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Stun Duration

von

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Mit der Überzeugungskraft ihrer Fäuste hatte Masumi es geschafft, das Personal zu überreden, ihr die Aufnahmen der Überwachungskamera zu zeigen. Es war nur eine Kamera, über die man die oberste Tribünenreihe in Block C sehen konnte und die Qualität der Aufnahme war nicht sonderlich gut. Trotz allem konnte man den Schützen auf dem Video ausmachen, der zurselben Zeit feuerte, zu der auch Zhou Zekai Barrett-Scharfschütze einsetzte. Es war eine schlanke Gestalt, die eine Batu-Kappe und eine schwarze Jacke trug. Nach der Tat nahm sie direkt den nächsten Ausgang. Vor der Tat ließ sich nur feststellen, dass sie selbst einen Sitzplatz in Block B haben musste, denn dort verlor sich ihre Spur in den schwungvollen Bewegungen zahlreicher Batu-Fans, die ebenso Batu-Kappen trugen.

Sobald Masumi die genaue Position des Schützen herausgefunden hatte, hatte sie diese an Shinichi weitergegeben. Dieser besah sich dem Ort des Abschusses. Das Einzige, was er vorfand, war eine dezente Pulverspur am Boden.

Dennoch war er schneller als Masumi in dem überfüllten Eingangsbereich, in dem nun zahlreiche Batu-Fans warten mussten. Nachdem Masumi eine erste Beschreibung zum Täter an das Personal weiterleiten konnte, hatte dieses beschlossen, wenigstens die Lunhui-Fans, die auch in Lunhuis Tribünenhälfte einen Sitzplatz bezogen hatten, aus dem Stadium zu lassen. Masumi war dagegen gewesen. Ein Gast hätte einfach zwei Platzkarten vor dem Spiel kaufen können, um auf diese Weise schneller zu entfliehen. Diese Spekulation hielt das Sicherheitspersonal allerdings nicht für wahrscheinlich.

Ohnehin reichten die Informationen aus, um drei Personen zu finden, auf die die Beschreibung zutraf und die eine Karte für einen Platz in Block B besaßen, auf den sie allerdings zum Tatzeitpunkt nicht gewesen waren. Das hatte eine grobe Befragung einiger Gäste aus Block B ergeben. Leider jedoch war die Schusswaffe bei keinem der Drei oder auch einem der übrigen Gäste gefunden worden.

Bis diese Befragung vorbei war, waren ebenso Polizei und Krankenwagen eingetroffen. Die Sicherheitsmänner, begleitet von Masumi und Shinichi, trieben die drei gefundenen Verdächtigen zu den Polizisten, die von Xinjie sowie Batus Eigentümer bereits in einen ruhigen, unbenutzten Raum für die Befragungen gebracht wurden. Nach allem waren sie hier in Batus Heimstadium.

„Ich kann es nicht fassen. Du Ming. Du Ming ist einer unserer Verdächtigen, Conan. Er ist ein Lunhui-Spieler. Allein, dass er Batu-Merchandise trägt, macht ihn umso verdächtiger!“, klärte Masumi Shinichi über die Identität eines Mannes auf, der etwas vor ihnen lief und jedes Wort hören konnte.

Ganz offensichtlich war diesem mehr als unwohl in seiner Haut, er war blass und zittrig, schien gar etwas zu schwitzen.

Als die Gruppe den Raum betrat, erstarrten sogleich Xinjies Gesichtszüge, während einer der Sicherheitsmänner erklärte, dass sie den Kreis der Verdächtigen auf diese Drei hatten einschränken können.

„Jia Shiming?!“, fragte Xinjie daraufhin überrascht.

Einer der Verdächtigen sah beschämt zu Boden, schwieg jedoch.

Auch die Beamten blickten überrascht, hinterfragten jedoch erst das Ausfindigmachen der Verdächtigen. Der Sicherheitsmann erklärte das Vorgehen und stellte dabei mit eigenem Unwohlsein Masumi und Conan vor.

Einer der Polizisten räusperte sich daraufhin. „Nun gut. Vielen Dank. Dann dürft ihr beide nun gehen und den Rest uns überlassen.“

„Das wäre nicht fair! Lassen Sie uns der Befragung beiwohnen! Ich verdiene es, Han Wenqings Angreifer zu überführen!“, protestierte Masumi.

„Ich kann keine Kinder in meine Arbeit pfuschen lassen, Junge“, knurrte der Polizist zur Antwort.

„Ich bin kein Kind. Ich bin ein Profi!“, widersprach Masumi.

„Lassen Sie die beiden doch zuhören. Wir haben nichts zu verbergen, nicht wahr?“, sprach der dritte Verdächtigen und blickte dabei zu den weiteren beiden im Bunde.

Die Aufmerksamkeit der Umherstehenden lag nicht etwa auf den beiden anderen Verdächtigen, sondern auf dem Sprecher. Dieser trug einen Bart, unter seiner Kappe kurzes Haar und Männerklamotten, doch seine Stimme war eindeutig die einer Frau.

„Su Mucheng?“, stellte Xinjie eine Vermutung auf.

„Ganz wie man es von einem Meistertaktiker erwartet, du hast mich durchschaut, Zhang Xinjie“, entgegnete der Verdächtige, ehe ein Kichern folgte.

Er griff nach der Kappe und nahm diese mitsamt seinem Haar ab. Langes, hellbraunes Haar fiel daraufhin über seine Schultern, dann zog er sich mit der anderen Hand den falschen Schnurbart ab.

Mit offenen Mündern wurde die junge Frau angestarrt. Die meisten im Raum kannten sie und damit waren nun drei Profispieler als Verdächtige versammelt.

„Nun“, erhob der leitende Ermittler seine Stimme, „mir scheint, Sie kennen sich, aber bevor mich jemand nun aufklärt, wer unsere Verdächtigen genau sind, ihr beide verschwindet.“

Sein Blick lag auf Masumi und Shinichi. Die beiden tauschten nachdenkliche Blicke aus, blieben jedoch hartnäckig im Raum stehen.

„Wir beginnen mit der Befragung des Mädchens. Der Rest wartet vor der Tür“, fügte der Polizist an.

Mit dieser Aussage ließen sich die beiden Schülerdetektive beschwichtigen und verließen nun doch nach einer höflichen Verabschiedung den Raum. Es dauerte nur einen Augenblick, da kamen die Sicherheitsmänner, begleitet von Batus Eigentümer, Xinjie, einem Polizisten und den beiden männlichen Verdächtigen ebenso aus dem Zimmer.

„Der Raum dort drüben ist noch frei. Dort können Sie warten“, erklärte Batus Eigentümer und führte die Gruppe einen Raum weiter.

Shinichi und Masumi hefteten sich an deren Fersen. Die Sicherheitsmänner waren bereits vor Masumi eingeknickt, Batus Eigentümer hatte bereits durch Han Wenqings erhabene Ausdrucksstärke wenig Motivation, sich Auseinandersetzungen zu stellen und auch der Polizist allein konnte nicht viel ausrichten, um die beiden unschuldigen Detektive freundlich daran zu hindern, seine Arbeit zu behindern. Letztendlich war es ohnehin für ihn ebenso vorteilhaft, sollte eine neue Spur ans Licht geraten, egal, auf welche Weise und so verwandelte sich der provisorische Warteraum in einen zweiten Verhörsaal.

„Also Du Ming, fangen wir mit dir an. Du spielst für Lunhui. Wieso bist du nicht auf der Spielerbank gesessen?“, begann Masumi ihre Befragung.

Sie stand mit verschränkten Armen vor der Bank, auf der Ming und Shiming nebeneinander und zwischen einem Sicherheitsmann und einem Polizisten saßen. Shinichi setzte sich neben Xinjie auf eine Bank den anderen gegenüber und hörte ebenso wie der Vizekapitän aufmerksam zu.

Dabei fiel sein Blick allerdings auf eine Zeitschrift, die aufgeschlagen auf einem Tisch neben ihm lag. Auf der einen Seite war eine Tabelle abgebildet, die das aktuelle Punkteranking der Vereine darstellte. Auf der anderen Seite war die Spielerin, die sich nun im Verhör bei den Polizisten befand, abgebildet. Sie war Model einer Werbeanzeige für eine Marke für Computerzubehör. Obwohl der Fokus der Anzeige auf einer kabellosen Gamingmaus lag, die Mucheng nach vorne hielt, blieb Shinichis Blick an dem Ohrring, den Mucheng auf dem Bild trug, hängen. Er erkannte diese Ohrringe als die Gleichen wieder, die Ran ihrer Mutter zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, nachdem sie vergeblich versucht hatte, ihren Vater dazu zu überreden, die Ohrringe ihrer Mutter zu schenken. Für einen Augenblick waren Shinichis Gedanken ganz bei Ran. Er fragte sich, ob sie inzwischen mit Sonoko das Stadium verlassen habe oder ob sie nach ihm und Masumi suche. Doch für diese Fragen war nun kein Platz, er sollte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Verdächtigen richten.

„Ich bin nicht für das Spiel aufgestellt worden“, antwortete derweil Ming.

„Das ist nur eine Ausrede. Normalerweise hockst du auch als Ersatzspieler bei deinem Team. Und wenn schon nicht da, dann doch auf der Tribünenseite der eigenen Mannschaft. Du aber warst in Block B, auf Batus Seite, und trägst sogar eine Batu-Kappe“, sprach Masumi.

„Die Kappe ist zur Tarnung! Würde ein Batu-Fan mein Gesicht erkennen, wer weiß, was er mir antun würde. Durch die Kappe ist das schwerer zu erkennen und ich falle nicht auf“, erklärte sich Ming.

„Und wieso ein Platz in Block B?“, hakte Masumi weiter nach.

Ming seufzte. „Ich bin nicht zum Spiel aufgestellt, weil ich Fieber hatte. Das hat mich gestern ziemlich ausgeknockt, deswegen bin ich nicht mit der Mannschaft in die Stadt Q gereist. Ich sollte daheimbleiben und mich ausruhen. Aber heute Vormittag ging es mir gut, ich wollte das Spiel unbedingt live sehen. Also bin ich nachgekommen. Meine Kollegen würden mich sicherlich rügen, wenn sie mich sehen würden, also wollte ich mich vor ihnen verstecken. Immerhin, wenn das Fieber durch den Ausflug zurückkommt und länger bleibt, falle ich länger im Training aus und das wäre alles meine Schuld. Ich wollte einfach nicht, dass das rauskommt.“

„Wie hast du spontan eine Karte bekommen? Die Karten waren schon seit Wochen ausverkauft.“

„Bai Yanfei. Weil Bai Yanfei nur ein Jahr vor mir debütiert ist, kommen wir recht gut mit einander aus und chatten gelegentlich. Ich habe ihm geschrieben und gefragt, ob er mir eine Karte besorgen kann.“

„Bai Yanfei hat sich heute tatsächlich darum bemüht, an eine Karte zu kommen“, mischte sich Xinjie ein. „Ich bekam es mit, wie er unseren Fanclub kontaktierte.“

„Wann war das?“, fragte Shinichi an seinen Sitznachbarn gerichtet, während er aus der Unterhaltung geschlussfolgert hatte, dass Yanfei ein Profispieler aus Team Batu war. Anders als bei Masumi sagten ihm all die Namen der Spieler schließlich nichts.

Xinjie richtete musternd seinen Blick auf den kleinen Jungen. „11:32 Uhr. Er hat verkündet, dass er eine Karte sucht und im Gegenzug mit dem Fan, der seine Karte abgibt, ein Foto machen will, das er signieren wird. Und natürlich die Kosten erstattet.“

Derweil hatte Masumi Mings Handy eingefordert. Sie ging den Chatlog zwischen den beiden Profispielern durch. Soweit schienen Mings Worte zu stimmen. Um 9:50 Uhr hatte Ming Yanfei gefragt, ob es möglich sei, noch an eine Karte zu kommen, da er sich das Spiel live ansehen, aber nicht bei seinen Kameraden hocken und sich Vorwürfe anhören wollte. Die beiden hatten daraufhin etwas diskutiert, ob das eine gute Idee sei, ob es Ming wirklich gut genug dafür ging und, als Ming meinte, er würde sich bereits auf den Weg machen, wo er am besten hocken sollte. Es war Yanfei, der geäußert hatte, dass ein Platz auf Batus Seite sicherer für Ming sei, um nicht erkannt zu werden, wenn er sich etwas tarne. Er hatte Ming gleich mehreres angeboten: Eine Batu-Jacke, einen Schal und die Kappe. Ming schien die Kappe zu reichen und Yanfei hatte zugestimmt, zu versuchen, an eine Karte zu kommen. Ein konkreter Block oder Platz nahe der Treppen, um die Tribüne zu verlassen, wurde nie erwähnt. Um 12:04 Uhr kam schließlich Yanfeis Antwort, dass er einen Batu-Fan gefunden hatte, der bereit war, sein Ticket abzutreten. Masumi durchsuchte den Chat der vergangenen Wochen nach Hinweisen darauf, dass die beiden schon einmal eher über dieses Vorhaben gesprochen hatten, jedoch sie wurde nicht fündig.

Sie gab das Handy zurück und sah zu Shinichi, dessen Blick inzwischen auf ihr lag.

„Es scheint zu stimmen, dass er spontan zum Stadium gekommen ist. Ich bezweifle allerdings, dass der Anschlag eine spontane Aktion war.“

Shinichi nickte zustimmend.

„Hast du noch dein Flugticket?“, wandte sich Masumi daraufhin erneut an Ming.

Sie hatte aus dem Chat entnommen, dass Ming hergeflogen war. Bei kürzeren Strecken ließ sich meist noch relativ spontan ein Platz bekommen.

„Eh? Äh … ja“, entgegnete Ming und zog daraufhin aus seiner Hosentasche eine abgerissene Seite eines Flugtickets und reichte es Masumi.

Der Flug hatte laut Plan um 16:30 Uhr in der Stadt Q landen sollen. Da blieb keine Zeit, in Q eine Waffe zu besorgen und eine Schusswaffe in ein Flugzeug zu schmuggeln sollte für Ming unmöglich sein. Die Tat hätte demnach vorbereitet sein müssen. Wenn Ming ihr Täter war, dann lag es nahe, dass es noch einen Komplizen gab, der die Waffe in das Stadium gebracht oder ihm auf dem Weg zum Stadium ausgehändigt hatte. Jedoch brauchte jeder Täter noch etwas Weiteres neben einer Tatwaffe und einer Gelegenheit, seine Tat auszuführen: Ein Motiv.

„Mit Han Wenqing scheinst du nicht gechattet zu haben. Hattet ihr überhaupt miteinander zu tun?“, hakte Masumi weiter nach und reichte das Ticket zurück.

„Nicht wirklich. Wir haben natürlich in den Wettkämpfen gegen einander gekämpft. Aber das war in einem normalen Verhältnis. Ich hatte kein Problem mit Han Wenqing“, antwortete Ming.

„Aber ohne Han Wenqing hätte Lunhui sicher gewonnen. Und hätte heute Batu mit mindestens einem 7:3 gewonnen, dann hätte Batu in der Punkteliste die Führung übernommen“, warf Shinichi ein.

Er kannte sich mit der Glory-Liga nicht aus, doch so viel hatte Masumi ihm, Ran und Sonoko bereits auf dem Weg hierher erklärt und auch die Tabelle, die er in der Zeitschrift neben sich gesehen hatte, zeigte diesen Umstand.

„Das ist doch bloß ein reguläres Spiel! Solange die Mannschaft in die Playoffs kommt, ist die Punktezahl egal. Deswegen muss man doch niemanden umbringen, es sei denn, man fürchtet Han Wenqing in den Playoffs, aber dann hätte der Täter von jedem der anderen sieben Mannschaften kommen können. Oder einem der anderen Teams, die noch hoffen, es in die Playoffs zu schaffen“, kam es von Masumi.

Xinjie räusperte sich. „Han Wenqing wurde nicht ermordet. Er lebt noch. Der Arzt sagte zudem, dass er nicht mit einer gewöhnlichen Kugel, sondern einer Nadel angeschossen wurde und es demnach nicht nach einem Tötungsversuch aussieht.“

„Oh? Eine Nadel?“, fragte Masumi an Xinjie gewandt.

Diesbezüglich lagen ihr und Shinichi noch kaum Informationen vor.

„Ja. Eine winzige Nadel, die kaum in das Fleisch eingedrungen ist. Der Arzt sagte, die Nadel selbst hätte keinen nennenswerten Schaden verursachen können. Sie muss durch ein Mittel präpariert worden sein.“

„Gift?“, fragte Shinichi.

„Ich weiß es nicht. Der Arzt sagte, Han Wenqing sei stabil, müsse aber ins Krankenhaus gebracht werden und solange man nicht wisse, mit welchem Mittel die Nadel präpariert wurde, könne man keine vollständige Entwarnung geben“, antwortete Xinjie.

Masumi legte nachdenklich einen Finger an ihr Kinn.

„Dann war es also auch kein gewöhnliches Geschoss, die Patrone, wie auch immer sie nun genau ausgesehen haben mochte, muss selbst zusammengesetzt worden sein“, murmelte sie.

„Ja. Unser Täter muss das wirklich genau vorbereitet haben“, folgerte Shinichi.

„Ich habe so etwas nicht vorbereitet. Ich habe von Schusswaffen keine Ahnung“, meldete sich Ming zu Wort.

„Ich kenne mich damit genauso wenig aus!“, rief Shiming.

„Das wird jeder sagen“, sprach Masumi.

„Aber gut. Conan, fallen dir noch Fragen an Du Ming ein?“, fuhr die Detektivin fort.

„Ja. Wo warst du zur Tatzeit? Als Zhou Zekai Barrett-Scharfschütze abfeuerte“, fragte Shinichi.

Ming sah zu Boden. Er vergrub eine Hand in der anderen und drückte seine Hände unwohl zusammen.

„Mir war schwindlig. Ich bin auf die Toilette gegangen, die Toilette in Block B. Äh … es war noch ein Junge, schätzungsweise ein Schüler, 15 bis 18 Jahre alt, denke ich, da. Er sollte mich gesehen haben. Vielleicht erinnert er sich …“, murmelte Ming zur Antwort.

„Das wird sich überprüfen lassen“, entgegnete Masumi.

Sie warf dem Polizisten einen auffordernden Blick zu, allerdings schien er nicht daran interessiert, dieses scheinbare Alibi nun überprüfen zu wollen. Das Mädchen schnaubte unzufrieden, sagte aber nichts.

„Okay. Dann zu Jia Shiming. In welcher Verbindung steht er zu Batu und Han Wenqing?“, fragte Shinichi, wobei er in erster Linie Xinjie ansah, immerhin hatte Masumi Shiming vorhin nicht erkannt.

„Er spielt für die Mannschaft Xukong, aber er war früher ein Mitglied bei Batu. Er spielt einen Faustkämpfer, genauso wie Han Wenqing. Jia Shiming sollte damals sein Nachfolger sein“, erklärte Xinjie, als Masumi ihn mit geweiteten Augen und einem „Ehh?!“ unterbrach.

Ganz offensichtlich waren diese Informationen neu für sie. Sofort schnellte ihr Blick zu Shiming.

„Ist das wahr? Wann war das?“, fragte sie.

„Vor der sechsten Saison, aber da ist mir klar geworden, dass ich Han Wenqing nicht allzu bald ablösen werde. Und wie wir sehen, spielt er immer noch“, entgegnete Shiming.

„Also hast du Batu verlassen, weil du nicht warten wolltest, bis Han Wenqing zurücktritt, um im Rampenlicht zu stehen?“, hakte Masumi nach.

Der Angesprochene nahm die Batu-Kappe ab und kratzte sich am Hinterkopf.

„Kann man wohl so sagen“, äußerte er dabei seufzend.

„Was heißt das?“, fragte Shinichi.

Shiming sah auf den Jungen, lächelte schwach, dann erklärte er zögernd: „Das heißt, dass ich das so geplant hatte. Ich bin in Saison sechs Huang Feng beigetreten, aber auch da bin ich nicht so groß rausgekommen. Ich wurde in Batu als Han Wenqings Nachfolger behandelt, dementsprechend wollte ich der Kern einer Mannschaft sein, sogar Kapitän werden.“ Shiming seufzte. „Ich dachte, das steht mir zu und bei Batu sei es bloß Han Wenqings Hartnäckigkeit, die das verhindert. Aber in Huang Feng habe ich das auch nicht erreicht, also bin ich in der achten Saison Xukong beigetreten und auch da bin ich nicht Kapitän oder Vizekapitän geworden. Ich bin noch nicht einmal ein Stammspieler, weswegen ich heute selbst an keinem Wettkampf teilnehme.“

Shiming seufzte erneut und lehnte seinen Rücken gegen die Wand hinter der Bank, auf der er saß.

„Also wolltest du dich an Han Wenqing dafür rächen, dass er dir die Chance verwehrt hat, seinen Platz einzunehmen?“, nannte Masumi grinsend das Motiv und doch schimmerte in ihren Augen eine Mordlust, die Shiming frösteln ließ.

„Nein! Was soll mir das denn bringen? Jetzt werde ich doch eh nicht mehr in seine Fußstapfen treten können“, widersprach Shiming.

„Genugtuung“, beantwortete Masumi die gestellte Frage.

„Ich war das nicht! Ich habe meinen Platz nur verlassen, weil ich einen Anruf bekommen habe und es im Stadium zu laut war!“

Shiming zog sein Handy aus seiner Hosentasche, tippte etwas darauf herum, ehe er es Masumi reichte.

„Hier. Das Anrufprotokoll, da siehst du, dass ich wirklich angerufen wurde“, erklärte er sein Tun.

Masumi nahm das Mobiltelefon entgegen und musterte das Display mit einem langgezogenen „Hm …“

„Wo bist du zum Telefonieren hingegangen?“, fragte Schinichi derweil.

„Einfach vor die Türen in den Gang zwischen Tribüne und Eingangshalle. Hätte ich gewusst, dass ich ein Alibi brauche, wäre ich ganz in die Eingangshalle gegangen“, seufzte Shiming.

„Du spielst inzwischen für Xukong. Weswegen trägst du Batu-Merchandise?“, fuhr Shinichi fort.

Shimings Blick fiel auf die Batu-Kappe in seiner Hand.

„Das ist … letztendlich ähnlich wie bei Du Ming. Die Kappe verdeckt das Gesicht und die Fans erwarten bei Merchandise keinen Profispieler einer anderen Mannschaft. Und als ehemaliges Mitglied Batus habe ich immer noch Freunde in der Mannschaft, die ich unterstützen will, wenn sie nicht gerade gegen meine Mannschaft kämpfen.“

Masumi reichte ihm sein Handy zurück.

„Ich finde darauf keine Hinweise, dass er vorhatte, Han Wenqing etwas anzutun“, erklärte sie seufzend.

„Natürlich nicht! Ich war es nicht!“, betonte Shiming ein weiteres Mal.

Während er sprach, öffnete sich die Tür. Ein Polizist führte die dritte Verdächtige in den Warteraum.

„Als nächstes: Jia Shiming“, verlangte der Polizist nach dem Xukong-Mitglied.

Dieser erhob sich und eilte zur Tür, scheinbar froh, weiteren Fragen der Schülerdetektive zu entfliehen, obwohl das Verhör der Polizei für ihn nicht angenehmer sein dürfte.

Die eintretende Mucheng winkte einmal den Anwesenden zum Gruß lächelnd zu, dann setzte sie sich auf den Platz, auf dem bis eben Shiming gesessen war.

Derweil schloss sich die Tür hinter Shiming und dem Polzisten wieder.

Masumi seufzte. „Da wir unsere Befragung mit Jia Shiming nicht fortsetzen können, kommen wir gleich zu dir, Su Mucheng.“

Die Detektivin verschränkte ihre Arme vor der Brust und musterte die Profispielerin, die kein bisschen eingeschüchtert zu sein schien.

„Okay“, willigte Mucheng gelassen ein.

„Du warst ein Mitglied Jia Shis, Batus Erzrivalen, und Anhängsel Han Weniqings Erzfeind Ye Xiu.“

„Das ist ziemlich übertrieben“, unterbrach Mucheng Masumis Erklärung. „Diese Feindschaft besteht eher zwischen den Fans als zwischen uns Spielern. Ye Xiu und Han Wenqing verstehen sich echt gut, nicht wahr, Zhang Xinjie?“

Der Angesprochene rieb sich die Schläfe. „Die beiden sind außerhalb des Spiels keine Feinde und jeder der beiden würde einen Glory-Kampf vorziehen als den anderen mit solch niederträchtigen Mitteln außerhalb des Spiels zu behindern. Davon bin ich fest überzeugt.“

„Absolut“, stimmte Mucheng zu, „und ich würde nie entgegen dem, was Ye Xiu will, handeln.“

„Und was hast du dann hier als Mann und Batu-Fan verkleidet zu suchen?“, fragte Masumi.

Mucheng kicherte. „Das Spiel ansehen, natürlich!“

„Das beantwortet die –“ begann Masumi, wurde allerdings sogleich von Mucheng unterbrochen: „Ich weiß, ich weiß. Also: Ich bin mit Chu Yunxiu hier und wir hielten es für witzig, wenn ich ihren Freund spiele. Auch sie ist verkleidet, immerhin würden wir die Fans nicht mehr loswerden, sollten sie uns erkennen, aber sie ist nicht als Mann verkleidet. Und gerade, weil ich früher für Jia Shi gespielt habe, hielten wir es für besonders witzig, uns als Batu-Fans auszugeben.“

„Chu Yunxiu ist auch eine Profispielerin, sogar Mannschaftskapitänin bei Yanyu“, erklärte Masumi an Shinichi gerichtet.

„Seid ihr beiden denn nicht zu alt für so kindische Spielerein?“, fragte der scheinbar Jüngste skeptisch.

Mucheng sah ihm verwirrt entgegen. „Man ist nie zu alt, um Spaß zu haben.“

Sie lächelte wieder. Shinichi starrte sie einfach nur ausdruckslos an.

„Hätte Chu Yunxiu nicht bei dem Spiel ihrer Mannschaft antreten sollen und du bei dem Spiel deiner Mannschaft Xing Xin gegen Qing Cai?“, fragte Masumi.

„Qing Cai ist kein starkes Team, da können meine jüngeren Kollegen gut Erfahrung sammeln. Sie brauchen mich nicht. Und Chu Yunxiu hat zurzeit etwas Stress, sie brauchte mal etwas anderes, also wollten wir zur Abwechslung einmal Zuschauer sein“, erklärte Mucheng.

„Aha … Also weiter: Du spielst einen Kanonenmeister, Su Mucheng. Schusswaffen faszinieren dich al-“ „Ich glaube nicht, dass Han Wenqing von einer Kanone angeschossen wurde. So etwas könnte ich in echt sicherlich gar nicht tragen, wäre zu schwer. Und nur weil ich in einem virtuellen Spiel einen Schützen spiele, weiß ich noch lange nicht, wie man eine echte Waffe bedient. In Glory aktiviere ich einfach bloß Skills, da muss ich die Waffe nicht an der richtigen Stelle entsichern, laden oder sonst was“, fiel Mucheng Masumi erneut ins Wort.

„Aber du wärst in der Lage, einen Schuss perfekt zu timen, so dass er genau dann fällt, wenn auch der Schuss von Barrett-Scharfschütze ertönt“, fuhr Masumi fort.

Mucheng lächelte unerschrocken. „Welcher Profispieler könnte das auch nicht? Also vorausgesetzt, dass er mit einer echten Pistole umgehen kann. Was ich meine, ist, jeder von uns würde genau wissen, wenn er Yi Quiang Chuan Yun Barrett-Scharfschütze vorbereiten sieht, wann der Schuss ertönt.“

„Wo warst du zur Tatzeit? Als du deinen Platz verlassen hast“, stellte Shinichi eine andere Frage.

„Auf der nächsten Toilette.“

„Frauen- oder Herrentoilette?“, fragte Masumi in Anbetracht Muchengs Verkleidung nach.

„Herrentoilette. Sonst hätte ich mich immerhin verraten können.“

„War denn jemand anderes auf den Toiletten, der dein Alibi bezeugen kann?“, fragte Shinichi.

Mucheng verneinte mit einer Kopfbewegung. „Nein, ich glaube nicht, aber mich könnte jemand gesehen haben, als ich die Toilette verließ. Da haben immerhin alle die Tribüne verlassen.“

„Block C?“, fragte Masumi. „Der Block, von dem aus auf Wenqing geschossen wurde?“

Mucheng warf einen fragenden Blick zu Masumi, ehe sie wieder lächelte.

„Nein. Wie gesagt, die nächste Toilette. Ich habe den Block nicht verlassen“, antwortete Mucheng.

Die Profispielerin richtete daraufhin ihr Wort an Xinjie: „Im Übrigen: Wie steht es um Han Wenqing? Die Polizei wollte mir nichts sagen. Ist er schlimm verletzt? Er wird doch bald wieder spielen können?“

„Sein Leben ist wohl nicht in Gefahr, aber mehr wissen wir auch noch nicht“, antwortete Batus Vizekapitän.

„Okay. Wir sind hier fertig. Conan, lass uns gehen!“, kam es von Masumi, die sogleich auf den scheinbaren Grundschüler zuging, um ihn am Arm zu packen und aus dem Raum zu ziehen.

Shinichi kam dem allerdings auch so nach. Im nächsten Augenblick bereits waren die beiden Detektive außerhalb des Warteraumes und eilten durch den Gang.

„Selbst wenn wir den Jungen, der bei Du Ming auf der Toilette war, finden, reicht das nicht aus, um den Täter zu überführen. Wir brauchen noch einen Beweis“, sprach Shinichi.

„Wir müssen die Schusswaffe finden. Vielleicht sind daran Spuren“, überlegte Masumi.

„Ich würde eher die Spielerkabine noch einmal untersuchen. Was mich wundert, ist, dass das Einschussloch zu erkennen war. Han Wenqing wurde bloß von einer Nadel getroffen. Wäre nur eine Nadel durch die Kabinenwand geschossen, das Einschussloch wäre kaum zu erkennen gewesen.“

Masumi entfuhr ein nachdenklicher Laut, während die beide in einen Gang zum Stadium abbogen, der eigentlich bloß von Personal sowie antretenden Spielern benutzt wurde. Zwei Polizeibeamte traten in diesem Moment ebenso auf den Gang. Sie kamen aus der Halle und den beiden Detektiven entgegen. Sofort ergriff Masumi Shinichis Schulter und zog ihn zur Wand, an welcher sie selbst stehen blieb, ihren Hut tiefer ins Gesicht zog, um möglichst unauffällig das Gespräch der Polizisten zu belauschen.

„So etwas habe ich noch nie gesehen. Das kann man nicht einmal mehr eine Kugel nennen. Was ist das?“, fragte einer der Polizisten und hielt einen kleinen Plastikbeutel vor sich hoch.

Shinichi und Masumi erhaschten einen groben Blick auf den Inhalt. Ein winziger, metallener Kegel und ein noch kleinerer metallener Brocken. Dieser grobe Blick reichte nicht.

Shinichi riss sich von Masumi los und lief zu den Polizisten, schnell sprang er dem einen entgegen und griff nach dem Beutel, während der andere, der bereits zu einer Antwort angesetzt hatte, innehielt und die neue Situation einschätzte. Es dauerte bloß einen Augenblick, da entriss der Polizist Shinichi den Plastikbeutel.

„Besucher haben hier keinen Zutritt. Das ist kein Kinderspielplatz“, begann der Polizist, Masumi und Shinichi wie bereits einige seiner Kollegen nach draußen zu verweisen.

Shinichi beachtete die Worte gar nicht, dachte stattdessen darüber nach, wie das Geschoss konkret ausgesehen haben mochte und was das bedeuten konnte.

Masumi musterte den scheinbar Jüngeren kurz, ging dann auf ihn zu und griff nach seinen Schultern. Sie lächelte den Polizisten entgegen, entschuldigte sich und drehte sich dann mit Shinichi um, um in die Richtung zurückzugehen aus der sie gekommen waren. Ihr schien, sie brauchten die Kabine nicht mehr aufzusuchen, denn Conan habe bereits alles gesehen, was ihre Fragen beantworten würde.

„Und?“, fragte sie lediglich, als sie wieder in einen anderen Gang bogen, der zur Eingangshalle führte, während die Polizisten zu dem provisorischen Verhörraum gingen.

Shinichi hob den Blick zur Schülerdetektivin und schenkte ihr ein Grinsen.

„Wir haben genug, um den Täter zu überführen. Trotzdem sollten wir noch Du Mings Alibi überprüfen. Schau du, ob du den Jungen findest, ich –“

„Stopp!“, fiel Masumi Shinichi ins Wort. “Der Fall gehört mir! Ich werde ihn auflösen, also sag mir, was du gesehen hast und dann werde ich ein Geständnis aus Shiming pressen, während du den Schüler suchen darfst.“

Conan schmunzelte, ehe er nickte und schließlich Masumi in seine Gedanken einweihte. Das Mädchen weitete überrascht die Augen, spiegelte bald Verwirrung in ihrer Mimik wider. Sie brauchte einen Moment zum Nachdenken und musste dabei widerwillig einsehen, dass sie ohne Conan, doch selbst wenn sie selbst einen Blick auf den Fund am Tatort geworfen hätte, kaum einen wahrlich handfesten Beweis gegen den Täter in der Hand gehabt hätte.



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