Lokis Strafe von uk ================================================================================ Kapitel 7: Die Verbindung ------------------------- Sie brachten Loki auf ein ziemlich grosses Flugzeug – Flugobjekt traf es eigentlich eher – und schlossen ihn in einem kleinen, schalldichten Raum ein. Eine Kapsel, die sich bei Bedarf entfernen liess, wie unschwer zu erkennen war. Die Handschellen hatten sie ihm nicht abgenommen. Obwohl es für ihn ein Leichtes gewesen wäre, das schwache Metall zu zerbrechen, tat er es nicht. Er setzte sich auf die Bank in dem Raum und lehnte den Kopf gegen die Wand. Über sich sah er eine Kamera, die in jede Ecke der Kapsel reichte. Es war ihm egal. Sollten sie ihn beobachten, wenn ihnen das Spass machte. Die Schwäche kroch wieder durch alle seine Glieder und liess ihn die Augen schliessen. Ein Fehler: sofort stürzten die Bilder wieder auf ihn ein. Er wollte sie abwehren, aber es gelang ihm nicht. Und als er die Augen wieder öffnete, stellte er fest, dass es auch nichts änderte. Die Bilder blieben. Was war nur los mit ihm? Er begab sich nicht freiwillig in Coulsons Gedächtnis, und doch waren es dessen Erlebnisse von dem Moment an, wo Loki ihn niedergestochen hatte, die ihn verfolgten. Er war es inzwischen gewohnt, dass ihn dergleichen in seinen Träumen verfolgte, doch im Moment schlief er nicht. Im Gegenteil: er fühlte sich so hellwach wie selten. Ausgelaugt, aber hellwach. Es musste irgendeine Verbindung zwischen ihm und Coulson geben. Anders konnte sich Loki das Ganze nicht erklären. Doch je intensiver die Bilder wurden, desto mehr trat diese Frage in den Hintergrund… Er sah, wie Coulson am Boden lag, Sekunden nachdem er ihn mit dem Zepter niedergestreckt hatte. Sich selbst sah er nicht, dafür fühlte er auf einmal einen brennenden, stechenden Schmerz in der Herzgegend. Das Atmen fiel ihm immer schwerer, und er realisierte, wie das Leben gnadenlos aus ihm herausfloss. Erschrocken wollte er sich erneut von diesen Bildern lösen, doch der Versuch schlug abermals fehl. Er lag ihm Sterben… und dann war er auch schon wirklich tot. Nein, nicht er war es, der da leblos am Boden lag, sondern Coulson. Doch in diesem Augenblick verschmolz er mit dem Agenten. So sehr, dass ihn auf einmal die kalte Finsternis des Todes umfing. Bis zu jenem Moment, wo er anfing zu betteln. Darum, endlich sterben zu dürfen… Loki keuchte, fuhr hoch und fiel einen Atemzug später wieder in sich zusammen. Sein Blick wurde starr, seine Pupillen weiteten sich, und ohne dass er es merkte, löste sich die Magie, die auf seinem Äusseren lag, langsam auf… Er nahm die blaue Gestalt eines Frostriesen an. Aber er war nicht Loki im Moment. Nein, er war Phil Coulson. Und er lag auf einem Operationstisch und litt. Er litt solche Schmerzen, dass er um den Tod bettelte. Immer und immer wieder. Doch sie hörten nicht auf ihn. Man hatte ihm etwas injiziert, eine ausserirdische Substanz, welche die Regeneration seines geschädigten Herzens bewirkte. Langsam und schmerzhaft, aber effizient. Gleichzeitig lag sein halber Schädel offen, und mehrere Apparaturen machten sich an seinem Gehirn zu schaffen, setzten die Synapsen neu zusammen und programmierten eine Realität da hinein, die so nie wirklich stattgefunden hatte. Auch das schmerzte unsäglich, und er hörte sich – Phil! – wieder um den Tod betteln… Und dann war es endlich vorbei. Phil Coulson glitt in einen gnädigen Traum hinab, wachte auf einer wunderschönen Insel mit kristallblauem Meer auf und lief barfuss den herrlich weissen Sandstrand entlang. Tahiti – er war auf Tahiti gelandet. Verbrachte nach den für ihn traumatischen Ereignissen in New York einen wohlverdienten, längeren Urlaub dort. Zumindest war es das, was Coulson hatte glauben sollen... Loki tauchte aus der Trance auf. Der Schock war so gewaltig, dass er nach Luft schnappte wie ein Ertrinkender. Phil Coulson war nie auf Tahiti gewesen – das war nur eine falsche Erinnerung, die sie ihm implantiert hatten. Genauso wie die Behauptung, er wäre nur ein paar Sekunden lang tot gewesen, und man habe ihn mehr oder weniger sofort reanimieren können… In Wahrheit war Phil Coulson mehrere Tage lang tot gewesen. Und das Serum, das man ihm injiziert hatte, um eine komplette Erneuerung der Zellen, aus denen sein Herz bestand, anzuregen, war nicht einfach irgendeine ausserirdische Substanz gewesen, sondern Blut. Sein – Lokis – Blut! Daher diese Verbindung. Jetzt war für den Magier alles klar. Sein Blut, das nicht nur Bestandteile eines Frostriesen, sondern durch die jahrhundertelange ‘Verwandlung’ in einen Asgardianer und durch den damit verbundenen Einsatz konstanter Magie inzwischen auch Anteile von deren DNA beinhaltete, hatte etwas bewirkt, was wohl keine andere Zusammensetzung geschafft hätte. Denn die enorme Selbstheilung, die Asgardianern und Frostriesen eigen war, liess sich nicht auf andere Lebensformen übertragen. Die Kombination von beiden genetischen Eigenschaften aber offensichtlich schon. Nur wussten das weder Coulson noch diejenigen, die ihm das Blut injiziert hatten. Coulson, der inzwischen herausgefunden hatte, was wirklich mit ihm geschehen war, glaubte genauso wie seine Ärzte, dass die ausserirdische DNA von den Kree stammte. Loki konnte sich darüber nur verwundern, denn woher um alles in der Welt hätten sie denn plötzlich Kree-Blut herhaben wollen? Ihm war klar, dass zumindest ein Mensch die Wahrheit kennen musste – und das dürfte wohl Fury sein. Der ehemalige Director von SHIELD, der wohl dafür gesorgt hatte, dass von dem Blut, das Loki im Stark Tower vergossen hatte, genügend Proben eingesammelt wurden, um damit den wahnwitzigen Versuch zu unternehmen, seinen besten Agenten zu retten. Denn Loki war der einzige Ausserirdische gewesen, dessen Blut überhaupt zur Verfügung gestanden hatte. Die Chitauri besassen nämlich kein Blut. Und Thor, sein Bruder, hatte keines vergossen. Blieb nur noch er selbst. Und er hatte schon ziemlich geblutet, nachdem der Hulk mit ihm fertig gewesen war… Aber das war im Grunde genommen völlig nebensächlich, denn er hatte bestimmt nicht vor, Coulson das zu erzählen. Was der Mann durchmachen musste, war auch so schon schlimm genug. Und als Coulson schliesslich die Wahrheit herausgefunden hatte, hatte ihn das beinahe um den Verstand gebracht. Dass die Regeneration seines Zellgewebes im Herzen durch Lokis Blut bewirkt worden war, dürfte also so ziemlich das Letzte sein, was der Agent hören wollte. Langsam ebbten die Bilder definitiv ab, und Loki realisierte sein verändertes Äusseres. Rasch verwandelte er sich wieder in einen Asgardianer zurück. Nicht aus Angst davor, dass man ihn sehen könnte, wie er wirklich war, denn dafür war es eh zu spät – immerhin hing die Kamera an der Decke wohl kaum nur als Attrappe dort. Nein, er selbst hasste seinen natürlichen Zustand dermassen, dass er ihn kaum ertragen konnte. Und da er sich jetzt sowieso noch ein wenig mehr verabscheute als noch vor ein paar Stunden, brauchte er in der Hinsicht wirklich keinerlei ‘Zugabe’ mehr… Seine Hände zitterten, und er hatte Mühe, sie unter Kontrolle zu bringen. Bis eben hatte er nur gewusst, was Coulson passiert war - nun hatte er es selbst durchlebt. Und eines war jetzt definitiv klar: es gab für Phil Coulson eine Menge Gründe, ihn zu hassen. Eine Menge Gründe mehr als er bislang angenommen hatte… Daisy Johnson, die zusammen mit Melinda, Mack, Fitz und Coulson Loki in Gewahrsam genommen hatte, liess keinen Blick von dem Gefangenen. Sie ignorierte Coulson und die anderen, die im Hintergrund relativ heftig miteinander diskutierten, und konzentrierte sich ganz auf den Asgardianer, der ihren geliebten Chef umgebracht hatte. Den Mann, der inzwischen weit mehr ein Vater als ein Vorgesetzter für sie war – und dessen Mörder sie nun an Bord hatten. Ein leicht grimmiges Lächeln stahl sich um ihre Lippen, als sie sah, dass Loki mit starren Augen reglos dasass. Sie dachte nichts anderes, als dass er mit Sicherheit ziemliche Angst verspüren musste. Gut so – sollte der Bastard nur so richtig schön zittern. Doch dann stutzte sie auf einmal. Was war denn jetzt los? Narrten sie ihre Augen, stimmte mit der Linse der Kamera etwas nicht, oder… …wurde der Kerl tatsächlich auf einmal blau? «Coulson, das müssen sie sich ansehen.» Daisy war sich immer noch nicht sicher, ob sie ihren Augen trauen konnte. Sofort hasteten Coulson und die übrigen Agenten an ihre Seite. Keiner begriff – ausser Phil, der leise vor sich hinmurmelte: «So sieht also ein Frostriese aus.» Als ihn nur lauter fragende Blicke trafen, klärte er sein Team auf. Obwohl er auch nicht mehr wusste als das, was Thor ihnen damals an Bord des Helicarriers erzählt hatte: dass Loki nicht sein leiblicher Bruder, sondern als Baby adoptiert worden war. Dass er eigentlich aus Jotunheim stammte, der Heimat der sogenannten Frostriesen (und deswegen von seinen Eltern ausgesetzt worden war, weil er für einen Riesen nur die relativ kleine Grösse eines Asgardianers – oder Menschen – besass), deren Haut eine grau-blaue Färbung aufwies. Dass Odin ihn dann mit seiner Magie belegt hatte, die sein Aussehen in das eines Asgardianers verwandelte. «Eigentlich hatte ich gemeint, das sei permanent,» schloss Coulson seinen Bericht. «Aber offensichtlich gibt es Momente, wo die Magie bröckelt.» Es klang trocken. «Hat Thor auch davon erzählt, dass Frostriesen glühend rote Augen besitzen?» fragte Daisy mit einem leichten Zittern in der Stimme. Der Anblick jagte ihr einen Schauer über den Rücken. «Nein,» erwiderte Coulson völlig ruhig, «dieses Detail hat er ausgelassen.» Nach wenigen Minuten schien sich Loki sichtlich zu entspannen, und seine Haut nahm wieder die normale Farbe an. Auch die roten Augen verwandelten sich wieder in die ihnen bestens bekannten grün-blauen Augen zurück. Melinda May empfand sie zwar natürlicherweise als menschlicher, aber deshalb noch lange nicht als weniger unheimlich. «Was ist da eben passiert?» fragte Jemma Simmons. Die Wissenschaftlerin betrachtete Loki mit einem Gemisch aus Neugier und Faszination. Mit etwas zu viel Faszination, wie Daisy fand. Aber sie konnte es leider nachvollziehen, denn ihr ging es nicht anders. Klar, sie hatte im Internet dutzende Bilder von Loki gesehen, und schon da hatte sie zugeben müssen, dass der Kerl für einen Verbrecher ziemlich gut ausschaute. Aber da er damals ständig diesen Helm getragen hatte, war ein Grossteil seines Gesichtes nicht richtig sichtbar gewesen. Aber nun… ohne Helm und aus der Nähe betrachtet war der Schuft wirklich ein gefährlich gutaussehendes Exemplar von Mann. Zumindest solange er sich nicht in einen Frostriesen verwandelte… Diese Augen – Daisy fröstelte es noch immer. Doch als sie jetzt auf den Monitor und in Lokis Augen starrte, überfiel sie auf einmal das gleiche Frösteln. Nicht, weil sie sie immer noch unheimlich fand, sondern wegen des Ausdrucks darin. Obschon Loki scheinbar wieder völlig entspannt dasass, las sie etwas in seinen Augen, das sie entsetzte: nacktes Grauen. Aber wieso auf einmal? Es konnte doch kaum sein, dass sie, ein paar lächerliche Sterbliche, wie er sie sicher in Gedanken titulierte, ihm einen derart grossen Schrecken einjagten? Einen kleinen Schrecken vielleicht. Wenn sie Glück hatten sogar einen gehörigen Schrecken. Aber das hier - das war mehr als das... Was war los mit ihm? Und warum sah Coulson plötzlich fast genauso entsetzt aus..? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)