Persona: Shadows of Mirror von ShioChan (Kagami no Kage) ================================================================================ Kapitel 43: XLIII - Das Konzert [edited] ---------------------------------------- Freitag, 31.Juli 2015 – Abend Erstaunt versuchte Mirâ die Menschenmassen zu überblicken, welche sich um dem Kagamine Park versammelten. Gemeinsam mit Hiroshi stand sie vor einem abgesperrten Platz, an dessen Ende sie eine Bühne erkennen konnte, während sich um sie herum immer mehr Menschen einfanden. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie alle zu Akisu wollten. Die Meisten von ihnen trugen bunte Shirts mit dem Aufdruck des Idols darauf. Einige hatten sogar große Banner dabei. Am Meisten jedoch erstaunte die Violetthaarige die Masse an Männern allen Alters. Sie hätte nicht gedacht, dass auch ältere Männer ein Konzert von Akisu besuchen würden, war sie doch eher für junge Musik bekannt. Ein bisschen Unwohl wurde ihr in diesem Moment doch. Ihr kam der Gedanke, dass sie sicher nicht nur wegen der Musik des Idols hier war. Irgendwie lief es ihr plötzlich eiskalt den Rücken herunter und eine unangenehme Gänsehaut bildete sich auf ihren Oberarmen, woraufhin sie diese instinktiv rieb. Eine warme Hand berührte ihre Schulter und ließ sie kurz aufschrecken und in Hiroshis Gesicht sehen. Dieser hatte ihren Unmut und die Blicke in Richtung der älteren Männer bemerkt und lächelte sie nun freundlich an: „Bereiten dir diese Typen Unbehagen? Bei Konzerten von Idols muss man leider immer mit solchen Perversen rechnen. Aber keine Sorge, ich pass auf dich auf. Okay?“ Ein leichter Rotschimmer bildete sich auf Mirâs Wangen, doch trotzdem nickte sie mit einem leichten Lächeln. „Du scheinst dich mit Konzerten auszukennen.“, murmelte sie anschließend. „Auf den Konzerten, auf die ich normalerweise gehe findet man solche Typen eher selten.“, lachte der Blonde und sah dann noch einmal zu einem der älteren Männer, „Aber ich habe schon einiges gehört.“ Erstaunt sah Mirâ ihren Kumpel an: „Gehst du oft auf Konzerte?“ „Ich war schon auf einigen, sagen wir es mal so. Aber so oft gibt es keine Konzerte, die mich interessieren. Warst du denn schon mal auf einem Konzert?“, kam die Gegenfrage nach seiner ehrlichen Antwort. Die Violetthaarige senkte den Blick und schüttelte den Kopf: „Nein. Ich wollte, aber meine Mutter ließ mich nicht alleine gehen und sie ist zu beschäftigt, als dass sie mich begleiten würde. Außerdem bräuchte sie dann immer eine Betreuung für Junko.“ Erneut lachte ihr Kumpel warm: „Dann ist das ja eine Prämiere für dich. Dann hoffen wir mal, dass das Konzert gut wird.“ Er blickte nach vorn zu den Security-Leuten, welche sich so langsam am Eingang versammelten und ihm dadurch verrieten, dass es gleich losgehen müsste. Als sich die Masse langsam in Bewegung setzte, legte er der jungen Frau vor sich auch noch seine zweite Hand auf die Schulte, um sie nicht zu verlieren. Dabei schob er sie auch gleich etwas mit der Masse mit. Einige Minuten später erreichten sie die Eingangskontrolle, woraufhin der Blonde die Eintrittskarten aus seiner Hosentasche kramte und vorzeigte. Die Security blickte kurz auf die Karten und ließ die Beiden passieren, woraufhin sie zur Taschenkontrolle kamen. Nach kurzem abtasten und einen Blick in Mirâs Handtasche wurden beide durchgelassen und begaben sich vor die Bühne. Hiroshi sah sich um und überlegte, wo sie sich am besten hinstellten. Er bezweifelte, dass es viel Gedrängel geben wird, da es sich „nur“ um ein Idol-Konzert handelte, jedoch war er selber noch nie auf einem solchen Konzert und konnte es nicht zu einhundert Prozent wissen. Außerdem wollte er trotz allem gut sehen können und auch die Violetthaarige sollte einen guten Blick auf die Bühne haben. Jedenfalls wollte er weit weg von den perversen alten Männern stehen, um Mirâ nicht noch mehr zu verunsichern. Diese beobachtete ihren Kumpel und wunderte sich, was dieser eigentlich suchte. Da sie selber noch nie auf einem Konzert war, konnte sie natürlich nicht wissen, dass man nicht überall gleich gut sah und dass man auch aufpassen musste wo man stand, wenn man keine unangenehmen Überraschungen erleben wollte. „Ob wir uns näher an die Bühne stellen sollten?“, murmelte der Blonde plötzlich. „Was meinst du?“, kam plötzlich die Frage von Mirâ, was den Angesprochenen aufschrecken ließ, „Suchst du etwas Bestimmtes?“ Mit großen Augen sah ihr Kumpel sie an, bis ihm einzufallen schien, dass sie noch nie auf einem Konzert war: „Ach so. Entschuldige. Ja, also ich suche einen Platz wo wir gut sehen, wo es aber weniger Gedränge gibt und wo keine Perversen stehen. Ich denke links an der Bühne ist nicht schlecht. Man kann zur Not schnell zur Seite rausgehen, wenn es einem zu viel wird und dort stehen aktuell auch nicht so viele alte Männer. Allerdings steht man genau unter den Boxen. Es ist also lauter.“ Mirâ musste Lachen und erhielt einen erneuten irritierten Blick ihres Kumpels: „Das ist ja fast schon eine Wissenschaft. Aber ich danke dir, dass du dir wegen mir solche Gedanken machst. Deshalb vertrau ich dir einfach mal. Lass uns dorthin gehen.“ Immer noch sah der Blonde die junge Frau irritiert an, ehe er lächelte und sie sich daraufhin an die linke Seite der Bühne stellten. Als Mirâ vor zur Bühne sah musste sie feststellen, dass sie wirklich gut sehen konnte. Jedenfalls so lange, wie sich keine größere Person vor sie stellte. Richtig nah an die Bühne kamen sie eh nicht mehr, da dort bereits schon mehrere Reihen an Menschen standen, welche alle vor ihnen da waren. Trotzdem beobachtete die junge Frau, wie sich einige noch immer dazwischen quetschten, obwohl es dort bereits sehr voll war. Ein kurzes Tippen auf ihre Schulter ließ sie aufblicken. „Ich bin gleich wieder da. Ja? Beweg dich ja nicht weg, sonst find ich dich nicht wieder.“, lachte ihr Kumpel und war kurz darauf zwischen den Menschenmassen verschwunden. Etwas verloren stand die Violetthaarige nun zwischen den ganzen Menschen und wusste nicht so Recht was sie nun machen sollte. Sie hoffte jedenfalls, dass Hiroshi rechtzeitig wieder zurück sein würde und sie auch wiederfand. Wiederum hatte der Blonde ja bereits Konzerterfahrung, also brauchte sie sich darüber wohl eigentlich keine Sorgen machen. Trotzdem wurde es ihr etwas unangenehm so allein zwischen den ganzen Menschenmassen. Um ihr Unwohlsein zu verdrängen beobachtete sie die Menschen um sich und die, welche nach und nach auf das Gelände drängten und dieses füllten. Es waren Menschen aus allen Schichten der Gesellschaft zu finden, fiel der jungen Frau auf. Zwei Reihen vor ihr standen zwei junge Mädchen, welche wahrscheinlich noch in die Mittelstufe gingen. Einige Meter rechts von ihr erkannte sie einen jungen Mann in einem Anzug, bei dem sie sich fragte, wie man so auf ein Konzert gehen konnte. Aber wahrscheinlich war der junge Mann direkt aus dem Büro hierhergekommen. Als sie sich nach hinten umdrehte, sah sie die ganzen Menschen, welche nach und nach auf das Gelände kamen. Dort erblickte sie auch einige Schüler aus ihrem Kyûdo-Klub und noch einige andere, welche ihr mal auf dem Schulgang entgegenkamen. Auch einen Vater, welcher seine Tochter auf den Schultern hatte, erkannte Mirâ. Akisus Musik war also überall beliebt. Die anfängliche Nervosität wich langsam einer Vorfreude auf das Konzert. Sie hoffe, dass es toll werden würde und sie diese Erfahrung immer in guter Erinnerung haben würde. Etwas Kaltes an ihrer Wange ließ sie aufschrecken. Wieder blickte sie in das Gesicht ihres Kumpels, welcher sie breit angrinste und ihr einen Becher mit einer braunen Flüssigkeit entgegenhielt. Kurz zögerte die junge Frau, ehe ihr Hiroshi den Becher in die Hände drückte. „Entschuldige. Hat etwas gedauert. Ich hoffe du magst Cola. Ich habe irgendwie ohne nachzudenken zwei davon bestellt, ohne dich vorher zu fragen, was du gerne haben möchtest. Tut mir leid.“, entschuldigte sich der Blonde. Murmelnd blickte Mirâ auf ihren Becher: „Is okay. Ich trinke auch Cola. Aber… was bekommst du dafür?“ Der Blonde grinste: „Lass stecken. Geht auf mich.“ „D-Danke.“, nuschelte die junge Frau erneut und trank einen Schluck. Ihr Kumpel grinste nur erneut und trank ebenfalls seine Cola, während auch er sich umblickte und die Menschenmassen betrachtete. Langsam wurde es mächtig voll. Ein kurzer Blick auf sein Smartphone verriet dem Blonden, dass das Konzert bald losgehen würde und er hoffte inständig, dass es zu keinem großen Gedränge kam. Zwar würde er versuchen die Violetthaarige aufzufangen, sollte es dazu kommen, doch man wusste nie, wie schlimm es werden würde. Wenn er daran dachte, dass er Shuya beim letzten Konzert, welches sie gemeinsam besuchten, verloren und ihn erst nach der Vorstellung wiedergefunden hatte, wurde ihm schon etwas anders. Bei seinem Kumpel war es ja kein Problem, aber bei Mirâ lag die Sache anders, zumal sie noch nie auf einem Konzert war. Außerdem hatte er Mirâs Mutter versprochen auf sie aufzupassen. Naja, irgendwie würde das schon klappen. Er musste ja nur aufpassen, dass die Violetthaarige nicht von ihm weggedrängt wurde. Plötzlich wurde das Licht gedimmt und ein Raunen ging durch die Massen. Vor sich merkte Hiroshi, wie sich Mirâ leicht anspannte und gespannt zur Bühne blickte. Auch sein Blick ging in Richtung Bühne, welche bereits mit bunten Lichtern beleuchtet war. Dann wurde es plötzlich dunkel und eine Melodie erschallte durch den Park. Eine sanfte Stimme erklang und begann im Klang der Musik ein Lied anzustimmen. Anfangs klang es wie eine sanfte Ballade, welche kurz unterbrochen wurde, doch dann erklang ein rockiger Rhythmus. Mit einem lauten Knall aus zwei Konfettikanonen, rechts und links der Bühne, wurde das Licht wieder eingeschaltet und gab den Blick auf Akisu frei, die sofort ihr Lied weitersang, welches nun gar nicht mehr an eine Ballade erinnerte. Sie trug ein dunkelblaues bauch- und schulterfreies Oberteil, an dessen Seiten jeweils zwei rosa-gelbe Bänder herunterhingen, welche aufgrund ihres silbernen Aufblitzens im Licht wohl mit Reißverschlüssen bestückt waren. An den kurzen Ärmeln, in gelbem Saum eingerahmt, waren schwarze Schleifen befestigt. Um ihre Hüften trug das Idol einen kurzen, von rosa ins dunkelblau übergehenden, karierten Faltenrock mit schwarz weißen Streifen. Ihre langen dünnen Beine zierten schwarze Overknees, die am Saum goldgelb und mit Sternen bestrückt waren, zu welchen sie ein paar mit Nieten besetzte schwarz-goldene Stiefeletten trug. An ihren Händen trug sie schwarz-goldene kurze fingerlose und mit Nieten besetzte Handschuhe. Ihre blonden Haare hatte sie wie immer zu zwei Zöpfen gebunden und wie immer trug sie an diesen die flügelähnlichen Accessoires, welche in blau und rosa gehalten waren. Kaum war das Licht wieder angegangen und Akisu hatte mit ihrem Lied fortgesetzt, ging ein Ruck durch die Massen, worauf Mirâ von den Menschen vor sich leicht zurückgestoßen wurde. Sofort war ihr Kumpel zur Stelle und stützte sie etwas ab, damit sie nicht umfiel. Etwas irritiert sah sie zu ihm auf, doch lächelte dann dankend, als sie auch sein lächelndes Gesicht erkannte. Sich wieder richtig und mit festem Stand aufrichtend, sah sie wieder nach vorne und ließ sich von der Masse mitreißen, welche ausgelassen zum Rhythmus der Musik mitsprang. Nach dem kurzen Schock, welchen Mirâ aber schnell überwunden zu haben schien, beobachtete Hiroshi die Violetthaarige einen Moment besorgt. Doch kaum hatte sie sich von der Masse mitreißen lassen, kam das Lächeln auf seinem Gesicht wieder und auch er konzentrierte sich auf die Musik, welche aus den Boxen klang und auf das Idol vor sich, welches singend über die Bühne sprang und rannte und damit versuchte sein Publikum noch mehr anzuheizen. Mit einer coolen Pose, bei welcher das junge Mädchen ihren Arm in die Luft streckte und dabei auch ihr Gesicht gen Himmel neigte, beendete sie ihr Lied. Jubel, gepaart mit anheizendem Pfeifen, schallte durch den Park und prasselte auf das Idol ein. Dieses lächelte und blickte auf sein Publikum herunter. „Hallo ihr lieben.“, schallte aus den Boxen, als die Blondine die Menschen vor sich fröhlich begrüßte, „Ich freue mich sehr, dass ihr heute alle so zahlreich zu meinem Konzert erschienen seid. Ich hoffe ihr hattet heute schon viel Spaß auf dem Tsukinoyo.“ Erneuter Jubel schallte durch die Massen und ließ das Mädchen kichern. „Das freut mich sehr. Dann wollen wir den Tag doch gebührend abschließen und ordentlich feiern. Oder?“ Wieder Jubel. Das Mädchen drehte sich zu ihrer Band um, welche auf Podesten hinter ihr stationiert war, und nickte. Dies war für den Drummer das Zeichen. Er klopfte drei Mal mit den Drummsticks aufeinander und gab somit den anderen Mitgliedern der Band das Zeichen, dass es weiterging. Das nächste Lied ertönte. Wieder begann es recht ruhig, doch ging dann wieder in einen rockigen Rhythmus über, woraufhin die junge Frau auf der Bühne aufblühte und das nächste Lied zum Besten gab. Mirâ hatte sich währenddessen vom ersten Schock erholt und sich an das Gedränge gewöhnt. Nun ließ sie sich von der Masse mitreißen und feierte ausgiebig mit. Sie hatte sogar fast Hiroshi vergessen, welcher immer noch hinter ihr stand. Beinahe wäre sie ihm sogar auf die Füße gesprungen. Erst da hatte sie wieder daran denken müssen, dass er auch noch da war. Doch ihr Kumpel lachte nur auf ihre Entschuldigung hin und meinte, dass es okay wäre. Daraufhin genoss sie weiterhin das Konzert. Sie liebte die Lieder Akisus, welche zwar rockig, aber doch nicht zu hart waren und sie musste feststellen, dass die Lieder und Emotionen, welche in der Musik mitschwangen, auf einem Livekonzert viel intensiver waren, als wenn man sich das Konzert am TV ansah oder die Musik nur auf CD hörte. Irgendwie hatte die Violetthaarige sogar das Gefühl, dass die Botschaft, welche in der Musik Akisus mitschwang und die bitte an eine bestimmte Person schien, doch zurückzukommen, viel intensiver, viel dringlicher war. Es schien, als würde die Sängerin mit aller Macht versuchen jemanden zu erreichen. Als sei es ihre letzte Chance dies zu schaffen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, musste Mirâ feststellen und es ergriff ihr Herz sehr. Was konnte diese Botschaft nur zu bedeuten haben? Es musste eine wichtige Person für Akisu sein, welche sie mit ihrer Musik erreichen wollte. Denn anders konnte sie nicht so viele Emotionen hineinlegen. Mit kleinen Unterbrechungen, in denen Akisu einiges über sich erzählte und meinte, dass sie immer wieder froh war, wenn sie hier in ihrer Heimatstadt auftreten durfte, und ihre Outfits tauschte, wurde das Konzert fortgesetzte. Mit einem lauten Knall beendete das Idol ihr letztes Lied und wieder wurde das Licht gedimmt. Mit einer Verbeugung verließ die Blondine die Bühne. Doch kaum war sie außer Sichtweite ertönte im Einklang der Masse, dass sie alle eine Zugabe forderten. Erstaunt sah sich Mirâ um und blickte dann fragend auf Hiroshi, welcher sie angrinste und meinte, dass das Konzert noch nicht vorbei und die Rufe völlig normal waren. Als ein erneutes Raunen durch die Massen ging, schrak die Violetthaarige auf und blickte wieder vor auf die Bühne, wo Akisu wieder in der Mitte stand. Sie hatte sich erneut umgezogen und trug nun ein schwarzes Kleid mit doppelten Spagettiträgern, welches nach unten hin in breite rote Rüschen fiel und mit einer großen weißen Schleife verziert war. Um das Dekolleté waren rote Rüschen angebracht. Ihre Stiefelletten hatte die Blonde gegen ein paar rote Stiefel getauscht, an welchen ebenfalls weiße Schleifen und Bänder angebracht waren. Ihre flügelartigen Accessoires hatte sie auch ausgetauscht, denn nun waren sie rot und liefen zur Spitze hin weiß aus. Eine Melodie klang an, welche von Streichern begleitet war. Dann begann Akisu ihre Ballade. Mirâ kannte dieses Lied. Es hieß „Mehr als Worte“. Es war eines ihrer liebsten Stücke von der Sängerin, auch wenn sie es sehr traurig fand. „Ich habe dir mehr zu sagen, als ich es in hundert Wörtern könnte. Ich glaube, es kann besser beschrieben werden, als in hundert Wörtern." Sanft schallte die Stimme des Idols über die Massen von Menschen, welche plötzlich ganz leise geworden waren. "Obwohl ich dir so nah war, dass ich deine Tränen wegwischen könnte, habe ich dein Leiden nicht bemerkt auch dein Zittern nicht." Mirâ lauschte dem Text, welcher so klang, als würde sich Akisu die Schuld dafür geben, dass die Person, welche sie zu suchen schien, gegangen war. Sie konnte es nicht verhindern, dass ihr einige Tränen über das Gesicht liefen, als sie das Lied live hörte. Noch viel mehr Emotionen flossen in sie hinein, als wenn sie es nur über ihre Kopfhörer gehört hätte. "Was wirklich wichtig ist, ist flüchtig wie eine kleine Flamme. Ich schütze sie mit meinen zwei Händen, damit sie der Wind nicht stehlen kann.“ * Es schmerzte schon fast. Vielen schien es so zu ergehen, denn die Violetthaarige merkte, dass die meisten Mädchen um sie herum ebenfalls Taschentücher in den Händen hielten. Von einigen hörte sie sogar ein Schluchzen. Es war wirklich ein sehr schönes und emotionales Lied und innerlich hoffte Mirâ, dass es die Person erreichen möge, für welche es geschrieben wurde. Nachdem das Lied geendet hatte war kurze Zeit Stille im Park. Erst nach und nach erklang Jubel. Viele schienen das Lied erst sacken lassen zu müssen. Wieder ließ das Idol den Jubel auf sich wirken, bevor das nächste Lied erklang. Es folgten noch zwei weniger traurige Lieder, ehe Akisu ihr Konzert begleitet von lautem Jubel und sich bei allen bedankend, beendete. Mit einer erneuten Verbeugung verließ die junge Frau die Bühne. Nun war das Konzert also wirklich zu Ende. Eine Hand auf ihrer Schulter ließ die Violetthaarige aufblickten und in das lächelnde Gesicht ihres Kumpels schauen. Auch ihr zauberte dies ein Lächeln auf das Gesicht. Noch kurz warteten die Beiden, bis sich die Massen so langsam auflösten und machten sich dann ebenfalls auf den Heimweg. Währenddessen betrat Akisu ihre Kabine, welche sich in einer Art riesigem Wohnwagen, befand und lehnte sich seufzend gegen die Tür. Wieder hatte sie ein Konzert geschafft. Doch trotzdem war sie nicht ganz glücklich. Sie hatte so sehr gehofft die Person wieder zu sehen, doch egal wo sie geschaut hatte, sie hatte sie nicht erblicken können. Natürlich war es schwierig eine einzige Person zwischen mehreren Tausend zu finden. Aber trotzdem. Ob sie überhaupt zu ihren Konzerten kam? Ob ihre Nachricht denjenigen überhaupt erreichte? Zweifel überkamen sie. Hatte es überhaupt noch einen Sinn weiterzumachen? Natürlich liebte sie es zu Singen und Texte zu schreiben und unter keinen Umständen, wollte sie dies aufgeben. Aber was nützte es, wenn ihre Nachricht nicht bei dieser einen Person ankam. Vielleicht war sie doch nicht so gut darin ihre Gefühle herüber zu bringen… Ein kräftiges Klopfen ließ die Blonde aufschrecken und von der Tür weichen. Keinen Augenblick später betrat eine blonde Frau den Raum und schaltete ohne Vorwarnungen das Licht ein, was den bis eben noch dunklen Raum in ein grelles Licht tauchte. Reflexartig schloss die junge Frau ihre gelbbraunen Augen und hörte wie die Tür hart zugeschlagen wurde. Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten erkannte das Idol ihre Mutter, welche sie mit bösen gelbbraunen Augen ansah. „Es reicht jetzt, Akisu!“, schimpfte sie, „Ich habe dir zu Beginn des Konzertes gesagt, du sollst dieses Lied nicht singen.“ Die Blonde senkte den Blick, um ihrer Mutter nicht mehr in die Augen sehen zu müssen. Ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper. Gerne hätte sie ihrer Mutter gesagt, dass es ihr egal war, was sie sagte und sie das Lied trotzdem weiterhin singen würde, doch leider traute sie sich nicht jemandem ihre Meinung zu sagen. Erst Recht nicht ihrer Mutter. Ein Schnaufen ließ sie aufblicken und sie erkannte, dass die Frau vor ihr sich mit verschränkten Armen weggedreht hatte: „Naja. Bald ist sowieso Schluss mit dem Mist. Vergiss nicht dein Versprechen! Wenn deine Tour vorbei ist, hörst du auf damit, beendest deine Schule und beginnst dein Studium! Hast du verstanden?“ Auf die Dringlichkeit ihrer Mutter hin, musste die junge Frau kurz zucken. Wieder wandte sie den Blick ab. Noch einmal, viel dringlicher, fragte die Frau, ob das Idol verstanden hatte, woraufhin dieses nickte. „Gut. Und wehe du hältst dich nicht dran. Zu deinem letzten Konzert im Dezember wirst du dein Karriereende bekannt geben. Und keine Wiederrede!“, damit war die Frau aus dem Raum verschwunden. Schnell stürmte Akisu zur Tür, schloss diese ab und lehnte sich dagegen. Da sie nur zur Hälfte an der Tür lehnte traf sie dabei auch den Lichtschalter und es wurde wieder stockfinster im Raum. Das jedoch interessierte die junge Frau nicht. Verzweifelt rutschte sie an der Tür herunter und zog ihre Knie an sich heran, nachdem sie auf dem Boden saß. Sie wollte nicht aufhören. Nicht so. Sie wollte nicht, dass ihr vorgeschrieben wurde, was sie zu tun hatte und auch nicht, dass ihr gesagt wurde, dass sie aufhören sollte. Doch ihre Schwäche, ihrer Mutter nicht die Meinung sagen zu können, hinderte sie daran. Sie musste doch noch diese eine Person erreichen. Wie sollte sie das nur in so kurzer Zeit schaffen? Wut überkam sie. Wut über ihre eigene Schwäche, über das, was vor einigen Jahren passiert war, darüber, dass sie es nicht verhindert konnte und über ihre Mutter, die an allem schuld war. Sie hasste sie. Und das Schlimmste war, sie hasste sich selbst am Meisten. Ein leises Lachen ließ sie aufschrecken. Irritiert sah sie auf, woraufhin ihr Blick auf ihren großen Wandspiegel fiel. Er stand ihr genau gegenüber und so blickte sie ihr verheultes Ebenbild entgegen. „Willst du dem entfliehen?“, hörte sie eine weibliche Stimme. Sie klang ihrer sehr ähnlich und doch anders, irgendwie verzerrt. Vorsichtig richtete sich die Blondine auf und schritt auf ihren Spiegel zu. Kam diese Stimme von dort? Wie konnte das sein? Aber die Antwort auf die Frage war einfach. Ja! Sie wollte dem allen entfliehen. Traurig blickte sie in den Spiegel. Ihr Spiegelbild sah ihr genau gleich entgegen. Doch kaum hatte die junge Frau den Spiegel berührt, zierte das Gesicht ihres Ebenbilds ein breites und hässliches Grinsen, während deren Augen rot aufleuchteten. Erschrocken wollte Akisu zurückweichen, doch da hatte bereits eine Hand sie gegriffen. Panisch wehrte sich das Idol und klirrend gingen einige Gläser zu Boden, welche auf einem Tisch standen. Doch einen Moment später kehrte Ruhe in den Raum ein. Dieser war nun leer. Freudig lief Mirâ neben Hiroshi her und erzählte aufgeregt, wie sehr ihr das Konzert gefallen hatte. Lachend hörte der Blonde zu und freute sich darüber, dass die Violetthaarige ihr erstes Konzert genossen hatte. „Es war wirklich gut. Und so schlimm war ihre Musik auch nicht.“, lachte er. „Vielen Dank, dass du mich mitgenommen hast. Auch an deinen Vater einen Dank, für die Tickets.“, bedankte sich die junge Frau noch einmal. „Schon okay. Solange du Spaß hattest. Und ich werde den Dank weiterleiten.“, meinte Hiroshi, hängte dabei aber noch dran, dass dies erst bei Gelegenheit geschehen würde. Lächelnd nickte Mirâ noch einmal und sah dann wieder nach vorn: „Der Tag an sich war wirklich schön. Ich hatte viel Spaß. Das Volksfest ist wirklich toll.“ „Ich muss zugeben, dass es früher weniger aufregend war.“, erklärte ihr Kumpel, „Damals gab es weniger Buden und erst Recht keine Konzerte. Ich war dieses Jahr seit vielen Jahren das erste Mal wieder hier.“ „Warst du als Kind oft hier?“, hakte die Violetthaarige nach. Hiroshi schien kurz zu überlegen: „In der Grundschule oft. Damals immer mit Akane und ihren Eltern. Meine Eltern hatten ja damals, wie auch heute, kaum Zeit. Rin war damals auch oft dabei. Ich erinnere mich auch daran, dass es sogar mal zwei Jahre ausgefallen war. Zumindest gab es da nur die Veranstaltungen im Tempel. Danach war ich nicht mehr auf dem Fest.“ „Wieso das?“, irritiert blickte die junge Frau zu ihrem Kumpel, „Also wieso fiel es aus?“ Wieder überlegte der Blonde. Dieses Mal dauerte es sogar etwas länger und er schien sich echt konzentrieren zu müssen, warum das Fest ausgefallen war. „Ich glaube in einem Jahr war irgendwas passiert. Was genau weiß ich nicht. Die Erwachsenen waren aber alle in heller Aufregung, das weiß ich noch. Danach wurde der Platz, wo das Einkaufszentrum steht, umgebaut und dadurch konnte das Fest wohl nicht stattfinden. Das waren auch die Jahre als das Einkaufszentrum gebaut wurde.“, erklärte er anschließend. „Das Einkaufszentrum stand dort nicht immer?“, ein mulmiges Gefühl breitete sich in Mirâs Körper aus. „Nein. Aber frag mich nicht, was dort früher stand. Ich glaube ein altes Gebäude, aber was das genau war… keine Ahnung. Ich erinnere mich da nur noch düster dran.“, meinte Hiroshi und verschränkte die Arme hinter den Kopf. Ein eiskalter Schauer lief Mirâ den Rücken herunter und plötzlich wurde ihr irgendwie schlecht. Schnell stützte sie sich an der Mauer neben sich ab und hielt ihre Hand vor dem Mund, als sie an die Szene zurückdenken musste, wo sie das alte Gebäude auf dem Platz mit dem Einkaufszentrum gesehen hatte. Erschrocken sah Hiroshi zu der jungen Frau, welche plötzlich kreidebleich anlief, und fragte aufgeregt ob alles in Ordnung war. „Warte ich hol dir schnell was zu trinken!“, kam es hektisch von dem jungen Mann, welcher einige Meter vor sich einen Getränkeautomaten erblickt hatte. Wenn die Erzählung von Hiroshi stimmte, dann hatte Mirâ genau dieses Gebäude gesehen. Doch wie konnte das sein? Diese Stadt war ihr neu. Sie kannte den Platz nur mit dem Einkaufszentrum. Es war also unmöglich, dass sie sich an ein Gebäude erinnern konnte, was vor vielen Jahren abgerissen wurde. Dazu kam wieder das Gefühl, dass dieses Gebäude gefährlich war. Nun konnte die junge Frau nicht mehr an sich halten und übergab sich an der Wand. Ihr war so unendlich schlecht. Was war das nur? Eine warme Hand, welche beruhigend über ihren Rücken strich, und etwas Kaltes an ihrer Stirn ließ sie vorsichtig aufblicken und in die besorgten blauen Augen ihres Kumpels sehen. Langsam verschwand die Übelkeit wieder. Irgendwie beruhigten sie die Augen ihres Kumpels, welche ihr trotz Besorgnis auch Wärme entgegenbrachten. Einmal kurz atmete die junge Frau durch und nahm dann die Dose mit Wasser entgegen, welche Hiroshi ihr reichte. Einen Moment später saßen beide auf einer Bank. Die junge Frau krallte sich regelrecht an ihrer Dose fest und hatte den Blick gesenkt. Die Übelkeit und der Schwindel waren wieder vergangen, trotzdem strich Hiroshi ihr noch immer über den Rücken. Eine Geste, die sie einfach nur beruhigte. Es war ihr aber dennoch unangenehm, dass Hiroshi sie in dieser Situation sehen musste. Mit gesenktem Blick entschuldigte sie sich nun schon zum gefühlten hundertsten Mal bei ihrem Kumpel. Dieser schüttelte den Kopf: „Ist schon okay. Hauptsache dir geht es wieder etwas besser. Anscheinend war das alles wohl doch etwas viel für dich. Nicht das du dir einen Hitzschlag oder Sonnenstich eingefangen hast. Heute war es immerhin ziemlich heiß.“ Mirâ nickte nur auf die Vermutung ihres Kumpels. Sie konnte ihm, aus welchen Gründen auch immer, nicht sagen, weshalb ihr wirklich schlecht geworden war. Wie sollte sie auch erklären, dass sie etwas gesehen hatte, was sie eigentlich nicht kennen dürfte? Sie verstand es ja selber nicht. Also würde sie diese Tatsache erst einmal für sich behalten. Nachdem es der jungen Frau wieder etwas besser ging, machten sich die Beiden wieder auf den Weg. Als sie Mirâs Haus erreicht hatten verabschiedete sich der Blonde von der Violetthaarigen, rang ihr aber vorher noch das Versprechen ab, sich richtig auszuruhen. Mit einem freundlichen, aber doch besorgten Lächeln winkte Hiroshi ihr noch einmal zu und ging dann. Vorsichtig winkend sah sie ihrem Kumpel nach und entschuldigte sich innerlich bei ihm, dass sie nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, bevor sie ins Haus ging. -?- Dunkelheit umgab sie. Alles war schwarz. Aus der Ferne hörte sie jemanden ihren Namen rufen, doch die Stimme war so leise und so verzerrt, dass sie nicht wusste wem sie gehörte. Unter sich fühlte sie eine unangenehme kälte. Lag sie auf dem Boden? Plötzlich durchzog ein tiefer Schmerz ihren Körper. Es war, als würde jemand versuchen ihr alle Gliedmaße abzureißen. Erschrocken öffnete sie die Augen, doch um sie herum war ein grauer Nebel, durch welchen kleine schwarze Flocken flogen. Vor Schmerzen krümmend richtete sie sich auf. Ihr Blick durch den Nebel hindurch war verschwommen, doch sie erkannte, dass jemand vor ihr war. War es ein Mädchen? So ganz genau konnte sie es nicht sagen. Der Nebel und die schwarzen Flocken verhinderten, dass sie Farben und genaue Umrisse erkennen konnte. Sie ging auf die Person vor sich zu und erkannte schemenhaft, dass diese auf dem Boden hockte. Es sah sogar so aus, als würde diese Person vor ihr zurückweichen. Hatte sie Angst? Sie hörte dass die Person ihr etwas zuschrie, doch sie verstand es nicht. Dann hörte sie einen markerschütternden Schrei. Mit einem Ruck saß Mirâ aufrecht in ihrem Futton. Schwer atmend sah sie sich in ihrem dunklen Zimmer um, doch konnte außer den Schemen ihrer Möbel nichts erkennen. Langsam beruhigte sich ihre Atmung wieder. Sie senkte den Kopf und legte ihre Hand an ihre warme Stirn. Die Kälte ihrer Hände tat gut und so langsam beruhigte sie sich wieder. Was war das für ein merkwürdiger Traum? Sie hatte schon des Öfteren Albträume gehabt, doch noch nie so einen. Er fühlte sich so real an. Selbst die Schmerzen. Ihr war, als könnte sie diese immer noch spüren. Sie nahm ihre Hand von der Stirn und betrachtete diese eine ganze Weile. Irgendwas stimmte in letzter Zeit nicht mit ihr. Erst diese Visionen und nun der Albtraum. Hatte dies etwas mit ihrem Schicksal zu tun? Wenn ja, warum sie? Was war so besonders an ihr? Das Adrenalin in ihrem Körper sank und langsam stieg wieder Müdigkeit in ihr auf, also legte sie sich wieder zurück und starrte an die Decke, wobei sie merkte, wie ihr langsam die Augen wieder zufielen. So tauchte sie wieder ins Reich der Träume ein, in der Hoffnung nicht noch einmal einen solchen Albtraum zu erleben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)