Que faire si? Oder: Was wäre, wenn ...? von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 28: Missverständnisse ----------------------------- „Warum sollte ich dir eine Chance geben?“ Hikari löste sich aus seiner Umarmung. Sie stand auf und ging auf das Fenster zu. Dabei schlang sie schützend ihre Arme um ihre Körpermitte. Nachdenklich schaute die Braunhaarige auf den Park von Odaiba. „Es hört sich jetzt blöd an, aber es ist nicht das, was du denkst.“ Takeru folgte ihr. Er wollte sie in seine Arme nehmen und sie trösten. Ließ jedoch von seinem Vorhaben ab, als er ihre zerbrechlich wirkende Gestalt und den in Kontrast dazu stehenden wütenden Gesichtsausdruck in der Fensterscheibe sah. „Woher willst du wissen, was ich denke?", erklang ihre leise Stimme. „Ich gebe zu, die Situation war eindeutig. Trotzdem ist es falsch bei dir angekommen.“ „Ich habe mitbekommen, wie du sie an dich gezogen hast. Ich habe gehört, was ihr gesagt habt. Ich habe gesehen, wie deine Zunge in ihrem Hals gelandet ist“, zischte sie ihn an. Langsam drehte Hikari sich um. Takeru musste schlucken, als er ihre Tränen sah. „Darf ich bitte meine Sicht der Dinge wiedergeben?“, bat er verzweifelt. „Du hast dich entschieden. So einfach ist das. Es bedarf keine Erklärung mehr.“ „Du reimst dir irgendetwas zusammen aus dem was du gesehen und gehört hast. Ich an deiner Stelle hätte es auch falsch verstanden. Ich kann dich sehr gut verstehen und weiß, was in dir vorgeht. Da ich selber in einer ähnlichen Situation war.“ „Du hast gesagt, dass du sie liebst. Was gibt es da falsch zu verstehen?“ „Verdammt, höre doch erstmal zu, bevor du dich in deinen Gedankengang verrennst.“ „Gut, du hast deine Chance!“ „Was passiert ist tut mir wahnsinnig Leid. Ich wusste nicht, das Chloé auch in Tokio ist. Ich hatte ihr bei unserem letzten Treffen in Marseille gesagt, dass ich sie nicht mehr wieder sehen möchte. Ich habe seitdem ich in Tokio lebe keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt - bis heute. Sie tauchte heute in meinem Büro auf. Sie hat mir erzählt, dass sie sich von ihren Freund getrennt hat.“ „Sie will dich zurück. Das hat sie wohl geschafft.“ „Ja und Nein. Mir ist etwas klar geworden. Du hast Recht, Hika. Ich habe mich entschieden.“ Langsam ging er auf sie zu und wollte nach ihrer Hand greifen. „Für sie. Ich habe es gesehen.“ „Das ist der springende Punkt. Ja, ich habe sie geküsst. Dies war ein riesen Fehler, den ich mehr als bereue. Ich habe gemerkt, dass es sich falsch angefühlt hat. Ich weiß jetzt, wem mein Herz und meine Seele gehört.“ „Wie schon gesagt: Du hast ihr gesagt, dass du sie liebst.“ „Nein, das habe ich nicht gesagt.“ „Willst du mich verarschen?“ „Das würde mir noch nicht einmal im Traum einfallen.“ „Warum machst du es dann? Falls du es vergessen hast: Ich kann Französisch verstehen. Was du gesagt hast war eindeutig.“ „Wie wäre es wenn du mir zu hören würdest“, rief er aufgebracht. „Das habe ich in deinem Büro schon getan. Das was ich gehört habe hat mir gereicht.“ Hikari hatte ihre Stimme angehoben und blickte ihn gereizt in die Augen. „Du bist so verbohrt“, kam es verbittert von ihm. „Du bist ein mieser Lügner“, schrie sie ihn an. Fassungslos schaute Takeru in ihre braunen Augen. „Das bin ich nicht.“ „Doch. Kannst du bitte gehen. Mein Training fängt gleich an.“ „Ich hole dich nachher ab. Dann können wir hoffentlich in Ruhe reden.“ „Brauchst du nicht. Ken wird mich nach Hause bringen.“ Mit diesen Worten ließ Hikari Takeru stehen. Sie ging an einen Tisch, auf dem eine Wasserflasche stand und mehrere Zettel lagen. Die Braunhaarige nahm die Flasche und trank einen großen Schluck von dem Wasser. Danach blickte sie auf eines der Blätter. Takeru schaute ihr mit offenem Mund hinterher. Nie im Leben hätte er damit gerechnet, dass Hikari so stur sein konnte. Dass sie ihn einfach stehen ließ. Ohne ihm die Chance zu geben, sich zu erklären. Er fühlte wie eine Kälte sein Körper erfasste, als sie sich von ihm entfernte. Die Geborgenheit die er in ihrer Nähe fühlte machte einem anderen Gefühl Platz. Dieses kroch schnell in sein Herz und verdrängte die Liebe, die er für diese Frau empfand. Wie bittere Galle nahm die Eifersucht Besitz von ihm. Wer wusste schon, ob sie die Wahrheit sagte, was Ken betraf. Ohne darüber nachzudenken, was er sagte schossen die Worte nur so aus ihm heraus. „Weißt du was? Glaub doch was du willst. Es ist eh nicht richtig. Viel Spaß mit deinem Tanzpartner.“ Das letzte was Hikari hörte war die Tür, die sehr laut ins Schloss fiel. Traurig sah sie Takeru hinterher. Sein letzter Satz brannte sich in ihre Seele. Als sie sich sicher war, das er den Raum verlassen hatte griff sie verzweifelt nach ihrer Plastikwasserflasche und schmiss sie gegen die Wand. --- „Schön, dass du uns wieder mit deiner Anwesenheit beehrst. Wo kommst du her?“ Begrüßte Louisa ihren Bruder. „Aus der Hölle“, fauchte Takeru wütend. „Hey Großer, ich bin nicht dein Punchingball. Wenn du schlechte Laune hast, lasse diese gefälligst nicht an mir aus.“ „Frauen! Ihr geht mir alle auf die Nerven.“ „Grundgütiger, was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen? Louisa kann wohl am allerwenigsten für deine Laune.“ „Sie nicht. Deine ach so tolle Schwester schon.“ „Kannst du uns bitte an deinen Gedankengängen teilhaben lassen?“ Schuldbewusst schaute Takeru die Beiden an. „Entschuldigt bitte. Ich dachte, dass ich mit Hikari reden kann. Sie trainiert hier in der Tanzschule. Ich habe versucht, ihr zu erklären was vorgefallen ist. Sie hat alles falsch verstanden“, grummelte der Blonde vor sich her. Wütend nahm er einen Basketball in die Hand und warf ihn Richtung Korb. „Was ist passiert?“ Takeru lachte freudlos auf. „Was passiert ist? Hikari hat mir nicht zugehört. Sie glaubt, was sie will.“ Louisa sah ihren Bruder in die Augen. „So wie du damals. Weißt du noch, wie verletzt du warst, als du aus Marseille zurückgekommen warst? Du hast alles in den falschen Hals bekommen, was wir gesagt haben.“ „Es gibt einen Unterschied: Chloé hatte mich betrogen und das über Monate“, giftete der blonde Mann. „Streng genommen hast du Hikari auch betrogen.“ „Setzt es bei dir aus Louisa? Du weißt, dass ich so etwas nie machen würde. Außerdem, wie kann ich jemanden betrügen, mit dem ich nicht zusammen bin?“ Seine Schwester ließ nicht von ihrer Sichtweise ab. „Du machst es dir ganz schön einfach mein Lieber. Du hast gesagt, dass du Hikari liebst trotzdem hast du eine andere geküsst.“ „Das wusste ich nicht, als ich Chloé geküsst habe.“ „Großer, seit wann bist du so dämlich?“ „Louisa, es reicht.“ „Nein, es reicht nicht. Takeru mal ehrlich: Seit dem du mich wegen diesem Foto angerufen hast, hast du dich verändert. Als Matt und du uns vom Flughafen abgeholt habt, hätte ich schwören können, dass du eine feste Freundin hast. Du bist wieder fröhlich. Deine Augen haben ihren alten Glanz zurück. Du hast Hikari auf dem Tanzabend geküsst. Das machst du nicht ohne Grund. Spätestens da hättest du in dich reinhören und ehrlich zu dir sein sollen. Jetzt bist du wieder auf dem besten Weg ein Ekelpaket zu werden.“ „Da muss ich deiner Schwester Recht geben. Du verhältst dich wie der letzte Arsch. Du machst einen Fehler und andere sind schuld.“ „Fängst du auch noch an? Was habe ich falsch gemacht?“ „Du bist ein Hornochse. Warum hast du Chloé geküsst? Hast du dich das schon mal gefragt?“ Genervt stöhnte Takeru auf. „Du hast Hikari noch nie gesehen.“ „Was ist das für eine Erklärung? Selbst wenn sie die Zwillingsschwester von Chloé wäre, warum hast du meine Schwester geküsst?“ „Du hast Hikari wirklich noch nie gesehen. Zu deiner Frage: Ich war überrumpelt. Diesen verdammten Kuss hatte ich sofort abgebrochen, als mir klar wurde, wen ich vor mir hatte.“ „Ich glaube, du solltest Hikari zur Ruhe kommen lassen und dann noch einmal mit ihr sprechen“, kam es entschieden von Louisa. Verwundert blickte Takeru seiner Schwester in die Augen. „Wer bist du und was hast du mit meiner Schwester gemacht?“ „Bist du total übergeschnappt?“ Louisas Gesicht zierte einen leichten Rotschimmer. „Nein. Ich frage mich, wie du in der kurzen Zeit, in der wir uns nicht gesehen haben, so erwachsen geworden bist.“ „Einer von uns beiden muss der Erwachsene sein.“ „Louisa“, kam es warnend vom Älteren. „Spaß beiseite. Lass Hikari erst einmal verdauen, was sie gesehen und gehört hat. Du hast dich leider total bescheiden ausgedrückt. Kein Wunder, dass sie alles falsch verstanden hat.“ Takeru grummelte etwas Unverständliches vor sich her. Schließlich schnappte er sich einen Basketball. Er schaute Jean auffordernd an. Der Blonde sprintete los, als sein Freund nickte. --- „Kari, was ist heute mit dir los? Das ist eine Schrittfolge, die wir schon hundert Mal getanzt haben. Nie hattest du ein Problem damit.“ Ken sah seine Tanzpartnerin besorgt an. „Es ist alles in Ordnung. Ich habe nur Kopfschmerzen.“ „Heißen deine Kopfschmerzen vielleicht Takeru?“ „Wie kommst du auf den Schwachsinn?“ „Er hat mich fast um gerannt, als ich in die Umkleide wollte. Vielleicht solltest du darüber reden, was dich bedrückt.“ Hikari dachte kurz nach. Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kann nicht unser Training für meine Probleme torpedieren. Lass uns weiter trainieren.“ Nachdenklich sah Ken sie an. „Wie du möchtest. Lass uns noch mal die Choreographie der Rumba durch tanzen.“ Die ersten sanften Töne hallten durch den Tanzsaal. Vor ihrem geistigen Auge sah die Braunhaarige ein blaues Augenpaar, dass sie liebevoll ansah. Sie wollte einfach vergessen und sich auf ihr Training konzentrieren. Traurig lächelte sie Ken an und schloss ihre Augen. Hikari vertraute auf ihren Tanzpartner. Egal wo er sie hinführte, sie folgte ihm ohne zu zögern. Egal welche Figuren er tanzte, sie gab ihm die Antwort. Sie tanzte den Schmerz, den sie empfunden hatte, als sie Takeru und Chloé in seinem Büro gesehen hatte. Als Ken seine Hände um ihre Hüfte legte um sie in die nächste Figur zu führen, spürte sie die Wut, die sie fühlte, als Takeru Chloé an sich gezogen hatte. In einer Drehung strömte die Enttäuschung auf sie ein, als sie fassungslos den Kuss zwischen den Beiden mit angesehen hatte. Dabei hielt sie unbewusst ihren Tanzpartner auf Abstand. Ken sah verwundert in ihr Gesicht. Langsam öffnete Hikari ihre Augen. Dort sah er den Schmerz, die Qualen, die Verletzlichkeit und die Leere die sie gerade fühlte. Er bemerkte, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Für die nächste Figur mussten beide Tänzer hoch konzentriert sein um sich nicht zu verletzen oder zu stürzen. „Können wir die Hebefigur versuchen?“, fragte er verunsichert nach. Hikari nickte, sie sammelte sich und rief sich selber zur Ordnung, da sie die Verunsicherung von ihrem Tanzpartner spürte. Abrupt brach Ken die Hebefigur ab. Nur mit Mühe schaffte er es Hikari auf dem Boden abzusetzen, ohne dass sie stürzten. Ken hielt sie schützend in den Armen, als er ein beben ihres Körpers wahrnahm. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)