Loki: the fallen Prince - der gefallene Prinz von uk ================================================================================ Kapitel 10: Schuldig oder nicht schuldig? ----------------------------------------- Zwei Tage später hörte Runya zum ersten Mal wieder etwas von der Frau namens Inaja, die sie mit Loki zusammen an ihrem ersten Morgen in Asgard beobachtet hatte. Sie war gerade auf dem Weg zu Frigga, begleitet diesmal von einem Einherjar, und hörte durch die nur angelehnte Tür hindurch das laute Weinen der Frau. Runyas Hand, die schon am Türgriff lag, zögerte. Sie warf dem Einherjar einen Blick zu, sagte knapp 'danke' und deutete ihm dann mit dem Kopf, zu gehen. Er salutierte und zog sich sofort zurück. «Bitte, meine Königin!» hörte die Prinzessin diese Inaja schluchzen, «Ich bin wirklich unschuldig! Lassen sie mir meine Kinder, bitte!» «Inaja...» kam die leicht gequälte Antwort von Frigga, doch sie wurde von einer weiteren Stimme unterbrochen. «Sie hat das Verbrechen wirklich nicht begangen, Hoheit. Wollen sie ihr Leben zerstören nur auf einen Verdacht hin?» Runya wusste, dass sich Lauschen nicht gehörte. Doch sie musste einfach erfahren, was da vor sich ging! Und das würde sie mit Sicherheit nicht, wenn sie jetzt eintrat. Zu ihrer Schande gestand sie sich ein, dass sie die verzweifelte Frau in den letzten Tagen völlig vergessen hatte. Aber jetzt stand ihr die Szene vom ersten Morgen wieder deutlich vor Augen, und das Schicksal der Unbekannten rührte sie zutiefst. «Loki,» hörte sie Frigga gerade antworten. «Ich habe dir doch schon tausendmal gesagt, dass du mich nicht 'Hoheit' zu nennen brauchst.» «Und ich habe ebenso oft darauf hingewiesen, dass es sicherer ist, es zu tun.» gab er müde zurück. «Für mich.» «Mein Sohn...» «Bitte, es geht jetzt nicht um mich.» Runya freute sich, dass er es immerhin wagte, seine Mutter zu unterbrechen. Etwas, das er in Thors Gegenwart allerdings nie getan hätte, das wusste sie. Dafür war er viel zu klug. «Inaja kann es gar nicht gewesen sein. Sie hätte niemals in der kurzen Zeit und noch dazu alleine drei Männer töten können.» Runya erstarrte. Was hatte er da gerade gesagt..? «Wir wissen sehr wohl, dass die Sache nicht abschliessend zu beweisen ist.» erwiderte Frigga. «Aus diesem Grund ist sie ja auch nur in die Sklaverei verurteilt und nicht hingerichtet worden.» Loki stiess ein kurzes, zynisches Lachen aus, und Runya erinnerte sich an Sifs Worte. 'Die Sklaverei ist schlimmer als der Tod.' So langsam bekam sie eine Ahnung, wie sie das gemeint hatte. «Ich bin ja nicht gerade dafür bekannt, allzu viel von Midgard und ihren Bewohnern zu halten,» sagte Loki leicht bitter, «aber es gibt dort einen Grundsatz, den ich sehr nobel finde: im Zweifel für den Angeklagten. Sollten wir hier vielleicht auch mal einführen.» «Und was heisst das in einem konkreten Fall, mein Sohn?» fragte die Königin milde. «Dass man potentielle Schuldige laufen lässt?» «Immer noch besser als potentiell Unschuldige zu verurteilen, finden sie nicht?» Schon wieder 'sie'... Runya konnte das betroffene Gesicht der Königin deutlich vor ihrem inneren Auge sehen. «Hoheit,» versuchte es Loki erneut, sanfter diesmal, «bitte sprechen sie mit Odin über die Sache. Erklären sie ihm die Umstände. Wenn Inaja diese Morde wirklich begangen hätte, hätte sie entweder mehr Zeit gebraucht, Verbündete haben oder... zaubern müssen. Alle drei Fakten sind nicht gegeben, wie wir wissen. Dafür ist bekannt, dass sie eine Rivalin hat – eine, die ihr mit Sicherheit gerne so etwas in die Schuhe schieben würde.» «Das sind schwerwiegende Vorwürfe, mein Sohn.» «Aber er sagt die Wahrheit, Herrin!» rief Inaja aus. «Elfra hat mir Rache geschworen, weil ich ihr ihrer Meinung nach den Mann vor der Nase weg geschnappt hatte. Dabei hat Auxin sie gar nie geliebt... sie hat sich das nur immer eingeredet. Seit wir verheiratet sind, ist sie ein Stachel in unserem Fleisch. Ich hatte gehofft, dass es besser würde, als die Kinder kamen... Aber sie hat sich nur noch schlimmer benommen! Und vor drei Wochen hatte sie mir angekündigt, dass ich bald für alles bezahlen würde.» «Vier Tage später sind die Morde passiert.» ergänzte Loki. «Und obwohl Inaja von Anfang an auf Elfra hingewiesen hat, hielt es Thor nicht mal für nötig, diese zu befragen.» «Dein eigener Mann ist der Meinung, dass du schuldig bist,» sagte Frigga traurig. «Und das wird ja wohl seine Gründe haben.» «Weil Elfra ihm das eingetrichtert hat.» erwiderte die Frau verzweifelt. «Sie hat ihm weisgemacht, ich hätte es nur auf seinen Reichtum abgesehen und deshalb meine beiden Schwager und meinen Schwiegervater getötet... Damit ich alles alleine erbe! Aber das ist...» Die Stimme verliess sie, und sie begann leise zu schluchzen. «Schlicht Unsinn!» vollendete Loki an ihrer Stelle den Satz. Runyas Herz klopfte bis zum Hals. Aber obwohl sie keine genauen Einzelheiten kannte, musste sie Loki Recht geben: das klang wirklich geradezu... absurd. «Thor hat entschieden.» meinte Frigga nach einer langen Pause. Ihre Stimme zitterte dabei leicht. «Und es ist nicht an mir, ein Urteil des zukünftigen Königs von Asgard anzuzweifeln.» Nach einer erneuten Pause fügte sie hinzu: «Und an dir auch nicht, Loki.» «Erst recht nicht an mir, wollten sie wohl eher sagen, Hoheit,» versetzte er trocken. Doch dann holte er tief Luft und fuhr eindringlich fort: «Hoheit, die Behauptung, dass Inaja drei Familienmitglieder umbringt, um als Alleinerbin da zu stehen, ist doch wohl schon allein deshalb unhaltbar, weil sie in einem solchen Fall ja sicher auch ihren Gatten hätte töten müssen!» Es blieb einen langen, einen sehr langen Moment still, ehe Frigga antwortete. «Dein Bruder weiss, was er tut, Loki.» Runya fand allerdings, dass es nicht halb so überzeugt klang, wie es das hätte tun sollen. Aber offenbar war dies das abschliessende Wort der Königin gewesen, denn nun hörte die junge Prinzessin, wie Frigga die Glocke betätigte, die einen Einherjar rief. Die Sache war also für sie wirklich entschieden. Runya sank das Herz, vor allem, als Loki in einem ähnlich verzweifelten Tonfall wie vorhin Inaja ausrief «Hoheit, bitte, das kann nicht ihr Ernst sein...» und Frigga mit plötzlich sehr harter Stimme sagte «Es reicht, Loki!» Ob der Mann daraufhin noch eine Antwort gab oder nicht, bekam Runya allerdings nicht mehr mit. Denn da sich Frigga jetzt der Tür näherte, zog sie es vor, rasch zu verschwinden. Schnell drehte sie sich um und lief hastig den Gang zurück, den sie gekommen war. Das letzte, was sie jetzt wollte, war, dass die Königin von Asgard mitbekam, wie sie gelauscht hatte! Aber sie fasste im selben Moment den Entschluss, es Loki zu gestehen... Und ihn zu fragen, was da genau passiert war. Und vielleicht... Vielleicht konnte sie ja helfen. Obwohl sie sich wenig Hoffnung machte, dass Thor auf sie mehr hören würde als auf andere. Aber wenn Loki sie wirklich von der Unschuld dieser Inaja überzeugen konnte, würde sie wenigstens alles dafür tun, dass ihr zukünftiger Ehemann die Untersuchungen wieder aufnahm. Dass er genau abklärte, was da vor sich gegangen war, und es zu einem fairen Prozess kommen liess, bevor er jemanden abschliessend verurteilte. Obwohl sie ernstlich bezweifelte, dass es so etwas wie faire Prozesse in Asgard überhaupt gab! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)