Zwischen den Zeilen von ScarsLikeVelvet ================================================================================ Kapitel 1: Sonntag, 01. Januar 2017 ----------------------------------- Heute beginnt es nun … das neue Jahr. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich damit anfangen soll. Seit Weihnachten haben wir uns nicht gesehen … Heiligabend … da haben wir noch zusammen unter dem Tannenbaum gesessen. Wir haben gelacht, gescherzt und zusammen den selbstgemachten Eierlikör von Oma getrunken. Als dann Zeit für die Bescherung war, haben wir aneinander gekuschelt dagesessen und gemeinsam unsere Geschenke ausgepackt. Du hast dich so wahnsinnig über den Schal gefreut, den ich für dich gestrickt habe. Dabei war er scheußlich und unförmig, aber für dich war es der schönste Schal der Welt. Nur weil ich ihn gemacht habe. Du glaubst nicht, wie sehr mich das gefreut hat. Und dann hast du es auf einmal getan. Du hast mich gebeten aufzustehen und dann hast du dich vor mich hingekniet. Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mich gefragt hast, ob ich dich heiraten will … natürlich hab ich ‘Ja’ gesagt. Wie sollte die Antwort auch anders lauten? Wir sind doch schon so lange zusammen. Und dann … dann kam noch eine zweite Frage. Ob ich mir vorstellen könnte dauerhaft dein Sub zu sein. Das war schon schwieriger zu beantworten. Ich habe dich um Bedenkzeit gebeten, weil ich nicht wusste … nicht weiß, ob ich dauerhaft in dieser Rolle sein kann. Zum Glück hast du mir gesagt, dass ich in Ruhe darüber nachdenken kann. Dann hast du die Schatulle mit dem wunderschönen Halsband geschlossen. Ich habe es nur kurz gesehen, aber das Leder sah so wunderbar weich aus und der Ring der O war ein perfektes Rund. Wir haben uns umarmt und geküsst. Und dann wollte ich ja unbedingt zur Messe. Keine Ahnung was mich da geritten hat. Aber es war der bescheuertste Wunsch, den ich jemals geäußert habe. Trotz der Tatsache, dass keiner von uns beiden religiös ist, haben wir uns auf den Weg gemacht. Dick eingemummelt. Du mit dem neuen Schal. Dein Arm um mich gelegt sind wir die Straße entlang durch den Schnee in Richtung Kirche gestampft. Der Weg ist nicht mal weit … und trotzdem hat er gereicht um dich unterwegs zu verlieren. Es ging alles so schnell. Quietschende Reifen. Du hast mich weggestoßen. Ein dumpfer Aufschlag … schmerzerfülltes Stöhnen … Ich kann mich kaum an Einzelheiten erinnern … Nur dein Blut im Schnee … Wunderschönes, kostbares Rot auf diesem reinen Weiß … und deine Haut, die sich diesem immer mehr anpasst. Ich habe deine Hand gehalten … und versucht das Blut in dir zu halten … Blaue Lichter überall … Menschen, die mich von dir wegziehen … Ich schreie … Will zurück zu dir … Man hält mich fest … Und dann ein Stich und ich höre alles nur noch gedämpft, bevor die Welt um mich herum in Schwärze versinkt und das kostbare Rubinrot auf reinem Weiß verschlingt. Als ich wieder zu mir komme ist es schon Morgen. Sie lassen mich nicht zu dir, weil wir nicht verheiratet sind … Ich breche zusammen … weine … Ich will doch nur zu dir … Kapitel 2: Montag, 02. Januar 2017 ---------------------------------- Ich darf noch immer nicht zu dir. Deine Eltern sind seit dem 25. Dezember da. Sie geben mir die Schuld … Damit sind sie nicht allein … Sie lassen mich nicht zu dir … Haben den Ärzten verboten mich zu dir zu lassen. Es zerreißt mich … Ich weine nur noch … mach mir Vorwürfe. Ich weiß nicht einmal wie es dir geht. Am 27. Dezember musste ich das Krankenhaus verlassen. Von Weinkrämpfen, Selbstvorwürfen, blauen Flecken und Schrammen mal abgesehen fehlt mir nichts und sie haben mich gezwungen zu gehen. Wirklich lange Zuhause war ich nicht. Ich hab’s dort nicht ertragen. Alles war noch so wie wir es verlassen haben. Selbst der Eierlikör stand noch auf dem Tisch. Er hat gewinkt … Scheiß Schimmel. Stattdessen bin ich stundenlang durch die Kälte gelaufen. Letztendlich bin ich an der Unfallstelle gewesen … Dein Blut ist immer noch im Schnee zu sehen … Nicht mehr so schön … sie haben versucht es weg zu machen. Wie lange ich draußen war, weiß ich nicht genau. Irgendwann hat mich der Küster in die Kirche geholt. Ich habe einfach dagesessen und das Kreuz angestarrt, während die Sonne untergegangen ist und die Kirchenfenster alles in ein gespenstisches Licht getaucht haben. Auch da war so viel rot bei. Sie haben mich wieder heimgeschickt, aber da will ich nicht hin. Letztendlich bin ich doch gegangen … mir war so kalt … Innerlich wie äußerlich. Ich hab mich im Bett vergraben. Mein Gesicht in den Kissen. Sie riechen noch nach dir. Das hat mich ein bisschen beruhigt. Ich konnte schlafen. Mehr vor Erschöpfung als alles andere. Jeden Tag war ich seitdem am Krankenhaus und an der Unfallstelle. Ich bekomme keine Antworten. Weder von den Ärzten, der Polizei noch von deiner Familie. Alles was ich tue ist in der Kälte herumlaufen und weinen. Ich habe das alles nicht mehr ausgehalten. Silvester sollte und wollte ich dir eine Antwort geben. Ich kenne meine Antwort jetzt. Nur weiß ich nicht, ob ich sie dir jemals geben kann. Ich hab es nicht mehr ausgehalten. Um Mitternacht bin ich auf die Brücke gegangen. Die über dem Rhein … du weißt schon. Ich war schon aufs Geländer geklettert. Habe mich draufgesetzt und in die Tiefe gestarrt. Eine Packung Schlaftabletten in den Händen. Ich wollte sie gerade schlucken, da haben sie mich darunter geholt und mich eingewiesen. Seit gestern sitze ich nun in der Psyche … Wegen versuchtem Suizid überwachen sie mich jetzt für zweiundsiebzig Stunden engmaschig und danach geht es dann für die nächsten sechs Wochen in die Geschlossene. Juhuu … nicht … Aber die Psychologin gestern war nett. Sie hat einfach nach dem Warum gefragt … Ich habe ihr von dir erzählt … Zumindest weiß ich jetzt, dass du noch lebst. Nicht wie es dir geht … nur dass dein Herz noch schlägt und dein Körper noch warm ist. Du hast also nicht alles Rubinrot im reinen Weiß zurückgelassen. Das stimmt mich zumindest etwas glücklich. Sie haben gesagt, ich soll das Tagebuch schreiben … für dich. Mal schauen … gestern ging das ganz gut … und heute auch. Ich bin gespannt, wie das jetzt weitergeht für mich. Kapitel 3: Donnerstag, 05. Januar 2017 -------------------------------------- Entschuldige, dass ich erst heute wieder schreibe. Gestern haben sie mich verlegt … in eine andere Klinik. Ich bin so unendlich weit weg von dir. Niemand weiß, wohin ich gebracht werde. Wie auch? Mein Handy hab ich Zuhause gelassen, als ich losgegangen bin, um mich umzubringen. Dich will niemand benachrichtigen und mit meiner Familie hab ich nicht wirklich etwas zu tun. Scheiße. Ich hab keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Kapitel 4: Freitag, 06. Januar 2017 ----------------------------------- Dreikönigstag … Epiphanias ... Die Heiligen Drei Könige … Heute sind sie endlich eingetroffen beim Christkind an seinem Scheißschuppen. Dreizehn Tage hab ich dich nicht gesehen … Nicht in deinen Armen gelegen … Ich vermisse dich so sehr. Es zerreißt mir das Herz. Ich weiß immer noch nicht, ob es dir besser geht. Ob dir jemand erzählen konnte, wo ich bin. Ob du überhaupt bei Bewusstsein bist oder ob sie ein Blümchen aus dir gezüchtet haben. Es ist so frustrierend. Ach ja … Gruppentherapie ist scheiße. Ich will nicht mit einer Gruppe von Wildfremden darüber sprechen, warum ich von der Brücke springen wollte. Es reicht doch, dass ich und dieses Tagebuch den wahren Grund kennen. Sie haben mich von dir getrennt. Meinem Dom, meinem Liebhaber, meinem Verlobten, meinem zukünftigen Ehemann, von dem Mann, der mein Herz in den Händen hält. Dein Verlust hat dieses Herz zerquetscht. Ich weiß immer noch nicht, weshalb es noch in meiner Brust schlägt. Kapitel 5: Mittwoch, 11. Januar 2017 ------------------------------------ Die Tage verschmelzen hier zu einem Einheitsbrei. 06:00 Uhr aufstehen, waschen 07:00 Uhr Frühstück 08:00 Uhr - 12:00 Uhr Gruppentherapie 12:30 Uhr Mittagessen 14:00 Uhr Einzelgespräch mit dem Therapeuten 16:00 Uhr Kunsttherapie 18:00 Uhr Abendbrot 21:30 Uhr Licht aus Jeden Tag seit ich in diesem Scheißladen sitze das Gleiche. Außer Sonntags. Sonntags dürfen wir zur Messe. Nicht mal raus an die frische Luft dürfen wir. Egal wo du hingehst, wirst du bewacht. Nirgends scharfe Gegenstände oder sowas wie Gürtel oder Schnürsenkel. Ich komme mir vor wie ein unmündiges Kleinkind. Ich will einfach nur nach Hause. Zu dir. Habe ich überhaupt noch ein Zuhause? Ich bekomme von niemandem Antworten. Nur Fragen. Fragen, auf die ich keine Antworten habe. Zumindest keine, die ich laut äußern kann. Kapitel 6: Montag, 16. Januar 2017 ---------------------------------- Der Pfarrer hat mir gestern die Beichte abgenommen. Ich hab gebeichtet … Kannst du dir das vorstellen? Ich? Nach 20 Jahren das erste Mal … Ich kann es immer noch nicht fassen. Aber ich habe mein Gewissen erleichtert. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht weiß, ob du noch lebst und dass ich Schuld daran bin, dass du verletzt wurdest und vielleicht tot bist. Weißt du was er mir gesagt hat? Zweifle nicht, mein Kind. Gott liebt alle seine Kinder. Und nun gehe und bete drei Ave Maria und fünf Vater unser und deine Sünden seien dir vergeben. Ich fass es nicht … damit soll mir vergeben sein? Das soll mein Gewissen erleichtern? Mir helfen? Alles was es getan hat, war mich wütend zu machen. Furchtbar wütend. Ich habe geschrien, geweint … den Pfarrer einen Narren und schlimmeres geschimpft. Dann haben sie mich ruhig gestellt. Ich bin immer noch so geschafft von den Beruhigungsmitteln, ich kann den Stift kaum halten. Kapitel 7: Freitag, 20. Januar 2017 ----------------------------------- Heute habe ich in der Kunsttherapie mit Kohle gezeichnet. Es ist ewig her, dass ich das gemacht habe. Aber es hat gut getan. Besser als mit ner stumpfen Bastelschere irgendwelche komischen Formen auszuschneiden. Ich habe dich gemalt … und mich … Wie du an Heiligabend vor mir gekniet hast … Das Bild lässt mich einfach nicht los. Mein Dom, der für mich kniet… Der mich fragt, ob ich ihn heiraten will … Ob ich für immer sein Sub sein will … Beim Zeichnen habe ich geweint … Diesmal hat das Weinen gut getan … Es war … unbeschreiblich. Auch wenn ich noch immer nicht weiß, was mit dir ist. Geht es dir gut? Bist du wach? Kannst du aufstehen? Reden? Essen? Gehen? Ich habe so viele Fragen und nach wie vor keine Antworten. Nur die eine … du lebst. Mehr sagt mir niemand. Helfen tut es nicht wirklich. Ich brauche dich. Ich will für dich knien. Ich will sein, was du brauchst. Dir zu Willen sein. Aber das wird wohl noch warten müssen. Ich hoffe, ich kann das hier durchhalten. Zum Glück habe ich ein Einzelzimmer.   Kapitel 8: Dienstag, 24. Januar 2017 ------------------------------------ 30 Tage, 13 Stunden, 26 Minuten und 0 Sekunden ist es jetzt her. Das sind 2 640 360 Sekunden oder 44 006 Minuten oder ungefähr 733 Stunden. 4 Wochen wie es der Otto Normalbürger betiteln würde. Oder 8,37% von einem ganz normalen Jahr für die Mathefreaks unter uns. Solange sind wir schon voneinander getrennt. Haben einander nicht gesehen. Nichts voneinander gehört. Mich hat immer noch niemand besucht. Gut, vermutlich hat mich auch niemand vermisst. Warum sollten sie? Sie halten mich ohnehin alle für seltsam. Langsam ist es mir egal. Sie sagen, ich bin nicht nur suizidgefährdet. Ich hätte Depressionen. Ich finde das sehr witzig. Ich möchte die Spinner hier mal sehen, wenn sie solange nicht mehr in ihren Subspace abgetaucht sind. Keine Erleichterung verspürt haben. Nie Vergessen gefunden haben. Sie wollen, dass ich Tabletten schlucke. Ich weigere mich. Das chemische Dreckszeug wird mir nicht helfen. Es gibt nur eines, was mir helfen kann. Das bist du. Kapitel 9: Dienstag, 31. Januar 2017 ------------------------------------ Nur noch 14 Tage, dann darf ich nach Hause. Ich verzweifle hier langsam aber sicher. Die wollen mir einreden, ich hätte einen an der Klatsche. Ich weiß, dass ich nicht ganz in die Förmchen passe, die sich unsere heteronormative Gesellschaft wünscht, aber wir Menschen sind doch nunmal alle unterschiedlich. Sie haben wohl endlich verstanden, dass ich homosexuell bin. Dass ich ein Sub bin. Und dass ich meinen Dom brauche. Zumindest die Begrifflichkeiten sind gefallen. Hilfe angeboten hat mir niemand. Ich möchte mich so gerne anfangen zu kratzen. Wenn ich wieder bei dir bin, spielen wir dann mit den Messern? Ich brauche ihren süßen Schmerz. Ich möchte den Biss der Klinge spüren, wenn du sie führst. Ich möchte, dass du mir wunderschöne Designs in die Haut ritzt und meine helle Haut mit meinem Blut rot färbst. Ich möchte, dass du Fotos dabei von mir machst. Und wenn du es wünschst, können wir andere dabei zusehen lassen. Das ist mein Wunsch. Ob er sich wohl erfüllen lässt? Ich habe absolut keine Ahnung. Kapitel 10: Sonntag, 05. Februar 2017 ------------------------------------- Die Kunsttherapeutin findet mich talentiert. Ich glaube, sie möchte meine Bilder am Liebsten behalten. Aber ich gebe sie ihr nicht. Sie sind alle hinten in meinem Tagebuch. Jedes Bild zeigt ein Bild aus unserem Leben. Wie ich für dich knie. Wie du mich mit den Juteseilen in eine Suspension einwebst. Wie ich nach dem Sex erschöpft in den zerwühlten Laken liege. Aber ein Bild konnte ich noch nicht zeichnen. Irgendwie will ich es nicht zeichnen. Aber es will mir nicht aus dem Kopf. Und solange ich es nicht aus dem Kopf kriege, werden die mich hier nicht weglassen. Aber ich hab ja noch ein wenig Zeit. Ach ja … heute früh wollte der Pfarrer mir wieder die Beichte abnehmen. Ich habe abgelehnt. Ich bleibe lieber ein ‘olles Heidenkind’, wie mein Vater immer gesagt hat. Ich glaube, dass ist besser für mich. Vorwürfe mach ich mir so oder so und Erleichterung hat mir das letzte Gespräch mit dem Pfarrer auch nicht gebracht. Ich versuche mich mustergültig zu verhalten und nicht anzuecken. Ist zwar schwierig, aber bisher funktioniert es. Kapitel 11: Donnerstag, 09. Februar 2017 ---------------------------------------- Heute habe ich es getan. Ich habe das gezeichnet, woran ich mich von dem Unfall erinnere. Unmengen an Schnee … Reinweißer Schnee... Die Schnauze vom Auto … Blitzblankes Metal … Du halb unter dem Wagen … und dein Blut … Rubinrot auf dem Schnee und deiner bleichen Haut … Ich glaube, ich habe es gut getroffen. Die Frau, die immer neben mir sitzt, ist zum Mülleimer gelaufen und hat sich übergeben. Vielleicht war ihr das Bild zu realistisch? Vielleicht lag es daran, dass ich mein Blut genommen hab, um den Schnee in der passenden Farbe zu färben? Ich weiß es nicht. Sie mussten meine linke Hand nähen. Jetzt sitze ich hier und warte auf meinen Psychologen. Doktor Matthias ‘Nenn mich ruhig Mats’ Bohrmöller. Mats ist eigentlich ganz nett. Aber ich glaube, er wird nicht wirklich begeistert sein und das Ganze einen Rückschritt nennen. Kapitel 12: Donnerstag, 09. Februar 2017 (Klappe die Zweite) ------------------------------------------------------------ Japp … ich hatte Recht. Mats hat es einen Rückschritt genannt. Und gleichzeitig auch einen Schritt nach vorne. Ich bin etwas verwirrt. Aber wann bin ich das in diesem Laden nicht? Er meinte, abhängig von meinem weiteren Verhalten, könnten sie mich am 14. entlassen. Vierzehnter Februar. Valentinstag. Welch eine Ironie des Schicksals … Ich weiß gerade nicht, ob ich weinen oder kotzen möchte. Kapitel 13: Sonntag, 12. Februar 2017 ------------------------------------- Aus irgendeinem Grund bin ich wieder zur Messe gegangen, obwohl mir nach dem Vorfall freigestellt wurde, ob ich zur Messe gehen will oder nicht. Ich hab einfach nur hinten in der Kapelle gesessen. Eine der Nonnen, die hier in der Klinik arbeitet, hat mir ihren Rosenkranz gegeben. Sie meinte, vielleicht würde mir das Rosenkranz beten helfen zu Gott und meinem inneren Gleichgewicht zu finden. Mats hat gesagt, es ist okay. Also hab ich bis zum Mittagessen in der Sonne gesessen und gebetet. Darum, dass ich hier raus darf. Darum, dass meine Wohnung bitte noch da ist. Darum, dass mir bitte nicht gekündigt wurde. Darum, dass es dir gut geht. Darum, dass du mich noch willst. Darum, dass ich dir endlich die Antwort geben darf auf die Frage von Heiligabend. Darum, dass wir all die schrecklichen Gedanken hinter uns lassen können. Darum, dass unser Leben einfach weitergeht. Darum, dass es noch ein Uns gibt. Darum, dass wir tatsächlich noch heiraten. Darum, einfach nur darum. Was mich erstaunt hat, ist die Tatsache, dass sie mich einfach haben beten lassen. Ich verstehe nicht warum, aber sie haben wohl darauf gewartet, dass ich so etwas tue. Meine Hand tut immer noch weh, da wo ich sie geschnitten habe um zu malen. Das Rot auf dem Bild ist jetzt ein hässliches Braun, weil das Blut getrocknet ist. Aber ich glaube, dass das einfach nur ein Zeichen der Vergänglichkeit ist. Noch zweimal schlafen. Dann darf ich gehen. Hoffentlich. Kapitel 14: Montag, 13. Februar 2017 ------------------------------------ Therapie war heute komisch. Alle wissen, dass ich morgen nicht mehr dabei sein werde. Alle wollten sich verabschieden. Für mich immer noch wildfremde Menschen haben mich umarmt. Die Dame, die wegen mir letzte Woche gebrochen hat, hat mir ihre Mailadresse gegeben und gesagt, ich solle ihr unbedingt schreiben. Sie hätte noch so viele Fragen an mich. Ich bin verwirrt, aber freue mich auf Morgen. Denn ab Morgen stehe ich endlich nicht mehr 24/7 unter Aufsicht. Die Geschlossene ist echt ein extremer Eingriff in die Privatsphäre. Ich bin erstaunt, dass niemand mein Tagebuch gelesen hat. Wobei … wer weiß, ob sie es nicht doch getan haben? Es ist ja nicht so, als ob ich es hätte wegschließen können. Ich habe heute von dir geträumt. Wie jede Nacht. Habe ich dir davon eigentlich erzählt? Ich habe mir jeden Abend gewünscht von dir zu träumen. Und jeden Abend warst du da. Hast mich gehalten. Mich in den Schlaf gewiegt. Wenn ich Albträume hatte, hast du mich beruhigt. So dass ich weiterschlafen konnte. Nur eines durfte ich in den Träumen nicht. Dein Sub sein. Du hast gesagt, ich müsste erst gesund werden, bevor du mich wieder für dich knien lässt. Ich hoffe, dass ist die Wahrheit. Ich habe so hart daran gearbeitet, dass ich wieder auf die Beine komme. Ich habe inzwischen akzeptiert, dass der Unfall nicht meine Schuld war. Ich habe den Wagen nicht gefahren. Ich war zwar derjenige, der in die Messe wollte, aber ich hätte nicht ahnen können, dass jemand betrunken fährt und die Kontrolle über den Wagen verliert. Ich hätte nicht ahnen können, dass du mich aus dem Weg schubst, um mich zu beschützen. Obwohl … doch, ich hätte es ahnen können. Du bist mein Dom. Und wenn du eines immer getan hast, dann mich beschützen. Vor meinem Verlangen, meinen Wünschen und Sehnsüchten, vor der Welt und vor dem Schmerz, den ich nicht ertragen kann. Ich hoffe, bald bei dir zu sein. Auf die eine oder andere Weise. Gute Nacht. Oder um Anne Rice zu zitieren: ‘Gute Nacht, süßer Prinz. Mögen Teufelsscharen dich auf ihren Schwingen zur Ruhe tragen.’ Kapitel 15: Dienstag, 14. Februar 2017 (Alex) --------------------------------------------- Ich kann es immer noch nicht fassen. Als ich aus der Klinik kam, da warst du. Zwar auf Krücken und ein wenig abgemagert. Aber du warst da. Ich bin so schnell zu dir gelaufen, wie ich konnte. Ich bin vor dir auf die Knie gefallen. Und dann war sie da. Deine Hand … Warm und vertraut … vergraben in meinem Haar. Du hast mich ausgeschimpft für meine Dummheit. Für den Mangel an Vertrauen und mir noch vor der Klinik gesagt, dass du mir daheim den Hintern versohlen wirst. Ich habe das Alles für einen Traum gehalten. Aber Mats ist mir gefolgt und hat mir gesagt, dass es real ist. Und wenn Mats das sagt, dann glaube ich ihm. Gut … meinem schmerzenden Hintern kann ich auch glauben. Satte 30 Schläge mit dem Lederpaddel hast du mir verpasst. Meine Haut ist so gut durchblutet, ich glaube mein Hintern glüht im Halbdunkel. Sitzen können werde ich für die nächsten Tage nicht, aber das ist mir egal. Um meinen Hals liegt das weiche lederne Halsband, dass du mir schon an Heiligabend umlegen wolltest. Ich habe dir meine Antwort gegeben. Ich bin jetzt dein Sub. Und nicht nur das. Ich wohne jetzt bei dir. Denn meine Wohnung, die haben sie ausräumen lassen. Aber das ist egal. Wir wollen ohnehin in wenigen Wochen heiraten. Und wenn ich diesen Eintrag hier fertig geschrieben habe, dann werde ich dir das Buch geben. Und dann kannst du selbst lesen, wie es mir ergangen ist. Aber eines, das möchte ich noch loswerden. Du bist mein Dom. Du bist die Liebe meines Lebens. Du bist mein Herz und meine Seele. Das Zentrum meines Seins. Ohne dich kann und will ich nicht leben, das weiß ich jetzt. Wenn du also irgendwann gehst, dann gehe ich mit dir. Ich liebe dich. Jetzt und für alle Zeit. In Liebe, Alex Kapitel 16: Dienstag, 14. Februar 2017 (Christian) --------------------------------------------------   Du liegst hier neben mir im Bett und schläfst friedlich. Wohl zum ersten Mal seit Heiligabend. Ich bin froh endlich wieder bei dir zu sein und aus den Klauen meiner Familie entkommen. Es tut mir leid, wie sie dich behandelt haben. Das war echt nicht in Ordnung. Nur weil sie nicht akzeptieren können, wer und was ich bin, musstest du so leiden. Aber ich weiß, dass Vorwürfe nicht helfen. Das hat mir mein Therapeut gesagt. Ja, auch ich wurde dahin geschickt. Er war es, der mir geraten hat bis zu deiner Entlassung zu warten.  Dein Mats wusste von Anfang an Bescheid, wie es um mich stand. Wenn er gedacht hätte, du würdest abermals versuchen dich umzubringen, hätte er dir die Wahrheit gesagt. Das hat er mir versprechen müssen.  Am Anfang sah es wirklich nicht gut aus, aber ich hatte einen guten Grund weiterzuleben. Ich habe mich durch ein Koma gekämpft und durch Wochen an Physiotherapie, damit ich dich auf eigenen Beinen abholen kann.  Ja, der letzte Gips ist noch da, aber nicht mehr lange. Dann kann ich dir wieder all das geben, was du brauchst und verdienst. Denn auch ich habe dir etwas zu sagen, mein Lieber.   Du bist mein Sub. Du bist die Liebe meines Lebens. Du bist mein Herz und meine Seele. Das Zentrum meines Seins. Ohne dich kann und will ich nicht leben, das weiß ich jetzt.   Wenn du also irgendwann gehst, dann gehe ich mit dir. Ich liebe dich. Jetzt und für alle Zeit.   In Liebe, Christian   Hosted by Animexx e.V. 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