grund genug für Weiß, gemeinsame Sache mit Schwarz zu machen? Meine Güte, was haben wir euch schlecht ausgebildet“, spottete sie in die missfallenden Gesichter ihrer Agenten. Ehemaligen Agenten. Sie sah, dass ihre Worte dort trafen, wo es schmerzte und das war ihr recht so. Das und viel mehr hatten sie für den Verrat an ihren Idealen, Verrat an all dem, wofür sie in den letzten Jahren gekämpft hatten, verdient.

„Lasgo hat auch zwei Mitglieder von Schwarz entführt.“ Abyssinian erneut, dieses Mal mit Worten, die der Wahrheit näherkamen. Er machte sich also Sorgen um die Schwarz? Natürlich. Dumm von ihm, dass er sie es sehen ließ. Manx hob die Augenbraue und verlagerte ihr Gewicht um sich den durch ihre gefesselten Hände entstehenden Druck auf die Schultern etwas zu erleichtern; die lange Fahrt in dem Wagen hatte bereits ihre Spuren hinterlassen. Wütend auf ihre eigene Unfähigkeit, sich aus den Fesseln zu befreien, nachdem sie tumb in die Falle getappt war, grollte sie. Ihre Wut auf die beiden Schwarz zu richten, schien da ein guter Weg.

„Umso besser. Die restlichen Beiden sollten leicht einzufangen oder zu töten sein.“
 

Abyssinian schüttelte den Kopf, blass, aber immer noch so ruhig, als würde er sich im Recht befinden. „So einfach ist das nicht, Manx.“

Sie lachte bellend. „Doch. Genauso einfach ist es. Sie sind permanente Ziele, sie gehören einer Gruppierung an, die Kritiker vernichten wollen, weil sie Böses tun und diejenigen unterstützen, die dieses Land korrumpieren und ins Chaos stürzen wollen. Euer Auftrag ist es, die Unschuldigen zu schützen, Balinese, Siberian und Abyssinian. Mitleid und Nachsicht mit dem Feind ist fehlplatziert und euer verdammter Untergang! Insbesondere wenn sie es waren, die durch die Entführung Bombays die Regeln gebrochen haben“, entkam es voller Frust ihren Lippen, bevor sie sich beherrschen konnte. Die Regeln gingen ihre Teams nichts an. Erbost klirrten die Kettenglieder ihrer Handschellen unter der Beanspruchung.
 

Doch anscheinend reichte ihre Tirade vorher aus, um den letzten Teil des Satzes untergehen zu lassen. Wütend drehte sich Abyssinian weg, nachdem dessen Gesichtsausdruck eindeutig gesagt hatte, dass er sie sonst geschlagen hätte. Mit nichts Anderem rechnete sie auch, wenn sie ehrlich war. Drei tiefe Atemzüge brauchte der verräterische Anführer von Weiß, bis er sich wieder zu ihr zurückdrehte und ihr wieder in die Augen sehen konnte.

„Crawford hatte den gleichen Auftrag wie ich auch: Lasgo zu töten. Lasgo hat ihn enttarnt, gefangen genommen und vergewaltigt. Er hat ihn mir geschenkt“, sagte er schließlich in der gleichen Art, wie er seine Missionsreports ihr gegenüber gab. Widerwillig hörte Manx ihm zu.

„Nach drei Tagen hat er ihn sich zurückgeholt und während ich die Bomben auf dem Gelände verteilt habe, um Lasgo zu töten, habe ich Crawford gefunden. Erneut…“ Aya machte eine Handbewegung, die Manx nur zu genau verstand, auch wenn ihre Wut nicht wahrhaben wollte, mit was Abyssinian genau ein Problem hatte, ebenso wenig wie sie wahrhaben wollte, was er ihr gerade gesagt hatte. Das klang nach vollkommenem Unsinn, aber nicht nach Unsinn, der Abyssinian durch Schwarz oder Rosenkreuz in sein Hirn gepflanzt worden war. Warum sollten sie ihm so etwas vorgaukeln? So etwas Intimes und Beschämendes, das der Stolz des Orakels sicherlich nicht zulassen würde.
 

„Ich habe ihn gerettet und mitgenommen.“
 

Gerettet und mitgenommen. Natürlich. Abyssinian rettete Oracle das Leben und befreite ihn aus seiner Gefangenschaft, nachdem er ihm geschenkt worden war. Das war absurd. Zu absurd, um nicht die Wahrheit zu sein, merkte eben jene kleine Stimme in ihr erneut an. Aber das passte nicht zu Birmans Verrat. Niemals würde die Agentin sie verraten. Niemals würde sie ihre Gerechtigkeitsliebe zugunsten eines verbrecherischen Arschlochs aufgeben.
 

Manx zischte. „Rührende Geschichte, Abyssinian. Lässt dich das Helfersyndrom weich werden?“, spöttelte sie lauernd und auch dieses Mal schüttelte Aya beherrscht den Kopf.

„Nein, das ist es nicht. Birman hat sich ebenfalls an Crawford vergangen, zusammen mit Lasgo.“
 

Niemals!, gellte es in Manx. Das war eine Lüge. Das konnte nichts Anderes sein als das. Doch, so erkannte sie, das war hier nicht wichtig. Birman lag versorgt in ihrer Krankenstation und wurde schwer bewacht. Sie war zum jetzigen Zeitpunkt lediglich eine Ablenkung vom eigentlichen Problem.

„Selbst wenn sie es getan haben sollte, sehe ich immer noch keinen Grund, mit Schwarz zu kollaborieren“, erwiderte Manx und begegnete immer noch der ausgesuchten Ruhe und Vorsicht Abyssinians. Wieder ging er nicht auf ihren Einwurf ein, sondern berichtete weiter, als hätte sie ihn nicht provoziert.

„Nachdem ich wieder ins Koneko zurückgekehrt bin, haben mich Birman und Lasgo aufgesucht. Sie hat mich mit dem Leben meiner Schwester erpresst, wenn ich nicht das tue, was sie und Lasgo von mir verlangen und wenn ich auch nur einen Ton zu Kritiker oder meinem Team sage. Birman hat mir den Auftrag gegeben, Perser zu töten.“
 

Manx blinzelte. Wie bitte? Das sollte sie glauben? Wieso in aller Welt sollte Birman Abyssinian den Auftrag geben, Perser zu töten? Das konnte doch nicht sein.

Eine Sekunde lang huschten Zweifel über ihr Gesicht und die Sekunde reichte der scharfen Beobachtungsgabe Abyssinians, sich verflucht noch einmal genau darauf zu stürzen.

„Als Omi durch Schwarz ins Koneko zurückgebracht wurde und wir in das Safehouse übergesiedelt sind, hat Crawford meine Schwester und mich entführt. Meine Schwester als Druckmittel, damit ich für ihn arbeite.“

Insbesondere der letzte Teil des Satzes machte sie überschäumend wütend. Das war gegen alle Regeln, die aufgestellt worden waren. Das war über die Verträge hinaus eine solch grobe Verletzung, dass es natürlich eine Kriegserklärung an Kritiker seitens Rosenkreuz war. Aber auch das ging Weiß nichts an, so konzentrierte sie sich auf den einzigen wichtigen Punkt, den sie mit Abyssinian zu besprechen hatte. Um den Rest konnte und würde sie sich kümmern, wenn sie dieser Katastrophe hier entkommen sollte.
 

„Dein Schweigen in dieser Angelegenheit ist Verrat, Abyssinian. Nichts Anderes als das.“

Er nickte und ungläubig ob dieses selbstverständlichen Geständnisses starrte sie ihm in die Augen. „Ja, das ist es. Aber ich wusste nicht, ob nur sie Verrat begangen hatte oder wer noch mit drinsteckt. Du zum Beispiel.“

Manx lachte erbittert. „Ich? Kritiker verraten? Wie dumm bist du denn?!“, zischte sie und ihr Oberkörper schnellte vor, als wolle er sich von den ihn bindenden Fesseln befreien. Abyssinian wich nicht zurück, das musste man ihm zugute lassen. Er trat einen Schritt auf sie zu, als würde er ihr im Kampf entgegentreten wollen. Mut hatte er.

„Ich hätte auch niemals angenommen, dass Birman die Ziele von Kritiker verraten wird, Manx. Sie hat mich damals angeworben für unsere Sache. Sie war diejenige, die mich hat leben lassen und mich Weiß vorgestellt hat. Wie soll ich mir dann bei dir sicher sein?“
 

Manx erkannte mit einem Mal, was sie vorher nicht hatte wahrhaben wollen. Der Mann vor ihr war verzweifelt und irrte durch das Chaos, das er selbst angerichtet hatte mit seinem Handeln. Er warf ihr gerade keinen Verrat vor, er wollte von ihr eine Bestätigung, dass dem nicht so war. Weiß wartete auf irgendeine Bestätigung, dass dem nicht so war. Manx seufzte tief. Loyalität innerhalb eines Teams war wünschenswert, aber in diesem Moment verfluchte sie jedes einzelne Fünkchen an Freundschaft, das Weiß in den letzten Jahren aufgebaut hatte.
 

Und es wurde Zeit, dass sie die Kontrolle über die Situation zurückgewann.
 

„Und da warst du umso erleichterter, dass sich Schwarz deiner angenommen hat anstelle dich schon vorher an mich oder Perser zu wenden? Oder da schien euch jetzt Schwarz als geeignete Lösung um Omi zurück zu holen? Ausgerechnet Mastermind, der Omi gefoltert hat? Ist es das, was du wolltest?“, provozierte sie bewusst und besah sich die Reaktionen des aus dem Ruder laufenden Teams. Da war viel schlechtes Gewissen, noch mehr Entschlossenheit und am Meisten natürlich Dummheit aufgeteilt auf drei Personen.

„Nein, das war ich nicht. Ich war nicht freiwillig da. Ich wäre nie freiwillig mit Crawford gegangen, wenn er mich nicht mit meiner Schwester erpresst hätte. Aber es ist das, was sich schlussendlich, trotz aller Bitterkeit, als Lösung in einer Situation ohne Ausweg anbot“, erwiderte Abyssinian und löste seine Arme aus ihrer starren Haltung. Hilflos zuckte er mit den Schultern. „Wenn ich gewusst hätte, wem ich mich anvertrauen könnte, dann wäre es nicht soweit gekommen. Ich habe mich nur an den Strohhalm geklammert, der sich mir geboten hat. Und der heißt gerade Zusammenarbeit mit Mastermind um Omi zurückzubekommen.“
 

Lange ließ sich Manx die Worte des rothaarigen Mannes durch den Kopf gehen. Kritisch runzelte sie schließlich die Stirn. „Wirst du, nein, werdet ihr euch beim nächsten Mal auch wieder so entscheiden, wenn ihr scheinbar ein Problem mit eurer Organisation habt?“, fragte Manx so neutral, wie sie es konnte. Sie sah Siberian an, der merklich schluckte. Balinese, der lächelnd den Kopf schüttelte. Ebenso wie Abyssinian. Ohne auf ihre Frage einzugehen, sah er zu seinem Team und hob fragend die Augenbraue. Die beiden Männer nickten und Abyssinian sah wieder zu ihr zurück.

„Unsere Treue gilt den Prinzipien, für die Kritiker steht. Niemals würden wir freiwillig für die schlechte und verdorbene Seite arbeiten. Aber, und da spreche ich nur für mich, meine Liebe gilt meiner Schwester. Für das Leben meiner Schwester habe ich mich von Kritiker anwerben lassen.“

„Und um Rache an Takatori zu üben.“

Er nickte. „Genau das. Daran hat sich nichts geändert, auch nicht in dem Moment, in dem ich Crawford gerettet habe. Auch nicht nach meiner Zeit bei Schwarz.“
 

Sie kannte den Mann gut genug um zu wissen, dass die Worte, die er sagte, der vollen Wahrheit entsprachen. Und dennoch war es Wut, die in ihr hochkochte bei Erwähnung des feindlichen Teams.

„Ich verstehe nicht, wie ein Mann, der so hasserfüllt ist wie du, Abyssinian, plötzlich umschwingt und mit dem Feind kollaboriert. Und ich verstehe erst recht nicht, dass IHR“, sie wandte sich an Ken und Youji. „...euch dazu hinreißen lasst, euer gesamtes Leben und all das, was ihr erreicht habt, für einen wagemutigen Plan und eine fixe Idee aufs Spiel zu setzen. Ihr wisst, was die Folgen eines solchen Handelns sind und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ihr mich entführt habt, um mich in einer verlassenen Lagerhalle umzustimmen... oder umzubringen, wenn ich mich nicht umstimmen lasse.“
 

„Wir wollen dich nicht töten, Manx.“ Ehrlich empörte Worte waren es, die Balineses Mund verließen. „Wir wollten mit dir reden, in Ruhe, ohne Störung. Und wir brauchen einen Plan.“

„Einen Plan?“

„Um Omi zu retten.“

Manx ließ sich keinen Moment lang täuschen. „Und die beiden Schwarz.“

Abyssinian war es, der nickte und es war unzweifelhaft sein Helfersyndrom gegenüber dem Orakel, das ihn diese Entscheidung treffen ließ. War auch das die Wahrheit? War es Lasgo tatsächlich gelungen, das Orakel von Schwarz zu überlisten? Sie runzelte die Stirn, als sie die zeitliche Abfolge der Ereignisse noch einmal überdachte. Doch warum der Vertragsbruch? War es trotz des Ereignisses geplant gewesen?

„In gewisser Weise sind wir es ihnen schuldig.“

Manx zischte. „Ihr seid ihnen gar nichts schuldig. Nehmt sie gefangen, tötet sie, wo sie nun schwach sind. Keine Gnade mit Verbrechern.“ Noch hatten sie die Möglichkeit, den Vertragsbruch zu ihren Gunsten zu nutzen.

Aya schüttelte den Kopf. „Nein, dann sind wir nicht besser als sie, Manx. Töten können wir sie immer noch, aber erst dann, wenn es ein Tod auf Augenhöhe ist. Das ist das Prinzip, für das wir stehen.“
 

Erbost grollte Manx ob der hirnrissigen und dummen Argumentation. Für einen Augenblick war sie wirklich versucht, Weiß die ganze Wahrheit aufzutischen. Ein Tod auf Augenhöhe, dass sie nicht lachte. Wenn Schwarz wieder komplett sein würde, dann wäre es kein Tod auf Augenhöhe, sondern unnötig schwere Arbeit, insbesondere vor der jetzigen Herausforderung.

„Sie sind hier nicht die Unschuldigen, Abyssinian“, presste sie hervor.

„Nein, sind sie nicht. Aber irgendetwas ist hier faul, Manx und wir haben keine Ahnung. Schuldig hat keine Ahnung. Schwarz hatte den Auftrag, einen korrupten Geschäftspartner Takatoris zu töten. Weiß hatte den gleichen Auftrag. Und dann taucht Lasgo auf und entführt Omi und Crawford, nachdem er vorher schon Naoe in seine Gewalt gebracht hat. Irgendwoher hatte er die Informationen, wann wir uns wo befinden. Die wichtige Frage ist, woher.“
 

Durchdringend starrten sie sich an. Manx sah, dass er versuchte, zu erkennen, ob sie ein Teil der Verschwörung war. Abschätzig schnaubte Manx. Nein. Niemals.

„Von mir sicherlich nicht. Von Perser auch nicht.“ Die Frage war dann aber tatsächlich, wem in ihrer Organisation sie noch vertrauen konnten.
 

Bewusst poltrige Schritte hinter ihr schreckten sie aus ihren Gedanken hoch.
 

„Sie sagt die Wahrheit“, schnarrte seine Stimme durch die Stille der Halle und keine Sekunde später schnippte ihr der Telepath des feindlichen Teams gegen die Stirn, als sie sich überrascht zu ihm umdrehte. Zum Dank dafür versuchte Manx ihm die Beine wegzutreten, doch er bewegte sich schneller aus ihrer Reichweite heraus sie ihn erreichen konnte. Lachend sprang er von der Treppe auf den Boden und verzog für einen kurzen, aber sehr befriedigenden Augenblick das Gesicht vor Schmerzen, als seine anscheinend lädierte Schulter und Nase durch das unsanfte Aufkommen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Manx rollte mit den Augen vor so viel Dummheit und hob bedeutungsschwanger die Augenbraue.

„Mastermind“, schnarrte sie wenig erfreut über seine Anwesenheit und er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe.

„Der einzig Wahre. Hallo, Rote.“
 

Angespannt schwieg sie und musterte den Schwarz intensiv von oben bis unten. An seiner ausgerenkten Schulter blieb sie hängen, ebenso wie an der gebrochenen Nase.

„Das war ich“, schmunzelte Balinese und ihre grünen Augen kamen auf ihm zum Ruhen. Schuldigs blaue Augen hingegen waren nicht halb so begeistert wie die ihres Agenten.

„Danke für die Erinnerung“, lauerte der unbedingte Wille nach Rache in den harschen Worten des Deutschen und nun war es Abyssinian, der mit den Augen rollte.

„Können wir das auf nachher verschieben?“, richtete er an die Beiden, wurde jedoch mit keiner Antwort gewürdigt.
 

„Du hast mich scannen lassen?“, kam Manx zum Wesentlichen und er nickte schweigend in ihre Wut hinein, die trotz allem Wissen um die Tatsache, dass der Telepath von Anfang an dabei gewesen war, in ihr schwelte.

„Ich will auf Nummer sicher gehen, Manx. Ich bin nicht bereit, das Leben meines Teams oder aber das Leben meiner Schwester für einen weiteren Verrat aufs Spiel zu setzen.“

„Und was hat dein Haus- und Hoftelepath lesen können?“, grimmte sie wütend, mit höhnischem Blick auf den besagten Deutschen, der zielsicher von Abyssinian zurückgehalten wurde, als er vorpreschen und sie schlagen wollte. Wie dünnhäutig doch das bisschen Schmerzen machen konnten.
 

„Du wirst sie nicht anrühren, Mastermind, haben wir uns verstanden?“ Manx überraschte die Drohung, die in den Worten Abyssinians mitschwang. So wie Schwarz mit Bombay umgegangen war, hatte sie erwartet, dass sie sich Abyssinian ähnlich gefügig machen würden. Doch bis auf ein paar sichtbare Blessuren in seinem Gesicht konnte sie keine Zeichen einer Unterwerfung an ihm ausmachen. Im Gegenteil. Abyssinian führte Weiß routiniert, während er Schuldig gerade in diesem Moment mit seiner Gestik und Mimik dominierte. Und bei aller offensichtlicher Verletzung des Telepathen, das wäre Abyssinian nicht gelungen, wenn ihre ganze Zusammenarbeit nicht schon einen Vorlauf hätte, der außerhalb ihrer Kenntnis lag.

Über Schuldigs Zorn hinweg lächelte Manx triumphierend.

„An die Leine gelegt durch Abyssinian. Dass ich das noch erleben darf, Mastermind. Hat sich der Tag also doch noch gelohnt.“

„Manx!“, protestierte Youji und Aya stemmte sich nun mit voller Gewalt gegen Schuldig, der nun definitiv nach ihrem Blut gierte. Seine Augen teilten ihr mit, dass er sie in Stücke reißen würde, wenn er sie zu fassen bekam. Sie spiegelte den Hass aber mit Leichtigkeit. Er hatte noch viel mehr dafür verdient, dass er Bombay gefoltert hatte. Viel, viel mehr.

„Du hast mir keine Befehle zu erteilen, Weiß. Und wenn diese Hure mich - “
 

„Arielle ist keine Hure.“
 

Es war, als hätten diese Worte die Zeit und alle Geräusche einfrieren lassen.

Zunächst konnte Manx die rauen, leisen Worte nicht zuordnen, die direkt hinter ihr gesprochen worden waren und nur zu deutlich den Weg an ihre Ohren fanden. Sie konnte die Stimme und den Sinn nicht zuordnen, der sich ihr erschließen sollte, insbesondere in diesem Moment, in dem sich die gezackte, kühle Klinge eines Messers an ihren Hals presste und ihren Kopf mit roher Gewalt zurückdrängte an ein Schlüsselbein, das, nach einem kurzen, hektischen Blick, niemand anderem gehörte als dem verrückten Iren des feindlichen Teams. Woher der weißhaarige Dämon gekommen war, der hinter ihr auf den Treppenstufen hockte, wusste sie nicht. Wieso niemand einschließlich ihr ihn bemerkt hatte, auch nicht. Aber er war da, er und seine Klinge, die zwar noch kein Blut hervorbrachte, dafür aber eine umso größere Stille nach sich zog, in der man problemlos noch bis zum nächsten Block eine Stecknadel hätte fallen hören können.
 

Sie hatte selbst als sie sie entführt hatten nicht soviel Angst vor dem, was kam, wie vor dem, was in diesem Moment kommen würde.
 

~~**~~
 

„Farfarello, leg das Messer weg“, war es Aya, der als Erstes die Sprache wiederfand. Seine Stimme war nicht halb so fest wie bei Schuldig nur einen Moment zuvor, daher hegte er keine großen Hoffnungen, dass der Ire auch nur darüber nachdachte, ihm zu gehorchen. Trotzdem musste er es versuchen. Irgendwie. „Geh weg von ihr.“
 

Wie er es befürchtet hatte, verloren sich seine Worte in der Leere von Farfarellos hellem Auge und ein leichtes Schmunzeln lag auf den bleichen, vernarbten Lippen.

„Warum sollte ich?“, hauchte der Schwarz in Manx‘ Ohr und presste die Klinge enger an ihren Hals und schmiegte seine Wange an ihre langen, roten Haare. Gehorsam ließ Manx das über sich ergehen, auch wenn Aya sah, dass sie sich am Liebsten mit jeder Faser ihres Körpers gegen den Griff und die Drohung gewehrt hätte. Panik war aber ein schlechter Ratgeber, insbesondere dann, wenn es Farfarello betraf. Das wusste er. Das wusste glücklicherweise auch Manx.

„Weil sie nicht sterben darf.“ Dieses Mal war seine Stimme fester und glaubwürdiger.

„Hmmm.“ Der genießerische Unterton jagte Aya einen Schauer über den Rücken, ebenso wie Farfarellos Nase, die nun auf Spurensuche durch die Haare der Kritikeragentin ging und ihn wohlig schaudern ließ.

„Arielle aus dem Meer, an Land gespült durch ihre eigene Gier“, wiederholte er und strich mit der freien Hand langsam über die rote Mähne. „Wo ist dein Prinz, der dich aus den Fängen von Ursula befreit?“, fragte er sie und die Kritikeragentin zitterte vor Angst und Wut, wie Aya nun an ihren Lippen erkannte, an dem eisern aufeinander gepressten Kiefer.
 

Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus, in der Aya einzuschätzen versuchte, wie sich der Ire verhalten würde. Er scheiterte und auch sein nach Hilfe suchender Blick in Richtung Schuldig gab ihm da keine weiteren Aufschlüsse. Wütend, aber stumm starrte er sein Teammitglied an, die gesunde Hand zur Faust geballt. Während Aya noch fiebrig überlegte, mit was für einer Antwort sie Farfarello umstimmen konnten, Manx umzubringen, war es ausgerechnet sie, die die Situation anscheinend mit ihrer Wut noch schlimmer machen wollte. Aya war versucht, die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen.
 

„Ich…brauche keinen Prinzen, der mich rettet“, erwiderte Manx zornig und Farfarello runzelte verwirrt die Stirn.

„So ist aber das Märchen“, sagte er mit einer derartigen Bestimmtheit, als ob er annehmen würde, dass sich eben dieses auch erfüllen müsste. Als wenn Manx die ihr zugeschriebene Rolle zu erfüllen hatte. War es das, was Farfarello von anderen Menschen dachte? Dass sie die Rollen aus den Märchen und den Disneyfilmen zu spielen hatten? Lag darin der wirkliche Irrsinn des Schwarz?

Aya sah Schuldig mit den Augen rollen.

„Berserker, hör auf mit dem Scheiß. Wir können gerade keine Disneyschnulzen gebrauchen“, stöhnte der Telepath und Farfarello legte amüsiert den Kopf schief.

„Ich will sie behalten.“

„Nein!“ Youji und Manx pressten das Wort gleichzeitig hervor, in der gleichen Tonlage und der gleichen, empörten Angst.

„Lass sie los“, befahl Schuldig nun schärfer und löste sich von Aya. Dieser ließ ihn nur zu bereitwillig gehen. „Wir brauchen sie um Crawford und Naoe zurück zu bekommen. Sie ist wichtig. Tot nützt sie uns nichts.“

„Arielle kann nicht sterben.“

Aya grollte. „Farfarello!“

„Die Gute kann nicht sterben…“

In Gedanken versunken schmiegte sich Farfarello an Manx, deren schneller Atem in der kalten Industriehalle kleine hektische Wölkchen bildete.
 

„Ich mochte den Film.“

Wieder war es Stille, die auf unwahrscheinliche Worte folgte. Aya starrte ihre Agentin an, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen. Schuldig war in seinem Vorhaben, zu Farfarello zu gelangen, ebenso erstarrt und verharrte stumm.

Der Ire selbst war ebenso erstaunt und sein goldenes Auge nachdenklich ruhte auf ihren roten Lippen.

„Ist das so…?“, fragte er lauernd und Manx nickte, soweit es das Messer zuließ. Das Summen, das ihre Kehle verließ, war zunächst gepresst, wurde dann jedoch klarer, als Farfarello den Druck wegnahm. Aya kannte das Lied nicht, aber anscheinend hatte es etwas mit dem Film zu tun, so wie Schuldig aufstöhnte.

„Neue beste Freundin…“ rollte er mit den Augen und wandte sich dann an Aya. „Lassen wir sie alleine, das kann noch dauern.“
 

Aya sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
 

Neben ihm tat Youji vorsichtig einen Schritt nach vorne, als er sah, dass sich Farfarellos Aufmerksamkeit auf die rothaarige Kritikeragentin richtete. Anscheinend versuchte er abzuschätzen, ob sich der Bruchteil einer Sekunde, die er vielleicht Vorsprung hatte, positiv oder negativ auf Manx‘ Wohlbefinden auswirken oder ob der Ire die Drohung des Messer an ihrem Hals wahrmachen würde.

„Da kommt er, der Prinz“, murmelte Farfarello in Manx‘ Ohr und sein goldenes Auge richtete sich auf Youji, der in seinen Bewegungen einfror. Stumm taxierten sie sich, untermalt von dem sich schnell hebenden und senkenden Brustkorb der rothaarigen Frau und ihrem Atem, der wie ein unsteter Vogel davonflog.

„Aber du siehst gar nicht aus wie Ursula“, wisperte sie leise und sicherte sich damit erneut Farfarellos Aufmerksamkeit. Nachdenklich betrachtete er sie und nickte schließlich, als er zu einem Ergebnis kam.
 

„Die Schlüssel“, stellte er an niemandem Bestimmten adressiert in den Raum.

„Welche Schlüssel?“, fragte Youji schließlich, als niemand reagierte und Farfarello fixierte ihn mit nachsichtigem Vergeben. So wie man einem kleinen Kind vergab, wenn es etwas Dummes gemacht hatte. Aya hob die Augenbraue. Er kannte diesen Blick, hatte ihn auch ein paar Mal geerntet in den Tagen, in denen er nicht ganz bei sich gewesen war. Nicht jedoch, als er das falsche Badezimmer genutzt hatte. Da sicherlich nicht.

„Die Schlüssel“, wiederholte der Schwarz und das Messer presste sich erneut gegen den Hals. Manx grollt unterdrückt, überrascht und wenig erfreut über die neuerliche Drohung. Aya zuckte es in den Fingern, sein Katana zum Einsatz zu bringen, doch er beherrschte sich mühsam und eisern.

„Er meint die Handschellen“, winkte Schuldig lapidar ab, als würde Farfarello nicht gerade ihren gesamten Plan sprengen, Manx noch weiter von ihnen wegtreiben und die Aussicht auf Erfolg in weite Ferne verschieben. Aya hasste beide in diesem Moment. Aus ganzem Herzen.
 

Er tauschte einen Blick mit Ken aus, nickte ihm zu bedeutete ihm, Farfarello die Schlüssel zu geben. Langsam trat Ken vor und holte deutlich und ebenso langsam zog er den Schlüssel für die Handschellen hervor. Er zeigte ihn Farfarello und wartete auf, was dieser tun würde.

Stille trat zwischen sie und es dauerte ein paar Augenblicke, bis sich die freie und vernarbte Hand des Iren ausstreckte. Vorsichtig tat Ken einen weiteren Schrit bis zu dieser Hand und legte schließlich das unscheinbare Stück Metall hinein. Während er sich zurückzog, gab Farfarello Manx den Schlüssel in die gefesselten Hände.

„Du brauchst keinen Prinzen. Dann rette dich selbst“, lächelte er verträumt und wartete ab, das Messer in spielerischer Drohung an ihren Hals gelegt, dabei die Melodie von Arielle summend. Aya verstörte das nur umso mehr und sein Blick ruhte fragend auf Schuldig.

~Das ist noch harmlos~, drang dessen genervte Stimme in seine Gedanken ein und Aya zuckte zusammen. Wie wenig hatte er das vermisst.

~Dein Pech.~
 

Ja, Götter und Ahnen mussten ihn wirklich hassen.
 

Angespanntes Schweigen begleitete Manx‘ Versuche, sich von ihren Fesseln zu befreien. Schließlich klickten die Handschellen und Farfarello verstummte. Aufmerksam beobachtete er, wie sie ihre Hände nach vorne zog und sie scheinbar locker auf ihrem Schoß ablegte.

Farfarello lächelte und schmiegte sich erneut in ihre Haare, die es ihm anscheinend angetan hatten.

„Tapfere Arielle. Tapfere, mutige Prinzessin.“

„Wenn du nicht Ursula bist, wer bist du dann?“, fragte sie schließlich, als Farfarello keine Anstalten machte, ihr die Kehle durchzuschneiden oder sie freizulassen.

„Sebastian.“

„Die Krabbe?“

„Der Musikant.“

„Hm.“
 

Aya bewunderte die vorgetäuschte Ruhe, hinter der Manx ihre Angst schließlich versteckt hatte. Sie war latent in jedem ihrer Worte vernehmbar, aber ihr Denken und Handeln bestimmte eine eiskalte Ruhe, die er schon seit Beginn an ihr wahrgenommen hatte, als wäre sie die weibliche Variante des Orakels. Aya zuckte bei dem Gedanken zusammen und selbst Schuldig warf ihm einen schmutzigen Blick zu.
 

„Sie verstehen nicht.“

„Weiß?“

„Und der Telepath.“

„Was verstehen sie nicht?“

„Was sie falsch machen.“

„Aber du weißt es.“

„Natürlich.“

„Warum sagst du es ihnen nicht?“

„Weil sie es nicht verdient haben. Weil er seinen Kreaturen den freien Willen gegeben hat, den sie zu nutzen haben. Keiner seiner Engel darf sich ihnen in einer solchen Absicht nähern…zu helfen, wo es keine Hilfe außer dem eigenen freien Willen und Denken bedarf.“

„Du bist einer von ihnen?“
 

Aya sah, wie Schuldig sich versteifte und das war kein gutes Zeichen. Ganz und gar nicht. Farfarellos Obsession mit Gott und dessen Schuld, die er zu begleichen hatte, war ihm nur zu lebendig und ekelerregend im Gedächtnis. Die Manie, dass Gott ihn wahrnehmen müsse mit dem, was er tue, war bereits damals zu gefährlich und zu unberechenbar gewesen, als dass Manx das nun mit einem Messer an ihrer Kehle gebrauchen konnte.

Eben jenes Messer, das nun Blut hervorbrachte, als es sich enger an den Hals drückte und Manx leise röcheln ließ.

„Jei.“

Schuldigs Stimme war außergewöhnlich ernst und ruhig. Aya überraschte das, war es doch eine Intonation, die er so noch nie wirklich aus diesem Mund gehört hatte. Farfarello schien ebenfalls nicht wirklich gewöhnt an diese Stimme zu sein. Verwirrt blinzelte er und legte den Kopf schief, starrte den Telepathen über Manx hinweg irritiert an.
 

„Jei“, versuchte es Schuldig noch einmal. „Sie versteht es nicht. Erkläre es ihr.“

„Sie braucht keinen Prinzen.“

„Aber sie weiß nicht.“

Der Ire wog die Worte seines Teammitgliedes ab und minderte dann den Druck auf den Hals. Erleichtert atmete Aya auf, als er sah, dass Manx wieder frei und ungehindert Luft bekommen konnte. Mittlerweile hatte er jeden Versuch aufgegeben, in den nächsten Sekunden an den Iren heran zu kommen. Zu geschickt hielt er sich in ihrer Nähe auf. Zu schnell hätte er ihr die Kehle durchgeschnitten, noch bevor sie sie erreichen könnten.

„Er ist beschädigt worden, geschlagen, vernichtet beinahe. Sein Sohn, wie Abrahams Sohn auch, liegt auf dem Opferaltar seiner Eitelkeit und seines Glaubens, bereit dazu, eines Lammes geschlachtet gleich zu werden. Einer der vermeintlichen Könige hat sich ihrer bemächtigt und legt ihn nun zu seinem Sohn. Und doch ist da ein Engel mit blonden Haaren und Pfeilen, so giftig wie SEINE Worte es sind. Auch er ist in den Fängen des falschen Königs. Und so müssen Dämonen und Engel versuchen, die Ihren aus den Fängen des falschen Königs zu befreien und ihre Seelen zu retten, bevor alles vernichtet ist, was geheilt werden kann.“
 

~Was in aller Welt meint er?~, richtete sich Aya gedanklich an Schuldig, doch dieser schüttelte nur unverständig den Kopf.

~Orakel, Prodigy, Bombay vermutlich.~

~Sie wird uns umbringen dafür.~

~Dein Problem, nicht meins.~

~Mit ihrem neuen, besten Freund da drüben wird es garantiert auch deines werden.~
 

Aya zuckte beinahe körperlich zusammen, als sich Manx Hand hob und sich langsam auf Farfarellos legte. Sacht zog sie an den Fingern, die das Messer in ihrem eisernen Griff hielten und löste es von ihrer Haut, entfernte es schließlich aus ihrer Nähe. Farfarello ließ es zu. Er blieb auch dann ruhig, als Manx ihm ihren Kopf zudrehte.

„Engel und Dämonen sind Feinde“, betonte sie ruhig und Farfarello schüttelte den Kopf.

„Nicht, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben um ihm ihre Freunde zu entreißen.“

„Ich kann das nicht erlauben, wenn es bedeutet, dass die eine Art die andere tötet, weil Regeln verletzt worden sind.“

Aya runzelte die Stirn. Die Worte, die anscheinend für Farfarello klar verständlich waren, erschlossen sich für ihn nicht. Bevor er jedoch den Mund aufmachen konnte, fuhr ihm Schuldig über die Fragen, die seine Lippen verlassen wollten.

~Halt den Rand, Fujimiya. Sei zur Abwechslung mal still~, kam der nicht ganz so freundliche Befehl, begleitet von einem warnenden Kopfschmerz. ~Jedes Wort, was du äußern wirst, wird es schlimmer machen.~
 

Aya beschloss, dass es in diesem Fall tatsächlich besser wäre, dem allzu subtilen Befehl zu folgen.
 

Er wandte seine Aufmerksamkeit auf Farfarello, der nickte. „Die Regeln wurden verletzt. Doch ich habe den trudelnden Satelliten zurück in seine Umlaufbahn gebracht. Weil die Regeln nicht hätten verletzt werden dürfen.“

Die Überraschung, die er nun zum ersten Mal auf Manx‘ Gesicht sah, ließ Aya frösteln. Was entging ihm hier?

„War es autorisiert?“ Was, wollte Aya frustriert in die leere Halle hinausschreien. Was verdammt nochmal waren die Regeln, was war autorisiert gewesen?

Farfarello schnaubte mit einer derartigen Verachtung, dass es Aya unwohl schauderte. „Nicht von ihr, sondern von der Hybris der Verzweiflung, Wut und Dummheit.“
 

Anstelle von Angst und Vorsicht kroch nun wieder der nachdenkliche Ausdruck der kühlen, sachlichen Kalkulation über Manx‘ Gesicht. Schweigend runzelte sie die Stirn und bohrte ihren Blick in das aufgebrachte Auge des Iren, das ihre Inaugenscheinnahme problemlos über sich ergehen ließ, mehr noch, sie sogar spiegelte und die Agentin mit seiner ganz eigenen Art und Weise analysierte. Minuten vergingen, in denen keiner etwas sagte, Minuten, bis die Stille unerträglich wurde und Manx zu einem Schluss kam.
 

„Nur dabei?“, fragte sie ruhig und wurde mit einem knappen Nicken belohnt.

„Nur dabei.“

Tief atmete sie ein, beinahe schicksalsergeben wieder aus. „Also gut“, fällte sie schließlich das Urteil, das Aya weder verstand noch nachvollziehen konnte und bei dem er nur erahnen konnte, was die Beiden gerade verhandelt hatten.

Es war Youji, der sich schließlich räusperte und mit einem fragenden Laut um Erklärung bat. Aya konnte dem nur beipflichten, da er nicht glauben konnte, was gerade passiert war. Hatte Farfarello gerade allen Ernstes die Verhandlungen für ihre beiden Teams übernommen und Manx umgestimmt? Unter Garantie nicht, unter Garantie hatte sie nur zugestimmt, weil er ihr ein Messer an die Kehle gehalten hatte.

Alles andere wäre zu absurd um es zu glauben.

„Jei. Lass sie gehen“, richtete Schuldig sich ein drittes Mal an den Iren. Dieser runzelte irritiert die Stirn. Dieses Mal richtete sich die Verachtung auf den Telepathen.

„Kein Prinz. Keine Ursula. Arielle ist frei“, winkte Farfarello knapp ab und Youji bedeutete Manx hastig, sich zu erheben.
 

Mit einem prüfenden Blick auf Berserker schraubte sie sich langsam in die Höhe und richtete sich auf. Erst als sie stand, gestattete sie sich, die geröteten Ringe um ihre Handgelenke zu reiben. Youjis Hand, die sich ihr entgegenstreckte, schlug sie aus und stieg zunächst unsicher die letzten drei Treppenstufen hinab aus Farfarellos direkter Reichweite.
 

Erst als ihre Füße den Boden berührten und sie ein paar Mal tief ein- und ausgeatmet hatte, richtete Manx ihre volle Aufmerksamkeit auf Youji und Aya schwante Übles. Alleine schon Schuldigs Gesichtsausdruck war ihm eine Vorwarnung für das Gewitter, dass sich nun zusammenbraute und er schluckte mühsam.

„Geht es dir g-?“, begann Youji, kam aber nicht weit, als sie ihm die Faust ins Gesicht trieb. Aya blinzelte, während Schuldig gehässig auflachte, was jedoch abrupt verstummte, als sich die grünen, vor Hass und Verachtung hellen Augen ruckartig auf ihn richteten. Was auch immer der Telepath darin oder in ihren Gedanken las, es ließ ihn stumm bleiben, während Youji schmerzerfüllt jaulte und etwas über eine gebrochene Nase murmelte.
 

Schweigend wandte sich Manx an Ken, der mit weit aufgerissenen Augen einen Schritt zurücktrat. Gleich eines Raubtieres setzte sie ihm nach und sein Fluchtversuch wiederholte sich zweimal, bis Manx schließlich stehen blieb und ihn eisig anlächelte.

„Hierüber unterhalten wir uns noch, Siberian“, lächelte sie mit einer derartigen eisernen Eiseskälte, dass es Aya eine Gänsehaut vor Unwohlsein verursachte.
 

Als sie sich schließlich an ihn direkt wandte, war es jedoch ihre Enttäuschung, die ihn innehalten ließ. „Ich habe dich und deine Schwester immer protegiert, Fujimiya. Ich habe dafür gesorgt, dass es ihr gut geht und dass sie die medizinische Versorgung erhält, die sie benötigt. Und nun wirfst du mir vor, unsere Ideale zu verraten, lässt mich durch einen widerlichen Telepathen überprüfen und lässt deine Schwester in den Händen von Schwarz und machst dich somit von Monstern abhängig, die nichts Anderes im Sinn haben, als Takatori an die Macht zu bringen, einen durch und durch korrupten Politiker, der deine Eltern auf dem Gewissen hat.“ Manx schüttelte den Kopf.

„Du enttäuschst mich und ich verlange von dir, dass du deine Entscheidung revidierst.“
 

Aya rührte sich nicht. Er schenkte ihr Glauben und er war froh um die Informationen, die sie von ihr erhalten hatten. Doch er konnte nicht zurückkehren, nicht auf den Verdacht hin, dass es doch noch Verräter in den Reihen von Kritiker gab, die ihn tot sehen wollten, weil sie Birmans Fraktion angehörten.

„Nicht eher, als bis unsere Teams wieder vollständig und die Verräter in Kritikers Reihen identifiziert sind, Manx. Dann stelle ich mich der vollen Verantwortung und der Konsequenzen für mein Handeln. Vorher gehe ich kein Risiko ein und lasse Aya oder mich von einem von Birmans Leuten umbringen.“

Sie legte den Kopf schief und einer der langen, roten Strähnen fiel ihr ins Gesicht. Unwirsch schob sie sie zurück.

„Den Konsequenzen wirst du dich stellen, Abyssinian.“

Aya nickte. „Das verspreche ich dir. Haben wir bis dahin eure volle Unterstützung, was unsere Pläne angeht? Und dein Versprechen, dass du uns nicht jagen wirst?“
 

Manx besah sich die zusammengewürfelte Gruppe. Außerordentlich lange ruhte ihr Blick auf Schuldig, noch viel länger jedoch auf Farfarello, während sie Youji nur kurz streifte und Aya mit eisiger Wut ansah. Es war Ken, an den sie sich schlussendlich wandte.

„Was sagst du dazu, Siberian? Ich will deine ehrliche Meinung.“

Ken erwiderte ihren Blick überrascht.

„Ich fühle mich unwohl dabei. Die da“, er deutete auf Farfarello und Schuldig, „sind unsere Feinde und mir nicht geheuer. Aber ohne die schaffen wir es nicht, weil wir keinen Ansatzpunkt haben und durch Omis Entführung unser Stratege fehlt. Aya hat Recht, dass da noch was Anderes dahintersteckt, das wir noch nicht greifen können. Ich möchte Omis Leben nicht riskieren, indem wir unvorsichtig handeln. Wenn wir Omi wieder zurückhaben, bin ich gerne bereit, die beiden da“, wieder deutete er auf die verbliebenen Schwarz, „zu jagen und umzubringen.“

„Als wenn, du Möchtegernfußballer“, spottete Schuldig und Ken zeigte ihm unaufgeregt den Mittelfinger.
 

Manx wog ihre Worte anscheinend sorgfältig ab und wandte sich schließlich an Schuldig.

„Solltet ihr auch nur in Erwägung ziehen, Weiß im Rahmen dieser Mission zu hintergehen, wird Kritiker euch vernichten.“

Schuldig lächelte eisig. „So wie sie es die letzten paar Jahre auch zu tun vermochten?“

Manx spiegelte das Lächeln, doch es war weitaus unangenehmer als Schuldigs es jemals sein konnte.
 

„So wie ich das sehe, arbeitet deine Telepathie nicht hundertprozentig zuverlässig. Zudem hast du eine lädierte Schulter und eine zumindest angebrochene Nase. Schwachstellen, Mastermind, die man nutzen könnte, wenn man denn wollte. Schaltet man dich aus, ist nur noch Berserker übrig. Das war es dann mit Schwarz.“

„Versuch’s und ich werde dir zeigen, was es bedeutet, uns zu bedrohen, Hexe“, zischte Schuldig erbost und wieder war es Farfarello, der sich einmischte.
 

„Die Dame des Hauses wird einen Verrat von Schwarz nicht zulassen“, trugen sich ruhige Worte durch die Halle und Schuldig zuckte brachial zusammen. Sein Blick ruhte mit stummen Schock auf Farfarello, der einer perplexen Manx zunickte, sich umdrehte und summend in die tiefen Winkel der Halle davon schlenderte.
 

Aya hatte das unbestimmte Gefühl, dass Farfarello nicht über Manx gesprochen hatte. Wer war die Dame des Hauses und wie passte sie in das, was passiert war?
 

~~~~~~

Wird fortgesetzt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Na guckt doch mal, da geht es doch bergauf. Irgendwie schonmal so ein bisschen. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Meggal
2019-03-08T11:55:37+00:00 08.03.2019 12:55
ui. *Kekse hinstell*

das war ja mal interessant. Ich bin verwirrt. Aber froh, dass ich mich nicht in ne Ecke kauern muss (außer die Sache mit Nagi... die gefällt mir nicht *sucht Tomaten*)

Aber alles in allem ein tolles Kapitel, ich freu mich auf mehr :)

Lg
Antwort von:  Cocos
08.03.2019 13:28
Heey :) *mampf*

Du bist verwirrt? Wovon? Kann ich da Licht ins Dunkel bringen?
Die Sache mit Nagi... Lasgo weiß eben, welche Strippen er ziehen muss um Crawford mürbe zu machen. O.o

Vielen lieben Dank für dein Lob! ;)

Antwort von:  Meggal
08.03.2019 22:16
Von der ganzen Situation zwischen Farf und Manx^^' einfach nur so: hä? xD

Ja... ich hoffe nur, dass es bei einer Drohung bleibt und er Nagi nichts noch schlimmeres antut!
Antwort von:  Cocos
08.03.2019 23:31
Ach daaas. Ja da kommt noch die Auflösung, das kann ich jetzt noch nicht verraten *flücht*. Sagen wir es mal so, sie verfolgen gemeinsame Interessen (obwohl 50% das noch nicht wissen).

Was Nagi angeht... :) Nächster Teil!


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