Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [19.08.2011 – M12 – Leiterhalter] --------------------------------- Unbewusst wartete Pakhet darauf, dass Michael etwas tat. Doch für den Moment war er still. Sie hatte eine ruhige Woche. Ein Einsatz – Personenschutz. Sie trainierte den Rest der Zeit, begann Donnerstags mit der Arbeit für Heidenstein. Da sie nichts Besseres zu tun hatte, fand sie sich auch Freitag im Krankenhaus wieder. An diesem Nachmittag jedoch nicht allein. Aus welchem Grund auch immer: Murphy war hier. Natürlich hatte er eins und eins zusammengezählt, schien nahezu begeistert von der neuen Ausgangslage. „Jetzt hast du es bei dem Großen und mir gesehen und willst uns nachmachen, eh?“ Er stand unter ihr, hielt die Leiter, auf der sie stand. Sie war damit beschäftigt, eine Überwachungskamera zu kontrollieren, da die Flure des Krankenhauses notgedrungenerweise videoüberwacht waren. Die Hälfte der Kameras brachte jedoch nur ein griesiges Bild. Die andere Hälfte fehlte vollkommen, war offenbar gestohlen oder verkauft worden. Sie kontrollierte die Kamera, unter der sie jetzt stand, da auch sie ein schlechtes Bild gegeben hatte. Die Verkabelung war mitgenommen, steckte nicht wirklich drin. „Ignorierst du mich?“, fragte Murphy. Sie lächelte matt. Warum war sie nicht mehr von ihm genervt? Trotz seiner Art fand sie den Jungen mittlerweile charmant – auf eine äußerst kindische Art. Er war halt nur ein Teenager. „Ich ignoriere dich nicht, Kid. Ich frage mich nur, ob du nicht bei deinem großen Schützling sein solltest.“ „Der ist beim Training. Da braucht er meine Hilfe nicht“, meinte Murphy. „Ich bin sein Manager, nicht sein Babysitter.“ „Mr Teenage Manager, hmm?“, meinte sie. „Bitte. Als Mr Ravin bin ich bereits 32 Jahre alt und habe schon den ein oder anderen Star gemanaged – drüben, in Australien“, erwiderte er und grinste. Sie schüttelte den Kopf. Würde man bei dem „ein oder anderen Star“ nachfragen, was würde dann passieren? Diese Art von falschem Lebenslauf, flehte geradezu darum, widerlegt zu werden. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der Kamera zu, überprüfte die Kabel noch einmal genau, ehe sie von der Leiter stieg. Sie nahm das Notizbrett, dass auf dem Boden lag, notierte die Fehler, klappte die Leiter zusammen, trug diese weiter. „Du musst mir gegenüber nicht immer auf Ms Supercool machen, Pakhet“, meinte Murphy. „Innerlich bist du wie Crash. Ein richtiger Teddybär.“ „Ich würde nicht darauf wetten“, erwiderte sie, schenkte ihm aber ein Lächeln. Sie ging den Flur hinab, bis sie zur nächsten Kamera kam. Sie überprüfte den Zettel. Von dieser Kamera hatte sie gar kein Bild bekommen. Die Kamera war aber noch vorhanden. Wieder stellte sie die Leiter ab, kletterte hoch, schraubte die Glasabdeckung, der in die Decke eingelassenen Kamera ab. „Willst du mir nicht endlich erzählen, was zwischen dir und dem Doc im Urlaub passiert ist?“, fragte Murphy, während er wieder die Leiter hielt. Zumindest machte er sich nützlich. Sie schenkte ihm einen kurzen Blick, wandte sich der Kamera zu. Sie musste Heidenstein echt fragen, wer die Verkabelung vorher reingezogen hatte. Denn hier waren nicht einmal Kabel angekommen. „Definitiv nicht.“ „Ach, jetzt komm schon, du kannst mir vertrauen. Und ich bin wirklich, wirklich gut in Beziehungsangelegenheiten.“ „Uhum“, brummte sie. Alles, was sie annehmen konnte, war, dass die Sicherheitsmaßnahmen verwahrlost war, während das Krankenhaus nicht wirklich genutzt worden war. „Okay, wenn du nicht redest“, meinte Murphy, „soll ich dir dann erzählen, was ich glaube, was passiert ist?“ „Kein Interesse“, murmelte sie, schraubte wieder die Glasabdeckung drauf, kletterte von der Leiter, machte sich ihre Notiz. „Also, ich glaube, dass  …“, begann er. Sie warf ihm einen bösen Blick zu. „Kid, ich will es nicht wissen.“ Damit klappte sie die Leiter zusammen, ging weiter. Sie war am Ende der aktuellen Station angekommen. Die „Innere“ – nicht, dass es aktuell viel mehr als eine Station gab. Leute, die herkamen, waren entweder verletzt oder hatten einfache Krankheiten, die meist aufgrund eines Mangels an Medikamenten schwerer geworden waren. Manche von ihnen konnten zahlen. Es gab genug, die in den Flats lebten und wirkliche Jobs in der Stadt hatten, aber aus dem einen oder anderen Grund dort blieben. Mal zahlten die Jobs nicht genug, mal konnten sie sich keine Wohnungen für ihre ganze Familie leisten. Andere hatten wieder andere Gründe. Dennoch fragte sie sich, ob Heidenstein aktuell einen Gewinn machen konnte. Wovon bezahlte er sie überhaupt? „Ich glaube“, begann Murphy erneut, offenbar fest entschlossen, seine Interpretation der Ereignisse loszuwerden, „dass du und der Doc in den Ferien zusammen im Bett gelandet sind.“ Volltreffer. Was hatte sie auch anderes erwartet? Sie erwiderte nichts, baute stattdessen die Leiter wieder auf. „Und weil du nicht weißt, wie du damit umgehen sollst, bist du nun noch griesgrämiger als zuvor. Und natürlich hat es dem Doc mehr bedeutet und deswegen weißt du jetzt nicht, was du ihm gegenüber tun sollst.“ Hatte der Junge auch noch Fähigkeiten Gedanken zu lesen? Es würde sie nicht überraschen. „Liege ich richtig?“ „Kid, ich habe gesagt, dass ich darüber nicht rede“, erwiderte sie und schenkte ihm einen strafenden Blick. „Halt lieber die Leiter fest.“ „Pakhet, ich sage dir was. Das ganze ist nicht schlimm. Ich meine, wieso machst du dir überhaupt so viele Gedanken darüber. Ich meine du magst den Doc doch, oder?“ Und genau das war das Problem. Sie mochte ihn – als Freund. Nur als Freund. Wieder brummte sie. „Warum willst du nicht darüber reden?“ „Weil es dich nichts angeht, Kid.“ Wieder musterte sie den Jungen und hoffte, dass ihr Blick wütend genug war. „Es geht dich nichts an. Also hör auf mich damit zu nerven.“ „Aber ich habe Recht, oder?“ „Kid.“ Sie gab ihrer Stimme einen warnenden Unterton, um deutlich zu machen, dass das Thema für sie vorbei war. Murphy seufzte schwer. „Ich weiß ja nicht, warum das Thema für dich so dramatisch ist? Ich meine, ich kann dir sagen, was ich und Alice in letzter Zeit so gemacht haben.“ Ein perverses Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Mit einem Seufzen kletterte sie von der Leiter. Also waren er und Crashs Schwester oder Cousine jetzt was? Freunde mit Vorzügen? Ein Paar? Eigentlich wollte sie es nicht so genau wissen. Etwas sagte ihr, dass Murphy sie mit keinem Detail verschonen würde. „Mich interessiert eher, auf welche Arten Crash versucht hat, dich deswegen umzubringen.“ „Oh, auf unterschiedliche Art und Weise. Er hat den ein oder anderen Speer nach mir geworfen“, meinte Murphy grinsend. Und wahrscheinlich hatte der Große mit Absicht nicht getroffen. „Jedenfalls, als ich letztens mit Alice  …“ Sie stöhnte genervt. „Kid, was muss ich dafür tun, damit du das Thema wechselst?“ Murphy grinste. „Mich auf ein Eis einladen, würde funktionieren.“ „Das hast du dir eigentlich nicht verdient“, murrte sie, ehe sie das Notizbrett nahm und sich die Informationen zu dieser – fehlenden – Kamera aufschrieb. „Aber, Pakhet, ich helfe dir hier bei deiner Arbeit und das aus der reinen Güte meines Herzens heraus!“ „Kid, du hältst eine Leiter“, erwiderte sie. „Und ich bin mir beinahe sicher, dass du es nur tust, um mich dabei nerven zu können.“ „Ich will dich nicht nerven“, empörte er sich. „Ich will dir helfen!“ „Du hilfst mir am besten, indem du ruhig bist“, antwortete sie. Murphy ließ einmal wieder ein melodramatisches Seufzen hören. „Gut. Von mir aus.“ Er schwieg für ganze zwei Sekunden, ehe er fragte: „Was ist denn mit dem Eis?“ Sie verdrehte die Augen. „Das entscheiden wir abhängig davon, wie nervig du für den Rest des Tages bist.“ Er grinste. „Okay!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)