Schicksalsstränge von Naumi ================================================================================ Kapitel 21: Vermutungen ----------------------- Triggerwarnung Gewalt, Schmerz, Verlust/Tod Vermutungen "Sie ist schon kalt", stellte Kagome fest, als sie am Boden sitzend den Puls der Yōkai suchte. Eben jene Dämonin, die erneut mit ihrer Anwesenheit den Herrn des Westens ein Gefühl des Versagens suggerierte. Wie konnte es sein? Wie konnte er, der Herrscher über alle Inuyōkai, erneut die Spur verlieren? Langsam zweifelte er an seinem Können. Konnte es sein, dass Sesshōmaru Jahre lang einem Gespenst hinterherjagte? Nein, es musste mit dem Wesen der Yōkai zusammenhängen. War sie eventuell in der Lage, ihren Geruch zu verändern und die vor ihm befindliche Leiche hatte nichts mit dem Dämon von vor drei Jahren zu schaffen?Dann wäre sie schlicht und ergreifend nicht auffindbar. Fast schon war der Weißhaarige überzeugt von seiner Theorie, wenn er sich das verwüstete Dorf betrachtete. Es war ein anderes Muster der Zerstörung, doch etwas in ihm hegte einen Zweifel. Sein Gift in der Duftspur, könnte sie diesen Geruch kopieren? Der Blick Sesshōmarus wanderte zurück zu dem Boden vor sich, noch immer saß der schwarzhaarige Mensch dort und betrachtete die Yōkai, die der Gesuchten beim näheren Betrachten sogar ähnlichsah. Nein, er würde nicht an sich zweifeln und die Dämonin finden, sowie zerstören. Vorsichtig suchte die Miko nach Verletzungen, die den Tod verursacht haben könnten. Es war etwas, was Kagome schwerfiel, aber sie musste wissen, was hier vorgefallen war. Noch immer wunderte sich die Priesterin über das Bekenntnis von dem Daiyōkai. Das er zugab, dass er es nicht wusste-Die ausgewaschenen Augen musterten sie anklagend, als sie den Kimono zur Seite schieben wollte, um ihre Brust nach Wunden abzusuchen. Vorsichtig hob sie ihre Finger an die Augenlider der Yōkai. Als sie diese schloss, streifte sie ihre Haare und diese fielen zur Seite aus dem feingeschnittenen Gesicht, dass dem aus ihren Alpträumen so ähnlich war. Nachdem die Strähne den Blick auf die Stirn der Toten freigaben, stockte die Zeitreisende. Das Zeichen sah aus wie ein Stern in einem sachten Veilchenblau, eine Narbe verunstaltete allerdings die akkuraten Linien und die Ränder der Wunde waren unregelmäßig zusammengewachsen, sodass der Himmelkörper verzogen war. Es wunderte die Miko, an der Yōkaimarkierung eine Narbe dieses Ausmaßes zu finden. Stand diese nicht für die Stärke des jeweiligen Trägers? Etwas stimmte ganz und gar nicht, das Bild passte nicht. Konnte es sein, dass die weibliche Yōkai vor ihr, genau wie die Menschen des Dorfes, ein Opfer war?Das Gefühl ließ sie nicht los, dass die zerstörte Markierung auf ihrer Haut eine Rolle spielte und es gab nur einen, der ihr sagen konnte, wie die Frau vor ihr so stark verletzt werden konnte. Mit einer Frage auf den Lippen wendete sich Kagome dem Daiyōkai zu. Dieser war allerdings verschwunden. "Na toll." Ihre Augen suchten die nähere Umgebung ab, aber er war nicht zu sehen, nur sein Yōki sagte ihr, dass er nicht weit weg war. Die Priesterin rappelte sich auf und klopfte den Staub des Bodens von dem Kimono. "Komm", seine Stimme plötzlich direkt neben ihr ließ die Miko zusammenfahren. "Sesshōmaru!" Ungeduldig griff der Daiyōkai den Ärmel ihres Kimonos. "Komm", wiederholter er erneut und zog sacht an dem Stoff, damit sie sich bewegte. Doch stemmte Kagome ihre Füße nur fest in den Boden. "Das ist nicht dein Ernst! Oder? Wir müssen sehen, was hier passiert ist!", sagte sie bestimmt. "Nicht jetzt, Miko", benutzte er ihren Titel, zu abgelenkt, um auf ihren allzu schwächlichen Wunsch, sie bei Namen zu nennen, Rücksicht nehmen zu können. "Und was ist mit der Narbe, die durch ihre Yōkaizeichnung geht? Was ist, wenn sie etwas bedeutet und uns weiterhilft?", ratterte Kagome ihren Einwand gegen seine Entscheidung herunter, während er schon dabei war, sich zu überlegen, wie er die Miko am besten für ihre Sturheit bestrafte. "Hn?", mit diesem Laut hatte der Mensch seine ungeteilte Aufmerksamkeit. "Auf ihrer Stirn." Ein flüchtiger Blick und seine Vermutung bestätigte sich. Eine Ausgestoßene. Unwichtig für ihre Mission.Aber Kagome schien das anders zu sehen, " Und!? Es bedeutet etwas, oder?" "Ja", er ergriff ihr Handgelenk und zog daran, die Miko stolperte unbeholfen gegen ihn. Ihr Kopf stieß dabei gegen seine Brustpanzerung und nur durch eine minimale Bewegung Sesshōmaru verfehlte sie einen Stachel, der ihrem Gesicht gefährlich nahegekommen war. "Und was?", die Schwarzhaarige sah in sein Gesicht hinauf und Ärger stand deutlich in ihre Augen geschrieben, dennoch zeichnete sich auch eine sachte Röte in ihren Wangen ab. "Das hilft uns nicht weiter." Mit diesen Worten, sowie dem Gefühl, dass er nicht mehr mit ihrem intensiven Blick umgehen konnte, packte er sie und warf sie sich über seine Schulter. Dabei war Sesshōmaru darauf bedacht, dass sie stabil lag. Dann beschleunigte der Herr des Westens schließlich und folgte seiner neuen Spur. "Ich bin kein Sack Kartoffeln, das ist dir doch hoffentlich klar", maulte die Miko schon fast. "Ich weiß auch nicht, warum ich einen Sack Knollenziest tragen sollte." Kagome unterdrückte ein hysterisches Lachen, gleichermaßen wie ein Heulkrampf aus Verzweiflung. Warnend spürte sie die Krallen der Hand, die sie festhielten, gegen ihren unteren Rücken fester drücken. Der Protest, dass die Zeitreisende lediglich ein Sprichwort verwendet hatte, erstarb auf ihrer Zunge. Nein, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Diskussionen über Redewendungen aus der Neuzeit und der Inuyōkai hatte ihr schon genug Hinweise gegeben, dass er nicht sehr erpicht auf eine solche war. "Ich denke immer noch, dass ihre Markierung mit alledem zu tun hat", diese eine Spitze konnte sich die Miko bei bestem Willen nicht verkneifen. "Die Verbannung aus dem Norden hat rein gar nichts mit dem Tod der Yōkai gemein.“ Die Priesterin nahm die Information überrascht zu Kenntnis. Es war nicht seine Art, unbewusst eine solche Aussage zu treffen. Dennoch, etwas an der Sache störte sie, all diese neuen Puzzleteile und die Ningen wusste einfach nicht, wie diese zu deuten waren. Es war ein großes Rätsel und kopfüber auf dem gruseligen Herrn des Westen zu Reisen half ihr nicht unbedingt bei der Lösung des Gewirres. Noch immer begriff Kagome nicht einmal, warum er sie mit sich schleppte. Ein Seufzer blieb an ihre Lippen hängen, ihre Finger sanken tiefer in den weichen Stoff des Kimono, der sauber und nach Wald roch. Dieser Geruch war mittlerweile sogar vertraut, sie war nicht soweit, zu sagen, dass sie ihm vertraute, aber dennoch, fremd war ihr Sesshōmaru nicht mehr. Seine Art reizte sie und lenkte die Frau von der vergangenen Trauer ab, jetzt da sie wieder im Mittelalter war fühlte sie sich unglaublich lebendig und ihr Leben in der Neuzeit rückte in weite Ferne. Fünfhundert Jahre waren fast spürbar und machten die Onna zu einem anderen Menschen. Einen tiefen Atemzug nehmend, erinnerte sie sich an ihren kurzen Zusammenbruch, an den Schmerz, das Kleid zu sehen. Aber war es nicht so, dass eben diese Schmerzen sie ihrer endgültigen Genesung annäherten und die Priesterin sich diesen stellen musste? Kagome erinnerte sich an die Aufklärungsblätter, die sie hatte unterschreiben müssen, als sie ihre Therapie begonnen hatte. In diesen hatte gestanden, dass der Prozess der Aufarbeitung Wunden aufreißen konnte und schmerzte. Das es manchmal erst schlimmer werden konnte, um endgültig besser zu werden, dass die Erinnerung immer wieder schmerzen würde, war klar, aber dennoch hatte sie das Gefühl, dass es weniger als erwartet an ihr riss. Auch wenn die Miko nie vorgesehen hatte, zurück zu gehen, war sie nun über diese Chance, ein letztes Abenteuer zu bestreiten, das ihr dabei half, ihre Geschichte abzuschließen, froh. Dennoch, das Blut in ihrem Kopf wurde langsam mehr als unangenehm, verzweifelt wollte die Miko sich etwas umlagern. Auch wenn seine Bewegungen so fließend waren und es kaum Erschütterungen gab, die sich auf ihren Leib übertrugen, war es dennoch nicht gerade ihre Lieblingstransportmöglichkeit, bei weitem war es komfortabler gewesen, auf Inuyasha seinen Rücken zu reisen. Auch wenn dieser oft weit weniger Rücksicht auf die junge Frau genommen hatte. Es dauert dennoch noch eine ganze Weile, bis es gar nicht mehr vereinbar war mit Kagome ihren Bauch, dieser schien sich zu krümmen und erinnerte die Frau nicht mehr nur an ihre unbequeme Haltung oder dran, dass ihre Monatsblutung bevorstand, sondern auch an das Fehlen von zu verarbeitender Nahrung. Was einerseits ein Vorteil wäre, hätte sie sich sonst übergeben, dennoch sollte sie bei Kräften sein auf ihrer Mission. „Sesshōmaru , lass mich bitte runter", ihre leise Stimme war sanft, bittend und dennoch laut genug, um von seinem empfindlichen Gehör vernommen zu werden. Nur, dass er dies anscheinend nicht wollte. Seine Reaktion war nicht wahrnehmbar, zumindest nicht von dem einfachen Menschen, der eine recht eigeschränkte Sicht auf seinem Rücken hatte. Frustriert stieß die Miko die wenige Luft in ihrer Lunge aus, nur um dann erneut ansetzten zu wollen, zu sprechen, während sie seinen Rücken mit einem Blick bedachte, der bei einem Menschen für deutlich ängstlichere Reaktionen gesorgt hätte. Der Herr des Westens unterdes stieß auch kurz die Luft aus, was erneut eine große Reaktion seinerseits auf das Verhalten des Menschen auf seiner Schulter war. Kagomes Geruch umschmeichelte seine Sinne, als er Sekunden danach seine Lunge erneut füllte. Dann spürte er plötzlich, wie sich ihre Finger tief in seinen Kimono gruben, ein Geräusch, das unnatürlich wirkte, ließ ihn stark abbremsen und die Frau mit einer Geschwindigkeit von sich heben, die er sich selbst nicht zugetraut hätte. Sie etwas von sich schiebend wollte er sie betrachten, doch schlug sie seine Krallen in einer aufgebrachten Geste weg und krümmte sich etwas, eine ihrer Handrücken vor den Mund haltend. „Oh Kami, ich glaub- Ich muss mich übergeben", dann beugte sie sich vor, hastig wich er einen Schritt zurück. Jedoch folgten nur würgende Geräusche von der Frau und ein ganz sachter säuerlicher Geruch, nicht stark nur minimal, von Flüssigkeit fehlte jede Spur. Eine Augenbraue glitt in die Höhe, als er sie beobachtete, allerdings blieb dies seine einzige Gefühlsregung. Es war schade, dass die Frau nun nicht mehr ganz so angenehm roch, stelle er zusammenhangslos fest, aber es war bei weitem nicht so schlimm, als hätte sie tatsächlich ihr Essen von sich gegeben. Mühsam richtete sich die junge Zeitreisende auf und musterte ihren Sklaventreiber. Er stand da, stolz erhobenen Hauptes und beobachtete einfach, wie sie sich wand und vor Schmerzen krümmte. „Ich vermute, der einzige Grund, warum du mich tatsächlich aus der Zukunft geholt hast, ist ,weil du mir alles heimzahlen willst!“, Kagome konnte nur schwer an sich halten, es war als würde sie verbal lecken und es sprudelte nur so aus ihr heraus. „Dass ich Tessaiga rausgezogen habe, dass du deinen Arm verloren hast, dass nicht du Naraku den letzten Streich versetzt hast, dass die Yōkai deine Würde verletzt hat, dass ich deine Rüstung damals zerstört habe, dass du ne scheiß Kindheit hattest und dass dein Vater gestorben ist sowieso!“, es war nicht so, dass die junge Frau tatsächlich daran glaubte, aber die Situation war höchst unangenehm für sie und sie stand unter gewissem Stress, der sie gereizt machte. Jedoch wurde ihr auch schon einige Sekunden nach ihrem Ausbruch bewusst, wie lebensmüde es war, den Daiyōkai vor ihr so vieles an den Kopf zu werfen. Einige weitere Sekunden verstrichen, die ihr wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, immer im Blickfeld versuchte sie seine Reaktionen zu erhaschen, Gefühle zu erblicken, die sie einordnen konnte und bei drohender Gefahr schneller reagieren zu können. Doch war da nichts. Kein Ärger. Keine Mordlust, nicht einmal ein Zucken. „Meine Kindheit war äußerst angenehm, Onna. Danke der Nachfrage.“ Die Aussage des Dämonenfürsten brachte Kagome dazu, ihn mit offenen Mund anzustarren und an der Realität, in der sie sich gerade befand, zu zweifeln, denn konnte es sein, oder hatte Sesshōmaru soeben mit einer gewissen Art von Humor reagiert? In Sesshōmaru sah es ganz anders aus, tatsächlich war seine Kindheit angenehm gewesen, aber alle anderen Punkte hatten ihn lange beschäftigt und bevor er Bakusaiga erhalten hatte, auch gequält. Außer, dass sie Naraku geschlagen hatte, dieser Fakt hatte ihn nie gestört, es war ihre Aufgabe als Shikon Miko gewesen, dieser war Kagome nachgekommen. Außerdem bemerkte er aufgrund ihres Ausbruches, dass die Miko wohl auch ihren eigenen Stolz besaß, das erheiterte ihn. Ihr Gesichtsausdruck war einmalig, hätte wohl ein geringeres Wesen zum Lachen gebracht, nicht so ihn, ein diszipliniertes Vollblut edler Abstammung. Er hob sich seine Erheiterung für sein Innerstes auf, strahlte es nicht nach außen. „Wir machen eine kurze Rast", teilte er ihr mit und drehte sich um. „Und Kagome-“, er sah über die Schulter, nur um in ihr immer noch fassungslose Gesicht zu blicken, „- ich empfehle dir, dich an diese Transportart zu gewöhnen, bis wir der Spur bis zum Ende gefolgt sind.“ Seine funkelnden Augen würde die Miko nicht so schnell vergessen. „Die Vermutung einer Frau ist viel genauer als die Gewißheit eines Mannes.“ Joseph Rudyard Kipling *knollenziest auch japanische kartoffel genannt ist eine Delikatesse (die sich nicht gut lagern lässt) darauf spielt kagome aber nicht an, sondern auf die europäischen. Sesshōmaru kennt diese zu dieser Zeit in Japan unbekannten Kartoffeln aber nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)