Immer wieder Sonntags... von Seelendieb (Ein Möchtegernkrimi) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Es gab Tage, da sollte man einfach im Bett liegen bleiben. Es war ja nicht so, als ob Slade nicht gewarnt gewesen wäre: Zuerst hatte sein Wecker nicht geklingelt, was zur Folge hatte, dass Slade verschlief. Dann gab es einen Kurzen und seine Kaffeemaschine gab den Geist auf. Als er dann auf den Weg zur Arbeit war, hielt er schnell bei McDonalds an und holte sich einen Kaffee bei McDrive. Allerdings war Slade noch nicht wirklich vom Gelände des Fastfoodrestaurant, als er sich den Kaffee auch schon über sein Hemd verschüttete – verdammte Bodenschwellen! Als er sich dann fast zwei Stunden später durch die Stadt gekämpft hatte, um endlich auf der Arbeitsstelle anzukommen, erreichte ihm die nächste Nachricht: Valentine war wieder auf freien Fuß! Zwar unter äußerst strengen Bewährungsauflagen, aber er saß nicht hinter Gittern! UND anscheinend hatte der Typ auch einen sehr guten Verteidiger gefunden, denn realistisch betrachtet, würde der Tatvorwurf der Steuerhinterziehung maximal noch eine Woche stehen, denn dann wäre bewiesen, dass alles in Ordnung war. Was im Umkehrschluss bedeutete, Slade musste sich irgendetwas einfallen lassen, um Valentine weiterhin ruhig zu stellen. Nur was?! Seit Valentine in die Bautzner Gegend vor etwas über einem Jahr gezogen war, gab es fünf Morde. Alle nach dem selben Muster. Jeder wusste, dass es Valentine war, nur WIE konnten sie es ihm nachweisen? Der Fakt, dass alle mal etwas mit diesem Typen zu tun hatte, reichte nicht aus, um den Geschäftsführer hinter Gittern zu bekommen! Slade hatte sich gerade an seinen Tisch gesetzt, als ein Notruf einging. Es wurde erneut eine Leiche gefunden. Und als er dann keine zehn Minuten später vor dem Reichenturm stand und auf den aufgespießten Kopf auf der Turmspitze schaute, wollte er am liebsten wieder ins Bett! Es gab Tage, da sollte man am liebsten einfach im Bett bleiben. Punkt. Als sich der Kriminalhauptkommissar wieder gefangen hatte, blickte er zu seinen Kollegen. „Wurde nicht gesagt, dass eine Leiche gefunden wurde? Ich sehe hier nur einen Teil...“, meinte er und stockte. Er hatte seinen Blick nun über den Turm wandern lassen und war bei den Geländern der Aussichtsplattform hängen geblieben. Er konnte einen Arm hängen sehen. Ihm kam ein übler Verdacht und so lief er nun einmal um den Turm herum und richtig: an jeder Seite der Plattform hingen am Geländer der andere Arm und je eines der Beine. Alles in ihm weigerte sich, auf den Turm hoch zu gehen, denn er wusste, was ihm erwarten würde. Und nur wenige Minuten später stand er auf der Aussichtsplattform und starrte auf den Torso der Leiche. Sein Auge fiel auf den Intimbereich und er konnte erkennen, dass Hoden und Penis rausgerissen waren. Da er sie nirgends sah, konnte er sich denken, dass sie die Geschlechtsteile im Mund des Kopfes finden würden, der an der Turmspitze aufgespießt war. „Schon eine Idee, wer das arme Schwein ist... oder war?“, fragte er dann mit trockenem Mund einfach so in den Raum. Ein Kollege reichte ihm einen Personalausweis: Benjamin Müller, 29 Jahre. „Der Kerl war die Nacht so gegen halb Eins noch voll lebendig. Er wurde von einer Streife angehalten und musste blasen. Er hatte zu viel Alkohol intus und wurde mit auf die Wache genommen, wo er von seiner Freundin abgeholt worden war“, wurde Slade erklärt und er starrte seinen Kollegen an. Das würde ja heißen, dass der Kerl vor – Anthony schaute auf seine Armbanduhr – etwas über neun Stunden noch lebendig war! Und wenn man bedachte, wo die Körperteile hingen, muss das noch im Dunklen passiert sein... was wiederum das Zeitfenster noch mehr eingrenzte. Valentine war am Vortag gegen 23:30 Uhr entlassen wurden. Was hieß, der Kerl war auf freiem Fuß! „Prüft umgehend, ob dieser Müller irgendwie mit Valentine mal etwas zu tun hatte!“, befahl Slade barsch und machte auf den Absatz kehrt. JETZT hatte er Valentin! Und der Tag wurde noch schlimmer! „Wiederhole das noch einmal! Dieser Müller war ein Kommilitone von Valentine, aber der ist aus dem Kreis der Verdächtigen raus?! Wie zur Hölle kann das sein?“, fauchte Slade in das Telefon. Ein leises Lachen erscholl von Hiller. „Anthony, ich gebe dir den Rat, Vans Akte dir durchzulesen. Da wirst du mit Sicherheit entdecken, dass seine gesamten Räumlichkeiten mit Überwachungskameras und Abhörgeräten versehen wurden. Außerdem sind die Garagen verschlossen und vor den Zugängen auf dem Anwesen – auch beim Wanderweg – stehen Beamte zur Überwachung. Und jetzt in dem Moment wird ihm die elektronische Fußfessel angelegt, wobei ich mir ganz gut vorstellen kann, dass es umsonst sein wird. Van ist sauber. Und ja, das Videomaterial wurde ausgewertet. Dieser Zimmermann hat ihn mit so einem kleinen süßen Punto kurz nach null Uhr gebracht. Van verschwand für zwei Stunden im Bad und schlürfte dann in seinem Minionschlafanzug in sein Bett, wo er bis heute früh durchgeschlafen hat. Und glaub mir, es gab richtig Stunk, weil Zimmermann es gewagt hatte, Van aus dem Bett zu klingeln.“ Anthony musste dann doch bei der Vorstellung Van in einem Minionschlafanzug grinsen, während Haftrichter Hiller leise lachte. „Verdammt, Nick. Ich kann und will das nicht glauben, dass der sauber ist! Schau dir doch mal an, was der in so kurzer Zeit aufgezogen hat!“, murrte der Kommissar. Hiller seufzte. „Van traue ich es zu über Leichen zu gehen. Er ist knallhart, aber ich bezweifle, dass, wenn er wirklich Leichen im Keller hat, du sie so ohne weiteres finden wirst. Wie dem auch sei, sei zukünftig vorsichtiger mit deinen Verdächtigungen. Van wird nicht ewig ruhig halten!“ Am frühen Abend betrat Slade den Sektionsraum Nummer drei der Rechtsmedizin. Und schon von der Tür konnte er sehen, dass alle Leichenteile geborgen waren. „Guten Abend, Zecke“, grüßte der Kriminalhauptkommissar den Rechtsmediziner und nickte dann grüßend dessen Kollegen zu. „Lange nicht gesehen, Dumbo...“, erwiderte der Angesprochene. „Was führt dich her?“ Slade war nun an den Tisch mit der Leiche getreten und schaute sich alles an. Verdutzt hob er eine Augenbraue, als er die Geschlechtsteile wieder an Ort und Stelle fand. „Erste Ergebnisse?“, wollte er leise wissen. Der Rechtsmediziner lächelte, als er Slades Blick sah. „Also zur Todesursache kann ich dir leider nichts sagen. Wir sind vor nicht ganz einer halben Stunde fertig geworden das Opfer zusammen zu puzzlen.“ Anthony schaute fragend auf. „Wie jetzt?“ Der Rechtsmediziner lachte leise. „Die Augäpfel fanden wir in den Händen, die Zunge steckte im Anus und die Geschlechtsteile im Mund. Also ganz klar der Racheakt eines Vergewaltigungsopfer. So wie auch bei den fünf anderen Leichen.“ Anthony stockte. „Was soll das heißen, wie auch bei den anderen fünf Leichen?“ Zecke lachte auf. „Ich empfehle dir, mal die Akten und Berichte zu lesen, Dumbo. Auch bei den anderen fünf Leichen waren die Geschlechtsteile im Mund eingenäht. Wie dem auch sei, auf den ersten Blick ist es wieder unser Phantom gewesen. Warum er diesmal brutaler vorgegangen ist, kann ich nicht sagen. Finde das Phantom, dann bekommen wir hoffentlich die Antworten. Ich kann dir auch noch nicht sagen, woran das Opfer gestorben ist. Ich kann dir nur sagen, dass ihm die Zunge, die Augäpfel und die Geschlechtsteile bei lebendigem Leib entfernt wurden...“ Slade überhörte die Rüge gekonnt, doch dann klappte ihm der Kiefer runter. „Bitte was?! Wie kann das sein? Da müssen doch Schreie gehört worden sein. So etwas geht doch nicht lautlos ab!“ - „Tja... Die Frage kann ich dir noch nicht beantworten. Wie gesagt, wir haben das Opfer gerade erst zusammen gepuzzelt. Ich informiere dich, wenn ich genaueres weiß wie Todesursache und Zeitpunkt. Und wenn das hier wirklich der Racheakt eines Vergewaltigungsopfers war, dann will ich nicht wissen, was man mit dem Opfer alles gemacht hat, wenn es so grausam vorgeht.“ Slade rieb sich das Kinn. „Kennst du den Film „I spit on your grave“? Da recht sich auch ein Vergewaltigungsopfer... - Ich werde mal Valentine genauer unter die Lupe nehmen. Ich weiß, er wurde einmal ganz böse vergewaltigt...“, überlegte er ruhig. „Na siehste... und nun wird dein Verdacht realistischer, dass dieser Valentine dahintersteckt...“, erwiderte der Rechtsmediziner. Slade nickte nur und verabschiedete sich. Langsam und nachdenklich ging er zum Auto. Ja, er würde sich die alte Akte von Valentine vorknöpfen und sich mit einem Psychologen unterhalten. Und warum war eigentlich noch kein Täterprofil gemacht worden? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)