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Zeit zu sterben, Zeit zu leben

Zwei Hundebrüder, ein Vater und eine Reise
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Für nicoleherbster :) Komplett anzeigen

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In der Unterwelt


 

D

er verstorbene Inu no Taishou schritt durch die Einöde. Nun ja, dachte er ein wenig zynisch, er glitt wohl eher, immerhin war er hier nur eine Seele. Wie lange schon streifte er durch die staubigen Ebenen und Hügel in diesem Zwielicht? Jahrhunderte? Gleich. Er würde hier bleiben müssen bis die Welt unterging.

Und, das gab er zu, er langweilte sich. Es kam ihm endlos vor, dass er mit jemandem hatte reden können. Momentan hätte er selbst Sayas oder Myougas plappernde Reden nur zu gern gehört. Natürlich gab es auch hier andere Seelen, aber wenn er je eine entdeckte, so wurden sowohl er als auch der oder die Andere in andere Richtungen förmlich geschoben. Treffen waren hier unerwünscht.

Die letzten Worte, die er an jemanden hatte richten können, war das Lob gewesen, dass er seinen beiden Jungs nach dem Sieg gegen So´unga hatte aussprechen dürfen. Und natürlich das Gespräch mit Emna Daio zuvor. Leider hatte er keine Antwort seiner zwei Söhne mehr erhalten können, aber verständlicherweise waren sie wohl doch geschockt darüber gewesen ihn zu sehen. Nun, Sesshoumaru, denn Inu Yasha hatte ihn ja nie zu Gesicht bekommen. Immerhin wusste er nun, dass sie alle Zwei erwachsen geworden waren, stark und fähig genug mit einer Höllenklinge umgehen zu können. In den langen, einsamen, Wanderungen jetzt dachte er oft an sie.

 

Zu schade, dass nur Menschen wiedergeboren werden konnten. Er hätte sich früher nie ausgemalt wie langweilig der Tod eines Youkai sei. Izayoi war sicher inzwischen tot, vielleicht auch schon wieder geboren? Wer das wohl wusste. Immerhin glaubte er sicher sein zu dürfen, dass er Sesshoumaru hier noch nicht entdeckt hatte, aber, was sagte das schon. Er wusste nicht, wie viel Zeit in der Welt der Lebenden vergangen war oder wie groß der so unendlich scheinende Raum hier.

Er warf einen Blick zum Himmel, der wie stets ohne Unterbrechung in rot und schwarz leuchtete, alles hier in dieses Zwielicht tauchte. Knochenvögel zogen ab und an vorbei, die einzige Unterhaltung.

Nun, Selbstmitleid würde kaum etwas helfen. Es war, wie es war – und ewig sein würde. Er warf einen Blick herum. Buchstäblich keine Seele zu sehen. Oder?

Dort war jemand, ja, auf einem entfernten Hügel, der sich nun erhob.

Nein, das war keine Seele. Das war ein Shinigami, vermutlich im Auftrag des Obersten Richters. Was wollte Emna Daio denn? Aber es war wohl höflich dorthin abzudrehen, zumal die letzte Einladung dieser Art ihn hatte zusehen lassen, wie seine beiden Söhne den Kampf gegen einen wahrlich höllischen Gegner meisterten. Auch, wenn es eine Weile gebraucht hatte, dass sie hinter den Trick mit der Zusammenarbeit gekommen waren.

Unwillkürlich hoffte der Inu no Taishou, dass nicht auch dieser einzig mögliche Gesprächspartner verschwinden würde.

 

Aber als er näher kam, faltete der schwarz gekleidete Totengott nur seine Flügel zusammen. In seiner Rechten trug er eine Sense, nicht ungewöhnlich. Hm, dachte der Hundeyoukai, irrte er sich, oder wirkte der Shinigami ungewohnt aufgeregt? Die letzten dieser Art, die er gesehen hatte, hatten ihn wieder hierher begleitet.

„Guten Morgen, werter Taishou,“ grüßte der Shinigami. „Ich bin der Bote von Emna Daio. Mein Name ist Hakai.“

„Nun, Hakai, was wünscht der Oberste Richter?“ Ein Gespräch. Und vermutlich gab es Ärger für ihn, auch, wenn er sich an keine Regelverletzung erinnern konnte.

„Äh, wie Ihr sicher wisst, werden Menschen wiedergeboren. Dabei ... nun, es gab eine kleine Panne.“

Der Taishou richtete sich unwillkürlich etwas auf. „Ich bin kaum für eure Fehler verantwortlich.“

„Äh, nein, natürlich nicht.“ Hakai dachte kurz nach. Die Warnung des Richters, man würde einen Fürsten der Youkai, einen Daiyoukai, heute noch erkennen, stimmte wohl. „Eher im Gegenteil. Wenn ich es Euch erklären dürfte? Und Ihr so freundlich wärt mich zu begleiten?“

„Ich denke, ich habe gerade nichts anderes vor,“ gab der Taishou zu, der sich insgeheim auf eine Unterhaltung freute.

„Danke. - Kommt. Wie Ihr sicher wisst, können Menschen wiedergeboren werden, sie verlieren dabei jedoch alle Erinnerungen an ihr früheres Leben. Eine Wiedergeburt ist allerdings nur möglich, wenn diese Seele nicht bestraft werden muss. - Und jetzt der Fehler. Es wurde eine Seele wiedergeboren, die eigentlich dies nicht hätte tun dürfen. Noch dazu mit, genau weiß es noch niemand, mit, äh, Erinnerungen. Drei dieser Erinnerungen sind inzwischen bekannt. Sein Name, ein gut Teil seiner Magie – und die Tatsache, dass Eure Söhne ihn getötet haben.“

„Meine Söhne?“ Der Taishou warf einen erfreuten Blick beiseite.

„Ja, Ihr habt zwei Söhne, wie Euch seit der Affäre mit So´unga natürlich bekannt ist. - Wenn ich weiter berichten darf? Danke. Wie erwähnt, das könnte es für Eure Söhne Ärger geben, falls sich dieser Onigumo an ihnen rächen will.“

Das war ja fast eine Beleidigung. „Ein Mensch? Oh, bitte.“

„Er war schon lange kein Mensch mehr, als sie ihn hierher geschickt haben, eher ein ….. Er hat sich mit Youkai und Oni aller Klassen eingelassen und wurde so zu Naraku, einer Art Hanyou. Natürlich nicht vergleichbar mit Inu Yasha,“ beteuerte der Shinigami eilig. Er brauchte diesen offenbar arroganten Youkaigeist.

„Und daran erinnerte sich jetzt diese Wiedergeburt und versucht es erneut?“

Man merkte doch den Strategen. „Ja, werter Taishou. Es gelang ihm auf der magischen Insel von Maruishima den dort lebenden Daiyoukai zu überwältigen und zu absorbieren. Wie auch immer. Bedauerlicherweise wird nun ein Wesen wie Naraku erneut entstehen, wie auch immer sich Onigumo jetzt nennt. Nur ein Daiyoukai kann einen Daiyoukai besiegen. Und auch, wenn Sesshoumaru inzwischen diese Schwelle überquert hat ...“

Dessen Vater blieb stehen und fuhr herum. „Sesshoumaru ist ein Daiyoukai?“

„In der Tat. Vielleicht sogar mächtiger als Ihr es je wart. Nun ja. Bedauerlicherweise geht ihm, natürlich nur durch seine Jugend und Eure nun fehlende Erziehung, ein wenig die …. Selbstbeherrschung ab.“

Sein Welpe? Da lag wohl ein Missverständnis vor. Hatten die Shinigami seine Jungs verwechselt? „Hakai, eines, was mein Sohn, mein älterer Sohn, bis zum Exzess beherrscht, ist Selbstbeherrschung. - Nicht mehr?“

„Mir wurde es so gesagt, werter Taishou. Und Inu Yasha ist zwar relativ erwachsen geworden, aber doch ein Jugendlicher. Darum hier das Angebot von Emna Daio an Euch: Ihr werdet wieder in die Welt der Lebenden gesandt, unter der Voraussetzung, dass Ihr gemeinsam mit Euren beiden Söhnen nach Maruishima geht und diesen, wie auch immer er sich jetzt nennt, wieder hierher befördert.“

Das war ein Angebot, das man sicher nicht ablehnen konnte. „Warum nicht ich allein?“ erkundigte sich der ehemalige Heerführer doch misstrauisch.

„Mit Verlaub, werter Taishou, zu dritt dürftet Ihr auf weniger Probleme stoßen. Falls Ihr Euch zu entsinnen beliebt: es handelt sich um eine magische Insel.“

„Hm. Angenommen ich stoße, natürlich rein zufällig, auf jemanden namens Ryuukossusei?“

Der Shinigami blickte sich unwillkürlich um. „Nun ja, er müsste hier sein.“

Der Daiyoukai atmete ein wenig zu tief durch um unbeteiligt zu erscheinen. „Ah, habe ich ihn doch getötet.“

Hakai blieb sehr diplomatisch. Immerhin war er nicht ohne Grund Bote geworden. „Nein, werter Taishou. Aber wozu hat ein Mann Söhne.“

„Sesshoumaru, also. Ja, der Junge ist dann noch stärker geworden, in der Tat.“

Die Flügel des Totengottes zuckten instinktiv, als ob er sich in die Luft erheben wollte. „Nein, das war Inu Yasha.“

Jetzt blieb der Geist des Herrn der Hunde stehen und sah den Shinigami nur an.

Dieser dachte, dass einst so manchem Youkai unter diesem Blick seines Feldherrn wohl kalt geworden war, und fuhr fort: „Ich kann Euch versichern, dass es Inu Yasha war, mit Tessaiga. Mir wurde gesagt, er hätte gutes Blut.“

„Ja, wohl.“ Doch ein wenig stolz ging der Vater weiter. „Sesshoumaru tat nichts? Überdies, ich hatte, dachte ich, den Drachen versiegelt.“

„Ja, aber Naraku löste den Bann, um Inu Yasha umzubringen. Der wehrte sich.“

„Naraku.“ Der Inu no Taishou sah geradeaus, ehe er sich kühl erkundigte: „Erwähntest du nicht, Hakai, dass das aus diesem Onigumo geworden war?“

„Ja, genau.“ Oh, oh. Da war jemand wütend. Nun gut, es würde wohl helfen seinen eigenen Auftrag zu erledigen. Ärger mit Emna Daio oder gar der Etage darüber sollte man weiträumig vermeiden, selbst als Todesgott. „Übrigens, Euer Ältester bemerkte durchaus, dass der Bann gelöst worden war, aber als er eintraf war offenbar alles bereits erledigt.“

„Der Kleine. Weißt du, Hakai, ich habe ihn keine Minute gesehen und entsinne mich seiner oft als Neugeborenen. Ausgenommen natürlich der Kampf um So´unga.“ Und da war er erstaunt gewesen, dass auch der Jüngste praktisch erwachsen geworden war – und wie stark.

„Ja, auch er ist ein wenig impulsiv, entbehrte Eurer Erziehung.“

„Ich dachte, Izayoi ...“

„Sie starb. Hanyou altern anders als Menschen.“

„Natürlich.“ Dem Taishou dämmerte, was er erreichen sollte. „Emna Daio möchte meine Söhne gegen Onigumo oder dem, was nun wieder aus ihm geworden ist, schicken. Da sie offenbar recht schwer zu kontrollieren sind, benötigt er mich.“

Das war zwar die Wahrheit, aber das sollte man als harmloser Todesgott nicht aussprechen, beschloss Hakai. „Es handelt sich um eine magische Insel, wenn ich erinnern darf. Und Ihr beherrscht doch eine höhere Zauberkunst, wenn ich an das Meidou und ähnliches denke.“

„Schön. Ich folge dem Wunsch Emna Daios – unter einer Bedingung. Nun, zwei.“

Der Richter hatte recht behalten. Der schlaue alte Hund würde nicht klein beigeben. „Nun? Ich darf Euch allerdings darauf aufmerksam machen, dass ich nur begrenzte Vollmacht habe.“

„Du bist Bote, Hakai.“

Die Spur Nachsicht in dem Satz machte daraus eine Beleidigung. Aber der Shinigami wollte, musste, seinen Auftrag erfüllen. Und dieser Daiyoukai würde nie erfahren, WIE weitgehend seine Befugnisse waren. Der Richter war in Bedrängnis. „Sagt Eure Bedingungen.“

„Ich benötige ein Schwert.“

„Nicht So´unga!“ entkam es dem Shinigami prompt entsetzt.

Erneut blieb der Taishou stehen, betrachtete allerdings seine Klauen. „Hakai, ich habe Jahrhunderte an Plänen verschwendet, um diese Klinge wieder in die Unterwelt zu befördern. Nein. Nicht So´unga.“

„Äh, ja, da gibt es eine zerbrochene Klinge, die aber neu geschmiedet werden konnte. Ihr früherer Name war Tokejin. Sesshoumaru, Euer ältester Sohn, ließ sie für sich herstellen. Als sie zerbrach, benötigte er sie nicht mehr, da Tenseiga für ihn umgeschmiedet wurde. Ihr kennt sicher den Pfad der Unterwelt.“

„Natürlich. - Tokejin. War es nicht einmal so, dass sich solche Klingen ihre Meister suchen?“ Und niemand anderer sie beherrschen konnte, solange der Herr lebte?

„Ja. Aber Ihr seid der Vater Sesshoumarus. Und magisch sicher in der Lage den bösen Geist darin zu zähmen. Das Schwert, das nun entstanden ist aus der Wiedervereinigung, wird Eure Macht, Euer Youki, manifestieren.“

„Hat es auch einen Namen?“

„Noch nicht.“

„Ich werde es nehmen.“

Hakai atmete auf. „Und Eure zweite Bedingung, werter Taishou?“

„Wenn ich wieder hier bin – und irgendwann meine Söhne auch - möchte ich mit ihnen reden können.“

„Das kann ich Euch zusichern.“ Hakai atmete erneut etwas auf, auch, wenn jetzt noch ein heikler Teil dieser Visite bevorstand. Sie wanderten gerade einen Hügel hinauf. Dahinter würde liegen was … nun ja, innerfamiliäre Schwierigkeiten bedeuten konnte. „Das Schwert wird Euch sofort gebracht. Es liegt nur – etwas entfernt.“

„Natürlich.“ Der Inu no Taishou stand auf dem Anhöhe und entdeckte, was dort unten im Tal lag, saß, oder wie immer man das nennen wollte. Er erkannte sein eigenes Skelett, seine Rüstung – aber, bei allen Sternen, wie sah er denn aus. Er drehte den Kopf. „Hakai, wie lange bin ich schon hier?“

„Äh, nicht so lange.“ Immerhin wurde er mit Namen angesprochen, das machten wichtige Leute selten. Nur Emna Daio, aber der Richter war ja eben auch gerecht.

„Die Knochen zerfallen, in meinem Skelett sind Löcher …. Jahrhunderte.“ Der Taishou war gerade erschüttert.

„Ich bin sicher, Ihr könnt das heilen, wenn Eure Seele und Euer Körper wieder eines sind.“ Der Shinigami betete, zu wem auch immer, dass die Frage nicht kommen würde, die prompt gefragt wurde:

„Bote: was ist hier passiert?“ Und das war nur mehr ein Knurren.

Jetzt noch die Entschuldigung mit den Jahrhunderten auspacken, wäre fatal. Hakai beschloss es mit der Wahrheit zu versuchen. Immerhin schien der hohe Herr ja zu berücksichtigen, dass er nur ein Überbringer von Nachrichten war und nicht den Boten mit der Botschaft zu verwechseln. „Wenn Ihr Euch zu erinnern beliebt, so gab es die Anweisung, dass Tessaiga in Eurem Körper versiegelt werden soll.“

„Und?“ Der Taishou ließ den Blick nicht von seinem deutlich demolierten Körper. Immerhin hatten Myouga und Toutousai noch nach seinem Tod seine Befehle befolgt. Das war lobenswert. Nur – mit welchen Folgen?

„Sesshoumaru entdeckte es hier und Inu Yasha folgte. Eurem Ältesten gelang es jedoch nicht Tessaiga zu ziehen.“

„Der Bann.“

„Ja. Und er wollte Inu Yasha daran hindern es zu ziehen.“

„Und…?“ Sesshoumaru war bei ihrem letzten Treffen bereit gewesen ihn zu töten, nur um der Schwerter der Macht willen. Hatte der denn gar nichts dazu gelernt? In der Tat, ein wenig Erziehung konnte da nicht schaden.

„Inu Yasha hatte eine menschliche Priesterin dabei, die das ziehen konnte.“ Hakai schluckte. „Äh, danach kämpften Eure Söhne.“

„Es war vollkommen überflüssig mir das zu sagen.“ Der Herr der Hunde betrachtete noch einmal das frustrierende Ergebnis des Tatendrangs seines Nachwuchses. „Wer gewann?“

„Inu Yasha. Es gelang ihm seinem großen Bruder einen Vorderlauf abzuschlagen. Den dieser allerdings inzwischen wieder hat.“

Die Unterhaltung mit beiden Söhnen war eindeutig fällig. „Durch die Tatsache, dass er zum Daiyoukai wurde, stiegen auch seine Selbstheilungskräfte.“

„Ja. Und er bekam ein Schwert aus sich selbst. Bakusaiga.“

„Tokejin zerbrach, Tenseiga und ein neues Schwert ….Ich hoffe nicht erneut aus einem Kampf gegen Inu Yasha.“

„Nein, sie waren da wohl mehr Seite an Seite, wie auch gegen So´unga.“

Nun, dann hatten sie doch gelernt. Aber der Rat Toutousais dafür zu sorgen, dass die Zwei sich nicht gegenseitig umbringen konnten, war wirklich nützlich gewesen. Nun gut, damals hatte er auch geglaubt etwas länger leben zu dürfen. „Wo sind die Beiden jetzt?“

„Im Augenblick in einem Dorf namens Musashino. Inu Yasha lebt dort dauernd, er ist mit der einer … nennen wir es Miko verheiratet.“

„Mikos, also Schreinjungfrauen, dürfen doch nicht heiraten?“ Der Taishou war langsam wirklich irritiert. Was trieb sein Nachwuchs da?

„Ja, das ist richtig, aber sie ist aus der Zukunft.“

Nicht darüber nachdenken. Das sollte ihm sein Jüngster erklären. „Und Sesshoumaru?“

„Er ist zu Besuch da. Er hat ein Menschenmädchen adoptiert, das er oft besucht.“

Sesshoumaru? Bei dem das intelligente Leben erst ab Daiyoukai begann? Was war da nur passiert? „Das muss ich mir wirklich ansehen. - Wie geht es weiter?“

„Ich würde vorschlagen, Ihr tretet in Euren Körper, so dass die von Emna Daio geplante Wiedervereinigung folgen kann. Bis dahin sollte auch das Schwert angekommen sein. Darf ich Euch noch etwas fragen?“

„Ja.“ Nur bald seine Jungs sehen.

„Ich meine, wenn Ihr wieder lebt, seid Ihr dann auch so groß?“

Zum ersten Mal lächelte der Inu no Taishou den Boten an. „Nein. Das ist eine Mischform. Entweder ich bin in Menschenform – und daher in der Lage ein Schwert zu führen. Oder ich bin ein Hund. Ich werde mich vereinen. Und hoffe auf mein neues Schwert.“

 

Der Geist machte die wenigen Sprüngen auf seine Schulter zu dem großen Hundekopf. Mit gewissem Seufzen betrachtete er noch einmal die Brüche, die Löcher in Rüstung und Skelett, ehe er die Augen schloss und sich einer bislang unbekannten Strömung überließ.

 

Hakai musste die Augen schließen, als ein gewaltiger Blitz, eine Helligkeit, die er selbst als Todesgott nie erlebt hatte, durch das kleine Tal zuckte. Gleichzeitig spürte er etwas in der Hand und presste die Finger um den Schwertgriff. Als er wieder etwas erkennen konnte, hatte er ein sehr altmodisches Schwert in der Hand, eine lange, gerade Klinge. Das musste die Klinge sein, die zerbrochen und wieder geschmiedet worden war. Als er aufsah, war der riesige Körper eines Mischwesens aus Hund und Mensch verschwunden. Vor ihm stand ein Mann, den man unter Menschen vielleicht Mitte Dreißig, Ende, geschätzt hätte. Der Zopf war noch immer so da wie in seiner Geisterform, aber die schwere Rüstung lag nun wieder um ihn, eine leere Schwertscheide auf dem Rücken. Und er wirkte recht lebendig. Goldene Hundeaugen mit einem seltsamen Glühen im Hintergrund musterten ihn.

„Mein Schwert, Hakai.“

„Bitte.“ Der Shinigami überreichte es. Noch waren nicht alle Löcher in der Rüstung verschwunden, vermutlich waren auch noch immer einige Rippen gebrochen, aber das war nichts, womit ein Daiyoukai nicht zurande kommen würde.

„Eine gerade Klinge ….“ Der Taishou hob das Schwert prüfend, ehe er die Hand ausstreckte und sich konzentrierte. Der schwarze Rauch, der sich aus der Klinge bewegen wollte, schwand unverzüglich.

„Ein ken ...“ deutete Hakai an. Und ja, der Daiyoukai meisterte den rachsüchtigen Geist darin, den auch das Neu-Schmieden in der Unterwelt nicht hatte vertreiben können.

Der Herr der Hunde war guter Laune. „Man nennt das auf dem Festland so, ja. Es ist ein tsurugi. Sieh dir den gerade Verlauf der Zeichnungen an. Kein Fehler, ausgewogen. Ich werde sie Tsurugi-hime nennen. Die Prinzessin der Schwerter.“ Der Taishou schob seine neu erworbene Klinge auf den Rücken. „Nun, Hakai. Wo liegt Musashino?“

„Ich darf Euch hinbegleiten? In die Nähe?“

„Ja.“

Und das war eindeutig nicht mehr die Bitte einer Seele an einen Todesgott, sondern der Befehl eines Fürsten.

 
 

Musashino


 

F

alls es irgendwen interessierte, was ein Daiyoukai und ein Shinigami in dem Waldgebiet oberhalb des Ozeans trieben, so war weder Oni noch Youkai noch Tier dumm genug nachzugucken. An einer Lichtung blieb der Inu no Taishou stehen und fasste über seine Schulter zum Griff der Klinge in der Scheide.

Hakai zuckte für einen Moment zusammen, ehe er begriff, dass eine Schwertprobe angesagt war.

„Darf ich bitten, Prinzessin?“ fragte der Hundefürst, ehe er die Klinge ausstreckte.

Höfische Erziehung, anscheinend, dachte der Shinigami, aber er sah durchaus fasziniert zu, wie der Stahl hell aufleuchtete, ehe sich kleine Sicheln aus Youki daraus lösten und auf den nächsten Baum zurasten, den ohne jede Mühe fällten.

„Gefällt es Euch?“ erkundigte sich Hakai.

„Ich glaube. Mein Sohn, mein Ältester, hatte schon immer Gefallen an mächtigen Schwertern. Was ist die magische Grundlage?“

„Ich hörte, die Zähne eines Oni, eines, ja, Abkömmlings Narakus.“

Der Taishou schob die Klinge weg. „Wie zynisch. Passt zu Sesshoumaru.“ Und zu dessen Angst vor einem Zahnarzt. Wenn er selbst daran dachte, dass er sich zwei Fangzähne von Toutousai hatte ziehen lassen, um Tenseiga und Tessaiga zu erhalten … Nun gut, es war in seiner wahren Form gewesen und vermutlich für den alten Schmied unangenehmer als für ihn, da dieser sich doch zwischen scharfen Zähnen und einer feuchten Zunge einem ziemlich großen Schlund gegenüber gesehen hatte. „Wie weit ist es noch bis zu dem Dorf, Hakai?“

„Das liegt dort vorne in dem Wald ….der ….“ Der Shinigami wollte eigentlich voraus deuten, ehe er die gewaltige Energie spürte, deren bläulicher Schimmer bis hierher zu erkennen war. „Dort, wo der Kampf stattfindet.“

Seine Söhne! Es wäre zu viel Pech, wäre er am Leben und sie in der Unterwelt! Der Daiyoukai wurde so schnell, dass Hakai nur noch rufen konnte:

„Ich muss zurück, edler Herr!“

 

Zu kampferfahren um blindlings in eine unbekannte Lage zu stürzen, verharrte der Inu no Taishou unter den letzten Bäumen, vor denen sich eine große Wiese dehnte, dahinter Reisfelder und ein Menschendorf. Auf dieser Grünfläche jedoch duellierten sich zwei weißhaarige junge Männer, einer mit einer Rüstung und einer weißen Boa über der Schulter, den er erkannte. Sesshoumaru. Dieser war älter geworden, ja, und stärker. Sein Gegner war dagegen eindeutig ein Hanyou, das verrieten nicht nur die beiden Öhrchen auf dem Kopf, sondern auch die Tatsache, dass in dessen Hand Tessaiga lag und er damit mehr als nur umgehen konnte. Dazu erkannte der Taishou mit gewisser Rührung das Gewand aus dem Stoff aus Feuerrattenhaar, das er an Inu Yashas Geburtstag Izayoi noch gegeben hatte. Sie hatte es als Kleid für einen zweitgeborenen Adeligen schneidern lassen und Inu Yasha trug es bis heute. Das sollte jedoch ein Übungskampf sein? Sie setzten eine Menge Energie ein. Allerdings – das war auch nicht tödlich gemeint, das sähe bei dieser Masse an Youki schon ganz anders aus. Hinten am jenseitigen Rand der Wiese stand ein junges Menschenmädchen, noch nicht erwachsen, ein anderes in der Kleidung einer Priesterin kam mit zwei weiteren Menschen heran gelaufen. Diese Miko musste also seine Schwiegertochter sein? Ja, helle, magische Energie. Sollte sie es wagen auf seinen Ältesten loszugehen, würde er eingreifen.

Trotz des Kampflärms verstand er, was sie schon aus Distanz rief: „Rin-chan! Was ist denn hier nur passiert?“

Das Menschenmädchen wandte sich um. „Ich weiß es nicht, Kagome-sama. Irgendwie ergab ein Wort das andere und dann ging es los….“

„Nicht schon wieder! - Inu Yasha! Mach ...“

 

Sie schien mit etwas zu zögern, dachte der Taishou. Nun ja. Wenn es sich um einen Trainingskampf gehandelt hätte, hätte er nicht eingegriffen, aber der Shinigami schien Recht zu haben – mangelnde Selbstbeherrschung. So zog er Tsuruki-hime. „Lehren wir sie einmal die Kunst des Krieges, Prinzessin,“ sagte er. „Man sollte auch immer den Rücken im Auge haben.“ Er spürte, wie sich die Klinge in seiner Hand zu amüsieren schien. „In der Tat. Wir werden uns gut verstehen.“

 

Die Youki-Menge, die über die Wiese fräste, Soden meterweit durch die Luft schleuderte, ließ nicht nur die Menschen auf der gegenüberliegenden Seite aufschreien und hastig einen wirklich interessanten Schutzbann wirken, wie der Herr der Hunde neugierig feststellte, sondern auch seine Söhne auseinander springen und der Energie ausweichen, um sich mit noch gezogenen Schwertern, aber Seite an Seite, der unerwarteten Bedrohung gegenüberstellen.

Hm. Doch keine Feinde, dachte der Youkaifürst, als er seine Klinge zurückschob und aus der Deckung schritt. Zugegeben, er genoss Sesshoumarus offenen Mund genau so wie damals bei dem Untergang So´ungas. Inu Yasha starrte ihn ebenso an, wenngleich etwas fragender.

Als der Taishou keine zehn Meter mehr vor seinem Nachwuchs war, entkam seinem Ältesten ein ungläubiges: „Chichi-ue.“ Verehrter Vater.

Der Jüngere ergänzte: „Vater? Aber der sieht doch recht lebendig aus …?“

Überraschung hin oder her, das war keine Begrüßung. Ohne weiteren Kommentar ließ der Taishou eines seiner Schulterfelle in Sekundenbruchteilen länger werden, sich um die Knöchel des Hanyou schlingen und den unsanft auf das Hinterteil reißen, ehe er wie zuvor dastand.

 

Noch während Inu Yasha halb überrascht, halb empört, aufstarrte, hatte Sesshoumaru sich unangenehm an gewisse Vorkommnisse in seiner Welpenzeit erinnert gefühlt, als er per Nackenstoß zu Boden befördert worden war. Falls das nicht half, hatte er im wahrsten Sinne des Wortes beißend seine eigene Schnauze in der seines Vaters gefunden. Nicht notwendig, vor den Menschen und vor allem Rin, schmerzhaft auf die Erde geschafft zu werden. So neigte er den Kopf lieber höflich. „Ihr versteht meine Überraschung, chichi-ue.“

„Inu Yasha.“ Der Herr der Hunde blieb stehen.

„Äh, ja, schon.“ Der Hanyou rappelte sich auf. Oh Mann, wenn schon Sesshoumaru so auf diplomatisch machte – das war ja wie Kagomes „Mach Platz“. Und wieso lebte der Kerl eigentlich? „Ich meine, ich, wir dachten, du bist tot.“

„Deine Höflichkeit lässt zu wünschen übrig,“ kommentierte der Taishou sachlich.

Inu Yasha entsann sich seiner Kindheit. „Ihr ….woher kommt Ihr?“ Ach du je. Was machte der denn hier? War das wirklich sein Vater? Youkaimässig benahm der sich schon, eher wie Sesshoumaru. Aber, was sollte er ihm denn jetzt sagen? Er wusste schon, was er in den vergangenen Zeiten seinen Vater immer hatte fragen wollen, aber jetzt so und … Seine Überraschung grenzte an Schock.

„Kommt näher.“ Da seine Söhne sichtlich verwirrt gehorchten, allerdings auch die Menschengruppe heran gelaufen kam und erst wenige Meter vor ihm doch irgendwie unsicher stoppte, erkannte der Hundefürst, dass hier wohl etwas wirklich vollkommen anders ablief, als er es gewohnt war. So blieb er regungslos stehen. „Sesshoumaru, wie lange war ich tot? - Inu Yasha, aus welcher Zukunft ist deine Miko?“

Beide Söhne blickten sich unwillkürlich an, ehe der Ältere antwortete: „Es dürften zweihundertsiebzig Jahre sein, nun, an die dreihundert, chichi-ue.“

„Äh, gut fünfhundert Jahre. Und da sieht es wirklich anders aus ….“ Inu Yasha brach lieber ab. Irgendwo aus längst vergangenen Kindertagen kamen ihm gewisse Regeln in den Sinn. Nie mehr antworten als gefragt war. Und, ja, älteren Familienmitgliedern schuldete man Respekt, auch und gerade dem eigenen Vater. Aber – wieso nur war der hier?

Schön, dachte der Inu no Taishou. Keine wie auch immer geartete Entscheidung, ehe er wirklich wusste was los war. Nur das hatte ihm den Sieg in so mancher Schlacht beschert. Einige Gegner hatten ihm Bauernschläue attestiert – er fand es Intelligenz zum Überleben. „Hat deine Ehefrau auch einen Namen?“

„Kagome,“ erwiderte diese prompt, erstarrte dann jedoch unter einem eisigen Blick. Ach du je. Der kam wohl aus dem Mittelalter. Schön, das hier war noch Mittelalter, und wenn der wirklich dreihundert Jahre tot gewesen war ….Nun, da hatte er wohl einiges verpasst. Überhaupt: wieso lebte der wieder, was ja weder Inu Yasha noch Sesshoumaru bezweifelten? Und, dass die den Unterschied zwischen irgendwie wieder Auferweckten und wahrlich Lebenden wittern konnten, wusste sie aus Erfahrung. Auch, wenn anscheinend beide bemüht waren ihre Verwirrung zu verbergen. Schon die Tatsache, dass man das dem sonst so eiskalten Youkai ansehen konnte, wenn man ihn kannte, sprach für sich. „Äh, vielleicht darf ich Euch ...“ Wie hatten Myouga und Toutousai ihn doch genannt? „Euch, oyakata-sama, in unser Dorf einladen? Dann werdet Ihr sicher Eure Fragen beantwortet bekommen. Falls Ihr wollt, koche ich.“

Immerhin kannte das Mädchen aus der Zukunft gewisse Höflichkeit. Nun gut. Er sollte erst entscheiden was er selbst von sich gab, wenn er wusste, was seit seinem Tod passiert war. Und das schien eine Menge zu sein. „Gehen wir.“

Da diese Kagome vorauseilte und Inu Yasha bei einem Versuch sich ihr anzuschließen, also, an seinem Vater vorbei zu gelangen, die Hand seines großen Bruders an der Schulter spürte, die ihn zurück hielt, schien ja nicht Hopfen und Malz verloren zu sein. Der Taishou wandte etwas den Kopf. „Inu Yasha, wie lange ist Iza … deine Mutter verstorben?“

Der Hanyou zuckte die Schultern. „Äh, genau weiß ich es nicht. Ich war noch sehr klein.“ Er sollte wohl lieber höflich bleiben. Ärger mit gleich zwei Daiyoukai aus der Verwandtschaft wäre nur stressig. Zumal Kagome das auch nicht witzig finden würde, so umständlich, wie sie mit dem Kerl geredet hatte. „Chichi-ue.“

„Wie klein? Wer hat dich aufgenommen?“

„Äh, niemand. Ich war allein, außer, wenn Onkelchen, also, Myouga, mal vorbei kam und mir was erklärte.“

Myouga also. Der Hundefürst war froh, das wenigstens irgendjemand seinen letzten Willen beachtet hatte. Izayoi, ja. Menschen starben viel zu schnell und leicht. Sekunde. „Du bist nicht im Schloss geblieben, ich meine, das deiner menschlichen Verwandtschaft?“

Inu Yasha hätte um ein Haar bitter aufgelacht. „Sie haben mich ja rausgeworfen. Auch Mutters Gedenkstein liegt außerhalb.“

Das wollte er dann doch genau erzählt bekommen. „Und Sesshoumaru?“

Besagter große Bruder versuchte instinktiv abzuwinken, aber Inu Yasha sagte bereits: „Na, der wollte mich um die Ecke bringen. Er wollte ja Tessaiga. Ist eine ziemlich neue Errungenschaft, dass er akzeptiert hat, dass das mein Schwert ist.“

Ehrlich war sein Jüngster ja, wenngleich unerzogen. Und Sesshoumaru, nun ja, was hätte er auch von jemandem erwarten wollen, der ihn selbst töten wollte, nur um an die Schwerter der Macht zu gelangen. „Kennt ihr jemanden namens Onigumo?“

Beide Söhne sahen sich an, ehe Sesshoumaru erwiderte: „Nein, chichi-ue.“

Inu Yasha rieb ein wenig überfordert ein Öhrchen. „Ich denke, das war ein Typ, dem damals Kikyou half, erzählte sie. Ein Mensch, der einen Unfall hatte und schrecklich entstellt war. Eines Tages war er verschwunden und sie dachte, solche Wurmdämonen hätten ihn gefressen. Sie versiegelte die Grotte zur Sicherheit, aber danach hat sie nichts mehr von ihm gehört. Ich auch nicht.“

Er wusste also mehr als seine Jungs. Der Taishou verspürte fast etwas wie Vergnügen. „Ihr habt beide von ihm gehört. Onigumo nahm jede Menge Oni und Youkai in sich auf und wurde zu Naraku.“ Er sah, wie Kagome vor ihm herumfuhr und auch die anderen Menschen eilig aufschlossen. Kannten diese Naraku etwa auch?

„Naraku?“ wiederholte Kagome. „Aber er ist tot und auch das Juwel ist doch weg.“

„Ich denke, wir haben viel zu besprechen.“ Der alte Feldherr nickte langsam. Sein Wunsch nach etwas mehr Unterhaltung schien ja aufzugehen. Und, auch das bemerkte er mit gewisser Wonne – es würde Ärger geben. Ach, wie er dieses Leben doch vermisst hatte. Und seine Jungs. Selbst den manchmal so schwierigen Älteren. Er hatte durchaus bemerkt, dass bei dem Spaziergang in das Dorf der Blick Sesshoumarus ab und an rückwärts zu diesem jungen Menschenmädchen gerichtet war. Unauffällig, natürlich. „Ich bin doch neugierig, was ihr mit Naraku zu tun hattet.“

 

Die Nacht war schon weit fortgeschritten und noch immer saß die Gruppe aus Daiyoukai, Hanyou und Menschen um ein Feuer. Der Inu no Taishou wusste nun, was sie zusammengeführt hatte, was mit Naraku gewesen war und dem Juwel der vier Seelen. Allerdings hatte er sich aus doch gewisser Kenntnis seines Älteren gehütet den vor versammelter Mannschaft zu fragen, was es mit dieser Rin so auf sich hatte. Irgendwie erschien es ihm undenkbar, wie sein so stolzer Sohn in Begleitung eines Kappa und eines Menschenmädchens durch die Wälder streifte. Aber gut. Jaken saß ebenfalls hier und Rin war von Kagome ins Bett geschickt worden. Sie war freilich erst nach einem Blick auf Sesshoumaru auch tatsächlich verschwunden. Mehr als interessant. Vielleicht würde sich ein Vater-Sohn-Gespräch ergeben, auf der Reise? Er bemerkte, dass ihn Kagome ansah und entsann sich ihrer Frage, was ihn denn wieder ins Leben zurückgerufen hatte.

„Ein Auftrag,“ sagte er daher. „Von höchster Stelle. Aber natürlich bin ich dir keine Rechenschaft schuldig.“

Aus doch gewisser Kenntnis ihres Schwagers schloss die Miko ihrerseits auf ihren Schwiegervater. Überdies hatte sie in der Schule durchaus gehört, wie sich in alten Zeiten Daimyo benahmen – Youkaifürst war da sicher das Gleiche in grün. „Äh, nein, natürlich nicht. Ich meine nur, da du … da Ihr hierher gekommen seid … ich meine, dass das auch Inu Yasha betrifft?“

„Beide Söhne sollen mit.“ Und da er sowohl die abwehrende Handbewegung Sesshoumarus bemerkte als auch den Blick, den sein Jüngster auf seine Ehefrau warf: „Nur ihr beide. Und das ist eine Anweisung.“

Der Hanyou seufzte, da er verstand. „Ihr wurdet wieder lebendig gemacht, damit Ihr mit uns - wohin eigentlich – reist?“

„Maruishima.“ Der Taishou war angetan, dass sowohl Söhne als auch Menschen begriffen, dass man Emna Daio nicht widersprach – außer man wollte, dass einem nach dem Tod etwas wirklich Scheußliches zustieß.

Sesshoumaru sagte nur ein Wort: „Onigumo.“

„In der Tat. - Wir brechen bei Sonnenaufgang auf.“

 

Keine zehn Minuten später fanden sich der Inu no Taishou und Sesshoumaru allein auf dem Dorfplatz. Die Menschen schliefen alle oder hatten sich zumindest in ihre Häuser zurückgezogen. Dem Youkaifürsten fiel zum ersten Mal bewusst auf, dass die Menschen hier in diesem Dorf die Anwesenheit von Wesen seiner Art gewohnt waren. Inu Yasha war mit seiner Ehefrau gegangen, nun ja, sie wollten sich wohl noch verabschieden.

Hm, dachte der Hundefürst. Immerhin entsann sich sein Ältester noch soweit seiner Manieren, dass er nicht aufstand, ehe sich der Vater nicht erhoben hatte. Und er redete ihn nicht an. „Wo verbringst du gewöhnlich so eine Nacht?“

„Am Waldrand.“

„Gehen wir.“ Der Taishou stand auf. Gut, immerhin schien zumindest dieser Sohn seine Erziehung nicht vergessen zu haben. Inu Yasha würde eine andere Sache werden. Izayoi war offenkundig zu früh verstorben. Und keiner hatte sich um den Jungen gekümmert. Kein Wunder, wenn der weder von Höflichkeit noch Benehmen Ahnung hatte. Das konnte noch schwierig werden. An der Stärke des Hanyou und dessen Fähigkeit mit Tessaiga umzugehen konnte jedenfalls kein Zweifel bestehen. Es war allerdings ein seltsames Gefühl wieder am Leben zu sein, fast neben Sesshoumaru zu gehen, denn der hielt sich den höflichen Schritt zurück, dessen Youki so vertraut zu fühlen. Ja, der war stärker geworden, viel mehr als zu dem Zeitpunkt als er selbst gestorben war. Er mochte jetzt gegen ihn selbst ein interessanter Gegner sein. Diese Kämpfe gegen Naraku und sein Gefolge schienen beide Söhne mächtiger gemacht zu haben. Nur gut, denn es ging ja jetzt gegen eben diesen. Nein, gegen Onigumo. Wer oder was auch immer Naraku gewesen war, der innerste Kern mochte nun gleich geblieben sein, aber das Wesen, dass aus Onigumo und einem Daiyoukai entstanden war, war sicher neu – und stark.

Sesshoumaru konnte die Energie seines Vaters ebenfalls spüren – lang vergessen und doch so vertraut, so seltsam warm. Er hatte nicht den mindesten Zweifel daran, dass dies sein Erzeuger war, der Mann, den er stets auf das Höchste bewundert hatte. Natürlich auch, weil der der Mächtigste unter allen Sterblichen gewesen war, und wohl noch immer war, denn diese kurze Kostprobe seines Youki mit der er den Zweikampf zwischen ihm und Inu Yasha unterbrochen hatte, war eben schon mal recht stark gewesen. Aber das war eben auch der Feldherr, der Mann, der in so vielen Schlachten und Duellen gesiegt hatte, der das Höllenschwert bezwungen hatte. Jetzt trug er eine andere Klinge. Sesshoumaru fand, dass sie ihn an etwas erinnerte, aber das war wohl unmöglich. Das Schwert war sicher in der Unterwelt geschmiedet worden. Da der Herr der Hunde stehenblieb und ihm mit einer Handbewegung bedeutete neben ihn zu treten, gehorchte er.

„Möchtest du mich etwas fragen, Sesshoumaru?“

Dankbar, dass sein Vater anscheinend Rücksicht darauf nahm, dass Inu Yasha ja nicht alles erfahren musste, meinte der jüngere Daiyoukai: „Euer Schwert ist nicht So´unga.“

Der Taishou lächelte etwas, wenngleich nur inwendig. Sesshoumaru und seine Gier nach Schwertern. Manches würde sich wohl nie ändern. Schon in den ersten Tagen des Trainings hatte der kleine Welpe damals wutentbrannt das Holzschwert zu Asche gemacht, weil er ein richtiges wollte. „Nein. Ich habe es Tsuruki-hime getauft, die Schwerterprinzessin. Aber, du hast in zwei Dingen Recht, mein Sohn. Die Klinge wurde in der Unterwelt geschmiedet. Und sie kommt dir bekannt vor, denn es handelte sich ursprünglich um Tokejin.“

„Tokejin.“ Nun ja, er hatte den bösen Geist dieses Schwertes gemeistert und das würde sein verehrter Vater natürlich auch. Sogar, wenn in der Unterwelt noch einiges an Magie mit eingeflossen war.

Den Rest der Nacht herrschte Schweigen zwischen den beiden Daiyoukai. Nur ihre Energien verbanden sich, suchten die Einheit.

 

Inu Yasha drehte sich zu Kagome, als sie nebeneinander lagen. „Ich will da nicht mit.“

„Dir wird kaum etwas übrig bleiben,“ gab sie zurück. „Ich meine, jemand, der deinen Vater wieder zum Leben erweckt und euch losschicken will, hat nicht nur einen Plan, sondern auch Macht. Ich tippe mal auf Emna Daio, den obersten Richter, wenn nicht noch jemand Höheren. Das sind wirklich keine Leute, die man verärgern sollte. Und, sieh es doch positiv. Du hast endlich die Chance deinen Vater kennen zu lernen, mit ihm zu reden. Das wolltest du doch immer.“

„Naja, bloß der Auftritt war eher so Sesshoumaru-mäßig. Explosiv, dann knallt er mich zu Boden ...“

„Er ist nun einmal ein Daiyoukai und der Hundefürst. Ich vermute, er hatte keine Ahnung, wie deine Kindheit abgelaufen ist und erwartete, ja, einen wohlerzogenen Sohn. Deine Mutter lebte in einem Schloss.“

„Keh. Das könnte eine wirklich amüsante Reise werden. Der plus mein ach so lieber großer Halbbruder!“

„Dein Halbbruder benimmt sich bemerkenswert gesittet seinem Vater gegenüber. Diesbezüglich hast du vermutlich eher Hilfe.“ Sie sah, dass ihr Hanyou zweifelnd die Nase rümpfte. „Gib ihm doch eine Chance. Ich meine, er ist dein Vater, aber der war jetzt auch dreihundert Jahre tot, da muss er sich doch auch erst zurecht finden. Und, überleg mal, er hat dich nur einige Minuten sehen können. Vermutlich warst du für ihn immer noch ein Baby, bis er dich nach dem Kampf gegen das Höllenschwert gesehen und angesprochen hat.“

„Du meinst also, ich soll mit, weil ich sonst Ärger mit allen möglichen Unterweltlern bekomme?“

„Und du zugleich die unerwartete Chance hast deinen Vater näher kennen zu lernen. Er wird bestimmt auch noch wissen wollen, wie es deiner Mutter ging. Er hat ja auch schon etwas nach ihr gefragt. Und, überleg mal, du weißt doch selbst, wie das ist. Als du am Baum hingst – wie lange hast du gebraucht, um zu begreifen, dass Kikyou schon fünfzig Jahre tot war und ich nicht sie bin?“ Sie spürte sein Zusammenzucken. Es war ihm sehr unangenehm, sie sollte nicht weiter nachsetzen, sondern ihn nachdenken lassen. Aber etwas musste sie noch loswerden. „Und, schau, als mein Papa gestorben ist, fielen mir auch noch so viele Sachen ein, die ich fragen wollte, ihm sagen wollte ….aber da ging nichts mehr.“

Er musste daran denken, dass sie um seinetwillen ihre Familie aufgegeben hatte, und legte den Arm um sie. Und das mit Kikyou, ja, verdammt… „Schon gut, Kagome. Ich mach ja mit. Unter einer Bedingung.“

„Ja? „ Sie schmiegte sich an ihn. „Soll ich was Schönes kochen, wenn du wieder da bist?“

„Klingt schon mal gut. - Du gibst Vater nicht deinen Befehl, du weißt schon. Ich fürchte nämlich, der könnte die Kette benutzen.“

„Nein, mach ich nicht.“ Aber sie verschwieg ihrem Hanyou, dass sie durchaus den Eindruck gewonnen hatte, ein Daiyoukai habe seine eigenen Methoden den Nachwuchs zu erziehen. Hoffentlich nahm sich Inu Yasha etwas zusammen – und stieß auf gewisses Verständnis.

 
 

Erziehungsprobleme


 

K

urz, ehe die ersten Strahlen der Sonne den Horizont erhellten, kam die erste Äußerung von Sesshoumaru. „Darf ich etwas fragen, verehrter Vater?“

Der Inu no Taishou, der immerhin damit gerechnet hatte, wandte den Kopf.

Das genügte, um seinen Ältesten sagen zu lassen: „Ihr seid selbstverständlich sicher, dass Eure beiden Söhne mit auf diese Reise kommen sollen.“

„Selbstverständlich.“

„Tessaiga.“

Nicht nur, dachte der Hundefürst. Zwischen seinen Söhnen herrschte wohl immer noch eine gewisse Anspannung. „So lautet die Bedingung. - Wir werden sehen, wie weit Inu Yasha nützlich ist.“

Nun ja, kämpfen konnte der, stur war er auch, allerdings würde das kaum eine ruhige Reise werden. Aber das erwähnte man gegenüber seinem Vater und leider auch Erzeugers des besagten Halbdämonen besser nicht. Der jüngere Daiyoukai wandte den Kopf. Rin kam, dazu auch Jaken. Und ja, auch Inu Yasha und diese Kagome.

 

So drehte sich der Herr der Hunde ebenfalls um. Irgendetwas in ihm zuckte jedoch auf, als er seinen Jüngsten sah, der Hand in Hand mit der Miko heran kam, diese nun aber unter den Blicken seiner männlichen Verwandtschaft los ließ. Immerhin, etwas Benehmen. Man berührte sich nie in der Öffentlichkeit. Oder war das in der Zeit, aus der diese Kagome kam, anders? Er sollte da nichts kritisieren ehe er Informationen bekam. Abgesehen davon, er entsann sich nur zu gut an eine weiche Hand in seiner Klaue, ein Lächeln, für das er bereit gewesen war zu sterben. Und da war nicht nur diese Miko, sondern auch das junge Mädchen, das seinen Ältesten anlächelte, wohlweislich jedoch schwieg. Irgendwie musste er doch etwas seinen Söhnen vererbt haben. Mit gewisser Genugtuung bemerkte der Daiyoukai, wie sich sowohl seine Schwiegertochter als auch die beiden anderen Menschen – Miroku und Sango – vor ihm verbeugten. Sein eigener, jüngerer, Sohn zögerte dagegen, ehe er doch den Kopf neigte. Unerzogen, nur? Oder eine gewisse Herausforderung? Nicht nur Sesshoumaru wollte wohl die Macht.

 

Inu Yasha fühlte sich umarmt.

„Komm gesund wieder,“ flüsterte Kagome. „Das wird sicher nicht einfach.“

Der Hanyou drückte sie fest an sich, nicht ahnend, dass in dem so regungslos dastehenden Hundefürsten brennend eine Erinnerung an eine andere schwarzhaarige Frau aufstieg, die ihn ebenso mit den gleichen Worten umarmt hatte – und der er dann nichts außer seinem Tod hatte anbieten können. Er würde kein zweites Mal zulassen, dass seine Familie in Lebensgefahr geriet, schwor er sich in diesem Augenblick. Nicht der Kleine, den er kaum kannte, nicht Sesshoumaru. An seine Söhne kam jemand nur über seine Leiche. Was auch immer Emna Daio und dessen Obrigkeiten damit beabsichtigt hatten, warum auch immer die Jungs mit sollten. Das war seine eigene Entscheidung. „Gehen wir.“ Er ging los, gefolgt von dem, seinem eigenen so ähnlichen, fühlbaren Youki seiner Söhne. Und in seinen Gedanken war nur eines: Ich werde dich nie vergessen, Izayoi!

 

Inu Yasha war versucht sich umzudrehen, aber da sein ach so toller Halbbruder nur dem Taishou folgte, tat er es auch. War das etwa so beabsichtigt? Man folgte dem Heerführer, anscheinend auch noch nebeneinander – naja, immerhin. Noch peinlicher wäre es ja wohl geworden, hätte Sesshoumaru drauf bestanden, dass er als der Jüngere hinter ihm her dackeln sollte. Ja, dackeln, war wohl das passende Wort bei Hunden. Er grinste etwas.

 

Ob der Hanyou je begreifen würde, wie grenzdebil er wirkte, wenn er so sinnlos vor sich hin grinste? Nun, immerhin hielt der den Mund, dachte Sesshoumaru. Womöglich kannte der doch etwas Benehmen. Jedenfalls, davon konnte er selbst nach dem ersten Auftreten seines Vaters mutmaßen, würde der kaum Ungehorsam oder auch nur Unhöflichkeit durchgehen lassen. Das konnte doch eine irgendwie amüsante Reise werden, wenn er sich so an das allgemeine Benehmen und vorlaute Mundwerk Inu Yashas erinnerte. Natürlich auch interessant, denn es war davon auszugehen, dass er selbst endlich sehen konnte, ob dieser senile Schmied die Wahrheit gesagt hatte und er stärker als Vater geworden war. Und das Ganze, ohne es auf ein Duell ankommen zu lassen, das schließlich für einen von ihnen tödlich enden würde. Ja, gut, er hatte damals wirklich in Erwägung gezogen für die Schwerter der Macht seinen Vater zu töten, aber zum Einen war der da nach dem Kampf mit Ryukossusei schwer verletzt gewesen und zum Anderen – als der das ausgesprochen hatte war es ihm selbst ein wenig unangenehm vorgekommen. Und, wenn er sich nicht täuschte, verfügte der Inu no Taishou trotz oder wegen seiner Wiedergeburt über noch andere Fähigkeiten als nur ein mächtiges Youki. Es hieß doch, dass Wesen, die im Jenseits gewesen waren, über mehr Macht verfügten als je zuvor. Und dieses Schwert, was Vater vor ihm auf seinem Rücken trug … Die Magie von einer Art Tokejin plus irgendetwas anderes. Vater hatte das sicher nicht ohne Grund die Schwerterprinzessin genannt. Nun gut. Er würde es bestimmt kaum auch nur berühren dürfen. Eines war jedenfalls klar: den Titel eines Taishou der Hunde, auf den er selbst zugegeben keinen Wert gelegt hatte, war er nun wieder los. Solange Vater lebte. Was immerhin auch den gewissen Vorteil bot, dass er nicht selbst nachdenken musste, falls etwas schief lief.

 

Sesshoumaru im Rücken zu haben war eine gewisse Genugtuung, dachte der Heerführer. Bei Inu Yasha konnte er es schlecht abschätzen. Trotz all dessen Ehrgeiz und Machtwillens war er noch immer überzeugt seinen älteren Welpen unter Kontrolle zu haben. Den Jüngeren – das würde man sehen. Immerhin schien der Hanyou zumindest bereit sich auf das Abenteuer dieser Reise einzulassen, und, da war sich der Inu no Taishou sicher, der tat das nicht aufgrund eines Befehls und Sohnespflicht. Sie hatten sich nie kennen gelernt, womöglich war es Neugier von beiden Seiten. In jedem Fall war Inu Yasha viel unter Menschen gewesen, sei es bei Izayoi oder auch jetzt. Und dazwischen anscheinend vor allem einsam. Kein Wunder, dass der Junge nicht die mindeste Ahnung hatte, wie man sich einem Daiyoukai gegenüber benahm. Der Einzige, den der kannte, war wohl Sesshoumaru. Das Bruderverhältnis schien eher etwas suboptimal gewesen zu sein. Normalerweise hätte doch der Ältere den verwaisten Jungen aufnehmen und erziehen müssen.

Hm. Warum war es denn dem eigentlich nicht gelungen seinen kleinen Halbbruder zu töten? Inu Yasha hatte gesagt, er habe es wollen. Vielleicht HATTE Sesshoumaru versucht den Kleinen zu erziehen und auszubilden – nur, der hatte Youkai-Ausbildung missverstanden? Zwischen dem Leben, das Izayoi geführt hatte, und seinem eigenen als Hundedämon, ja, Daiyoukai, lagen buchstäblich Welten, die er nur behutsam und mit im wahrsten Sinne des Wortes Liebe hatte überbrücken können. Wenn es niemand vermocht hatte Inu Yasha diese Brücken zu bauen … Nun gut. Myouga hatte es anscheinend versucht. Aber, dazu kannte der Taishou den kleinen Flohgeist zu lange, es war wohl beim Versuch geblieben. Armer, alter Myouga. Ja, alt. Er war vor dreihundert Jahren bereits in einem für solch kleinen Geister fortgeschrittenen Lebensalter gewesen. Inzwischen musste er noch gesetzter geworden sein.

Ob der alte Trick noch funktionieren würde? Mit einem leisen Lächeln hob der Taishou die rechte Klaue. Es schien ewig her zu sein, dass er Aufrufzauber benutzt hatte. „Guten Morgen, Myouga.“

 

Der alte Flohgeist hatte bereits um ein Haar einen Herzinfarkt bekommen, als er die mächtige Magie spürte, die ihn rief, um wie viel mehr jetzt in den Fingern eines Daiyoukai. Im nächsten Moment erkannte er ihn – und wusste erst einmal nicht, was er tun sollte. War er jetzt etwa gestorben? Gleich. Es war sein geliebter Herr und er brach in Tränen aus. „Oyakata-sama!“ Ohne weiter nachzudenken flog er förmlich gegen das Schulterfell, weinte hemmungslos, als er spürte, wie real das war. Wenn das die Hölle war, er würde jederzeit gerne wieder sterben.

„Myouga.“ Der Herr der Hunde pflückte den Flohgeist von seiner Schulter, ehe der sich noch weiter und damit auch ihn blamierte. Möglichst noch in sein Fell schnäuzte. Zielsicher schnipste er ihn zu seinem Jüngsten. Wie er es erwartet hatte, fing Inu Yasha den noch im Flug ab. Ja, Myouga hatte sich um den Welpen gekümmert, wohl alles getan, was in seinen schwachen Kräften stand.

 

„Hallo, Myouga-jijii,“ meinte der Hanyou, wenngleich ein wenig erstaunt.

Onkelchen – das war kaum die passende Anrede für einen Lehrer, dachte der Taishou. Andererseits bestätigte das nur seinen Verdacht, dass nach dem Tod der armen Izayoi Myouga für den Jungen die einzige Person gewesen war, zu der der Vertrauen fassen konnte.

Der kleine Flohgeist rieb sich den Kopf, als er sich umsah. Er war noch am Leben, das war Inu Yasha, das daneben Sesshoumaru und das da …. „Oyakata-sama!“

„Ja, wir wissen schon, dass chichi-ue ...“ Nur schön höflich bleiben, der Kerl hatte wohl echt was drauf. „Wieder lebt. Ich weiß nur nicht, warum du hier bist.“

Das wusste Myouga auch nicht, war sich jedoch sicher, dass der Herr das wusste. So blickte er hoffnungsvoll auf die Schulterfelle und den Zopf. Er rieb sich einmal über das Gesicht. „Ich bin so froh Euch zu sehen, oyakata-sama. Was kann ich für Euch tun?“

Der Herr der Hunde wandte nicht den Kopf. „Maruishima.“

„Äh ...“ Myouga war erfreut, dass die alten Sitten zurück waren, aber auch, dass er gerade in der ausgestreckten Klaue des Hanyou der Familie saß. Leider besaß auch sein verehrter Herr manche Eigenschaft, die sein Nachwuchs geerbt hatte – wie Impulsivität. Aber das würde er nie auch nur denken. „Eine magische Insel im Nordwesten, soweit ich mich erinnere. Ein Daiyoukai lebt dort, der sie schützt und bewacht. Nagano, denke ich, heißt er.“

„Er lebt nicht mehr,“ kommentierte Inu Yasha sofort. „Was kann der Typ?“

Aha? Ein toter Daiyoukai und sein Herr wieder lebendig? Was war nur los? Aber es ziemte sich eine Antwort. „So genau weiß ich das nicht, Inu Yasha-sama. Nur, dass er, auch aufgrund der Insel über wirklich bemerkenswerte Fähigkeiten über Bannkreise verfügt.“

„Nagano,“ meinte der Taishou langsam, ohne sich umzuwenden. „Ein guter Schwertkämpfer?“

„Nein, oyakata-sama,“ beteuerte Myouga sofort. „Ich glaube nicht, dass er überhaupt über eine Waffe verfügt, ich meine, verfügt hat. Soweit ich mich entsinne ist er sehr lang gewesen, eher eine Schlange. Ohne Hände.“

Inu Yasha verzog das Gesicht. „Onigumo hat sich aber einen hübschen Partner ausgesucht. Eine zauberkundige Riesenschlange. Na, ob dem das hilft?“

 

Bitte schön, dachte der große Bruder prompt. Kein Benehmen. Man griff weder seinem Vater noch dem Heerführer vor, solange dieser nicht das Ergebnis seiner Überlegungen ausgesprochen hatte.

 

Myouga winkte denn auch fieberhaft und deutete nach vorn, wo der Hundefürst allerdings sich nicht umdrehte, sondern nur sagte: „Ich kann mich nicht entsinnen dich nach deiner Meinung gefragt zu haben, Inu Yasha.“

Der Hanyou öffnete schon den Mund zu einer Erwiderung, bemerkte dann das hektische Kopfschütteln des Flohgeistes. Na, das konnte ja wirklich eine tolle Reise werden, wenn ihm hier der Mund verboten wurde. Aber, das wäre eine Erklärung dafür, dass sich Sesshoumaru immer so schweigsam verhielt. Und ja, irgendwann in Kleinkindertagen war ihm das auch eingeschärft worden, dass man in Gegenwart von Erwachsenen nicht ungefragt redete. Aber, das hier war doch immerhin sein Vater, da … Er bemerkte gerade noch rechtzeitig den durchaus amüsierten Seitenblick seines Halbbruders und schloss den Mund lieber wieder. Der Hundeidiot wartete ja förmlich auf einen Patzer seinerseits. Und darauf, noch einmal so zu Boden geknallt zu werden, konnte er auch verzichten. Das konnte er sich von Sesshoumaru vermutlich die nächsten Jahrhunderte anhören. Youkai schienen da noch mal viel strenger zu sein als Menschen. Obwohl – Vater war anscheinend wirklich ein sehr, sehr ranghoher Youkai. Selbst als Daiyoukai noch immer Top. Der war schlicht nicht gewohnt, dass ihm jemand was sagte. Wie der wohl mit Kagome zurecht kommen würde? Die geigte immerhin jedem ihre Meinung. Obwohl, selbst sie hatte sich gegenüber dem ehemals verstorbenen Taishou …. wie blöd sich das selbst in Gedanken anhörte…. vorsichtig gewesen.

 

Zufrieden, dass hinter ihm Schweigen herrschte, erkundigte sich der Taishou: „Myouga, Toutousai lebt noch?“

„Ja, oyakata-sama.“

„Gut. Er liegt auf unserem Weg. Du und er habt es wohl samt Saya geschafft So´unga und die anderen Schwerter wie geplant zu versiegeln.“

„Ja, oyakata-sama.“

„Gut gemacht.“

„Danke.“

Inu Yasha bemerkte, dass der alte Floh fast wieder in Tränen ausbrach. Ach du je. Das war eine anscheinend normale Unterhaltung? Ja, sogar eine, die immerhin zwischen dem Feldherrn, oder war es doch ein Fürst, und seinem Berater geführt wurde? Aber er entsann sich durchaus an Frauen, die sich vor seiner Mutter verbeugten, eine, die sich sogar stets vor ihm verneigt hatte, mit dem Zusatz: Prinz. Ja, genau. Das hatte er komplett vergessen gehabt. Darum also auch immer das Inu Yasha-sama von diesem alten Flohgeist.

 

Sesshoumaru beschloss trotz der zuvor erfolgten Ermahnung, die ja immerhin nur dem Hanyou gegolten hatte, seine Meinung zu sagen. „Bei allem Respekt, chichi-ue, aber ich glaube Toutousai ist nicht mehr auf der Höhe der Euch bekannten Fähigkeiten.“

„Was bringt dich zu dieser Annahme?“

„Sein Gedächnis lässt nach.“

Da blieb der Inu no Taishou stehen und wandte sich um. Um seinen Mund zuckte eine Heiterkeit, die bei seinem Ältesten jeden Augenzeugen dazu gebracht hätte sich zu Boden zu werfen und rückwärts aus dem Blickfeld zu robben. „Er hat sich schon immer nur an das erinnert, an das er sich erinnern wollte, mein Sohn. Wolltest du etwas von ihm? Und er wollte es nicht?“

Dazu schwieg er wohl besser. Der jüngere Daiyoukai bemerkte plötzlich das durchaus heitere Grinsen seines Halbbruders und reagierte prompt. „Als ob ich sein Schwert gegen dich je benötigt hätte!“

Inu Yasha sah das als die gemeinte Herausforderung. „Das können wir gern feststellen.“

 

Da seine beiden Söhne auseinander sprangen und bereits zum Schwert fassten, griff der Taishou lieber ein, sachlich und kühl. „Der Erste von euch beiden, der zieht, darf sich einen Übungskampf mit mir liefern.“ Was für jugendliche Hitzköpfe! Kein Wunder, dass Emna Daio die Zwei nicht auf eine Mission schicken wollte ohne eine Aufsichtsperson dabei zu haben. „Denn ich nehme selbstverständlich an, dass ihr nur an einem Übungskampf Interesse habt.“

Sesshoumaru entspannte sich. „Ja, verehrter Vater.“ Keine Blamage vor den Augen des Jüngeren. Und möglichst noch Ärger mit den Auftraggebern im Jenseits.

Auch Inu Yasha dämmerte es, dass ihr beider Erzeuger kaum Däumchen drehend daneben stehen würde, wenn sie sich gegenseitig an die Kehle gingen. Überdies würde das wohl auch im Jenseits auf nicht so große Begeisterung stoßen, würde er seinen Vater auch nur ernsthaft mit einer Gegenwehr verletzen, geschweige denn umbringen. Immerhin war der wieder belebt worden um einen Auftrag zu erfüllen. Kagome hatte gesagt, dass das Ärger mit ganz oben bringen konnte – und man musste sich ja nicht das eigene Nachleben versauen. So zuckte er die Schultern. „Äh, war nur eine Idee.“

Zufrieden damit, die Zwei zur Räson gebracht zu haben, und ignorierend, dass Myouga sich schüchtern und den Schweiß von der Stirn wischend wieder auf die Schulter des Hanyou begab, wandte sich der Hundefürst um und ging weiter.

 

Da schien ja einiges unerwartet gelaufen zu sein. Nicht nur, dass sich die Jungs nicht so verstanden, wie sie sollten, auch Sesshoumaru schien deutlich selbstständiger und impulsiver zu sein, als er das bei dessen Mutter erwartet hätte. War diese etwa auch gestorben? Ein paar Jahrhunderte waren auch in der Welt der Lebenden und selbst für eine Daiyoukai eine lange Zeit. Oder, auch das war möglich, sein Ältester hatte sich abgesetzt, nun, um es klar zu sagen, er war desertiert. Sie konnte das Schwebende Schloss nur in gewissem Umfeld verlassen – Sesshoumaru stand ganz Japan frei. Nur, warum hätte er das tun sollen? Dort war er der Schlossherr, der Gebieter. Stattdessen mit einem Kappa und einem Menschenmädchen durch die Lande zu ziehen, war doch schlichtweg närrisch. Und genau das war der Junge eigentlich nicht. Es musste einen, für ihn sehr guten, Grund gegeben haben. Er sollte mit Toutousai und Myouga reden, wenn sie bei dem alten Schmied angekommen waren. Natürlich außer der Hörweite seiner Söhne.

 

Inu Yasha stellte unterdessen für sich fest, dass diese Reise wohl nicht nur für ihn unerwartete Haken bot, sondern auch für den so innig geliebten Halbbruder. Noch Stunden, ja, Minuten zuvor, hätte er nie geglaubt, dass der diese Worte über sich bringen würde. Bei allem Respekt, verehrter Vater …. Das konnte noch richtig unterhaltsam werden. Leider bedeutete das auch, dass er selbst sich zusammenreißen musste, um nicht gerade am eigenen Leib was abzubekommen, was auch immer. Aber das konnte den einmaligen Spaß wert sein.

 

Sesshoumaru seufzte in Gedanken. Natürlich Myouga und Toutousai. Fehlte nur noch dieser Saya, dann war Vaters alte Truppe wieder beisammen. Hoffentlich wenigstens nicht der. Nein, der sollte ja bei So´unga sein, war der Geist der Schwertscheide. Schön, das konnte man abhaken.

Immerhin konnte diese Reise doch etwas Unterhaltung bieten, denn sein kleiner Bruder grinste schon wieder so. Der würde Selbstbeherrschung nicht lange durchhalten. Zugegeben, Vater war bereits tot gewesen und Izayoi hatte es kaum vermocht einen Halbdämonen stundenlang in einem eisigen Gebirgsbach baden zu lassen, wie seine Mutter bei ihm. Es wäre jedoch ungemein interessant zu sehen, was Vater zu diesem Thema einfallen würde. Bei Menschen, das hatte er auf seinen Wanderungen der letzten Jahre gesehen, waren schwere Strafen ja ebenso üblich wie unter Youkai – auch, wenn er doch glaubte, dass Ungehorsam bei einem Sohn ja nicht allzu hart bestraft werden würde. Wenn man die erste Strafe akzeptierte.

Er entsann sich ungern einer Lektion, die der Herr aller Hunde ihm aufgetragen hatte, als er auch nur versuchte zu widersprechen. Allein sein verschmortes Fell, ganz zu schweigen von anderen Körperstellen, hatte ihm den Weg in diese Vulkanspalte nicht eben einfach gemacht. Immerhin war es ihm gelungen befehlsgemäß diese Perle zu finden und zurück zu Vater zu bringen, der ihm zu allem Überfluss aufgetragen hatte, sich bei diesem uralten Berggeist, oder was auch immer, von Hosenki zu entschuldigen. Das Ganze war nur passiert, weil er etwas zu vorlaut seiner Meinung über diesen in der Hörweite des Hundefürsten Laut gelassen hatte. Und, zugegeben, dann auch noch widersprechen wollte. Vater hatte ihn mitgenommen und ihn schlicht vor die Wahl gestellt diese Perle, die er in den Krater warf, wiederzubeschaffen, oder er würde ihm im im wahrsten Sinne des Wortes vor Hosenki und dem gesamten Heer über das Knie legen. Gegen diese Demütigung war ihm der Krater dann doch als die vernünftigere Lösung erschienen, zumal er nicht daran zweifelte, dass er sich in einem solchen Fall auch noch selbst auskleiden musste. Nun, mal sehen, was so einem Hanyou zustoßen konnte.

 

 
 

Toutousai


 

N

ach mehr als drei Tagen und Nächten in mehr oder weniger Schweigen erreichte die Reisegruppe den langgestreckten Fuß eines Vulkans. Die Bäume hier wuchsen deutlich spärlicher, manch einer war von den Hitzeschwaden, die hier immer wieder aus der Erde drangen, schwarz versengt worden. Der Hundefürst sprang jedoch unbeirrt voran, zum einen nach den letzten Tagen sicher, welches Tempo auch sein Jüngster mithielt, als auch einem vertrauten Pfad aus seiner Erinnerung folgend.

 

Besagter Hanyou war etwas genervt. Kaum, dass er zum Reden gekommen wäre, oder auch nur zum Fragen. Sie waren permanent gelaufen. Mit Sesshoumaru zu sprechen war absolut sinnlos, und, wenn er das so richtig einschätzte, mit seinem Vater auch. Ungefragt was von sich zu geben war ja anscheinend verboten. Mit Onkelchen zu reden und sich ein paar Informationen zu holen, war nutzlos. Der hockte auf seiner Schulter und starrte den Rücken des Taishou seit Tagen an wie Jaken Sesshoumaru. Widerlich, geradezu. Als ob diese kleinen Geister dermaßen beglückt davon wären, von so jemandem auch nur in der Nähe geduldet zu werden. Sollte er denn etwa auch dafür dankbar sein, dass die hohen Herren einem Hanyou erlaubten mit zu wandern? Keh! Wer war er denn! Sein Blut war doch wirklich nicht schlechter als das ihre – was natürlich auch an dem Kerl lag, dessen Rücken er langsam auswendig konnte. Und, zugegeben, der trug zwei so Schwänze wie sein lieber Halbbruder ja nur einen. War das ein Statusabzeichen? Und wieso hatte er selber dann keine Boa? Weil er eben doch nur was Halbes war? Hatte er deswegen das nie verliehen bekommen? Oder weil Vater schon tot gewesen war? Oder war das gar angewachsen? Von Geburt an? Er musste seinen Impuls unterdrücken an den zwei Boas vor ihm oder auch nur an der Sesshoumarus zu zupfen.

Ja, hier ging es jetzt hoch zu Toutousai. Hier hatte er immer die Menschen zurückgelassen. Nur, warum blieb jetzt hier auch Vater stehen und drehte sich um?

 

„Ich gehe allein weiter,“ sagte der Taishou. „Myouga, du folgst mir in einer halben Stunde. Ihr Zwei könnt euch erholen – und folgt in drei Stunden. Bis dahin, oder ich früher zurück bin,“ fuhr er etwas nachdrücklicher fort: „Kein Streit, keine Waffen, außer ihr werdet von irgendjemand anders angegriffen. Verstanden?“ Er sah sich gezwungen das höfliche Kopfsenken aller beider abzuwarten. Bei den wenigen Pausen hatte er durchaus die ab und an ausgetauschten Blicke bemerkt. Sie warteten auf etwas. Und er konnte sich nur ausmalen, auf seine Abwesenheit, um das von ihm unterbrochene Duell fortzusetzen. Nichts, was er brauchte – zumal bei dem Auftrag, der von ihnen Dreien lag. Zunächst jedoch musste er wissen, was es alles mit seinem neuen Schwert Tsurugi-hime auf sich hatte. Toutousai war nicht nur ein Meisterschmied, sondern er konnte auch in anderen Klingen lesen.

So eilte er mit weiten Sätzen den Berg hinauf. Bald schon hörte er das gleichmäßige Schlagen eines Hammers. Ah, darum war er noch nicht bemerkt worden. Solange Toutousai schmiedete, konzentrierte er sich ausschließlich auf sein Werkstück. Wer den wohl dazu gebracht hatte für ihn etwas herzustellen? Sein alter Freund war ein wunderlicher Kauz, der nur für jemanden seine exzellenten Werkstücke herstellte, den er mochte.

Und ja, da saß er, noch immer vor der knöchernen Hülle des längst verstorbenen Wals. Feuer, angeheizt aus dem eigenen Mund, zeigte nur zu deutlich, dass auch Toutousai ein Youkai war. Der blickte nicht auf und so machte er den letzten Sprung.

 

Jetzt erst entdeckte der alte Schmied vor sich schwarze Schuhe, weiße Beinkleider. Ohne weiter aufzublicken: „Hast du schon wieder dein Schwert ruiniert, Hundebengel?“ Allerdings nahm er den Hammer vorsorglich beiseite. Sesshoumaru neigte zu nichts anderem als gewalttätigem Handeln, wenn man ihm widersprach. In der nächsten Sekunde hätte er sein Werkzeug allerdings fast fallen gelassen, denn sein Blick glitt höher, deutlich rascher, als er zwei Boas erkannte. „Oyakata-sama!“ Das war zwischen Ungläubigkeit und Freude.

Der Taishou ließ sich ungezwungen nieder. „Kümmere dich um das Schwert. Es wäre schade eine solche Klinge wegen mir zu missachten.“

„Natürlich. - Ich ….Ihr seht sehr gut aus.“

„Ich sehe lebendig aus, Toutousai. Und das bin ich. Während du schmiedest, erzähle ich dir.“

„Danke, oyakata-sama.“ Ha, er würde ohne weitere Nachfrage seine Neugier gestillt bekommen! Sekunde. Dann wollte doch dieser alte, raffinierte, Hund etwas von ihm?

 

Nachdem der Schmied sorgfältig das noch glühende Metall in seinen Umschlag aus Lehm und Stroh gepackt hatte, sah er auf. „Unglaublich, aber wahr. Nun gut. Was willst du jetzt von mir? Und erzähle mir nicht, du hast, nur um mich wieder zu sehen, den Weg auf dich genommen.“

Der Taishou blieb gelassen. „Zwei Punkte, Toutousai. Erstens, wenn meine Söhne dabei sind, sprichst du mich an, wie es sich gehört. Zweitens ...“ Er griff über seine Schulter. „Das hier ist Tsurugi-hime. Diese Klinge wurde im Jenseits für mich und diesen Auftrag geschmiedet. Was kannst du mir über sie sagen?“

„Eine tsurugi, oder wie manche sagen, ken-Klinge.“ Der dämonische Schmied nahm das Schwert. „Natürlich. Mit so etwas Neumodischem wie einem katana gibst du dich nicht ab. - Hm. Zweiseitige Schärfe, die Spitze abgesetzt, sehr gute Arbeit. Wirklich. Keine Blase, kein Aufwurf. Guter Schmied. Nicht einmal eine Ziselierung um den eigenen Fehler zu vertuschen. Das da drin allerdings – hu. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass das die Klinge eines liederlichen Schülers von mir ist ….mein talentiertester Schüler, aber auch mein größtes Versagen. Er schmiedete für deinen älteren Bengel ...“ Er ignorierte das Zusammenziehen der Augen seines Gegenübers besser. „Ein Schwert namens Tokejin. Allerdings schaffte er es, dass ihn diese Klinge übernahm. Ein schlechter Schmied, der sich von seiner eigenen Klinge übernehmen lässt. Nun gut. Inu Yasha ging dazwischen. Tokejin versuchte ihn zu übernehmen, aber dann tauchte Sesshoumaru auf, der sich als der Auftraggeber entpuppte. Wirklich, Taishou, ich warnte ihn, dass ihn das Schwert auch übernehmen würde, aber er fragte nur zurück für was ich ihn eigentlich halte – und er nahm es und verdrängte den bösen, rachsüchtigen, Geist darin. Nun, nichts, was ich gut fand. Rachsucht und Zorn zu verdrängen gelingt meist nur mit eben dem.“

„Tokejin zerbrach. Und es ist mit darin.“ Toutousai hatte wahrlich nichts verlernt. Nur, warum sollte Sesshoumaru zornig oder rachsüchtig gewesen sein? „Was noch?“

„Schwer zu sagen. Natürlich liegt immer noch Zorn darin, das wird nie verschwinden. Aber du hattest schon recht. Es ist noch etwas anderes dabei. Etwas, was ich aber kaum sagen kann. Es wurde im Jenseits geschmiedet. Aber Tenseiga ist es nicht, nein. So´unga – den Göttern sei dank – auch nicht. Jedenfalls wird diese Klinge dein Youki bündeln, übertragen. Und, ich denke, die Wenigsten wollen sich dir damit gegenüberstellen. - Oh, Myouga.“ Denn der Flohgeist kam, getreu seiner Anweisung, und landete neben seinem Herrn.

„Euer neues Schwert, oyakata-sama.“ stellte er fest. Das er natürlich bereits tagelang in der Scheide gesehen hatte. Aber so – eine magische Klinge. Ohne Zweifel. So fuhr er nur etwas spöttisch fort: „Kannst du ihm was dazu sagen, Toutousai?“

„Ich war dabei, du Floh,“ gab der Schmied keinen Deut sachlicher zurück. „Diese andere Art von Magie, oyakata-sama – sie soll etwas bewirken, mächtig, aber ich sehe nicht was. Es muss eben etwas aus dem Jenseits sein. Und, selbst wenn ich Tenseiga schmieden konnte, das ist doch recht … naja, hochgestochen.“ Der alte Youkai kratzte sich auf dem Kopf. „Aber ja, ich denke, es passt. Schwerterprinzessin. Warum auch immer das eine weibliche Klinge sein soll. Die Meisten haben doch männliche, oder, nennen wir es, ihren Zweck bezeichnende Namen.“

„Nun, es fiel mir ein.“ Der Taishou nahm sein Schwert und schob es in die Scheide. „Ich denke jedoch, ihr zwei solltet mir ein bisschen etwas mehr über meine Söhne erzählen – vor allem über Inu Yasha. Ja, das mit der Jagd nach dem Juwel der vier Seelen habe ich gehört – aber wieso kamen die Zwei auf den närrischen Einfall sich um Tessaiga zu prügeln? Noch dazu im Jenseits und zu allem Überfluss in meinem Körper? Hatte ich euch nicht den Auftrag gegeben, Tessaiga zu versiegeln und war nicht Hosenki euer Ansprechpartner?“

Die beiden alten Dämonen tauschten einen Blick, ehe Myouga hastig sagte: „Ja, genau, oyakata-sama. Während ich mit Saya So´unga in den endlosen Brunnen stürzte, ging Toutousai zu Hosenki, natürlich, nachdem er Tenseiga an Bokuseno gegeben hatte.“

„Bokuseno.“ Der Hundefürst hatte für einen Moment tatsächlich das Bild des alten Baumgeist vor sich, der an einem Ast das Schwert des Lebens trug und nicht so sicher war wie Sesshoumaru darauf reagieren würde. „Was lief also schief?“

„Nun ja,“ seufzte der Flohgeist, der erkannte, dass sich der Feigling von Toutousai aus der Sache heraushalten wollte. „Sesshoumaru war nicht … nun ja, er war nicht begeistert von einem Schwert, das nicht töten konnte.“

„Das war der Plan,“ erklärte der Taishou mit einem Blick auf den Schmied.

Der seufzte nur, fast ebenso tief wie der Flohgeist.

Schön, dachte der Herr der Hunde. Hier gab es wohl kaum einfach so Antwort. Ohne weiteres Wort ließ er sein Youki ansteigen.

 

Mehr als unglücklich spürten es die Beiden. Die Temperatur schien deutlich abzukühlen, während sich um sie ein Knistern ausbreitete, das nicht von dem mittlerweile klein gewordenen Schmiedefeuer kam. Und beide spürten, wie ihre sowieso schon schütteren Haare begannen sich unter der Energie zu krümmen.

„Ja, schon gut, oyakata-sama,“ beteuerte Myouga. „Ich bewachte also Euer Grab hier im Diesseits, wie es Euer Befehl gewesen war, und besuchte auch immer wieder Izayoi-sama mit ihrem Kind. Nach ihrem Tod natürlich nur noch Inu Yasha-sama, was sich als relativ schwer herausstellte, denn der Kleine war dauernd quer durch Japan unterwegs. Als ich wieder bei Euch, also, bei Eurem Grab, war, kam Sesshoumaru vorbei und, da er mit sich selbst sprach, erkannte ich, dass er nach Tessaiga suchte. So wollte ich Inu Yasha informieren, aber der hatte von diesem Schwert keine Ahnung oder es war ihm egal.“

Myouga war folglich überfordert gewesen. Der Blick des Taishou glitt zu Toutousai.

So meinte der eilig: „Nach Eurem Tod … Ich ging zu Hosenki und der gab mir die schwarze Perle. Es dauert eine Weile, bis wir Tessaiga darin versiegelt hatten, aber dann wollte ich zu Izayoi-sama gehen. Da war sie allerdings schon tot. Und dann den Jungen zu finden, ohne dessen Wissen das zu versiegeln ...Naja.“

„Sie haben ihn tatsächlich nach dem Tod der Mutter sofort in die Wildnis geschickt.“ Der Herr der Hunde war betroffen. Das erklärte die gewisse Aggression des Jungen ihm gegenüber mehr als nur schlichter Machtwille.

„Sie haben ihn nicht eigenhändig umbringen wollen,“ erklärte Myouga. „Ihr wisst ja, dass so etwas verboten ist.“

Wenn er gewusst hätte, was er mit seinem Tod auslöste … „Weiter, Toutousai. Ihr habt Tessaiga in Inu Yashas Auge versiegelt. Sesshoumaru suchte es.“

„Äh, genau weiß ich nicht, was dann passierte,“ beteuerte der Schmied hastig.

Der Flohgeist erkannte, dass er schon wieder fällig war. „Also, nach dem, was mir Inu Yasha erzählte, kam Sesshoumaru bei ihm vorbei und wollte Tessaiga.“ Hm, besser nicht erwähnen, dass dieser angeblich Izayoi aus der Unterwelt geholt hatte um ihren Sohn zu erpressen. „Äh, ja. Da das Inu Yasha nicht wusste, holte Sesshoumaru mit Magie die Perle aus dessen Auge und verschwand dann in dem Portal. Inu Yasha sprang hinterher, samt Kagome.“

Kagome? Der Taishou horchte auf. Das war doch diese menschliche Priesterin? Sie musste seinen Jüngsten wirklich lieben, um blindlings mit dem in die Unterwelt zu springen.

„Äh, ja,“ fuhr Myouga fort, sich einen Schweißtropfen von der Stirn wischend. Wie erklärte man einem Vater so etwas? „Sesshoumaru konnte Tessaiga aufgrund des Bannkreises nicht berühren. Dann, äh, kämpften sie.“

„Moment. Sesshoumaru und Inu Yasha kämpften – ohne Waffen?“ Das erklärte seinen Zustand nicht.

„Zunächst, aber dann, Inu Yasha war wohl am Verlieren, gelang es Kagome Tessaiga zu ziehen und Inu Yasha zu geben. Sesshoumaru verwandelte sich daraufhin in seine wahre Gestalt. Es … es war wohl recht schwierig, aber letztendlich gelang es Inu Yasha seinem Halbbruder den linken Vorderlauf abzuschlagen.“

Beider Vater nahm das zur Kenntnis. „Er hat wieder beide Arme.“ Youki- Heilungen waren wirklich etwas Bewundernswertes.

„Äh, ja, das dauerte nur ein bisschen. Aber sie gelangten alle wieder heil zurück in diese Welt. Und etwas später, das war schon auf der Jagd nach Naraku, trafen sie sich erneut bei Eurem Körper.“

„Sie kämpften?“

„Nicht gegeneinander, also, nicht so richtig, da kam Naraku ja auch vorbei ...“

„Schön. Und jetzt eine Antwort, Toutousai. Wie oft kämpften sie gegeneinander?“

Der Schmied kratzt sich erneut am Schädel. „Im Jenseits zwei Mal, ja. Und hier ...also, tödlich gemeint ….ach du je. Schwer zu sagen. Die letzte Zeit aber nur mehr ...nun ja. „

Ein Knurren des Herrn der Hunde und ein erneutes Knistern ließ die beiden alten Freunde dann allerdings eine Kurzfassung abgeben. Immerhin, erkannte der Taishou, deckte sich das im Großen und Ganzen mit dem, was die Menschen ihm erzählt hatten. Und, da gab es wohl einiges zu bereinigen. Arme Welpen.

 

Inu Yasha setzte sich an einen Baum, nachdem er Tessaiga abgezogen hatte. Drei Stunden Pause, ja? Klang schon mal gut. Die letzten Tage war er kaum zum Schlafen gekommen. Er registrierte einen Blick seines Halbbruders. „Ja, ich werde schlafen. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, wenn es so richtig losgeht sollte ich fit sein Aber jeder, wie er es mag, hm?“

Der Kerl verließ sich darauf, dass er ihn nicht schlagen würde! Aber, nun ja, wenn Vater zurückkehrte und sie bei einem Kampf ertappte … So entschloss sich der große Bruder zu „ignorieren“. Sollte der Hanyou doch schlafen, wenn dieser es bei seiner schwachen Konstitution benötigte. Er selbst würde stehen bleiben und höchstens ein wenig meditieren um sich zu sammeln und kampffähig zu werden. Schließlich wollte er sich nicht unter den Augen seines verehrten Vaters blamieren.

 

Myouga wandte nervös den Kopf und wollte bereits auf die Schulter seines Herrn springen, als der Taishou sagte: „Nun, sie sind pünktlich.“ Und fügsam, aber das musste er nicht aussprechen. Immerhin schienen beide trotz allem, was in den vergangenen Jahrhunderten geschehen war, ihm einen gewissen Gehorsam – Sesshoumaru – entgegen zu bringen, oder ihn zumindest kennenlernen wollen, Inu Yasha. Und da gab es wohl noch einiges, ehe sie wirklich gemeinsam, als Einheit, in einen Kampf gegen einen derartigen Gegner ziehen konnte. Wenn sich diese unselige Seele von Onigumo mit einem Daiyoukai verschmolzen hatten und, wer wusste was, noch angestellt hatte, war das sicher kein einfacher Gegner, für keinen von ihnen. Zu zweit oder dritt würde es sicher gehen. Hm. Es bot sich an, Toutousai zu benutzen. „Wenn die Jungen hier sind, richte ihre Schwerter auf besten Kampfmodus. Und gib mir Tsuruki-hime wieder.“ Als das Schwert in der Scheide ruhte – und er hätte schwören mögen, dass es entspannt und zufrieden war, wandte er den Kopf, wo sein Nachwuchs nebeneinander den Berg heraufkam, eine Sache, die dem Älteren missfiel, aber gegen die er nichts unternommen hatte. „Gut,“ sagte beider Vater daher nur. „Toutousai wird eure Schwerter bearbeiten. Und nein, ich denke nicht, dass sie es nicht nötig haben!“ setzte er etwas nachdrücklicher hinzu. Zum Einen war das seine Überzeugung, zum Zweiten – man hinterfragte den Befehl eines Fürsten nicht einmal in Gedanken. Beide waren bereits dabei gewesen ihn anzustarren.

So neigte Sesshoumaru etwas den Kopf, ehe er Bakusaiga zog und sich niederließ.

Der alte Youkaischmied nahm die Klinge behutsam, sicher, dass ihn nur die Gegenwart des Taishou davon abhielt soeben filetiert zu werden. „Gutes Material, guter Stahl. Wird ein wenig brauchen, da es offenbar noch nie gefegt wurde. Aber danach hast du eine wirklich tödliche Klinge.“ Er blies sein Feuer wieder an.

 

Der Herr der Hunde erhob sich, sicher, dass sein Ältester sein Schwert nie aus den Augen lassen würde. „Inu Yasha.“ Er ging.

Der Hanyou folgte ein wenig überrascht, aber gehorsam. Hatte Kagome etwa recht und auch sein Vater wollte ihn kennen lernen? Er sollte ihm wirklich eine Chance geben, da hatte sie wohl recht. Wie weit wollte der allerdings noch laufen? Oh, natürlich, bis Sesshoumaru nichts mehr hören konnte, zumal mit dem Feuer und dem Hammer. Da der Taishou stehen blieb und sich umwandte tat er es auch, steckte aber in irgendeiner Mischung aus Nervosität und Aggression die Hände in die Ärmel – nur, um sie wieder herauszuziehen, als er die ein wenig hochgezogen Brauen des Hundefürsten bemerkte. Sollte er sich jetzt hier immer aufführen, als wäre er bei Hofe? Zugegeben, in Anwesenheit eines Fürsten war man immer bei Hofe, ja, flüsterte ihm eine Stimme aus der Vergangenheit zu. Aber er würde ganz sicher nicht zu Boden fallen und den küssen. So richtete er sich nur etwas auf.

Ahja. Das konnte schwieriger als erwartet werden. „Willst du mich etwas fragen, Inu Yasha?“ Das war doch wohl eine neutrale Frage.

Ja, vieles. Aber, wo jetzt damit anfangen? „Äh, wieso ...ich meine, Mutter sagte mir, Ihr wärt rechtzeitig gekommen, um uns zu beschützen, aber ….ich meine, Ihr wusstet doch, dass Geburtstag ist!“

„Ich kam rechtzeitig um euch zu beschützen. Nicht rechtzeitig, um die Verletzungen zu überleben, die mir Ryuukossusei geschlagen hatte.“ Das klang ruhig. Anscheinend hatte der Junge immer nur von Izayoi und Myouga Bruchstücke erzählt bekommen – und sich den Rest zusammengereimt. Das wäre natürlich auch ein Grund für dessen Ärger.

„Ja, äh, vermutlich ist das schon wieder unhöflich ….“ Aber Inu Yasha fand Mut in der bisherigen Ruhe seines Vaters. „Ich meine, ich habe den Kerl zerlegt! Und Ihr …. Ihr hattet doch So´unga.“

Oh, das war allerdings eine berechtigte Frage. „Du hattest Tessaiga. Ich kämpfte gegen ihn, wie es sich gehörte, da er kein Schwert tragen konnte – Hund gegen Drache, rohe Kraft gegen rohe Kraft.“

„Er war stärker?“

Der Taishou stellte fest, dass ihm die Ungläubigkeit dieser Frage doch schmeichelte. „Nein. Aber diese Schuppen bildeten ein wirkliches Problem.“

„Ja, ich weiß,“ murmelte Inu Yasha. Aber er hatte doch gar nicht anders gekonnt als sich diesem Drachen mit dem Schwert zu stellen. „Auch gegen Menomaru oder dessen Vater habt Ihr So´unga nicht eingesetzt.“

„Nein, auch wieder einen Bannkreis. Aber, woher weißt du das?“

„Ich habe Menomaru umgelegt, als der seinen Vater übernommen hatte. Ich meine, wieso muss ich hinter Euch aufräumen und nicht Sesshoumaru?“ Der Hanyou bemerkte, dass ihn sein Vater anstarrte. Das war wohl schon wieder zu viel gewesen? Immerhin war noch kein Youkiausbruch oder sonst was gekommen.

Au weia, dachte der Taishou. Es gab nur wenige Gegner, die er nicht umgebracht hatte, sondern versiegelt. Und ausgerechnet auf diese Zwei war der Kleine gestoßen, ja, hatte sie besiegt? Nun, abgesehen von der nicht unbedingt positiven Kindheit machte das auch keinen guten Eindruck von einem Fürsten, wenn dessen halbwüchsiger Sohn sich darum kümmern musste. Und das auch noch erfolgreich tat. „Ich bin dir natürlich keine Rechenschaft schuldig, Inu Yasha. Aber zunächst einmal: Ryuukossusei und Menomaru zu besiegen – dazu gehört schon was.“

Das klang schon mal gut und für einen Moment atmete der Halbdämon auf.

Da fuhr der Taishou fort: „Zumal als Hanyou.“

Inu Yasha erstarrte und fixierte sein Gegenüber. Sollte er oder er nicht?

Dem Hundefürsten wurde klar, dass das ein Tritt ein riesiges Fettnäpfchen gewesen war. Und, dass nur doch irgendwie erlernte Reflexe den halben Jungen vor ihm abhielten auf der Ferse kehrt zu machen, in sein Dorf zurück zu gehen – und ihn samt Aufgabe zu vergessen. Das würde ihm Emna Daio nie verzeihen, und er sich selbst auch nicht. Wie bekam er nur dieses schwierige Kind näher zu sich? „Was nur um so mehr zu bewundern ist. - Komm, gehen wir zu den anderen zurück. Tessaiga ist sicher fertig.“ Das konnte wahrlich noch eine komplizierte Reise werden.

 
 

Alte Bekannte


 

W

ährend Inu Yasha mehr als zwiespältig zu dem Feuer zurückkehrte, das Toutousai nach altgewohnter Manier anheizte und sein Halbbruder aufstand, sagte der Schmied nur: „Bakusaiga ist fertig, gib mir schon Tessaiga.“

Und der Taishou nickte nur in die Dunkelheit. Sein Ältester folgte. Nach einem Tete a tete mit Inu Yasha wollte Vater immerhin auch mit ihm reden – und er hatte ihm zuerst erlaubt Bakusaiga schmieden zu lassen. Er nahm keinen Moment an, dass Tsurugi-hime ein harmloses Schwert war. Es war für Vater in der Unterwelt gegen einen gefährlichen Gegner geschmiedet worden. Mächtiger Daiyoukai plus für den ausgerichtetes Schwert, noch dazu aus der Unterwelt …

Nach einer Weile drehte sich der Hundefürst um. „Du willst mich etwas fragen?“

Sesshoumaru zögerte kaum. „Tessaiga. Wieso er und nicht ich?“

Für einen Augenblick schloss der Taishou die Augen. „Nun, sag mir, warum du ein Schwert bekommen haben solltest, das dich beschützt? War das je nötig?“

„Das Halbblut hatte es nötiger, ja, das ist mir klar. Dennoch...“

„So`unga?“

„Ja.“

Das war ehrlich. „Sesshoumaru, damals wärst du nie im Stande gewesen das Höllenschwert zu beherrschen. Heute, möglich. Das war einer der Gründe, warum ich es in die Zeit reisen ließ. Hast du nicht einmal das verstanden.“ Da sein Ältester den Kopf etwas neigte: „Du solltest an Tenseiga viel lernen, was dir fehlte. Das hast du. Tessaiga dagegen war immer das Beschützerschwert. Ich wusste, dass ein Hanyou auf Probleme stoßen würde, gerade auch durch das unterschiedliche Blut. Es sollte ihn oder sie schützen. Vor sich selbst. Tessaiga war nie dazu gedacht die Machtphantasien eines Jünglings zu stillen.“

Das mochte ja alles sein, und schließlich war Vater ein genialer Feldherr gewesen, aber … „Und das Meidou? Warum erhielt ich nur die zweitrangige Klinge?“

„Dachtest du das? Nun, du denkst es wohl wirklich. Es sind Geschwister, ähnlich und doch verschieden, aber sicher gleichrangig. Ich bin dir keine Rechtfertigung schuldig, mein Sohn, darum nur so viel: als ich Tessaiga schmieden ließ, wusste ich nicht, ob das Kind Junge oder Mädchen wird. Tessaiga sollte versiegelt werden, um das Kind vor meinem Erbe zu schützen. Weißt du, was geschieht, wenn das Inu Yasha übernimmt? Nun. Falls es ein Junge würde, sollte der eines Tages auch mit dem Schwert kämpfen lernen, wenn er erwachsen wäre. Der Pfad der Dunkelheit ...nun, den wollte ich ihm selbst zeigen, denn nur ein Daiyoukai kann ihn meistern. Tenseiga und du wart der Notfallplan, falls ich nicht dazu kommen würde.“ Der Taishou bemerkte, dass dieses Wort nicht unbedingt auf Gegenliebe stieß. War das schwierig mit den Zweien. In den letzten Jahrhunderten ohne ihn war viel geschehen und er musste sich umgewöhnen. Es waren keine kleinen Kinder mehr. So fuhr er doch zu seiner gewissen Verteidigung fort: „Es ist sehr schwierig Dinge zu bedenken, die nach dem eigenen Tod erfolgen sollen.“

Das mochte stimmen, stimmte sicher, dachte Sesshoumaru, wenn er zugleich sich daran erinnerte, dass er noch überhaupt keinen Plan gemacht hatte. Aber er fühlte sich auch noch jung und unbesiegbar. Nun, er hatte auch geglaubt sein verehrter Vater sei unschlagbar. Und doch hatte das dieser Drache vermocht, den anschließend ausgerechnet der vorlaute Hanyou besiegt hatte. Vielleicht sollte er doch auch einmal an Rin denken? Chichi-ue hatte zugegeben Recht behalten: ohne seine Erfahrungen mit Tenseiga, dem Lernen in den Kämpfen mit Tokejin und gegen Naraku, wäre er nicht in der Lage gewesen den Pfad der Dunkelheit zu öffnen. Mit Tessaiga zu Beginn wäre er nie soweit an seine Grenzen gegangen, hätte nie den Status eines Daiyoukai erreicht. Ja, Vater hatte Recht. Und er sollte ihm beweisen, dass er nicht mehr der rebellische Jüngling war, dass er ein wahrer Daiyoukai war, sich seiner Verantwortung bewusst. Zugegeben, Inu Yasha war eine andere Sache. Daiyoukai hin oder her – kleine Brüder ärgern war doch bestimmt erlaubt.

 

„Du siehst so ernst aus, Inu Yasha,“ meinte der Schmied, ehe er kundig Tessaiga polierte. „Eiwei. Wann lernst du es nur einmal mit dieser Klinge umzugehen. Das ist eines meiner Meisterstücke!“

„Keh!“ Der Hanyou schob die Hände in die Ärmel. „Ich habe keinen Baum gefällt, wenn du das schon wieder sagen willst, Schwertbieger. Ich hätte gerade nur gute Lust nach Hause zu gehen. Aber dann kann ich mir vermutlich von der lieben Verwandtschaft die nächsten Jahrhunderte anhören, was ich für ein Feigling bin.“

„Ach du je.“ Myouga hatte es gehört und kam eilig angesprungen. „War das Gespräch mit dem Herrn nicht sehr … erfolgreich?“

„Er ritt darauf rum, dass ich ein Hanyou bin!“

„Das stimmt doch, oder?“ deutete der Flohgeist vorsichtig an, achtete jedoch darauf sprungbereit zu sein. „Und, es ist doch nichts schlimmes. Niemand weiß doch besser als Euer Herr Vater, dass Eure Mutter ein Mensch war.“

„Oh, super, du hast zwei Typen umgelegt, die ich nicht knacken konnte, obwohl du nur ein Hanyou bist.“

„Also, ich glaube, da habt Ihr etwas missverstanden, Inu Yasha-sama,“ protestierte Myouga prompt. „Das hat der Herr sicher so nie gesagt.“

Toutousai hob den Kopf und musterte den alten Flohgeist, den er seit Jahrhunderten kannte und durchaus schätzte, ehe er sich an dieses Hundebaby wandte. „Wirklich, da hast du was missverstanden. Bitte schön, wer hatte sich denn Ärger eingehandelt, weil er deine Mutter heiratete? Glaubst du nicht, dass ihm das durchaus Spott eingetragen hat?“ Wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Es gab schließlich einfachere Selbstmordmethoden als den Inu no Taishou vor dessen, nebenbei ausgezeichneten, Ohren zu beleidigen. Zugegeben, keine schnellere. Obwohl, bei Sesshoumaru konnte man da auch sicher sein, dass es sehr flott ging.

„Keh.“ Der Hanyou sah unzufrieden aus. „Mag ja alles sein, aber wieso sagt er nicht einfach, he, toll dich kennen zu lernen, nimmt mich in den Arm ….“

„Äh, er ist ein Youkai, noch dazu ein Daiyoukai,“ erklärte Myouga hektisch. Wie erklärte man dem Jungen nur die Unterschiede zwischen den Arten, ohne es sich dafür mit dem Taishou zu verscherzen? „Ich meine, könnt Ihr Euch vorstellen, dass der Herr Sesshoumaru in die Arme nimmt?“

Inu Yasha blinzelte, als er sich dieses Bild vorstellte, ehe er doch auflachte. „Da würde ich mich nur fragen, wer wen als erstes umbringt.“

Der Flohgeist bewies mit seinem nächsten Satz, warum er von einem der mächtigsten Daiyoukai als Berater angesehen wurde. „Überdies, bedenkt – der Herr war Jahrhunderte verstorben. Ich meine, ich weiß nicht, wie viel Zeit das im Jenseits ist, aber er hat hier einiges verpasst.“

Ja, das hatte Kagome ja auch gemeint. Und sie hatte gesagt, er solle dem Kerl eine Chance geben. Vielleicht war der echt so altmodisch, weil er stehen geblieben war? Er selber musste ja wirklich nur an seine eigene Zeit im Bann am Baum denken – da hatte er auch lange nicht verstanden, dass Kikyou schon fünfzig Jahre tot war, Kaede kein kleines Kind mehr … Ja, man bekam so einiges nicht mit. Und er war nicht mal im Jenseits gewesen. „Na schön, Onkelchen, dir zuliebe,“ murrte er, um kein Eingeständnis eines Nachgebens zu zeigen. „Immerhin habe ich die ganze Zeit auch ohne Vater überlebt, das könnte ich jetzt auch.“

„Natürlich, natürlich. Aber da ist dieser Auftrag aus dem Jenseits, nicht wahr?“ Und Ihr wollt Euch doch auch keinen Ärger mit ganz oben einhandeln, aber das verschluckte Myouga lieber. Das wäre der sicherste Weg den Hanyou aufsässig zu machen, gleich, was ihn das nach seinem Tod im Jenseits kosten würde. „Und es wurde sicher nicht ohne Grund um Euch drei gebeten. Es scheint ein sehr wichtiger, übermächtiger, Gegner zu sein.“

„Keh, wer auch immer soll sich mit mir anlegen? Oder auch mit meinem ach so lieben Halbbruder? Oder auch meinetwegen mit Vater?“ Geschweige denn mit allen Dreien?

„Naja, ein gewisses Selbstbewusstsein kann man dir nicht absprechen, Hundejunge,“ gab Toutousai zu, ehe er Tessaiga noch einmal prüfend musterte. „Hier. So gut es geht in der Nacht mit solchen Scharten. Keine Bäume, sagtest du.“

„Nein, Bambus.“ Inu Yasha erkannte, dass das auf den Schmied ungefähr die gleiche Wirkung hatte. „Da drin hatte sich so ein Wurmdämon versteckt, der ein Dorf angriff. Da er Menschen bei sich hatte, gefangen, musste ich direkt an ihn ran.“

 

Der Inu no Taishou und sein Ältester kehrten langsam und lautlos zurück. Der Vater sah beiseite. „Was ich dich noch fragen wollte: wie geht es deiner Frau Mutter?“

„Als ich sie zuletzt sah, ausgezeichnet, chichi-ue,“ antwortete Sesshoumaru wohlerzogen, in der stillen Hoffnung, dass das genügen würde. An dem etwas schräg geneigten Kopf erkannte er jedoch, dass da noch eine Ergänzung verlangt wurde. „Sie hat sich ihren Humor bewahrt.“

Um den Mund des Herrn der Hunde zuckte ein winziges Lächeln. „Lass mich raten: sie hat dich in die Unterwelt geschickt? Für das Meidou?“

Vater war leider alles, aber nicht töricht. „Ja.“

„Das hat sie mit mir auch getan – sie wollte diesen Anhänger. Ah, Tessaiga ist fertig. Dann gehen wir.“

 

Inu Yasha stand auf und schob sich sein Schwert ein. Er dachte gerade nicht richtig gehört zu haben. Sesshoumarus Mutter hatte ihren eigenen Sohn und auch ihren Ehemann in die Hölle geschickt und beide hielten das für eine Form von Humor? Anscheinend bestand wirklich ein gewisser Unterschied zwischen Youkai und Menschen, vor allem auch Müttern. Vielleicht sollte er dem Typen wirklich eine Chance geben und alles war irgendwie doch ein Missverständnis? Dann konnte er das „mal in den Arm genommen zu werden“ streichen. Aber abwarten. Er hatte auf die harte Tour schon lernen müssen, was Youkai von ihm hielten, nicht zuletzt dank seines Halbbruders. Und er wusste, fühlte es förmlich, dass der nur hoffte, er würde einen Patzer nach den Youkai-Regeln begehen, obwohl er sie ja gar nicht kannte, und bestraft werden. Nach dem ersten Auftritt ihres Vaters war das allerdings nicht mehr passiert, aber zugegeben, er selbst blieb ja auch relativ höflich und schweigsam. Fragte sich nur, wie lange er das noch durchhalten konnte. Es war anstrengend.

 

Der Taishou wandte sich um. „Das heißt, Myouga ...“

Der Flohgeist sprang eilig auf: „Ja, oyakata-sama?“

„Gehe doch in das Schwebende Schloss und teile der Herrin mit, dass ich wieder lebe.“

Myouga brach der Schweiß aus allen Poren. „Oyakata-sama,“ stammelte er irgendwie. „Ihr wisst, dass …“

„Sie wird dich nicht umbringen.“

Diesen Optimismus teilte der Sohn der besagten Dame weniger. „Chichi-ue, bei allem Respekt, aber meine verehrte Mutter wird das für eine schamlose Lüge halten.“ Leute, die nach ihrem Tod wieder auftauchten und keine Geister waren, waren seines Wissens rar gesät. Die folgende Frage traf ihn unvorbereitet.

„Hat sie einen neuen Gefährten?“

„Nein,“ erwiderte Sesshoumaru eilig und unterließ es darauf hinzuweisen, dass sich seine Mutter seit einigen Jahrhunderten bislang zu Recht als Witwe und Herrin aus eigenem Recht fühlte und sicher kaum das Bedürfnis verspürte sich erneut einem Mann unterwerfen zu sollen. Sie würde ihren Platz nur für ihn räumen, das war ihm schon lange klar gewesen. Allerdings sah die Lage nun ein wenig anders aus.

Hm. Der Taishou wandte sich an den sichtlich unglücklichen Flohgeist. „Nun gut. Bleibe hier bei Toutousai.“ Er wartete die Dankesbezeugung gar nicht ab, sondern ging.

Beide Söhne folgten ihm mehr oder weniger notgedrungen, zumal so nebeneinander.

 

Myouga atmete durch. „Das hätte ich nicht überlebt.“

„Vermutlich nicht,“ gab Toutousai zu, während sein Blick rasch zu der sorgfältig eingepackten Klinge glitt. „Sie hätte angenommen, dass du sie auf den Arm nehmen willst. Es ist ja auch, sagen wir, selten, dass jemand aus dem Jenseits zurück kommt.“

„Du hast es dem Herrn nicht gesagt?“

„Was denn?“

„Was da in diesem neuen Schwert noch so alles drin ist?“

„Jaha, das alte Tokejin, keine besonders wohlmeinende Klinge.“

„Und das andere?“ drängte der Flohgeist.

„Ach, wozu es sagen. Er merkt es dann ja sowieso. Woher willst du das denn wissen?“

„Halte mich bitte nicht für töricht!“ Der Flohgeist verschränkte seine vier Arme empört. „Ich mag kein Schmied sein, aber wenn du so guckst, hast du was gefunden.“

„Gut, dass der Herr das nicht sah. Ich hätte Fragen dazu nicht beantworten können.“ Der alte Youkaischmied seufzte. „Klinge aus dem Jenseits, ja, mit eigener Macht. Und etwas Bekanntem, ja, aber ich weiß nicht was. Wie ein Eintopf.“

Jetzt schwebten über Myougas fast kahlem Schädel förmliche Fragezeichen.

Toutousai seufzte erneut. „Naja, Eintopf, eben. Alles zusammen gemixt. Aber von einem sehr guten Schmied. Von einem wahren Meister. Ich glaubte fast mein eigener Lehrer, aber das wäre unmöglich, er ist ja sicher nicht im Jenseits.“

„Du redest noch wirrer als sonst.“ Der Flohgeist schlug vier Hände über dem Kopf zusammen. „Übrigens, du weißt schon, was die nächste Nacht passiert?“

„Ja, klar, es ist Neumond und ….“ Toutousai fiel eine Kleinigkeit ein.

Myouga seufzte ebenso tief wie der Fuji hoch war. „Und Inu Yasha wird zu einem Menschen. Das wird er diesmal kaum verbergen können.“ Und der Himmel allein wusste, auf was für Ideen dieses impulsive, sture, Hundebaby kommen würde.

 

Auch dem Hanyou wurde bei einem Blick auf die kaum mehr sichtbare Mondsichel klar, was in der folgenden Nacht geschehen würde. So ein Mist. Schlimm genug, dass Sesshoumaru das mitbekam. Nun, der wusste es inzwischen ja sowieso sicher, Rin war ein Plappermaul, aber dessen verächtlichen Blick wollte er gar nicht sehen. Und Vater – war das nicht der Moment, in dem er praktisch bewies, dass er eben nur ein Hanyou war, nicht der Sohn eines Hundefürsten? Wie würde der ihn ansehen? Bestimmt so kränkend, so … Naja, eben Sesshoumaru mal zwei. Toll. Weglaufen ging nicht, das wäre auch eine Blamage und vermutlich würde ihn Vater einholen, ehe er auch nur weg war. Erklären? Was denn, da er es ja immer noch nicht selbst verstand?

Oh, er sollte sich beeilen, denn das Tempo war erhöht worden und sein lieber Halbbruder war schon fast fünf Meter vor ihm. Nicht, dass der oder die Daiyoukai ihn noch für schwach hielten. Man, war das mit Familie schwierig. Obwohl, Kagome vermisste ihre ja schon, auch, wenn sie nie etwas sagte. Aber zwischen ihrer Mutter und seinem Vater lagen ja wohl nicht nur Zeiten, sondern Welten. Dennoch seine eigene Mutter … Vielleicht waren Väter einfach anders? Er hatte schließlich Kagomes auch nie kennen gelernt. Und ja, seinen eigenen würde er wohl in der nächsten Nacht richtig kennen lernen, wenn er sich in einen Menschen verwandelte – und wie dessen Reaktion darauf wäre.

 

Der Inu no Taishou erstarrte, als er am Rande einer Lichtung eine Person unter den Bäumen erkannte, die sich langsam in die ersten Sonnenstrahlen wagte, ehe er freundlich grüßte. „Hakai. Wie ungewohnt, einen Shinigami hier zu sehen.“

Ein Todesgott? Inu Yasha hatte noch nie einen gesehen und musterte den sich Nähernden in Schwarz, der seine Flügel auf dem Rücken faltete und seine Sense etwas senkte.

Hakai neigte höflich den Kopf, durchaus angetan davon zuerst begrüßt worden zu sein. „Ich bringe Nachrichten, die Euch interessieren könnten, werter Taishou. Es kamen einige, um nicht zu sagen, überraschend viele, Youkai bei dem ehrenwerten Richter an, die sagten, dass sie auf der Insel von Maruishima verstarben. Nachfragen ergaben, dass sie von einem gewissen Akumu, das scheint das Wesen zu sein, das aus Onigumo und Nagano entstand, in einem magischen Kerker gefangen gehalten wurden und gegeneinander kämpfen mussten. Nur der Sieger würde frei kommen.“

„Ein kodoko?“ entfuhr es Inu Yasha. „Das hat Naraku doch auch gemacht.“ Er erkannte an den Blicken gleich dreier Anwesender, dass er schon wieder voreilig gewesen war und gegen irgendeine Regel verstoßen hatte. So korrigierte er hastig: „Äh, Verzeihung, chichi-ue, ich dachte ...“

„Deine Gedanken interessieren mich nicht im Mindesten,“ gab der Taishou eisig zurück, der sich von seinem Jüngsten vor dem Shinigami bloßgestellt fühlte. „Weiter, Hakai.“

Dieser war gerade irgendwie froh nicht der Sohn des Fürsten zu sein. „Nun, Emna Daio ist überzeugt, dass dies nur bedeuten kann, dass sich Akumu weiter verstärken will und gewiss Eile geboten ist. Des Weiteren sagten die Verstorbenen aus, dass die Magie der Insel auch und vor allem darin besteht, dass es an manchen Stellen Quellen aus Youki gibt, ein Youkai also deutlich mächtiger wird, an anderen Stellen jedoch Genki, die göttliche Energie, vorherrscht und ein Youkai, natürlich ein schwacher Youkai, geläutert werden kann. Genau wusste es niemand, das hat anscheinend nur der … hm ...verschwundene Nagano kontrolliert. Er war ein Daiyoukai der Schlangen. Und er ist bislang nicht bei dem ehrenwerten Richter eingetroffen.“

 

Inu Yasha war bei der Replik seines Vaters beleidigt, ja, betroffen gewesen, aber da das Stichwort Emna Daio gefallen war, dachte er doch nach. Das war, der Legende nach, der Typ, der über die menschlichen Seelen im Jenseits richtete? Nun ja, dem Shinigami nach wohl mehr als nur eine Legende. Und so höflich, wie der Taishou, naja, sein Vater mit dem umging, war das eben ein Bote eines Kerls, der auch über Youkai richtete? Gut. Er hatte sich ja bereits einmal gedacht, dass er sich nicht selber sein Nachleben versauen musste – aber auch das von Mutter und Kagome nicht und von anderen Leuten. Er sollte sich wirklich zusammen nehmen. Fragte sich nur wie. Er war eben impulsiv. Aber gegen einen Jenseitsrichter kam man wohl nur sehr schwer an. Und, da konnte er angesichts des nur scheinbar gleichmütigen Gesichtsausdrucks eines gewissen Hundeyoukai neben ihm sicher sein, da kam noch was auf ihn zu. Dazu kannte er diesen Mistkerl von Halbbruder zu gut. Der amüsierte sich schon mal. Vater mochte es sicher nicht so vor einem Todesgott blamiert zu werden. Irgendwie wäre es doch wohl besser gewesen wenn Kagome dem ihr „Mach Platz“ gegeben hätte. Damit konnte er ja doch ganz gut umgehen.

 

Der Taishou dachte kurz nach. „Also besteht eine gute Wahrscheinlichkeit, dass Onigumo und Nagano verschmolzen sind, vermutlich unter Führung Onigumos. Und dieser weiter reichende Pläne hat, ohne dabei auf Leben zu achten.“

„Ja,“ bestätigte Hakai. „Die Youkai, die im Jenseits ankamen, stammten übrigens alle nicht von Maruishima, sondern vom Festland. Sie wussten nicht genau wie, aber sie wurden entführt.“

„Woher kennen sie dann die Magie der Insel?“ erkundigte sich der erfahrene Feldherr prompt.

„Es sei zu spüren gewesen.“ Der Shinigami zuckte mit den Flügeln. „Ich kenne mich da nicht aus, werter Taishou, und, wenn ich so sagen darf, auch Emna Daio wohl nicht. Das sind Obliegenheiten des Hier.“

Was nur bedeutete, dass es schwieriger wurde – und dieser Akumu ein wahrlich interessanter Gegner. Herrlich. „Gut, Hakai, noch etwas?“

„Nein, werter Taishou.“ Der Todesgott löste sich buchstäblich in Luft auf.

So drehte sich der Herr der Hunde um, etwas überrascht, dass sich sein Jüngster aufrichtete. Die Erklärung folgte prompt.

„Nun gut, chichi-ue,“ sagte Inu Yasha, ohne zu merken, dass er schon wieder dem Ranghöheren vorgriff, und hob das Kinn. „Dann schlagt mich, bohrt mir ein Loch in den Bauch oder was auch immer ein Youkai macht.“ Zu seiner Überraschung geschah für einen Moment nichts, ehe ein eisiger Blick seines Vaters ….seinem Halbbruder galt? Was war denn jetzt los?

„Sesshoumaru.“ Waren so etwa dessen Erziehungsversuche abgelaufen? Kein Wunder, dass der Kleine widerspenstig war. Aber gut, auch sein Ältester war bei weitem noch nicht erwachsen gewesen, als er selbst gestorben war. Auch etwas, das er Ryuukossusei anrechnen konnte.

Besagter älterer Sohn erkannte das aufziehende Gewitter und suchte Deckung. „Ihr entsinnt Euch sicher meiner Strafen.“

„Und ich würde dich jeder Zeit wieder in einen Vulkan schicken, wenn du mich vor dem gesamten Heer beschämst. Du kanntest seit Kindertagen die Regel. - Und Inu Yasha, dir erkläre ich sie ein für alle Mal: greife mir nie vor, nicht in Worten, nicht in Taten, nicht als Vater, nicht als Heerführer. Missachtest du dieses Gebot, werde ich dich bestrafen. Ihr habt mich beide verstanden?“

Vulkan? Inu Yasha neigte lieber den Kopf. Schön, er sollte wohl besser wirklich den Mund halten. Aber so unrecht hatte Kagome wohl nicht gehabt – der Alte Herr schien ganz in Ordnung zu sein, immerhin gab er ihm eine Chance.

Auch Sesshoumaru zeigte lieber Gehorsam. Natürlich. Das Nesthäkchen. Nicht nur Tessaiga, sondern auch noch Erklärungen und Verschonung. Nun gut. Bei dem, ihm nur zu bekannten, Temperament des Bastards war der Zusammenrauscher mit Vater nur eine Frage der Zeit. Denn das war keine Drohung gewesen, sondern eine Ankündigung.

 
 

Neumondnacht Teil 1


 

S

chweigend gingen die beiden Halbbrüder hinter ihrem Vater her, jeder für sich in Gedanken. Während Sesshoumaru immer noch darüber nachgrübelte, wieso der unbekannte Sohn so verhätschelt wurde und er selbst strenger behandelt, fand Inu Yasha die Ankündigung trotz allem nicht schlecht. Das war eine deutliche Ansage gewesen – und ihm war jetzt klar, bei was er Ärger bekommen würde. Nun ja. Es würde welchen geben, dazu kannte er sich zu gut. Sein Mundwerk lief manchmal schneller als seine Gedanken. Vielleicht würde es auf dieser Reise aber auch noch andere Dinge geben, die er über Youkai lernen konnte? Denn, um ehrlich zu sein, außer dem, was er von Myouga gehört hatte und selbst erlebt, wusste er wenig über das Zusammenleben. Und das hatte Sesshoumaru ja wohl mit seinen Eltern getan. Noch dazu in einem Schloss! Schön, er selbst hatte mit seiner Mutter ja auch einige Zeit, genauer, bis zu ihrem Tod, in einem Schloss gelebt … Aber, das bedeutete doch dann eigentlich, dass der Herr Halbbruder ein Prinz war, Vater ein Fürst oder so etwas – und er ja dann auch ein Prinz. So hatte er das eigentlich noch nie gesehen. Hm. Und, wenn der Alte Herr ein Fürst war, war es auch kein Wunder, dass der so auf Respekt und Ehrerbietung aus war. Das erwartete der einfach aus alter Gewohnheit. Auch die sehr höfliche Anrede als Oyakata-sama machte dann Sinn.

Tja, leider half das nichts bei seinem ureigensten Grundproblem, das sich steigerte, während sie immer weiter nach Westen wanderten und die Sonne ebenfalls. Sollte er etwas davon sagen, dass er heute Nacht zu einem Menschen wurde? Ungefragt sollte er ja wohl nicht reden, aber das wäre doch eigentlich nur eine Vorwarnung? So öffnete er den Mund, schloss ihn jedoch wieder, als er das winzige Lächeln bemerkte, das über das Gesicht seines ach so lieben Halbbruders huschte. Brüderchen hoffte doch förmlich, dass er sich in die Nesseln setzen würde. Keh! Er würde diesem …. Mistkerl schon zeigen, dass er sich ebenso beherrschen konnte, dass er ebenso gut und fähig in allem war wie ein Daiyoukai! Er war Inu Yasha und etwas wert! Er hatte Freunde gefunden, egal, was diese zwei Typen seiner männlichen Verwandtschaft auch über ihn dachten, er hatte eine tolle Ehefrau und hoffte auf Kinder, was wollte er mehr.

Und, er sollte Sesshoumaru nicht die Genugtuung geben ihn eingeschüchtert zu sehen. „Sag mal, weißt du eigentlich, wo Maruishima liegt?“ Das war ja wohl kaum verboten.

 

Der Hundeyoukai hätte um nichts auf der Welt zugegeben, dass er keine Ahnung hatte. „Es genügt, wenn chichi-ue das weiß.“ Diese Insel lag im Westen und hier sollte er sich auskennen, aber es gab eben recht viele Inseln und er hatte sich nie für einzelne interessiert oder gar seinem Erdkundelehrer bis zum Ende zugehört. Das wiederum sollte er nicht gestehen, wenn vor ihm der Mann ging, der eben diesen bezahlt hatte.

„Aha, du hast also keinen blassen Schimmer,“ triumphierte der Hanyou aus doch gewisser Kenntnis des Halbbruders. „Ich auch nicht,“ gab er jedoch ehrlich zu. „Shima ist eine Insel, klar. Irgendwo hier im Westen, klar.“

Der Taishou verriet, dass er gute Ohren besaß. „Wir gehen direkt darauf zu. Über diese Bergkette, vorbei an einem See, dann seht ihr das Meer vor euch liegen. Wenn wir in der Nacht weiter wandern, sollten wir in zwei Tagen dort sein.“

Da sie bereits wieder seit Stunden bergauf durch einen dichten Urwald liefen, meinte Inu Yasha: „Die Nacht … das wird nicht gehen, chichi-ue.“ War das schon wieder zu viel? Anscheinend, denn Vater blieb stehen und drehte den Kopf.

„Wirst du müde?“ erkundigte sich der Herr der Hunde. Er wusste zugegeben nicht, wie viel so ein Halbblut aushielt, auch, wenn er bislang durchaus von der Stärke überzeugt war. Es war ja schließlich sein Sohn.

„Äh, nein, aber es ist Neumond.“ Ach, warum das Peinliche auch noch aussprechen? Aber klar, der Typ wusste davon sicher nichts, das verriet der doch fragende Blick. Das Gesicht freilich blieb ebenso regungslos wie Sesshoumarus.

Der klang sachlich. „In dieser Nacht wird er zu einem Menschen, chichi-ue.“

Danke, Bruderherz! Inu Yasha knirschte mit den Zähnen. Wenn schon, dann hätte er das gefälligst lieber selbst gesagt. Petze! Und, was dachte Vater nun über ihn?

„Zu einem Menschen, das ist gut,“ erklärte der Taishou, was ihm fragende Blicke seines kompletten Nachwuchses eintrug, ehe der Ältere doch sich behutsam erkundigte:

„Ihr meint, diese Zeit der Schwäche zu haben, ist gut?“

„Ich war mir nicht sicher, ob es gut geht, oder ob mein Erbe, mein Blut, dazu führen würde, dass das Kind verrückt wird. Ein doch menschlicher Körper, nun, zum Teil und das Blut eines Daiyoukai – ich bin froh, dass es so lief.“

Froh? Inu Yasha war dermaßen perplex, dass er gestand: „Es gab schon Situationen, wo Euer Blut übernommen hat, das war nicht toll. Ich wurde wahnsinnig und brachte alles um ….“

Ja, das waren die Legenden über durchgedrehte Hanyou, wenn ein Elternteil ein Daiyoukai war. Er hatte eigentlich gehofft das verhindern zu können. „Hat Tessaiga dir nicht geholfen?“

„Ich hatte es zu diesem Zeitpunkt nicht in der Hand oder es war zerbrochen, wie bei diesem dämlichen Goshinki, der es zerbissen hat. Aber inzwischen habe ich das gut im Griff, also, ich drehe nicht mehr durch bei Lebensgefahr, auch ohne Tessaiga, denke ich.“

Hm. Der Herr der Hunde dachte kurz nach, ehe er sich an den Erstgeborenen wandte. „Und was hast du getan?“

Sesshoumaru beschloss nicht zuzugeben, dass das einmal in einem Kampf gegen ihn passiert war, weil er Tokejin ausprobieren wollte. „Als ich einmal vorbei kam und er irgendwelche Motten zerriss, schlug ich ihn bewusstlos.“

„Oh ja,“ Der Hanyou klang höhnisch. „Vielen Dank auch, vor allem, weil meine Freunde mir später erzählten, du wärst gegangen mit dem Satz, mich jetzt wie eine tollwütigen Hund zu erschlagen würde dir kein Vergnügen bereiten, du wolltest lieber abwarten bis ich klar bin.“

„Ich bin nicht dein Hüter.“

Da seine Söhne offensichtlich bereit waren auseinander zu springen und die Hände an die Schwerter zu legen, erklärte der Taishou: „Nun, du solltest es sein, Sesshoumaru. Nach meinem Tod warst du das Familienoberhaupt. Und damit in der Pflicht. - Inu Yasha. Natürlich macht es kein Vergnügen einen Gegner, der sich praktisch nicht wehren kann, umzubringen. Das ist kein Duell, kein ehrenhafter Kampf, sondern Metzgerarbeit. Unwürdig unser einem. Hast du das je getan?“ Zufrieden sah er, dass der Hanyou den Kopf schüttelte. „Gehen wir weiter.“

 

Auf dem weiteren Weg dachte der Taishou nach. Diese Reise schien anstrengender zu werden, als er sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Sesshoumaru war, zwar durch die strikte Erziehung als Welpe gedämpft, aber doch erwachsen geworden und würde seine eigene Meinung auch immer vertreten wollen. Immerhin war das Feuer der Rebellion doch ein wenig der Vernunft gewichen. Inu Yasha, ja, das war ein Problem. Der Kleine war unerzogen, nicht zuletzt durch sein Schicksal als Vollwaise irgendwo in den Wäldern allein gelassen worden zu sein. Unerzogen, aber stolz. Unglücklicherweise weckte das in der Brust seines Vaters zwei Bedürfnisse – Schutz und Strafe. Da die Balance zu finden würde schwer werden, wie allerdings auch gegenüber dem Älteren. Wieso genau hatte er geglaubt dieser Auftrag würde einfach? Er befahl, die Jungs gehorchten, er erfuhr, was los gewesen war in der Zeit seines Todes?

Emna Daio hatte durchaus zu Recht befürchtet, dass etwas passieren könnte, schicke der die Zwei allein los. Natürlich abgesehen von dem Problem, dass sie wohl in der Lage wären mehr als nur geringfügige Zuwächse bei den Neuzugängen im Jenseits zu verursachen. Und dieser Onigumo, nein, Akumu, sicher auch. Und er sollte den Schiedsrichter spielen? Das hatte er kaum je vermocht. Danke. Er hatte sich ja bereits denken können, dass es einen Haken an seiner Wiederbelebung gab – jetzt sah er ihn direkt vor sich.

Nun gut. Das musste man in der Zukunft sehen. Wichtiger war es jetzt, dass Inu Yasha die nächste Nacht irgendwie sicher verbringen konnte. Dass dem Jungen die Verwandlung peinlich war, war nur zu deutlich gewesen. Überdies: als Mensch benötigte der gewissen Schutz. Ah, da gab es doch vorne, kurz nach dem See diese Höhle, wenn er sich recht entsann. Das konnte es doch tun. Und er selbst, samt Sesshoumaru, würden Maruishima begutachten, natürlich aus der Ferne, so dass es Inu Yasha nicht zu unangenehm werden sollte. Tessaigas Bannkreis sollte den Kleinen dann auch als Mensch noch schützen.

 

Der Gestank des Sees wurde für die Hundenasen immer deutlicher. Es handelte sich um einen ehemaligen Krater, der sich mit Schwefelsäure gefüllt hatte. Da der Her der Hunde eindeutig oberhalb vorbeigehen wollte, sagte Sesshoumaru nur, unmissverständlich an seinen Halbbruder gerichtet:

„Willst du dich nicht erfrischen?“

„Nach dir, großer Bruder, nii-san, immer doch,“ gab Inu Yasha prompt zurück. Nichts hatte sich geändert, gar nichts.

Der Hundefürst drehte sich nicht um, äußerte jedoch vernehmlich: „Vergesst nicht, dass wir ein Ziel haben.“ Und das, zumindest, sollten die Beiden auf dieser Reise lernen – das Ziel zu fixieren, gleich, was sonst noch kam. So war es uralter Hundebrauch. Langsam fragte er sich nicht mehr, wieso die Zwei so lange benötigt hatten um So´unga in die Unterwelt zu schicken, warum so lange um Naraku zu erledigen – sie arbeiteten wohl erst gegeneinander, dann miteinander. Und ganz offensichtlich sollte er nach dem Willen des Jenseits genau daran feilen. Eine Beratung wäre im Vorhinein wohl ganz sinnvoll gewesen. Nun gut. Er musste wohl sein, wie er eben war. „Die Sonne sinkt. Wir erreichen bald einen Platz, Inu Yasha, wo du dich für diese Nacht in eine Höhle zurück ziehen kannst.“

Ach ja, dachte der Hanyou. Vater wollte ihn also nicht als Menschen sehen. Toll. Nun, was hatte er auch erwartet.

Sesshoumaru dachte ähnlich, erkundigte sich jedoch nur: „Mein Befehl?“

Der Vater antwortete. „Du gehst mit mir.“ Das sollte dem Jungen doch passen – sich nicht unter den Augen zweier Daiyoukai verwandeln zu müssen. Peinliche Dinge erledigte man lieber allein. Und er konnte sich vorstellen, dass es Inu Yasha mehr als unangenehm war solch eine Schwäche zeigen zu müssen.

 

So blieb der Taishou kurz bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwand stehen. „Inu Yasha, dort drüben ist eine Grotte. Wenn du Tessaiga … nun, du weißt sicher, wie man diese Nacht übersteht.“ Und jedenfalls besser als alle seine Ratschläge, das sollte er nicht vergessen. Der Kleine war ohne ihn aufgewachsen, erwachsen geworden und hatte überlebt.

„Ja.“ Oh, ja, das wusste er. Und sogar der hohe Herr Hundefürst dachte daran. Wow, wie Kagome manchmal sagte.

„Wann verwandelst du dich zurück?“ Da der Herr der Hunde bemerkte, dass er irritiert angeguckt wurde. „Bei Sonnenaufgang oder wenn dich die ersten Strahlen berühren?“

Das war allerdings eine gute Frage. „Ich denke, wenn mich die ersten Strahlen berühren, chichi-ue.“ Er hatte da nie so genau drauf geachtet, auch, wenn manches Mal die Sonne gerade noch rechtzeitig aufgegangen war, wie bei diesem dämlichen Eremiten. Aber wer, der gerade eine Klippe herunterfiel, achtete denn auf den Sonnenstand?

„Wir werden zurück sein.“ Der Inu no Taishou richtete sich etwas auf. Die Youkiwelle ließ beide Söhne instinktiv einen Schritt zurück gehen, ehe sie den geradezu riesigen weißen Hund vor sich stehen sahen, der den Kopf ein wenig wandte.

Sesshoumaru verwandelte sich eilig ebenfalls.

Inu Yasha stellte zu ersten Mal – und mit gewissem Vergnügen - fest, dass ihm sein Halbbruder immer als großer Hund erschienen war, aber doch, naja, unterdimensionierter als Vater war. Kein Wunder, dass Brüderchen klein bei gab, wenn der was sagte. Soweit er wusste, zeigte die Größe auch die Macht an. Und ja, da war nicht mehr allzu viel Unterschied, aber eben doch. Und jetzt sollte er wirklich die Grotte suchen, ehe er sich verwandelte. So gesehen war das nicht falsch. Mit Tessaiga als Schutz im Eingang konnte er relativ ruhig schlafen. Es war nur so … Vater wollte ihn anscheinend nicht als Mensch sehen, sonst wäre der doch kaum samt Bruderherz abgehauen. Und das tat erstaunlich weh. Er hatte eigentlich gedacht schon alle erdenklichen Beleidigungen um die Ohren bekommen zu haben, aber das so … Ja, es tat weh. Nun, da musste er wohl durch. Wo war nur diese Grotte? Er musste sich beeilen, denn die letzten Strahlen der Sonne gelangten kaum mehr auf diesen Berg.

 

Der Inu no Taishou blieb auf einem Hügel stehen als er das Meer vor sich erkannte und verwandelte sich zurück, um reden zu können. Sein Ältester folgte diesem Beispiel sofort, wie er durchaus zufrieden feststellte. So nickte er vorwärts. „Maruishima.“

Da Sesshoumaru annahm von ihm sei ein Kommentar erwünscht, prüfte er die Luft, dann die magischen Strömungen. „Youki, Genki. In der Tat, eine magische Insel.“

„Kann Inu Yasha fliegen?“

„Nein.“ Was sollte diese Frage? Aber dann erkannte es auch der jüngere Daiyoukai. Maruishima lag mehr als viertausend Schritte vom Festland entfernt. Hoffentlich wollte Vater nicht …. Oh, nein…

Der Herr der Hunde sah die Sorge, wusste wenngleich nicht genau warum. Etwas anderes war wichtiger. Inu Yashas Peinlichkeit hin oder her – es widerstrebte ihm seinen Jüngsten, überhaupt jemanden, in solch einer schwächlichen Situation allein zu lassen. „Wir werden ihm helfen müssen,“ konstatierte er. Und zwar nicht nur bei dem Überflug auf die Insel, sondern auch jetzt. Niemand würde sich doch an den Kleinen wagen lägen zwei Daiyoukai vor der Höhle.

 

Inu Yasha saß in seiner Menschengestalt in der Grotte. Wie er diese Nacht doch hasste. Jeden Monat. Hätte es nicht gereicht einmal im Jahr der schwächeren Seite folgen zu müssen? Wie hilflos er sich immer vorkam. Ja, und wie verächtlich. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er zu einem vollwertigen Youkai hatte werden wollen, um jeden Preis, nur um dieser Nacht zu entkommen. Nun ja, er hatte lernen können, dass es auch Leute gab – Menschen – die ihn auch so mit allem drum und dran akzeptieren. Sesshoumaru war davon natürlich weit entfernt und Vater anscheinend auch. Bitter, aber wohl nicht zu ändern. Youkai, noch dazu Daiyoukai. Sie verachteten alles, was schwach war. Klar.

Moment mal. Er spannte sich an und stand auf. Irgendetwas war da draußen. Er nahm Tessaiga. Mensch hin oder her – er wusste, wann er angeguckt, angestarrt, wurde. Und das machte niemand, der einem freundlich gesinnt war.

Er erkannte Augen über sich, noch ehe er begriff, dass sich Zangen um ihn legten, ihn bissen, ja, Gift in ihn pumpten, ihn lähmten.

Verdammt, dachte er nur noch. Es war schon einmal passiert, damals, als er Kagome kaum kannte, dass ein Spinnenyoukai ihn in genau dieser Nacht überwältigt hatte. Aber, das half wohl kaum mehr etwas. Er umklammerte nur noch Tessaigas Griff. Kagome hatte da um ihn geweint. Das sollte sie doch nicht noch einmal. Kagome…. Er verlor das Bewusstsein.

 

Die beiden großen, weißen, Hunde stoppten, als sie die Grotte erreichten. Der Geruch nach Staub, Spinne und Gift war intensiv genug. Ein leises Grollen entkam der Kehle des Inu no Taishou. Jemand hatte seinen Sohn entführt. Eine Spinne. Und dieser Jemand sollte schlicht hoffen, dass Inu Yasha noch lebte. So senkte er nur die Schnauze um die Witterung aufzunehmen, ehe er los rannte.

 

Sesshoumaru folgte instinktiv.

Nun ja, dachte er, seltsam zweigeteilt: der Hanyou hatte natürlich als Mensch versagt – aber Vater war erbost, auch logisch, seinen Sohn in Gefahr zu sehen. Und es war nur zu recht seinem Taishou zu folgen. Zumal, wenn dieser jemand beschützen wollte ….etwas, dass er selbst noch vor Jahrhunderten nicht begriffen hatte. Zugegeben, er würde auch heute noch leugnen jemanden beschützen zu wollen, aber…. Aber. Und, das gab er, wenn auch zähneknirschend zu, das war der Vater, Inu Yasha der Sohn. Und leider bestand für ihn kein Moment des Zweifels, dass Vater ebenso um seine Rettung rennen würde. Nicht mehr. Fatalerweise. Er hatte doch in den letzten Jahrhunderten dazu gelernt.

 

Der Herr der Hunde blieb auf einer Anhöhe stehen, wohlweislich noch verborgen unter den Bäumen, als er sich zurück verwandelte. Da sein Ältester seinem Beispiel folgte orientierte er sich unten an dem Bauernhof, wo wohl einst Menschen gelebt hatte, ehe die Spinne beschloss dort ihren Nachwuchs groß zu ziehen. Weben rankten sich um das Haupthaus und auch den Seitentrakt, wohl die Scheune. Und, die Mutter war alarmiert durch das Youki vor ihrer Tür, denn sie kam heraus, bewegte die Zangen. Ja, das war ein Nest. Und sein Junge mitten drin, hoffentlich noch lebendig. Sein Youki war jedenfalls nicht zu spüren, natürlich, der Kleine war ja ein Mensch. Ein verletzlicher, schwacher, Mensch. Da sich auch Sesshoumaru zurück verwandelt hatte und reden konnte, wandte er nur den Kopf. „Du wirst mit ihr fertig.“

Darin lag keine Frage und der jüngere Hundeyoukai nickte nur andeutungsweise, erfreut darüber, dass sein Vater ihm nicht befahl das Halbblut da rauszuholen Falls Inu Yasha denn überhaupt noch lebte. Bewusstlose Bastarde zu tragen gehörte nicht zu seinen Lieblingstätigkeiten – an dessen Existenz war ja wohl auch der verehrter Herr Vater schuld. Sollte der sich nur darum kümmern. Aber selbstverständlich würde er kein Wort darüber verlieren.

„Sie hat ihr Nest darin und wird entsprechend kämpfen,“ warnte der erfahrene Heerführer. „Lenke sie jedenfalls genug ab, bis ich mit deinem Bruder draußen bin. Soll sie leben. Wenn er lebt.“ Diese Einschränkung galt, zumal er nicht wusste, ob Inu Yasha je mit Tenseiga wieder belebt worden war. Das funktionierte schließlich nur einmal.

Vater hatte sich in seinen Todesjahren nicht verändert, dachte Sesshoumaru prompt. Noch immer … Nun ja. Der Wert eines Lebens. Kagura, Rin, er hatte es erleben müssen. Immerhin nahm er doch an, dass der Herr der Hunde sich auch um ihn so kümmern würde – schließlich war er der Ältere und der einzige Erbe.

 

Die Spinnenyoukai hatte die Quelle der unglaublichen Energiestrahlung entdeckt und wandte sich dem Wald zu. Wer auch immer das war – es handelte sich um Gefahr für ihren Nachwuchs. Und diesen würde sie erbittert verteidigen. Es war der einzige ihres Lebens.
 

Neumondnacht Teil 2


 

D

er Herr der Hunde blickte noch einmal kurz zu seinem Ältesten. „Lenke sie von der Tür ab. Ich gehe hinein.“

Sesshoumaru nickte nur andeutungsweise, froh, dass er nicht in diesen staubigen Raum, gewiss voller Spinnenkinder und Weben gehen sollte. Die Mutter abzulenken war sicher einfacher, zumal jemandem wie ihm auch deren Gift nicht sonderlich etwas anhaben konnte. Im Unterschied natürlich zu Inu Yasha, noch dazu in dessen Menschenform.

„Greif an.“ Ohne weiter abzuwarten, ob und wie sein Befehl befolgt würde, lief der Daiyoukai los. Sein Ziel war das Innere des ehemaligen Menschenhauses, wo er außer Staub kaum etwas wittern konnte.

Die Spinnenmutter, die zu ihm herum zucken wollte, verharrte, als sie einen großen, weißen Hund jäh vor sich erblickte. Ein Hundeyoukai. Und einer der gefährlichen Sorte. Sie wich unwillkürlich etwas zurück. Nein. Es ging um ihren Nachwuchs, um alles für sie. Sie musste attackieren. Aber der Andere? Nein das war kein Hund gewesen, eher ein Mensch? Nun ja, damit sollten die Kleinen eher begeistert fertig werden. Jetzt war ihr der Plan ihres Gegners klar – den Menschen hineinschicken, um sie abzulenken, sie zu töten, dann ihre Kinder fressen. Ja, Hunde waren doch Fleischfresser. Sie bewegte drohend die Zangen, um anzudeuten, dass sie sich nie ergeben würde. Der weiße Hund sprang etwas zurück und beobachtete sie. Trotz seines spürbar hohen Youki-Levels schien er unerfahren, relativ jung. Oh, ein Jüngling, der es bestimmt noch nie mit einer Spinne zu tun bekommen hatte. Sie würde eine Chance haben, zubeißen – und der Narr würde sich nur noch wundern, wenn er von innen durch ihr Gift zersetzte wurde. Nur ihn nicht vorbei zu ihren Kindern lassen. Das war ihr Problem. Aber der sprang erneut beiseite, schien sie fast zu locken. Glaubte er etwa, sie würde ihm genau zwischen die zugegeben großen Zähne rennen?

 

Der Taishou war unterdessen in das gelaufen, was einst wohl das Wohnzimmer einer menschlichen Familie gewesen war. Unwillkürlich musste er niesen. Staub, Spinnweben. In einigen von denen regte sich etwas. Kleine Spinnenyoukai, das, was wohl die Mutter so schützen wollte. Ihn interessierte allerdings mehr ein sehr dichter Kokon im Hintergrund. Menschliche Formen waren zu erkennen und er glaubte sich zu entsinnen, dass Spinnen ihre Beute nur lähmten, nicht umbrachten, zumal, wenn sie sie verfüttern wollten. Nur, wo war Inu Yasha?

Tessaiga!

Er erkannte das Schwert an der Spitze, die durch das weiße dichte Gewebe ragte. Hatte es sein Junge trotz der Lähmung noch geschafft wenigstens zu versuchen sich zu wehren? Er bemerkte, dass die kleinen Spinnen begannen sich für ihn zu interessieren. Nun ja. Youki sollte er nicht zu viel einsetzen, ehe die Mutter kam. Sesshoumaru schien sie jedenfalls gut abzulenken. So griff er über die Schulter. „Prinzessin, ich fürchte, wir müssen behutsam sein ….Verzeih, wenn ich dich so benutze.“ Er ließ die überaus scharf geschmiedete Tsurugi-Klinge durch die Spinnweben fahren, rund um das Paket, was er als seinen Sohn erkannt hatte. Tatsächlich sah er erleichtert in dem Bündel rot. Inu Yasha, ja. Noch immer das Schwert in der Hand, aber menschlich, bewusstlos ….

Der Taishou schob eilig seine eigene Klinge zurück in die Scheide, ehe er sich mit einer ärgerlichen Handbewegung von einigen zu zudringlichen Spinnenkindern befreite. „Inu Yasha?“ Hastig riss er die Weben ab. Ja, ein Mensch, schwarzes Haar, schwer und dicht wie einst das … Izayoi! Der Junge sah in dieser Form seiner Mutter so verdammt ähnlich! Diese Haare ….Vermutlich auch diese weichen, dunklen, Augen …

Nun, es war Jahrhunderte her und er sollte sich an diese Zeitspanne erinnern, selbst, wenn es ihm wie gestern vorkam. So nahm er nur Tessaiga aus der verkrampften Hand des Hanyou und schob es zurück in die Scheide. Mit doch gewisser Erheiterung musste er daran denken, dass selbst Sesshoumaru diese Geste stets verwehrt würde. Tessaiga reagierte nur auf Inu Yasha - und auf ihn selbst, war doch sein Fangzahn das Grundmittel. Dem einstigen Rat Toutousais zu folgen und die zwei Zwillingsschwerter so umzuschmieden, dass sie nie gegeneinander eingesetzt werden konnten – nun ja, jedenfalls seine Jungs sich nicht gegenseitig umbringen konnten - war eine seiner besten Ideen gewesen. Weder Inu Yasha noch die Menschen hatten allzu viel über das Bruderverhältnis einst erzählt, aber der Jüngere schien ja davon auszugehen, dass ihn sein Halbbruder umbringen wollte. Jetzt sollten sie hier jedenfalls verschwinden. Sein Kind lebte, und das war die Hauptsache. So hob er ihn mit beiden Armen auf.

 

Inu Yasha spürte im Unterbewusstsein den Kontakt und versuchte sich instinktiv zu wehren, fühlte sich dann nur an kaltes Metall gepresst, Metall unter sich. Keine Spinne. Aber wer? Er glitt wieder in die Bewusstlosigkeit.

 

Sesshoumaru hatte unterdessen mit fast unmerklicher Rückwärtsbewegung die Spinne weiter von dem Haus weggelockt. Manchmal war er nur um Haaresbreite im wahrsten Sinne des Wortes deren Klauen entkommen. Jetzt stellte er fest, dass sie sich nicht weiter fort bewegte. Sorge um ihre Brut, nahm er an. Der kleine Kratzer, den sie ihm am linken Ohr hatte zufügen können, zeigte ihm jedoch, dass er sie nicht unterschätzen sollte. Gift gegen ihn war … unwürdig. Aber eine größere Anzahl solch kleiner Wunden würde ihn langsamer machen. Nicht notwendig, sich unter Vaters Augen von so einem jämmerlichen Getier auch nur verletzen zu lassen.

So sprang er erneut in einem Scheinangriff los, nur um beiseite zu springen, zu probieren um die Spinne herum zu tänzeln. Sie wich sofort zurück, ihm immer noch die Klauen entgegen reckend. Hinter ihr waren ihre Kinder, ihr wichtigster Schatz, und die würde sie verteidigen. Um jeden Preis. Der riesige weiße Hund knurrte leise, um auf sich aufmerksamer zu machen, denn er entdeckte den Taishou, der einen bewusstlosen Menschen in den Armen trug, und eben aus der Haustür trat, die Lage überprüfte. Immerhin lebte der Bastard noch. Anscheinend hatte ja die Anweisung aus dem Jenseits besagt, dass Vater mit beiden Söhnen nach Maruishima gelangen sollte.

Da sein Vater loslief, folgte der Hundeyoukai sofort, eine deutlich erleichterte Spinnenmutter zurück lassend.

 

Inu Yasha erwachte mühsam. Alles tat weh. Was war nur …? Die Spinne! Er fuhr empor, bereits zum Schwert greifend. Zu seiner Erleichterung befand er sich nicht mehr in diesem Netz, sondern lag auf einer Wiese an einem Waldrand. Es rauschte im Hintergrund, sicher das Meer. Noch war es Nacht, aber selbst mit seinen menschlichen Augen erkannte er Vater und Halbbruder, die ihm den Rücken zuwandten und auf den Ozean blickten. Sie mussten ihn da raus geholt haben. Jetzt entsann er sich auch des Metalls um sich. Hatte ihn etwa Sesshoumaru getragen? Nein. Dessen Ärmel waren eindeutig aus Stoff. Vater trug auch an den Unterarmen Panzerungen. Es konnte nur Vater gewesen sein. Sein Vater hatte ihn getragen, einer der mächtigsten Daiyoukai aller Zeiten – einen Menschen! Hatte Kagome Recht und er sollte ihm wirklich Zeit geben, damit man sich näher kennen lernen konnte? Der ach so liebe Halbbruder hätte ihn doch da nie freiwillig aus einem Spinnennetz geholt, das machte der höchstens bei Rin. Nun gut, da sicher. Aber sicher nicht für ihn. Außer auf Vaters Befehl, das war ihm inzwischen auch klar.

Noch ein wenig mühsam stand der Hanyou in Menschenform auf. Instinktiv warf er einen Blick nach Osten. Bald würde die Sonne aufgehen. Und er hatte wieder eine dieser scheußlichen Nächte überstanden. Die beiden Daiyoukai vor ihm wandten sich nicht um.

Sie hatten ihn raus geholt, ja. Familiäre Bande? Oder doch nur, weil der Auftrag aus dem Jenseits ja lautete, Vater solle mit beiden Söhnen auf der Insel aufschlagen? Angucken oder auch nur nachfragen wollte anscheinend ja niemand ihn in der Menschenform. Was erwartete er auch von Youkai …

Immerhin hatte Vater ihn nicht nur berührt, sondern getragen. Das war für den vermutlich schon eine riesige Überwindung gewesen.

Naja. Kagome und früher ja auch schon Kikyou würden sagen, er solle sich gefälligst bedanken. Aber bei Leuten, schön, seiner männlichen Anverwandtschaft, die ihm den Rücken zudrehten?

 

Der Junge war wach. Selbst in der Menschenform schwand das Gift. Wenn er sich wieder in seine wahre Gestalt verwandelt hatte, wäre er sicher wieder kampffähig, dachte der Taishou. Nur ihn jetzt nicht mustern, sondern so tun, als würde man keine Schwäche bemerken, ihn nicht als Menschen sehen. Das wäre Inu Yasha sicher peinlich, so, wie der gestern Abend reagiert hatte. Aber der Kleine kam heran. So wandte der Vater den Kopf. „Wie fühlst du dich?“

„Äh ...“ Der Hanyou war überrascht doch angesprochen zu werden. Er hatte sein „Danke“ zu den Hinterköpfen sagen wollen, damit Kagome ihm später keinen Ärger machte. Aber, das war sicher keine höfliche Form gegenüber einem Vater oder einem Fürsten. Und in dieser Gestalt zu Boden geknallt zu werden, wäre garantiert noch misslicher. So suchte er eilig nach besserer Formulierung, ohne die Fellboa vor sich aus den Augen zu lassen. „Ich bin soweit fit, chichi-ue. Und, äh, danke, dass Ihr mich da raus geholt habt. - Die Sonne geht auf.“

Warum nur erzählte das Halbblut immer das Offensichtliche, fragte sich Sesshoumaru. Natürlich ging die Sonne auf. Die Vögel begannen zu singen, es wurde hinter ihnen heller. Hielt der jeden für so dämlich wie sich?

Der Taishou wusste zwar nicht, was das Wort „fit“ bedeutete, nahm es jedoch als Synonym für kampfbereit, sobald der Junge wieder in seiner halbdämonischen Form war. „Gut. - Dort liegt Maruishima.“

Inu Yasha guckte gar nicht hin. Es war zu dunkel, um mit menschlichen Augen da eine Insel irgendwo im Meer zu erkennen. „Ich hoffe, da gibt es ein Schiff.“

„Wir fliegen,“ erklärte der Herr der Hunde etwas erstaunt.

Nein, dachte der Hanyou verbissen. Nicht schon wieder zugeben, dass er etwas nicht konnte, schwächer war als die Beiden.

„Er kann nicht fliegen, chichi-ue,“ dolmetschte der große Bruder etwas amüsiert.

Oh, er könnte diese Petze umbringen! Inu Yasha musste sich zwingen daran zu denken, dass es als Mensch ziemlich idiotisch wäre auf einen Daiyoukai loszugehen – zumal wenn beider Vater daneben stand, der schon zu erkennen gegeben hatte, dass er keinen Streit wünschte.

Der Taishou erkannte mittlerweile die Anzeichen und meinte nur: „Darum werden wir ihm auch die Klaue reichen.“

Wie bitte? Beide Söhne starrten ihn an, aber da der Hundefürst nur wieder auf das Meer blickte, blieb ihnen nichts als zu warten, bis die Sonnenstrahlen auch Inu Yasha berührten.

 

In einer Höhle auf der Insel Maruishima dehnte sich Akumu. Das Einzige, was nach außen hin von der Verschmelzung des einstigen Menschen Onigumo mit dem Daiyoukai Nagano zeugte, war die Tatsache, dass der Körperbau menschlich wirkte, die Kleidung und die Haare. Das Gesicht allerdings hätte jeden Menschen dazu gebracht schreiend das Weite zu suchen. Zu sehr verrieten die starren, lidlosen, gelben Augen, das Fehlen der Nase, der lippenlose Mund noch das Reptil.

Nun gut. Das würde nicht mehr lange dauern. Die Youkai, die er, wenngleich etwas mühsam, vom Festland entführt und hier eingesperrt hatte, hatten in ihrem Überlebenskampf ihm viel Youki gegeben. Er war nun stärker geworden. Zunächst hatte sich Naganos Macht leider nur soweit ausgewirkt, dass er auf der Insel mächtig war – nicht auf dem Festland. Aber mit jedem Toten hatte er seine Macht anwachsen gefühlt. Leider war Nagano auch nur magisch befähigt gewesen. Akumu dachte nach. Eine Erinnerung tauchte wieder auf. Einst hatte er es vermocht aus sich selbst Abkömmlinge zu erschaffen. Das wäre womöglich gar keine schlechte Idee. Zunächst einmal sollte er jedoch noch einmal allerlei Youkai vom Festland entführen und hier verwenden. Wohlweislich hatte er keine von Maruishima selbst genommen. Noch schien sein Versteck auf der spirituellen Insel unbekannt zu sein und er wollte, dass es dabei bliebe. Der ehemalige Nagano war mit der Magie hier vertraut und zog eine Menge Kraft aus dem Boden. Überdies – wenn man schon dem Jenseits entkam, sollte es auch dabei bleiben.

Gut. Also in der nächsten Nacht noch einmal auf das Festland und Youkai entführen, in dem man sie absorbierte. Das hatte schon ganz gut funktioniert, richtig leider erst, als sie hier im kodoko steckten. Aber nun war er magischer, fähiger, stärker. Womöglich würde es auch so gelingen.

Denn eine seiner deutlichsten Erinnerungen war die an zwei weißhaarige Jugendliche, die ihn umgebracht hatten. Warum auch immer. Er musste sich also gegen die vorsehen.

Hm.

Abkömmlinge. Wenn er heute Nacht erneut stärker wurde, sollte er es einmal versuchen. Ja, genau. Einen Kämpfer, der ihn notfalls gegen diese zwei Irren beschützen würde. Einen Schwertkämpfer mit Rüstung. Nicht zu intelligent, aber fähig. Mit einigem an Youki ausgestattet, natürlich. Er konnte ihn sich schon gut vorstellen – stark an Schwert und Rüstung, die weißen Haare von seinen Mördern adaptiert. Ja. Der Junge musste nur gehorsam sein, also nicht zu klug, oder am Besten, unter seiner Gedankenkontrolle. Und nennen würde er ihn … Ja. Ein Name, der diese Zwei abschrecken würde. Sesshoumaru? Der, der perfekt tötet? Das klang schon mal nicht schlecht. Der würde ihn zusätzlich zu der Magie der Insel schützen.

Falls jemand Fremder dumm genug wäre nach Maruishima zu gehen, das hatte ein Teil seiner selbst ja erfahren, warteten Bannkreise, fremde Welten, die unerwartet um einen auftauchten und verschwanden, mit vollkommen unterschiedlichen Konditionen. Darum war es klug hier zu bleiben, ja, sich zu verstecken, bis man Kraft genug gesammelt hatte. Allerdings würde er auch Informationen vom Festland benötigen. Vielleicht noch einen Abkömmling? Aber der durfte nicht dumm sein. Dumme Spione taugten nichts. Und unauffällig. Eine Frau? Aber, wie sollte er die unter Kontrolle halten? Vielleicht, in dem er ihr Herz behielt? Ja, durchaus eine schöne Youkai, klug, mit gewissen Fähigkeiten, aber immer in dem Bewusstsein, dass er sie jeden Moment umbringen könnte. Und nennen würde er sie … Hm… Kikyou? Das klang gut und irgendwie vertraut.

Jetzt aber sollte er erst einmal auf das Festland. Es war Neumondnacht und sie war perfekt um sich mit Youkai anzulegen, die er in sich aufnehmen wollte, sofort, ohne den Umweg über das kodoko. Er sollte es zuerst bei schwachen versuchen, dann bei immer stärkeren. Immerhin war er kein gewöhnlicher Hanyou, sondern entstanden aus Daiyoukai und einem Menschen, der die Unterwelt überlebt hatte. Das würde bestimmt funktionieren. Und dann sich einige Tage zurückhalten um zu lernen, wie man einen Abkömmling produzierte. Ein guter Plan.

 

Da der Herr der Hunde den jähen Anstieg des Youki hinter sich fühlen konnte, drehte er sich um und musterte seinen jüngeren Sprössling. Ja, der war eindeutig wieder ein Hanyou. Natürlich hatte er von diesem Zeitpunkt der Schwäche gehört, schließlich hatte er alle Erreichbaren abgeklappert um zu wissen, wie sein Kind würde, aber das so zu erleben war noch einmal etwas anderes. „Du spürst das Gift der Spinne nicht mehr?“

Inu Yasha war irritiert. Der fragte nach? Naja, bestimmt nur, ob er kampffähig war, das war eben ein Heerführer. Jedoch sollte er wohl auch antworten. „Nein. Ich bin wieder fit, wirklich.“

„Gehen wir zum Strand.“ Der Taishou wandte sich jedoch um, da Sesshoumaru leise sagte:

„Chichi-ue.“ Dieser hatte sich nicht umgedreht und erkannte den Shinigami, der zu ihnen schritt.

Der Hundefürst ahnte Übles. „Hakai.“

Der Todesgott neigte lieber höflich den Kopf. Irgendetwas war passiert. „Ich bringe Nachricht, die Euch interessieren dürfte. Zwei Dinge, werter Fürst. Auf der Insel werdet Ihr keinen Besuch mehr von mir erhalten können, also ohne die neuesten Entwicklungen sein. Zweitens: Das Wesen, das neu entstand, nennt sich Akumu und befindet sich im oder am Berge Meiun. Mehr konnten die Seelen nicht sagen.“

„Meiun.“ Der Taishou dachte nach. „Das sagt mir etwas. Ein Berg, bist du sicher, kein Sumpf?“

„So sagten es die Seelen,“ erwiderte Hakai gekränkt. Als ob jemand Emna Daio anlügen könnte! „Vielleicht zufällig der gleiche Name, werter Herr?“

Der Herr der Hunde blieb für die Verhältnisse eines Youkaifürsten bemerkenswert offen. „Wollen wir es hoffen, der Sumpf von Meiun war sehr unangenehm. - Noch etwas, Shinigami?“

„Auf Wiedersehen.“ Hakai verschwand.

Inu Yasha fühlte sich etwas unbehaglich. Das war nicht unbedingt der Abschied, den er von einem Todesgott hören wollte. Aber, naja, das war idiotisch. Jeder musste sterben. Nur lebten manche wieder, dachte er prompt, wenn er so an Kikyou oder überhaupt Tenseiga dachte - oder das Musterbeispiel, das gerade vor ihm Richtung Strand sprang, gefolgt von Brüderchen – also sollte er das wohl auch.

 

Das Wasser des Chinesischen Meeres brach sich vor den Füßen der Hundefamilie. In nebeliger Distanz konnte nun jeder von ihnen eine Insel erkennen.

Der Heerführer atmete durch, ehe er doch als Vater bekannte: „Das dort ist unbekanntes, aber sicher feindliches, Land. Bleibt hinter mir, wenn wir dort ankommen.“ Er wäre erleichtert gewesen, hätte er gewusst, dass BEIDE Söhne das nicht nur als Befehl, sondern auch als gewisse Fürsorge des Vaters, ja, des Alpha auffassten, seltsam warm und ungewohnt für sie. „Inu Yasha, trete zwischen uns. Sesshoumaru, fasse sein linkes Handgelenk, Inu Yasha, seines.“ In derselben Art packte er selbst zu, fühlte den unerwartet festen Halt des Hanyou um seinen Unterarm. Der Junge war wahrlich nicht schwach. Auch Sesshoumaru hatte Inu Yasha in festem Wechselgriff gepackt Gut. „Dann fliegen wir.“

 

Inu Yasha erstarrte für eine Sekunde, aber dann fühlte er sich auch bereits empor gezogen. Und loslassen war ja wohl ein Ding der Unmöglichkeit. Das durfte doch nicht wahr sein? Er hing hier im Griff von zwei Daiyoukai, die ihn wie einen Koffer mitnahmen, während sie sich aus ihrer eigenen Energie in die Luft erhoben? Prostest wäre gleich aus mehreren Gründen dämlich. Er hatte keine Hand frei – und unter ihm lag das Meer. Aber wie ein Gepäckstück transportiert zu werden, so als Gepäck ...das widerstrebte seinem Stolz doch erheblich. Er mochte genug zucken, denn sein Halbbruder wandte ihm das Gesicht zu. Verdammt. Der Mistkerl amüsierte sich schon wieder über ihn. Nur noch einige Minuten. Da war die Insel, der Strand mit einem sandigen Ende und dahinter ein Wald, wenn auch aus Pflanzen, die er nie zuvor gesehen hatte. Er konnte förmlich spüren, wie Vater und Halbbruder inne hielten. Was war jetzt los?

Die Antwort erfuhr er prompt, als sie ungebremst auf das Land zuflogen. Im wahrsten Sinn des Wortes. Warum hatten diese Idioten den den Griff um ihn gelöst? Er war zu überrascht gewesen um sich noch festhalten zu können. Was war jetzt nur los? Wollten sie ihn etwa mit der Nase – buchstäblich - darauf hinweisen, dass er eben nur halb und nichts Ganzes wahr? Er fing sich mühsam ab, aber benötigte nach dem harten Aufprall doch etwas, ehe er sich aufrichten zu können, mit sicher keinen netten Gedanken an die Verwandtschaft. Dann erstarrte er.

Sowohl Vater als auch Sesshoumaru waren deutlich härter aufgekommen als er und versuchten sich gerade zurecht zu finden. Der Grund dafür wurde Inu Yasha klar, als er erkannte, dass bei beiden die Haare nicht mehr so fein und weiß waren wie zuvor – sie waren schwarz. Hastig überprüfte er seine eigene Lage. Nein, er war noch ein Hanyou. Aber ganz offenbar waren die Zwei nun Menschen geworden. In der Tat. Eine mehr als magische Insel. Und jetzt?

Der Herr der Hunde betrachtete kurz seine Hände, seine Haare, ehe er die logische, wenngleich bittere, Schlussfolgerung ebenfalls zog. „Inu Yasha. Was nun?“
 

Menschentag


 

I

nu Yasha befand sich für einen Augenblick kurz davor einen Lachkrampf zu bekommen, vor allem, als er das vollkommen verdatterte Gesicht Sesshoumarus sah. Oh, ja, Bruderherz, dachte er, ich weiß, wie man sich so fühlt und für dich ist es ungewohnt und deutlicher – so gut nichts sehen, nichts hören, nichts riechen, hm? Und die magischen Fähigkeiten sind wohl auch weg? Oh, tut mir ja so Leid!

Die Frage seines Vaters: „Und nun, Inu Yasha?“ brachte ihn in die Realität zurück. Und die hieß leider, dass sie es zwar auf die magische Insel geschafft hatten, aber zumindest zwei von ihnen deutlich an Kampfkraft verloren hatten – und das gegen einen vermutlich doch recht interessanten Gegner. Zweitens wurde ihm plötzlich bewusst, dass Vater nicht nur die Lage an sich richtig eingeschätzt hatte, sondern auch wusste, ja, akzeptierte, dass er selbst solche Nächte schon öfter durchgestanden hatte und daher wusste, was wohl rein körperlich ihnen bevorstand. Der Heerführer suchte nach Sachverstand. Interessant.

So stand er nur auf und warf einen Blick herum, automatisch sichernd. „Ich weiß nicht, wie lange dieser Zustand hier dauert,“ gab er zu. „Aber ich vermute, dass auch Eure Schwerter, ja, auch deines, Sesshoumaru, nicht so funktionieren. Macht Tessaiga ja auch nicht. Sie brauchen das Youki.“

Der Taishou erhob sich ungewohnt unelegant. „Ich vermute, wir sind zufällig in einer Gegend mit Genki gelandet. Sobald wir diese Quelle hinter uns gelassen haben, werden wir wieder normal. Der Berg von Meiun müsste von hier aus im Norden liegen. Er war einst ein Vulkan, nicht wahr Sesshoumaru?“

Woher sollte er denn das wissen, dachte der älteste Sohn, der noch immer damit kämpfte, seinen Sinnen nicht mehr trauen zu dürfen, ja, sich wie in Zeitlupe bewegen zu müssen. Nun ja, er sollte es wissen, dachte er plötzlich. Immerhin hatte er die Erdkunde der Gebiete lernen sollen, die seinen Eltern gehörten. „Verzeiht, chichi-ue,“ beteuerte er daher hastig. „Ich bin ein nur wenig verwirrt.“

„Tatsachen hören nie auf zu bestehen, nur weil sie einem nicht gefallen,“ tadelte der Vater auch nur milde. Jung und trotz aller Kämpfe der letzten Zeit unerfahren, ja, das waren sie alle beide, seine Söhne.

„Dann gehen wir also nach Norden,“ schloss derweil der Hanyou. „Und, auch, wenn das vermutlich schon wieder schrecklich unhöflich ist – ich gehe voran.“ Oh. Wie war das noch gewesen, man griff weder dem Fürsten noch dem Vater vor? Kam jetzt da etwas?

Der Taishou nickte allerdings nur. „Immer der Stärkste geht voran, ja, Inu Yasha. So ist es gut.“ Da hatte jemand sein Beschützergefühl geerbt. Vielleicht kam er jetzt einmal dazu sich mit seinem Ältesten über diese Rin zu unterhalten? Das war schon sehr eigenartig, vor allem, wenn man bedachte, WER da der Adoptivvater war. Oder war es ganz etwas anderes? Immerhin hatten auch zwischen ihm und Izayoi Jahrhunderte gelegen, was keinen von ihnen beiden gestört hatte. Allerdings – hier war die Rede von seinem Welpen.

 

Sesshoumaru presste die Kiefer zusammen. Nicht nur, dass er hinter Vater gehen sollte, daran hatte er keinen Zweifel, sondern auch noch hinter diesem dämlichen Bastard, der sich schon fröhlich auf den Weg machte? Das war doch …. Leider musste er mit gewissem Bedauern zugeben, dass er in diesem jämmerlichen Zustand nicht die mindeste Ahnung hatte, wo Norden sei. Oder wo sich Youkai befanden oder Fallen oder sonst etwas. Das war zum wahnsinnig werden! Inu Yasha mit mehr Wissen als er? Lächerlich, einfach lächerlich! Und der verehrte Vater akzeptierte das anscheinend, ja, fügte sich in die Rolle des Fragenden? Was war da nur los?

 

Der Taishou hatte kurz nachgedacht, während er einige Schritte hinter seinem Jüngsten lief. „Diese Körper sind menschlich. Ich denke, sie haben andere Bedürfnisse als der Körper eines Daiyoukai. Ich persönlich spüre kein Youketsu mehr, die Quelle meiner Energie.“

„Ähja, ja, chichi-ue.“ Inu Yasha blieb stehen und drehte sich um. Doch, verehrter Vater. Der fragte nach! Bei ihm! Geschmeichelt erklärte er: „Man bekommt Durst und Hunger, benötigt etwas zu essen und zu trinken, benötigt Pausen und Schlaf. Nicht so toll, schon für mich als Hanyou, aber ich vermute für Euch und Sesshoumaru noch einmal … lästiger.“ Nur kein anderes Wort wie „peinlich“ verwenden, das er seinem Halbbruder nur zu gern um die Ohren gehauen hätte. Aber Vater … Ja, der schien sich mit der Tatsache abzufinden, ja, ihn als Ratgeber in solch einer Lage anzusehen. War es das, warum Myouga den so hoch schätzte? Weil der doch, im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, um Rat fragte? Etwas, was er selber zugegeben auch selten machte?

„Wie viele Stunden werden wir so durchhalten?“

„Ohne Wasser? Ein paar.“ Der Hanyou hätte fast gegrinst, als er den Blick seines Halbbruders entdeckte, wandte sich aber doch wieder an seinen Vater, der nachzudenken schien. „Und, da ist das Problem: ich weiß nicht, ob das Wasser auf dieser Insel für Menschen trinkbar ist. Ich meine, ich vertrage als Hanyou schon einiges mehr….“

„Dann sollten wir keine Zeit verlieren,“ befahl der erfahrene Feldherr. „So rasch und so schnell wie möglich aus diesem Bann. Geh.“

 

Wenige Stunden später waren die beiden in Menschen verwandelten Youkai zum ersten Mal in ihrem Leben durchgeschwitzt, verspürten ein seltsames Gefühl im Magen. Der Mund war trocken, die Muskeln in den Beinen schmerzten, wie gewöhnlich kaum nach einem harten Schwertkampf. So also fühlten sich Menschen. Wieso überlebten die überhaupt? Sie mussten zäher sein, noch zäher, dachte der Taishou, als er je geglaubt hatte.

Inu Yasha erkannte an der Witterung die Müdigkeit hinter sich. Das war ja wie vor Monaten mit Kagome, Sango, Miroku. So wandte er den Kopf. „Vor uns liegt ein See, nicht groß, aber das Wasser scheint trinkbar für Menschen. Da könnt Ihr Euch erholen, chichi-ue. Und ich besorge was zu futtern. Hasen und so gibt es hier. Sesshoumaru kann sicher Feuer anmachen.“ Er drehte sich lieber um, ehe er auf den mehr als giftigen Blick seines Halbbruders noch in Lachen ausbrach. Den mal derangiert und verschwitzt zu sehen, war allein diese Reise wert. Und vor allem die Tatsache, wie sehr den das störte. Vater war da echt cooler drauf. Der nahm es hin, wie es war, jammerte nicht, sondern versuchte das Beste draus zu machen. Vermutlich kein Wunder, dass der zum Heerführer aufgestiegen war, oder sogar Fürsten? Und, was noch wichtiger war – der akzeptierte ihn zumindest in dieser Lage als Wissenden. Das war ihm, zugegeben, noch nie passiert. Jetzt sollte er aber zusehen, dass er irgendein Fleisch anschleppte, was man grillen konnte. Vermutlich war den zwei Hübschen noch gar nicht klar, dass sie kein rohes Fleisch essen sollten.

 

Sesshoumaru folgte seinem Vater schweigend, ignorierte auch möglichst, dass dieser dämliche Hanyou auf die Jagd ging, sondern blieb stehen.

„Du weißt, wie man Feuer macht?“ erkundigte sich der Inu no Taishou.

Da fuhr der jüngere Daiyoukai herum, in all dem Zorn, den er auf dieser Wanderung empfunden hatte. „Und wenn ich es wissen sollte – was geht Euch das an oder Inu Yasha? Glaubt Ihr, ich hätte nicht verstanden, dass Ihr ihm hinterherlauft? Dem unbekannten, aber so geliebten, Sohn?“

Oh, dachte der Herr der Hunde, da lief etwas anders als er geplant oder gehofft hatte. Was nun? Er war keine Rechenschaft schuldig, ja, aber Streit in der Familie konnte nicht nur bei diesem Auftrag fatal werden. „Ich kenne dich seit deiner Geburt. Und ich habe dich lieben gelernt, trotz allen Schwierigkeiten, die es manchmal gab. Eltern müssen auch lernen ihre Kinder so zu sehen, wie sie eben sind. Und Inu Yasha – ich muss ihn erst kennen lernen, das solltest du wissen. Ihr seid beide meine Kinder, meine Söhne. Wie kommst du auf den Gedanken, dass ich euch auch nur vergleichen würde, ja, einen bevorzugen würde?“

Sesshoumaru atmete durch um sich zu beruhigen. „Ihr habt ihn bislang nicht bestraft.“

Eifersucht. Toutousai hatte Recht gehabt. Zorn und Eifersucht ließen seinen Ältesten Tokejin meistern. „Strafe erfolgt bei einem Vergehen. Wie könnte ich für etwas eine Strafe verhängen, das derjenige gar nicht als Unrecht sieht, weil er nie etwas lernen konnte? Überdies – ich habe dich bestraft, ja. Aber, wenn du dich erinnerst, nur als Heerführer, nie als Vater. Und im Heer warst du ebenso unter meinem Kommando wie jeder andere Youkai. Jeden anderen hätte ich ebenso behandelt. Das ist das Kriegsrecht. Es wäre und ist unmöglich den eigenen Sohn zu bevorzugen. Das würde das Gefüge zerstören, jeden Sieg rauben.“

„Ihr habt mich auch als Vater bestraft!“ begehrte Sesshoumaru auf. „Oder wie nennt ihr den Schnauzenbiss oder das zu-Boden-werfen?“

„Das, mein Lieber, tun selbst unsere sehr entfernten, tierischen, Verwandten. Kein Kind kennt alle Regeln seit Geburt. Und, sei ehrlich, du hast keine auch nur stundenlangen Schäden davon getragen. Hat dir deine Mutter nie erzählt, wie dein Großvater mit Untergebenen oder seinen Söhnen umsprang?“

„Großvater hatte Söhne?“ entfuhr es dem jüngeren Daiyoukai, ehe er erneut die Zähne zusammenpresste.

Das erklärte manches. „Drei, ja. Deine Mutter war die einzige Tochter. - Nun, mach Feuer, denn ich denke, dein Bruder wird bald zurück sein.“

„Halbbruder.“

Der Junge widersprach ihm dauernd. Aber der Taishou hielt sich zurück, im Interesse des Auftrags, im Interesse jedoch auch der Familie. Beide Söhne hatten Jahrhunderte ohne ihn gelebt, überlebt, und sich vieles wohl selbst beigebracht. Dass es dabei zu Irrtümern kam, war logisch. Er hatte geglaubt, seine Autorität hätte seinen Tod überstanden, aber er erkannte durchaus, dass er sich den Respekt BEIDER erst erkämpfen musste. Nun, Kampf und Sieg war er gewohnt, aber das war doch noch einmal etwas anderes.

 

Inu Yasha sah sich um. Unterwegs hatte er einige Kaninchen oder Hasen flitzen sehen, aber jetzt waren sie wie vom Erdboden verschluckt. Schliefen die? Sekunde. Da leuchteten doch zwei Punkte eine Handbreit über dem Boden in diesem Gebüsch. Das waren Augen, auch, wenn er nichts wittern konnte.

Mit einem Satz, der aus vergangenen Tagen angelernt war, als solche Jagd ihm sein eigenes Überleben gesichert hatte, sprang er los und packte hinter dem vermeintlichen Kopf zu. Zu seiner gewissen Überraschung griff er nicht in Fell, sondern in Stoff. Er krallte sich ein und ignorierte das empörte Quieken, als er den Besitzer der Augen herauszog und ihn sich vor das Gesicht hielt. „Na, du bist doch ein Gami?“ fragte er die winzige, menschlich anmutende, Gestalt. Ein kleiner, bestimmt nicht sehr mächtiger Gott, vermutlich der Herr dieses Sees.

„Lass mich sofort los, du Monster!“ Es war dem Gami auch noch nie passiert, dass er an seinem Gürtel durch die Luft geschwenkt wurde – und ihm wurde schlecht.

„Kaum. Ich denke nämlich, da will sich jemand mit dir unterhalten. Du weißt doch sicher, wo wir hier sind.“

„Bitte, lass mich runter, mir wird schlecht….“

Inu Yasha stellte immerhin das Schwenken ein, lockerte seinen Griff allerdings nicht. „Komm schon, chichi-ue wird dich sicher was fragen wollen.“

 

Wenige Minuten später war er bei den beiden Menschen – oder ehemaligen Daiyoukai. Er hätte noch immer lachen mögen wie verbissen sein Halbbruder drein blickte. Vater dagegen hatte sich lässig an einen Baum gesetzt und lehnte daran, als sei es für ihn eine alltägliche Situation. Der Taishou hob allerdings eine Braue, als er den Fang erkannte.

„Kein Hase, also, nichts zu essen, aber ich denke, der Gami kann einige Fragen beantworten,“ erklärte der Hanyou daher. „Ich besorge dann schon noch was.“

Der Heerführer nahm es zur Kenntnis. „Der Gami dieses Sees, vermute ich. - Hast du auch einen Namen?“

„Ich rede nicht mit Menschen!“ zischte der kleine Gott, ehe er prompt erneut geschwenkt wurde. „Hör auf, ja, gut, ich heiße Uminami. Und ich bin der Herr dieses Sees.“

„Deine magische Macht, dein Genki, scheint nicht besonders zu sein, wenn du selbst an einem Ort, an dem eine Genkiquelle sprudelt, so harmlos bist.“

Uminami dämmerte, dass er nicht mit einfachen Menschen redete. Und ja, der Kerl, der ihn schon wieder so schwenkte, war ein Halbblut, ein Hanyou. Vater, hatte der gesagt? Das war dann kaum ein Mensch und die Mutter eine Youkai, sondern anders herum. Der Zweite hier schien auch nur ein Mensch zu sein. „Äh, das ist so, ja, hier ist eine Genkiquelle. Und je mächtiger ein Youkai ist, umso mehr wird ihm seine Macht entzogen.“ Und das bedeutete schlicht, dass der Mann, der da saß, aber vermutlich auch der Jüngere, der etwas entfernt stand und ihn nur finster musterte, eigentlich sehr mächtige Youkai, wohl gar Daiyoukai, waren. Keine Leute, die Geduld bewiesen, wenn sie in der Klemme steckten.

„Wo endet der Bereich, den diese Genkiquelle noch beeinflussen kann?“ fragte der Taishou. „Wir wollen zu dem Berg Meiun.“

„Was wollt ihr denn da?“ entkam es dem Gami, ehe er hastig ergänzte: „Natürlich, den werten Nagano besuchen ...“ Warum auch immer. Nun, der Daiyoukai schützte diese Insel und beherrschte ihre Bannkreise, was man von ihm selbst nicht behaupten konnte. Er lebte in und an seinem See und das war es auch.

„Ist dir nicht aufgefallen, dass Nagano verschwunden ist?“

„Äh, nein, die Magie hat sich nicht geändert.“

Was dafür sprach, dass Nagano noch in irgendeiner Form existierte, sehr wahrscheinlich verschmolzen mit Onigumo. „Weißt du, ob auf diesem Weg noch weitere Genki-Felder liegen, die uns so beeinflussen können?“

„Nein, das kann ich nicht sagen. Die meisten der … ja, Felder, wie Ihr so richtig sagt, tauchen auf und verschwinden wieder. Der See hier ist stabil. Deswegen lebe ich hier. Ich will doch nur meine Ruhe haben. Darum habe ich mich ja auch versteckt, aber er … er hat mich gefunden.“

„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“

„Äh, nein? Welche denn?“ Uminami brach der Schweiß aus. In dem ruhigen Satz schwang etwas mit, das er nur als Drohung interpretieren konnte.

„Wo endet der Einfluss dieser Quelle?“

„Äh, ich bin mir nicht sicher, wie sehr sie Euch auch weiter weg noch beeinflussen kann, edler Herr,“ beteuerte der Gami lieber. „Ich gehe nie weiter als nur eine Tagesreise vom See weg – und da spüre ich schon, dass das Genki abnimmt.“

„Woher stammen diese Quellen aus Genki oder Youki?“

„Man sagt, also, ich hörte, dass das daher kommt, weil zwei der mächtigen Götter des Himmlischen Königreiches auf dieser Insel weilten. Aber, das sind Leute, die nicht mit mir reden ...“

„Gibt es noch andere Felder? Du sagtest, sie erscheinen und verschwinden wieder?“

„Ja, so hörte ich. Es passiert einfach so. Es mag sein, dass Ihr in ein oder zwei Tagen in einen Bereich kommt, in dem Wesen leben, die Ihr nie zuvor gesehen habt.“

„Gut. Lass ihn gehen, Inu Yasha.“

Der Hanyou lockerte prompt den Griff und der erleichterte Uminami fiel zu Boden. Noch ehe er ganz unten war begann er allerdings schon zu rennen, so rasch ihn seine Füße trugen. Er sollte, das war ihm bewusst, nahe am See bleiben und sich auch in der nächsten Zeit nicht in einen Bereich wagen, in dem Daiyoukai noch nicht ihr gesamtes Potential abgezogen worden war. Er hatte noch nie gehört, dass Youkaifürsten besonders milde gestimmt waren, wenn sie schwach wurden. So gesehen war es sowieso ein Wunder, dass er noch am Leben war. Dieser zweite Daiyoukai hatte ihn nur wortlos angestarrt. So musste es sich anfühlen, wenn man dem Tod persönlich begegnete.

 

Inu Yasha sah zum Taishou. „Äh, irgendetwas stimmt doch nicht, oder?“

„Was meinst du?“

„Nun ja, wenn diese Genkiquelle bewirkt, dass das Youki entzogen wird, umso mehr, je mächtiger ein Youkai ist – wieso bin ich dann kein Mensch? Mir müsste doch auch das Youki entzogen werden.“

Das stimmte, aber der Vater blickte zu seinem Ältesten, da der herankam. „Eine Idee?“

Sesshoumaru atmete etwas zu tief ein. Trotz seines Aufbegehrens zuvor – nur eine sachliche Frage. Genauso wie zuvor bei dem Halbblut. Vater wollte Informationen, keine Emotionen. So, wie es einem Daiyoukai ziemte. „Tessaiga.“

„Ja, das ist auch meine Meinung. Inu Yasha, dein Schwert unterdrückt in der Regel einen Gutteil deines Youki. Es scheint möglich, dass dir nur der Anteil abgezogen wurde, den du gewöhnlich hast, aber ehe du zu einem Menschen wurdest, gab Tessaiga den nächsten Anteil des Youki frei, um dich zu schützen. Kurz, wärst du ein gewöhnlicher Halbdämon, wärst du ein Mensch.“

„Schon, aber am Berg Hakurei wurde ich ja auch zu einem Menschen, als mir das Youki entzogen wurde,“ murmelte Inu Yasha und kratzte sich unwillkürlich an einem Ohr.

„War das eine Genki-Quelle?“

„Nein, der Bann eines sehr mächtigen Priesters, verstärkt noch mit irgendeinem Amulett.“

„Nun, da hast du die Erklärung. Genki und Youki sind die konträren Seiten der Macht. Wir wurden nicht geläutert, sondern die Gegensätze heben sich auf. Der Priester läuterte – und so wurdest du zum Menschen.“

Kagome würde vermutlich sagen, er sollte sich für die Erklärung bedanken, aber das konnte er doch nicht. Weniger wegen Vater, als weil das ja auch bedeutet hätte sich bei diesem arroganten Typen von Halbbruder zu bedanken. So meinte Inu Yasha nur: „Ich geh dann mal auf Hasenjagd.“

 

Akumu war derweil sehr mit sich zufrieden. Nicht nur, dass er einiges an Youki eingesammelt hatte, wenngleich um den Preis von einigen Toten, sondern er war jetzt auch überzeugt, dass er einen Abkömmling erschaffen können würde. Natürlich musste er behutsam vorgehen, immer bereit, den auch wieder zu absorbieren, falls etwas schief lief, aber den Wächter sollte er doch hinbekommen. Dazu war wichtig, dass er ihn sich richtig vorstellte. Ja, weiße Haare, weiße Kleidung, dazu im Kontrast eine schwarze Rüstung. Ein hübscher Bengel, ja. Jemand wie er, der bald alle Youkai in Japan beherrschen würde, sollte nur schöne Dinge angucken. Er sah diesen neu geschaffenen „Sesshoumaru“ förmlich vor sich. Gut, ja, hübsch. Aber etwas fehlte noch. Etwas Dekoratives. Ja, ein weißer Schal um den Hals, möglichst lang, damit der im Kampf wie eine Fahne wehen konnte. Es würde vermutlich Tage dauern den zu erschaffen, genau wusste er es nicht, aber dann würde er seinen Wächter über die Insel schicken, alle unterwerfen lassen. Mit dem Schwert hatte er es ja zugegeben weniger als mit den Bannkreisen, ein Erbe des guten Akano. Die Klinge, ja. Woher sollte sein Abkömmling die bekommen? Gab es auf Muraishima keine Bewaffneten? Sicher, doch. Erst einmal einen Schwertträger töten, dann wäre sein Projekt perfekt.
 

Zwei Daiyoukai plus ein Hanyou minus Youki


 

A

ls Inu Yasha mit zwei Hasen zurückkehrte, meinte er: „Äh, ihr zwei wisst schon, wie man die bearbeitet?“ Da sich die momentan schwarzen Augen seiner männlichen Verwandtschaft auf ihn richteten, erklärte er: „Ich meine, Fell abziehen, ausnehmen, braten?“

Sesshoumaru zuckte fast zusammen, während der Hundefürst sachlich erwiderte: „Nein. Ich habe nur in meiner Jugend Tiere gegessen, und das in meiner Hundeform, Rinder, die mir geopfert wurden.“ Er bemerkte, dass ihn beide Söhne anstarrten. „Eine lange Geschichte und momentan nicht relevant. Also, das Fell muss abgezogen werden.“

„Ja, und die Innereien raus, dann alles aus und abwaschen. Das wird sonst für Menschen nichts.“ Der Hanyou vermisste gerade Kagome schrecklich, die doch, ebenso wie Sango, auch immer Kräuter irgendwie … Nun ja, er hatte nie so genau aufgepasst, zufrieden damit gekocht zu bekommen. In seiner Kindheit hatte er oft genug im wahrsten Sinne des Wortes Rohkost aller Sorten zu sich nehmen müssen, ehe er zumindest braten lernte. „Äh, dann muss man Astgabeln aufstecken, so … und einen Ast oben drauf legen als Spieß, so. Der Hase kommt dann an den Spieß. Ich gehe und suche noch ein paar Kräuter, die kommen rein und rum, meine Freunde sagen immer dann schmeckt es besser.“ Hoffentlich wuchs hier auch etwas, das so ähnlich roch.

„Such,“ befahl der Taishou automatisch, während er bereits sein Schwert zog. „Meine liebe Prinzessin, eine ungewohnte Situation erfordert ungewohnte Maßnahmen.“

Sesshoumaru beobachtete regungslos, wie sein Vater das Fell abzog, ehe er doch sagte: „Das ist so demütigend.“

Der Herr der Hunde blickte auf. „Setze dich. Und denke an eines: niemand kann dich demütigen, außer du dich selbst. Diese Lage ist ungewohnt, nicht sehr amüsant, aber sie existiert. Und wir müssen solange uns damit arrangieren bis wir aus diesem Genki-Feld sind. Hoffentlich treffen wir als nächstes auf ein Youki-Bereich, das wäre eine nette Abwechslung. Oder auch nicht. Zuviel Energie kann auch schädlich sein.“

„Inu Yasha.“

„Möglich, aber auch bei uns. Daiyoukai hin oder her – wir sind keine Götter. Auch an zu viel dämonischer Macht kann man sterben.“

Das wiederum konnte sich Sesshoumaru nicht vorstellen. Aber er war wirklich froh, dass sein verehrter Vater kaltblütig die Zubereitung dieser Tiere übernahm – ja, dieser Mann besaß wahrlich vollendete Selbstbeherrschung, das sollte und konnte er sich neben der Macht zum Vorbild nehmen. So erwiderte er nur höflich: „Ja, chichi-ue.“

„Zünde das Feuer an. Hm. Ich habe mich nie gefragt, wie es Menschen gelingt Fleisch zu braten ohne es zu verbrennen. Man muss es wohl wenden.“ Da er den fast ungläubigen Blick seines Ältesten bemerkte: „Man kann nie genug wissen und lernen, mein Sohn. Nie.“

Da es sein männlicher Elternteil übernahm diesen Ast durch die Hasen zu stecken – Sesshoumaru glaubte zu spüren, wie sich sein Hals zuschnürte – sagte er nur, mit gewisser, wenngleich ehrlicher, Bewunderung: „Ich lerne von Euch.“

Oh, dachte der Taishou. Das war ein ungewohntes Eingeständnis. Er konnte sich nicht entsinnen, dass sein Erbe das bereits einmal offen ausgesprochen hätte. Lernte der tatsächlich in solch einer unangenehmen Situation? Nur da? Sollte er ihn jetzt nach Rin fragen? Aber, das wäre Sesshoumaru vor Inu Yasha peinlich und das sollte er verhindern. Leider konnte er mit der menschlichen Nase nicht herausbekommen wie und wo der Jüngere steckte. Lästig. Verdrießlich, geradezu. Aber ganz wollte er seinen Erziehungsauftrag auch nicht vergessen. „Recht ist es vom Erfahrenen zu lernen, das ist richtig. Und in unserer Lage ist das Inu Yasha. Er allein kennt das Dasein als Mensch und den Umgang mit Youki.“

Der Hanyou, der gerade mit einigen Kräutern, die er gefunden hatte, und von denen er annahm, das seien die, die Kagome und Sango verwendeten, zurückkam, dachte, er höre schlecht. Leider konnte er allerdings auch vernehmen, wie sein Vater fortfuhr:

„Das bedeutet, er ist der Anführer in dieser Situation. Und wir sollten seinen Anweisungen folgen, denn nur er kann uns hier durch bringen.“

Mit anderen Worten, er sollte sich besser nicht irren, schloss der jüngere Sohn daraus. Aber immerhin - er wurde sozusagen als Experte anerkannt. Das war ja schon mal was. Vermutlich war das auch eine einmalige Situation. Aber irgendwie schmeichelte es ihm schon. Vielleicht war es wirklich das, was er sich schon gleich am Strand dieser dämlichen Insel gedacht hatte – ein erfolgreicher Heerführer oder Fürst beharrte nicht auf seinem Befehl, wenn er Experten dabei hatte, sondern hörte die sich an? Naja, er fragte ja auch nach, zumindest bei Kagome – und wenn nicht, hatte die früher ihre eigene Methode gehabt um ihn zum Zuhören zu bringen. Jetzt nutzte sie ihren Befehl nicht mehr. „Äh, hier.“ Er bemerkte durchaus, dass die zwei Daiyoukai zusammenzuckten. Sie hatten ihn nicht kommen gehört oder gewittert – ungewohnt für sie. Vermutlich kamen sie sich ziemlich hilflos vor. So sehr er es ja diesem etwas zu stolzen Hund von Halbbruder gönnte, irgendwie wusste er ja auch, wie sich das anfühlte – und das letzte Mal war erst gestern Nacht gewesen. Immerhin. Wären sie schon hier auf der Insel gewesen, wären sie alle drei zu Menschen geworden. Und bei Nacht vermutlich so etwas wie wandelnde Appetithäppchen für irgendwelche Youkai, die hier lebten. Moment. Denen müsste doch die Energie auch entzogen werden, oder? „Also, Kagome steckt die Kräuter immer da rein, aber sie zerkleinert sie. Ich habe natürlich kein Salz gefunden, es muss eben so gehen.“

Der Hundefürst nahm wortlos das Kräuterbüschel und rieb die aufgespießten Hasen damit ein, ehe er sie provisorisch füllte. „Wie lange dauert es, bis sie fertig sind?“

„Bestimmt zwei Stunden. Und man muss sie immer wieder drehen. Also, den Spieß natürlich.“ Der Hanyou setzte sich. „Aber es sieht schon mal gut aus. Wenn wir auf Reisen sind, macht das immer Kagome oder Sango.“

 

Menschen benötigten dermaßen Aufwand um ihre Energie aufzuladen, dachte Sesshoumaru. Nun ja, auch Rin hatte früher ihre Fische immer gebraten. Er hatte sich damit allerdings nie genauer befasst, sondern sich darauf verlassen, dass sie keine Verzögerung darstellen wollte. Überdies hatte Jaken ja gewusst, wie der ihr helfen konnte. Doch, das war auch immer eine gewisse Zeit gewesen. Eine halbe Stunde? Länger? Er selbst hatte ein bisschen meditiert und auch ein wenig sich darauf konzentriert, ob sich irgendein lebensmüder Youkai anschlich. Er warf einen Blick in die Runde. Vater wirkte entspannt, während er in das Feuer guckte, als sei das eine alltägliche Lage. Selbst Inu Yasha schien nicht sonderlich erheitert über diese unsägliche Situation, eher ein wenig besorgt. Warum? Der sollte es zumindest gewohnt sein, mit Menschen um ein Feuer zu sitzen.

 

Die Erklärung folgte prompt, da sich der Jüngere an den Vater wandte. „Ich denke, es ist Glück, dass Tag ist. Es dürfte hier zwar keine Youkai geben, aber Menschen sind auch für normale Raubtiere eine lohnende Beute. Wenn Ihr gegessen habt und vor allem getrunken, das solltet ihr beide übrigens wirklich, sollten wir weiter gehen. Ich kann nur hoffen, dass wir bis zur Nacht entweder aus diesem dämlichen Bannkreis sind oder zumindest ein gutes Versteck gefunden haben. Wölfe oder andere Raubtiere gibt es hier vermutlich ja doch.“

„Der Gami sprach von einer Tagesreise. Und er ist doch deutlich kleiner als wir,“ erwiderte der Taishou. „Aber ja, Wasser ist eine gute Idee.“ Er erhob sich. „Überdies – du hast vermutlich recht, was Raubtiere betrifft. In dieser Form dürfte selbst eine gewöhnliche Giftschlange ein Problem bereiten können.“

Gift? Noch dazu das eines gewöhnlichen Tieres gegen ihn? Sesshoumaru hätte fast eine Augenbraue gehoben, als er aufstand, um seinem Vater zu folgen. Das war Durst, was er spürte, ja. Und das hatte er seit Welpentagen nicht mehr bemerkt, nun ja, seit er seine eigene Energie verwenden konnte. Unsäglich. Und ganz bestimmt war das nicht die einzige unangenehme Lage, in die man auf dieser Insel kommen konnte. Onigumo hatte genau gewusst, warum er hierher floh. Diesem Narren war bestimmt klar, dass man nicht ungestraft aus der Unterwelt entkam.

 

Keine zehn Minuten später fand der jüngere Daiyoukai erneut einen Grund für Verdrießlichkeit. ER konnte sein durchnässtes Gewand nicht mit Energie trocknen. Schön, er hatte keinen Durst mehr und fühlte sich erfrischt ….schon das war unsäglich, aber diese Seide klebte förmlich an ihm Warum nur hatte er Vaters Beispiel nicht befolgt und sich ausgezogen? Weil es sonst doch immer klappte? Aber es half nichts. Jetzt musste er zu seiner Entscheidung stehen, während sich der Taishou wieder anzog und es tatsächlich vermochte sich den schweren Panzer allein überzustreifen und mit Schnallen zuzuklappen. Nun ja. Er musste wohl daraus lernen, dass er das Beispiel des Älteren besser befolgen sollte, dachte er, während er, ungewohnt mit den Zähnen klappernd, dem Herrn der Hunde zur Feuerstelle folgte. Wenn es dieser Mischling auch nur wagen sollte zu grinsen …

 

Inu Yasha blickte kurz von den Hasen auf – und starrte eilig lieber wieder die an. Vater sah ja völlig normal aus, nun ja, bis auf die Tatsache, dass der ein Mensch mit einem schwarzen Pferdeschwanz war, aber der nicht-ganz-so-liebe Herr Halbbruder ….ach ja. Der war in voller Montur ins Wasser gestiegen. Badete der nie nackt? Vermutlich konnte er mit seinem Youki auch immer alles in Ordnung bringen, ja. Aber jetzt gab es auch keins. So lächelte der Hanyou fast selig die Braten an, als seien die gemeint: weiße Seide, an Armen und Beinen förmlich an geklatscht, nasses Haar, in schwarz noch dazu … Ein so schöner Anblick. Er würde es lieben, diese Reise angetreten zu haben. Leider durfte er bestimmt Sesshoumaru nicht auslachen, da sonst was von Vater kommen würde, wäre der erst nur wieder ein Daiyoukai. Aber niemand konnte und würde ihn daran hindern zwei grillende Fleischstücke anzulächeln. „Es dauert noch,“ verkündete er nur.

 

Der lachte, da war sich Sesshoumaru sicher. Oh, das würde er ihm so etwas von heimzahlen … wäre Vater nur aus der Reichweite. Und er selbst natürlich in Normalform. Als Mensch auf einen Hanyou loszugehen wäre nur so töricht wie als Hanyou auf einen Daiyoukai. Und er würde sich gewiss nicht Inu Yasha zum Vorbild nehmen.

„Natürlich.“ Der Taishou setzte sich wieder und lehnte sich gegen den Baumstamm. Er entsann sich, wie Izayoi mit sanftem Lächeln Tee zubereitet hatte – für ihn. Liebenswert, nutzlos, aber er hatte ihn dankbar genommen, froh, dass er sie lächeln sah, ihre so geschickten Bewegungen beobachten konnte, sie in der Nähe wusste. Hm. Izayoi. „Inu Yasha.“

„Äh, ja?“ Der Hanyou sah sich nicht nur gezwungen seine Heiterkeit zu unterdrücken, sondern auch zu seinem Erzeuger zu blicken.

„Deine Mutter hat doch nie für dich gekocht?“ Sie war doch eine Prinzessin.

„Nein, das bekamen wir immer geliefert, sozusagen.“

„Du hast dir das selbst beigebracht? Oder erst durch diese Menschen gelernt?“

„Ja.“ Zu allem.

Das ließ nur die logische Schlussfolgerung zu, dass der kleine Junge nicht nur das Dach über dem Kopf verloren hatte, als seine Mutter starb, sondern buchstäblich mutterseelenallein durch die Wildnis lief, mit ab und an guten Ratschlägen von Myouga ausgestattet, der natürlich auch weder kochen noch kämpfen konnte. Eigentlich erstaunlich, wie wenig sein Jüngster verbittert wirkte. Der hätte jedes Recht dazu gehabt. Und die latente Feindseligkeit ihm selbst gegenüber, nun, das war wohl verständlich. Der Vater war bei seiner Geburt gestorben und er mochte oft genug eine schützende Pfote vermisst haben. „Wie bringt man es als Mensch fertig Teile dieser Braten zu essen? Man kann es sicher kaum mit den Fingern abreißen. Mit dem Schwert?“

Inu Yasha war zu erfreut über die Rückfrage an ihn als Experten, dass er nicht erwidert hätte: „Nein, chichi-ue. Also, meine Freunde haben entweder ein Messer dabei, wenn Sango mit dabei ist, sie ist Dämonenjägerin, oder ich reiße es in Portionen. Das geht schon.“

 

Auch das noch! Sesshoumaru benötigte seine gesamte Selbstbeherrschung um nicht aufzuspringen und davon zu laufen – und sich damit vor seinem verehrten Vater zu beschämen. Nein. Selbstkontrolle, ermahnte er sich. Das war eine unsägliche Lage, aber sie würde enden. Und dann, wenn Vater mal nicht hinsah … Dieser Bastard grinste doch schon wieder so vor sich hin. Und der sollte ja nicht denken, er wüsste nicht genau, warum. Obwohl – bei dem Hanyou war dieses Grinsen offenbar öfter mal üblich. Lächelte der etwa tatsächlich den Braten an, weil er Hunger hatte? Das wäre natürlich ziemlich töricht, anderseits … Nun ja, zum Einen handelte es sich um Inu Yasha, zum Zweiten – selbst er verspürte in dieser minderen Form das Bedürfnis etwas zwischen die Zähne zu bekommen, seinen knurrenden Magen zu beruhigen. Wenn er gewusst hätte, wie Hunger weh tun konnte, hätte er Rin öfter gleich etwas essen lassen und nicht abwarten, bis ihr Magen knurrte. Wie seiner gerade. Offenbar selbst für menschliche Ohren hörbar, denn sein verehrter Vater drehte den Kopf zu ihm. Peinlich! Der … Vaters jüngerer Sohn musste es ebenso gehört haben, aber der drehte nur den Spieß um, ordnete das Feuer. Und doch, da war sich Sesshoumaru sicher, der amüsierte sich. Köstlich. Er würde ihm den Hals umdrehen!

 

Der Taishou bemerkte durchaus die wachsende Anspannung zwischen seinen Söhnen. Ach du je. So war das über Jahrhunderte abgelaufen? Denn er bezweifelte nicht, dass sich beide nur um seinetwillen zurückhielten. Das war nicht das Geschwisterverhältnis, das er sich erwünscht hätte, eher das, was er befürchtet hatte. Er sollte wohl ablenken. Diese Hasen brauchten freilich noch, ehe sie für Menschen genießbar waren.

„Da Sesshoumaru nicht wusste, dass seine Mutter Brüder hatte, möchte ich euch etwas über die Familie erzählen. Euer gemeinsamer Urgroßvater ….“ Und jetzt hatte er die volle Aufmerksamkeit beider Söhne. „Er war der Herr der westlichen Länder. Der Schutzherr. Und ein Hundeyoukai. Er bekam zwei Söhne. Den einen von seiner standesgemäßen Hundegefährtin, den anderen von einer niederrangigen, mit der er auch nicht verheiratet war. Nach seinem Tod erbte der reinblütige Erbe. Dieser war nun der Herr, der andere der Bastard. Beide empfanden Zorn, beide wollten die Macht, und alles, was sie bringen mochte. Krieg zwischen Brüdern.“ Der Taishou schwieg einen Moment, um seine Sätze besser wirken zu lassen. „Ja, Krieg, der Sohn gegen den Fürsten, der Fürst gegen den Bastard, zwei gegen einander, obwohl doch nur einer ihr Vater war. Und wo endete es? Sie starben gemeinsam auf dem Schlachtfeld und sie wurden gemeinsam begraben. Und es gab erneut Krieg, denn neue Leute witterten ihre Chance. Beide hatten Söhne, aber jeder nur einen. Und sie waren noch sehr klein. Zum Glück für den Westen gab es kluge Ratgeber, die die Jungs dazu brachten sich zu verständigen, gemeinsam die Feinde des Westens zu besiegen. Und dann …. Nun, mein Vater bekam mich, sein Cousin drei Söhne und eine Tochter. Es war nicht einfach, aber ich kämpfte mich hoch, unterwarf so manchen Stamm, manches Volk. Dann trat mir mein Onkel mit zwei Cousins gegenüber. Sie wussten, dass ich So´unga trug, aber sie waren sicher zu dritt zu gewinnen. Der Älteste starb in dem Angriff. Onkel und der Zweitgeborene flohen zurück zu ihrem Schloss. Und unterwarfen sich mir. Ich war ein Narr anzunehmen, dass das endgültig sei. Aber ich nahm es an. Familie, eben. Als sie erneut einen Aufstand machten – und das war es, hatten sie mich doch als Herrn der Hunde und Fürsten des Westens anerkannt – nahm ich So´unga zu Hilfe. Onkel und der Cousin starben auf dem Schlachtfeld und ich zog gegen das Schwebende Schloss. Der jüngste Cousin wollte es verteidigen. Nutzlos, sinnlos, aber er tat es. Ich eroberte das Schloss, ließ ihn hinrichten und heiratete die letzte Überlebende, deine Mutter, Sesshoumaru. In unserer Familie ist Beißhemmung gegenüber Familienangehörigen nicht bekannt, lernte ich daraus. Und doch wäre so oft so sinnvoll. Ihr zwei zusammen könntet eine Menge erreichen – zumal mit mir.“ Ein winziges Lächeln. „Essen wir. Und gehen rasch weiter. Da wartet jemand namens Akumu darauf uns zu treffen.“

 

Da das stimmte, guckte Inu Yasha nach dem Braten. Krieg zwischen Brüdern, Krieg zwischen Cousins – eigentlich war das einzig Erstaunliche an seiner persönlichen Brudergeschichte, dass er noch lebte. Und er war verflixt sicher, dass zumindest früher Sesshoumaru sein Bestes gegeben hatte um ihn um die Ecke zu bringen. Ha. Er selbst musste also verdammt gut und stark sein!

Naja. Essen war fertig und Vater hatte recht – sie sollten sich beeilen. Wenn es Nacht wurde sollten sie aus diesem blöden Genki-Feld sein. Er verspürte keine Lust sich mit einem Rudel Wölfe um zwei vermeintliche Menschen balgen zu müssen, zumal die Tiere ihm ja eigentlich nichts getan hatten und sich schon gleich zweimal nicht an Daiyoukai wagen würden, wüssten sie es nur. Echte Menschen hätte er doch immer beschützt, wie er es Mama und Kikyou und vor allem Kagome versprochen hatte. So riss er lieber einen Schenkel ab und reichte ihn weiter. „Chichi-ue.“

„Danke,“ sagte dieser höflich.

Sesshoumaru sah sich dagegen kaum in der Lage das angebotene Fleisch anzunehmen. Wer war er denn, dass er sich von einem Hanyou füttern lassen musste? Aber, da er aus den Augenwinkeln durchaus bemerkte, wie sein verehrter Vater nur kurz schnupperte ehe er in die Mahlzeit biss, nahm er den Schlegel, um sich nicht der Feigheit oder Unhöflichkeit zeihen zu lassen. Oh, dafür würde er ihm das Genick brechen, diesem …. Inu Yasha grinste, da war er vollkommen sicher!

 

Tatsächlich tat dies der Hanyou, zumal als er erkannte, dass Fetttropfen auf das gewöhnlich so makellose weiße Beinkleid seines Halbbruders fielen. Er schielte allerdings vorsorglich seitwärts. Nein, Vater aß seitlich gedreht, kannte offenbar die Tücken der Mahlzeit. Allerdings sollte er es wohl besser nicht übertreiben. Besäße der liebe Sesshoumaru sein gewöhnliches Energielevel würde hier im Umkreis schon alles brennen. Und Vater wäre wohl auch nicht sonderlich begeistert. Sich mit zwei Daiyoukai gleichzeitig anzulegen – nun, selbst er war schlau genug, das zu vermeiden. „Äh, du tropfst gerade ...“ wies er nur darauf hin.

 

Auch das noch! Und was jetzt? Zeit seines Lebens hatte Sesshoumaru noch nie seine Hose gewaschen, das war schlicht nicht nötig gewesen. Sich aber mit Flecken von toten Hasen irgendwo zu zeigen widersprach seinem Stolz ziemlich bis vollständig. Was jetzt? „Äh, chichi-ue?“

Ah, die Anfrage an die letzte Instanz, dachten Vater und Halbbruder gleichermaßen amüsiert, ehe der Taishou sachlich antwortete: „Versuche es anschließend noch im Wasser auszuwaschen. Wir sollten noch einmal trinken. Niemand weiß, wie weit dieses Genki-Feld noch dauert.“

Inu Yasha unterdrückte seine Erheiterung hastig, da er sich für einen Moment seinen Halbbruder an einem Waschbrett vorgestellt hatte. So sagte er nur: „Ich denke, es sind noch sechs Stunden, bis es dunkel wird. Bis dahin sollten wir, wenn dieser komische Gami die Wahrheit gesagt hat, doch schon soweit sein, dass Ihr zumindest zu Youkai werdet.“ Ach, das konnte ja noch eine wunderbare Reise werden! Vorausgesetzt, in dem nächsten dieser Felder passierte nicht etwas mit ihm selbst. Naja, Neumond war ja gerade erst gewesen und was konnte schon noch schlimmer werden?

 
 

Raus aus der Bratpfanne, rein ins Feuer


 

A

ls Sesshoumaru getrunken hatte und wieder pitschnass aus dem See stieg, war seine Stimmung selbst als Mensch dermaßen mörderisch, dass Inu Yasha in einem Anflug von Mitleid nur meinte: „Gehen wir lieber. Ehe die Sonne untergeht sollten wir aus diesem Genki-Feld sein.“

Ach du je, dachte der Hanyou allerdings bei sich, was war dieser Typ nur arrogant, eitel und was sonst noch. Er selber hatte Zeit seines Lebens lernen müssen, dass er für eine Nacht zum Menschen wurde. Wenn er sich so angestellt hätte, wäre er keine zehn Jahre alt geworden. Vater war da eindeutig gelassen – und er hatte dem auch nicht vergessen, dass er ihn bei der Spinne rausgeholt hatte, ja, ihn getragen hatte. Inzwischen glaubte er doch, dass das irgendwie eine Vater-Sohn-Haltung war. Anders als bei Müttern, aber der kümmerte sich doch um ihn. Nun ja, im Moment eher andersherum, aber der Taishou war offenbar in der Lage Notwendigkeit von Stolz zu unterscheiden, ja, er hatte sich auch nach seinem, Inu Yashas, Befinden erkundigt. Das war doch schon mal was. Und vermutlich hatte Kagome, wie eigentlich ja immer, recht, er sollte dem Kerl eine Chance geben. Vermutlich bemühte der sich um ihn, so wie es eben ein Youkaifürst nur tun konnte. Anders als ein Mensch, aber was konnte er da auch erwarten. Jedenfalls anders als sein Bruderherz. Und das war ein mehr als amüsantes Kapitel für sich. Er sollte nicht grinsen, denn er wusste nur zu gut wie es war sich so zu fühlen. Aber trotzdem – den Spaß war diese dämliche Reise wert gewesen. So ergänzte er nur: „Dieser Gami meinte doch, nach einer Tagesreise schwinde das Genki, also solltet ihr zwei bald es auch spüren, dass ihr wieder Youki habt.“

 

DAS wiederum hofften die beiden Daiyoukai, die sich ihm anschlossen, mehr oder weniger zähneknirschend nur.

 

Die Dämmerung begann, als Inu Yasha stehen blieb. Na bitte. Das heulten doch Wölfe? Gleichzeitig spürte er aber etwas Seltsames in seinem Rücken und wandte sich um. Tatsächlich. Vater und Halbbruder sahen eigentlich wieder wie gewöhnlich aus, betrachteten auch nur kurz ihre Klauen. Allerdings war das Youki noch weit entfernt von normal. Immerhin sollte auch der dämlichste Wolf kapieren, dass er hier keinem Menschen gegenüberstand. „Es wird,“ kommentierte er. „Und diese blöden Viecher werden kaum näher kommen, wenn die dämonische Energie, ich meine, Eure dämonische Energie ansteigt.“ Oh oh. Bruderherz war sauer. Das war zwar lustig, würde aber mit Sicherheit zu einem Duell führen, wenn Vater mal abwesend war. Nicht, dass er nicht sicher war zu gewinnen, aber … Naja, wie sollte er Vater erklären, dass er gerade in Notwehr dessen Sohn und Erben umgelegt hatte?

 

Der Taishou schritt bereits weiter. „Kommt.“ Und vollkommen unwillkürlich übernahm er wieder die Führung. Youki hin oder her, er war wieder ein Dämon, ein Daiyoukai, kein gewöhnlicher Sterblicher. Und diesen Platz, diesen Respekt, hatte er sich in Jahrhunderten hart erkämpft, in Intrigen und auch auf dem Schlachtfeld. Zufrieden spürte er, dass sich seine Söhne ihm anschlossen, fühlte auch wieder, wie Tsurugi-hime auf seinem Rücken erneut auf ihn reagierte. Erleichtert? Er wusste nicht, wie er das Gefühl nennen sollte. So´unga hatte damals versucht ihn zu übernehmen, aber das tat dieses Schwert nicht, es schien eher besorgt um ihn, hilfsbereit. Vielleicht ein Grund, warum er ihm den Namen Schwerterprinzessin gegeben hatte. Weiblich, ja, das war ungewöhnlich, da hatte Toutousai recht. Aber etwas an dieser Klinge war seltsam warm und angenehm, erinnerte ihn selbst an Izayoi. War das schon angenehm, so war es noch angenehmer mit jedem Schritt die eigene Energie wieder ansteigen zu fühlen. Zum ersten Mal konnte er das Unbehagen seines Jüngsten nachvollziehen. Das erlebte der arme Hund, nein, Junge also jeden Monat. Und hatte gelernt damit zu leben. Nein, der war weder feige noch schwach, auch, wenn man das von einem Hanyou denken mochte.

Wer war das denn? Oder, eher, was war das denn?

Über den Hügel vor ihm schritt eine weiße Gestalt, weiß die Kleidung, weiß die Haare, dunkel allein die Rüstung. Um den Hals trug diese einen weißen Schal aus Seide, die ähnlich einer Boa hinten herabfiel. Eigentlich sah das fast wie sein Ältester aus, genauer, wie eine Parodie auf diesen. Instinktiv blieb er stehen, fühlte mit gewisser Beruhigung, wie seine Söhne rechts und links aufschlossen. Ihm war bewusst, dass er noch längst nicht auf der gewohnten Höhe seiner Energie war – und die Jungs vermutlich auch nicht. „Was willst du?“ rief er daher dem sich Nähernden entgegen.

Dieser wirkte etwas irritiert, blieb jedoch nicht stehen. „Ich werde dich töten. Euch töten.“

„Das kann er ja gern versuchen,“ zischte Inu Yasha, die Hand bereits an Tessaiga, ehe ihm bewusst wurde, dass er dem Heerführer und Fürsten schon wieder vorgegriffen hatte. Offenbar hatte er allerdings etwas gut, denn der Taishou erwiderte nur:

„Ein besonderer Grund?“

„Ich bin Sesshoumaru.“ Und nur Akumus Abkömmling hatte vermutlich das Bild vor Augen, dass gleich zwei Daiyoukai und ein Hanyou ihn mit offenem Mund anstarrten. Doch ein wenig irritiert ergänzte er: „Der, der perfekt tötet. Wer sich mir in den Weg stellt, stirbt.“

Nun, das war nichts, dem sich nicht Vater und Söhne angeschlossen hätten. Allerdings dieser Name….

Sesshoumaru, der Sohn des Hundefürsten, legte die Hand an Bakusaiga, umklammerte den Griff seines eigenen Schwertes, das ja quasi der Beweis dafür war, dass er die Grenze zum Daiyoukai überschritten hatte, fest wie selten, genauer, nie zuvor. Zum Glück gab der nicht nach, sonst hätte er sich nicht nur selbst entwaffnet, sondern auch noch gründlich unter den Augen des eigenen Vaters und des … Halbbruders blamiert. Jedenfalls war seine erste, überaus emotionale, Reaktion, wie er wohl wusste, diesen unverschämten Imitator in Stücke zu reißen. Dennoch oder deswegen war die Stimmlage eisig. „Darf ich ihn umbringen?“ erkundigte er sich doch aus gewisser erlernter Höflichkeit, die in dieser irrationalen Lage noch irgendeinen Halt bot. Vater würde doch wissen, wie man damit umging, bestimmt.

„Noch nicht.“ Der Herr der Hunde klang keinen Deut freundlicher als sein Ältester. „Du sagst, dein Name wäre Sesshoumaru? Wer gab ihn dir?“

„Mein Erschaffer.“ Der Abkömmling war ebenfalls stehen geblieben und legte nun die Hand an das Schwert.

„Erschaffer.“ Darin lag nur der Hauch einer Frage.

„Ein Abkömmling also,“ sagte Inu Yasha unwillkürlich erklärend. „Dieser Mistkerl ändert sich wohl nie.“

Der Taishou ignorierte das. „Und, wo kann man deinen Erschaffer finden?“

Sesshoumaru, wie ihn Akumu erschaffen hatte, war nicht sonderlich geistesbegabt und musste nachdenken. Er sollte alle umbringen, die sich ihm in den Weg stellten. Wie sah das mit Leuten aus, die zu seinem Erschaffer wollten? Das waren ja wohl keine Feinde. Ein Feind würde doch nie nach dem Weg fragen. So nickte er rückwärts. „Am Berge Meiun,“ erklärte er, zur Überraschung des durchaus lebendigen Nachwuchses seines Gegenübers.

„Wie weit ist das noch?“

„Sicher einen Tag, oder mehr. Geht nur. Ich suche Feinde.“ Sesshoumaru 2.0 wandte sich ab und stolzierte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.

 

Die komplette Hundefamilie starrte ihm einen langen Moment nach, ehe der Taishou aus den Augenwinkeln bemerkte, dass sein Ältester zur Klinge griff, und eilig befahl:

„Nein. Er ist ein Abkömmling.“

Sesshoumaru Nummer Eins sah den Hundefürsten irritiert an, ehe er durchatmete. „Ihr habt einen Plan.“

„Ja. Zum Einen bildet dieser … hm….Amateur keine Gefahr für uns. Noch nicht. Gibt es mehrere davon, womöglich. Zweitens: würdest du ihn jetzt töten, würde das Akumu mit Sicherheit mitbekommen. Und wissen, dass sehr wohl Feinde im Anmarsch sind. Der Überraschungseffekt würde uns verloren gehen. So erfährt unser Gegner nichts.“

„Auch Tote können keine Meldung machen,“ erklärte der älteste Sohn prompt, ehe er hastig umfomulierte: „Als Abkömmling, gewiss, chichi-ue, da habt Ihr recht. Kagura war auch verbunden mit Naraku.“

„Auch alle anderen,“ sprang Inu Yasha seinem doch sichtlich geschockten Halbbruder bei. So nett er dessen Gesichtsausdruck auch gefunden hatte – er musste sich ja nur mal vorstellen, was dieser dämliche Akumu aus ihm fabrizieren könnte. Anscheinend erinnerte der sich noch irgendwie an sie oder ihre Namen. Ach du je. Das konnte was geben. „Außer diesem Goshinki, glaube ich. Aber auch diese komischen Zwillinge, Kagura, Kanna und alle die anderen, Byaku oder so ähnlich ...“

Der Hundefürst wurde aufmerksam. „Naraku schuf eine Menge Anhänger, Abkömmlinge, die ihm folgten, jeder mit einer eigenen Aufgabe?“

„Ja,“ erwiderte der Hanyou, doch stolz, dass sein Wissen endlich einmal anerkannt wurde. „Ich glaube, sie waren alle ziemlich loyal. Kagura am Wenigsten, aber die hatte er unter Kontrolle, weil er ihr Herz hatte.“

„Konnte er auch Geister aus dem Jenseits rufen?“

„Also, Kagura konnte Zombies schaffen.“ Inu Yasha bemerkte durchaus, dass diese Aussage dem großen Bruder missfiel. „Dieser Totentanz mit dem Fächer. Oder hat sie dir den nie gezeigt?“

Nein, natürlich nicht, dachte Sesshoumaru nur. An ihm hatte sie ein völlig anders geartetes Interesse als an einem törichten Hanyou und dessen Menschengefolge. Von ihm hatte sie sich Rettung erhofft – als ob nicht jeder für sich selbst verantwortlich war.

 

Der Herr der Hunde hatte seinen Jüngsten aussprechen lassen.

Ja, der besaß trotz seines Alters Erfahrung – im Kampf, wie er bereits erwartet hatte, aber auch in Taktik. Womöglich hatte ihn der Umgang mit der Dämonenjägerin da doch einiges gelehrt.

Ja, er musste sich den Respekt der Beiden erst wieder oder überhaupt einmal verdienen. Mit schlichten Anweisungen käme er nicht weit, das hatte er schon festgestellt. So erklärte er doch ausführlicher: „Dann ist es wichtig, uns den Rücken freizuhalten. Man sollte nie, zumal jedoch im Kampf gegen einen unbekannten Gegner, die Umgebung aus dem Blick lassen.“ Er sah sich rasch um. „Inu Yasha, folge dieser Fälschung, praktisch außer Sicht. Dein Youki sollte niedrig genug sein, dass er nicht alarmiert wird. Im Zweifel bewahre Ruhe und Distanz. - Sesshoumaru, geh dort auf den Hügel, achte jedoch darauf dich nicht im Gegenlicht zu zeigen, ich gehe nach rechts. Treffen wir uns wieder dort vorne bei dem kleinen Wäldchen in Deckung und überprüfen unsere Lage. Mehrere Abkömmlinge mit unerwarteten Fähigkeiten können lästig werden, zumal wir nicht wissen, ob vor uns wieder ein Genki-Feld liegt. Oder wer dort noch so alles wohnt. Der ursprüngliche Daiyoukai war kaum der einzige Bewohner hier, samt diesem Gami.“

 

In der Tat waren beide Söhne über die ungewohnte, ausführliche, Anleitung angetan. Inu Yasha, weil er das noch nie so erhalten hatte und es seltsam angenehm fand, Sesshoumaru, weil er dies schon sehr lange nicht mehr erhalten hatte und sich irgendwie, eigenartigerweise, nun, nicht als Welpe, aber doch in gewisser Sicherheit fühlte. Es war natürlich unsinnig, er würde mit allem fertig werden, dachte jeder der Halbbrüder für sich, aber es war … angenehm. Genau. Nur das, nicht mehr. Aber eben doch. So machten sie, dass sie davon kamen.

 

Der Inu no Taishou wandte sich nach rechts, nach Osten. Er war nie zuvor auf dieser Insel gewesen, auch, wenn er natürlich gewusst hatte, dass sie existierte. Gewöhnlich kannte er jede Pfote breit des Gebietes, das er erobert hatte, aber diese Insel, ja. Er hatte damals eine Warnung erhalten, eine ziemlich nachdrückliche. Jedenfalls war das der erste und einzige Fall gewesen, in dem er einen Boten aus Ujidamada, wo der Schrein der Sonnengöttin stand, traf, der ihm erklärte, auf diese Insel dürften nur besondere Gäste. Hm. Onigumo war hierher geflohen, als er dem Jenseits entkam. Womöglich mit mehr Grund, als bislang jeder angenommen hatte? Wusste der von der magischen Besonderheit dieser Insel und suchte hier Schutz? Und war genau darum Emna Daio auch von „ganz oben“ gedeckt, wenn der ihn und die Jungs nun hier hergeschickt hatte? Maruishima. Hm. Eigentlich sagte es ihm nichts, aber, ja, doch, wie hatte der kleine Gami des Sees erklärt, es seien einst zwei Götter des hohen Himmlischen Königreiches auf die Insel gekommen? Da gab es nicht allzu viele. Er selbst hatte gehört, dass einst die beiden Schöpfergötter Izanagi und Izanami auf einer Insel erschienen waren und mit dem Juwelenspeer die anderen Inseln des japanischen Archipels erschaffen hatten. Es hieß zwar, diese Heilige Insel läge weiter im Norden, aber … ja, aber. Das würde einiges erklären. Nun, in diesem Fall sollte bei dem Auftrag wirklich nichts schief gehen. Er spürte, wie Tsurugi-hime auf seinem Rücken pulsierte. Stimmte ihm die Klinge zu? „Das schaffen wir schon,“ murmelte er. „Wir zwei und die Zwei. Tenseiga und Tessaiga sind auch dabei. - Aber das dieser Narr eine Parodie meines Ältesten erschaffen hat, hat weder mir noch ihm gefallen. Dafür wird er bezahlen.“ Ein leises Lächeln. „Nun, ich bin davon überzeugt, wenn er wieder in der Unterwelt ist, wird Emna Daio gewisse Phantasie walten lassen.“

Er witterte sorgfältig und spürte nach Youki, aber es war seltsam. Nichts. Als gäbe es hier weder Menschen, nun, die sowieso eher nicht, als auch keine Tiere, noch Youkai. Vor ihnen lag anscheinend eine trostlose Einöde. Nun gut, immerhin sollten und wollten sie nach Meiun in den Norden, da hatte der Osten sie kaum etwas anzugehen. Immer das Ziel im Auge behalten. So wandte er sich um.

 

Sesshoumaru war übermenschlich rasch bis zu dem Hügel gelaufen, natürlich erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihn der Hanyou nicht mehr sehen konnte. Mochte es auch für Inu Yasha wichtig sein rennen zu können – ein Daiyoukai schritt nur überlegt dahin. Ein Daiyoukai, das sah er ja bei Vater, beeilte sich nie – schön, außer wenn sein Sohn gefressen werden sollte – sorgte jedoch sonst dafür, dass sich andere beeilten. Der Rat sich nicht gegen den Himmel zu zeigen, ach ja. Wie oft hatte Vater das einst seinen Leuten gepredigt, da sonst der dämlichste Youkai sehen konnte, dass dort Posten standen. Und er selbst hatte einige Male beobachtet, wie derartige Narren sich eine Ohrfeige eingehandelt hatten – und sich bedankt hatten, dass der Herr darauf verzichtet hatte zuerst ein Schwert in die Hand zu nehmen. Das war gegen die Panther gewesen. Ja. Nun, deren Anführer war auch tot. Alle, die Vater versiegelt hatte, waren nun tot, unter nicht unwesentlicher Mithilfe Inu Yashas, das musste er zugeben. Er hatte wirklich nicht geglaubt, dass der Ryuukossusei dermaßen zusetzen konnte.

In der Ferne war etwas zu wittern, tierischen Ursprungs, wohl ein Rudel Hirsche oder so etwas. Weit weg und uninteressant. Youki war jedenfalls Richtung Westen nichts zu bemerken, und nur das zählte. Er sollte zusehen, dass er zu dem Wäldchen kam, ehe noch der ….sein Halbbruder zuerst bei Vater eintraf. Das machte sich bestimmt nicht gut.

 

Inu Yasha war in gebührendem Abstand dem Komiker gefolgt, der es wagte sich als sein Halbbruder auszugeben. Schön, es war witzig, aber was zu weit ging, ging zu weit. Vermutlich ahnte der Typ noch gar nicht, dass er schon eine Leiche war, denn Bruderherz würde den umlegen, sobald diesen Vaters Anweisung nicht mehr daran hinderte. Und auch der Taishou selbst hatte, zum ersten Mal, seit sein Jüngster ihn so gesehen hatte, richtig mordlüstern geguckt, sich aber beherrscht. Jedenfalls wusste er nun, von wem Sesshoumaru diesen Blick drauf hatte. Jedenfalls schien dieser Abkömmling einen Beschützer darstellen zu sollen, so mit Schwert. Und der schien auch kreuz und quer über ganz Maruishima tigern zu wollen. Zu blöd, dem weiter zu folgen. Wenn der weiter ging, Richtung Süden, würde der sicher in das Genki-Feld kommen. Dem kleinen Gami würde bestimmt nichts passieren, der war da in Sicherheit. Komisch war es ja sowieso, dass hier weit und breit nichts zu wittern war, kein Youki. Bis auf die paar Hasen und eben den Gami war kein Leben zu entdecken gewesen auf der gesamten Insel. Versteckte sich alles? Wegen Akumu, oder wie der Idiot sich jetzt nannte? Pflanzen gab es hier, sie waren ja auch schon durch einige Wälder gekommen, aber wo waren die Tiere? Er hatte wirklich viel Zeit seines Lebens in den dichten Wäldern zwischen Nordmeer und Okinawa verbracht – aber, wenn es so leer, so still, war, hatte das eigentlich nie etwas Gutes verhießen. Oder war das schlicht, weil jeder den Kopf einzog, wenn gleich zwei Daiyoukai spazieren gingen? Nun gut. Dieser falsche Sesshoumaru schien stur nach Osten zu gehen. Dann konnte er wohl umdrehen. Nicht, dass Brüderchen noch vor ihm da war. Damit würde er doch nur wieder beweisen, wie schwach er war. So drehte er um und sprang mit weiten Sätzen zu dem Wäldchen, das sich im Näherkommen als deutlich größer entpuppte als aus der Distanz. Er blieb kurz stehen, ehe er seine männliche Verwandtschaft wittern konnte. Mist, war er doch wieder zu spät? Aber dann erkannte er, dass er pünktlich war, denn sie kamen von rechts und links.

 

„Wichtiges?“ erkundigte sich der Heerführer als erstes. Da beide Söhne wortlos verneinten: „Dann gehen wir erst einmal etwas außer Sicht.“

Der Wald war dicht bewachsen. Bis zu vierzig Meter hohe Pinien, Lärchen und Eichen wuchsen als Dach des Waldes. Darunter bildeten verschiedene Farnsorten eine Ebene, die knapp über den Köpfen der Besucher endete. Am Boden wuchs Moos und Steinsame.

Und etwas stimmte nicht.

Kaum, dass er wenige Schritte in den Wald getan hatte, wollte der Taishou seine Söhne warnen, wollte …. Er brach in die Knie. Die Masse aus dämonischer Energie, die ihn überflutete, war ungeheuer, kam ihm wohl auch darum so intensiv vor, da er erst wenige Stunden zuvor noch ein Mensch gewesen war. Seine Sinne schrien ihm die Informationen förmlich zu, Ohren, Nase, Augen waren überfordert. Seine Seele wurde von der dunklen Seite der Macht fast aufgesogen.

Es war wie jenes erste Mal, als er die Schwelle zum Daiyoukai übersprungen hatte.

Genau.

Da hatte er es geschafft und er musste auch jetzt mit dieser Macht zurande kommen, er musste doch Sesshoumaru und Inu Yasha helfen, nun, wohl eher dem Kleinen in der Hauptsache. Sein Ältester war ein Daiyoukai, aber doch noch unerfahren und …. Er musste sich konzentrieren! Diese Macht war stärker als seine, aber er hatte sich sein Leben lang verbessert, sein Leben lang gelernt damit umzugehen. Er würde und musste es vollbringen sie in sich zu verschließen, um seines Auftrages und seiner Kinder willen.

 

Eine Hand auf seiner Boa. Er sah ein wenig mühsam beiseite. Sesshoumarus Augen leuchteten rot und er bezweifelte nicht, dass auch dieser seine magischen Fähigkeiten vollständig abrief um dem Ansturm zu widerstehen. Auch der kniete halb auf dem Boden.

„Chichi-ue,“ brachte der ältere Sohn etwas mühsam hervor, aber sicher, dass der Hundefürst das Hauptproblem noch nicht erkannt hatte, weil er davon kaum etwas wusste. „Inu Yasha ….“

Der hat doch Tessaiga, wollte der Taishou schon sagen, das sollte den doch zumindest soweit beschützen, bis sie beide mit diesem Youkaiansturm zu Rande gekommen waren und ihm helfen konnten.

Aber nun hörte auch er das wilde Knurren aus der Richtung der rotweißen Gestalt, die auf dem Moosteppich hockte und tatsächlich eine unheimliche Form Youki ausstrahlte, jedoch zu Boden blickte, mit den deutlich länger gewordenen Krallen darin zu graben schien. Und als das Wesen aufsah, ihn fixierte, waren die Augen nicht nur in dem gleichen leuchtenden Rot wie bei den beiden Daiyoukai, sondern auch die Fangzähne deutlich länger.

 
 

Catch it if you can


 

I

nu Yasha war offenbar dabei sich in einen durchgedrehten Daiyoukai zu verwandeln – oder, es war schon passiert. Der Taishou spürte einen kalten Schauder. Er war angeschlagen, Sesshoumaru sicher auch – und es widerstrebte ihm zutiefst selbst in Notwehr sein eigenes Kind umbringen zu müssen.

„Was hast du bislang in solcher Lage getan?“ erkundigte er sich daher bei seinem Ältesten, wohlweislich sehr leise, gleichzeitig bemüht, den Schmerz, die Magie, in sich zu verschließen, um wieder klar zu werden – und kräftiger.

„Ich schlug ihn bewusstlos, chichi-ue,“ gab Sesshoumaru prompt ebenso flüsternd zurück, zumal das bereits genügte, den roten Blick des Monsters auf sie zu lenken. „Aber,“ bekannte er zähneknirschend: „Ich bin im Moment noch nicht soweit.“

„Alternative?“ erkundigte sich der erfahrene Heerführer.

„Nicht bewegen und nicht reden.“

Gut, dachte der Taishou. Es musste doch einfach zu schaffen sein sich zu beherrschen, diese wirklich irrwitzige Energie in sich aufzunehmen, zu verschließen, sie zu beherrschen. Immerhin schien sich auch Sesshoumaru darum zu bemühen, noch hatte sich sein Erbe nicht seine wahre Form annehmen müssen. „In fünf Minuten greifen wir ihn gemeinsam an und schlagen ihn zusammen nieder.“ Das sollte doch gehen, ohne dass einer von ihnen Dreien in Lebensgefahr geriet.

 

Sesshoumaru wandte seinem Vater um ein Haar einen ungläubigen Blick zu, betrachtete dann allerdings lieber wieder den knurrenden Inu Yasha, der gerade ein Grasbüschel ausriss und damit den Boden polierte. Jedenfalls war das mit Sicherheit der schönste Befehl, den er je von seinem Vater erhalten hatte. Er durfte diesen Narren schlagen, mit Erlaubnis! Und Vater würde auch noch mitmachen! Es wäre zu schön um wahr zu sein – wenn, ja leider, wenn da nicht drüben dieser durchgedrehte Narr hocken würde und weder er noch und vor allem der verehrte Vater in Bestform waren. Gewöhnlich wäre selbst dieser Bastard ohne Schmerzgefühl oder Angst kein Problem …. Er verdrängte erfolgreich, wie mühselig es schon für ihn damals gewesen war, den mit Hilfe von Tokejin bewusstlos zu bekommen. Nun, es war umso wichtiger jetzt rasch mit dieser Menge an Youki zurande zu kommen. Vater hatte Recht gehabt – auch zu viel Energie konnte einem Daiyoukai gefährlich werden. Er musste sich zusammen reißen. Er sollte sich beherrschen, zeigen, dass er ein wahrer Daiyoukai war. Und das rotäugige, rotgewandete Musterbeispiel eines Problems ignorieren. Vater wusste doch, was er tat.

 

Inu Yasha hatte im jähen Schmerz fast den Verstand verloren. Das tat weh, etwas bedrängte, ja, überflutete ihn. Und alles, was ihm bewusst war, war, dass das aufhören sollte. Er sollte hier weg, sollte kämpfen, wollte es … Sein Überlebensinstinkt und damit das Blut seines Vaters übernahm ihn, was auch immer Tessaiga dagegen hätte tun können. Die Menge an Youki, die in dieser Erde lag, war mehr als je gedacht worden war, mehr als der Taishou damals hätte mit einbringen können.

Da war jemand. Und dieser Jemand war gewiss Schuld an seinen Schmerzen, an seinem Unbehagen, an seinem Zorn.

Er versuchte mühsam einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Mordlust, diesen Willen zu überleben … das kannte er doch?

Ja, das war ihm schon passiert und er hatte wahllos getötet. Das durfte er nicht mehr. Kagome hatte geweint und ihn doch getröstet. Kagome. Kagome!

 

Der Hundefürst schaffte es aufzustehen. Das war hart. Aber er musste doch seine Söhne beschützen. Irgendwie war es ihm gelungen mit der Unmenge an Energie, die auf ihn eingestürzt war, fertig zu werden. Wo auch immer sie nun war. Er warf einen Blick um sich. Sesshoumaru schien ebenso bereit, bemühte sich hoch zu kommen. Und Inu Yasha ….es war zum Bedauern, wie der dahockte, sich in die Erde krallte, zu Boden blickte. So war das Gesicht nicht zu erkennen, aber der Taishou vermutete nur zu sehr, dass die Augen noch immer rot leuchteten. Das Youki entsprach jedenfalls dem eines sehr mächtigen Youkai – außerhalb dieses Feldes, wenn nicht sogar in diesem.

Langjährige Erfahrung ließ ihn jedoch die Gegend um sich absuchen, wittern. Nie die Rückendeckung vernachlässigen, dachte er.

 

Sesshoumaru stand. Jetzt nur noch zu zweit gegen diesen törichten Hanyou, dann …

„Lass.“

Das Flüstern seines Vaters ließ ihn erstaunt den Kopf wenden.

„Wir haben ein anderes Problem.“

Ein größeres Problem als eine durchgedrehte Mordmaschine vor sich? Der jüngere Daiyoukai orientierte sich neu. Tatsächlich entdeckte er nur zu bald die Witterung um sich, spürte nun das Youki, sicher ebenso erhöht wie das eigene, aber ebenso bestimmt auch von einer ganzen Gruppe. Sie hatten sie umzingelt. Und, ja, verdammt, er hatte nicht das Geringste bislang davon bemerkt, hätte es auch nun nicht, hätte der verehrte Vater ihn nicht darauf aufmerksam gemacht. Nun gut. Er wollte bereits zu seinem Schwert greifen, erkannte dann aber das rasche Kopfschütteln des Taishou. Warum sollte er nicht … Da bemerkte auch er den Bannkreis, der sich kuppelartig um sie gelegt hatte. Das war allerdings nichts, durch das er nicht hätte gelangen können. Was meinte Vater denn nur? Dessen Blick galt wieder Inu Yasha. Der würde doch bestimmt auch durch den Bann kommen? Zumal, wenn der kein Schmerzempfinden besaß? Abgesehen von der einen Fähigkeit, die der, wie auch immer, Tessaiga verschafft hatte – solche Zauber durchbrechen zu können. Nun ja, aber davon wusste Vater natürlich nichts. Und der wollte sich offenbar um das Nesthäkchen kümmern. Sinnlos, wenn der in diesem Modus war, sollte man nur zusehen, dass man dem nicht im Weg stand. Ja, aber woher sollte Vater das wissen. Der hatte den ja nie so gesehen.

„Marderhunde,“ meinte der Hundefürst leise. „Ungefähr zwanzig.“ Und das mit dem, in dieser Gegend, deutlich erhöhten Youki-Level. Nichts, was nicht zu schaffen wäre, aber … ja, er sah eine ganze Reihe Abers.

„Haben wir eine Chance, wenn ich durchdrehe?“ erkundigte sich Inu Yasha, ohne aufzublicken.

Damit hatte er zwei Dinge verraten – er war inzwischen bei klarem Verstand und hatte ebenso die Umzingelung mitbekommen.

„Nein, wir reden.“ Der Hundefürst hatte noch nie viel davon gehalten Massenmorde zu begehen. Und genau das würde passieren, würden sie sich zu dritt mit ihren magischen Schwertern auf diese Gruppe stürzen. Womöglich waren das Freunde des einstigen Inselherrn und würden sich mit ihnen gegen Akumu stellen. Einen Versuch war es wert. Der Bannkreis würde weder ihn noch seinen Ältesten hindern – und er vermutete gerade schwer, dass auch der Kleine durchkäme, hätte er doch sonst diese Frage nicht gestellt. „Bleib so,“ befahl er jedoch nur noch, ehe er sich umwandte. „Was wollt ihr?“ erkundigte er sich in der sicheren Annahme nicht besonders laut werden zu müssen. „Wir wollen nur zum Berge Meiun.“ Tanuki, Marderhunde, oder auch Bakedanuki, waren Meister der Gestaltwandler. Sicher waren sie kaum hier im dichten Wald zu erkennen, wenn sie sich nicht sehen lassen wollten. Und ebenso war davon auszugehen, dass er sich nicht nur einem männlichen Tanuki gegenüber sah, sondern auch dessen Partnerin und dem Nachwuchs zumindest dieses Jahres. Das erklärte die Anzahl.

„Immerhin scheinst du stark zu sein.“ Aus dem Grün löste sich eine menschenähnliche Gestalt. „Nur dann kann man hier überleben. Gewöhnliche Youkai werden vernichtet. Ich bin Edok. Und du?“

„Man nennt mich den Inu no Taishou. Das sind meine Söhne.“

„Der Heerführer der Hunde? Interessant. Und amüsant. Du hast natürlich den Bann um euch bemerkt.“

Das bedurfte keiner Antwort, entschied der Daiyoukai.

„Mein Vorschlag – ihr drei kommt mit in unser Dorf. Jeder von euch darf dort um sein jämmerliches Leben kämpfen. Wer überlebt, kann zum Berg Meiun gehen. Wer tot ist, ist tot.“

„Seit wann leben Tanukis in einem Dorf? Ich dachte stets ihr lebt einzeln, oder als Paar.“

„Das hier ist Maruishima. Einverstanden – oder sollen wir euch gleich umbringen?“

„Was geschieht, wenn wir drei gewinnen und deine Leute töten?“

Der Tanuki legte in der uralten Imponiergeste seines Volkes die Hand in den Schritt. „Versucht es. Aber, wie gesagt, wenn ihr gewinnt – geht zu Nagano.“

Der Taishou brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass eine winzige Geste seinerseits seine Söhne dazu bringen würde auf diese leichtfertigen Marderhunde loszugehen – und sie Emna Daio aufzuhalsen. „Nagano. Ich dachte, dort lebt jemand namens Akumu.“

Edok zuckte die Schultern. „Jedenfalls niemand, der mich interessiert. Kommt nun, wenn ihr nicht sterben wollt. Der Bann bleibt natürlich um euch. Daiyoukai, oder? Sonst wird man kaum Herr der Hunde. Aber dieser Bann wird auch dir Energie abzapfen. Das weißt du.“

Narr. Aber nun gut, vielleicht konnte man in dem Dorf noch etwas über Akumu oder zumindest Nagano erfahren. Die Kämpfe sollten zu gewinnen sein. Und für Informationen hatte er schon teurer bezahlt. „Dein Wort, Edok.“

„Dein Wort, Taishou.“

Der Vertrag war damit geschlossen und so drehte sich der Hundefürst um. „Sesshoumaru, nimm deinen Bruder an die Hand.“

 

Das war doch …. dachten beide Söhne gleichzeitig, ehe sie ebenso in demselben Augenblick begriffen, dass Vater sich einen Weg frei halten wollte. So wirkte Inu Yasha hilfsbedürftig – obwohl er momentan vermutlich die Kräfte dieses Edok besaß. Natürlich nicht dessen magische Fähigkeiten. So knurrte der Hanyou nur demonstrativ, blickte jedoch zu Boden, als ihn sein Halbbruder durchaus nicht sanft empor zog. Irgendeine kleine Genugtuung wollte Sesshoumaru doch dafür haben, dass er den Bastard nicht einfach verprügeln durfte, wie er es nur zu gern getan hätte. Natürlich sah Vater keinen Grund dazu, aber da Inu Yasha immer an allem Schuld war, hatte der bestimmt auch diese lästigen Tanuki angelockt, eingeladen. So schuldig wie der konnte niemand anderer sein. Chichi-ue hatte einen Plan, natürlich, auch, wenn er diesen momentan noch nicht verstand. Warum nicht einfach diesen Bannkreis ignorieren, der sich nun sogar mit ihnen mitbewegte, diese lebensmüden Marderhunde töten und fertig? Oder hatte er schon wieder etwas übersehen, wie leider zuvor die Tatsache, dass die sich angeschlichen hatten, die Ablenkung durch das mächtige Energiefeld genutzt hatten? Nun gut, Tanuki waren Meister im Verstecken, aber er hätte sie doch bemerken müssen. Irgendwie unangenehm, wenn Vater dauernd demonstrierte, dass er selbst doch noch viel zu lernen hatte. Immerhin kam kein Tadel, allerdings auch nicht dafür, dass er Inu Yasha förmlich hinter sich her zerrte, da der nur zu Boden starrte. Wollte der nicht, dass die Marderhunde sein Gesicht sahen? Warum? Sie wären sowieso bald Geschichte, falls sie es auf diese Dummheit mit drei Duellen ankommen ließen.

 

Im letzteren Punkt war sich der Taishou nicht ganz so sicher. Der Bann um sie drei war durchaus stark – aber zu brechen. Allerdings bot die schlichte Tatsache, dass sich der gesamte Trupp Tanuki an sie hatte anschleichen können, ja, einen gemeinsamen Zauber auslösen, genug Beweis für deren Fähigkeiten. Zumindest in diesem Wald, diesem Youkifeld, besaßen sie Heimvorteil. Und sie waren eindeutig mehr als sie drei. Ein Dorf an Tanuki, davon hatte er noch nie gehört, aber auf dieser Insel mochte manches anders laufen als anderswo. Edok war wohl der Anführer und er hatte sich auf einen Vertrag eingelassen, obwohl der selbst geäußert hatte, dass er in ihm einen Daiyoukai erkenne. Immerhin hatte er nichts dergleichen zu den Jungs bemerkt, vielleicht ergab das einen Überraschungsvorteil. Tanukis waren nach den Kitsunes die zauberkundigsten aller Youkai und manche von ihnen verfügten über einen eigenwilligen Humor. Aber seine Söhne waren stark, kampferprobt und besaßen magische Schwerter, wie er ebenfalls. Diese Kämpfe sollten zu gewinnen sein.

 

Inu Yasha war durchaus der Ansicht seines Vaters, dass etwas Vorsicht angesagt war. Nun ja, eigentlich hätte er am Liebsten diesen dämlichen Edok persönlich gefordert, wenn der schon so lebensmüde war, aber … nun ja. Wie war das, man griff dem Vater und Heerführer nicht vor? Und da war noch dieser Bannkreis, den er auch zuerst nicht bemerkt hatte. Zugegeben, Vater war da wohl erfahrener. Überdies war Mirokus alter Kumpel ein Tanuki, und er wusste von daher schon, dass die fliegen konnten, sich in Blätter auflösen und sonstige Scherze. Er sollte wohl einfach das machen, was Papa sagte. Immerhin würde er auch zum Kampf drankommen, das war schon mal der Beweis, dass ihm zugetraut wurde zu gewinnen. Nett. Und bis dahin sollte er zu Boden starren, ab und an knurren – und das war nicht nur Tarnung, sondern auch gegen den großen Bruder gemeint, der die Chance nutzte und ihn am Handgelenk mehr zog als begleitete.

 

Edok warf einen kurzen Blick um sich. Sein Gesicht zeigte nur zu deutlich seine Art – dunkle Umrandungen um die Augen, eine kurze schwarze Nase, aber in dieser Form durchaus menschlich wirkend, woran nicht nur die Rüstung und das Schwert schuld waren, die er trug. Seine Leute, männlich und weiblich, denn bei Tanuki zählten Partner viel, umringten den Bannkreis und damit diese drei Hunde. Der Jüngste schien eigenartig zu sein, aber der Taishou hatte ihm sein Wort gegeben, der war der Vater – und der Ansprechpartner.

„In einer halben Stunde sind wir in unserem Dorf. Drei Duelle. Wer gewinnt, kann gehen.“

„So lautet die Abmachung,“ erwiderte der Hundefürst gelassen. Einundzwanzig Tanuki zählte er. Und ein Wesen, dass kein Marderhund, jedoch ein Youkai war. Lebten in diesem Dorf auch andere Wesen? Das mochte dann noch schwieriger werden. Er hatte gelernt niemanden zu unterschätzen. Allein, wenn er gedacht hatte diesen dämlichen Drachen…. nun gut. Ryuukossusei weilte im Jenseits und Inu Yasha hatte ihn dort hingeschickt. Jeder war zu besiegen, hatte er allerdings daraus gelernt, war man nicht beides: vorsichtig und stark. „Ich vermute jedoch, keine Schwertduelle?“

„Lieber Taishou, eure Schwerter sind nicht nur Stahl, oder? Nein. Ohne Schwerter.“

Das würde die Sache erschweren, dachte der Herr der Hunde prompt. Zumal er sich nicht sicher war, was Inu Yasha konnte. Bei Sesshoumaru – nun, der war ein Daiyoukai und hatte es bewiesen. Aber der Kleine konnte sich nicht verwandeln. Zumindest nicht in einen Hund. „In Hundeform?“

„Tanuki gegen Hundeyoukai?“ Edok lächelte. „Ich weiß nur zu gut, dass ihr dann eure magische Macht am Besten abrufen könnt. Nein, so, wie ihr seid. Ohne Waffen, ohne Magie. Kraft gegen Kraft.“

„Und Geschicklichkeit.“ Aber der Hundefürst war zufrieden. Damit hatte er die Zusage, dass auch die Tanuki keine Magie einsetzen würden. Es war stets wichtig die Bedingungen zu kennen. „Wirst du mir das Vergnügen geben?“

„Ich denke doch, Heerführer der Hunde. Die anderen beiden dürft ihr euch unter deinen Söhnen aufteilen. Das wird euer letzter Tag.“

Der Taishou warf einen Blick zum Sonnenstand, ehe er sich etwas zu seinen Söhnen zurückfallen ließ. „Drei Duelle, ohne Magie und Schwert, vermutlich, ehe die Sonne untergeht. Edok will mich herausfordern, ihr zwei sollt euch die Gegner aussuchen dürfen. Wählt mit Bedacht.“ Er wollte nicht hinzufügen, dass sie immerhin in der Minderzahl waren. Das würde seine Jungs kaum stören, wenn er sie in den wenigen Tagen richtig einschätzen gelernt hatte. Sie waren impulsiv, angriffslustig – immerhin hatte selbst Inu Yasha nicht gezögert einen, wenngleich kleinen, Gott gefangen zu nehmen, aber sie zeigten es auch ihm gegenüber. „Wartet mit Zusagen, bis ihr Gegner und Ort kennt.“

Sesshoumaru hätte fast etwas dazu gesagt. Letzteres war doch vollkommen gleich. Wer sich ihm entgegen stellte starb, so einfach war das. Aber leider hatte der verehrte Vater sich nicht nur in den letzten Minuten als deutlich rationaler und würdiger erwiesen als er selbst. Er sollte besser schweigen. Und Inu Yasha - nun gut, der war vermutlich momentan noch immer in dieser seltsamen Welt, weder Hanyou noch Daiyoukai – aber wenigstens bei Verstand. Sofern der das je sein konnte.

 

Nach gut einer halben Stunde erreichte der Trupp Tanuki, die den Bannkreis mit den, wie sie glaubten, drei Hundeyoukai darin, ein Dorf.

Ein sehr seltsames Dorf, fand Inu Yasha, soweit er das aus den Augenwinkeln beobachten konnte. Noch immer versuchte er zu verhindern, dass diese dämlichen Marderhunde sein Gesicht sehen konnten, ihn als Hanyou identifizieren konnten. Es handelte sich um eine große Lichtung an einem kleinen See, der ursprünglich wohl mal viel größer gewesen war. Am einstigen Steilufer befanden sich nun grün förmlich leuchtende Holztüren, die offenbar zu Höhlenwohnungen führten. Eine ganze Reihe anderer Youkai wartete hier. Es war nur zu klar, dass die Tanuki vorgeschickt worden waren, um die Eindringlinge festzunehmen. Aber, das waren schon wirklich eine Menge Youkai, hier in diesem Feld auf Maruishima noch dazu mit ziemlich hohem Youki. Seine erste Idee hier mit Tessaiga mal durch zu pflügen war wohl nichts. Naja, es gab vermutlich einen Grund für diese Regel dem Vater und Heerführer nie vorzugreifen, erkannte er plötzlich. Er wusste, er war spontan und neigte zu etwas emotionalen Reaktionen – nichts, was einen Daiyoukai sonderlich erfreute. Dennoch war er immer noch überrascht, wie brav der Herr Halbbruder blieb. Er war ja so gehorsam nur bei Kagome gewesen – und die hatte ihrem „Mach Platz“ auch Nachdruck verleihen können. Was also war da einst eigentlich zwischen Vater und Halbbruder abgelaufen? Der See stank, fand er und er hätte sich gern die Nase gerieben, wollte das aber nicht tun, da seine männliche Verwandtschaft das auch nicht zur Kenntnis zu nehmen geruhte. Musste das Leben schwer sein, immer so kontrolliert reden und handeln…

 

Der Taishou sah sich kurz um. Er hätte sich, hätte er es denn gewusst, über die Schlussfolgerung seines jüngeren Sohnes gefreut: mehrere verschiedene Youkai, aber die Tanuki waren als Team vorgeschickt worden. Offenbar hatte man hier bemerkt, dass fremde Youkai eindrangen. Er sah zu Edok. „Das hier ist ein Gebiet, in dem Youki aus der Erde dringt. Wir alle spüren es. Zuvor war es Genki. Was kommt noch auf dem Weg zum Berg Meiun?“

„Du gehst recht optimistisch vor, Taishou.“ Der Anführer der Tanuki und des gesamten Dorfes sah zu ihm. „Ich weiß es allerdings wirklich nicht. Wir verlassen diesen Bereich nie.“

Wie auch der Gami. War das etwa so auf dieser Insel, dass jedes Wesen nur in dem Bereich blieb, der ihm das Überleben sicherte? Kein Austausch, keine neuen Impulse? Das wäre natürlich auch eine Erklärung, warum der, offensichtlich alte, Nagano zu Onigumos Opfer werden konnte.

„Ich kann dir nur verraten, dass auf seinem Weg manchmal ein Sumpf liegt.“

„Manchmal.“

Der Marderhund zuckte die Schultern. „Hörte man. Auch andere Genki- oder Youkibereiche tauchen auf und verschwinden.“

„Der Sumpf von Meiun.“ Er war bereits einmal durch solch einen Morast gewatet, entsann sich der Herr der Hunde – und das war alles andere als angenehm gewesen. „Ich kannte einen, da lebten die Geister der dort Verstorbenen.“

„Ja, stimmt. Nun gut. Es wird drei Duelle geben. Eines zwischen uns, eines dort im See und eines dagegen an Land. Willst du anfangen?“ Er lächelte seiner Partnerin zu, die in der Gruppe um sie stand. Hundeyoukai konnten in ihrer wahren Gestalt schwimmen, ja. Aber nicht in der Menschenform.

Der Taishou wandte den Kopf, als er ein leises „Keh!“ hinter sich hörte.

Inu Yasha ergänzte, noch immer flüsternd: „Lasst das Wasser mir. Ich kann schwimmen.“

Und das wurde ihm und seinem Ältesten gerade verwehrt. Tanuki waren raffiniert, in der Tat. „Ein Kampf im Wasser, einer zwischen uns, Edok. Und der dritte nur an Land? Oder im Feuer?“

„Nein. Nur an Land. Ich bin kein Lügner. Gegen …..“ Er deutete seitwärts. Dort saß, stand, oder wie immer man das nennen wollte, ein riesiger Käfer. Dessen Fühler freilich bestanden ebenso aus überaus scharf glitzerndem Metall wie die sechs Füße. Der Hundefürst zog die Brauen zusammen. „Sagten wir nicht ohne Metall?“

„Ohne Schwerter, Taishou. Es handelt sich um seinen Körper.“ Edok lächelte. Gegen Tanuki versagten Hunde regelmäßig in der Logik.

 
 

Duell


 

K

eine Schwerter, aber der Körper des Gegners seines Sohnes hatte Klingen? Das konnte in der Tat unangenehm werden, dachte der Herr der Hunde. „Die Menschen verehren euch als Glücksbringer, Edok. Warum so interessiert am Tode von Hundeyoukai?“

„Menschen, ja. Sie gibt es aber hier nicht. Und das hier ist Maruishima. Wir sind gefangen in dieser Magie. Früher durften alle hierher und hier durch gehen, aber jetzt … ist es eben anders. Woanders mag es anders sein. Nun gut. Einigt euch, welcher deiner Söhne kämpfen soll. Und du gegen mich.“

„Wir zuerst.“

„Nein, wir zuletzt. Du bist der Vater und ich hörte, nichts sei schlimmer für Eltern als ihren Nachwuchs sterben zu sehen.“

Einer von der Sorte, dachte der Hundefürst zynisch. „Gut, dann bereden wir das.“

„Verabschiede dich, ja.“

Der Taishou wich von der Grenze des Bannkreises etwas zurück, ehe er bemüht leise sagte, sicher, dass die Tanuki und ihre Mitbewohner nicht auf den Ohren saßen: „Zwei Kämpfe für euch, einer für mich, meiner als letzter. Nicht mit Schwert und nicht in Hundeform. Also geht Inu Yasha ins Wasser. Er kann schwimmen.“

„Ich auch!“ fuhr Sesshoumaru prompt auf.

Sein kleiner Bruder hätte sich um ein Haar dazu hinreißen lassen ihn anzustarren. Was war denn mit dem los? Emotionen? Und ungefragt reden?

Der durchaus besorgte Vater hätte bereits tadeln wollen, ehe ihm einfiel, dass er sich womöglich in den Fähigkeiten seiner Kinder irrte. Immerhin war er Jahrhunderte tot gewesen. „Du kannst auch in Menschenform schwimmen?“

Der jüngere Daiyoukai wollte sich nur noch auf die Zunge beißen. Was musste er auch so impulsiv reagieren. Aber das „Nein“ brachte er nicht über die Lippen.

Der Taishou bemerkte die Verhärtung in der Gestalt. „Stört dich dieser Mistkäfer?“

„Nein.“ Das wurde ja immer schlimmer. „Natürlich, wie Ihr wünscht, chichi-ue. Inu Yasha das Wasser, ich den Mistkäfer.“ Mehr zugeben war nicht. Er hatte diese eine Chance bekommen bei der Wiederbelebung seines Vaters dem endlich zu beweisen, dass er alle Ansprüche, die seine Eltern an ihn gestellt hatten, erfüllt hatte, dass er der wahre Sohn war, dass er der Erbe war, ein würdiger Daiyoukai – und vielleicht diesmal, diesmal, Vaters Schwert Tsuruki-hime bekommen. Nicht wie Tessaiga, nicht wie So´unga, verschwendet an das Halbblut. Schön, Tenseiga hatte durchaus seine eigenen Fähigkeiten, aber auch da war es letzten Ende doch immer nur um Tessaiga gegangen, um Inu Yasha. Immer nur um Inu Yasha. Den Vater doch nie kennengelernt hatte. Was hatte er selbst nur getan, wodurch Vaters Missfallen dermaßen erregt, dass er ihm kein Schwert anvertrauen wollte? Nun gut, Tenseiga, und chichi-ue hatte auch schon geäußert, dass er daran viel lernen sollte, was er, das gab er mit zusammengepressten Fangzähnen zu, auch getan hatte.

 

Inu Yasha sah derweil ein anderes Problem. Da gab es Mirokus alten Freund und er wollte eigentlich keinen Tanuki ins Jenseits befördern …. „Äh, eine Frage, chichi-ue, müssen wir die Tanuki umbringen um zu siegen?“ Es hatte einen Vorteil, erkannte er plötzlich, wenn man immer jemanden fragen konnte, wenn man etwas nicht wusste. Fast immer. Das hatte er so noch nie gekannt.

Das war eine durchaus berechtigte Frage. Der Junge dachte mit. Der Hundefürst wandte sich um. „Edok, wann sollten diese Duelle beendet sein, mit dem Tod oder der Niederlage.“

Der Anführer des Dorfes verzog etwas zu sehr die Lippen. „Ich wäre mit eurer Niederlage einstweilen zufrieden.“

„Und mit der deiner Leute?“ Das versprach nichts Gutes sollten er oder seine Jungs verlieren. Er entsann sich da eines gewissen Drachenstammes, die ihm sonst etwas angedroht hatten – solcherart, dass er wahrlich froh gewesen war nie in deren Hände gefallen zu sein.

„Nun gut, auch. Es soll ja gerecht zugehen.“

 

Was waren das nur für Marderhunde, dachte der Hanyou unwillkürlich. Hachiemon war wirklich nett gewesen und hatte Miroku und auch die gesamte Gruppe des Öfteren unterstützt. Lag das etwa an der anscheinend mehr als eigenartigen magischen Zusammensetzung dieser Insel? Ja, Edok hatte zuvor zu Vater gesagt, sie seien hier quasi gefangen und woanders mögen sie anders sein, aber das konnte doch eigentlich kein Grund sein… Gut. Konnte es. Er selbst hatte sich ja auch schon anders verhalten. Wenn er Kagomes Weg gehen würde immer mit allen zuerst zu reden, würde er sich erstens vor seiner kompletten Verwandtschaft eines Youkai unwürdig benehmen, zweitens würden ihn diese Idioten dieser bescheuerten Ansiedlung auslachen und umbringen. Na schön. Immerhin hatte der offizielle Ranghöchste aller Hundeyoukai seine Frage berücksichtigt. Anscheinend wollte auch Vater nicht unbedingt Massenmorde veranstalten – wenn es nicht nötig wäre. Und Bruderherz guckte schon wieder so.

 

Sesshoumaru empfand allein die Tatsache, dass solch eine blamable Frage auch noch weitergeleitet wurde als überaus demütigend. Was sollte es. Diese dumme Sache, die die Leute hier Kampf nannten, konnte stattfinden, danach würden sie gehen. Sollte Inu Yasha versagen so war das ja wohl allein dessen Problem. Nun gut, vielleicht auch Vaters. Dieser Klingenkäfer sollte es noch bereuen mit wem er sich hier angelegt hatte. Und dass der Inu no Taishou gegen diesen lächerlichen Edok gewinnen würde … Nun, nur ein Narr würde daran zweifeln. Es ging also wieder nur um Inu Yasha. Immer nur um den. Mal sehen, wie der sich gegen diesen Gegner schlug, dachte er plötzlich fast amüsiert, denn neben Edok tauchte ein Youkai auf, der ganz sicher kein Tanuki war – eine Echse in menschenähnlicher Form, mit übergroßen Zähnen, fast so groß wie der Bas … der Hanyou selbst.

 

Der Hundefürst selbst nahm ebenfalls an, dass dies der Duellant war und warf einen Blick auf seinen Jüngsten. Der jedoch schien ungerührt. Gut. Eine der besten Voraussetzungen ein derartiges Duell zu gewinnen, war, keine Angst zu haben. Nicht vor dem Gegner, nicht vor dem Tod.

 

Besagter Hanyou hatte ebenfalls mitbekommen, dass das wohl der Typ war, der mit ihm schwimmen gehen wollte. Nur, warum hatte dieser dämliche Edok dafür eine Eidechse ausgesucht? Eidechsen konnten doch nicht schwimmen? Jedenfalls war das eindeutig eine Echse in Menschenform, von Kopf bis Fuß mit Schuppen bedeckt, Schnauze mit unpassend großen Zähnen, Krallen an den sogenannten Füßen und Händen. Das würde lästig werden, aber er besaß das schließlich auch.

 

„Das ist Daiwani“, verkündete Edok. „Du solltest ja also dein Schwert ablegen. Vielleicht auch die Kleidung, aber das ist deine Sache.“

Das stimmte, dachten alle drei Hunde, dieser Daiwani war unbekleidet. Allein der Taishou fragte sich allerdings, ob der Kerl diesen Namen zu Recht trug oder nur seine Eltern gehofft hatten, das sei ein gutes Omen. Immerhin bedeutete das großes Krokodil, jedoch war von Größe oder auch einem Krokodil nichts zu sehen. Eine Echse, ja, mit großen Zähnen, ja, aber offenbar in der Menschenform. Hm. Er griff allerdings unwillkürlich zu, als sein Jüngster ihm sein Schwert in der Scheide reichte. Nun ja, Tessaiga und auch dessen Scheide ließen sich von Sesshoumaru nur bedingt anfassen. Er selbst hatte keine Probleme mit dem Holz seines alten Freundes Bokuseno und auch, wenn er spüren konnte, dass Tessaigas Macht vergrößert worden war – es lag noch immer sein eigener Fangzahn darin. Im Notfall würde er selbst damit kämpfen können, auch, wenn er zugegeben neugierig war, was ihm seine neue Klinge so bieten konnte. Nicht jetzt und nicht hier, denn das würde gegen die Abmachung verstoßen. Wobei, wenn die Tanuki und der Rest falsch spielen wollten, würden sie es bitter bereuen.

 

„Keh.“ Inu Yasha streifte sich die Oberbekleidung ab. Wenn er eines gelernt hatte in den letzten Jahren so, dass man schlechter schwimmen konnte, wenn man angezogen war. Anders machte es mehr Spaß, er musste ja nur daran denken, wie ihm Kagome tauchen beigebracht hatte. Diese Lehrstunden hatten regelmäßig am Ufer geendet und … nun, das gehörte nicht hierher. Dieser Daiwani watschelte jedenfalls schon mal in das sicher kühle, wenngleich stinkende, Nass. An Land schien der hilflos. Naja. Im Wasser musste man sehen. Er hatte eigentlich noch nie eine Eidechse außer an trockenen Felsen laufen gesehen. Aber dieser dämliche Edok hatte doch bestimmt einen Grund, warum er ausgerechnet den Teich für den Kampf vorschlug. Ah, klar, offenbar konnten Hundeyoukai in Menschenform nicht schwimmen. Na, dann hatten die Herrschaften sich in ihm wohl verrechnet. Ziemlich selbstbewusst schritt er in den in der Tat kühlen Weiher, wo ihn Daiwani bereits im Tieferen stehend erwartete. Komisch, dachte Inu Yasha noch. Wieso erwartet der mich da?

 

Im nächsten Augenblick machte die Echse einen Vorwärtssprung in das Wasser, tauchte ab. Noch ehe der Hanyou begriffen hatte, was los war, wurde er an den Fußknöcheln gepackt und rücklings unter Wasser gezogen.

Es war Inu Yashas praktisch lebenslange Erfahrung mit unerwarteten Angriffen und Kämpfen auf Leben und Tod, die ihn vor dem plötzlichen Ertrinken rettete, gegen das es keinen Widerstand gibt. Bevor ihm bewusst wurde, dass er attackiert worden war, ertränkt werden sollte, hatte er reagiert. Er zog noch im Fall mit aller Kraft die Beine an, riss Daiwani damit nach vorne, nur um sich im gleichen Moment zusammenzukauern und damit die Beine hochzureißen. Damit setzte er seine ganze Kraft aus dem Unterkörper gegen den Griff der Echse, genauer, gegen dessen beide Daumen, die nachgeben mussten.

In der nächsten Sekunde stand der Hanyou wieder, etwas nach Luft schnappend, aber heil, während sich sein Gegner etwas zurückzog. Daiwani hatte mit diesem fatalen Überraschungsangriff bislang stets Duelle im ersten Anlauf gewonnen und musste nun für einen Moment nachdenken.

 

Dies tat Inu Yasha weniger, als er mehr aus Zufall bemerkte, dass der doch etwas längere Schwanz seines Gegners im Wasser pendelte. Weit weg von den großen Zähnen. Ohne Verzögerung machte er einen ähnlichen Satz wie die Echse zuvor und tauchte kopfüber ab, packte das schuppige Anhängsel und zerrte mit aller Kraft daran, ehe er sich erhob.

Daiwani war zu verblüfft über die nie zuvor da gewesene Attacke um sich zu wehren. So fand er sich rückwärts mit gehöriger Kraft auf die Wasseroberfläche geschlagen. Nun, das war nichts, was ihn auch nur verletzen hätte können, dachte er noch. Der Kleine war raffiniert und kampferprobt, aber offenbar ahnungslos, was Echse betraf. Nur, wieso ließ der seinen Schwanz nicht los? Er müsste sich umdrehen, das war lästig und überhaupt …

Inu Yasha nahm seine Linke zu Hilfe. „Sankontessou!“

Sein Klauenangriff hatte ihm schon zu Zeiten aus der Klemme geholfen, als er noch nicht einmal wusste, dass er einen Halbbruder hatte.

Blödmann, dachte Daiwani schlicht, als die Krallen seinen Bauch streiften. Mancher mochte an der Unterseite weicher sein, aber doch nicht er. Moment mal!

 

Inu Yasha konnte förmlich spüren, wie der Körper seines Gegners erstarrte, umklammerte er doch immer noch den Schwanz, in der sicheren Überzeugung das wäre seine einzige Chance. Warum hätte er niemandem erklären können. Und auch, wenn kein Blut oder auch nur Kratzer zu sehen waren, irgend etwas hatte der Klauenangriff bewirkt. Warum also nicht nachsetzen? So schlug er erneut zu, wohlweislich noch immer in größtmöglicher Entfernung zu dem spitzen Maul.

Nein, dachte Daiwani. Woher wusste dieser Mistkerl, dieses Baby, von seiner Schwachstelle? Er konnte schon spüren, wie diese eigentlich lächerlichen Angriffe Wirkung zeigten. Seine Gedanken wurden langsamer, er wusste nicht mehr so recht was er tun sollte.

 

„Was denkt er sich da?“ erkundigte sich der doch besorgte Inu no Taishou bei seinem Ältesten.

Sesshoumaru hätte um ein Haar die Schultern gezuckt. DAS wusste man nie bei dem Halbblut. „Er wird gewinnen, chichi-ue“ erwiderte er nur. Da er den eigenartigen Seitenblick bemerkte, ergänzte er höflicherweise gegenüber dem Vater und Fürsten: „Man weiß nie, was ihm einfällt.“ Und was der in seinem nicht vorhandenen Gehirn ausbrütete.

„Das ist für Gegner tödlich.“ Der erfahrene Heerführer sah deutlich beruhigter, wenngleich neugieriger, zu, wie sein jüngerer Sohn den scheinbar nutzlosen Angriff erneut wiederholte, ohne den Schwanz loszulassen. Was hatte der Kleine nur vor?

 

Eigenartig, war die Schlussfolgerung des Hanyou. Kein Blut, keine Verletzung, aber diese Echse wurde langsamer und wehrte sich nicht. Na schön. Also noch ein Klauenangriff gegen den Bauch. Irgendwie schien das ja zu wirken.

Inu Yasha kam plötzlich ein Bild aus alten Zeiten in Erinnerung. Er hatte auf Kagome gewartet, weit in der Zukunft, und mit deren kleinem Bruder Souta vor dem Fernseher gesessen. Es war eine Zirkusvorstellung gewesen, genau. Und ein so genannter Magier hatte ein Krokodil zum Einschlafen gebracht. Souta hatte ihm erklärt, dass es keine Magie sei, sondern schlicht der Trick den Bauch zu streicheln. Den Bauch … zu streicheln….

Erneut jagte er einen Klauenangriff auf den nur scheinbar ungeschützten Bauch seines Gegners. Deswegen wurde der immer lahmer, schien zu erstarren. Ha. Er war einfach genial! Noch ein oder zwei solcher Attacken. Und er müsste den Kerl nicht umbringen. Siegen allein reichte ja, hatte dieser Edok doch gesagt. Und wehe, der würde sich nicht daran halten. In dem Fall, da war er sicher, würden auch Vater und Halbbruder keine Rücksicht mehr nehmen.

Na also, der gute Daiwani war vollkommen starr. Naja, der sollte ja auch nicht ertrinken. Nur siegen stand ja zur Debatte. So ließ er den Schwanz nicht los, als er mit dem Krokodilyoukai im Schlepp an Land ging und den regungslosen Körper dort abließ.

„Ich habe doch wohl gewonnen?“ erkundigte er sich.

 

Da Edok den Blick zweier schweigender Daiyoukai auf sich ruhen sah, meinte er nur: „Ja.“ Nicht alle dieses Trios würden gewinnen, warum auch immer der Jüngste dies getan hatte. Und der, erkannte er erst nun, war ja auch noch ein Hanyou gewesen. Sekunde. Da gingen so Sagen um, dass die stärker sein konnten als jeder noch so mächtige Daiyoukai. Schön, es war Pech gewesen, dass er den als ersten Kämpfer gewählt hatte, aber die Hunde schienen ja bereit sich der Regel zu unterwerfen. Nun gut, so war die alte Ehre. Und immerhin hatte das Halbblut Daiwani leben lassen. Er wollte schon sagen, dass der sich anziehen könnte, ehe er begriff, dass der bereits Hose angezogen hatte und bei seinem Vater stand, um sich sein Schwert geben zu lassen. Nein, unvorsichtig waren sie nicht. Nur ehrbar. Eigenartige Mischung, so etwas hatte er seit Jahrhunderten nicht mehr kennen gelernt. Und zum ersten Mal befiel den Tanuki das Gefühl, dass sein Einfall ein Duell gegen den Inu no Taishou stattfinden zu lassen, fatal für ihn enden könnte, selbst wenn dieser ohne Schwert war.

 

Der Hundefürst sah zu, wie sich sein Jüngster eilig die Oberbekleidung überstreifte. „Gut gemacht, Inu Yasha.“

Der so Angesprochene erstarrte förmlich, ehe er mit einem breiten Grinsen sich rasch fertig anzog. Er bekam, das wussten die Götter, selten ein Lob. Und dann auch noch von seinem eigenen Vater? Der ging ja nicht unbedingt großzügig damit um. Mit einem doch recht verlegenen Kratzen hinter einem Ohr, meinte er: „Danke, chichi-ue ….“

 

Vor lauter Freude ignorierte er, dass sein Halbbruder die Zähne dermaßen aufeinander presste, dass es knirschte. Wie gern, oh, nur ein einziges Mal, hätte er das auch von Vater gehört, dem Mann, der ihm selbst gegenüber immer als Muster, als Beispiel, vorgehalten worden war, den er selbst auch zu schätzen gelernt hatte. Und von dem er sich nichts inniger als diese zwei Worte wünschte. In den vergangenen Tagen hatte er nur zu deutlich gesehen, wie weit er noch von Vater entfernt war, nicht an Kraft, vermutlich, aber doch an Taktik, Strategiedenken, Vorsicht. Warum nur fiel alles Inu Yasha zu? Schwerter, Glück, Vaters Anerkennung? Das gab es doch einfach nicht. Was machte er selbst nur falsch? Er war stärker als das Halbblut, älter, klüger ...

Nun gut. Diese törichten Youkai wichen zurück und gaben den Blick auf eine Art Kampfplatz frei, wo sich der Klingenkäfer bereits aufhielt. An allen sechs Beinen und den Fühlern trug er Klingen, teilweise sensenartig, und damit konnte er wohl auch umgehen. Für Sesshoumaru stand nicht zur Debatte, dass er siegen würde. Wichtig war, dies in einer Art zu tun, die Vater gefiel. Vielleicht, oh, vielleicht würde der dann auch ein Lob für ihn haben? Man durfte ja hoffen. Er zog sein Schwert ab und reichte es wortlos dem Taishou. Um nichts auf der Welt hätte er diesen Beweis, dass er die Grenze zum Daiyoukai übersprungen hatte, ausgerechnet einem Hanyou gegeben.

 

Während sein Ältester mit ungerührtem Gesicht zu seinem Gegner schritt, sah der Hundefürst zu seinem Jüngeren. „Er wird gewinnen.“

„Ja, natürlich. Er hat sich in den letzten Tagen schon genug ärgern müssen,“ ergänzte Inu Yasha ehrlich. „Wenn dieser Käfer ihn auch nur zu verletzen versucht, macht er ihn kalt. Und das, chichi-ue, macht er immer sehr sauber und schnell.“

Immerhin hatte sich sein Ältester diesbezüglich nicht geändert. Und Angst vor den Klingen schien er auch nicht gerade zu haben. Nun, er hatte bestimmt einen Plan. Der Heerführer lächelte inwendig. Beide Jungs hatten ihren Plan bei einem solchen Kampf, beide kannten Duelle – und sie hatten bislang stets bestanden. Doch, er konnte stolz auf sie beide sein. Und er sollte bei seinem Duell gegen Edok zusehen, dass sie es auch auf ihn waren. Aber zunächst war einmal Sesshoumaru dran. Der war durchaus groß gewachsen, aber reichte dem Klingenkäfer gerade mal bis auf die Höhe des Maules. Und die beiden Fühler samt den Klingen schossen bereits vor.

 

Mit kühler Überlegung machte der junge Daiyoukai einen Sprung zurück, um genau abzupassen, dass die Klingen an ihm vorbeisausten. Er konnte Gift darin wittern, als einzelne Tropfen aus den Fühlern traten. Gift. Gegen ihn. Das war fast lächerlich, aber gut, selbst Inu Yasha vertrug eine ganze Menge davon, er war der beste Zeuge dafür. Nun gut. Er sollte kurz nachdenken. Die sechs Beine hoben sich teilweise und schwenkten die Klingen. Musste der Käfer seine Masse doch immer auf vier stellen? Dann hatte er nur zwei und die beiden Fühler zur Verfügung. Und es gab einen einzigen Ort, wohin der nicht kommen würde, nicht zuschlagen konnte.

Noch ehe der Klingenkäfer seine Fühler wieder in die Mitte seines Gesichtes zurückgezogen hatte, hatte der Hundeyoukai einen scheinbar waghalsigen Sprung gemacht, nach vorn und hinauf, genau zwischen die mit den giftigen Klingen besetzten Fühler hindurch. Es sah riskant aus, aber war doch so genau berechnet, dass er sich auf den zurück zuckenden Fühlern noch einmal abstützen konnte und mit einem weiten Überschlag mitten auf dem Rückenpanzer des Käfers landete.

Dieser versuchte hastig mit den freien Beinen und Fühlern den lästigen Kerl zu erreichen, der es sich auf seinem Rücken gemütlich machen wollte. Das hatte noch keiner gewagt.

„Ach du je,“ murmelte Inu Yasha, der nur zu gut das grüne Leuchten um die Linke seines Halbbruders erkannte. Die Dokka-so bestand nicht nur aus Gift, sondern auch noch aus ätzender Säure. Durch den Panzer mochte es der Käfer nicht so bald spüren, aber der Rest der Tanuki und Co schwieg. So etwas hatten sie wohl noch nie gesehen. Nun ja, es wäre ihnen zu wünschen, das sie es auch nicht mehr täten. Soweit er wusste, war er der Einzige, der gleich mehrere Begegnungen damit überlebt hatte.

Nur wenige erkannten, was dann passierte. Die weiß-schwarze Gestalt auf dem stahlgrün leuchtenden Käfer raste förmlich nach vorn, wo die Fühlern mit den Sensen daran hektisch nach ihm schlugen, jedoch plötzlich erstarrten.

Mit einem zweiten Überschlag landete Sesshoumaru genau vor Edok, ohne sich nach seinem Gegner umzudrehen.

Der Dorfvorsteher blickte daher lieber selbst an ihm vorbei und konnte ein seltsames Gefühl in seiner Wirbelsäule spüren, als er den Kopf des Käfers sah, der samt den Fühlern auf dem Boden lag, während der Rest des Körpers langsam in sich zusammenbrach. Dort, wo das Genick gewesen war, leuchtete etwas grün. Ein vorsichtiger Blick zur Hand des Daiyoukai bewies ihm, dass diese nicht mehr leuchtete. Was war das denn für eine unheimliche Waffe? Und, wenn das die Söhne waren – wen hatte er sich selbst als Gegner ausgesucht?

Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden ging Sesshoumaru zu seinem Vater. Natürlich würde der höchstens sagen: „Wie man es von dir erwarten durfte,“ so, wie es Lehrer, Mutter, immer wieder getan hatten.

Der Taishou hielt seinem Ältesten dessen Schwert hin. Er spürte die Macht dieser Klinge. Nein, der Junge war wirklich stark. Aber dennoch lag etwas Eigenartiges, Sehnsüchtiges, in seinem Blick, als er herankam. Und da begriff der Vater instinktiv seinen Welpen. „Perfekt gemacht, Sesshoumaru. Schnell, sauber und tödlich.“

Inu Yasha sah etwas erstaunt, wie sein großer Bruder kurz die Augen schloss, und durchatmete, ehe er nur sagte: „Ich bin überzeugt auch Ihr werdet es sein, verehrter Vater."

 
 

Der Herr der Hunde


 

D

a der Herr der Hunde sah, dass der tote Käfer weggeräumt wurde, um den Kampfplatz wieder zu bereinigen und Edok sich seine Rüstung ausziehen ließ, nahm er seine Scheide mit Tsurugi-hime darin vom Rücken und streckte er die Arme aus. „Helft mir,“ befahl er seinen Söhnen.

Sesshoumaru trat unverzüglich heran um die Schnallen aufzuknüpfen, während Inu Yasha erstaunt stehen blieb.

Erst, als er einen giftigen Seitenblick des Halbbruders und einen tadelnden seines Vaters bemerkte, die sich von seinen noch immer rot leuchtenden Augen ebenso wenig beeindrucken ließen wie von seinem doch recht hohen Youkilevel, kam er näher und versuchte einen Unterarmschoner abzuziehen. Warum sollten sie das jetzt machen? An dem See hatte Vater das doch auch allein vermocht?

Ja, schon, aber da waren sie sozusagen in der Familie gewesen, unter sich. Dieser Komiker von Tanuki ließ sich auch helfen, sah er gerade. Machte man das etwa so, wenn man ein Daiyoukai, ein Youkaifürst, war? Musste das schwierig sein, immer auf Ehre und sonst was zu achten. Immerhin schien es üblich zu sein, denn selbst Sesshoumaru hatte sofortigen Gehorsam bezeugt. Nun ja, machte der eigentlich immer, etwas, was er selbst nur vor Tagen, geschweige denn Jahren für unmöglich gehalten hatte. Herr Arrogant persönlich – und dann das.

Als die Panzerung auf dem Boden lag, reichte der Inu no Taishou wortlos die Scheide mit seinem neuen Schwert seinem Ältesten.

 

Der hätte fast seine Lippen verzogen. Er durfte sie nicht nur berühren, sondern sie in der Hand halten! Dieser Ehre musste er sich würdig erweisen. Niemand würde sie bekommen. Seine magischen Fähigkeiten zeigten ihm nur zu deutlich, dass die darin verborgene Klinge alles andere als gewöhnlicher Stahl war. Ja, vielleicht Tokejin, umgeändert. Aber, was war das sonst noch?

Gleich, dachte er dann in doch gewisser Selbsterkenntnis. Hatte er nicht bei Tenseiga lernen müssen, dass ihm kein Schwert so teuer war wie Rins Leben? Und jetzt – es war Vaters Klinge, für den im Jenseits geschmiedet, und er selbst würde sie nur bekommen, wenn chichi-ue wieder starb. Hatte er nicht jahrelang geglaubt, Vater habe ihn im Stich gelassen? Für Inu Yasha? Jetzt war der wieder da und er selber sollte die Gelegenheit nutzen viel zu erfahren, Taktiken, Vorsicht – früher oder später würde er sich der Aufgabe stellen müssen ein Feldherr zu sein. Und die letzten Tage hatten ihm nur zu gut bewiesen, dass er, was Stärke anbelangte, vielleicht langsam mit Vater mithalten konnte, aber an Erfahrung es eben doch noch mangelte.

 

Inu Yasha hätte ja gern gefragt, warum der Ältere das Schwert halten sollte, aber eben deswegen wohl, so als Erbe. Vermutlich gab es da in der komplizierten Verwandtschaft schon wieder eine Regel, die er nicht kannte. Dann jedoch fand er es wichtiger zu seinem Vater zu gucken, der sich soeben seiner Oberbekleidung entledigte. Was wurde das denn? Aber ein Seitenblick zu Edok verriet, dass der das auch machte. Schön, das würde mal wieder eine Frage an seinen Erzeuger ergeben, wenn der wieder hier war, also, gewonnen hatte. Eigentlich war daran kaum zu zweifeln, so gelassen wie Vater auf seinen Gegner zuschritt. Überdies bewies allein der Oberkörper, dass der, tot gewesen hin oder her, durchtrainiert war. Solche Muskeln bekam man kaum von schönen Tuscheschriften auf Maulbeerpapier. Gab es im Jenseits auch Schwertkämpfe? Aber, nun ja, auch dieser Tanuki war nicht einfach so rundlich, sondern mit Muskeln geradezu gepackt. Kein Wunder, dass der so selbstsicher grinste, als Vater einige Schritte vor ihm stehen blieb. Er selber konnte ja so nur den Rücken des Taishou sehen, und den auch nur verborgen unter den Fellteilen, aber der ließ seine Hände geradezu locker an seinen Seiten hängen. Und er hätte bislang gedacht, die Achtlosigkeit gegenüber Feinden sei seine private Marotte, höchstens noch die von Sesshoumaru, aber das grassierte wohl in der Familie.

 

Der Taishou mochte sich locker geben, aber er musterte Edok genau. Tanuki waren Meister im Verwandeln und Versteckspiel, das konnte durchaus ein Problem werden. Andererseits schien der Dorfvorsteher keine Ahnung davon zu haben, dass er derartige Kämpfe früher schon oft durchgezogen hatte. So´unga war schließlich nicht das Kampfgerät gewesen, das man leichtfertig einsetzte. So hatte er oft genug solche waffenlosen Künste gewählt, selbst Stockfechten geübt, was eigentlich verpönt war.

Der Tanuki!

Der Herr der Hunde glaubte nur einmal geblinzelt zu haben, aber der war weg.

Edok hatte sich unsichtbar gemacht, unter einen Bannkreis begeben, und würde ihn in dessen Schutz jeden Moment angreifen. Er konnte sich nur auf seine anderen Sinne verlassen und witterte hastig, lauschte nach einem winzigen Rascheln im Gras, das der Fuß eines Youkai streifte.

Rechts.

Er riss den Ellbogen hoch und prallte gegen etwas Festes, wohl das Kinn Edoks, der hastig zurückwich, aber sicher einen neuen Angriff plante. Das also war der Plan des Marderhundes. Mit der Unsichtbarkeit hatte der gewiss noch jedes Duell gewonnen. Der Haken war nur, dass solch ein Bannkreis sehr viel Youki verbrauchte. Nun gut, hier in dem Feld, das die dämonische Energie unglaublich erhöhte, mochte es gehen – aber es wurde eben das Youki aller erhöht. Auch seines.

Verdammt, der war hinter ihm!

Noch ehe der Taishou herumfahren konnte, spürte er wie sich ein Arm fest um seine Kehle schlang, ihn drosselte. Instinktiv packte er mit der Linken nach dem würgenden Unterarm.

 

Für die Zuschauer, gerade auch für die beiden Söhne des Hundefürsten, war es ein eigenartiges Schauspiel zu sehen, wie dieser sich im Griff eines unsichtbaren Gegners wand. Inu Yasha warf einen Blick seitwärts, aber da sein Halbbruder gelassen blieb, war es wohl noch nicht so, dass man eingreifen musste. Oder durfte man das schon wieder nicht? Dieser Edok und Vater hatten ja irgendetwas ausgemacht. So murmelte er nur: „Er gewinnt.“

„Natürlich.“ Sesshoumaru hätte nie daran gezweifelt. Was war dieser … nun ja, sein Halbbruder, nur für ein Narr. Vater war der Stärkste aller Lebenden.

 

Sie hatten jetzt direkten körperlichen Kontakt, dachte der Heerführer fast erleichtert, als er spürte, wie sein Kopf rückwärts gegen eine Schulter gezogen wurde, sicher, damit Edok einen besseren Hebel hatte ihn weiter zu würgen. Es war nicht das erste Mal, dass er in einem solchen Kampf in der Klemme saß und er kannte die Notwendigkeit die Panik der Luftnot in sich zu verschließen, nüchtern agieren zu müssen. Er konnte den Tanuki nach wie vor nicht sehen, aber er spürte ihn an seinem Rücken, fühlte Haut an Haut, hörte dessen Atem.

Und er gab nach, ließ sich rückwärts ziehen, drosseln.

Im nächsten Moment allerdings hatte er seinen Schwerpunkt verlagert, stand nur noch auf dem rechten Fuß, während sich sein linker dorthin hakte, wo er zu Recht das Kniegelenk seines Gegners vermutete. Damit brachte er Edok kaum aus der Balance, aber im gleichen Sekundenbruchteil warf er sich nach hinten, ließ sich damit auf den Tanuki fallen, der unter ihm zu Boden ging – und instinktiv losließ, um sich abzufangen.

Der Taishou rollte ab. Soviel zum Thema Unsichtbarkeit, dachte er zufrieden, als Edok den Bannkreis sinken ließ, sich zeigte. Der hatte anscheinend begriffen, dass er ihn auch so bekommen könnte, das nur Energieverschwendung wäre. Und jetzt sollte, musste, er rasch zur Sache kommen, denn erstens wollte er sich ja nicht vor seinen Jungs beschämen, die mit ihren Gegnern schnell zurande gekommen waren, zum Anderen, er war der Herr der Hunde und dieser Marderhund sollte sehen was er davon hatte sich mit ihm anzulegen. So blieb er abwartend stehen, die Hände fast provozierend locker an den Seiten herabhängend, nachdem er seinen Zopf elegant nach hinten gestreift und das Haarband etwas gerichtet hatte – auch dies eine Herausforderung.

 

Edok duckte ab. Nun ja, der Taishou war kampferfahren, wie es ja auch zu erwarten stand. Der hatte sofort die Lücke im Plan erkannt - unsichtbar hin oder her, aber er war zu spüren. Aber jetzt schien der nicht weiter zu wissen. Doch eher ein Schwertkämpfer, keine handfeste Prügelei gewohnt, sicher schon gar nicht gegen einen Tanuki. Denn wenn dieser Daiyoukai glaubte, er selbst könne nur mit den Händen angreifen, hatte der sich getäuscht. So duckte Edok ein wenig ab und schlich betont langsam auf den Hundeyoukai zu, der sich nicht bewegte. Hatte der doch Angst bekommen oder war schon erschöpft? Das wäre eigentlich nicht zu glauben.

 

Machte der Tanuki den Fehler oder nicht, fragte sich der Hundefürst. Er hatte schon einige derartige Duelle mit diesem Trick beendet und er wagte doch zu hoffen, dass sich das nicht bis Maruishima herumgesprochen hatte. So lächelte er – erneut eine Herausforderung. Gewöhnlich wagte sich niemand direkt in einen Faustkampf mit ihm, zumal, wenn sie im waffenlosen Kampf Erfahrung hatten. Die Beine waren stärker, schneller, besser. Und da musste seine Zeitplanung makellos sein und seine Stärke groß genug. Nun, letzteres würde er auch und gerade nach seiner Wiederbelebung nicht bezweifeln, zumal hier in diesem Youki-Feld. Ja. Edok drehte sich, löste sich vom Boden – ein Sprungtritt, berechnet auf seinen ungeschützten Bauch. Darauf hatte er gehofft und gewartet.

Blitzschnell packte der Taishou den Knöchel, noch während er sich seitlich wendete um doch einen Zusammenprall zu vermeiden, und drehte den Fuß mit aller Kraft um.

 

Edok schrie unwillkürlich auf, wollte sich herumwerfen, stürzte mehr wie ungeschickt zu Boden, da sein Fuß noch immer hart umklammert wurde. Der jähe Schmerz der überdehnten oder gar gerissenen Bänder ließ ihn erstarren. Zulange, denn der Herr der Hunde ließ sich mit beiden Knien voran auf den Rücken des Tanuki fallen, nicht bereit jetzt seinen Vorteil aus der Hand zu geben.

In der vollkommenen Stille des Dorfplatzes war nur zu deutlich das Keuchen zu hören, als die Luft aus den Lungen des Marderhundes gepresst wurde.

Ohne zu zögern packte der Taishou den rechten Arm seines Konterparts und schlug mit aller Kraft zu. Edok schrie auf, als er realisieren konnte wie sein Oberarm brach. Würgend unter den Schmerzen hörte er, wie sein Gegner leise sagte:

„Drei Lektionen fürs Leben, Tanuki. Erstens. Fordere nie Unbekannte zu einem Duell auf, es könnte fatal werden. Zweitens ...“ Und der Herr der Hunde brach auch den linken Arm: „Lass Wanderer in Frieden. Und drittens: deinen Fürsten und dessen Söhne zu lebensgefährlichen Kämpfen zwingen zu wollen nennt man Hochverrat. Das kostete dich den Knöchel. Ich finde, was das betrifft, solltest du mir dankbar sein.“

Er erhob sich. Die Verletzungen waren für einen Youkai, zumal hier in diesem Feld, nicht schwerwiegend, aber Edok würde einige Tage Zeit haben sich die Ermahnungen zu überlegen. Auf Hochverrat stand normalerweise ein sehr langsamer, durchaus grausamer, Tod. Er persönlich hatte das stets mit dem Schwert erledigt, aber er kannte die Regeln nur zu gut.

 

„Wow!“ Halt, das war falsch bei Inuyoukai. „Ich meine, chichi-ue ist ja echt klasse,“ murmelte Inu Yasha und bückte sich nach der Oberbekleidung seines Vaters, um irgendwie eine Entschuldigung anzuzeigen. Das hatte schon sehr nach dem ausgeschaut, wie sein Bruderherz so etwas bereinigte, aber immerhin lebte dieser dämliche Tanuki noch – und der sollte froh sein, dass er nicht Sesshoumaru gegenüber gestanden hatte.

Selbstverständlich war Vater stark und ein fähiger Kämpfer, dachte der ältere Halbbruder. Was dachte denn dieser Narr von Hanyou denn wie man Herr der Hunde wurde? Mit Fell bürsten?

 

Der Taishou nahm mit einem gewissen, dankenden, Kopfnicken seine Kleidung und streifte sie rasch über. Immerhin schienen sich die noch immer schweigenden und sie anstarrenden Youkai an die Abmachung halten zu wollen, was nur lebenserhaltend für sie war. Dennoch war er dankbar, dass Inu Yasha ihm eilig den Panzer überstreifte, Sesshoumaru ihm schweigend das Schwert zurückgab, ehe sich beide um die Unterarmschoner kümmerten.

Eine weibliche Tanuki, sicher Edoks Gefährtin, war bei ihm, andere gingen ebenfalls zu diesem, aber es erfolgte kein Angriff auf sie drei, nicht einmal ein Wutausbruch. Waren die Leute hier so geschockt, dass ihr Vorsteher auch mal verlieren konnte? Der Tod dieses Käfers? Oder, dass ein Hanyou Daiwani schlug? Jedenfalls sollten sie besser hier verschwinden, ehe sich diese Stille änderte. Immerhin würden sie sie nicht weit verfolgen, wenn es stimmte, was Edok gesagt hatte, dass sie diesen Bereich aus starker dämonischer Energie nie verlassen würden. Hm. Wollten oder konnten sie es nicht? „Gehen wir.“

 

Nach einer Viertelstunde meinte Inu Yasha: „Wir werden anscheinend nicht verfolgt, chichi-ue.“

„Sie sind ehrenhaft, irgendwie, ja.“ Der Taishou wandte nicht den Kopf. „Immerhin etwas. Und ich hoffe doch, dass sich Edok die Lektionen von heute merkt. Einige Tage Überlegungen werden nicht schaden.“

„Äh, ich hätte da eine Frage ...“

„Nun?“ Immerhin merkte sich der Junge langsam, dass man weder dem Vater noch dem Heerführer vorgriff.

„Wieso habt Ihr und dieser Edok Euch soweit ausgezogen? Die Oberbekleidung, meine ich.“

„Du hast das nie getan, da dich das Haar der Feuerratten ebenso wie ein Panzer schützt. Aber bei einem solchen Kampf legt man nicht nur das Schwert, sondern auch die Rüstung ab. Und, um das zu demonstrieren, auch die Oberbekleidung. Überdies ist es bei solch einem Nahkampf besser – der Gegner kann dich nicht an der Kleidung fassen und muss näher heran.“

Das war ja eine richtige Erklärung! Inu Yasha dachte kurz nach. „Dann habt Ihr so schon oft gekämpft. Ich meine, als ich Tessaiga noch nicht hatte, musste ich immer mit einem Klauenangriff durch. Aber so …. habe ich noch nie gesehen.“

„Ich wollte So´unga nicht öfter als zwingend notwendig einsetzen.“

Ja, das war klar. Dieses dämliche Stück Altmetall war viel zu gefährlich, das hatte er ja am eigenen Leib zu spüren bekommen. Da er aus den Augenwinkeln den Eindruck bekam sein Bruderherz würde sich schon wieder amüsieren, beschloss er noch eine Frage zu stellen, um dem die Heiterkeit ein wenig zu vertreiben. „Und warum habt Ihr zwei so Felle angewachsen ...“ Denn das war eindeutig zu erkennen gewesen, als Vater mit bloßem Oberkörper gekämpft hatte: „Und Sesshoumaru hat nur eines?“

„Und du gar keins,“ kommentierte der große Bruder prompt.

„Das liegt vermutlich an meinen menschlichen Vorfahren,“ kam ebenso rasch die Antwort.

Der Taishou spürte kurz nach, ob sich kein Youkai in der Gegend befand, ehe er stehenblieb und sich umwandte. Die Zwei waren überhaupt permanent anderer Meinung. Eigentlich war Edoks Idee mit den Duellen nicht einmal schlecht gewesen, und seine Söhne hatten sich etwas abreagiert. „Diese Felle sind die Überreste der Hundegestalt, Inu Yasha. Wir besitzen, wie auch andere, zu viel Youki um es nur in einen scheinbar menschlichen Körper zu pressen. So bleibt das übrig.“

Hm. Das könnte erklären, warum sich Sesshoumarus Fell so im Laufe der Zeit auch immer wieder verändert hatte – und warum es diesem Mistkerl damals bei dem Kampf um Tessaiga gelungen war ihn damit buchstäblich einzuwickeln. Aber … „Das würde bedeuten, wenn man Euch Zweien diese Felle abschneiden würde, wärt Ihr schwächer?“ Der Hanyou bemerkte trotz der regungslosen Gesichter seiner Familie, dass er etwas Ungeheuerliches gesagt hatte. „Ich frag ja nur ….“

Sesshoumaru holte schon Luft, aber ein Wink seines Vaters ließ ihn verstummen. „Das wird dir kaum gelingen, niemandem. Wenn diese Felle vom Körper getrennt werden, sind sie eben nur noch das. Das Youki bleibt in uns – wir müssten uns nur in unsere wahre Form verwandeln.“ Er wandte sich wieder um und schritt weiter. Nicht, dass doch noch Verfolger auftauchten. Der Kleine stellte seltsame Fragen. Ganz offenkundig hatte er sie nie zuvor stellen können. Nun ja, bei der brüderlichen Liebe zwischen seinen Söhnen waren die nie auf die Idee gekommen sich zusammen zu tun. Und Inu Yasha hatte kaum Myouga fragen wollen, oder auch nie daran gedacht. So oder so war diese gemeinsame Reise wichtig für die Familie.

 

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Inu Yasha das Gefühl bekam, er sähe nicht mehr richtig. Irgendwie wurde es dunkler, verschwommener. Erst dann, als er stehen geblieben war, erkannte er, dass er nur mehr ein Hanyou war, kein halber oder ganzer Daiyoukai. Er war wieder er selber und er hatte sich nur selten darüber so gefreut – wenn er nicht gerade von einem Menschen zurückkam. Aber er sollte es sagen: „Chichi-ue ...“

„Ja.“ Der Hundefürst wandte den Kopf: „Wir sind aus diesem Youki-Feld. Und damit dürfte die Gefahr gebannt sein, dass du durchdrehst. Deine Augen sind auch nicht mehr rot.“ Das war immerhin ein deutlicher Fortschritt. Und der Junge hatte sich selbst im Kampf, selbst mit diesem hohen Energiepegel, unter Kontrolle gehabt, nicht gemordet. Das war kaum allein Tessaiga zu verdanken, natürlich auch, aber hauptsächlich Selbstbeherrschung, Erfahrung und etwas, das man wohl am Besten als Mitleid bezeichnen konnte. Bereits vor dem Duell hatte ihn Inu Yasha gefragt. ob es wirklich nötig sei zu töten oder der Sieg reiche. Das zeugte von einem Mitgefühl dem Leben gegenüber, das er heute bei seinem Ältesten erhoffte, aber damals nur auf dem Umweg über Tenseiga zu erreichen plante. Sicher, manchmal musste man töten – aber nie ohne Mitleid. Ein guter Krieger war nicht blutdürstig, ein guter Sieger wollte keine Rache. Nur so konnte etwas entstehen.

 

Sie hatten die Höhe eines steilen Bergkamms erreicht und er hielt an, fühlte sich sofort von seinen Söhnen umschlossen. Ein sehr angenehmes Gefühl, wie der Taishou gern zugab. Etwas, das er sich im Jenseits erträumt hatte, auf den so endlosen einsamen Wanderungen. Womöglich war das auch ein Grund, warum er seinen Jüngsten nachvollziehen konnte. Der war lange allein durch Japan gelaufen, nun ja, mit dem armen Myouga als gelegentliche Hilfe … Und der hatte sich ein Zuhause gefunden, wenngleich unter Menschen. Immerhin war das ja die halbe Seite von ihm. Und, auch da war sich der Hundefürst sicher, unter seinen Freunden besaß niemand keine ungewöhnlichen, magischen Fähigkeiten. Und, das war eindeutig klar gewesen, diese Menschen schätzten ihn, den Hanyou, sie mochten ihn, glaubten an ihn, schützten ihn – und folgten ihm, auch das war klar geworden, wenngleich manchmal hinter freundschaftlichem Spott verdeckt. Nein, der hatte sich seine eigene kleine Gruppe, seine eigene kleine Welt, erschaffen, und der Hundefürst war sicher, Izayoi wäre ebenso glücklich darüber wie er.

„Verzeiht, chichi-ue ….“

„Ja, Sesshoumaru?“ Hatte er etwas übersehen? Aber sein Ältester guckte nur geradeaus. Ein Stück vor ihnen lag eine scheinbar harmlose Steppe am Fuße der Bergkette, auf der sie standen, in der nächtlichen Ferne war ein einzelner Berg zu erblicken. So weit, dass ihn Inu Yasha vermutlich nicht mehr entdecken konnte. Und dazwischen lag der Geruch von modernden Pflanzen. „Der Sumpf von Meiun.“ In dem bedauerlicherweise nicht nur Pflanzen moderten, die einem Spaziergänger zum Verhängnis werden konnten.

„Bei allem Respekt, chichi-ue ….bleibt dieser stets da? Das dort hinten dürfte der Berg von Meiun sein, unser Ziel.“

Er sollte sie ausbilden und wollte es ja auch. „Nach Aussage des Gami und Edoks verschwinden und tauchen hier die Magien auf, wie sie wollen. Ich wäre zugegeben froh, würde dieser Sumpf verschwinden. Er ist sehr unangenehm. Gehen wir an den Fuß dieser Berge. Dort erholt ihr euch. Beide.“ Er war sicher, dass sonst der eine oder andere wieder an Inu Yasha als schwach denken würde. „Ich gehe voran. Ich war bereits in diesem Sumpf und kann ihn überprüfen.“
 

Federball


 

D

as Trio erreichte fast mit der Morgendämmerung den Fuß des Gebirges, das hier recht abrupt in eine grasige Ebene überging, die nur von wenigen Büschen bewachsen war, die krumm Richtung Osten zeigten, Zeichen für den hier stetig wehenden Wind. Und alle Drei konnte vor sich ein Sumpfgebiet wittern, wie alle Moraste alles andere als gut duftend. Moder, Fäulnis und auch, in diesem Fall, noch irgendetwas anderes.

Der Taishou blieb stehen und wandte sich um. „Ihr beide wartet hier. Und, wie immer: kein Streit, keine Schwerter, bis ich zurück bin, außer, es greift euch jemand an.“ Er wartete ab, bis alle zwei Söhne den Kopf geneigt hatten, ehe er sich abwandte und in weiten Sprüngen in Richtung des Sumpfes lief, sicher, den nicht verfehlen zu können. Eher würde sich der Sumpf von Meiun ihm zuwenden – eine der überaus negativen Eigenschaften dieser einst von Daiyoukai erschaffenen Materie.

Eine zweite war der Geruch, der seine empfindliche Nase belästigte. Ein gewöhnlicher Sumpf roch nach Moder und Fäulnis, Pflanzenresten, die in wenigen Jahren selbst Teil des Morastes bilden würden, Tiere, oder auch Menschen und Youkai, die verunglückt waren. Das Problem an diesem Sumpf war allerdings, das ein gut Teil dessen, was hier vermoderte, noch herumlief, untot war. Wer hier als Youkai oder Mensch umkam, musste in alle Ewigkeit herumirren, nun ja, zuerst als Untoter, dann, nach endlichem Zerfall des Körpers, als Seele. Der Sumpf von Meiun hatte einst als Abschreckung dienen sollen, ihn hatten sich mächtige Daiyoukai um ihre Schlösser gelegt – nur, um herauszufinden, dass sich dieser Sumpf soweit selbstständig gemacht hatte, dass sie praktisch gefangen saßen. Oder das Risiko eingingen durch ihn zu laufen.

Er blieb stehen. Vor ihm lag eine dichte Nebelwand, aus der diese ganzen unschönen Gerüche drangen. Etwas wie Wehklagen war zu vernehmen, vermutlich der herumirrenden Seelen. Leider bedeutete das nur, dass er und seine Jungs angegriffen würden, gingen sie dort hindurch. Denn Sesshoumaru trug mit Tenseiga das Schwert bei sich, dessen Macht sie erlösen könnte. Und was Tsurugi-hime vermochte, konnte er nur ahnen.

Der gute Nagano hatte sich anscheinend mit diesem unseligen Sumpf schützen wollen – und Onigumo war zu einem Zeitpunkt gekommen, an dem dessen Magie gerade verschwunden gewesen war. Das erklärte auch, wieso der der Unterwelt entflohene einstige Mensch einen Daiyoukai überraschen konnte. Nagano hatte sich zu sicher gefühlt, und, bei allen Göttern, er wusste nur zu gut, dass auch er einst überzeugt gewesen war immer zu siegen, immer der Bessere, der Klügere, zu sein. Vorsicht lernte man leider erst durch Erfahrung. Und seine eigene war tödlich gewesen.

Onigumo, oder nun Akumu, würde es wohl jetzt lernen müssen.

Ja, das war der Sumpf von Meiun. Wo war nur der Beginn? Es gab Pfade hindurch, ja, die alten Daiyoukai waren nicht ganz ungeschickt gewesen, jedoch zu unvorsichtig in den Auswirkungen.

So wandte er sich ab und begann suchend entlang der scheinbar endlosen Nebelwand entlang zu wandern. Es gab mehrere Anfänge, das wusste er noch, sie alle waren gekennzeichnet. Er musste nur einen finden und dann seine Söhne holen.

 

Inu Yasha hatte sich friedlich zu Boden gesetzt und an einen mehr oder weniger stabilen Busch gelehnt, nachdem er Tessaiga abgezogen und in seinen Schoss gelegt hatte. Eine kleine Pause war nett, noch netter wäre was zu essen gewesen, aber damit brauchte er kaum seinem Herrn Halbbruder zu kommen. Herr Eisig starrte ja schon wieder dermaßen ins Nichts – als ob er mit dem eine Unterhaltung über …..Er suchte nach einem extremen Beispiel…..nun ja, Kagomes Einstein daher kommen würde. Naja, klar. Warum sollte der sich auch ändern. Man redete nicht mit dem Bastard, oder? Außer, wenn Vater das wollte. Das war sowieso interessant. Was war da einst abgelaufen zwischen den Beiden? Chichi-ue machte ja schon einen strengen Eindruck, also, wenn man das mit Mama verglich, aber er entsann sich durchaus, dass auch sie sich in diesem Schloss an strenge Regeln halten musste und diese ihm auch beigebracht hatte. War das etwa einfach der Preis, den man als Prinz bezahlen musste? Dann war eigentlich das freie Leben wie jetzt in Musashino deutlich besser. Und, das führte zu einer anderen Sache – wenn Sesshoumaru noch eine lebende Mutter hatte und die in einem Schloss hockte – wieso rannte der permanent quer durch Japan? Waren etwa alle Eigenschaften, die ihn so unheimlich an seinem ach so lieben Bruder störten, weniger von Vater als vielmehr von dessen Mutter forciert worden? War der darum, wie nannte das Kagome, durchgebrannt? Und hatte sich mit Jaken und Rin gleich zwei Leute gesucht, die ihn einfach toll fanden ohne etwas zu wollen? Er schüttelte etwas den Kopf. Soweit kam es noch, dass er diesen Misthund bemitleidete. Der hatte ihn oft genug umlegen wollen, Kagome ….

Und, was war denn das? Er erkannte etwas am Himmel, das ihm bekannt vorkam. Eine Gestalt, die auf einer überdimensionierten Feder saß und sich ihnen näherte. Das war doch unmöglich! Oder, wenn er so an die Idee von diesem dämlichen Akumu dachte eine Parodie auf Sesshoumaru zu erschaffen …..möglich? Vielleicht sollte man sich doch an den großen Bruder wenden, ehe man noch glaubte Halluzinationen zu haben.

„He, Sesshoumaru.“

 

Dieser verspürte nicht die mindeste Lust sich mit dem Hanyou zu unterhalten. Da er allerdings hören konnte, wie der aufstand, Tessaiga samt Scheide in den Gürtel schob und den Schwertgriff fasste, wandte er sich doch um. Wo guckte der denn …. Das war doch unmöglich.

 

„Kagura?“ erkundigte sich Inu Yasha fast flüsternd. „Oder das, was Akumu nun macht?“

Kagura. Der große Bruder dachte manchmal noch an sie. Die Feder, ja, aber … „Das ist die Kleidung einer Priesterin, du Narr.“

Das sah allerdings der Jüngere auch gerade. Frisur, Kleidung, es blieb nur ein Erkennen: „Kikyou?“

 

Die junge Frau auf der Feder trug das rot-weiß der Schreinjungfrauen. Ihre Haare fielen lang über ihre Schultern. Nun allerdings hielt sie inne und ihre roten Augen wandten sich den Halbbrüdern zu, während sie etwas über ihnen schweben blieb. „Du kennst meinen Namen?“

„Was soll das?“ Inu Yasha hörte selbst, dass er etwas heiser klang. Nein, das war nicht Kikyou, auch, wenn sie ihr ähnlich sah. Kikyou hatte doch keine roten Augen, das hatte Kagura, und die hatte auch auf einer gigantischen Feder reisen können, so als Winddämonin.

„Du kennst meinen Namen,“ sagte Akumus Abkömmling sachlich. „Ihr zwei seid unbekannt, also Feinde. Ich muss euch leider umbringen.“

Sie zog aus ihren Haaren, hinter ihrem Ohr, zwei oder drei Federn hervor und warf sie in die Luft. Ein Kichern erklang dazu, dass zumindest Inu Yasha durch Mark und Bein ging. Nein, das war nicht Kikyou.

Beide Halbbrüder zogen.

Im nächsten Augenblick fanden sie sich in einem förmlichen Wirbelsturm aus kleinen Federn wieder, die ihnen die Sicht nahmen. Mehr oder weniger blind schlugen sie zu – und beide in der vollkommen unbewussten Absicht diese Person nicht zu beschädigen. Erst musste man doch wissen, was real und was Täuschung war. Wer war sie? Kikyou? Kagura? Etwas Gemeinsames oder vollkommen Unterschiedliches? Konnte dieser Kerl nicht nur dem Jenseits entfliehen, sondern auch andere Seelen dazu holen?

 

Als der Ausläufer eines Angriffs Akumus Abkömmling erwischte, hielten beide den Atem an.

Keine Sekunde später wussten sie, dass sie in der Klemme saßen. Aus jedem Einzelstück entstanden Doppelgängerinnen, die ihrerseits wieder magische Federn warfen. Der Federsturm um sie wurde immer dichter und raubte die Luft. Zu sehen war fast nichts mehr, zu wittern nichts, die Federn hauchten selbst bei Sesshoumaru nur leisen Wind in die Ohren, bei Inu Yasha vergruben sich einige sogar darin.

Wenn sie sich durch Angriffe zu wehren versuchten – jedes Mal, wenn sie eine dieser Gestalten trafen, wurden es nur noch mehr davon, ihre Lage heikler. Und das Kichern der Unbekannten höher und schriller. Sie fand offenkundig Gefallen am Spiel. Oder sie fanden? Wie viele waren es inzwischen? Kikyous oder Kaguras, beides oder gar nichts?

 

Immer heftiger wurden die Federn um sie geweht, immer weniger Luft zum Atmen blieb, immer weniger zu sehen oder wittern, selbst der Hörsinn gab in dem Rauschen langsam auf.

„So ein Mist!“ keuchte Inu Yasha.

Sesshoumaru stimmte dem zwar vollinhaltlich zu, schwieg jedoch. Eine selten dämliche Falle – und sie waren prompt hineingefallen. Vater würde kaum erbaut sein. Aber …. da, ein Schatten. Er schlug zu, nur um festzustellen, dass er wohl getroffen, die Anzahl der so nervig kichernden Hexen um sie damit nur vergrößert hatte. Der Wind, in dem die Federn um sie wirbelten, nein, sie tanzten nicht mehr, wurde immer stärker, ihm zu entkommen würde selbst für ihn schwer werden – und da waren ja immer auch noch die Angreiferinnen, die solch einen Versuch kaum unberücksichtigt lassen würden. Was jetzt? Wind – doch Kagura, aber ohne Gedächnis?

 

Unter gewöhnlichen Umständen hätte sich Inu Yasha ja darüber amüsiert seinen Halbbruder in Boa und Haar mit Federn bedeckt zu sehen, aber dazu war das hier zu heikel, als dass er auch nur einen Blick riskiert hätte. Der Wirbelwind raubte den Atem und … klar. Die Windnarbe. Das Kaze no kizu würde doch die Federn erst einmal wegtreiben. So schlug er zu, so gut er das in dem tobenden Flaum vermochte.

Tatsächlich hörte das Federtreiben um ihn, und auch Sesshoumaru, wie er mit einem raschen Seitenblick feststellte, für einen Moment auf, da er eine dunkle Schneise geschlagen hatte. Die Betonung auf: er hatte, denn es entstand etwas wie ein Tunnel, ein umgedrehter Sog, der ihn sehr an Kagomes Föhn in der Zukunft erinnerte. Und alle Federn, die er eben noch beiseite gedrängt hatte, kamen mit hoher Geschwindigkeit auf sie zurückgerast, trafen durchaus schmerzhaft das Gesicht. Und diese dämliche Hexe kicherte, da war er sicher. War das doch Kikyou? Nur ohne Erinnerung? Der magische Macht nach konnte es schon stimmen, aber sie hätte doch nie …. Er spürte sich an der Schulter gepackt und herumgerissen.

„Noch einmal und ich bringe dich um!“ Sesshoumaru war nicht sonderlich guter Laune, zumal er zugeben musste, dass es einen Versuch wert gewesen war.

„Mach´s doch selber!“ gab der Hanyou prompt zurück, ehe er erneut Luft nur hinter der vorgehaltenen Linken holen konnte um keine Federn einzuatmen.

Das war tatsächlich mal ein praktikabler Vorschlag. Was war nur mit ihm los? Bakusaiga würde sein eigenes Youki verstärken und diese Federn verbrennen. Und dann würde er sich deren Besitzerin vorknöpfen und herausfinden …..

Nun ja, so eine bläulich schimmernde Welle aus dämonischer Energie höchsten Ranges hatte was für sich, dachte Inu Yasha, als er das hellen Lichtstrahl sah. Zumindest, wenn einem der Kerl nicht gerade in einem Duell gegenüberstand und man das gleich abbekommen würde, wie er damals in dem Bambuswald und an anderen Orten.

Tatsächlich wurden die Federn versengt, verschwanden zu einem gut Teil – nur, um sich zu verdoppeln, immer rascher, immer schneller um die Zwei zu wirbeln, die langsam wirkliche Atemnot bekamen. Selbst Sesshoumaru musste sich breitbeiniger hinstellen um noch den Halt zu wahren. Das war doch ….

 

Der Inu no Taishou war umgedreht. Er hatte einen Eingang in den Sumpf gefunden. Leider. Denn als er nur wenige Schritte in die Nebelwand getan hatte, hätte er um ein Haar die Orientierung verloren. Nur seine Erfahrung von damals, dass es da Probleme geben konnte, hatte ihn davor bewahrt in dem dichten Nebel nur tiefer in den tückischen Morast zu geraten. Immerhin schien das kein Bereich mit Genki zu sein. Nun ja, da dieser Sumpf von Daiyoukai geschaffen worden war, wäre es auch unwahrscheinlich gewesen, aber …

Was war das denn? Dort vorn hatte er doch seine Jungs zurückgelassen? Und jetzt tobte dort eine förmliche Säule in weiß und schwarz, sich rasch drehend? Und seltsame weibliche Gestalten auf riesigen Federn flogen herum, gekleidet wie eine menschliche Priesterin? Saßen seine Söhne etwa in einer Falle? Nachdem er zugesehen hatte, wie sie mit ihren Gegnern im Tanuki-Dorf fertig geworden waren, konnte er sich eigentlich nicht vorstellen, wie solch eine Falle aussehen könnte. Fakt war jedoch, dass sie irgendwie da drin steckten. Beide besaßen doch mächtige, magische Schwerter? Warum wehrten sie sich nicht? Waren sie bewusstlos? Schön, Inu Yasha war ein Hanyou, aber zumindest Sesshoumaru konnte doch gar nicht…

Egal, beschloss der besorgte Vater. Er würde jetzt erst einmal nach den Zweien schauen und dann herausfinden, was diese Hexen dazu getrieben hatte einen tödlichen Fehler zu begehen. Sekunde. Sie sahen alle gleich aus. Und, wenn er sich nicht irrte, hing an allen die gleiche Witterung wie an diesem billigen Imitat seines Ältesten. Abkömmlinge also, Akumus Abkömmlinge. Dieser Mistkerl schaffte es noch, dass er wirklich wütend auf ihn wurde.

Die Federn würden das Atmen behindern, also holte er einige Male tief Luft, ehe er sich in den Federwirbel stürzte, sicher, dass diese Frauen auf ihre Opfer guckten und nicht an die Rückendeckung dachten.

 

Er fand seine Söhne im dicksten Federsturm, immerhin Rücken an Rücken, die Schwerter in der Hand. Wieso nur hatten sie nicht das Naheliegendste getan?

Sie fuhren herum, als sie die zusätzliche Bewegung bemerkten, wie er doch zufrieden feststellte, ehe er gegen den Sturm anschrie: „Inu Yasha! Wozu hast du das Meidou Zangetsu? Um Löcher in die Luft zu starren? Sesshoumaru, Tenseiga!“

Der Pfad in das Jenseits! Inu Yasha hätte gern etwas dazu sagen wollen, dass er erstens daran nicht gedacht hatte, zum Zweiten doch, weil Kikyou … Nein, sie konnte es nicht sein. Oder? Und wenn, dann war sie ja sowieso schon wieder tot. So konzentrierte er sich auf seine Klinge, die sich prompt in schwarz verwandelte.

Tenseiga? Der ältere Bruder war etwas erstaunt. Was sollte er denn damit? Vater sollte nur zu gut wissen, dass er das Meidou nicht mehr damit schlagen konnte, sondern es an Tessaiga verloren hatte. Aber … Natürlich. Tenseiga! Das Schwert des Jenseits. Er wechselte hastig die Klingen. Wenn er damit Inu Yashas Angriff unterstützte, wie sie es gegen So´unga geschafft hatten, würde das Meidou mächtiger werden. Warum nur hatte er selbst daran nicht gedacht? Hatte die Vorstellung, es könnte Kagura sein, seinen nüchternen Youkaiverstand getrübt? Er bemerkte gerade noch, dass Inu Yasha zuschlug und etwas wie ein schwarzer Strahl aus Tessaiga erschien, der sich rasch in ein größeres, rundes Loch verwandelte. Eilig schlug er mit Tenseiga zu, bemüht dessen Macht mit dem entstehenden Pfad in die Unterwelt zu verbinden.

Federn flirrten auf, wurden ebenso unbarmherzig in das schwarze Loch gezogen wie die aufschreienden Frauen, die jäh eine nach der anderen verschwanden, ehe die Letzte – und mit Sicherheit der echte Abkömmling - eingesogen war und das Meidou in sich zusammen brach.

Etwas keuchend sah sich Inu Yasha um. Letzte Federn fielen zu Boden, Erde und Sträucher waren von dem weißen Flaum bedeckt. Und ganz offenkundig war da jemand wütend. Auweia. Vater hatte nicht nur die dunklen Augenbrauen zusammengezogen, sondern das Youki, das von ihm ausging, ließ seine Boas fast flattern. War es so schlimm gewesen, dass sie beide nicht die Lösung gefunden hatten? Naja, selbst Sesshoumaru wirkte ein wenig ….peinlich berührt, als er Tenseiga in die Scheide schob. Und das wollte bei dem schon was heißen. So schob er Tessaiga weg. Was immer er jetzt sagen würde, würde kaum gut aufgenommen werden.

 

Der Taishou überprüfte rasch die Gegend mit allen Sinnen, ehe er sich an seinen Nachwuchs wandte, die Beide bemerkenswert gesittet nebeneinander standen. Sie merkten offenbar, dass er nicht erfreut war. „Kann mir auch nur einer von euch verraten, warum ihr länger als fünf Minuten benötigt um zu zweit mit einem Abkömmling Akumus fertig zu werden?“

Zu zweit, ja, das war schon einmal der erste Haken, dachten beide Söhne in seltenem Einklang. Aber das zu gestehen wäre bei Vaters augenblicklicher Stimmung vermutlich zwar nicht Selbstmord aber doch sehr töricht.

„Äh, naja, chichi-ue,“ begann Inu Yasha, sicher, dass sein Halbbruder nichts sagen würde. „Diese Priesterin, ich meine, diese Frau, sie sah aus wie Kikyou. Und sie sagte, das sei auch ihr Name!“

Der Hundefürst begriff nichts. „Und wer oder was ist Kikyou?“

„Naja….“ Der Hanyou schob verlegen die Hände in die weiten Ärmel, ehe ihm einfiel, dass das schon wieder unhöflich war. „Sie war eine Priesterin und sie … sie war sehr nett zu mir. Wir waren zusammen, bis zu ihrem Tod. Kagome ist ihre Wiedergeburt, aber natürlich ganz anders.“

„Du siehst also ein Scheinbild deiner Exgeliebten und kannst nicht mehr kämpfen.“

Da das nach einem vernichtenden Urteil klang, versuchte Inu Yasha sich zu wehren. „Naja, sie wurde schon einmal wiederbelebt, und ….“ Oh oh. Vaters eisiger Blick glitt zu Sesshoumaru. Der konnte dafür allerdings nun wirklich nichts, Tenseiga hin oder her. „Nein, nicht er. Das war eine Hexe namens Urasae, die schuf aus Toten und Lehm wieder neue Körper … Sie ist tot.“

Der ältere Bruder erkannte an, dass der Bastard ihn schützen wollte – und ehrlich blieb. Leider half das wenig, denn nun nahm Vater ihn ins Visier.

„Und was ist deine Entschuldigung?“

Nein, das würde er nicht sagen, beschloss Sesshoumaru. Vater hin, Gehorsamspflicht her. Leider musste er Sekunden später feststellen, dass Inu Yasha noch immer bemüht war das Gewitter von ihnen beiden abzuhalten. Verflixtes Beschützergefühl!

„Naja, chichi-ue, sie erinnerte ihn wohl an eine Youkai, die auf ihn stand. Ich meine, die ihn sehr gern hatte. Er war bei ihrem Tod dabei. Naraku brachte sie um,“ erklärte der jüngste Sohn.

Ganz ruhig bleiben, ermahnte sich der Inu no Taishou. Ein Youkaifürst schrie nicht. „Soll ich diese Aussagen dahin interpretieren, dass euch diese Frau, genauer, Akumu, Personen vorspiegelte, zu denen ihr eine, wie auch immer geartete, persönliche Beziehung hattet? Und deswegen vergesst ihr um euer Überleben zu kämpfen? Was hättet ihr getan, wenn sie euch Kagome dargestellt hätte – oder Rin?“ Beide waren tapfer, mutig und stark. Aber ihnen fehlte jede Menge Erfahrung und Anleitung. Er war wohl wirklich zu früh gestorben.

Sesshoumaru presste die Fangzähne zusammen.

Der Jüngere bewies erneut Impulsivität. „Immerhin habt Ihr Euch ja auch für Mutter und mich umbringen lassen.“ Mist! Inu Yasha erkannte, dass diese Aussage ungefähr den gleichen Effekt hatte als würde er Kagome erzählen, dass er jetzt eine Zweitfrau namens Kikyou habe.

Mit dem kleinen Unterschied, dass der Herr der Hunde sich zur Ruhe zwang. „Vor uns liegt der Sumpf von Meiun und dort gibt es jede Menge Untote. Ich wünsche keinerlei Überraschungen von eurer Seite. Ihr habt verstanden.“

„Ja, chichi-ue.“ Sesshoumaru wusste, was erwartet wurde. Und er würde sich zukünftig hüten auf derartige Täuschungen herein zu fallen.

Inu Yasha war froh, dass es nicht handgreiflich wurde, das wäre doch etwas unangenehm geworden. „Ja, chichi-ue,“ folgte er lieber dem Beispiel. Nein, diesmal würde er bestimmt aufpassen, wen er da serviert bekam.

 

Akumu richtete seine lidlosen Augen auf einen Behälter aus Ton neben sich. Was war das denn? Es schmerzte in seinem Herzen. Aber dieser Schmerz kam von dort, wo er Kikyous Herz aufbewahrte. So zog er den Krug zu sich. Was war das denn, zum Zweiten? Das Herz vertrocknete, ja, etwas wie Rauch stieg auf. Das gab es doch nicht? Nun ja, nur, wenn sie verstorben war.

Aber wer konnte jemanden töten, der doch gar kein Herz im Leib trug, der nicht in dem Sinn lebte? Wollte dieser Jemand etwa zu ihm? Wenn, dann mussten das mehrere sein, mindestens zwei, denn mit ihrer Fähigkeit der Verdopplung war Kikyou doch praktisch unzerstörbar gewesen. Und klug hatte er sie auch erschaffen. Nun ja, klüger als diesen Sesshoumaru.

Aber, den konnte er jetzt hier brauchen, wenn da wirklich jemand auf ihn zukam. Er musste ihn zurück rufen. Und er würde ihn verdoppeln. Ja. Das sollte schnell gehen. Überdies müsste er sich eine Falle überlegen. Genki und Youki, die beiden Gegensätze. Eines davon würde auch dem unerwünschten Besuch zu schaffen machen. Oder – ja, das Energiefeld vor dem Berg Meiun. Ein wunderbares Magiefeld. Ein wunderbarer Ort zum Sterben.

 
 

In den Sumpf


 

S

esshoumaru warf keinen Blick neben sich, als er wortlos seinem Vater folgte. Dass dieser zornig war, war nur zu deutlich gewesen. Es war ja zugegeben auch peinlich, dass er nicht erkannt hatte, wie einfach es wäre dieser Falle zu entkommen. Ein kurzer Befehl an Inu Yasha ….nun ja, wie der auf Befehle reagierte, war ihm eigentlich klar, zumindest, wenn diese von ihm kamen. Auf Vaters Anweisung hatte der ja prompt reagiert. Dennoch – das Meidou und Tenseiga. So einfach, dieser Falle zu entkommen.

Ja, erkannte er. Und genau darum war der erfahrene Feldherr vor ihm so zornig. Sie hätten es beide wissen können, ja, müssen. Sie hätten nur zusammen arbeiten sollen, nachdenken – und genau das hatten sie alle Zwei nicht getan. Und, das war wohl das Schlimmste an der Sache: Vater hatte sie nach den Duellen im Tanuki-Dorf beide gelobt, war mit ihnen zufrieden gewesen. Und jetzt – dieser Ärger, dieser Zorn entstammte nicht einmal ihrem Versagen. Der Hundefürst war enttäuscht. Sesshoumaru atmete tief durch. Er hatte seinen Vater wieder einmal frustriert, hatte sich wie Inu Yasha, also, wie der Trottel vom Dienst, benommen. Von einem Daiyoukai wurde anderes erwartet, nüchternes Nachdenken. Das durfte ihm nicht noch einmal passieren. Im Sumpf von Meiun, gleich, was dort wartete, würde er zeigen, was er konnte, würde er alle Erwartungen erfüllen. Sollte sich Inu Yasha doch blamieren, das verstand der ja hervorragend.

 

Inu Yasha starrte ebenso nur den Rücken des Taishou an. Die Fellteile – Teile des Körpers – wehten förmlich unter der Energie, die von dem Hundefürsten ausging. Ja, der war sauer. Und, das gab er zu, musste er zugeben, mit gewissem Recht. Es wäre so einfach gewesen das Meidou gleich zu Beginn einzusetzen, oder auch später, das wäre es doch gewesen. Warum nur hatte er nicht daran gedacht? Wegen Kikyou? Aber Sesshoumaru hatte ja auch nichts gesagt… Nun gut, das musste er zugeben, wenn der auch nur etwas wie einen Befehl fallen ließ, machte er eigentlich prompt das Gegenteil. War es das, was Vater so offenkundig erzürnt hatte? Die einfachste Lösung – und sie fanden sie alle beide nicht, weil sie gar nicht auf die Idee gekommen waren zusammen zu arbeiten? Schon bei So´unga und auch Naraku hatten sie ja einiges eingesteckt, ehe sie das begriffen hatten.

Na schön, Vater sah da vermutlich kein Problem, es handelte sich ja um seine Söhne, aber …. Sekunde. Genau. Er sah in ihnen beiden seine Söhne, er wollte sie gleich behandeln, versuchte es zumindest, seit er wieder hier war, am Leben. Er verglich nicht einmal. Und da begriff der Hanyou. Vater war nicht sauer, weil sie im Kampf sich ziemlich töricht angestellt hatten. Er war zornig, weil sie nicht zusammen gearbeitet hatten, weil sie … ja. Miroku hatte mal erklärt, warum Kagome immer so wütend wurde, auch, wenn er selbst gar keinen so großen Anlass gesehen hatte, wie damals bei diesen scharfen Keksen. Nur, wenn man selbst gefühlsmäßig dabei war, tat es einem richtig weh. Wurde man von jemandem enttäuscht, den man schätzte, liebte, schmerzte es nur umso mehr – und man wurde wirklich sauer. Kurz, Vater war so drauf, weil ihn sein Sohn, seine Söhne, enttäuscht hatten. Und das, schwor sich Inu Yasha in diesem Moment, sollte nie wieder vorkommen.

 

Ihr habt Euch ja für meine Mutter und mich umbringen lassen. Keine andere Antwort hätte den Inu no Taishou so treffen können. Ja, es stimmte, ja, er konnte die Jungs schon irgendwie verstehen, dass sie gezögert hatten. Aber zum Ersten hätten sie doch die Scheinbilder erkennen müssen, sehen, dass es sich nur um einen Abkömmling handelte, zum Zweiten hätten sie schlicht zusammen arbeiten sollen und müssen. Gemeinsam waren sie praktisch unschlagbar.

Aber dieser Satz.

Izayoi.

Wenn auch nur in Gedanken suchte er sich zu rechtfertigen. Er war losgelaufen um Izayoi und das Baby zu schützen, als Myouga ihm die fatale Nachricht über Takemarus Verrat gebracht hatte. Er war sicher gewesen, dass er so oder so sterben musste. Die Verletzungen, die ihm Ryuukossusei beigebracht hatte, konnte auch ein Daiyoukai nicht mehr heilen. Die Zeit war knapp gewesen, aber er hatte es mit Tenseigas Hilfe geschafft sie zu retten. Das war doch etwas anderes, als nur Abbilder zu sehen und selbst bei voller Kraft zu sein.

Izayoi.

Der Kreis hatte sich geschlossen und er sein Schicksal akzeptiert. Als er sie das erste Mal gesehen hatte, hatte er ebenso geglaubt, dass es das Ende sei. Eine verlorene Schlacht, ein verlorener Zweikampf. Er wusste noch, dass sein letzte Befehl, bei diesem letzten verzweifelten Angriff auf seinen Gegner, noch Sesshoumaru gegolten hatte: er solle die Leute nehmen und sich in Sicherheit bringen.

Dann – er entsann sich noch heute nur eines großen Schmerzes, Leere, und als er erwachte lag er kaum bei Bewusstsein in irgendeinem Wald. Mühsam nur konnte er sich an einen Baum lehnen. Er war mehr als schwach, ohne Energie, ohne Youki, blutend aus vielerlei Wunden. Wie er hierher gekommen war, konnte er bis heute nicht sagen. Dass ihn So´unga wie Tenseiga seinen Herrn rettete, glaubte er nicht. Das Höllenschwert wäre nur zu froh gewesen ihn los zu werden.

Es war Nach geworden, Dunkelheit lag um ihn und ihn wurde bewusst, dass in seinem Zustand jeder Wurmyoukai, der aus der Erde kroch, eine wahre Gefahr für ihn darstellte, ja, jeder menschliche Räuber, der seine Rüstung und Waffe interessant fand, ihn umbringen konnte. Zumindest das durfte nicht geschehen.

Der Taishou entsann sich noch, wie mühsam es gewesen war, wenigstens die Scheide mitsamt dem Höllenschwert abzuziehen und hinter sich in einem Busch, wenngleich auch nur provisorisch zu verbergen. Dann hatte er sich vollkommen erschöpft gegen den Baum gelehnt und versucht sein Youketsu, die Quelle seiner Energie, aufzurufen ohne dabei die Umgebung aus dem Gehör zu lassen. Die Augen fielen immer wieder zu. So blieben nur Gehör und Geruchssinn. Einsam und hilflos wie er war, empfand er zum ersten Mal bei jedem Knacksen im Wald hinter sich, bei jedem Rascheln auf der Lichtung vor sich wirklich panische Angst. Jeder Wolf, ja, wohl jeder Fuchs, erst recht jeder Youkai würde ihn nur zu gern als Beute betrachten. Er musste sein Youki finden, steigern, so rasch es nur ging. Und das würde nicht rasch gehen. Selbst die Hände zu heben war ein Ding der Unmöglichkeit. Er hatte seine letzte Kraft an das Verstecken von So´unga verschwendet. Immerhin das konnte hilfreich sein. Zu einem Bann war er allerdings schon nicht mehr in der Lage gewesen.

Eine endlos scheinende Nacht, allein in einem Wald … Hoffentlich war es seinem Sohn gelungen zu entkommen, noch dazu mitsamt seinen Männern, hoffentlich hatte niemand die Treue zu ihm mit dem Leben bezahlt.

Auch ein Preis, der zu zahlen war, wenn man die Macht wollte, wie er feststellen musste. Vielleicht starb man selbst, vielleicht auch nur Leute, die man kannte, die einem lieb geworden waren …

 

Er war froh wie selten, oder auch nie zuvor, gewesen, als die Sonne aufgegangen war, die Vögel gezwitschert hatten – und er immer noch am Leben war. Die Angst ließ nach, auch das Gefühl der Hilflosigkeit, auch, wenn er feststellen musste, dass er zwar ein Tuch aus der Rüstung ziehen konnte, aber noch immer unfähig war auch nur in den kaum drei Schritte entfernten Bach zu langen und es in das Wasser zu tauchen. Müde legte er die Hand mitsamt dem Tuch wieder auf den gepanzerten Bauch. Es war nachgerade lächerlich, wie er hier herumlag, der Heerführer, der Herr der Hunde, der Herr der westlichen Gebiete.

Sein Youki stieg, aber es war noch immer geradezu erbärmlich. Immerhin war es so sicher, dass er sich erholen würde, käme kein unerwünschter Besucher, beschloss er, als ihn die Sonnenstrahlen endlich erreichten. Es mochte schon gegen Mittag gehen.

Ein lautes Rascheln – nun, laut für einen Hundedämonen, hatte ihn wieder aus dem Dämmerschlaf gerissen. Was kam da? Etwa ein Wildeber, noch dazu ein Youkai? Nein, kein Youki, erkannte er erleichtert, denn diese Spezies reagierte überaus eigen, wenn sie einen Eindringling in ihr Revier auch nur vermutete. Gewöhnlich machten sie dennoch einen Bogen um ihn, aber ..Ja, aber. Dann war ihm ein Geruch in die Nase gestiegen, der ...oh, er wusste es noch heute, wie verblüfft und wie fast betäubt er geworden war. Ein weiblicher Geruch nach Räucherwerk, Blumen, der in ihm nur den Wunsch nach Frieden und Sicherheit weckte, ja, ihm versprach. Kurz darauf entdeckte er eine weibliche Gestalt, die durch die Büsche kam, offenbar zu dem Bach wollte, und zurückschrak, als sie ihn sah. Sich hinter einem Baum zu verstecken, war vielleicht eine menschliche Reaktion, wenngleich ziemlich dumm. Wäre er bei Kräften gewesen und hätte die junge Frau, eher das Mädchen, töten wollen, wäre sie bereits tot gewesen. Lästiger war jedoch, dass weibliche Frauen, soweit er wusste, die Kimono trugen, nie allein waren. Das würde ihm gerade noch fehlen, vorn einer Horde Menschen zerrissen zu werden.

Da hatte sie wieder hinter dem Baum hervor geblinzelt und war mit erstaunlichem Mut herausgetreten. „Ihr seid verletzt,“ hatte sie das kaum Übersehbare festgestellt. „Es ist nicht weit bis zum Schloss. Kommt, und ihr werdet Obdach und Pflege erhalten.“

Er hatte den Kopf geschüttelt, fast amüsiert über das Angebot. War sie zu naiv um zu erkennen, dass er ein Youkai war und sicher nicht in einem menschlichen Schloss gepflegt werden würde? Sie war schön, hatte er festgestellt, als sie behutsam näherkam. Ihr langes Haar fiel weich bis fast zum Boden – und er wusste nur zu gut, wie sehr so etwas der Pflege bedurfte, war man kein Daiyoukai. Ihr Kimono zeigte nur zu deutlich, dass sie aus vornehmem Haus stammte .

Unwillkürlich suchte er nach den Wachen.

Sie kam wieder einige Schritte näher. „Ich sehe, dass Ihr ein Tuch habt, darf ich Euch damit zumindest das Gesicht waschen? Oh, ich sehe, Ihr habt kein Schwert. Verzeiht meine Dummheit.“

Sie wusste also, dass ein Mann ohne Schwert ehrenlos war und sicher nicht in ihr väterliches Schloss gebracht werden durfte. Aber sah sie denn nicht die Zeichen in seinem Gesicht, dass seine Hände Klauen waren, als er die Rechte mit dem Tuch darin wortlos etwas hob? Heute würde er sagen, dass sie es sah, aber es ihr gleich war. Damals jedoch hatte er nur die Augen geschlossen, als sie mit dem angefeuchteten Tuch die Kratzer zumindest an Gesicht und Händen reinigte.

„Wie heißt Ihr?“ hatte er leise gefragt.

„Izayoi … Und Ihr?“ Und sie schreckte zusammen, da Schreie im Wald zu hören waren, Rufen.

Natürlich. Er hatte recht behalten – eine Prinzessin lief nicht alleine im Wald spazieren. „Ich bin...Taishou…..“

„Ein Heerführer also.“ Sie ließ hastig das Tuch auf ihn fallen und beeilte sich zum Rand der Lichtung zu gelangen. „Hier bin ich, nun schreie doch nicht so, Amme, bitte Takemaru. Ich bin ja hier!“ Sie wandte sich noch einmal zu ihm um und legte einen Finger an ihren Mund, ehe sie wieder im Busch verschwand.

Der Herr der Hunde gab heute noch zu, er habe die Begegnung für einen Traum gehalten, aber da war der Geruch, die Tatsache, dass ein nasses Tuch auf ihm lag – und diese Witterung, die ihn bis heute verfolgte. Izayoi!

Wieder spürte er etwas, als wolle ihn das Schwert auf seinem Rücken trösten, beruhigen. Eigentlich ein sehr schönes Gefühl, fast, als ob sich eine Frau um ihn sorge.

 

Nun gut, gab er dann ernst werdend zu, den ersten Punkt seiner Überlegungen, dass er sowieso hätte draufgehen müssen, so wie ihn Ryuukossusei zugerichtet hatte, sollte er besser Inu Yasha gegenüber nie erwähnen. Sesshoumaru dagegen sollte ebenso nie erfahren, wie mies es ihm selbst damals nach dieser Schlacht gegangen war. Als sein Sohn ihn wieder traf, war er nicht nur erholt, sondern … wozu es sich selbst gegenüber leugnen, frisch verliebt. Und hatte einen gewissen Zorn gegenüber diesem Katzenvieh besessen, das ihn derart zurichten konnte. Die zweite Schlacht hatte weder der Kater noch dessen Nachwuchs überlebt. Und in gewisser Hinsicht auch seine Legende geschaffen, schließlich hatte er ohne das Höllenschwert in Hundeform gekämpft. Bis auf das Duell mit Ryuukossusei hatten dann auch alle Denkenden Abstand bewahrt.

Nun ja.

Jetzt war es wichtiger seine Söhne auf den Sumpf vorzubereiten, der nur noch wenige Meter vor ihnen lag und die empfindlichen Nasen belästigte. So blieb er stehen und wandte sich um. Ja, sie hatten erkannt, dass er zornig war, denn beide blieben prompt und sehr aufmerksam halten. Inu Yashas Ohren zuckten, sichtbares Zeichen einer gewissen Anspannung. Nun, er sollte nicht nachtragend sein. Sie waren noch jung und hatten ihre Lektion bestimmt gelernt.

„Hier beginnt einer der Wege durch den Sumpf von Meiun. Erkennbar ist er an diesen zwei Steinen. Das Zeichen ist in einer uralten Sprache, die heute niemand mehr kennt. Im Sumpf selbst wird der Gestank unsere Nasen abstumpfen, unsere Augen können im Nebel nur an wenigen Punkten deutlich sehen. Die Eintönigkeit lässt einen leicht von dem Pfad abkommen. Dann ist man verloren, denn fliegen ist dort nicht möglich und der Morast wird einen verschlingen und nur als modernde Leiche wieder freigeben. Selbst, wenn es an einer der Stellen ist, an der man noch stehen kann, wird man den Weg nicht wieder finden und bis zu seinem Tod dort herumirren. Danach freilich ebenso. Es ist daher unabdingbar, dass wir in stetigem Kontakt miteinander bleiben. Zusätzlich lästig wird es werden, dass die Geister der Toten oder Nichttoten, denn Menschen, Tiere und Youkai die erst vor kurzem umkamen, faulen dort noch vor sich hin, zusätzlich den Geruch verbreiten. Dennoch: die Seelen der Toten werden Tenseiga spüren, das Schwert, das ihnen Erlösung verschaffen kann, und davon angezogen werden. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, sie werden auch von Tsurugi-hime angezogen werden, denn auch dort liegt Macht des Jenseits darin. Gegebenenfalls müssen wir sie wirklich in die Unterwelt schicken, wenn sie uns zu sehr bedrängen.“ Oder gar in den Sumpf locken wollten. „Ich gehe voran. Sesshoumaru, du fasst eine meiner Boas und hältst so direkten Kontakt. Inu Yasha, du nimmst die deines Bruders. So werden wir hintereinander gehen.“ Aha. Beide Jungen tauschten einen Blick. Das gefiel ihnen nicht, aber niemand zuckte auch nur mit der Wimper ihm gegenüber. Sie erkannten immerhin an, dass er schon in diesem Sumpf gewesen war und ihn wohl besser kannte. Daher erläuterte er weiter. „Wir werden somit auch spüren, Nebel hin oder her, wenn einer von uns stürzt oder zu versinken droht. Irgendwann werden wir einen Platz erreichen, an dem sich der Nebel lichtet und man stehen kann. Dies haben die alten Daiyoukai, die es schufen, so angelegt, um selbst unbehelligt hindurch gelangen zu können. Allerdings machte sich der Sumpf dann selbstständig.“

Langsam begriff Sesshoumaru, was sein Magielehrer mit dem Satz gemeint hatte, wenn er ihm drohte: „Wenn Ihr das nicht lernt, Sesshoumaru-sama, wird Euch der Sumpf von Meiun verschlingen.“

„Habt ihr noch Fragen?“

„Äh, ja.“ Inu Yasha bemerkte, wie sein lieber Halbbruder zumindest innerlich mit den Augen rollte, aber wann bekam man schon mal die Gelegenheit jemanden zu fragen, der sich mit so was auskannte? „Eure Schwerter werden also die Viecher, ich meine, die Toten, anziehen. Aber ich kann doch mit Tessaiga den Pfad in die Unterwelt erschaffen….“

Der Taishou stellte sich das Gesicht Emna Daios vor, wenn gleichzeitig Tausende verfaulter Toter bei dem ankamen. Der Jenseitsrichter schimpfte so schon immer über Schlachten, das hatte er bei dem Gespräch mit Emna Daio über So´unga durchaus mitbekommen. Aber er sollte seinen Jüngsten nicht kränken. „Das heben wir uns für den wirklichen Notfall auf. Es ist immer gut noch eine Alternative zu haben. Sesshoumaru, noch Fragen?“

„Nein, chichi-ue.“ Der jüngere Daiyoukai klang rein sachlich. Er hatte nicht die Absicht sich so töricht wie Inu Yasha darzustellen. Es war notwendig und so würde er eben handeln, wie es seinem Rang ziemte, und diesmal seinen Vater nicht wieder enttäuschen. Sollte das doch der Bas….sein jüngerer Halbbruder tun. Und er würde sich eben sowenig wie sein verehrter Vater anmerken lassen, dass der Geruch nach Moder und Verwesung bereits außerhalb des Nebels schon die Nase blockierte. Was natürlich auch bedeutete, dass nicht nur die Augen in dem Dunst nichts erkennen konnten, sondern auch die Witterung nichts bringen würde. Eine wahrhaft tödliche Falle. Nun gut, Vater war bereits dort gewesen und hatte natürlich überlebt, also konnte man lernen. Er hatte ganz vergessen gehabt, wie viel man von diesem Mann lernen konnte, warum er ihn einst so bewundert hatte. Nun bekam er es seit Tagen, Wochen, vorgeführt. Aber, davon brauchte Inu Yasha nichts zu wissen. Lieber sollte der die törichten Fragen stellen.

 

Der Taishou blieb am Rande des Nebels stehen und drehte leicht den Kopf, eindeutig eine Aufforderung an seine Söhne seinem Befehl nachzukommen. Sesshoumaru trat eilig hinter ihn und fasste einen der beiden weichen Fellstränge, die seitdem er denken konnte, über Schulter und Rücken seines verehrten Vaters flossen. Als er ganz klein gewesen war, hatte er manchmal, sehr selten, darauf schlafen dürfen. Entsprechend behutsam fasste er nun zu, spürte, wie Inu Yasha das weitaus ruppiger bei seiner Boa machte. Am Liebsten hätte er dem Narren … Nun, das war unmöglich, wenn Vater losging und er diesem keine Haare ausreißen wollte. Auf dessen Antwort auf eine derartige Unverschämtheit konnte er verzichten.

 

Tatsächlich fand der Hanyou zwar das „im Gänsemarsch in einen Nebel gehen“ mehr wie eigenartig, allerdings die Lage, seinem großen Bruder einmal buchstäblich am Schwanz zu haben, doch sehr erheiternd. Er musste seinen Impuls mal heftig an der weißen Fellschleppe zu zupfen oder auch nur diese zu kraulen unterdrücken. Das war vermutlich weder gern gesehen noch besonders sinnvoll, wenn man in einen Nebel ging, in dem man nicht wusste, was einen da erwartete – außer irgendwelches stinkende Zeug. Für die werten Herrn Daiyoukai Hunde musste es ja noch schlimmer sein, aber natürlich würde keiner von denen auch nur das Gesicht verziehen. Das musste echt anstrengend sein immer so auf Ehre und so zu machen. Nein, da war er doch lieber in Musashino. Allerdings, das gab er nach wenigen Schritten zu, hatte es dieser Dunst in sich. Auch nur Sesshoumaru vor sich konnte er nicht mehr entdecken, von Vater, der doch keine zehn Schritte vor ihm war, ganz zu schweigen. Dafür wuchs das Gejammer und Gewinsel, das man schon von außerhalb hatte hören könnten, an, schwoll an, bis irgendwie alles um sie nur noch aus diesen Lauten bestand. Und dazu konnte man nichts sehen, nur flach atmen, um nicht auch noch diesen Verwesungsgeruch in der Nase zu haben ….es gab wirklich bessere Aufenthaltsorte.

Wie, übrigens, hielt Papa die Richtung? Oder genauer, was machte den so sicher, dass DER sich nicht verlaufen würde? Sein Schwert? Oder hatte das auch was mit Erfahrung zu tun? Oder, dass der schon tot gewesen war? Wenn sie hier wieder draußen waren, müsste er es ihn glatt fragen. Immerhin hatte er bislang auf jede seiner Fragen Antwort bekommen, naja, solange er sich an eine gewisse Höflichkeit hielt.

 
 

WO sind wir?


 

M

öglichst flach atmen, um nicht den widerlichen Gestank in die empfindliche Nase zu bekommen, die Augen schließen, die ja in diesem Nebel unnütz waren …. Der Inu no Taishou wusste, warum der Sumpf von Meiun nicht zu seinen Lieblingsgegenden gehörte. Alles, was er tun konnte um sich und seine Söhne zu schützen war die Ohren offen zu halten, sich mit dem untrüglichen Sinn eines Youkai nach Norden orientieren, wie der Pfad weiterging, weiter gehen musste – und sich nicht ablenken lassen. Denn das war hier eine sehr große, wenn nicht die größte, Gefahr. In dem grauen Einerlei stumpften die Sinne ab. Erfolgte dann ein Angriff war man zu langsam. Und potentielle Angreifer gab es genug. So ziemlich jeder, den dieser verfluchte Sumpf je verschlungen hatte. Er musste sich konzentrieren, sonst würde er nicht nur sich, sondern auch seine Jungs in Gefahr bringen…

 

Sesshoumaru spürte nur zu deutlich, wie seine Boa, sein Fell, gestreckt wurde. War dieser Narr von Bas … Inu Yasha etwa zu töricht um ihm selbst mit solcher Hilfe zu folgen? Oder lag das am Unvermögen eines Hanyou? Er selbst achtete sehr darauf Vaters Fell weder zu sträuben noch zu dehnen, andererseits auch nicht bei einem unvermuteten Halt in diesen zu laufen. Beides, da war er sicher, würde zu gewissem Unmut führen. Was für eine unselige, armselige, Gegend war nur dieser Sumpf! Wie konnte man als Daiyoukai bloß auf die Idee kommen so etwas zu erschaffen, ja, es sich um das eigene Schloss zu legen? Sicher, er wusste, dass es früher unter den Fürsten der Youkai heftige Kämpfe gegeben hatte aber ein ehrenhaftes Duell war doch etwas anderes als dieses modernde, stinkende …. Nun gut. Es war, wie es war und damit sollte, musste, er sich abfinden.

 

Inu Yasha schloss die Augen. Es war eigenartigerweise schön, angenehm, sich so durch die Lande ziehen zu lassen. Vater würde sich nicht irren, da war er mittlerweile sicher, aber Sesshoumaru mal ein wenig zu ärgern war auch nett. Nun ja. Es war sinnvoll, und seltsam vertraut. So hatte er nicht nur den Schwanz seines Halbbruders in der Klaue, sondern auch dessen Geruch permanent in der Nase. Und das bot doch einen Halt in diesem Nichts aus Grau und Gestank. Es war mehr als lästig, nichts sehen oder riechen zu können, selbst die Ohren waren nutzlos. Irgendwie jammerte immer etwas um sie, ein Gewimmer, das in ihm einen Helferinstinkt weckte, obwohl sein Verstand ihm zurief, das sei eine Falle. Nein. Er musste Vater vertrauen, der war hier schon einmal gewesen und hatte bestanden. Ein … er korrigierte sich gerade noch selbst in Gedanken – saublöder Sumpf. Das Wort musste doch auch ein Prinz mal sagen dürfen.

 

Keiner der Hundefamilie hätte sagen können, wie lange sie bereits durch den Sumpf gelaufen waren. Der Taishou als Vorderster blieb stehen und wandte sich um, zog sein Schwert, eine Geste, die seinen Ältesten bewog diesem Beispiel zu folgen und eiligst Vaters Fell loszulassen. Beide Klingen schimmerten unter dem Youki ihrer Besitzer und erlaubten so einen Blich auf die Umgebung. Sie befanden sich anscheinend in einer Höhle. Inu Yasha gab daraufhin die Boa seines Halbbruders frei und zog ebenfalls.

Rund um sie schimmerte Stein, Stein, der sich bewegte, sei es auf dem Boden, an den Wänden oder der Decke. Das kannte er doch, dachte der Hanyou nur - und reagierte ohne nachzudenken.

„Kaze no kizu!“

Die Windnarbe schoss förmlich aus Tessaiga – und wurde prompt von dem Felsen um sie nicht nur absorbiert, sondern auch und vor allem reflektiert. Beide Daiyoukai bewiesen, warum sie es waren, als sie sich mit ihren Schwertern vor den hin- und her schießenden Energiestößen zu decken versuchten. Inu Yasha war es gelungen seine Schwertscheide zu ziehen und konnte damit die meisten der Energiestrahlen abfangen, die sich immer wieder spiegelten, ehe sie endlich erloschen.

Kaum, dass der letzte Funken ausgeglüht hatte, wandte sich der Herr der Hunde seinem Jüngsten zu. „Was sollte das?“ Und es klang nur mehr wie ein Knurren.

„Äh, naja...“ Inu Yasha ließ sowohl Tessaiga sinken als auch in gewissem Schuldbewusstsein mit der Linken sein Ohr kraulen. „Das hier sieht so aus wie ein Berggeist von innen…“

Ein Berggeist von innen. Der Taishou beschloss, dass er da mal nachfragen musste. Wie kam man in solche Lagen? „Weiter.“

„Äh, naja. Ich bin damals aus diesem Berggeist herausgekommen, eben mit der Windnarbe.“ Oh je. Vater atmete tief durch. Das sah nach Ärger aus. Immerhin schien sich der Hundefürst besser im Griff zu haben als Kagome früher – da hätte er vermutlich schon in einem metertiefen Loch gelegen.

Der Taishou griff in der Tat zu einem Strohhalm seiner Selbstkontrolle – er sollte sie ausbilden. „Worin liegt wohl der Unterschied, Inu Yasha?“ Da sein Sprössling ihn verständnislos ansah: „Ist dir aufgefallen, dass die Wände um uns glitzern? Aus Kristallen bestehen?“

„Ja, jetzt schon,“ bekannte der jüngere Sohn, etwas ärgerlich über sich selbst, dass er nicht das gesehen hatte. Aber zuhauen und dann denken lag ihm eben mehr. „Äh, das sind Kristalle und die spiegeln jeden Youkiangriff.“

Er hatte es begriffen, leider erst, nachdem der Junge sie alle in Lebensgefahr gebracht hatte. „Folgerung?“

„Äh… man sollte keinen Youkiangriff einsetzen?“ Oh Mann, das klang ja, als würde er sich selbst anklagen. Aber irgendwie hatte Papa schon recht. Er hätte das sehen müssen, sollen, ehe er den Angriff einsetzte. Vielleicht … „Ich habe noch den Angriff aus Diamantklingen von Hosenki und….“

„Nein!“ Dem Hundefürsten wurde fast schwindelig bei der Vorstellung, was der Junge aktivieren würde, wäre er nicht dabei. Emna Daio hatte Recht gehabt. Zumindest bei diesem, seinem, Sohn, aber wohl auch bei dem Ältesten.

Sesshoumaru hatte sich bislang damit begnügt das Halbblut kalt zu mustern. Jetzt schlug er doch vor: „Einen kombinierten Angriff, chichi-ue?“

Besagter verehrter Vater war zwar angetan gewisse gemeinsame Ideen zu entdecken, lehnte jedoch prompt ab. „Was, denkst du, würde geschehen?“

Ja, das war klar. Diese Kristalle reflektierten jeden Youkiangriff. So suchte sich der Ältere zu verteidigen: „Ich dachte an den Pfad in das Jenseits.“

„Auch das würde wohl zurück geworfen werden.“ Der erfahrene Stratege dachte nach. „Wir könnten natürlich abwarten….“

„Chichi-ue,“ unterbrach Inu Yasha ungeduldig. „Das hier ist ein Magen, die Kristalle sollen uns zerreiben und das, was da runterläuft, soll uns verdauen!“

Das ließ wiederum nur einen Rückschluss zu. „Du befandest dich schon einmal im Magen eines Berggeistes.“

„Ja, auch in dem eines Eremiten und beide Male bin ich mit Tessaiga raus gekommen.“

 

Das erklärte den vorwitzigen Schlag mit Tessaiga. Leider befanden sie sich in einem Spiegelkabinett, wie auch immer man das sonst nennen wollte.

Und, das gab er sich selbst zu, er hatte den Fehler begangen.

Er war derjenige, der nicht mitbekommen hatte, dass sie in diese Lage geraten waren. Er hatte nicht bemerkt, dass sich der Untergrund verändert hatte, dass sie in das geöffnete Maul des Berggeistes gelaufen waren. Ein Fehler, und, wie schon so lange, nicht nur für ihn, sondern auch für alle, die ihm folgten. Dieses Mal sogar für seine Jungs. Das musste er in jeder Hinsicht korrigieren, gleich, was ihn das kosten würde. Stolz wäre nur ein geringes Problem. So sah er zu seinem Ältesten. „Vorschlag?“

Sesshoumaru war fast zu verblüfft um etwas zu sagen, ehe er doch erwiderte: „Wenn es sich wirklich um einen Magen handelt, chichi-ue….“ Immerhin war das ja Inu Yashas Idee gewesen, auch, wenn Vater anscheinend der gleichen Ansicht war. „Sollten wir hier herauskommen, ehe die Wände uns zerreiben. Und ein Magen hat stets zwei Ausgänge.“

Der Herr der Hunde neigte anerkennend den Kopf. „Und diese sind nicht geschützt, da hast du vollkommen recht. Suchen wir sie. Inu Yasha, bleibe hier in der Mitte stehen. Sesshoumaru, nimm den links, ich rechts.“ Da er bemerkte, dass auf dem Kopf des Jüngsten die Ohren zuckten und er sich denken konnte, warum, ergänzte er: „Du hattest erwähnt, dass du eine Rückschlagmöglichkeit besitzt.“

„Ja, die Bakuryuha.“ Der Hanyou war deutlich verwirrt. Was meinte sein Vater?

So erklärte dieser: „Falls einer unserer Angriffe daneben geht, wirst du ihn statt der Wand reflektieren. Rückendeckung.“

„Ja.“ Inu Yasha war schlicht begeistert. Er sollte die Rückendeckung für gleich zwei Daiyoukai übernehmen? Und das, wo sein ach so geliebter Halbbruder so guckte. Aber natürlich nichts sagte. So meinte er mit gewissem Stolz: „Ihr könnt Euch auf mich verlassen, chichi-ue.“

Ohne weiter darauf einzugehen, blickte sich der Taishou um. „Sesshoumaru?“

„Ich sehe, chichi-ue.“ Der jüngere Daiyoukai hatte einen Fleck erkannt, der nicht von den Kristallen geschützt war. Und er wollte nicht einmal daran denken, welcher der Ausgänge eines Magens das war.

Das wollte allerdings auch der Herr der Hunde nicht, als er an der gegenüber liegenden Seite einen solchen Flecken erkannte. „Gut. - In drei Sekunden – Angriff.“

Die volle Energie zweier Daiyoukai jagte auf die ungeschützten Stellen des Magens zu – im besten Fall, so hoffte es der Taishou, würde dem Berggeist schlecht werden. Im schlechteren würde das den umbringen. Und dann müssten sie … oh nein. Das wäre eine wirklich harte Probe der Selbstbeherrschung eines Daiyoukai. Und wie der temperamentvolle Inu Yasha darauf reagieren würde …

Keine Sekunde später spürten die Drei die Reaktion des Berggeistes. Die Wände um sie, der Magen, krampfte sich offenbar zusammen, es entstand eine Druckwelle, die sie zu einem der Ausgänge beförderte, und zumindest die beiden Hundeyoukai hofften inständig, dass es sich um die Öffnung Richtung Mund handeln würde. Inu Yasha war das ziemlich gleich, da er nicht an die biologischen Feinheiten dachte, sondern eher begeistert war, dass Vaters Plan funktionierte, sie hier wieder herauskamen. Er war in seinem Leben zu oft in schwierigen, lebensgefährlichen, Lagen gewesen, als dass er nicht gelernt hätte, dass Not kein Gebot kannte. Zu Überleben war wichtig, gleich wie. Nur das eigene und das der Freunde, der Familie, die dabei war.

 

So war der Hanyou wohl auch der Einzige, der begeistert davon war, dass sich eine Blase aus Schaum um sie bildete, sie alle drei umfing und durch einen engen Gang hinausschleuderte.

 

Sie fielen auf das Moor, der Schaum verschwand und die gesamte Familie stand wieder auf den Beinen, musterte den riesigen Koloss, der vor ihnen zusammenbrach. Mit seiner letzten Lebensregung hatte der Berggeist sie noch ausgespuckt.

„Der Weg.“ Der Taishou ahnte die kommende Gefahr. „Rasch, ehe sie kommen.“ Er schob Tsurugi-hime in die Scheide und sprang auf den toten Körper, mit zwei Sätzen darüber, um mehr als behutsam zu landen. Zwar konnte selbst er nicht im Sumpf von Meiun fliegen, aber es reichte doch für lange Sprünge. Ja, der Weg. Er drehte den Kopf, sah erleichtert, dass ihm beide Söhne unverzüglich gefolgt waren. So ließ er eine seiner Boas durch die Luft schweben, spürte sofort, wie sein Ältester den fasste und selbst, wenngleich doch mit gewissem Widerstreben sein Fell nach hinten flattern ließ. Immerhin tat er es. Vielleicht half diese Reise doch auch seinen Söhnen sich anzunähern.

„Wer soll kommen?“ erkundigte sich der Jüngste, fasste allerdings das weiche, weiße Fellteil seines Halbbruders.

„Narr,“ kommentierte dieser.

„Die Wesen, die hier leben,“ erwiderte der Vater fürsorglicher. „Sie bekommen selten frisches Fleisch.“

„Ich dachte, die sind tot?“ fragte Inu Yasha prompt, ehe es ihm dämmerte. „Igitt. Solche Zombies wie im Fernsehen, ich meine, in Kagomes Zeit? Die fressen Gehirne.“

„Bei dir würden sie verhungern,“ kam prompt die Replik des großen Bruders, der nicht einmal in einem Alptraum zugegeben hätte, dass er keine Ahnung hatte was Zombies oder gar Fernsehen sei.

Diese Jungs! Der Herr der Hunde verstand zum x-ten Mal seit Beginn dieser Reise, warum Emna Daio ihn wieder belebt hatte. Ohne ihn hätten sie bereits gezogen. Nun ja, gab er sich ehrlich zu – sie ähnelten ihm beide irgendwie, in diesem Alter. Auch er hatte damals dazu geneigt erst zuzuschlagen und dann nachzufragen. Keiner war wie er, natürlich, aber jeder irgendwie doch ähnlich. „Sie kommen,“ warnte er daher nur. „Dieser Pfad müsste bald auf eine der schützenden Inseln führen. Dorthin sollten wir gelangen, ehe sie uns zu sehr bemerken.“

Diese Warnung war nur zu berechtigt. Das Jammern in den Nebeln um sie hatte sich verändert, war hungriger geworden, wie beide Söhne feststellten. Es ähnelte immer mehr einem Rudel Wölfe auf der Jagd. Nun, nichts, was sie je gestört hätte – aber, ja, aber. Das hier war der Sumpf von Meiun und sie wollten nicht unbedingt eben solch eine Stimme im Nichts werden. Nebel, Gewimmer, ja, Hecheln war um sie, wenngleich immer weiter hinter ihnen. Tatsächlich schienen sich die Untoten auf den Berggeist zu stürzen. Der war doch tot, oder?

„Der Berggeist wird nicht auferstehen, chichi-ue?“ erkundigte sich Sesshoumaru, der um alles auf der Welt verhindern wollte, dass schon wieder Inu Yasha eine auch nur halbwegs intelligente Frage stellte.

„Nicht, wenn er zuvor gefressen wird.“ Der Inu no Taishou klang kühl. „Dann bleibt nur seine Seele hier. Unser Vorteil.“ Denn Seelen konnten ihnen in Gesellschaft von Tenseiga und womöglich auch Tsurugi-himes nichts anhaben. Erneut spürte er die Gegenwart seines Schwertes wie eine warme Umarmung. Sehr warm, um korrekt zu sein. Was nur lag in dieser Klinge alles? Tokejin mit seinem Zorn und seiner Rachsucht, ja, Magie des Jenseits – ja. Aber da war auch etwas ganz Anderes dabei. Nur etwas anderes oder mehrere Anteile? Nun, er würde es wohl erfahren, wenn er dieses Schwert wirklich benötigen würde. Denn dass diese Klinge ihm bedingungslos helfen würde stand außerhalb jeder Frage. Wie jede magische Klinge hatte sich Tsurugi-hime ihren Meister gesucht. Und sie würde ihn erst mit seinem Tod verlassen. Obwohl, mit der Magie des Jenseits darin, vielleicht nicht einmal das. Etwas wie ein Lächeln zuckte um seinen Mund. Eventuell wäre es dann dort nicht ganz so langweilig, wenn man wenigstens ein Schwert zur Unterhaltung hatte. Denn dass die Schwerterprinzessin Kontakt zu ihm suchte war klar.

 

Wieder der Nebel der Ungewissheit um sie, aber immerhin verklang das Gejammer und Geheul hinter ihnen, was wohl anzeigte, dass die unglückseligen Sumpfbewohner den nicht minder unglückseligen Berggeist gefunden hatten. Es wurde immer wichtiger die Insel zu finden, dachte der Herr der Hunde. Dort waren sie nicht sicher, wie kaum je in diesem Sumpf des Unheils, aber sie könnten sich schützen, jedenfalls deutlich besser als hier auf dem doch schmalen Pfad, den er kaum mehr erspüren konnte. Und, da war er sicher, es wurde Nacht. In der Dunkelheit erwachten hier noch ganz andere Geschöpfe. Nun ja, allein würde er vermutlich durch kommen, aber er musste doch seine Söhne beschützen, den Auftrag Emna Daios erfüllen. Der Pfad unter seinen Füßen veränderte sich. Behutsam tastetee er nach. Ja. Kein Morast. War das eine Insel oder nur eine Falle? Erst, als er mit seinem Schuh auf etwas traf, was wohl ein Stein war, wagte er zu hoffen, dass sie wirklich eine der Schutzinseln erreicht hatten. „Laß mich los, Sesshoumaru.“ Da sein Ältester unverzüglich gehorchte, zog er Tsuruki-hime aus der Scheide am Rücken. Die Klinge leuchtete wieder vage unter seinem Youki – und er erkannte einen flachen Sandhügel vor sich, bewachsen von einigen niedirgen Büschen, die allerdings nun nur schwarz erschienen. In der Tat. Eine Insel. „Wir bleiben hier über Nacht. Legt euren Bannkreis.“ Erst, als er auf festem Boden war und sich umdrehte, bemerkte er, dass ihn alle zwei Söhne irritiert anguckten. Nicht wirklich, oder? „Habt ihr Zwei etwa nie bemerkt, dass Tenseiga und Tessaiga magische Klingen sind, die auch einen Bannkreis bilden können, ja, sich gegenseitig verstärken?“ Nein, zumindest hatten sie wohl nicht. Mit gewissem inneren Seufzen erklärte der etwas frustrierte Vater: „Sesshoumaru, Tenseiga hier in die Erde, Inu Yasha, Tessaiga dort.“ Er wartete, bis sie gehorcht hatten, ehe er als Dreieck sein eigenes Schwert in den Boden stieß. Er war wohl der Eizige, der nicht verwundert war, dass sich leicht golden Leuchten eine Kuppel aus Magie aus den drei Schwertern über sie erhob, sie so abschirmte.

„Oh, wow ...Äh, ich meine, ich wusste, dass Tessaiga mich schützen kann, sogar mit einem Bannkreis, aber so groß und mächtig habe ich das noch nie gesehen.“ Von der Zusammenarbeit mit Tenseiga ganz zu schweigen. Der Hanyou sah sich kurz um, ehe er sich niederließ, ohne zu bemerken, dass er schon wieder dem Fürsten vorgriff. „Wir bleiben also die Nacht hier, chichi-ue? Dann kann ich schlafen?“

Mitten im Sumpf von Meiun schlafen zu wollen – Erschöpfung, Ahnungslosigkeit oder Mut? Mut, beschloss der Taishou dann doch, als er sah, dass sich sein Jüngster die Scheide abzog und in den Arm nahm. „Du hast schon ungeschützter geschlafen,“ konstatierte er. Und dieser Mut erklärte auch, warum sich der jUnge einfach nicht merkte, dass er sich unterordnen sollte. Mut und Einsamkeit ...

„Ja, oft.“ Nicht zuletzt in so mancher Neumondnacht.

„Dann schlaf. Ich werde es nicht.“

„Danke.“ Irgendwie war das wohl die richtige Ansage. Und vermutlich sollte er doch morgen fit sein, wenn es gegen diesen dämlichen Akumu ging. So warf er noch einen Blick auf die magische Kuppel um sich, ehe er sich einfach auf den Sandboden fallen ließ und die Augen schloss.

 

Sesshoumaru wartete höfisch erzogen doch bis sich sein Vater an einen der verkrüppelten Büsche niederließ, ehe er diesem Beispiel folgte. „Die Bannkreise der drei Schwerter ergänzen sich?“

„Ja.“ Hatten sie nicht einmal das bemerkt? „Tenseiga und Tessaiga sind Zwillinge. Sie werden sich nie bekämpfen, aber sich immer verstärken. Denke an den Kampf gegen So´unga.“

„Natürlich,“ beteuerte Sesshoumaru eilig, bemüht, sich nicht auf eine Stufe mit Inu Yasha zu stellen. „Und Tsuruki-hime?“

„Ich denke, dass sie als Ersatz für So´unga erschaffen wurde.“

Der jüngere Daiyoukai warf unwillkürlich einen Blick auf die Klinge, die in der Unterwelt geschmiedet worden war. Da gab es nur eine Erklärung. „Die drei Schwerter der Macht.“

„In der Tat.“ Eine ganze Weile herrschte Schweigen, ehe der Taishou hörte, dass Inu Yasha tief schlief. So beschloss er mehr über seinen Ältesten zu lernen. „Da dein Bruder schläft – ich habe eine Frage an dich. Nun, zwei. Hat deine Mutter dich verlobt oder verheiratet?“

„Nein.“ Das war jedoch vermutlich die einfache Frage gewesen. Hoffentlich kam jetzt nicht noch ein Nachhaken bezüglich Kagura. Allerdings musste Sesshoumaru rasch erkennen, dass er seinen Vater wieder einmal unterschätzte, denn jetzt wurde es richtig unangenehm, zumindest, wenn man der Sohn war und Gehorsamspflicht herrschte.

„Wie hast du Rin kennen gelernt?“

Nein!

 
 

Geschichten aus der Vergangenheit


 

S

esshoumaru hätte gern protestiert, aber im Zweifel würde sein verehrter Vater das nicht akzeptieren und er selbst, ebenso im Zweifel, noch den törichten Hanyou aufwecken. Was also sollte er sagen? Die Wahrheit kaum, aber lügen war bei Vaters feiner Nase unmöglich. Nun ja, die halbe Wahrheit sollte es tun. „Sie lief mir nach.“

Der Taishou hob eine Augenbraue. „Ein Menschenmädchen dem erstbesten, nun dem besten, Youkai, den sie finden konnte?“ So etwas sollte es geben, dachte er zynisch. Izayoi hatte ja auch nicht viel überlegt. Dennoch – ein Kind? Musste er an seinem Ältesten und vor allem dessen Moral zweifeln?

Das war zwar ein Kompliment, aber immer noch eine Frage. So erwiderte der bedrängte Sohn: „Sie kannte mich.“ Wieder nur ein musternder Blick und er gab zu: „Ich hatte sie zuvor mit Tenseiga wieder belebt. Wölfe und Youkai griffen das Dorf an, es überlebte niemand.“

Nun, das erklärte zwar, warum das Mädchen ihrem Helden nachlief, nicht jedoch, warum sein so rangstolzer Sohn das duldete. Geschweige denn, wie war das gewesen? „Tenseiga.“

„Ich wollte es einmal ausprobieren, chichi-ue.“ Das genügte doch wohl, hoffentlich. Offenkundig nicht, erkannte der Erbprinz des Westens dann, der langsam begriff, warum Vater selbst im Krieg früher nie auf Folter zurückgegriffen hatte. Nun ja, auch dieses dauernde – und weiter - war ja eine. Zumindest für ihn.

„Wie überraschend.“

„Ja, chichi-ue. Fand ich auch.“

Das wäre natürlich möglich, dass es so abgelaufen war – nur, dann würde Sesshoumaru doch nicht so zögern. „Zuvor hattest du sie nie gesehen?“

„Ja, verehrter Vater.“

„Ja zu nie oder ja zu gesehen.“

Man konnte den Hundefürsten einfach nicht anlügen, seufzte der geplagte Sohn in Gedanken und suchte einen harmlosen Weg. „Ich hatte sie zuvor bereits einmal gesehen. Sie … sie traf mich im Wald.“

„Hm. Ein Youkai steht im Wald, ein Menschenmädchen kommt und statt schreiend wegzulaufen, wie sie es gewöhnlich tun, unterhält sie sich mit dir?“ Das klang sehr nach Izayoi, aber er war ja verletzt auf dem Boden gelegen und sie hatte ihm helfen wollen.

Ja, das klang, als ob er seinen Vater und Fürsten anlügen wollte. „Ich stand nicht, ich lag. Ich war verletzt.“ Er sah an dem erheiterten Augenausdruck, dass es nicht besser wurde.

„Bist du etwa gestürzt?“

„Ich war verletzt. Nach einem Kampf, chichi-ue.“

„Sprach mein eigener Sohn, dem nachgesagt wurde, dass er nie gehe ohne gewonnen zu haben?“ Der Taishou klang noch etwas amüsierter.

Es hätte Sesshoumaru vermutlich ein wenig geholfen, hätte er gewusst, dass sein Vater sich schlicht über seine Windungen belustigte, ihm jedoch nicht unterstellte lügen zu wollen. „Ich habe gegen … . gegen ihn verloren.“

„Inu Yasha? So, dass du verletzt im Wald lagst? Das muss ein interessanter Übungskampf gewesen sein.“

Fangzähne knirschten. „Er fand die Windnarbe.“

„Und Tenseiga schützte dich. Nun gut. Ich vermute, dass dies ein durchaus ernstzunehmender Kampf war – und auch, dass du ihn begonnen hast.“ Das klang ernst, ehe der Hundefürst fortfuhr: „Ich hoffe, du hast deine Lektion gelernt, als Tenseiga dich rettete. Ich scheine vor allem dein Verhalten richtig vorhergesagt zu haben. Schön. Du lagst verletzt im Wald, Rin fand dich und unterhielt sich mit dir.“

Nur nichts Falsches sagen. Noch war Vater nicht zu sehr erbost. „Sie war stumm.“

Erneut hochgezogene Augenbrauen.

„Sie bot mir zu essen an.“

„Nett, aber nutzlos.“ Menschen, vor allem deren Frauen. Izayoi … Der Herr der Hunde spürte wieder das Schwert auf seinem Rücken pulsieren. Wäre es möglich? Nein. Dieses Schwert trug den Zahn eines Oni, dessen Rachsucht und Hass … Wie sollte eine Menschenseele dort mit existieren? Das wäre eine harte Strafe. Und das hatte Izayoi gewiss nicht verdient.

„Ich verbot es ihr.“

„Statt sie umzubringen.“

„Ja, verehrter Vater.“ Ach, war das unangenehm.

„Ein nettes Mädchen,“ sagte der Taishou, der durchaus erkannte, dass sein Ältester sich dem Rand der Selbstbeherrschung näherte. „Hast du dir schon Gedanken gemacht, wen sie heiraten soll?“

Was zur … „Bitte?“

„Du hast sie offenbar adoptiert. Also solltest du die Aufgabe eines Vaters auch zu Ende durchführen. Menschen leben nicht sehr lange.“

„Ich … nein, daran habe ich noch nicht gedacht.“ Das war neutral.

„Dieser Dämonenjäger, der Bruder von Sango, scheint sie recht gern zu haben.“ Das war eine rein sachliche Feststellung.

„Das ist mir noch nie aufgefallen.“ Seltsam, wie starr sich Lippen anfühlen konnten. Warum leuchtete der Bannkreis um sie so hell? Gleich, es war eine Ablenkung. Kam etwa ein Lebensmüder vorbei? Alles wäre ihm gerade recht gewesen, Mord, ein Massaker – nur nicht weiter dieses Verhör. So warf Sesshoumaru einen Blick beiseite. „Ihr habt es bemerkt?“ erkundigte er sich leise.

„Eine Seele.“ Der Taishou nickte nach links. Dort schwebte eine menschliche Gestalt, gekleidet in der Tracht eines einfachen Bauern.

„Ihr seid es, edler Herr!“ Die Seele schien sich zu Boden werfen zu wollen, scheiterte jedoch an der Realität.

„Du kennst mich?“ fragte der Hundefürst doch etwas erstaunt.

„Ja, edler Herr. Oh, Ihr habt uns gerettet. Ich weiß nicht, wie lange es her ist. Es war an dem Pass von Kosoku ….Meine Nachbarn und ihre Familien … wir alle wollten fliehen, in das, was man den Westen nennt, nannte, als Ihr uns aufhieltet.“

Oh, dachte der Taishou. Ja. Eine verängstigte Gruppen Menschen, anscheinend ein ganzes Dorf, war es gewesen das ihm bei einer eigentlich rein routinemäßigen Grenzkontrolle begegnet war. Und, auch das war bemerkenswert, Inu Yasha war wach geworden und saß aufrecht. Selbst im Schlaf auf der Hut zu sein hatte dem Jungen wohl oft genug das Leben gerettet. Armer Welpe. „Komm nur durch den Bannkreis zu mir und meinen Söhnen. Er ist nicht gegen Menschen gerichtet.“

„Danke, edler Herr.“ Die Seele kam mit geschlossenen Augen durch den Zauber, ehe es der einstige Bauer wagte sich hinzuknien. Nun ja, zu schweben, denn er konnte nicht mehr.

„Erzähle nur meinen Söhnen von einst.“ Das würde sie interessieren, dachte der Taishou und auch ein wenig Sesshoumaru von dem kleinen Verhör eben ablenken.

Der Bauer venreigte sich eilig vor dem Hundefürsten, ehe er zu den Prinzen blickte. „Oh, ich weiß nicht wie lange das her ist, junge Herren, da ich nicht weiß, wie lange ich schon in diesem Sumpf herumirre. Es war Herbst. Unser gesamtes Dorf floh. Wir hatten gesehen, was mit den Nachbardörfern geschehen war, und wir hatten gehört, dass jenseits des Passes von Kosoku für Youkai ein anderes Land lag, wo es verboten war Menschen zu jagen. So rannten wir um unser Leben. Denn es gab einen Stier, einen mächtigen Daiyoukai, der mit seinen schwarzen Gehilfen alles tötete, was Mensch war, aber auch die Seelen verschlang um selbst stärker zu werden. Wir ...wir waren kurz vor der Passhöhe, als uns der edle Herr anrief, wohin wir denn wollten. Ich war der Bürgermeister und so erwiderte ich, dass wir flohen und warum. Der Herr sagte – es stimmt, die Grenze sei nicht weit, aber wir gehörten nicht in den Westen und so würde uns die Magie nicht schützen.“ Die Seele des Bauern warf vorsichtig einen Blick auf den Hundefürsten.

Der nickte etwas. „Oh, und ich sagte, ich wolle verdammt sein, wenn ich euch so hilflos allein lassen würde. Und ging an euch vorbei.“

„Ja, edler Herr. Und da kam auch schon der Stier mit seinen schrecklichen Begleitern.“

„Lästige kleine Dämonen, schwarze Seelen.“ Der Taishou winkte etwas ab. „Nun gut, erzähle weiter.“

„Ja, oyakata-sama. Der Herr ging an uns vorbei und wir – oh, wir fürchteten uns schrecklich, hatten wir doch verstanden, dass er auch ein Daiyoukai war. Und der Stier kam auch schon daher, blieb dann jedoch stehen, als er den Herrn erblickte. Und der sagte nur, oh, so kalt, mich gruselt es noch heute: du wirst hier nicht weiter gehen. Der Stier lachte auf und sagte: Idiot, wer will mich denn hindern diese armseligen Narren zu übernehmen? Glaubt mir, junge Herren, wir fürchteten uns fast zu Tode. Wer sollte dem widerstehen können?“

„Keh,“ machte Inu Yasha. „Solche Idioten gibt es manchmal. Die muss man an den Hörnern packen, wörtlich.“ Vorsorglich war er allerdings einen Blick zu seinem Vater, ob er schon wieder voreilig gewesen war. Immerhin war es doch interessant, mal was aus dessen Vergangenheit zu hören. Und vor allem, da es sich nach dem anhörte, was er selbst gemacht hätte.

Die Bauernseele nickte. „Wir sind nur Menschen gewesen, junger Herr. Und so … Nun ja, dann sagte der Herr so leise, dass wir ihn kaum verstanden: Man nennt mich den Inu no Taishou. Und du wirst nicht an mir vorbeikommen. Wir dachten eigentlich, dass der Stier wieder lachen würde, aber der sagte zu unserer Überraschung: Taishou, dass hier ist nicht dein Land. Du solltest mir nicht widersprechen, sondern aus dem Weg gehen. Diese jämmerlichen Bauern gehören mir und meinen Freunden. Und, sei ehrlich, wir werden uns doch nicht um ein paar Menschen streiten. - Oh, ich werde nie vergessen, wie der Herr ganz ruhig erwiderte: du hast Recht, dies ist nicht der Westen und ich kann hier nicht auf die Magie des Landes zugreifen. Muss ich das, jedoch? Und der Herr zog.“

„Ach du je,“ meinte Inu Yasha mit Blick zu seinem Vater. „Der wusste, wer Ihr seid, und stand Euch immer noch im Weg rum?“

Der Meinung schloss sich, wenn auch nur in Gedanken, sein großer Bruder an. Spätestens, wenn Vater die Hand an das Höllenschwert legte, sollte jeder, der nicht gerade Selbstmord begehen wollte, besser verschwinden. Aber nun gut, auch ihm begegneten ja immer wieder solche von sich eingenommenen Leute. Angefangen bei seinem Nachbarn. Schön, Inu Yasha war auch Vaters Sohn, da blieb es ja in der Familie. Und, das musste er ja auch zugeben, es war dem Narren, dem Bas ... also, seinem Halbruder noch immer gelungen zu überleben. Und das würde es auch weiterhin, hatte Vater doch nun offenkundig ein Auge auf das Nesthäkchen. Aber dazu sollte er besser nichts sagen, ehe noch weitere Fragen zu Rin kamen. „Weiter,“ befahl er daher nur dem Bauern. Rin sollte heiraten, meinte Vater? Das musste er sich wirklich durch den Kopf gehen lassen. Jedenfalls hatte sie ja gesagt, sie wolle immer bei ihm bleiben. Von Kohaku hatte sie nie geredet, nun, nichts davon gesagt, dass sie dem ewig folgen würde. Oder gar heiraten. Seine kleine Rin!

Die arme Seele wollte bereits dieser Anweisung folgen, als der jüngere Prinz an seinen Vater gewandt gern wissen wollte: „Allerdings, darf ich Euch noch etwas fragen? Okay, ich meine, danke, chichi-ue. Ihr wart doch nicht mehr in Eurem Fürstentum. Hättet Ihr das so gut gefunden, wenn der Nachbar mit gezogenem Schwert bei Euch herumläuft?“

Sesshoumaru holte fast zu tief Luft, aber der Taishou nickte. „Das ist eine recht interessante Frage, mein Sohn. Nein, natürlich nicht. Und auch ich hätte auf fremden Grund nicht gezogen, wäre das der Nachbar gewesen. Aber dieser war offenkundig entweder zu weit entfernt oder von etwas anderem zu abgelenkt, so dass dieses Gesindel sich an meiner Grenze ausbreiten konnte. Denn das war keine normale Jagd aus Hunger. Sie hatten bereits ganze Dörfer ausgelöscht, ja, diese kleinen Biester die Seelen gefressen. Ich fürchte allerdings, Bauer, ihr habt dann nicht viel mitbekommen.“

Die Seele verneigte sich lieber eilig, so gut sie es vermochte. Von einem Fürsten angesprochen zu werden, da ziemte sich das. „Ich gebe es zu, Herr. Das Letzte, was wir sahen, war, wie aus Eurer Klinge zwei schwarze Drachenköpfe stiegen. Dann verschwand alles in einer schwarzen Wolke. Wir warfen uns zu Boden, als auch noch ein Grollen zu hören war, Erde und Steine folgen. Als wieder Ruhe herrschte und wir etwas sehen konnten, stand dort nur noch der Herr und alle anderen waren weg, einfach weg. - Herr, ich flehe Euch an … gibt es eine Möglichkeit, diesem endlosen Sumpf zu entkommen?“

„Du weißt, dass du tot bist?“

„Ja, Herr, aber ich glaube, nicht einmal im Jenseits ist es so schlimm …. Oder, was geschieht dort?“

Ich denke, du wirst dich dem Richter stellen müssen. Aber Emna Daio hat gewiss Verständnis dafür, dass du hier festgesessen bist. Wie kamst du überhaupt hierher?“

„Ja, das weiß ich nicht, edler Herr, wirklich nicht. Wir gingen, Euren Befehl gehorchend, wieder nach Hause und es geschah ja auch nichts weiter. Für Jahre. Eines Tages, ich war ja der Bürgermeister, ging ich mit einem Anteil unserer Ernten, mit einer Eselskarawane, zu unserem, also, menschlichen, Fürsten. Und plötzlich war da dieser Sumpf um mich. Ich ertrank, glaube ich.“

„Gut.- Dreh dich um. Dieses Schwert dort ist Tenseiga. Berühre die Klinge.“

Der Bauer gehorchte und verschwand prompt.

Sesshoumaru blickte zu seinem verehrten Vater. Da stimmte doch etwas nicht? Wieso sollte der Sumpf von Meiun plötzlich auf dem Festland gewesen sein? Natürlich war das nur ein Mensch mit angeboren menschlicher Unwissenheit, aber selbst der sollte bemerken, wenn er sich samt den anderen Eseln auf eine Insel begab.

Inu Yasha sah ein anderes Problem. „Also habt Ihr diesen Stier mit Gefolge mit dem Höllendrachen erledigt. Nur, wieso wurden die dann nicht als Zombies, ich meine, Untote wiedergeboren? Das ist mir passiert. Oder liegt das daran, dass ich eben … naja, ein Hanyou bin?“

Der Hundefürst schüttelte ein wenig den Kopf. „Sie wurde untot wiedergeboren, darum hatte ich die Bauern weg gesandt, ehe ich sie mit der Klaue endgültig tötete. Ich wollte sie nicht einmal in So´unga um mich haben.“ Der Kleine stellte wirklich intelligente Fragen. Ganz offenkundig hatte sie ihm nie jemand beantwortet. Nun ja, wer hätte es auch sollen? Izayoi? Myouga? Der offenbar mehr als unwillige große Bruder? „Hast du auch eine Frage, Sesshoumaru?“

Der älteste Sohn seufzte in Gedanken. Warum nur war es ihm nie möglich gewesen – und auch heute noch nicht – etwas vor chichi-ue zu verbergen? „Wieso sollte der Sumpf von Meiun sich plötzlich auf dem Festland befinden?“

Der Taishou freute sich etwas, dass die Taktiklektionen doch nicht vergeblich gewesen waren. Ja, das war eine Frage wert. „Das dürfte die Erklärung sein, wohin er verschwindet. Sowohl der Gami als auch die Marderhunde erwähnten ja, dass die Felder auftauchen und verschwinden. Wohl erst recht dieser magische Sumpf. Onigumo muss hier vorbei gekommen sein, als sich der Sumpf wieder einmal auf dem Festland befand. Bedenkt, der Bauer war Bürgermeister, einmal im Jahr hatte er den Anteil an Ernte abzuliefern. Er ging diese Strecke zu seinem Fürsten jedes Jahr – es wäre ihm aufgefallen, wäre immer in Dorfnähe ein so verfluchter Sumpf gelegen. Der entstand jedoch plötzlich. Und das erklärt auch, warum es hier auch diesen Berggeist gab, der in einem Sumpf nun wirklich nichts verloren hatte. Er ist wohl in diese Falle getappt. - Sie kommen.“ Er sah zu dem Bannkreis, der an einigen Stellen hell aufblitzte.

„Na, die sind ja hübsch,“ entfuhr es Inu Yasha, der die Angreifer entdeckte. Es handelte sich um Würmer, gut so lang wie sein Arm. An der Vorderfront besaßen sie ein rundes Maul mit unsympathisch spitzen Zähnen reihum. Zu dieser Gestalt passten die unter der Magie aufstrahlenden doppelpaarigen Flügel eigentlich nicht, die eher an Libellen erinnerten.

„Die Blutegel von Meiun,“ erklärte der Vater, der mit gewisser Beruhigung sah, dass nicht einmal sein hitzköpfiger Nachwuchs auf die Idee kam zum Schwert zu greifen – und damit den Bannkreis um sie zu brechen. „Tagsüber leben sie im Sumpf, nachts wachsen ihnen die Flügel. Mit ein Grund, warum hier niemand lange überlebt, wenn er nicht über eine gehörige Portion Magie verfügt.“

„Das sind viele,“ murmelte der Hanyou. Der Bann schien zu halten, aber er fragte sich unwillkürlich ob selbst so ein Zauber, wie ihn Miroku oder die alte Hexe von Kaede hinbrachten, dagegen stand halten könnte. Diese Mistviecher waren wirklich eine Menge und sie griffen an, als ob ihr Leben davon abhängen würde. Nun ja, wie hatte Vater das bei dem Berggeist gesagt – es sei hier schwierig frisches Fleisch zu finden. Das konnte es erklären. Er sollte sich ein bisschen ablenken, und, da es nichts anderes zu tun gab, eine Frage stellen. „Was passiert jetzt mit dem Bauern? Schön, er muss Emna Daio treffen, und dann?“

„Im besten Fall für ihn kommt er auf eine Liste und wird bald wiedergeboren. Natürlich ohne jede Erinnerungen. Außer natürlich, er müsste noch wegen irgendetwas bestraft werden, aber ich denke, er hatte recht. Mehr als ein Jahrhundert in diesem Sumpf sollte Strafe genug sein.“

„Youkai werden nicht wieder geboren.“

„Nein, das ist das Vorrecht der Menschen.“

Inu Yasha genoss es seinen Vater mal so aufgeschlossen zu erleben. „Das heißt, man ist als Youkai im Jenseits ….und fertig?“

„Bis die Welt untergeht, ja.“

„Wie sieht es da so aus?“ Der Hanyou murmelte es nur.

Sesshoumaru hätte, wenn es sich für einen Daiyoukai seines Ranges ziemen würde, am liebsten sich die Klaue vor die Stirn geschlagen. Das Talent dieses Narren sich und gleich auch noch andere in Scherereien zu bringen, schien fast unerschöpflich. Er bemerkte, wie prompt der verehrte Vater die Brauen zusammen zog und ein eisig gewordener Blick über sie beide glitt.

Die Stimme klang auch nicht wärmer. „Wenn ich mich recht entsinne, habt ihr Zwei es für notwendig befunden, euch in meinem toten Körper zu prügeln. Es dauerte, bis ich das wieder geheilt hatte. Und du willst wissen, wie es dort aussieht?“

Na bitte, dachte der große Bruder. Das würde noch Ärger geben.

„Äh, ja, das hatte ich ganz vergessen …..“ Inu Yasha bemerkte, dass das die Sache nicht besser machte.

 
 

Nachwuchs!


 

S

esshoumaru ertappte sich bei dem Wunsch, dem neben ihm Sitzenden einfach mal kurz beide Klauen um den Hals zu legen und ein wenig zu fest zuzudrücken. Musste der Narr Vater daran erinnern, was sie mit seinem toten Körper angestellt hatten? Musste der dann auch noch erklären, er wisse von nichts mehr? Ihm jedoch war klar, wer als Ältester dafür in der Hauptsache verantwortlich gemacht werden würde. Leider hatte Vater, nicht ganz zu Unrecht, von sich gegeben, dass er selber als der Erbe die Verantwortung für den Kleinen hätte übernehmen sollen. Nun ja, rein theoretisch, und er hoffte doch, dass chichi-ue inzwischen bemerkt hatte wie nervenaufreibend der Bas … Inu Yasha war. Als Kleinkind hätte er ihn einfacher erledigen können, aber nein, da war ja … Er verbot sich jeden weiteren Gedanken.

 

Inu Yasha hatte durchaus erkannt, dass der Herr der Hunde gerade von Vater zu Fürst, von durchaus verständnisvoll zu streng, umgeschwenkt war. War das anstrengend immer zuerst nachdenken zu müssen, ehe man was äußerte. Nun ja, Kagome hatte ihn lange Zeit auch immer wieder bei Sachen, die er gesagt hatte und die sie beleidigt hatten, zu Boden gebracht und er hatte es oft nicht verstanden. Aber das hier war ehrlich ein Missverständnis und er sollte es besser ausräumen – zumal ein Seitenblick ihm verriet, dass auch Bruderherz ihm in Gedanken schon an die Kehle ging. Immerhin nur in Gedanken, das deutete doch auf eine Verbesserung des brüderlichen Verhältnisses hin. So redete er rasch, ohne nachzudenken, schon gar nicht darüber, dass man einem Fürsten nicht vorgriff, bemüht, Schadensbegrenzung für sich und den Halbbruder zu betreiben, den er doch wirklich nicht mit hatte reinreiten wollen. „Äh, verzeiht, aber das meinte ich nicht. Es ist nur so…. Es gibt was für Youkai und für Menschen, nur, gibt es auch ein Jenseits für Hanyou? Und wie sieht das aus?“

 

Und der Junge hatte seine Gedanken einfach ausgesprochen, dachte der Taishou. Vermutlich ein Überbleibsel aus Jahrzehnten, Jahrhunderten, Einsamkeit. Nun, er selbst sollte gerecht bleiben und nur bedingt strafen – was der Andere hätte wissen müssen. „Ich weiß nicht, was es für ein Jenseits für Hanyou gibt. Ich weiß nur, als ich darum bat ...“ Das war schwer auszusprechen: „Dass ich mit meinen Söhnen reden dürfte, wären sie auch im Jenseits, was mir bewilligt wurde. Ich glaube, entweder bist du bei den Youkai oder du kannst es dir aussuchen.“

 

Das klang wieder deutlich freundlicher und Inu Yasha wollte fast schon aufatmen, ehe er bemerkte, dass Sesshoumaru etwas den Kopf senkte. Was war denn jetzt noch oder schon wieder los? Aber es wäre wohl besser dem Beispiel zu folgen. Leider hatte er Vater anscheinend daran erinnert, dass und was sie da in seinem Körper getrieben hatten – und der war wenig amüsiert. Oh, Mann. Er sollte wirklich aufpassen, was er wem sagte, aber das predigte ihm Kagome seit inzwischen Jahren.

 

Sesshoumaru wartete dagegen auf die Sanktion. Er wusste, dass noch nie jemand Vater verärgert hatte ohne eine prompte Rückmeldung zu bekommen – meist der unangenehmen Art. Hoffentlich würde Inu Yasha sein vorlautes Mundwerk im Griff haben. Vater neigte dazu die Strafe zu erhöhen, wenn man auch nur andeutungsweise zu erkennen gab, man sei damit nicht einverstanden lernen zu dürfen.

 

Der Taishou warf einen raschen Blick auf den Bannkreis, aber der schien gegen die noch immer angreifenden Blutegel des Sumpfes von Meiun zu halten. „Wenn wir hier nicht nur heraus sind, sondern auch die Aufgabe mit Akumu erledigt haben, werden wir drei einen Übungskampf vollziehen.“ Er bemerkte, dass Inu Yasha fast aufstrahlte und legte etwas irritiert dar: „Ihr ohne Schwerter. - Sesshoumaru, erkläre es ihm.“

 

Der Ältere wusste, dass das bereits zurecht als Strafe gedacht war. „Inu Yasha. Wir haben kein Schwert. Es handelt sich um Straftraining.“

 

Für einen Moment war der Hanyou irritiert, ehe ihm dämmerte, dass sich auf eine Ring- oder auch Faustkampf mit jemandem einzulassen, den selbst Sesshoumaru höherrangiger fand, wohl etwas schmerzhaft werden konnte. Jedenfalls jedoch peinlich. Naja, egal. Einen Trainingskampf mir seinem eigenen Vater! Davon hatte er manchmal in seiner Kindheit geträumt, wenn er einsam in den Nächten auf einem Baum saß. Wie es so gewesen wäre, mit Papa und Mama. Na schön, dann auch mit allen Nachteilen. So lächelte er ehrlich. „Danke, chichi-ue.“

 

Eine so aufrichtige Aussage, dass beide Daiyoukai verwundert waren, ehe sie alle zwei stillschweigend einmütig beschlossen, dass der Kleine schlicht keine Ahnung hatte, was da auf ihn zukam. Oder Masochist war, wie Sesshoumaru noch nachschob, der durchaus nicht vergessen hatte, wie er mit der dokka-so, also immerhin Gift und Säure, den Bauch seines Halbbruders durchstoßen hatte und der, ohne Übertreibung mit seiner Faust in den Innereien, noch ärgerliche Kommentare von sich gab – und zu allem Überfluss gewann. Auch in so manchem Kampf, dem er beigewohnt hatte, hatte er immer den Eindruck gehabt, dass der Hanyou immer erst schwer verletzt zur Hochform auflief. War das möglich? Für einen Youkai natürlich nicht, aber bei Menschen sollte es solche Verirrungen ja geben. Er persönlich kannte bessere Zeiten als sich chichi-ue in solch einem Kampf gegenüber stellen zu müssen. Wobei auch ein Duell in Hundeform nicht sonderlich besser ablief.

 

Inu Yasha warf einen Blick auf seinen Vater, ehe er doch lieber höflich blieb. „Chichi-ue, spricht etwas dagegen, dass ich weiterschlafe? Ich möchte kampfbereit sein.“

 

Der Taishou nickte nur. Das war vernünftig. Der Schwerterbann hielt gegen die Blutegel und das war das Wichtigste. Der Morgen würde bald selbst durch den Nebel von Meiun grauen. Und, das gab er zu, sich wie der Kleine hier unter dem Bannkreis, mit den stetig angreifenden Blutegeln hinzulegen, nur Tessaigas Scheide in den Armen und prompt einzuschlafen – dazu gehörte Mut. Nein, Tapferkeit und Stärke konnte er dem Zweiten seiner Jungs ebenso wenig absprechen wie dem Älteren. Allerdings hatte, aufgrund der doch schlechten Umstände, Inu Yasha wohl einiges nicht lernen können, was zum Dasein eines Fürstensohnes gehörte. Das sollte dieser sich rasch aneignen, denn er selbst plante durchaus sein neues Leben auch damit zu verbringen seine alten Rechte einzufordern. Sesshoumaru hatte sich schon einmal auf Platz Zwei begeben, gut, denn das hätte wirklich zu innerfamiliären Verwicklungen führen können, um nicht zu sagen, so oder so zu Hochverrat. Hm. Soweit er es verstanden hatte, waren sowohl Sesshoumaru als auch und vor allem dessen Mutter sehr loyal ihm gegenüber geblieben. Aus Desinteresse von Seiten des Sohnes? Unwahrscheinlich. Der war schon immer an Macht interessiert gewesen. Warum also sollte der so freiwillig darauf verzichten Fürst zu werden und stattdessen durch die Lande ziehen als sei er ein ronin? Oder war es genau das? Er zog durch die Lande, um nicht Fürst werden zu müssen? Er hatte sich ja auch prompt ihm unterstellt. War Sesshoumaru etwa froh, dass er nicht Fürst war, sein Vater noch lebte? Fühlte sich der Junge noch nicht ganz reif genug für die Verantwortung? Das wiederum würde bedeuten, dass er eben um diese wusste. Aber, was sollte dann dieses eigenartige Bruderverhältnis? Er hatte ja stets befürchtet, dass sie aufeinander los gehen könnten und deswegen auch Toutousai gebeten die Zwillingsschwerter so zu schaffen, dass sich die Jungen nie umbringen konnten. Das war ja auch wohl nötig gewesen. Aber sie vertrauten sich doch, kämpften Rücken an Rücken, das hatte er ja schon gesehen. Da gab es noch viel für ihn zu lernen und nachzudenken. Ein Jahrhundert oder mehr tot – und man verpasste einiges. Wobei, er hatte ja einen der Beiden hier immer noch am Haken.

„Sesshoumaru.“

Bitte nichts mehr zu Rin! Aber der Hundeprinz neigte wohlerzogen den Kopf.

„Du hast tatsächlich versucht deinen Halbbruder umzubringen.“

Was sollte man darauf erwidern.

„Um Tessaigas willen, der Macht willen. Und dennoch bliebst du nicht bei deiner Mutter, nahmst nicht dein Erbrecht in Beschlag. Das nennt man Widerspruch.“

Gleich, was er antworten würde, er käme immer schlecht dabei weg, erkannte Sesshoumaru. Und schwieg.

„Könnte es sein, dass du nur die Macht wolltest ohne die Verantwortung?“

„Ja, chichi-ue.“ Alles, nur damit diese Vernehmung endete.

Ach, Kinder. Aber auch er war einst so gewesen, dachte der Taishou. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er geglaubt hatte, ein Fürst sitze am Bankett und lasse sich feiern Wie grundfalsch das doch gewesen war. Immerhin schien sein Ältester vernünftig genug gewesen zu sein um diesen Punkt zu erkennen. Nun ja, er sollte zumindest den Welpen vor ihm loben. „Gut, das du das erkennst. - Ich denke, die Sonne wird in etwas über einer Stunde aufgehen.“

Das Verhör war beendet! „Ja, chichi-ue.“

 

Inu Yasha erwachte durch die Nennung seines Namens. Noch ehe er ganz realisierte, dass dies sein Vater war, er nur Tessaigas Scheide in den Händen hielt, war er aufgesprungen.

Der Taishou nickte durchaus anerkennend. „Ziehe Tessaiga aus der Erde. Wir gehen.“

Mit einem Blick in das ungewisse Grau des Nebels um sie erkannte der Hanyou, dass der Tag wohl angebrochen war. So zog er sein Schwert, wie es der Rest der Familie inzwischen auch getan hatte, und schob es in die Scheide.

Der Hundefürst ließ seine Boas wehen, Sesshoumaru griff sie behutsam und ließ ebenso sein Fell flattern – wenngleich mit mehr Widerwillen.

Der Jüngste fasste es und dachte, doch irgendwie, was für eine kleine, glückliche Familie.

 

 

Akumu stand in der Höhle des Berges, das tiefe Loch hinter sich mit den Überresten der absorbierten Youkai ignorierend. Er betrachtete im beginnenden Morgen, dessen erste Helligkeit durch die Öffnung der Höhle schien, seine beiden Abkömmlinge mit gewissem Vaterstolz. Es war eigentlich gar nicht so schwer gewesen Sesshoumaru noch einmal zu erschaffen, zu verdoppeln. Er hatte aus der Höhle hinter sich auch, wie er spüren konnte, mächtige, Schwerter geholt, die er den Zwillingsabkömmlingen gegeben hatte. Wer auch immer da auf ihn zukam – wenn er ein Schwert trug, würde er sich mit den Sesshoumaru-Zwillingen auseinander setzen müssen. Verstand er etwas von Magie, dann mit ihm selbst. Immerhin hatte er die Falle parat. Das war einfacher gewesen als gedacht, denn die Verdoppelung eines Abkömmlings bedeutete doch deutlich weniger Anstrengung und Phantasie als die Neuerschaffung.Das war eigentlich eine Idee. Wenn dieser lästige Besuch beseitigt war, würde er aus den beiden Sesshoumarus vor sich mehr machen, sie immer wieder verdoppeln, ehe er eine förmliche Armee aus Sesshoumarus auf Japan loslassen konnte, alle unterwerfen konnte. Danach würde er seine Abkömmlinge eben einfach wieder absorbieren und selbst stärker werden.

Ja, das klang nach einem guten Plan.

Er betrachtete die Zwei vor sich. Irgendetwas fehlte noch. Sie waren gehorsam, bewegten sich nicht, der Schal um den Hals floss weich und weiß … ah, die Rüstung. Es wäre wohl vernünftiger, diese auch noch mit einem Bann zu versehen, damit selbst ein Daiyoukai sich hart tun würde seine Abkömmlinge zu töten. Seine Söhne, sozusagen. Ach, das klang irgendwie seltsam und doch vertraut. Was er da in seinem früheren Leben wohl so alles erschaffen hatte? Nun, gleich. Die Sonne ging bald auf und er sollte vorsichtig genug sein, um seinen unbekannten Gegner erwarten zu lassen. So nickte er. „Gut sehr ihr aus. Nur noch eure Rüstung. Sie wird nahezu undurchdringlich werden. Wartet hier. Ich benötige nur etwas.“ Er drehte sich um und ging, sicher, dass die zwei Sesshoumarus ohne Bewegung stehen bleiben würden.

 

Inu Yasha wusste bestimmt, dass der Nebel dieses dämlichen Sumpfes heute nasser und kälter war als gestern. Selbst sein Gewand aus Feuerrattenhaar wurde langsam, aber sicher, durchfeuchtet. Leider konnte er nur zu deutlich sehen, dass diese permanente Feuchtigkeit, die ihm dermaßen auf die Nerven ging, seinen Halbbruder unberührt ließ. Schön, er konnte ihn so gut wie nicht sehen, aber wenn er mal einen Anblick erhaschte, fiel dessen Haar noch immer weich und sauber über den Rücken. Auch dessen Boa in seiner Klaue war alles andere als durchnässt, und er war sicher, dass es bei Vater nicht anders war. So viel Youki zu haben war schon praktisch. Nun gut, gab er zu, für Menschen wäre es vermutlich noch kälter gewesen. Der knöcheltiefe Morast unter seinen bloßen Füssen war auch nicht dazu angetan ihn positiv zu stimmen. Aber er wollte auch nicht jammern, nicht schon wieder zeigen, um wie viel schwächer er war als ein Daiyoukai. Was für ein blöder Sumpf! Freiwillig würde er hier nie wieder hineingehen. Aber bei Akumu könnte er sich vermutlich wenigstens doch passend bedanken? Falls nicht chichi-ue auf seinem Vorrecht beharrte. Immerhin schien es heller zu werden. Kamen sie bald wieder auf festes Land oder war immerhin irgendwo jenseits des grauen Einerlei die Sonne aufgegangen? Möglich, erkannte er dann. Aber das half nichts. Denn zu allem Überfluss begann es auch noch zu regnen.Und diese verflixte Boa in seiner Hand wurde noch immer nicht nass!

 

Regen, Nebel. Dieser Sumpf von Meiun schaffte es wirklich ihm lästig zu fallen. Nun, um ein Haar, hätte er, Sesshoumaru, gedacht auf die Nerven zu gehen, aber das ziemte sich nicht, weder für einen Prinzen noch für einen Daiyoukai. Immerhin zerrte der Bas … sein Halbbruder nicht mehr dermaßen an seinem Fell wie noch gestern. Langsam aber sicher wurde der doch etwas vernünftiger. Was natürlich nur an des verehrten Vaters Erziehung lag. Hm. Bei dem, leider, angekündigten Straftraining würde sich doch eine kleine Gelegenheit ergeben sich für dieses gestrige Fellsträuben bei dem törichten Halbblut zu bedanken. Zugegeben, es sollte unauffällig passieren. Chichi-ue würde gewiss prompt auf solche niederen Gefühle wie Rachegelüste negativ reagieren. Und, wenn man dann sowieso bereits im Straftraining steckte ….Nun, darauf, seine eigene Schnauze schmerzhaft in der des Vaters zu finden, konnte er verzichten. Es bestand ja immer noch ein gewisser Größenunterschied zwischen ihnen, damit erkennbar auch ein verschobenes Kräfteverhältnis. Mit einem Schwert, nun gut, das mochte interessant werden, aber bestimmt nicht in Hundeform. Und auch bei einem Duell mit blanker Klinge wäre er nicht mehr so sicher zu gewinnen, wie er es damals gewesen war, als Toutousai ihm erklärt hatte, er habe chichi-ue übertroffen. Dieses Schwert, dass der aus der Unterwelt mitgebracht hatte, hatte seine Tücken für Gegner, da war er nur zu sicher. Tokejin mochte da mit drin stecken, ja, aber das war bei Weitem nicht alles. Er spürte Zauber der anderen Welt, ohne ihn benennen zu können. Jedenfalls eine deutlich spürbare Macht, die Vater zur Verfügung stand. Jede magische Waffe suchte sich ihren Herrn, sein eigenes Schwert, Bakusaiga war sogar ohne Mithilfe eines Schmiedes aus ihm selbst entstanden. Wie auch immer, solche Waffen ließen ihren Herrn nie im Stich. Und Tsurugi-hime, wie Vater seine Klinge genannt hatte, hatte sich eindeutig ihren Meister gesucht. Nur ein sehr törichter Mann würde sich dem Herrn der Hunde so entgegen stellen. Hm. Oder ein törichter Hanyou? Inu Yasha hatte ja gestern bereits gezeigt, dass er keine Ahnung hatte, wie solch ein Straftraining ablief, so dass er sich sogar darauf freute. Womöglich könnte es doch ein wenig amüsant werden, zuzusehen, wie der sich gegen Vater und die Schwerterprinzessin schlug. Natürlich würde chichi-ue Rücksicht nehmen, das tat dieser immer, er wollte seinen Sohn, seine Söhne, kaum umbringen, aber es war jedenfalls stets schmerzhaft gewesen. Aber, vielleicht bot es diesmal für ihn, Sesshoumaru, selbst auch ein wenig Unterhaltung.

 

Der Inu no Taishou suchte noch aufmerksamer als gestern in den dichten Nebeln um sich nach Hinweisen auf Gefahr, spürte dem magisch gesicherten Weg durch den Sumpf nach. Nachdem er gestern seine Söhne mehr oder weniger sehenden Auges – oder eben auch nicht – in den Magen eines Berggeistes geführt hatte, wollte er sich heute nicht noch solch einen Fehler erlauben. Zwar würden sie wohl jeder Falle entkommen, aber das war zum Einen nicht sicher, zum Anderen wollte er sich nicht in den Augen der Jungs bloß stellen. Sie begannen deutlich ihn zu achten, zu respektieren, und das sollte, durfte er nicht aufs Spiel setzen. Immer wieder schimmerten in ihren Aussagen Gefahren und Kämpfe auf, denen sie sich gestellt hatten und die sie bestanden hatten. Sie waren keine Welpen mehr, das sollte er nicht vergessen. Natürlich gab es seinen Anspruch als Vater und Fürst auf bedingungslosen Gehorsam, aber er war sich inzwischen absolut sicher, dass beide ihm das verweigern würden, würden sie ihn nicht achten, ihn, seine Stärke, aber auch seine Erfahrung und Taktik.

Eigentlich war es amüsant, sich selbst sozusagen zweigeteilt wieder zu finden. Sesshoumaru, kühl, mörderisch, wie er einst selbst in seiner Jugend, Inu Yasha rasch mit Entscheidungen zur Hand, die er vielleicht später bereute. Aber beide stark, selbstbewusst. Gemeinsam wären sie wirklich unschlagbar. Aber bis dahin lag wohl noch buchstäblich ein langer Weg vor ihnen, vor ihm.

Leichter Regen. Der Sumpf von Meiun versuchte wirklich alles um seine Beute zu behalten. Nicht nur, dass man doch etwas mehr Youki einsetzen musste um sich trocken und warm zu halten – damit lockte man auch gewiss unselige Bewohner der Gegend an. Youki – Inu Yasha besaß doch deutlich weniger davon als ein Daiyoukai. Dem Kleinen musste kalt sein, er frieren. Aber dem wäre es vermutlich mehr als unangenehm, würde er selbst auch nur nachfragen. Stolz, ja, das besaßen seine beiden Jungs auch, bis hin zur Arroganz. Und, das musste er zugeben, sie drei waren vermutlich die Einzigen weit und breit, die sich das auch leisten konnten.

Er hob den Kopf und witterte, so gut es bei Nebel und Nieselregen möglich war. War da in der Tat der Geruch nach Wiesen, Wald, oder war es nur eine Täuschung des Sumpfes? Jedenfalls lag irgendwo vorne eine magische Macht. Genki oder Youki oder gar beides? Das war kaum möglich. Allerdings war sich der Taishou sicher, dass er sich noch immer auf dem Pfad nach Norden befand, zu dem Berg, bei dem sich Akumu befinden musste, sollte.

Möglich, dass der seinen unerwünschten Besuch bereits bemerkt hatte. Aber wenn, so sollte der doch keine Ahnung haben, dass sie zu dritt waren. Er selbst würde sich Akumu stellen, ja. Aber zu wissen, das ihm seine Söhne den Rücken freihalten würden, wäre ein ungewohntes, aber seltsam angenehmes Gefühl.

Was war jetzt?

Von einem Sekundenbruchteil zum anderen standen sie auf einer Wiese, bestanden mit windgebeugten Bäumen, vor sich einen verkarsteten Berg, der steil aufragte, grün überzogen mit Gräsern und Kräutern. Die Sonne schien und er spürte, wie Sesshoumaru ihn eilig losließ, an seine rechte Seite sprang, den höflichen Schritt zurück, Inu Yasha kam links. Der Sumpf von Meiun war verschwunden. Und sie wurden erwartet.
 

Wer gegen wen und Akumu gegen alle


 

A

uf halbem Weg zwischen der darüber nicht sonderlich erfreuten Hundefamilie und dem Berg standen zwei identische Gestalten, von denen sie zumindest eine bereits gesehen hatten – dieser nachgemachte Sesshoumaru. Allerdings jetzt mal zwei. Der Taishou hörte, wie sein Ältester etwas zu laut Atem holte, jedoch schwieg.

Inu Yasha dagegen meinte prompt: „Hier muss ein Nest sein. Noch einer?“ und legte die Hand an den Schwertgriff.

Der Hundefürst wandte nur den Kopf. Immerhin genügte das, dass der Junge sich daran erinnerte, dass man seinem Vater nicht vorgriff und die Finger von Tessaiga ließ. In einem Punkt hatte Inu Yasha allerdings auch Recht. Diese zwei Parodien sollten sie wohl abfangen, nun, den Eindringling. Akumu war offensichtlich nicht davon ausgegangen, dass sie zu dritt wären, sonern war von einer Einzelperson ausgegangen, die von zwei solchen Abkömmlingen leicht zu besiegen wäre. Und der mysteriöse Daiyoukai befand sich nicht auf oder auch unter dem Berg, statt dessen hielt er sich irgendwo am Horizont in dieser Ebene auf. Er selbst konnte ihn zwar nicht wittern, jedoch spüren. So blieb nur eine Alternative. Er allein würde mit Tsurugi-hime gegen dieses Mischmasch aus Mensch und Daiyoukai ankommen. Allerdings – diese beiden Zerrbilder seines Ältesten waren gewiss auch stark und fähige Kämpfer. Er sollte nicht zulassen, dass sie ihm in einem derartigen Duell in den Rücken fielen. Anders sah die Lage aus, würden seine Söhne die Zwillinge übernehmen. Inu Yasha hatte bereits bewiesen, dass er mit einem Daiyoukai vom Schlage Sesshoumarus zu Rande kam – nun, und um die Motivation seines Erben brauchte er nicht zu fürchten. Hinzu kam dass beide kampferprobt waren und gewiss auch die Schwächen dieser Parodien erkennen würden. Überdies – die waren Zwillinge, ja, aber eben doch Abkömmlinge, also schlicht verdoppelt oder gespiegelt worden. Das bedeutete, dass sie die identischen Fähigkeiten besaßen, aber ebenso auch die gleichen Schwächen. Eine davon konnte sein, dass diese ihnen in wiegenden Schritten wie Spiegelbilder entgegen kamen. Blieben sie auch in einem Duell Spiegelbilder? So befahl er nur: „Übernehmt diese Narren und sorgt dafür, dass sie mir nicht in den Rücken fallen können. Ich gehe geradeaus und etwas links, wo sich die mächtige Energiequelle befindet. Dabei kann es sich nur um Akumu handeln.“ Er ging anschliessend einfach weiter, doch in gewissem Vertrauen auf seinen Nachwuchs.

 

Der eine der Sesshoumaru-Nachäffer drehte sich prompt und zog.

Inu Yasha wollte abwarten, aber da er sah, wie der Idiot seine Klinge mit Youki auflud, machte er ohne Nachzudenken einen gewaltigen Satz nach vorne und seitlich, um zwischen dem Angreifer und seinem Vater zu stehen. „He, ich bin dein Gegner!“ Wenn der doch kämpfen wollte, diese Energiemenge losschickte, müsste er eben die Bakuryuuha einsetzen und dem sein eigenes Youki um die Ohren hauen.

 

Ein wenig verschnupft, dass sein Halbbruder schon wieder IHM vorgegriffen hatte, bei chichi-ue schien der das ja langsam zu lernen, wandte sich Sesshoumaru der Nummer 3 auf dieser Ebene zu, der stehen geblieben war und bereits zog und ihn offenbar mit blanker Klinge erwarten wollte. Vergiss es, dachte er. Solch eine jämmerlicher Abklatsch war doch keinen gewöhnlichen Kampf wert, geschweige denn einen, in dem er sich auch nur andeutungsweise bemühen musste. So zog er und richtete die Spitze Bakusaigas auf den dunklen Brustpanzer seines Gegners. Bläulich schimmerndes Youki raste hinaus, auf den Abkömmling Akumus zu, der sich nicht bewegte. Als der Strahl die Rüstung traf, splitterte er in tausende Funken. Die einzige Wirkung. Lästig, aber nicht zu ändern. Er musste sich wohl wirklich auf einen Kampf einlassen. Mit jemandem, der ihn zur Schau stellte. Nun, das sollte der Narr noch bedauern, ehe er starb. Bakusaiga schräg nach unten haltend, bereit zur Abwehr oder zur Attacke, ging der eigentliche Sesshoumaru langsam auf Sesshoumaru Nummer Drei zu.

 

Auch Inu Yasha hatte inzwischen mitbekommen, dass selbst die Rückschlagwelle nicht durch diesen Panzer dringen konnte. Immerhin war sein Widerpart dazu genötigt worden die überflüssige Energie mit dem Schwert abzulenken. Das würde anscheinend nicht gerade einfach werden. Aber, dachte er dann, war es das je für ihn gewesen? Das hier war die Chance Vater und Halbbruder zu zeigen was er drauf hatte. Und er würde das nutzen, nie zulassen, dass dieser jämmerliche Abklatsch chichi-ue in den Rücken fiel. Mal einfach antesten. „Kaze no kizu!“ Immerhin schien sich Bruderherz ja um den Anderen zu kümmern. Direkt ungewohnt mal so als Kampfpartner. Nun ja, es hatte schon die eine oder andere Lage gegeben … Hoppla. Er musste feststellen, dass er zu abgelenkt gewesen war, denn eine gehörige Youkimenge raste auf ihn zu, die er nur knapp mit der Bakuryuuha abwehren konnte. Das, was ihn dabei erwischte, reichte immer noch, dass sein linker Ärmel, Feuerratten hin oder her, angeschmort wurde. Na schön. Der Kerl nannte sich wohl nicht umsonst nach seinem Halbbruder. Stark war der ja.

 

Der Hundefürst konnte hören und spüren, dass da die Duelle begannen, aber er gab sich nicht der Illusion hin, dass das schon alles war, das diese Abkömmlinge oder auch seine Jungs vermochten. Es war nur ein Antesten, Versuche herauszufinden, wie weit der jeweilige Gegner mitzuhalten vermochte. Und das bewies wiederum, dass seine Söhne in der Tat kampferfahren waren.

Er selbst schritt über die grasige Ebene. Vor ihm erkannte er nicht nur die deutlich zu fühlende Energie eines Daiyoukai, sondern auch eine blau gewandete Gestalt in nur scheinbar menschlicher Form. Selbst aus dieser Distanz konnte er entdecken, dass zwar Haare lang und schwarz über den Rücken flossen, das Gesicht allerdings nicht das eines Menschen war. Keine Nase, keine Ohren, soweit er hätte beschreiben sollen. Mund – auch da stimmte etwas nicht. Aber gleich. Das war der Gegner und sein Auftrag war es, den wieder in die Unterwelt zu schicken.

Im nächsten Moment zuckte er etwas zusammen, ohne jedoch im Schritt inne zu halten. Bislang war die Erde um ihn neutral gewesen. Jetzt spürte er nur zu deutlich Youki. Youki, Genki, die göttliche Energie, alles zusammen und doch anders. Was war hier nur los? Oder, noch anders gefragt: was machte dieser Akumu da, der die Hände sinken ließ.

„Oh, unangemeldeter Besuch?“ rief dieser aus fast fünfhundert Schritt Entfernung. „Wer bist du, der es wagt, hierher zu kommen? Und was sind das für zwei Narren, die sich mit meinen Sesshoumarus anlegen?“

„Man nennt mich den Inu no Taishou. Das sind meine Söhne.“ Er hatte schon lange gelernt, dass er mit seinem Namen besser nicht hausieren ging. Als Herr der westlichen Gebiete stand ihm zwar auch die Magie seiner Länder zur Verfügung – aber die konnte, im Zusammenhang mit seinem wahren Namen, auch von einem erfahrenen Magier gegen ihn verwendet werden. Solange er nicht wusste, was dieser Narr dort konnte, war es besser vorsichtig zu sein. Nun, immer. Vorsicht war ein guter Teil der Tapferkeit. Tot zu sein war nur langweilig, das hatte er schließlich in den letzten Jahrhunderten gelernt. „Und wer bist du?“

„Akumu.“ Eine Geste.

Der Taishou blieb diesmal wirklich stehen. Was war das nur für eine Magie um ihn? Dämonische, göttliche, von allen Seiten und doch nicht gemeinsam. Nun, wie hätte das auch gehen sollen? Sie bildeten die Gegenparts der Welt und hoben sich gegenseitig auf. Das hatte er ja zuletzt bei der Ankunft auf dieser Insel gesehen, als er und leider auch Sesshoumaru sich in schlichte Menschen verwandelt hatten.

 

„Ah, du merkst, mit wem du dich hier angelegt hast? Zu spät. Ich habe dich schon viel zu tief in meine Falle gelockt.“ Akumu lächelte, soweit das sein noch immer schlangenmässiges Gesicht zuließ. „Sieh dich nur um, Taishou. Du stehst auf der Ebene des Taikyoto-Shogi, des ultimativen Shogi. Und der ahnungslose Gyoukoshou steht matt.“

Der Juwelengeneral steht matt? Der Hundefürst war alarmiert. War dies der Fall, und sein Lehrer in Taktik war einer der größten Shogi-Spieler des Landes gewesen, so war das Spiel zu Ende. Natürlich nutzte dieser Akumu die spöttische Umwandlung des Heerführers in den Juwelenheerführer, den man auch den König nannte, aber was sollte das eigentlich und überhaupt mit Shogi? Was hatte das mit den Energien zu tun? Er stellte die letztere Frage laut. Der Kerl schien sich seiner ja sehr sicher zu sein.

„Ah, du kennst das Spiel, wie nett. Du entsinnst dich bestimmt, dass es viele verschiedene Felder gibt. Das ist hier ebenso. Aber ein jedes Feld besitzt jede Menge Energie. Gehst du nun weiter und betrittst ein Feld mit Youki wirst du unglaublich stark werden. Stehst du auf einem Feld mit Genki, so wird es dich umbringen oder zumindest läutern. Du kannst das Risiko eingehen – vorwärts und rückwärts. Aber, wie auch immer du dich entscheidest: ich werde siegen, ohne auch nur ein Schwert zu ziehen.“ Das war nie nötig.

Der Narr besaß ja auch keines, dachte der Herr der Hunde etwas ingrimmig. Aber er hütete sich die Augen von Akumu zu lassen, sich doch besorgt nach seinen Söhnen umzudrehen. Noch schienen sie zu kämpfen, aber er sollte ihnen wohl besser helfen. Mit einer derartigen Magie konnte doch höchstens Sesshoumaru etwas anfangen. Inu Yasha würde Hilfe benötigen. Aber die könnte er augenblicklich selbst brauchen. Gleich in welche Richtung er einen Schritt machte – die Chance stand halbe halbe, dass er auf einem Genki-Feld gelangte und geläutert wurde. Einen Menschen würde Akumu anschließend zum Frühstück verspeisen, zumal er selbst in diesem Zustand auch Tsurugi-hime nicht mehr anwenden konnte. Risiko. Ein wahrhaft tödliches Spiel, denn früher oder später würde er einen der Genki-Bereiche betreten, denn er bezweifelte nicht, dass er raten musste. Die Menge der verschiedenen Mächte um ihn verwirrte seinen sonst untrüglichen Spürsinn. Die einzige Chance, die er sah, war eben sich nicht zu bewegen. Falls Akumu annahm, er könne keine Distanzangriffe einsetzen, war der auf dem Holzweg. So langte der Herr der Hunde über seine Schulter und zog. Keine Sekunde später jagte sein Youki über die mysteriöse Ebene auf Akumu zu, der schlicht die Hände in die Ärmel schob. Was zur …. Da sah es der Taishou. Um seinen Gegner herum bildete sich ein äußerst starker Bannkreis, dessen leuchtendes Rot selbst seine Energie schlicht verpuffen ließ.

Akumu lächelte im Schutz seiner rötlichen Kugel und ließ sich auf deren Grund betont gemütlich nieder. „So verzweifelt? Lass dir gesagt sein, dass kein Youki, ja, auch kein Genki, durch meinen Bannkreis kommt. Seine Magie entstammt der Insel selbst. Gibst du auf?“

Nie, dachte der Hundefürst. Er würde nie aufgeben, schon gar nicht, wenn dahinten seine Jungs noch immer kämpften.Vielleicht musste er einfach nur mehr Energie einsetzen? Das Schwert in seiner Hand pochte, forderte seine Aufmerksamkeit. Aber, was wollte die Klinge? Er wusste es nicht. Also sollte er zumindest diesen Akumu etwas beschäftigen, für den Fall, dass der diese zwei lächerlichen Parodien seines Ältesten steuern konnte. Ablenken, damit seine Söhne siegen konnten. Dann würden sie schon zu dritt mit diesem seltsamen Wesen fertig werden … genau. Sich konzentrieren, alle Energie im Stahl bündeln und erneut attackieren ...

Akumu kicherte fast, als der Angriff erneut scheiterte.

 

Inu Yasha hatte unterdessen zu seinem gewissen Groll bemerkt, dass weder die Windnarbe noch die Bakuryuuha gegen seinen Gegner halfen. Dieser komische Bannkreis um den Panzer schien so ähnlich gebaut zu sein wie der einst um … Mist! Mit knapper Not wehrte er den unerwarteten Youkiangriff ab. Der Bannkreis! Er musste den zerstören. Wozu hatte er das rote Tessaiga? Er konzentrierte sich und beobachtete zufrieden, wie sich die Farbe der Klinge veränderte. Gleich würde man ja sehen, wozu der Zauber dieses Idioten taugte.

Die Magie der Fledermäuse war nutzlos, erkannte er sofort. Na schön, dann eben mit schierer Gewalt. Gegen die Diamantklingen von Hosenki würde sich doch auch diese Hexerei schwer tun. Das Diamant-Tessaiga sollte doch dazu in der Lage sein den Bann um diese Rüstung zu durchbrechen…

 

Sesshoumaru hätte sich nie zuvor vorstellen können wie frustrierend es war keinen einzigen Angriff durch zu bringen. Alles, was er versuchte, und er war doch nun wirklich kein Youkai vom letzten Haken, prallte an dem rot aufleuchtenden Zauber, an der Rüstung dieser billigen Imitation ab. Das reichte jetzt. Der Narr wollte es wohl nicht anders. Dann eben Stahl auf Stahl. Er sprang vorwärts und ließ seine Klinge auf den Gegner niedersausen. Nummer Drei hob sein Schwert und parierte mit überraschender Kraft. Nun gut. Als dieser Narr von Akumu ihn karikiert hatte, hatte der wohl die Stärke und Schnelligkeit nicht vergessen. Mal sehen, ob und wie diese Nachahmung auf einen ernstgemeintes Duell reagierte. Der Erbe des Inu no Taishou sprang zurück, ehe er seine Klinge von unten empor riss um mit einer Drehung zu versuchen das Schwert des Gegners dessen Hand zu entwinden.

Es blieb beim Versuch und er sah sich tatsächlich gezwungen zurück zu weichen. Das wurde ärgerlich.

 

Die Diamantklingen flogen buchstäblich Sesshoumaru Nummer Zwei um die Ohren, ehe dieser mit einer kreisförmigen, sehr schnellen, Bewegung seines Schwertes alle abfing und gegen seine Rüstung lenkte, wo sie, wie fast zu erwarten, stecken blieben. Inu Yasha hätte im Prinzip geseufzt, wollte sich jedoch nicht blamieren. Leider hatte sich dieser Vollidiot von Akumu nicht nur den Namen seines Halbbruders ausgeliehen, sondern auch gewisse von dessen Fähigkeiten, wie Schnelligkeit und Youki. Da half nichts halbes. Das geschuppte Tessaiga würde allerdings, dämonische Energie hin oder her, nichts bringen, denn als Abkömmling besaßen die Zwillinge kein Youketsu. Und damit konnte er das nicht angreifen, nicht zerstören. Also gut. Dann blieb nur das Meidou Zangetsu, das hatte ja auch schon bei dieser Frau ….Er zögerte sie Kikyou zu nennen … geholfen. Leider war das auch momentan keine Option, denn Sesshoumaru – verflixt, hier waren gleich drei mit dem Namen – also, sein großer Bruder, nii-san, und dessen Gegner waren gerade damit beschäftigt sich Stahl auf Stahl durch die Ausbuchtung des Berges zu treiben, die vor ihm lag. Er wollte nicht unbedingt chichi-ue erzählen, dass er seinen Bruder gerade lebendig in die Unterwelt geschickt hatte. Nach allem, was er in den letzten Tagen von seinem Vater gelernt hatte: der war durchaus verständnisvoll, vor allem, wenn man so im Allgemeinen einen Dämonenfürsten betrachtete, aber sein Verständnis endete bei den Leuten, die seine Kinder bedrohten. Eigentlich war das ja nett, aber … naja… eben. Also lieber keinen Pfad in das Jenseits bahnen, solange nii-san und dieser Sesshoumaru-Abklatsch da mit deutlich übermenschlicher Geschwindigkeit durch die Gegend sprangen, teilweise sogar die Bergwände hoch.

Er sollte seinen eigenen Widersacher lieber nicht aus den Augen lassen, erkannte der Hanyou etwas zu spät, als er aus den Augenwinkeln Stahl neben sich erkannte und herumfuhr. Dadurch ging der Hieb, der sonst seinen Kopf getroffen hätte, etwas fehl, aber er spürte trotz des Gewandes aus Feuerrattenhaar, das wie eine Rüstung wirkte, mehr als deutlich, wie die überaus scharfe Schneide des Katana seine linke Schulter traf, sich durch das Schlüsselbein schnitt – und zurückgezogen wurde.

Das tat nicht nur weh, sondern blutete auch noch heftig. Inu Yasha sprang zurück und versuchte sich trotz der Schmerzen erneut zu konzentrieren. Der Kerl nannte sich nicht nur Sesshoumaru, der war ebenso schnell, stark und skrupellos. Ihm musste schleunigst irgendetwas einfallen – oder er musste es riskieren seinen eigenen Halbbruder gleich mit ins Jenseits zu jagen. Der war ja schnell, aber jeder von ihnen wusste nur zu gut, dass es gegen den Höllenpfad eigentlich kein Abwehrmittel gab. Das wurde eng hier, denn dieser Idiot griff doch schon wieder an.

 

Sesshoumaru musste unterdessen erkennen, dass dieses Imitat seiner selbst ihm zwar spöttisch nach außen hin nachempfunden war, in Punkto Schnelligkeit, Kraft und Schwerttechnik leider ihm nur zu ebenbürtig war. Sobald er einen Moment nicht aufpasste, würde er verletzt werden. Auch dies galt bedauerlicherweise nur einseitig. Der Bannkreis um die Rüstung war von diesem Akumu offenkundig überaus stabil gefertigt worden. Jedes Mal, wenn es ihm gelang an der abwehrenden Klinge seines Widersachers vorbei den Brustpanzer zu erreichen, leuchtete der rot auf und er spürte etwas wie einen heftigen Schlag gegen Bakusaiga, so dass er zurück sprang, um dem nächsten Angriff auszuweichen, der prompt kam. Das war frustrierend. Was würde denn Vater dazu sagen, wenn er nicht einmal mit Akumus Abkömmling zu Rande kam? Sein einziger Trost war nur, dass auch Inu Yasha noch kämpfte, sich anscheinend ebenso hart tat. So würde sich der Zorn chichi-ues wegen ihres Versagens gegen beide richten. Schon bei dieser Kikyou war er ja sichtlich enttäuscht von ihnen gewesen. Das sollte nicht mehr vorkommen. In jähem Zorn ließ er Bakusaiga niedersausen, fand sich Stahl auf Stahl pariert und sprang wieder zurück. Dieser Mistkerl war wahrlich schnell. Er benötigte einen Plan. Und, warum setzte der törichte Bastard nicht das Meidou ein? Er sah beiseite, während er bereits erneut eine Attacke einleitete, diesmal mit Youki. Noch während seine Energie auf den Gegner zu jagte, wusste er, warum Inu Yasha zögerte. Er selbst stand mehr oder weniger im Weg. Nutzlose Rücksicht in einem Kampf unter Youkai, aber eben klassisch der Hanyou. Er sollte dieses Duell örtlich verlagern.

Natürlich endete auch diese Attacke an dem Bannkreis des Abkömmlings. Er sollte zusehen, dass der sich zumindest drehen musste. Ja, damit wäre er aus der Gefahrenzone des Meidou und Inu Yasha könnte, und würde doch wohl auch hoffentlich, mit dem Pfad in die Unterwelt attackieren. Wenn der eine Abkömmling darin verschwand, würde er selbst erneut angreifen und den Zwilling diesmal besiegen. Niemand widerstand doch ihm!

Er machte einen eleganten Sprung beiseite und sah für einen Moment irritiert das triumphierende Lächeln Sesshoumarus Nummer Drei. Dann erkannte er seinen fatalen Fehler. Er hatte vor lauter Planung vergessen darauf zu achten, wo sich die Klinge seines Widersachers im Moment befand. Dieser hatte sie, um den Youkiangriff mit der Rüstung besser parieren zu können, zu Boden zeigen lassen. Und sein unbedachter Sprung hatte ihn genau davor, darüber, gebracht. Noch während er die Hand mit Bakusaiga herabfallen ließ, um das Schwert des Gegners abzuwehren, riss dieser es hoch – genau zwischen seine Beine, in der eindeutigen Absicht ihn zu halbieren.

 

 
 

Meidou Zangetsu


 

E

s war seine fast lebenslange Erfahrung im Training, im Kampf, die Sesshoumaru rettete. Im gleichen Sekundenbruchteil, als er seinen Fehler bemerkte, mehr spürte als sah, dass die Klinge unter ihm hochgerissen wurde, war er bereits ansatzlos abgesprungen, mit einem noch immer eleganten Überschlag über seinen Imitator hinweg gesetzt und stand wieder. Leider hatte der geglückte Entkomm den unbestreitbaren Nachteil, dass er nun wieder zwischen Inu Yasha, folglich dem Meidou, und seinem Gegner stand. Er sollte hier weg, zumal der Andere bereits herumfuhr. Er parierte Stahl auf Stahl. Nun gut, gab er zähneknirschend zu, für ein billiges Imitat war der Mistkerl nicht schlecht. Akumu schien sich wirklich ziemlich an ihm und seiner Stärke orientiert zu haben. Gleich. Es würde und musste ihm doch etwas einfallen, auf das dieser Narr nicht gekommen war.

 

Inu Yasha hatte zwar „seinen“ Sesshoumaru nicht aus den Augen gelassen und dem lieber noch mal ein Kaze no Kizu um die Ohren gejagt, aber über dessen Schulter doch sehen können, was Sesshoumaru Nummer Eins, also, sein Halbbruder, sein großer Bruder, da trieb. Hm. Nii-san patzte doch gewöhnlich nicht so? Außer gegen ihn? Regte den das doch so auf, dass dieser Vollidiot von Akumu ihn gleich zwei Mal karikierte? Außerdem – wieso stand der ihm schon wieder im Weg rum? Das Meidou doch war anscheinend die einzige Chance mit den Abkömmlingen Akumus fertig zu werden. Und, was war das dort wiederum in seinem Rücken? Er spürte deutlich Youki, sehr mächtige Energie. War das Vater? Steckte der auch in Problemen? Kein Wunder, dass die Typen aus dem Jenseits, dieser Emna Daio und so, sie gleich zu dritt losgeschickt hatten. Die hatten wohl in gewisser Weise geahnt, dass dieser Akumu nicht so leicht zu knacken war. Gleich. Jeder war zu knacken, schon gleich zwei Mal so ein Abkömmling. Er musste den bloß irgendwie dazu bringen sich zu drehen und …. Hoppla. Mit einem gewaltigen Satz brachte sich der Hanyou in Sicherheit. Nein, gegen den Idioten von Sesshoumaru-Imitation sollte man ebenso wenig nachlässig sein wie gegen nii-san. Seine schmerzende linke Schulter war der beste Beweis dafür. Aber aufgeben kam natürlich nicht in Frage. Erst mal überhaupt nicht, dann schon gar nicht, wenn nii-san und chichi-ue ebenfalls in Schwierigkeiten steckten. Er musste den Idioten hier loswerden und dann den Zweien helfen, das war ja klar. Wieso eigentlich kämpfte besagter großer Bruder nur mit Stahl und nicht mit einem Energieangriff? Weil diese Abkömmlinge bislang alles pariert hatten? Sogar seine Kongoseku - und Diamant war ja das Härteste, was es gab. Also war da doch ein Trick. Akumu wie Naraku. Dieser Onigumo steckte in beiden und der hatte sich nicht verändert. Sekunde. Stahl auf Stahl. Sollte er auch mal versuchen. Der Brustpanzer dieser falschen Sesshoumarus war magisch verstärkt. Aber eben nur der. Und der zog auch alle Energieangriffe auf sich. Darum also beschränkte sich Ses … nii-san auf Stahl. Der wartete auf das Meidou und wollte seinen Gegner von ihm, Inu Yasha, ablenken. Man, war er blöd, dass er nicht verstanden hatte, dass sie zusammen arbeiten sollten. Schön. Also erst einmal seinen eigenen Sesshoumaru-Verschnitt dazu bringen, sich etwas zu drehen … Sie mussten Vater helfen. Wenn der auf Akumu getroffen war, erklärte das die Energien, die weiter drüben nur zu deutlich jetzt zu fühlen waren.

 

Der Inu no Taishou gab nur sich selbst zu seit seinem Kampf gegen Ryuukossusei nicht mehr so frustriert gewesen zu sein. Jeder Angriff verpuffte, ja, statt dessen entstanden einzelne, wenn gleich überaus mit dornigen Ranken bewehrte, Pflanzen auf der Fläche zwischen ihm und Akumu, genauer, dann auch rings um ihn. Jede Attacke mit Youki ließ sie wachsen und es erforderte nicht viel Nachdenken, um zu wissen, dass diese Ranken früher oder später ihn erreichen würden. Zu allem Überfluss hockte dieser Akumu dort vor ihm in seiner offenkundig sicheren Kugel und freute sich über seine vergeblichen Versuche. Das war doch … Ruhig bleiben, ermahnte er sich. Emotionen hatten in einem Duell nichts verloren.

So. Der Mistkerl hockte da in seinem Bannkreis und glaubte sich sicher. Gegen Youki anscheinend schon – und, dass diese seltsamen Pflanzen harmlos waren, nahm er keinen Augenblick an.

Der Wind trug ihm den Geruch von Blut zu. Seines eigenen Blutes! Nun, nicht ganz, aber doch so ähnlich. Und das konnte nur eines bedeuten. Einer seiner Jungs war verletzt worden, wenn nicht Schlimmeres. Er musste das hier beenden und ihnen helfen! Er musste sie doch beschützen, nachdem er schon einmal so versagt hatte! Eine weitere Chance würde er gewiss nicht bekommen. Irgendwie musste es ihm gelingen diesem Mistkerl in seiner magischen Kugel dieses Grinsen aus dem Gesicht zu wischen.

 

Sesshoumaru lächelte ein wenig. Natürlich. Wieso war er nicht gleich darauf gekommen. Die Rüstung mochte magisch sein – der Rest war es nicht. Ohne weiteres nahm er Bakusaiga etwas beiseite und hielt die Klinge flach. Damit öffnete er seine Blöße und er war sicher, dass dieses Imitat nicht würde widerstehen können. Prompt griff Akumus Abkömmling mit einem direkten Schlag gegen seinen Kopf an.

Perfekt.

Sesshoumaru machte in kühler Überlegung einen Schritt beiseite, so dass der Hieb fehl ging. Noch ehe sein Gegner Zeit fand das auch nur zu realisieren, hatte er selbst bereits zugeschlagen – und ein Kopf rollte über den Boden.

Falls er je daran gezweifelt hätte, dass es sich um kein lebendes Wesen, sondern einen Abkömmling handelte, so wurde das durch die Tatsache bewiesen, dass kein Blut floss.

 

Inu Yasha, der noch immer ein halbes Auge auf den Halbbruder riskierte, um gegebenenfalls sofort mit dem Meidou anzugreifen, hätte um ein Haar den Kopf geschüttelt. Na klar. Der Panzer zog jeden Angriff auf sich – magisch oder auch sonst, wenn man darauf zielte, und wehrte alles ab. Eben aber nur die Rüstung.

Ein wenig sträubte sich etwas in ihm einfach den Kopf abzuschlagen, aber Papa steckte sicher in Problemen und das war eine Lösung, das hatte nii-san ja gerade bewiesen. Sie mussten chichi-ue helfen, denn da drüben stieg das Youki derart fühlbar an … Er hatte doch nicht den Vater zurückbekommen, um den einfach wieder sterben zu lassen!

So sprang er etwas zurück, um mit der blanken Klinge quer zu schlagen.

 

Keine Sekunde später stand Sesshoumaru neben ihm. Beide Hundebrüder behielten ihre magischen Klingen noch in der Hand, als sie sich umdrehten.

„Vater und Akumu?“ erkundigte sich Inu Yasha – die instinktive Anfrage an den großen Bruder.

„Chichi-ue.“ Der jüngere Daiyoukai hätte nie zugegeben, dass das ein Level war, das ihn noch immer beeindruckte. Entweder hatte er selbst immer den verehrten Vater unterschätzt – oder der war in der Tat durch seine Wiedergeburt stärker geworden, wie es in manchen Legenden hieß.

„Das ist allein er? Wow. Ich meine, das ist schon beeindruckend. Gehen wir. Wir sollten ihm helfen.“

Während Sesshoumaru gerade für eine volle Sekunde überlegte, ob es nützlich und sinnvoll wäre diesem Narren zu erklären, dass man sich nicht in anderer Leute Kämpfe einmischte, zumal, wenn diese ranghöher waren, spürten beide Halbbrüder ein seltsames Prickeln im Kreuz. Ihre feinen Ohren vernahmen das eigenartige Knistern von Frost, der sich rasch über eine Wiese ausbreitete – und beide fuhren herum.

Nur, um zu entdecken, dass Kopf abschlagen offenbar nicht der richtige Weg gewesen war. Weder Leichen noch Köpfe lagen mehr auf dem Boden. Dafür standen sichtlich leicht verärgerte und kampfbereite Sesshoumarus vor ihnen. Bedauerlicherweise diesmal gleich vier.

 

Wieder spürte der Taishou Tsurugi-hime in seiner Hand pochen, als wolle sie ihm etwas mitteilen. Das Schwert wollte ihm helfen, da war er sicher.

Er hatte wohl schon zu lange keinen Kampf mehr mit einer Waffe bestritten, der er vertrauen konnte, dachte er dann. So´ungas Vorschlägen zu trauen hätte ihn nicht nur in den Wahnsinn, sondern in die Hölle geführt. Trotzdem seine neue Klinge im Jenseits geschmiedet worden war, glaubte er ihr vertrauen zu dürfen. Immerhin war sie für ihn, für diesen Auftrag, hergestellt worden, von wem auch immer.

So stellte er sich etwas breitbeiniger hin. Was jetzt auch immer kommen würde, sollte diesen Akumu, Onigumo oder wie auch immer, überraschen. So fasste er sein Schwert mit beiden Händen und hob es senkrecht über seinen Kopf, ließ sein Youki erneut dort einströmen. Diesmal allerdings suchte er nach der anderen Macht darin. Magie des Jenseits, ja, die er nun auch deutlicher spürte, da er sich darauf einließ. Und dann hätte er fast seine entspannte Haltung verloren.

Er konnte es jetzt förmlich spüren. Da war noch etwas ganz Anderes darin, etwas, dass sich ihm augenblicklich noch verweigerte, aber da war. War er dieser anderen, fremden, Macht so noch nicht gewachsen? Sollte er seine gesamte Energie hineingeben? Das wäre durchaus risikoreich, da er sich dann vollständig auf die Schwerterprinzessin verlassen musste. Nun, es sei, dachte er. Für seine Söhne, für die Ordnung der Welt, die dieser Onigumo mehr als bedrohte, der Mann, der lebend aus dem Jenseits entkommen war, mit Erinnerungen, die gefährlich waren, selbst für Daiyoukai. Er ließ seinem Youki vollen Lauf, lenkte es in das noch immer aufrecht erhobene Schwert, das es fast begierig aufzunehmen schien.

 

Akumu lächelte versonnen. Welch eine dramatische Haltung hatte dieser Hund da jetzt eingenommen. Anscheinend sammelte der Narr all seine Kraft für einen richtigen, finalen, Schlag. Natürlich würde auch der im Nichts verschwinden. Kein Youki drang durch diesen magischen Schild, den sich einst Nagano aus dem Zauber der Insel erschaffen hatte, und der nun einmal aus Youki plus Genki bestand. Allerdings würde das bedeuten, dass die dämonische Energie die Dornenpflanzen zu einem erheblichen Wachstum anregen würde. Bestimmt würden diese bis zu dem sogenannten Feldherrn wachsen, den umschlingen und anbohren. War der erst einmal genug geschwächt, würde er selbst sich ihn einverleiben. Das wäre eine unerwartete Verstärkung.

Und bis dahin, also, sehr bald, würden auch seine Sesshoumarus mit diesen anderen lästigen Anhängseln des Taishou fertig geworden sein – fertig zum Absorbieren. Danach würde er seinen Nachwuchs wieder verdoppeln.

Eigentlich ein guter Test für die Eroberung Japans, die nun unvermeidbar geworden war. Nichts und niemand würde ihn mehr aufhalten. Und er würde endlich erfahren, was er so alles im Jenseits vergessen hatte.

 

Der Taishou wagte es nicht die Augen zu schließen, obwohl er es gern getan hätte. Nie den Gegner aus den Augen lassen. Aber seine magischen Fähigkeiten wurden ausgereizt und er spürte mit gewisser Faszination etwas, das er so noch nie gefühlt hatte.

Diese andere Macht schien nun auch in die Klinge zu fluten. Trotz der morgendlichen Stunde wurde es merklich dunkler. Wolken strömten ohne Wind herbei, bedeckten den Himmel, Blitze zuckten von ihnen zu Tsurugi-hime, gaben ihr noch mehr Energie.

Und plötzlich glaubte er zu begreifen, was er da, zumindest als winzigen Bruchteil in seiner Klinge in den Händen hielt. „Ama no Murakumo no Tsurugi.“ Das Schwert, der die Himmel verdunkelnden Wolken. Wie war das möglich?

Wieder ein Schub in der Macht – und er erkannte es diesmal. Genki. Für einen Sekundenbruchteil erschrak er, ließ um ein Haar seine Konzentration sinken. Aber die göttliche Macht berührte ihn nicht, läuterte ihn nicht, sondern stieg zielbewusst in das Schwert auf, das er noch immer aufrecht über sich hielt. Etwas lenkte sie, leitete sie, und hielt das Genki von ihm ab. Was war nur in Tsurugi-hime alles verborgen? Wer hatte das geschmiedet?

Darüber sollte er später nachdenken, beschloss er hastig, als sich nun auch noch die Magie des Jenseits einmischte – und sein Bewusstsein angreifen wollte. Lange genug hatte er So´unga getragen, lange genug mit einer höllischen Klinge in Gedanken gekämpft, so dass er es, wenn auch mit Mühe, schaffte, diesen Zauber ebenfalls in das Schwert zu schicken, wohin er wohl gehörte.

Vier verschiedene Magien, in einer Klinge, die ihm zugeteilt worden war. Er spürte, wie sein Verstand darum rang klar zu bleiben, versuchte, sein Vertrauen in das Schwert zu legen.

Aber es war mehr als schwierig.

Der Wind, die Wolken um ihn schienen in seinem Inneren ein Echo zu finden, umringten seine Gedanken, wollten ihn dazu bringen die Kontrolle über die Magie zu verlieren. Das durfte nicht geschehen. Er wusste nicht, was passieren würde, wäre dieses Schwert ohne Herrn, er selbst bewusstlos. Die armen Menschen, die armen Youkai, die arme Welt ... Damit würden sogar seine Jungs mehr als Probleme bekommen. Vier Mächte vereint.

 

Akumu war nicht umsonst intelligent und mit Naganos Erbe auch magisch begabt. Er konnte nicht glauben, was er da fühlte. Was machte dieser so genannte Feldherr denn jetzt da? Dass der all seine Macht abrief, ja, das war klar, Aber, wieso sollte ein Youkai auch über die helle, göttliche Magie verfügen? Das wäre doch unsinnig, schließlich wusste doch jeder, dass sich diese beiden Energien aufhoben, wenn sie zusammentrafen. Nur auf der Insel Maruishima war das eben anders, aus welchem Grund auch immer. Stand der Taishou etwa auf einem Genki-Feld und wurde gerade geläutert? Aber, das konnte doch auch nicht sein? Aber, welche Macht konnte denn die Wolken zusammenziehen und in das Schwert dieses Hundes Blitze schicken, dessen Macht, oder eher die Macht seines Trägers noch erhöhen?

Nun, gleich. Er war in seiner Kugel absolut sicher vor jedem Angriff, mochte er auch mit Genki oder Youki erfolgen. Um ihn zu besiegen müsste der Taishou schon früher aufstehen.

 

„Eh“, machte Inu Yasha leise. Gleich fünf Sesshoumarus auf einem Fleck waren ihm dann doch ein bisschen zu viel. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der eigentliche Sesshoumaru, nun, er sollte wohl bei der ungewohnten, aber doch irgendwie passenden Anrede als älterer Bruder bleiben, um sich selbst darüber klar zu sein, wem er hier vertrauen konnte – nii-san, Bakusaiga wegschob und Tenseiga in die Hand nahm. Natürlich. Das war die Gelegenheit. Er sollte sich nicht von der Energie da hinten ablenken lassen, sondern schnell machen, damit sie Vater helfen konnten. Der Hanyou konzentrierte sich auf seine Klinge. Tessaiga verfärbte sich unverzüglich schwarz, noch während die vier Sessshoumaru-Abkömmlinge in einer Front auf sie zuliefen, die Schwerter erhoben. Meidou Zangetsu. Der Pfad in das Jenseits. Er dachte es nur und schlug zu, sah wie sich unverzüglich die Energie seines Halbbruders über Tenseiga anschloss. Beide Mächte rasten auf das Quartett zu, das kurz innehielt. Die beiden mittleren Sesshoumarus wichen nach rechts und links der Attacke aus und mochten sich in Sicherheit wähnen, als hinter ihnen ein großes, schwarzes Loch entstand, dessen Energie sie unerbittlich ansaugte, einsaugte.

Für einen langen Moment starrten beide Halbbrüder hinüber. Erst, als sich der Pfad in die Unterwelt verkleinerte und schloss, ohne dass auch nur einer der Abkömmlinge wieder aufgetaucht war, entspannten sie sich etwas.

 

„Chichi-ue.“

Sesshoumaru hätte nie zugegeben, dass er erleichtert war, diese jämmerlichen Parodien seiner selbst nicht mehr sehen zu müssen, ebenso wenig, dass er sich doch irgendwie Sorgen um seinen Vater machte. Diese Energie – das war doch nicht nur Youki? Was trieb dieser Akumu da? Da Inu Yasha bereits losrannte, Tessaiga noch immer in der Hand – wedelnd, dachte der große Bruder, wechselte er nur noch rasch die Schwerter, ehe er aufholte.

 

Der Taishou atmete tief durch, als er fühlen konnte, dass der magische Sturm vorbei war. Noch immer dräuten die Wolken über ihm, aber die Klinge in seiner Hand fügte sich nun tadellos seine Wünschen. So ließ er Tsurugi-hime mit der Linken los und senkte das Schwert etwas.

Akumu starrte ihn an. Was war denn jetzt nur los? Nun gut, der Angriff würde erfolgen, aber irgendwie beunruhigte es ihn, dass er Genki nicht nur, ebenso wie Youki, im Boden der Insel spüren konnte, sondern auch da drüben, bei dem arroganten Hund. „Ein neuer Versuch? Gibst du nie auf?“ rief er dennoch spöttisch.

„Nie,“ bestätigte der Daiyoukai ruhig. „Nicht, ehe du wieder dort bist, wohin du gehörst und ich meinen Auftrag erfüllt habe.“

„Versuche es doch.“ Wieso war der Narr so versessen darauf ihn umzubringen? Und, wer konnte dem Typen denn einen Auftrag erteilen?

„Wie du willst. Darf ich bitten, Prinzessin?“ Er ließ die Klinge zuschlagen.

 

Die Hundebrüder, die eilig heran gelaufen kamen, blieben stehen, als sie die Situation erkannten.

Aus dem Schwert das im Jenseits geschmiedet worden war, drang eine mächtige Welle, die sie kaum einordnen konnte. Youki, Genki und anderes, hell und bläulich schimmernd. Beide fühlten sich an die Drachenwelle Sesshoumarus erinnert, die dieser mit Tokejin und seiner eigenen Energie hervorgerufen hatte. Aber hier geschah noch etwas anderes.

Der Angriff des Taishou lief direkt auf den rot leuchtenden Bannkreis Akumus zu, der doch ein wenig besorgt die unbekannte Macht musterte, sich aber darauf verließ, dass nichts auf dieser Insel stärker war als diese, seine, Magie. Tatsächlich ließ sie scheinbar nutzlos direkt durch die Kugel, direkt durch ihn, ohne, dass er irgendetwas spürte. Er wollte schon rufen: „Das war wohl nichts!“, als ihm zweierlei auffiel. Da kamen noch zwei solche Hundeyoukai, die dem Taishou ähnlich sahen, wohl dessen missratener Nachwuchs. Wichtiger war jedoch das, was in seinem Rücken geschah, wo er plötzlich Kälte fühlen konnte, eine eisige Kälte, die ihn unangenehm an etwas erinnerte, dessen er sich nicht sofort bewusst war.

Als er es begriff fuhr sein Kopf herum. Hinter ihm war ein großes, schwarzes Loch entstanden, das ihn samt seine schützende Kugel einsog. Und er schrie auf, als ihm klar wurde, dass er, wie auch immer er aus der Unterwelt entkommen war, nun genau dorthin wieder zurück kehren musste.

 

Der Taishou atmete tief durch. Das hatte Kraft gekostet, mehr geistig und in der Magie als körperlich, aber dennoch. „Danke,“ murmelte er höflich zu seiner Klinge, ehe er sie zurück in die scheide auf seinem Rücken schob und sich umdrehte. Beide Söhne standen da, wie er erleichtert feststellte, wenngleich der Kleine verletzt war. Sie steckten ihre Waffen weg. Waren sie gekommen um ihm zu helfen? Das wäre zumindest bei seinem Ältesten ungewohnt.

„Das war doch auch ein Meidou?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt.

„Ja. Ich habe soeben einiges über dieses Schwert herausgefunden. Aber ich wünschte,“ gab der Hundefürst zu: „Mir würde der Schmied das erklären, wer auch immer das erschaffen hat. Denn nicht alles ist mir klar.“ Er bemerkte, dass Sesshoumaru herumfuhr und wandte sich ebenfalls in diese Richtung. Was war nun schon wieder los?

 

Aus der Erde, ein gutes Stück vor ihnen, drang ein gigantischer Kopf, dessen Gesicht nur ein einziges Auge besaß, die langen, schwarzen Haare zurückgebunden. Es folgte der Oberkörper, dessen Kleidung und das Ledertuch ebenso eindeutig einen Schmied verriet wie der Hammer in der Rechten. In der Linken trug der Riese eine bekannten Gestalt, die sich die drei Hunde entspannen ließ.

„Toutousai!“ stellte Inu Yasha das Offensichtliche fest, auch, wenn der alte Schmied nicht glücklich mit dieser Art des Reisens schien, so war er doch weit von Panik entfernt, zumal, als er von dem Riesen abgesetzt wurde.

Der Taishou holte tief Atem. Eine so prompte Erfüllung seines Wunsches hatte er wahrlich nicht erwartet, zumal, da er den Riesen erkannte und höflich meinte: „Welche Überraschung, Vater aller Schmiede.“

 
 

Der Bericht der Schmiede


 

V

ater aller Schmiede? Inu Yasha hätte fast etwas gesagt. Er hatte Toutousai immer schon als vergesslichen, uralten, Schmiedeopa bezeichnet und sah eigentlich keinen Grund von dieser Meinung abzugehen. Aber, wenn der Typ da Toutousais Vater war – wie alt war der dann erst? Und genauso verwirrt? Na, das konnte ja was werden. Überhaupt. Vater aller Schmiede? In so ziemlich jedem Menschendorf, nun ja, in den größeren, gab es einen. Da musste der Kerl ja recht fleißig zugange gewesen sein. Er wollte schon fast etwas dazu sagen, als ihm ein Seitenblick verriet, dass Bruderherz dieses seltsame, kaum wahrnehmbare, Lächeln zeigte. Der wartete doch nur auf den Patzer seinerseits. Der Hanyou war froh gerade noch den Mund gehalten zu haben. Nur, wer war dann der Kerl, den offenbar jeder außer ihm kannte?

 

Der Taishou ertappte sich bei dem unerwarteten Gedanken gerade froh darüber zu sein, dass niemand seines Nachwuchses ihn soeben blamiert hatte. „Darf ich vorschlagen, dass wir uns setzen, werter Gami? Solch eine lange Reise aus dem Himmlischen Königreich macht man doch nicht umsonst.“ Es ging um sein Schwert, da war er sicher.

Gami? Gott? Inu Yasha war gerade wirklich froh seinen ersten Impuls unterdrückt zu haben. Und Himmlisches Königreich? Oh ja, da wohnten ja angeblich die Top-Götter. Schön, noch besser, sich einfach links neben Vater zu setzen. Sesshoumaru rechts, klar, so als Erbe ….Ärgerlich, aber nur zu sehr der Brauch. Und, wer war jetzt dieser riesige, einäugige, Kerl, der sich allerdings gerade in Normalform verkleinerte und Vater gegenüber Platz nahm? Den ungewohnt schweigsamen Toutousai dabei an der rechten Seite?

 

„Die Reise war nicht ganz so weit, werter Taishou.“ Der Gott der Schmiede legte seinen Hammer nieder, ebenso wie Toutousai, der allerdings nur seinen Zopf richtete und irgendwie unerwartet bescheiden wirkte. „Wie du unschwer erkennen konntest, kam ich, weil du deine neue Klinge zum ersten Mal benötigt hast. Und sie standgehalten hat. Ich bin erfreut.“

„Ich dachte mir längst, dass nur du, werter Amatsumara, so etwas herstellen konntest. Ich spürte vier Magien in Tsurugi-hime.“

Amatsumara nickte leicht. „Ich hörte bereits, du seist intelligent. - Warum gabst du diesem Schwert diesen Namen? Weiblich?“

In der Namensgebung lag auch eine Form der Schwertmagie. „Ich kann es nicht begründen. Sie kam mir weiblich vor.“

Der Schmiedegott schien erheitert, meinte jedoch nur: „Nun, ich erzähle dir lieber gleich die gesamte Geschichte. Die Schmiedekunst besteht auch aus Legenden – aber ebenso aus vielem Wissen. Als dieser Wicht dem Jenseits entkam, war Emna Daio fassungslos, zögerte jedoch nicht, seiner Herrin Bericht zu erstatten. Meine verehrte Frau Großmutter akzeptierte seinen Vorschlag, dass nur die Zwei, die So´unga zurück in das Jenseits geschickt hatten, auch mit diesem Problem klar kommen würden, zumal sie schon das eine oder andere Mal in der anderen Welt gewesen waren.“ Der Blick des Gottes glitt über die zwei Söhne des Herrn der Hunde, die beide versuchten möglichst unbeteiligt zu gucken. „Der werte Richter machte allerdings auch noch den Vorschlag dich als Erziehungsberechtigten mitzuschicken, um, sagen wir, zu viel Chaos zu verhindern. Es war ihm bewusst, wie viele seiner Neuzugänge er diesen Zweien zu verdanken hatte. Da So´unga in der Unterwelt bleiben sollte, wurde ich aufgefordert eine neue Klinge für dich zu schmieden. Eile war geboten und so kam ich in das Jenseits. Mein guter Toutousai hatte ein zerbrochenes Schwert aufgehoben, das mir als Basis recht gut passte. Tokejin. Ja, besessen von den rachsüchtigen Geistern erschlagener Kinder, aber dennoch. Dein Ältester war damit fertig geworden, also sollte das auch gut genug dazu sein, dein Youki, werter Taishou, zu behalten, zu demonstrieren. So begann ich die Reste dort in der Unterwelt zu schmieden, schmiedete natürlich auch die Magie dieses Ortes hinein, das lässt sich nicht verhindern. Zwei Magien. Youki und die des Jenseits. Was hast du noch gespürt?“

Der Hundefürst brauchte nicht nachzudenken. „Genki. Stammte das also von dir?“ Aber da war noch immer das die Wolken zusammenrufende Schwert. Es wäre allerdings recht ungeschickt gewesen danach zu fragen. Er war schließlich nicht erst seit gestern Heerführer und Fürst. Verhandlungen gehörten dazu.

Der Schmiedegott lächelte. „Schmeichelhaft, aber nicht meines. Wie schon erwähnt war meine verehrte Frau Großmutter überaus erbost über das Entkommen aus ihrer Welt. Sie forderte daher meine Frau Mutter auf zu helfen, und Haha-ue gab mir ihr mächtiges Schwert, damit ich einen winzigen Bruchteil daraus entnehmen konnte. Bevor ich ihn in das mittlerweile schon achtundvierzig Mal gefaltete Metall schmieden konnte, gab sie einen Teil ihrer Energie mit hinein. Natürlich nur einen geringen.“

„Natürlich, und ich bin der verehrten Omikami Amaterasu auch sehr dankbar dafür.“ Der Inu no Taishou wollte gar nicht daran denken, was die volle Macht der Sonnengöttin bei ihm hätte anrichten können. Es hatte angeblich schon Zeiten gegeben, in denen sie jeden Youkai, den sie sah, buchstäblich vom Erdboden gewischt hatte. Ihr Schwert wurde auch selten bei seinem eigentlichen Namen genannt. Die meisten Lebewesen kannten es als Kusanagi, und es ruhte in aller Regel, dem menschlichen Kaiser als Nachkommen der Sonnengöttin zur Verfügung gestellt, in ihrem Schrein bei Ise.

 

Amaterasu? Inu Yasha dachte kurz nach. Das war doch die Sonnengöttin? Und diese komische Schmiedevater war dann ihr Sohn? Oh, gut, dass er nichts dazu gesagt hatte. Das hätte für ihn und vor allem Vater doch recht peinlich werden können. Und auf die Einladung zu einer Grillparty Amaterasus konnte er verzichten, zumal er sich nur zu lebhaft vorstellen konnte, wer dann das Grillgut wäre.

Der Hundefürst fuhr langsam fort: „Nun, drei Magien, ja. Aber was war die vierte Macht, die ich nicht zuordnen konnte?“

„Nun ja.“ Amatsumara holte tief Atem. „Ich glaubte zunächst, das sei es. Youki und Genki in einer Klinge vereint und doch getrennt durch die Macht des Jenseits. So schmiedete ich weiter, sicher, dass nichts und niemand, sei er auch der Unterwelt entkommen, dem etwas entgegen zu setzen hätte, nicht einmal auf dieser Insel Maruishima.“

„Aber?“

„Aber. Irgendetwas stimmte nicht und ich überlegte immer wieder. Inzwischen war das Metall bereits achtundsiebzig Mal gefaltet worden, eigentlich langsam fertig … Ich musste zu einer Entscheidung kommen. Ich überlegte, dass diese Klinge ja dir zukommen sollte, dem einzigen Wesen, das je So ´unga, zähmen konnte, dieses, sowie Tenseiga und Tessaiga gleichzeitig trug. Überdies, aber das ist natürlich absolut vertraulich ...“ Der Blick des „Vaters der Schmiede“ glitt über die Söhne des Taishou: „Erfuhr ich noch von einem zusätzlichen Problem. Diese Insel hier, Maruishima, war der erste Teil der japanischen Inseln, der existierte. Hierher gelangten meine verehrten Großeltern um andere Götter zu erschaffen, ja, die gesamte Inselwelt. Mit ein Grund, warum meine verehrte Großmutter alles andere als gut auf diesen Onigumo zu sprechen war. Denn hier auf der Insel liegt auch verborgen der heilige Juwelenspeer, mit dem sie die Schöpfung begannen. Nicht auszudenken, falls dieser Kerl daran gelangen würde. Es eilte also wirklich.“

„Dir kam eine Idee?“ erkundigte sich der Taishou, der langsam begriff, warum das halbe Jenseits hinter Onigumo her gewesen war – ohne natürlich in das Diesseits gelangen zu können. Kein Wunder, dass Emna Daios Bote ihn so höflich behandelt hatte und alle seine Forderungen erfüllt hatte – er hätte auch noch mehr verlangen können, viel mehr.

„Ja. Wie bereits erwähnt hatte ich angenommen, dass dein Youki und das Genki meiner verehrten Mutter im Gleichgewicht sein müssten, getrennt durch die Magie des Jenseits. Das stimmte eben nur zum Teil. Endlich kam mir die Erleuchtung. So´unga, Tenseiga und Tessaiga. So´unga, das Schwert der Unterwelt, Tenseiga, das Schwert des Himmels ….“ Amatsumara warf einen Blick auf die Hüfte des Älteren der Hundejungen, ehe er zu dem Zweiten sah, die beide sich sichtlich bemühten gesittet da zu sitzen. „Und Tessaiga, das Schwert des Diesseits. Die drei Schwerter der Macht, ja, der Weltherrschaft. Der liebe Toutousai schmiedete ja einst die beiden letzteren nach meinem Rat, um das Gleichgewicht dieser Kräfte zu erhalten. Oh, Toutousai, genau, fege doch ein wenig diese beiden Klingen. - Ja, werter Taishou. Das war die Lösung.“

„Ja, Meister.“ Toutousai streckte die Hand aus: „Gebt sie schon her, Hundebengel. Ihr wisst ja gar nicht, was das für Aufruhr war.“ Und ein armer, alter Dämonenschmied, der nur in Ruhe leben wollte, plötzlich mittendrin.

Was blieb ihnen schon andere übrig? So wanderten Tenseiga und Tessaiga in die Hände ihres Erschaffers, der sie zu polieren begann.

Der Herr der Hunde nickte langsam. „Ich beginne zu begreifen. In der neuen Klinge hattest du das Jenseits, etwas aus dem Himmlischen Königreich und Youki als das Diesseits, aber etwas stimmte noch immer nicht.“

„Aus dir wäre ein guter Schmied geworden. Ja. Es musste noch etwas aus dem Diesseits gefunden werden, um den Ausgleich zum Youki zu schaffen. Menschliches. Ich erklärte mein Problem Emna Daio und der schickte alle seine Shinigami aus, um eine Menschenseele zu suchen, die bereit war, auf die Wiedergeburt zu verzichten und statt dessen Teil dieser Klinge zu werden. Es musste eine Seele sein, die wiedergeboren werden konnte, also rein. Leider hielten die meisten Menschen, nun ja, alle, nichts von dieser Idee. Und die Zeit drängte, auch meine verehrte Großmutter wurde ungeduldig. Nun ja, dann kam, als ich langsam die Hoffnung auf ein perfektes Schwert aufgeben wollte, denn das Metall musste beendet werden, ein Shinigami mit einer Seele an, die bereit war das zu tun. Sie stellte nur eine Bedingung.“

Der Taishou legte ein wenig den Kopf schief. Natürlich wollte er es hören, der Schmiedegott sollte es nicht so spannend machen. Aber de facto ziemte Neugier keinem Daiyoukai, wie viel weniger in solcher Gesellschaft. Überdies sollte er doch seinen Jungs etwas beibringen. Benehmen und Selbstbeherrschung gehörten sicher dazu.

„Sie wollte, wenn sie in dem Schwert wäre, nie wieder von dir getrennt werden, bis die Welt untergeht. Sie sagte, lieber mit dir, werter Taishou, als dein Schwert in der Ewigkeit, als ohne dich wiedergeboren.“

„Izayoi!“ entkam es dem Herrn der Hunde fast erschrocken. Er hatte sich nicht getäuscht. Dieses Schwert wollte ihm helfen, ihn beruhigen, ihn trösten.

„Izayoi. Ja.“

Der Taishou zog die Schwerterprinzessin und hielt sie senkrecht vor sich. „Izayoi,“ flüsterte er.

 

Ohne weiter Nachzudenken sprang Inu Yasha auf. „Sind denn alle Schmiede wahnsinnig oder verblödet?“ schrie er aufgebracht. „Du hast meine Mutter in Metall gegossen? Wie kannst du ...“

„Inu Yasha!“ Der Name klang aus dem Mund des Vaters nur mehr wie das grollende Knurren eines angreifenden Hundes. Eines sehr großen, sehr zornigen, Hundes.

Noch während Sesshoumaru bei sich dachte, dass ER sich bestimmt nie so aufführen würde, schon gar nicht, wenn seine Mutter endlich mal wieder unter Vaters Kontrolle wäre, erkannte der Hanyou, dass er wohl besser zuerst hätte nachfragen sollen. War das etwa wichtig? Aber – Mama in einem Schwert? Das klang so schrecklich falsch! Er sah jedoch durchaus, dass Toutousai eine Hand an die Stirn schlug, sein Halbbruder zwischen amüsiert bis „Idiot“ schwankte und Vater und dieser Gott ihn alles andere als freundlich musterten. So ließ er sich wieder zu Boden sinken, blickte allerdings zu dem Herrn der Hunde: „Aber, Mama, Vater ….“ Und das klang nicht mehr wie der Protest eines großen Kriegers, sondern eher wie der Hilferuf eines Welpen.

Das Naturell des Hundefürsten ließ ihn nicht ungerührt, zumal er selbst ungewohnt gefühlsbetont war. Izayoi. Er war für sie gestorben und nun tat sie das für ihn. Lieber mit ihm als Klinge auf seinem Rücken, aber mit ihm – als ohne ihn in ein neues Leben. So erklärte er deutlich ruhiger als man es hätte erwarten können: „Inu Yasha, deine Mutter hat sich für mich, für uns, geopfert. Das solltest du akzeptieren, wie übrigens jeden Wunsch deiner Mutter. Ich kann mich bereits jetzt mit Tsurugi-hime verständigen, im Laufe der Zeit wird es gewiss besser werden. Und vielleicht erreiche ich eines Tages auch deine Mutter. Sie ist dort. Ich fühlte es die gesamte Zeit, wagte aber nicht daran zu glauben. Glaube du mir jedoch, dass ich gut auf sie aufpasse.“

„Hundebaby,“ murmelte Toutousai, an seinen Meister gerichtet.

Auch der Herr der Schmiede hatte erkannt, dass es sich nicht um eine Beleidigung handeln sollte, sondern der Ruf eines Welpen nach der verlorenen Mutter war. „Dein Vater hat recht, Junge. Wäre sie wiedergeboren worden, wüsstest du nie in wem ihre Seele steckt. So jedoch, und da gebe ich dir, werter Taishou, recht, werdet ihr euch eines Tages verstehen können, sei es auch erst im Jenseits. Denn die menschliche Seele ist die Verbindende und damit der eigentliche Ansprechpartner dieser Klinge der vier Zauber. Gib mir doch die Schwerterprinzessin. Ich werde sie ein wenig polieren. - Nun, ihr werdet euch gewiss schon fragen, warum ich Toutousai mitbrachte. Erzähle ihnen von deinem Zusammentreffen, mein Schüler.“

Beide Hundejungen empfanden diese Anrede als eigen, schließlich war der Schmiedezausel doch uralt und verpeilt, aber immerhin erhielten sie ihre Klingen sehr ordentlich wieder zurück und legten sie samt den Scheiden auf den Schoß.

 

„Äh, nun ja,“ begann Toutousai recht verheißungsvoll, sah jedoch zu dem Taishou. „Ich war, nachdem Ihr weg wart, oyakata-sama, in meiner Schmiede. Da tauchte dieser Kerl auf. Ein Inuyoukai, der Uniform nach ein Krieger aus dem Schwebenden Schloss. Und er fragte mich, ob ich den Hundebengel, ich meine Sesshoumaru-sama ….“ Der guckte schon wieder so mörderisch. „In der letzten Zeit gesehen habe, er hätte eine Nachricht für ihn. Ich sagte, ja, vor einigen Tagen, wieso. Und er erzählte mir – früher waren Krieger nicht so geschwätzig – dass er einen Befehl der Herrin an ihren Sohn hätte. Wenn Sesshoumaru bei mir wieder aufschlagen würde, solle ich ihm ausrichten, er solle zu seiner Mutter gehen.“

Ach du je, dachte der angesprochene Sohn. Das passierte selten, würde aber bedeuten, wenn er sich nicht umgehend bei ihr einfinden würde, würde sie ihm Boten um Boten schicken. Selbst die Aussage, er wäre tot, würde sie nur dazu verleiten persönlich vorbei zu kommen und ihre Meidou-Kette einzusetzen um ihn wieder zu beleben. Was war denn passiert? An chichi-ue brauchte er sich gewiss nicht um Unterstützung wenden, auch, wenn Mutter auf den garantiert hören würde, hatte er doch vor keinen fünf Minuten deutlich gemacht, dass ein Sohn den Wünschen seiner Mutter zu folgen habe.

Der Hundefürst nickte etwas. „Hast du rein zufällig etwas von meiner Gegenwart erwähnt?“

„Oh.“ Der alte Youkai kratzte sich am Kopf. „Ich dachte nicht, dass so ein geschwätziger Narr das wissen muss, oder?“

„Gut. Weiter. Sagte er auch, warum Sesshoumaru kommen soll?“

„Ja. Es gibt da einen Wolf, einen Daiyoukai im Süden, der sehr an der Herrin interessiert ist. Er warb um ihre Hand.“

„Oh, bitte.“ Der Taishou verzog etwas amüsiert die Lippen. „Einen Daiyoukai, mit dem sie nicht fertig wird, aber unser Sohn? Das wäre mir neu.“

„Naja, es ist eben auch ein wenig schwierig, sie kann als Frau ja nicht den Heerbann zusammenrufen.“

„Das Heer des Westens gegen einen übermütigen Wolf?“ Der Hundefürst klang immer ungläubiger und warf einen forschenden Blick auf seinen Erstgeborenen. Da allerdings auch Sesshoumaru ein wenig irritiert schien, erkundigte er sich nur: „Wozu ein Heer aus Youkai gegen einen Daiyoukai, mit dem sie allein fertig werden sollte?“

„Naja … Ich weiß ja nur, was der Andere mir sagte, oyakata-sama.“

„Und, was hast du vergessen?“ Der Herr der Hunde kannte den genialen, wenngleich etwas zerstreuten, Schmied seit Jahrhunderten.

„Nichts, wirklich. Der Kerl will sie heiraten und den Westen erobern.“

Kaum war man ein Jahrhundert - oder ein wenig mehr - tot, wollte schon ein Narr die Frau Gemahlin heiraten und das Fürstentum erobern. Der Taishou hätte fast geseufzt, ehe ihm etwas anderes dämmerte. „Dieser Wolf müsste doch wissen, dass es einen Fürsten gibt.“

„Nun ja, er weiß nichts von Euch, oyakata-sama, aber er nimmt an, dass der Westen ohne Herrn sei.“

Diese Aussage lenkte den eisig werdenden Blick des Hundefürsten erneut auf seinen offenbar etwas nachlässigen Erben.

Sesshoumaru hätte sich in diesem Moment gewünscht diesem alten Schmied samt dem geschwätzigen Boten den Hals brechen zu können, aber Vater würde das kaum zulassen.

Der Taishou dachte kurz erneut nach. „Wozu will sie das Heer?“

„Na, wegen der Menge.“ Manchmal zweifelte Toutousai am Verstand des Herrn.

„Welcher Menge?“ Das war nur mehr ein Knurren.

„An Gegnern!“ War dem Herrn die Wiederbelebung nicht bekommen?

„Welche Gegner? Wie viele?“ Der Herr der Hunde ließ sein Youki aufwallen.

Toutousai wurde blass. „Oh, habe ich das noch nicht erwähnt? Er kommt mit einem Heer von fünfhundert Dämonenkriegern.“

 

 
 

Auf in den Westen


 

F

ünfhundert Youkai unbekannter Stärke, aber sicher kampferfahren, unter der Führung eines Daiyoukai aus dem Clan der Wölfe, marschierten also in den Westen ein. Der Hundefürst war nicht sonderlich begeistert. Musste er sich denn um alles selbst kümmern? Er warf einen Blick auf sein Schwert, das noch immer von dem Gott aller Schmiede kundig poliert wurde, und in dem, wie er ja gerade erfahren hatte, auch Izayois Seele steckte. Er sollte sie schützen. Und eigentlich hatte er auch nie vorgehabt, dass sich seine zwei Ehefrauen treffen sollten. Nun gut. Da gab es also eine Invasion und einen Wolf, der um eine Abreibung geradezu zu betteln schien. Der erfahrene Feldherr richtete sich ein wenig gerader auf und legte die Hände auf die Oberschenkel, als er nachdachte.

 

Amatsumara polierte Tsurugi-hime mit gewisser Neugier. Immerhin galt der Inu no Taishou als erfahrener, ja, brillanter, Heerführer. Mal sehen, was ihm zu dieser neuen Lage einfiel. Und, was er zu seinem Ältesten zu sagen hatte, denn offenkundig glaubte dieser Wolf ja, der Westen sei ohne Fürsten. Vermutete dieser, Sesshoumaru sei tot oder zumindest verschollen? So oder so würde der seine gewisse Überraschung erleben.

 

Inu Yasha warf ebenfalls einen neugierigen Seitenblick auf seinen Vater. Der war anscheinend wieder in den Fürstenmodus gefallen, Haltung und Gesicht regungslos, keine Emotion verratend. Naja, es war wohl auch nicht witzig zu hören, dass das eigene Fürstentum übernommen werden sollte, ja, die eigene Ehefrau zu einer Heirat gezwungen werden sollte. Sesshoumaru dürfte das auch nicht sonderlich gefallen, handelte es sich doch um seine Mutter. Und der Hanyou wusste genau, was er mit jemandem anstellen würde, der seine Mutter zu einer Ehe zwingen wollte. Naja. Er sah zu dem Götterschmied samt Vaters Klinge. Jetzt war seine Mutter da drin, freiwillig. Nur, um mit Vater zusammen zu sein. Es gefiel ihm nicht. Er hätte sie lieber da gehabt, ihre Umarmung gespürt. Andererseits hatte dieser so genannte Schmiedevater doch auch gesagt, dass sie sich eines Tages doch verständigen konnten. Das wäre doch mal auch schön … Was war jetzt los?

 

Sesshoumaru ertappte sich bei einem stummen Anruf an irgendwen, dass Vater nicht mitbekommen würde, was … nun ja, was er vermutlich mitbekommen hatte. Da kamen bestimmt noch Rückfragen, wenn nicht Strafen. Ja, er war nach Vaters Tod der Erbe und der neue Fürst, ja, es hatte ihn weniger als nicht interessiert, da ihm die Macht, die Tessaiga versprach wertvoller erschienen war, als sich im Schloss hinzusetzen und langweilige Berichte zu hören. Ja, chichi-ue würde weder das gern hören, geschweige denn, dass er versucht hatte um Tessaigas Willen seinen Halbbruder umzubringen. Bislang hatte er diese Klippe irgendwie ja immer umschiffen können und erstaunlicherweise hatte sich auch Inu Yasha nie so richtig beschwert. Und, zusätzlich musste er zugeben, dass seit Narakus Tod immerhin auch schon einige, wenngleich wenige, Jahre verstrichen waren. Oh, Vater sah zu ihm. Hastig neigte er etwas den Kopf, um die Höflichkeit zu zeigen, die man einem Fürsten, ja, seinem Vater, schuldete. Das fehlte noch, dass er den weiter verärgerte. Schon als Welpe hatte er bei beiden Eltern gelernt, dass nur ein König der Narren seine Strafe weiter erhöhte, wenn sowieso schon eine drohte.

 

Der Herr der Hunde klang ruhig. „Wenn dich der Bote erreicht hätte, Sesshoumaru: was hättest du getan?“ Er sollte seinen Erben ja weiter ausbilden, und diese Anweisung aus dem Jenseits erschien ihm sinnvoller denn je. Da war offenbar einiges schief gegangen. Er selbst war mehr als ein Jahrhundert tot gewesen – und der Junge hatte sich offenkundig nie darum gekümmert, was mit dem Fürstentum passierte. Ansonsten hätte doch jeder im weiten Umkreis wissen müssen, dass Sesshoumaru der rechtmäßige Fürst sei und sich dieser törichte Wolf die Anreise sparen können. Oder glaubte der etwa, dass sein Ältester keinen Zugriff auf den Heerbann des Westens hatte?

Die Wahrheit zuzugeben – zu versuchen Mutter zu ignorieren – wäre fatal, zumal chichi-ue sie doch kannte. Es würde bei einem Versuch bleiben. „Ich wäre zum Schloss gegangen.“

„Und hättest du das Heer zusammengerufen?“

„Nein.“

„Begründung?“

„Ich würde mit einem überheblichen Wolf zu Rande kommen.“

Dieser jugendliche Übermut, dachten zwei Schmiede und ein Hundefürst in ungewohntem Gleichklang.

Der Taishou betrachtete für eine Sekunde seine Klauen auf seinen Oberschenkeln, ehe er sich mit einem etwas zu tiefen Atemzug wieder an seinen Ältesten wandte. „Du würdest davon ausgehen, dass fünfhundert Youkai dir zusehen, wie du ihren Anführer umbringst?“

So gesehen … Sesshoumaru riskierte einen raschen Blick an seinem Vater vorbei zu seinem Halbbruder, aber der Hanyou starrte noch immer Vaters neues Schwert an. Nun ja, da steckte die Seele seiner Mutter drin, aber der könnte doch auch was sagen, chichi-ue ablenken? Dessen ungeteilte Aufmerksamkeit war unangenehm, um kein härteres Wort zu verwenden, zumal langsam dessen Youki anstieg und immer deutlicher zu spüren war. Er musste sich zwingen seines zu unterdrücken. Unter Daiyoukai bedeutete das offene Zeigen der Energie, ja deren Messen untereinander, auch gleichzeitig eine Duellforderung. „Niemand mischt sich in ein Duell ein.“ Wenn man nicht gerade Inu Yasha hieß.

„Außer einem Heer, das seinen Anführer, der das gewiss nicht ohne Grund geworden ist, dabei helfen will den gegnerischen Fürsten zu besiegen und dessen Land zu übernehmen. - Weißt du überhaupt das Kennwort?“

DAS hatte kommen müssen, dachte der jüngere Daiyoukai zerknirscht, setzte aber prompt zum Entlastungsangriff an. „Ich kann mich nicht entsinnen, dass Ihr es mir mitgeteilt habt, chichi-ue.“

Noch immer verriet nur die gestiegene Energie, nicht jedoch die Stimme den wachsenden Ärger des Taishou. Immerhin hatte er mehr als ein Jahrtausend benötigt um Heerführer der Hunde und dann Fürst des Westens zu werden, im Endeffekt mit dem Ziel den Frieden zwischen den Youkai und diesen und den Menschen zu schaffen. Seine lebenslangen Bemühungen derart ignoriert zu sehen, reizte ihn. „Nach meinem Tod hätte es dir der Heermeister jederzeit gesagt. Weißt du seinen Namen?“

Immerhin eine Frage, die er positiv beantworten konnte. „Tora.“

Immerhin etwas, dachte der geplagte Vater, ehe er geradeaus sah. „Toutousai, lebt Tora noch?“

Der alte Schmied zuckte zusammen. „Öh, ja, oyakata-sama. Er ließ sich neulich, nun ja, vor einiger Zeit erst, sein Schwert bei mir überarbeiten.“

„Er lebt noch immer in dieser Höhle?“

„Ja, doch.“

„Werter Amatsumara, wäre es dir möglich, Toutousai in die Berge von Nagaoka zu schicken?“ Da der Schmiedegott nur nickte, Toutousai aber eilig abwinken wollte: „Du wirst Tora ausrichten, unter Hinweis auf meinen Befehl, dass er das Heer südlich des Schwebenden Schlosses aufstellen soll, nachdem er die Lage geprüft hat. Ich selbst werde mit meinen Söhnen ebenfalls dort sein. Er soll die Lage wirklich gut überprüfen. Das Passwort lautet Sagai. Wir werden es wohl demnächst ändern.“

„Oyakata-sama ….“ seufzte der alte Schmied und begegnete einem raubtierhaften Lächeln.

„Wenn du diesen Auftrag erledigt hast, ordnungsgemäß natürlich, kannst du dich gern nach Hause begeben.“

„Erpressung,“ murmelte der alte Youkai, seufzte aber nur erneut. „Nun ja, Meister.“

Amatsumara reichte zunächst Tsurugi-hime ihrem Eigentümer zurück, der sie behutsam in die Scheide auf seinem Rücken schob. Erst dann wandte er sich seinem Schüler zu. „Nagaoka, ja?“ Er schien nur mit beiden Händen zu schnippen, aber Toutousai war verschwunden. „Gut, werter Taishou. Noch etwas?“ Ja, das Heer des Westens zusammen zu rufen war sicher nicht nutzlos gegen fünfhundert Krieger, zumal deren Strategie und Anführer ja unbekannt waren.

Der Herr der Hunde neigte ein wenig den Kopf. „Für uns würde die Reise über die Insel von Maruishima und durch den Westen bis zum Schwebenden Schloss gewiss drei oder vier Tage dauern. Gibt es eine Möglichkeit, wie du das abkürzen könntest?“

„Es ist mir verboten, mich zu sehr in die Angelegenheiten Sterblicher einzumischen. Aber, ich denke, ja, in den Westen kann ich euch bringen. Der Rest ist allerdings eure Sache.“

„Natürlich, werter Amatsumara.“ Der Hundefürst war sehr zufrieden schon einmal diese Abkürzung erreicht zu haben und ignorierte die fragenden Blicke seiner Söhne von rechts und links, als sich der Gott der Schmiede wieder in seine riesige Form verwandelte.

„Nun gut,“ sagte dieser. „Werter Taishou, komme auf meine rechte Schulter, Sesshoumaru auf meine linke.“

Äh, und ich, wollte Inu Yasha schon fragen, als seine männliche Verwandtschaft wortlos gehorchte. Aber, naja, der Typ hatte eben nur zwei Schultern. Allerdings schloss sich nun eine riesige Hand um ihn. „He, was ...“

„Du beherrscht keine Dimensionsreisen.“ Das klang nur sachlich.

Das mochte ja stimmen, was auch immer das sein sollte, aber …

 

In der nächsten Sekunde begriff der Hanyou was gemeint war. Um ihn wurde es schwarz, eine seltsame, wirbelnde Schwärze, die seinen Verstand und vor allem seinen Magen mehr als belästigte. So hatte er sich das letzte Mal auf einem Boot gefühlt. Ach du je. Wann war das denn vorbei? Ihm wurde einfach nur noch schlecht, aber er wollte sich und seine Familie ja auch nicht blamieren? Wie lange dauerte das noch?

Er spürte, dass er losgelassen wurde und irgendwie auf einer Wiese lag. Frische Luft. Ja. Aber alles verschwamm noch immer vor seinen Augen und irgendwie drehte sich die Welt um ihn.

 

Der Hundefürst spürte erleichtert die Magie des Landes mit dem er verbunden war. Hatte er das vermisst. Sie waren nicht mehr allzu weit von dem Schwebenden Schloss entfernt, sicher also schneller da, als seine Gemahlin die Rückkehr ihres Sohnes erwartete. Ihr war bestimmt klar, dass die Boten, die sie ausgesandt hatte, ihn zuerst irgendwo in Japan finden mussten. Immerhin schienen diese gewisse Intelligenz zu besitzen – Toutousai war in aller Regel recht gut informiert. Womöglich war auch einer in dieses Dorf gegangen, in dem Inu Yasha lebte, aber da waren sie bereits abgereist gewesen. „Ich danke dir, für alles werter Amatsumara.“

„Ich darf mich nicht einmischen. Aber ich werde mit gewisser … Freude zusehen.“ Der Gott der Schmiede verschwand spurlos.

Der Taishou wandte sich um – gerade noch rechtzeitig um das dezente, doch verächtliche, Lächeln zu sehen, das um den Mund seines Ältesten spielte, als er den auf dem Rücken liegenden und sichtlich mit den Nachwirkungen der raschen Reise kämpfenden Halbbruder betrachtete. Zeit einzugreifen. „Ja, das erste Mal ist solch eine Reise durch die Dimensionen überraschend und ein wenig strapaziös. Ich entsinne mich an dein erstes Mal ...“

„Ich bitte um Verzeihung, chichi-ue,“ sagte Sesshoumaru eilig, da er sah, wie Inu Yashas Ohren zuckten. Trotz der Übelkeit bekam der Narr alles mit. Peinliche Welpengeschichten musste er wahrlich nicht vor dem ausgebreitet bekommen. Und, ja, ihm war auch schrecklich schlecht gewesen, selbst in seiner wahren Form. Ein kaum bemerkbares Lächeln des Hundefürsten ließ ihn wissen, dass er erpressbar geworden war. Erpresst vom eigenen Vater – gegenüber dessen Bastard? Nun ja, es gab leider den einen oder anderen Vorfall in seiner Kindheit, von dem er nicht unbedingt wollte, dass den Inu Yasha erfuhr. Er sollte besser ablenken. „Wir sollten in wenigen Stunden am inneren Bannkreis sein.“

„Ja. Und dort warten. Falls sich deine Mutter nicht sehr verändert hat, was ich kaum glaube, wird ihr nicht entgehen, dass zwei doch recht starke Daiyoukai im Norden vor ihrer Tür stehen. Da sie bereits Ärger aus dem Süden erwartet, wird sie nachsehen gehen ob Freund oder Feind.“ Diese Erklärung galt mehr seinem Jüngsten. „Ein zwei-Fronten-Krieg ist immer lästig, unerwartete Hilfe nie. Zumal sie damit rechnen muss, dass du es bist, weil dich doch einer der Boten erreicht hat.“

Sesshoumaru glaubte das weniger. Sie würde wissen, dass er erst ab dem dritten Boten zu reagieren pflegte. Nun gut, dass jemand sein Fürstentum übernehmen wollte, könnte schon eine gewisse Beschleunigung erzielt haben. Andererseits – Mutter war eben Mutter, eine Daiyoukai mit ziemlicher Magie. Es hätte ihn schon immer interessiert, wie Vater sie dazu bekommen hatte ihn zu heiraten. Fragen war natürlich unmöglich.

Der Taishou bemerkte, dass sein Jüngster immerhin einigermaßen klar dreinblickte. „Setzen wir uns ein wenig. Inu Yasha wird es bald besser gehen.“

Das hoffte der Hanyou inständig. Sein Magen hatte sich verknotet. Konnte man seekrank werden bei einer solchen Reise? Anscheinend. Nun gut. Ihm war es ja besser gegangen, als er wieder an Land war, das sollte jetzt ja auch klappen. Interessant war natürlich, dass es offenbar auch Herrn Perfekt bei der ersten Reise so ergangen war. Da gab es bestimmt einige nette Anekdoten. Aber vermutlich war es schon wieder unter der Würde eines Fürsten darüber zu reden.

Hoffentlich konnte er mal unter vier Augen mit Vater sprechen, wenn der ganze Ärger hier vorbei war und ehe er nach Musashino zurück kehrte. Er wollte doch wissen, wie das mit Mama wäre, ob er auch mit ihr Kontakt aufnehmen konnte oder erst im Jenseits oder ob sie auch mal erscheinen könnte? Er sie sehen könnte?

Uff. Die Welt hörte auf sich zu drehen. Das war schon schön. Er setzte sich langsam auf. „Wie sind wir da gereist?“ erkundigte er sich matt.

Neugierig war der Kleine ja. Der Taishou schmunzelte ein wenig, wenngleich nur innerlich. Der arme Kerl hatte ja viel nachzuholen. Myouga war offenbar alles andere als ein guter Ausbilder gewesen – und die liebe Izayoi hatte ihm ja unmöglich etwas über das Leben der Youkai beibringen können. Tsurugi-hime klopfte leicht aus seinen Rücken, Zeichen der Zustimmung. Ja, er würde selbst im Jenseits nie wieder allein durch die Einöden gehen. „Nenne es eine Abkürzung. Mit genügend Youki oder auch Genki gelangt man von einem Ort zum anderen ohne laufen zu müssen. Allerdings benötigt man eine wirkliche Menge Energie. Deswegen wollte ich das nicht selbst tun. Das kann einen Kampf ruinieren. Überdies wusste ich nicht, ob das für Youkai auf Maruishima überhaupt möglich ist. Für Götter offenbar schon.“

Aha, dachte Inu Yasha. Eine lange Erklärung – und doch irgendwie rätselhaft. War das schon wieder so eine Youkai-Sache, die jeder wusste? Langsam aber sicher beschlich ihn der Gedanke doch einmal mit dem guten Onkel Myouga ein sehr ernstes Wort reden zu müssen. Jedenfalls sollte er zeigen, dass er wieder fit war. „Was ist dieser innere Bann?“

Sollte er das Sesshoumaru erklären lassen? Nein, beschloss der Taishou. Das wäre kaum Vater. „Um das Fürstentum liegt der äußere Bann. Diesen kann so ziemlich jeder durchqueren, außer, er wird ausdrücklich aufgerufen. In diesem Fall ...nun, das Heer aus dem Süden samt dem Wolf befand sich wohl bereits hier. Der innere Bann umgibt das Schwebende Schloss und sichert dieses ab. Er ist gewiss inzwischen so verstärkt worden, dass man ihn nur ein Daiyoukai – oder übrigens ein Mensch – durchdringen kann. Ein Mensch wird ihn nicht einmal wahrnehmen, vermute ich. Er schützt das Schloss und damit den jeweiligen Fürsten. In unserem Fall die Fürstenmutter beziehungsweise die Fürstengemahlin.“ Hm. Sein Ältester schien fast erfreut. Stimmte es, was er bereits vermutet hatte, und dieser war keineswegs davon begeistert das Amt anzutreten? Und das, obwohl der doch immer nach Macht begehrt hatte? Was nur hatte sich der Junge denn dabei gedacht? Es gab keine Macht ohne Wissen – und kein Wissen ohne Leiden. Inzwischen allerdings schien dem das gedämmert zu haben. Lieber jahre - , ja, jahrhundertelang durch Japan zu spazieren als den Fürstensitz einzunehmen? Gut, dabei hatte sein Erstgeborener immerhin dieses überaus starke Schwert Bakusaiga aus sich erhalten. Vermutlich wären auch die Zwei nie so stark geworden hätten sie sich nicht des Öfteren aneinander gemessen. Nun, gleich im Moment. Wo war er stehen geblieben? „Ich käme folglich durch den Bann und Sesshoumaru auch. Aber es wäre sehr unhöflich, zumal meine Gemahlin bereits Ärger aus dem Süden hat.“

„Äh, ja, chichi-ue.“ Inu Yasha kratzte ein Öhrchen. „Ihr seid immer höflich auch zu Euren Ehefrauen.“ Das klang für Mutter doch recht gut, oder? Aber irgendwie störte es ihn, dass da noch eine zweite Ehe existierte. Natürlich wusste er, dass das einem Fürsten zustand, aber ….

„Die Zeit, aus der deine Ehefrau stammt, Kagome, ist man da nicht höflich zu seinen Ehefrauen?“

„Doch, klar.“ Und sein armer Rücken, wenn er es nicht wäre. Abgesehen von der Tatsache, dass sie sich nie irrte und er gut daran tat auf sie zu hören.

Der Hundefürst hätte um ein Haar gelächelt, da er begriff. „Aber deine Kagome wäre ….empört, wenn du diese Kikyou heiraten würdest?“ Oh. Er hatte noch nie seinen Jüngsten derart blass werden sehen. Und das lag nicht an der magischen Reise zuvor. „Ja, ich verstehe. Ich muss mit ihr einmal über ihre Zeit reden. Das klingt interessant.“

Oh nein, dachte Inu Yasha, der plötzlich seinen Halbbruder nur zu gut verstehen konnte. Kagome war durchaus in der Lage einige seiner Patzer vor Vater auszubreiten. „Das ist in fünfhundert Jahren, oder so, chichi-ue.“

Das war denn doch ein wenig zu viel und so tadelte der Taishou leicht. „Ein Zeitraum, in dem ich durchaus noch leben kann, und auf den ich mich vorbereiten sollte, wie ihr beide übrigens auch. Wenn du wieder bei Sinnen bist ...“

Das war der nie, dachte Sesshoumaru prompt, ohne auch nur eine Miene zu bewegen.

„Gehen wir.“ Der Hundefürst erhob sich, eilig gefolgt von seinen Söhnen. „Wir werden in einigen wenigen Stunden am Bannkreis ankommen.“

 

An einem Waldrand blieb der Taishou stehen und spürte doch angenehm die Magie. Nicht nur die des Fürstentums, sondern auch die des Bannkreises. Es war ein Nachhausekommen. Nicht zu der Ehefrau, wie er es bei Izayoi empfunden hatte, aber in der Magie. So blickte er zum Himmel auf. Sie würde bald kommen. Ihre Zauberkunst überstieg die seine, das war ihm immer klar gewesen, und er sah zufrieden, wie sein Erstgeborener diesem Beispiel folgte. Der Jüngere dagegen schien eher verwirrt. Nun ja, als Hanyou mochte er den massiven Zauber nicht einmal spüren – geschweige denn, dass er ahnte, was folgen würde. Er sollte ihn vorwarnen. „Inu Yasha. Es kann nicht lange dauern, das wird … meine Fürstengemahlin auftauchen. Sie wird in ihrer wahren Gestalt kommen, als Hund, und sie wird fliegen. Schweige und überlasse das Reden mir.“

Nur zu gerne, dachte der Hanyou. Noch jemand, wie sein ach so lieber Halbbruder? Immerhin jemand, der Vaters Respekt hatte? Da sollte er wohl wirklich besser still sein. Schließlich kannte er sein etwas vorlautes Mundwerk. Und Ärger mit gleich drei Daiyoukai… naja, das wäre wohl auch für ihn etwas zu viel. Dennoch blickte er unwillkürlich in die Lüfte – und entdeckte einen sehr eleganten, wenngleich riesigen, weißen Hund, der sich in einem anscheinend gewaltigen Sprung näherte.

 
 

Familienzusammenkunft


 

I

nu Yasha starrte zu der fast zierlich zu nennenden Hundegestalt auf, die landete und sich rasch in eine, wie er fand, junge und hübsche Frau verwandelte. Nun ja, sie sah jünger aus als Vater, eher so wie Sesshoumaru, aber das konnte natürlich nicht stimmen. Erst dann bemerkte er, dass er instinktiv zurückgewichen war. Wow, oder eher – das war die gleiche unbestimmte Macht, die er immer bei Vater gespürt hatte. Sesshoumaru war was anderes, ja, auch stark, aber – er war eher auf seiner Ebene. Oder vielleicht war das auch ein Irrtum, weil er sich eben nicht so auskannte mit Daiyoukai im Allgemeinen. Aber das war - naja, ein sehr hübscher Tod.

 

Die Hundedame sah zuerst zu ihrem Sohn, der sich noch immer höflich hinter seinem Vater hielt, ehe sie, ohne weitere Regung zu zeigen, den Kopf neigte. Sie war zu höfisch erzogen um einen Fürsten zuerst anzusprechen. Dass dieser eine Illusion war, die Sesshoumaru erschaffen hatte um den Feind zu verwirren war, konnte sie ausschließen. Da war der unverkennbare Geruch – und auch diese Ausstrahlung, die sie vor so vielen Jahrhunderten dazu bewegt hatte ihm zu vertrauen, für ihn ihre Familie, nein, nicht zu verraten, das hatten Vater und ihre Brüder allein geschafft, aber ihm eine Chance zu geben. Da war noch immer etwas um ihn, das nicht nur Vertrauen gab, sondern eher den Wunsch weckte ihm zu helfen, für ihn da zu sein, wenn es sein musste für ihn zu sterben. Letzteres hatte sie mit ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihres Einzigen durchaus riskiert. Und sie würde nie vergessen, dass er in das Geburtszimmer gekommen, nun, eher gestürmt war, gegen alle Regeln, den Sohn und Erben ignorierend, den ihm die Hebammen hinhielten, mit der Frage: „Wie geht es ihr?“ Die mehr oder weniger ungeliebte Frau vor dem Erben. Nein, das würde sie nie vergessen, wenngleich auch nie jemandem erzählen. Und natürlich war der Tod für ihn nur ein lästiges, weil zeitraubendes, Hindernis. Wie hatte sie an IHM zweifeln können.

 

Der Taishou deutete nur eine höfisch-willkommen-heißende Kopfneigung an, ehe er lächelte, wenngleich er sein Youki und die Magie des Landes kurz aufflammen ließ um sich zu legitimieren. Nein, sie war noch immer so, wie sie war. Zu nüchtern, um nicht den Vorteil zu sehen, den seine Wiederkunft für sie und vor allem ihren gemeinsamen Sohn bot, zu höfisch erzogen, um nicht die Form zu wahren. Und zu sehr die Herrin des Meidou um nicht verstehen zu können, wie jemand von den Toten auferstand. „Bereit zur Verteidigung. Ich bin überaus erfreut Euch in bester Form zu sehen, meine Teuerste.“

„Ich gebe zu mit diesem Besuch nicht so ganz gerechnet zu haben, mein Gebieter. Willkommen in Eurem Schloss.“

Kalt wie Eis – und genau so strikt, dachte der Taishou, um gleichzeitig stumm, entschuldigend, zu seinem Schwert zu meinen: „Verzeih, Prinzessin. Das ist eine andere Welt.“ Seltsam, wie glücklich man über ein zustimmendes Klopfen werden konnte. Izayoi. So warm, so verständnisvoll, wie sie stets gewesen war. Nun gut, er war der Fürst und Herr und sollte es zeigen. „Gehen wir doch ein wenig eben dorthin, und erzählt mir, wer dieser Narr ist, der glaubt Euch heiraten zu können. ICH glaube, er unterschätzt Euch.“

Der Taishou trat neben die Hundedame und sie wandte sich um, blieb jedoch an seiner Seite. Beide Söhne folgten stumm, in der gemeinsamen, sicheren, Erkenntnis, dass da etwas ablief, bei dem man sich nicht einmischen sollte. Wenn man nicht gerade Masochist war.

„Möglich,“ gab die bisherige Regentin zu. „Das tun viele. - Männer,“ ergänzte sie prompt.

„Soweit ich mich entsinne, sind sie alle tot. Mit der Ausnahme meiner Wenigkeit. Aber ich habe Euch auch nie unterschätzt, werte Koromi.“

 

Koromi – die Schöne, die tötet. Oder auch der schöne Tod. Inu Yasha warf unwillkürlich einen Blick beiseite. Nun ja. Bei einer Mutter mit DEM Namen war auch „der, der perfekt tötet“, also Sesshoumaru, wohl nur logisch.

 

„Das ist wahr. - Nun, der Mann, um den es geht, dürfte Euch bekannt sein. Kaito.“

Der Taishou stutzte. „Kaito? Mein Unterführer?“

„Nach Eurem Tod, oder sollte man besser sagen, Eurem Verschwinden, ging er in den Süden und schuf sich dort eine Machtbasis.“

„Ihr behieltet ihn im Auge.“ Darin lag keine Frage. „Der Herr des südlichen Fürstentums war wohl abgelenkt?“

„Über die Inseln von Ryuku strömte allerlei lästiges Volk. - Euer Schwert ist nicht mehr So´unga.“

„Nein, auch wenn es im Jenseits geschmiedet wurde. Ein Ersatz speziell für mich, Teuerste.“

Sie nahm keine Sekunde an, dass diese Klinge harmlos war, zumal als Ersatz für das Höllenschwert. Wie auch immer er daran gekommen war, wer auch immer ihm das geschmiedet hatte – seine Kontakte im Jenseits waren kaum besser als seine in dieser Welt. Und sie glaubte zu wissen, warum. „Ich kann sehr viel Zauberei darin spüren.“

In der Tat. Ihre Fähigkeiten übertrafen die seinen noch immer in der so schwierigen Kunst der Magie. „Youki, Genki, Magie des Jenseits und der Menschen, alles verbindend.“

„Menschen.“ Sie wandte den Kopf und musterte kurz den Hanyou, ehe sie erwiderte: „Inu Yasha ist erwachsen geworden.“

 

Wenn jemand überraschter als der Taishou war, dass sich seine Gemahlin einen Namen merkte, so Sesshoumaru. Oder auch Inu Yasha. Die erste Ehefrau seines Vaters wusste nicht nur von ihm, sondern kannte auch seinen Namen? Aber warum hatte sie sich nie gemeldet? Naja, wohl aus dem gleichen Grund, warum sein Halbbruder handgreiflich geworden war – die Familienschande.

 

„Beide,“ gab der Herr der Hunde allerdings zurück. „Das habe ich auf unserer gemeinsamen Reise in den letzten Wochen gesehen. - Kaito kommt also mit fünfhundert Kriegern? Ein wenig viel für eine hilflose Witwe.“ Sein Lächeln machte aus diesem Satz ein Kompliment.

Noch während sich Inu Yasha wunderte, gab die Dame das Lächeln zurück. „Ich sehe mich nur leider gezwungen mich auf die weiblichen Tätigkeiten zu beschränken. Den Heerbann aufzurufen ist mir versagt. Kaito selbst ….“ Etwas blitzte rasch in ihren Augen auf.

Ihr Ehemann verstand sie nur zu gut. „Würdet Ihr zum Frühstück verspeisen, das ist mir klar. Ich habe nie Euren Einsatz vergessen bei dem Spiel mit den drei Bechern. Euer Tod war ebenso wahrscheinlich wie der meine. Nun, natürlich nicht. Euer Bruder war bemerkenswert … naiv.“ Eine noch höfliche Umschreibung, dass der auf der Verlobungsfeier seiner Schwester versucht hatte den Bräutigam umzubringen – und den Mann, dem er wenige Stunden zuvor ewige Treue geschworen hatte. Und dann sich so, nun ja, fast schon plump, in eine Lage bringen zu lassen, in der er selbst den Giftbecher trank … Koromi war sehr geschickt gewesen als sie den ersten Becher nahm, den ihr ihr Bruder förmlich aus der Hand riss. Damit war natürlich klar gewesen, in welchem der drei Becher das Gift war.

„Ich gebe offen zu, dass ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich demonstrieren wollte, dass es in unserer Familie auch intelligente Personen gibt, wenngleich weiblich.“

„Koromi, Teuerste – Ihr wolltet die Herrin dieses Schlosses bleiben.“

„Und ich wollte den Herrn der Hunde.“

„Das klingt wie ein Kompliment.“

„Nun, es ist eines.“ Ernst werden meinte sie: „Der letzte Späher sagte, Kaito und seine Leute nähern sich direkt von Süden. Sie werden heute Abend die Berge der Kirschen erreicht haben.“

„Direkt von Süden. Dann will er durch das Flusstal des Tsurara. Narr, der er ist. Ihr habt noch einen Späher dran, natürlich.“

„Ihr habt das Heer gerufen.“

Der Hundefürst nickte etwas. „Ihr könnt es noch immer spüren. Ja, zur Sicherheit. Man sollte nie glauben, ein Mann sei ein Narr, nur weil er sich wie einer benimmt. Es mag auch ein Plan dahinter stecken. Nun, so oder so werden wir den Bericht abwarten.“ Denn er sah das schwebende Schloss vor sich. Seltsam, so, ja, doch nach Hause zu kommen. Nicht zu einer liebenden Ehefrau, aber doch zu einer Partnerin, zu seinem Regierungssitz, den er unter ziemlichen Mühen, Intrigen und Kämpfen, damals gewonnen hatte.

 

Inu Yasha unterdrückte gerade noch einen Ausruf, der vermutlich schon wieder als vorlaut gegolten hätte. Das Schwebende Schloss trug seinen Namen wirklich zu recht. Es befand sich sicher gut fünfzig Meter über dem Boden – ein Sprung für einen Youkai, für Menschen unerreichbar. Das war also der Fürstensitz. Und Sesshoumaru zog lieber in Gesellschaft dieses quäkenden Jaken durch die Lande als hier den Boss zu spielen? Hm. Da stimmte doch etwas nicht. Was hatte den hier weggetrieben? Wirklich nur die Suche nach Tessaiga? Der Wunsch stärker als Vater zu werden? Oder gar die anscheinend doch ziemlich nüchterne Mutter? Naja, was wusste er denn schon von dämonischen Müttern. Schon Vater war ja ganz anders als es Mama gewesen war. Und diese hatte ihn geliebt, liebte ihn offenkundig ja noch immer, sonst hätte sie sich doch nie auf diesen unsäglichen Zauber mit dem Schwert eingelassen. Nun ja, auch diese Hundeyoukai achtete Vater, das war deutlich, auch, dass die Beiden, naja, nicht miteinander flirteten, so wie das Kagome genannt hatte, aber doch offenkundig recht vertraut miteinander umgingen. Und plötzlich glaubte der Hanyou zu begreifen, seinen Vater mit anderen Augen zu sehen – mit denen der Frauen, die sein Leben teilten. Der war eben nicht nur der Fürst, nicht nur der planende Heerführer, der laut Sesshoumaru stärkste aller Lebenden – das war auch ein Mann, der die Zuneigung zweier Frauen errungen und behalten hatte.

Ja, Kagome hatte, wie so oft, recht gehabt. Es war wichtig gewesen dem fremden Vater eine Chance zu geben. Denn zumindest diese Hundedame kannte ja auch seinen Namen, war nicht überrascht gewesen ihn zu sehen. Vermutlich hatte sie von der zweiten Frau sogar gewusst. Wie hatte Vater sie genannt: Koromi? Aber im Zweifel wäre es schon wieder falsch sie mit Namen anzureden, ja, überhaupt anzureden. Auch Bruderherz hielt ja den Mund. Vermutlich kein Wunder, dass der nie was sagte, wenn der so erzogen worden war. Das Leben als Fürstensohn war anscheinend nicht unbedingt einfach. Eher einfach langweilig. Naja. Jetzt noch schnell einem Wolf die Ohren langziehen und dann ging es wieder ab nach Hause. Hier würde er bestimmt nicht bleiben. Und, wenn er Bruderherz richtig einschätzte, würde der unter irgendeinem Vorwand früher oder später auch in Musashino aufschlagen.

 

Sesshoumaru schritt neben seinem Halbbruder und hinter seinem Vater her, ebenfalls in Gedanken. Weniger allerdings wegen des Schlosses oder seiner Mutter, beides kannte er schließlich seit seiner Geburt. Eher wegen der Tatsache, dass sie sich nicht nur einen Namen gemerkt hatte – und er wusste nur zu gut, dass sie sich selten die Mühe machte, sah man von ihren engsten Hofdamen und dem Leiter ihrer Wachen ab – sondern auch noch den eines Bastards ihres Ehemannes, ja eines Mischlings mit den Menschen, für die sie nur Verachtung übrig hatte. Er hatte aus ihrem eigenen Mund gehört, dass sie früher, ehe Vater das verbot, Menschen durchaus gejagt hatte. Nahrungswesen, nicht gleichrangig, das hatte sie ihm auch immer wieder gesagt. Was also war da los? Und, er entsann sich durchaus ihrer Anweisung, er dürfe Inu Yasha erst umbringen, wenn der sich wehren konnte. Was hatte Mutter nur für ein Interesse an dem? Sie tat nie etwas, ohne dass sie ihr eigentliches Ziel erreichte – nur, was war das in Bezug auf das Halbblut?

 

Der Hundefürst bemerkte mit gewissem, wenngleich nur innerem, Amüsement, dass er vom Schloss aus erkannt wurde. Trotz der ungläubigen Blicke nahmen sich Wachen und Hofdamen eilig gleichermaßen gedrillt zusammen. Während sich die Frauen hastig niederknieten und verneigten, ließen sich die Krieger auf ein Knie nieder, die linke Faust an den Brust legend. Eindeutig, er wurde als Herr empfangen. Er machte einen schnelleren Schritt, um vor seine Gemahlin zu gelangen, die sich auch prompt zurücknahm. Das Recht zuerst auf die Treppe zu springen und diese empor zu steigen, besaß er. Und sie war viel zu gut erzogen um sich noch einmal auf den Sessel zu setzen, der oben auf der Terrasse stand, einen wunderbaren Blick über das Land bot. Allerdings fehlte nun der Schwertständer daneben. Sie war stets unbewaffnet – wenngleich alles andere als ungefährlich. Ob dem guten Kaito eigentlich klar war, dass der sich schon glücklich schätzen konnte, wenn er überhaupt die Ehezeremonie überlebte, von der Hochzeitsnacht ganz zu schweigen? Sie hatte es ja selbst zuvor zugegeben – sie hatte ihm damals geholfen, weil er der Herr der Hunde war, der stärkste Mann ihrer Art. Und eine Verbindung mit ihm sie deswegen schon reizen konnte. Kaito war ein Wolf, stark, aber offenkundig hatte sein Verstand damit nicht mitgehalten.

Er stieg die Treppen langsam empor, fühlte doch mit gewissem Stolz eine Stufe unter sich das Youki seiner Gemahlin, dahinter das seiner Söhne. Und Izayoi war auch dabei. Familie. Wie hatte er das in den einsamen Wanderungen im Jenseits vermisst.

Seine Entspannung verschwand im nächsten Sekundenbruchteil, als das Wort „Bastard“ an seine Ohren drang. Er blieb stehen und wandte sich der Seite zu, von der das unheilvolle Wort gekommen war. Der schuldige Krieger war leicht zu identifizieren, denn er wurde prompt blass und verneigte sich vorsorglich bis zum Boden. Der Taishou verschwendete kein Wort. Es war etwas wie eine wegwerfende Handbewegung, ehe der unselige Youkai förmlich von den Stufen geweht wurde und hörbar unten aufschlug. Dann sah er zu dem Leiter der Wachen, der sich ebenfalls eilig kleiner machte. Vorgesetzte mussten durchaus für ihre Untergebenen büßen. „Er ist kaum tot. Sobald er sich erholt hat, darf er ein Training mit Prinz Inu Yasha abhalten.“

„Ja, oyakata-sama,“ war alles, was der Vorsteher der Wachen zu sagen wagte.

 

Prinz Inu Yasha? Der so titulierte Hanyou ertappte sich fast dabei sich an den Ohren zu kratzen, aber das wäre bestimmt schon wieder etwas, was ein Fürstensohn nicht machte und er wollte Vater doch nicht vor den ganzen Youkai hier bloß stellen. Aber, naja, irgendwie stimmte es wohl. Mama war eine Prinzessin, Papa ein Fürst ….Sekunde mal. Alle sagten doch immer Sesshoumaru-sama zu seinem Halbbruder. War er denn dann auch ein Inu Yasha-sama? So, wie es die alte Hofdame einst im Schloss gesagt hatte? Er sollte, das erriet er bei dem bereits wieder belustigten Seitenblick besagten Bruders, seinen Gehorsam offiziell anzeigen und neigte in Erinnerung an die alten Kindertage den Kopf. Mann, war das lästig, immer so auf brav machen zu müssen. Hoffentlich machte der Wolf morgen mehr Spaß. Aber, im Zweifel wollte den chichi-ue selbst übernehmen. Was allerdings sowohl bedeutete, dass er sich wieder nicht abreagieren konnte, zum Zweiten: in dieser Klinge war Mama drin! Der sollte doch nichts passieren. Naja, schön, er sollte Vater zu Gute halten, dass er auch in diesem Duell gegen diesen windigen Onigumo-Verschnitt sein Schwert nur aus der Distanz genutzt hatte, Mama nicht in Gefahr gebracht hatte – und zu diesem Zeitpunkt hatte der noch nicht einmal gewusst dass sie da drin steckte. Geahnt, ja, das hatte er ja zugegeben. Aha, da der Herr der Hunde weiterging, konnte auch der Rest der Familie – wie schräg sich DAS anhörte – mit nach oben.

 

Der Taishou zog sein Schwert samt der Scheide von seinem Rücken, ehe er sich setzte: „Einen Schwertständer,“ befahl er niemand bestimmten, aber zwei Frauen sprangen eilig auf das Gewünschte zu holen. Seine Gemahlin trat neben ihn, wenngleich nur auf der Höhe der Lehne. Perfekt im Protokoll, dachte er. Und, bevor seine Söhne wieder irgendetwas anstellten, von dem er keine Ahnung hatte, was ihn aber mutmaßlich blamieren würde, meinte er: „Sesshoumaru, dein Zimmer sollte noch immer zu deiner Verfügung stehen. Das Zimmer daneben ist passend für deinen Bruder.“

Der jüngere Daiyoukai brauchte gar nicht zu seiner Mutter zu blicken, um zu wissen, dass er von dort keine Hilfe erhalten würde. Wieso eigentlich nicht? ER war doch ihr Einziger, der Erbe, das hatte sie stets wiederholt. Weil sie in dem Bastard keine echte Bedrohung für ihn erkennen konnte, dachte er dann. Sein linker Arm juckte unwillkürlich bei der Erinnerung, dass ihn niemand außer Inu Yasha je besiegen konnte, wenn man von Vater absah. Aber das meinte Mutter kaum. Natürlich. Kein Youkai, der auf sich hielt, würde einen Menschenmischling als Fürsten anerkennen, gleich, wie stark der sein würde. Und das war es, was für sie zählte, als letzte Überlebende der alten Fürstenfamilie. Oh, und Vater hob bereits eine Braue – die letzte Warnung. „Ja, chichi-ue. - Komm mit, Inu Yasha.“ Und der erste Diener, der nicht prompt gehorchte würde …. nun ja, gegen die Wand fliegen. Umbringen sahen beide Eltern nicht so gern. Sie waren sich leider meist einig, wenn es gegen einen armen Welpen ging. Jetzt durfte er auch noch den Haushofmeister spielen und seinem Halbbruder das Zimmer zeigen!

 

Inu Yasha blickte sich ein wenig neugierig um. Er war in seinem Leben schon in vielen Schlössern gewesen, gerade auch auf der Jagd nach dem Juwel der vier Seelen, mit seinen Freunden, aber Youkai-Schlösser waren eigentlich so gut wie nie darunter gewesen. Allerdings sah es hier auch nicht viel anders aus als bei Menschen, wenn man davon absah, dass das ganze Haus eben schwebte. Da Sesshoumaru vor einer Tür stehen blieb, aber sichtlich nicht einmal in einem Alptraum daran denken würde sie für ihn zu öffnen, schob er sie eben allein beiseite und musterte das leere Zimmer. „Das soll meins sein?“ Naja, er konnte da sicher schlafen, hoffentlich würde er auch was zu essen bekommen. Sein Magen knurrte.

Der ältere Bruder hörte es. Vielfraß! „Ja.“ Wohl zu beider Glück entdeckte der Erbe des Hauses den Haushofmeister, der sich wohlweislich in Abstand auf die Verfolgung begeben hatte. Die Herrin war nicht sonderlich geduldig, wenn es um die Höflichkeit oder Pflichterfüllung ging. „Hier, frage Masaki, wenn du was brauchst.“

„Hm? Oh, ja. Wo ist dein Zimmer?“

Falls das heißen sollte, dass er ihn dort heimsuchen wollte…. Schön, der sollte keinen Grund finden sich bei chichi-ue zu beschweren, also sollte er das anders formulieren. „Du solltest dich erholen. Wenn der Späher zurück ist, werden wir sicher gerufen.“

„Ja, klar. Du auch.“ Inu Yasha war nicht gewillt sich vor den Ohren dieses Masaki sagen zu lassen, dass er schwächer war.

Da Sesshoumaru wortlos in seinem Zimmer verschwand und die Tür nur mit ein wenig zu viel Nachdruck schloss, fand es der Haushofmeister besser so zu tun als habe er die brüderliche Kabbelei nicht mitbekommen. „Wünscht Ihr etwas, Inu Yasha-sama?“

„Hm. Gibt es hier etwas zu essen?“

„Äh, ja. Für die einfacheren Youkai ...“ Falsche Ansage, Masaki, erkannte er, denn plötzlich sah der Bastard des Herrn, nein, also der Prinz, seinem Halbbruder mehr als ähnlich. „Wünscht Ihr Fleisch? Roh oder gebraten?“

„Gebraten. Und Wasser.“

„Ich werde es Euch unverzüglich organisieren.“

Während Masaki verschwand, betrat Inu Yasha sein Zimmer. Naja, Einen Vorteil hatte dieses Leben als Fürstensohn schon – man konnte sich was beschaffen. Und außerdem, auch, wenn das irgendwie falsch klang, hatte Sesshoumaru wohl recht. Er sollte fit sein, wenn der Späher auftauchte oder gar dieser dämliche Kaito mit seiner Meute. Zu dritt würden sie damit schon fertig werden, immerhin waren sie keine Irgendwers. Und auch ihre Schwerter waren ganz in Ordnung. Hoffentlich würde sich Vater zurückhalten. So, wegen Mama.

 
 

Spionage


 

D

er Herr der Hunde bemerkte, dass sich seine Gemahlin neben ihm etwas anspannte, und blickte in die Richtung, in die sie sah. Oh. Das war Kiu. Kaum zu ausmachen, denn als Fliege war dieser Youkai nun wirklich winzig klein. Er entsann sich seiner als älteren, treuen, Gefolgsmann. Und als Späher war er goldrichtig. Koromi verstand es noch immer die besten Leute für Missionen auszuwählen. Er richtete ein wenig seine Schulterfelle, damit sie demonstrativ über die Seiten flossen.

Mochte Kiu auch über die neue Situation im Schloss überrascht sein, so ließ er es sich nicht anmerken, als er vor dem Inu no Taishou landete und sich eilig niederkniete.

„Ich bin erfreut dich zu sehen, Kiu. - Bericht.“

„Ich kann es kaum glauben ...“ entfuhr es der Fliege, ehe er sich auf seine Tugenden als Krieger besann – und die Höflichkeit, die man einem Fürsten schuldete. „Oyakata-sama, Kaito und sein Heer lagern für heute Nacht am Beginn der Schlucht des Tsurara. Das Menschendorf, das kurz davor lag, ist, äh, entvölkert, auch keine größeren Haustiere haben überlebt.“

Das also war es, was er als Schwankungen der Lebensenergien in seinem Territorium in der Ferne gespürt hatte. „Kaito beginnt mir wirklich lästig zu werden. - Hast du Tora und das Heer bemerkt?“ Das wäre unwahrscheinlich, immerhin benötigte selbst der erfahrene Heermeister etwas Zeit und viel Magie dem Befehl zu folgen. Morgen früh wären sie gewiss hier.

„Nein, oyakata-sama.“

„Bist du sehr erschöpft?“

„Danke, nein, oyakata-sama.“ Wie früher, dachte der Fliegenmann. Offenbar hatte die Nachricht, dass Kaito sich gegen ihn erhoben hatte, den Fürsten dazu gebracht, von wo auch immer, wieder herzukommen.

„Dann fliege bei Sonnenaufgang noch einmal das Tal des Tsurara ab. Normalerweise müsstest du dort Tora treffen und das Heer. Sie sollen diesen lästigen Wölfen gen Süden den Weg abschneiden und die Hochlagen über der Schlucht besetzen. Die Sicherung auf dieser Seite werde ich mit meinen Söhnen übernehmen. - Geh.“

 

Der kleine Spion verneigte sich eilig und verschwand im Inneren des Schlosses, ohne zu wagen nach den „Söhnen“ zu fragen. Ja, natürlich kannte er den hier im Haus geborenen Erben, aber von einem zweiten Sohn hatte es kaum Gerüchte gegeben, nur, dass der Herr sich einmal im falschen Bett, schlimmer, in einem menschlichen, amüsiert hätte. Nun, es wäre denkbar ungeschickt so etwas zu äußern, solange man den Kopf noch auf den Schultern tragen wollte. Immerhin würde er den Jungen – denn der musste jünger als Sesshoumaru-sama sein – morgen noch zu Gesicht bekommen. Und immerhin schien der alt genug um mitkämpfen zu können. Was freilich so ein Hanyou leisten konnte? Der war doch gewiss viel schwächer als der Sohn einer Prinzessin aus dem edelsten Blut der Hunde. Dazu schwieg man allerdings lieber, wollte man nicht buchstäblich als lästige Fliege zerquetscht werden. Wo steckte eigentlich Myouga? Der hatte doch früher den Taishou nicht aus den Augen gelassen und würde sicher wissen, wo der gewesen war? Sein alter Freund würde ihm doch bestimmt alles erzählen, wenn er ihn fragte. Nun ja, nicht alles. Vermutlich käme der mit solch einer dummen Antwort daher, wie, der Herr sei mal eben im Jenseits gewesen oder sonst etwas. Leider war Myouga immer in den wirklich interessanten Fragen überaus diskret.

 

Der Hundefürst blickte seitlich zu seiner Gemahlin auf. „Ich hoffe, mein Arbeitszimmer existiert noch.“

„Natürlich, oyakata-sama. Auch, wenn ich es nutzte.“ Eine rein sachliche Antwort vor aller Ohren.

Das war klar. Sie hatte sich seit seinem Tod anscheinend um alles gekümmert – was wiederum nicht dafür sprach, dass Sesshoumaru auch nur einen Funken Interesse an den westlichen Ländern gezeigt hatte. Nur an Tessaiga und Inu Yasha? Aber so ganz war ihm immer noch nicht klar warum. Macht, ja, aber die konnte man als erbberechtigter Thronfolger doch deutlich leichter bekommen als Tessaiga zu suchen, sich mit seinem Bruder zu duellieren und mit Tenseiga den Höllenpfad zu meistern. Und welche Rolle diese kleine Rin dabei wohl spielte? „Gehen wir, Teuerste.“ Er erhob sich, ohne zu vergessen Tsurugi-hime aus dem Schwertständer zu nehmen. Niemand sollte sie berühren, Izayois Seele berühren.

 

Inu Yasha schluckte hastig den zum Glück letzten Bissen herunter, als seine Tür beiseite geschoben wurde.

Draußen stand ein Youkai, eine der Wachen des Schlosses. Eingedenk des Schicksals seines Kollegen ließ er sich lieber auf die Knie nieder, als ihn der Blick des Halbblutprinzen traf. „Befehl oyakata-samas.“

Was sagte man denn darauf? „Was möchte chichi-ue?“

„Ihr mögt in sein Arbeitszimmer kommen.“

Das sah ja schon wieder nach Arbeit aus. War der Späher jetzt da? Na gut. Es wäre vielleicht ganz lustig mal bei so einer Kriegsbesprechung zuzuhören. So stand der Hanyou auf. „Bring mich hin.“ Moment. Wieso nur er? Aber da bemerkte er schon, dass sein nicht ganz so lieber Halbbruder ebenfalls in den Gang trat – unbewaffnet. Himmel, stimmte. Er zog sich eilig Tessaiga ab und legte es nieder. Stimmt, das hatte er ewig vergessen. Es galt als extrem unhöflich, zumindest unter Menschen, bewaffnet bei einem Fürsten zu erscheinen, Sohn hin oder her. Unter Youkai war das im Zweifel gleich eine Duellforderung. War das Leben in so einem Schloss schwierig und lästig. Immer musste man an alles denken! Und nicht einmal Kagome war da um ihm Rat zu geben. Auf den Sesshoumarus konnte er bestimmt verzichten. Allerdings befiel ihn ein mehr als seltsames Gefühl, als er sein Schwert, seinen Kampfpartner, samt Scheide zu Boden legte. Nun ja, es stand zu erwarten, dass sich keiner hier dran vergreifen würde, so unter Vater und Koromis Augen, aber … es war eben sein Lebensretter, sein Schutz. Und oft genug sein einziger Schutz gewesen. Er sollte so rasch wie möglich hierher zurück kommen.

 

Der große Bruder hatte mit gewisser innerer Erheiterung gesehen, dass da jemand wohl mit Schwert zu Vater gehen wollte – das würde zum Einen schon an den Wachen scheitern, zum Anderen chichi-ue doch einmal zu einer richtigen Maßregelung des Nesthäkchens treiben. Bedauerlicherweise hatte es Inu Yasha doch noch bemerkt. Nun gut. Izayoi war ja wohl eine Prinzessin gewesen, da sollte man doch etwas Benehmen erwarten dürfen, selbst, wenn ihr Sohn anscheinend alles vergessen hatte. Irgendwie war es unangenehm mit dem an der Seite durch die Flure seiner Kindheit zu schreiten. Wie immer verneigten sich die Wachen, knieten sich Hofdamen rasch in Seide rauschend nieder, gebeugte Knie und Nacken, wohin er sah, … aber leider galt die Höflichkeit eben nicht nur ihm, sondern auch seinem Halbbruder.

 

Inu Yasha blickte sich etwas neugierig um, als sie das Arbeitszimmer des Fürsten betraten. Vater saß im Kniesitz auf einem Podest, Sesshoumarus Mutter daneben, wenngleich irgendwie niedriger. Da sich Sesshoumaru nur verneigte und vor dem Podest auf einer Tatamimatte niederließ, folgte er diesem Beispiel. Einrichtung gab es keine und die Wachen eilten auf Vaters Nicken hinaus und schlossen fest die Tür. Tja. Instinktiv fasste er nach einem Öhrchen und begegnete prompt dem Blich des Taishou. War das schon wieder …?

„Du möchtest etwas fragen, Inu Yasha?“ Der Junge wirkte verunsichert, nun ja, wie lange hatte der kein Schloss mehr betreten?

„Äh, naja, ich meine, danke, chichi-ue. Irgendwie scheint sich niemand zu wundern, dass Ihr wieder lebt. Ich meine….“ Ja, wie sagte man so etwas?

Der Taishou hätte fast gelächelt, auch, wenn das ein Fürst natürlich nicht tat und seine Gemahlin darauf achten würde. „Sie wundern sich, mein Junge. Aber niemand wird etwas sagen. Erstens wissen sie nur zu gut, dass meine werte Koromi hier einen Stein aus dem Jenseits trägt … einen Meidou-Stein, mit dessen Hilfe sie Seelen aus dem Jenseits holen kann, zum Zweiten – da wäre auch Tenseiga.“ Er sah, dass Sesshoumaru ruckartig sich aus der starren, höfischen, Haltung löste. „Nun ja, du wusstest es nicht. Aber es gab und gibt Leute, die es wussten.“

Was natürlich bedeutete, dass er chichi-ue nie bis zum Ende angehört hatte. Sesshoumaru warf unwillkürlich einen Blick seitwärts, aber immerhin schien der Bas ...sein Halbbruder seinen Faux-pas nicht mitbekommen zu haben, sondern grübelte noch immer über etwas anderes nach. Immerhin etwas. Das Allerletzte, was er benötigte, war, sich vor Vater UND Mutter UND Halbbruder zu blamieren. Zumindest die ersteren beiden Sachen hatte er wohl schon erledigt, wenn er den hauchfeinen Zug um Mutters Mund richtig deutete. Ja, sie hatte es gewusst, und, ja, beide Eltern hatten darauf gehofft, dass er bei ihr vorbei sehen würde um Erkundigungen einzuziehen. Verdammt. War er so leicht zu durchschauen?

 

Inu Yasha hatte derweil einen Blick auf den dunklen Stein an der Kette der Fürstengemahlin geworfen. Das war so etwas wie Tenseiga? Dann musste die gute Frau ja wirklich etwas in der Magie drauf haben.

 

Der Taishou beschloss die Sache neutraler anzugehen. „Werte Koromi, vielleicht würdet Ihr gegenüber meinen Söhnen noch einmal Eure Informationen sagen?“

Oh, klar, dachte Inu Yasha. Frauen hatten in Kriegsbesprechungen eigentlich nichts verloren. Na, das sollte man mal Kagome oder Sango sagen…

Mutter. Sesshoumaru bemühte sich nicht zu zeigen, was er dabei dachte.

Die Dame neigte nur etwas den Kopf, ehe sie erwiderte: „Danke. - Kaito sandte mir vor einigen Wochen einen Brief mit der Bitte um meine Hand. Er vergaß nicht zu erwähnen, dass er über ein gewisses Heer verfügt und durchaus in der Lage sei meine Wachen hier im Schloss zu besiegen. So stellte sich mir die Frage woher er die genaue Anzahl wusste, auch wusste, dass mein Einziger sich kaum hier sehen lässt.“

 

Das war direkt nett formuliert, dachte besagter einziger Sohn. Immerhin hätte sie auch vor Vater erwähnen können, dass er in den letzten dreihundert Jahren genau zwei Mal hier aufgeschlagen war – was den kaum freuen würde.

 

„So lag die Vermutung nahe, dass es einen Spion hier geben musste. Es erforderte nicht allzu viel Mühe ihn ausfindig zu machen. Ich ließ ihn leben, denn, wie Ihr mir einst sagtet, mein Gebieter: ein Spion, den man kennt, ist ungefährlich. Eine meiner vertrautesten Hofdamen kümmert sich allerdings um ihn.“

„Mit besonderem Auftrag.“ In der Stimme des Taishou lag keinerlei Zweifel.

Seine Gemahlin zuckte ein wenig die pelzbesäumten Schultern. „Natürlich.“

„Äh...“ Inu Yasha bemerkte, dass er schon wieder voreilig gewesen war und schloss eilig den Mund, nicht willens, sich vor Halbruder plus Stiefmutter zu blamieren.

Der Hundefürst sah zu ihm. „Einwände?“

„Nein, natürlich nicht, aber … ich meine, dann hat der Spion doch weiter gegeben, dass Ihr wieder hier seid, am Leben seid und wir beide auch dabei sind?“

„Nun, wir wollen doch hoffen, dass die Hofdame ihren Auftrag kennt.“ Der Taishou blickte nicht einmal seitwärts.

„Diese Information sollte dieses Schloss nicht verlassen,“ bestätigte die Dame auch sofort, durchaus angetan, dass der Kleine mitdachte – aus verschiedenen Gründen. „Und wird es auch nicht.“

Was hatte denn die Gute für Hofdamen, dachte Inu Yasha unwillkürlich, der durchaus begriff wie die Hofdame den Spion von einer Abreise abhalten sollte, entsann sich dann allerdings nur zu gut der menschlichen Frauen, die er so im Umfeld hatte. Kagome war ja auch nicht gerade harmlos, von Sango ganz zu schweigen. Und auch Kikyou konnte mit Pfeil und Bogen umgehen. „Äh danke.“ Ja, wie sollte er eigentlich seine Stiefmutter anreden? Mutter ja wohl kaum. Und Sesshoumaru hatte sie bislang auch nicht angesprochen, so dass er nicht einmal wusste, wie der das machte.

Der Herr der Hunde hielt sich an die Sachlichkeit. „Kaito mag ein Narr sein Euch heiraten zu wollen, oder in einer Schlucht zu lagern, aber er war nicht umsonst einer meiner Unterführer. Spionage gehört zu einem Krieg. Es könnte sein, dass ein weiterer Spion hier ist, aber das wage ich zu bezweifeln. In aller Regel sollten Eure Männer treu sein. Ein Hund?“

„Ein Kitsune,“ erwiderte Koromi. „Sein Name ist Oyaka.“

„Füchse sind schlau und beherrschen die Fähigkeit der Täuschung. - Inu Yasha, du gehst nach dieser Besprechung in dein Zimmer und holst dein Schwert. Ein vorlauter Krieger wartet noch auf einen Übungskampf mit dir. Sesshoumaru, du begleitest deinen Bruder zu dem Kampfplatz.“

 

Der ältere der beiden Söhne presste etwas die Zähne zusammen. War er jetzt hier der Lehrer für dieses Halbblut, diesen…. Nun ja. Zugegeben. Inu Yasha kannte sich nicht aus, Vater oder Mutter würden sich in den Augen der Youkai etwas vergeben, würden sie den Hanyou führen. So blieb nur er. Ärgerlich. Aber logisch, um die Rolle Inu Yashas als Fürstensohn zu festigen. Daher neigte er etwas den Kopf um seinen Gehorsam anzuzeigen. Und Inu Yasha grinste schon wieder so! Aber der freute sich vermutlich einfach über einen Kampf.

 

Der Inu no Taishou sah es zufrieden. „Wir treffen uns zu dritt morgen früh bei Sonnenaufgang vor dem Schloss. Bis dahin sollte auch Kiu abfliegen können und das Heer über der Schlucht des Tsubara eingetroffen sein, um den Gegnern den Rückweg abzuschneiden. Kaito soll sich freuen mich wieder zu sehen. - Ihr dürft gehen.“

 

Die beiden Fürstensöhne machten sich auf den Rückweg, wobei Inu Yasha wieder mit gewissem Vergnügen, das er freilich nicht zeigte, die Höflichkeit bemerkte, die man ihm entgegen brachte. Nun ja, eher wohl seinem Halbbruder, denn vermutlich wussten die guten Youkai hier, wie der auf mangelnde Höflichkeit reagierte. Koromi machte auch den Eindruck zu wissen, was sie wollte – und Vater hatte ja auch pürompt den etwas unhöflichen Kommentar geahndet, oder eher, ihm selbst die Vhance gegeben, diesem vorlauten Hund ein wenig die Ohren lang zu ziehen. Auch nett. Der wusste sicher nicht, was er mit Tessaiga … Aua!

 

Sesshoumaru wandte etwas den Kopf als er ein Aufstöhnen hörte und bemerkte, dass sich der Hanyou zu einer Wand gedreht hatte, sich an einem Holzbalken abstützte. „Müde?“

„Blödsinn! Das zieht…..“ Inu Yasha richtete sich mühsam auf. „Verdammt, das kenne ich eigentlich nur, wenn irgendwer mit meinem Schwert herumspielt - Tessaiga! Es liegt doch allein in meinem Zimmer. Komm.“ Das schmerzte, aber, wenn es um sein Schwert ging, die Klinge, mit der er verbunden war, an der sein Leben hing, gab es kein Zögern.

Sesshoumaru hätte um ein Haar die Schultern gezuckt. Wer, bitte, sollte denn so verrückt sein hier im Schloss ein Schwert stehlen zu wollen? Schon allein Mutter würde hart durchgreifen und jetzt war doch chichi-ue auch noch da. Wenn ein Masochist Selbstmord begehen wollte, so gäbe es doch auch andere Methoden. Andererseits wusste nur zu gut, wie sehr sein Halbbruder mit diesem Schwert verbunden war, das ihn nicht nur vor dem Wahnsinn schützte, sondern auch ihn sogar verteidigte, wenn der Narr bewusstlos war. Das hatte er schließlich selbst einmal erlebt. So folgte er dem Hanyou, wenngleich gemessenen Schrittes. Er war letztendlich ein Daiyoukai, das Losrennen wie ein Welpe überließ er gern dem Jüngeren.

 

Inu Yasha ignorierte die Youkai in vornehmem Kleid, die vor der Tür zu dem Trakt der Prinzen neben den Wachen kniete ebenso wie diese, die ihm eilig öffneten. Wieder dieser jähe Schmerz. Das war doch… und die Tür zu seinem Zimmer stand offen. War etwa einer da drinnen und wollte Tessaiga stehlen? Er blieb in der Öffnung stehen. Roter Schwanz, rotes Haar, Krieger. Und der Mistkerl hatte anscheinend Tessaiga in der Hand gehalten, denn das lag jetzt am Boden und der rieb sich die Finger. Der Bann gegen Youkai wirkte also und hatte wohl als Benachrichtigung die Schmerzen ausgelöst. Nur, wie war der Kerl hier hereingekommen? Da standen doch Wachen? Und etwas weiter dahinten lag doch Sesshoumarus Zimmer. Da würde nicht einmal er so als kleiner Bruder reinrennen. Apropos...

„He, Oyaka, du Idiot! Das ist mein Schwert!“

Der Kitsune fuhr herum. Den Halbblutprinzen sehen und den angreifen war das Werk eines Sekundenbruchteils. Er hatte den Bastard umbringen wollen, ihm hier auflauern wollen, um seinem Herrn noch einen besonderen Dienst zu erweisen, ehe er die wichtige Botschaft brachte, dass der Inu no Taishou nicht nur am Leben war, sondern auch zurück im Schloss sei. Der Tod eines der Söhne würden den alten Fürsten sicher treffen – und den Hanyou mit seiner eigenen Klinge zu töten war ihm perfekt erschienen. Leider hatte sich das Schwert so gut verteidigt, dass er seinen Unsichtbarkeitszauber sinken lassen musste. Um so einfacher war es jetzt, den Bastard an der Kehle zu packen und dem langsam die Luft abzudrehen.

 

Sesshoumaru blieb für einen Moment vor dem Trakt stehen. Er kannte die Hofdame. „Ist Oyaka drin?“ erkundigte er sich. Natürlich war sie dem nicht gefolgt. Es gab hier nur eine Tür und der Zugang zu seinen Räumen war für jeden verboten außer auf besondere Aufforderung. Die Hundedame hatte vor der Alternative gestanden, in diese Räume zu gehen und sich von ihm, Sesshoumaru filetieren zu lassen, Mutter Nachricht zu geben, wohin Oyaka gegangen war – und damit sich einer Strafe auszusetzen, weil sie ihn nicht weiter beobachtet hatte und riskierte, dass die Nahricht das Scgloss verließ, oder hier zu warten, bis der wieder raus kam und dann zu reagieren. Einen der Wachposten zu schicken wäre ebenso unmöglich oder riskant gewesen, denn damit hätte sie die sichere Anweisung der Geheimgehaltung missachtet.

Sie verneigte sich wortlos.

Das hörte sich nach Kampf an. Nun ja. Inu Yasha war Niemand, der sich einfach so sein Schwert abnehmen ließ, das musste er zugeben. Er sollte dennoch nachsehen gehen. Wenn dem Nesthäkchen hier etwas zustieß,wäre Vater sicher erbost. Und es war unschwer zu erraten, dass die Frage käme, warum er Däumchen gedreht hatte, während sein Halbbruder gegen einen Verräter kämpfte. Das Leben als älterer Bruder schien unangenehmer zu sein, als er sich das je gedacht hätte. Nun gut. Er betrat den Flur.

 

Inu Yasha ärgerte sich nicht aufgepasst zu haben. Aber woher sollte er auch wissen, dass ihm dieser Mistkerl gleich dermaßen kompromisslos an die Kehle gehen würde, und auch noch derart schnell war? Jetzt fühlte er sich gegen einen Holzbalken gedrückt und gnadenlos gewürgt. Leider war er von den doch stechenden Schmerzen zuvor etwas langsamer gewesen als es gut für ihn gewesen war, also musste er jetzt mit brutaler Gewalt aus dieser Klemme kommen. Wie sah das denn aus, wenn Sesshoumaru hier aufkreuzte und ihm um Vaters willen vermutlich helfen musste? Und das, wo er doch diesen Trainingskampf eigentlich vor sich hatte? Es war schwer nachzudenken, wenn man keine Luft bekam, aber so leicht war er doch nicht um die Ecke zu bringen!

Ohne weiter auf seinen Hals, seinen Luftmangel zu achten, ballte er die Rechte und schlug mit der Faust zu, gegen das Gesicht des Kitsune zielend. Da der beide Hände an seinem Hals hatte, konnte dieser nicht abwehren. Durch Sauerstoffmangel hatte er nicht die gewöhnliche Kraft, aber der Schlag gegen das Kinn traf Oyaka hart genug, dass der zumindest einen Schritt zurück machen musste und so den Klammergriff ein wenig lockerte.

Das genügte dem in derartigen Kämpfen doch recht erfahrenen Hanyou, der beide Arme hochriss, um so den Würgegriff endgültig zu brechen.

„Sakontessou!“

Der schon in Kindertagen rettende Klauenangriff ließ Oyaka endgültig zurücktaumeln, tiefe Kratzer über Gesicht und Arme zeigend, wo ihn die Rüstung nicht geschützt hatte. Er starrte überrascht seinen Gegner an, den er für das schwächste Mitglied der Fürstenfamilie gehalten hatte. Wieso konnte der so kämpfen, der war doch nur ein Bastard.? Und wieso seufzte der und wandte sich ab um sein Schwert aufzunehmen? In diesem Moment spürte der Kitsune einen festen Griff um sein Genick. Es gab ein leises Geräusch, als breche ein trockener Ast.

„Was tändelst du herum?“ erkundigte sich Sesshoumaru und ließ den Toten fallen.

„Ehrlich gesagt – ich dachte, man soll Spione leben lassen,“ verteidigte sich Inu Yasha prompt, nicht willens zuzugeben, dass er überrascht worden war.

Ja, das hatte Mutter vorher erwähnt. Nun, gleich. Vater würde verstehen, dass er dem ...seinem Halbbruder helfen wollte. „Komm.“

„Äh, soll der hier liegen bleiben?“

Der kannte sich nicht aus in Youkai-Schloss, ermahnte sich der ältere Bruder. „Sage den Wachen, dass sie aufräumen. Komm.“

 
 

Übungskampf


 

I

nu Yasha hatte auf dem Weg durch das Schloss und dem Sprung hinunter zu dem, was wohl der Trainingsplatz war, etwas Zeit um seine schmerzende Kehle einigermaßen wieder in Ordnung zu bringen. Er wollte sich doch nicht vor diesem vorlauten Hundedämonen blamieren, den Vater zuvor so „wegwerfend“ behandelt hatte. Wie sähe das denn aus, wenn er sich von dem beschützen lassen musste? Er war zwar ein Hanyou, aber er war stark und etwas wert, das hatte indirekt ja sogar der arrogante Hund, neben ihm zugegeben. Nicht wörtlich, aber immerhin hatte er ihm Rin anvertraut, das war doch ein Zeichen. Hm. Wieso hatte der jetzt immer noch nicht Bakusaiga dabei? Weil er es nicht für nötig hielt? Immerhin sollte ja er, Inu Yasha, kämpfen und der Herr Halbbruder würde wohl nur zusehen. Aber auch Vater hatte ja Tsurugi-hime nur hinter sich gelegt. Mutter. Nun ja. Mutter und eine Menge Magie steckten da drin, aber anscheinend wollte Vater Mutter immer bei sich halten, sie beschützen. Hoffentlich würde der das auch morgen früh machen, wenn es darum gehen würde diesem Wolf bessere Manieren beizubringen. „He, Sesshoumaru.“ Da der nur den Kopf wandte, aber nicht im Schritt inne hielt. „Ich soll den Typen doch nicht umbringen, oder?“

„Nein.“

Der Anführer der Wachen, der herangeeilt kam, einen sich bemüht deutlich zerknirscht zeigenden Hundedämon im Schlepp, verneigte sich. Er verstand, dass diese Frage ernst gemeint war – und Sesshoumaru-sama durchaus davon ausging, dass dessen Halbbruder das gelingen würde. Es stand zu erwarten, dass das mächtige Blut des Fürsten und dessen Youki auch noch in einem Bastard deutlich zu erkennen war. Überdies hatte doch wohl jeder im Schloss von Tessaiga und Tenseiga gehört, den Meisterstücken des alten Toutousai. Zu allem Überfluss war die Anrede dermaßen gewesen, dass kaum ein Zweifel daran bestand, dass sich die Brüder verstanden. Jedem anderen hätte der Erbprinz dafür buchstäblich den Kopf abgerissen. Er hatte seinen Untergebenen zuvor noch einmal getadelt, aber der sollte nur jetzt üben. Kyo war ein Narr, manchmal, aber er war ein fähiger, starker Kämpfer. Allerdings hätte der doch aus seinem Straftraining, das er vor langen Jahren gegen Sesshoumaru-sama durchführen musste, lernen sollen. Der junge Herr war damals noch ein Welpe gewesen – und hatte in einer Klaue mehr Kraft besessen als Kyo insgesamt. Der Krieger hätte doch sich denken können, wie der Herr auf ein Schimpfwort gegenüber seinem zweiten Sohn reagierte. Und das war wahrlich nachsichtig gewesen.

 

Oh, das war ja Kyo. Sesshoumaru entsann sich nun, dass der ihm auch schon einmal gegenüber gestanden hatte. Unhöflichkeit gegenüber Vaters Söhnen hatte der wohl gepachtet. Er selbst war fast noch ein Welpe gewesen, aber mit dem war er leicht fertig geworden. Vermutlich hatte der Narr einige Wochen oder Monate mit Regeneration verbracht, aber der hätte ihn vielleicht nicht als „Baby“ titulieren sollen. Mutter hatte es gehört - und, selten genug für sie, sich bei Vaters nächster Heimkunft noch daran erinnert. Sie hatte nur berichtet, schließlich hatte sie den Kriegern nichts zu sagen solange der Fürst am Leben war. Eindeutig schien Kyo aus der damaligen Aktion nichts gelernt zu haben.

So blieb der junge Daiyoukai gelassen am Rand des Übungsplatzes stehen. Inu Yasha würde gegen diesen Narren gewinnen. Schließlich war dessen Glück in Zweikämpfen ihm nur zu gut bekannt. Er höchstpersönlich hatte nur gegen zwei Wesen in seinem gesamten Leben verloren: seinen eigenen Vater und eben diesen … seinen Halbbruder. Es war jedenfalls immer in der Familie geblieben. Dennoch juckte ihn heute noch eine ehemalige Narbe bei dem Gedenken daran, dass dieser Glückspilz ihn für Jahre seinen linken Arm gekostet hatte, nachdem der ihn zuvor in einem Duell nicht einmal berühren konnte. Schön, vorher hatte er selbst weder Izayoi beleidigt noch zusätzlich versucht Inu Yashas Liebschaft zu töten. War es das gewesen, warum Mutter verlangt hatte, er dürfte seinen Halbbruder erst umbringen, wenn der sich wehren könnte? Langsam bekam er sowieso den Eindruck als ob seinen Eltern viel mehr bewusst gewesen war als ihm – und er ihnen nur einfach bis zum Ende hätte zuhören müssen um nahezu die Hälfte seiner Lebensprobleme nicht zu haben.

Ein nicht zu geringes davon, in Rot und Weiß, drehte sich erneut zu ihm.

„Also kein Tessaiga.“

Da der geplagte große Halbbruder das Youki BEIDER Eltern auf einer oberen Schlossterrasse spüren konnte und sicher nicht gewillt war sich vor denen mal wieder zu beschämen, erwiderte er schlicht: „Schaffst du es denn es einzusetzen und niemanden zu töten?“

Der Hanyou verzog etwas das Gesicht, sich nur zu bewusst, was das heißen sollte. „Na schön. - Hier.“ Er zog die Klinge samt der Scheide ab und reichte sie dem Älteren, aus gleich zwei Gründen. Brachte er Vaters Krieger um, würde der das kaum gerne sehen, wenn es doch nur um eine Prügelei ging. Was der dann mit ihm anstellen würde – nein, danke. Zweitens – Tessaigas Bann schlug zwar auch bei Sesshoumaru zu, jedoch nicht, solange der die Klinge an der Scheide fasste. Beide, die seines Schwertes und die Tenseigas waren schließlich buchstäblich aus dem gleichen Holz geschnitzt. Zwillingsschwerter, eben. Seltsam, dass Kagome und Vater das gleiche Wort verwendet hatten. Nun ja, der alte Schwertbieger auch. „Hier.“ Er drehte sich um, nur um zu erkennen, dass sein Gegner bereits den Sand betreten hatte. Konnte da jemand seine Prügel nicht abwarten? Er ahnte nicht, dass seine Geste eine ganze Kaskade an Gedanken auslöste.

 

Sie vertrauen sich, dachte der Inu no Taishou zufrieden.

Er gibt sein Schwert weg – ungewöhnlich, dachte Gin, der Anführer der Schlosswachen: Aber er gibt es Sesshoumaru-sama.

Mein Einziger kann Tessaiga berühren, dachte Koromi. Er muss in der Magie deutlich weiter gekommen sein in den vergangenen Jahren.

Der Idiot gibt Tessaiga weg, dachte Kyo. Die einzige Chance, die er gegen mich hat. Wofür hält der sich? Seinen Halbbruder? Der menschliche Anteil war ja kaum zu übersehen.

 

„Äh, Inu Yasha-sama,“ erklärte Gin ein wenig nervös, da er ebenfalls die Energie spüren konnte, die verriet, dass zumindest das Fürstenpaar zusah: „Das ist Kyo, ein erfahrener Krieger hier im Schloss.“

„Keh,“ machte der jüngere Fürstensohn leise. Die Anrede war ja mal höflich. Aber jetzt konnte er auch erkennen, warum dieser Kyo so mit dem Mund vorne weg war. Das war ein kräftiges Kerlchen. Soweit man das bei der Rüstung, die den Oberkörper bedeckte, erkennen konnte. Immerhin saß der Kopf auf einem sehr massiven Nacken, die Nase war durch irgendetwas schon mal platt gedrückt worden und die Ohren hingen schlapp seitlich an einem auch recht flachen Kopf herunter. Und, er trug kein Schwert. Vater wusste doch … natürlich, er hatte es ihm ja erzählt, wie er ohne Tessaiga als Kleinkind durch die Wildnis geirrt war und sich verteidigen musste. Hm. Vater wusste, dass er auch ohne Schwert kämpfen konnte, so wie sie alle Drei ja in dem Dorf der Tanuki. Dann sollte er sich mal nicht blamieren, auch, wenn er natürlich keine Giftklaue hatte wie sein ach so netter Halbbruder. Immerhin hielt der, das verriet ihm ein rascher Seitenblick, Tessaiga nachlässig in der Hand und schien auch so vollkommen entspannt. Anscheinend wusste der auch, was er so drauf hatte. Nun ja. Dann sollte er das auch mal wieder zeigen.

 

So der Hundekrieger war stark und sehr von sich eingenommen. Dann musste er wohl schnell mit dem zu Rande kommen um die Einschätzung seiner männlichen Verwandtschaft nicht zu enttäuschen. Mal kurz nachdenken und mit Reden ablenken. „Kyo, also. Mussten die Ohren meines verehrten Vaters wirklich das Wort „Bastard“ entgegen nehmen? Peinlich was zu sagen, wenn man keine Ahnung hat. Meine Eltern waren verheiratet, weißt du. Nein, nicht? Was hältst du nur von der Ehrbarkeit des Herrn der westlichen Länder?“ Oh man, der war in der Tat kampferfahren, denn der ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Oder, machte der gerade einen Plan. Egal. Wichtig war, den mit einem richtigen Schlag zu Boden zu kriegen, das musste doch reichen. So direkt vor Brüderchen sich zu blamieren, war nicht drin. Und, da war doch Vater auch, weiter oben? Er schaffte es gerade noch nicht dorthin zu blicken, denn in diesem Moment stürzte sich Kyo förmlich auf ihn, eine Hand zum Schlag als Faust erhoben, die andere ausgestreckt um ihn zu packen. Nicht wirklich, oder? Dachte der etwa, er würde hier wie angewurzelt stehen bleiben? Das war noch nie seine Sache gewesen.

So machte er den weiten Satz seinem Gegner entgegen. Es gab einen derart vernehmlichen Zusammenprall, dass selbst Sesshoumaru etwas irritiert hinblickte.

 

Natürlich, erkannte dieser dann. Inu Yasha war nicht etwa nur entgegen gesprungen um die Distanz zu verkürzen und selbst seine Taktik zu entwickeln – er hatte gleich zugeschlagen. Kyo taumelte unwillkürlich etwas zurück, aber in der Praxis reichte das nicht aus um einen der stärksten Krieger des Schlosses zu Fall zu bringen. Wieso stand er eigentlich selbst hier herum, wenn seine Eltern von oben zuguckten? Dann begriff er. Allein seine Anwesenheit, selbst unbewaffnet, würde Kyo davon abhalten irgendwelche Hinterlisten zu verwenden um doch noch gegen einen Fürstensohn zu gewinnen. Vater hatte sich durchaus an diesen, nun gut, für ihn selbst, lächerlichen Kampf von damals erinnert und wollte wohl nun verhindern, dass Kyo den jüngeren Bruder stellvertretend für den Älteren in die Mangel nahm. Chichi-ue dachte an alles. Wieso hielt sich Kyo nun eine Hand vor das Gesicht? SO stark war der Hanyou doch nun auch nicht, dass der einem vollblütigen Youkai gleich was brechen konnte.

 

Das fragte sich auch der Jüngere der Fürstensöhne. Eigentlich hatte er dem Idioten doch einen Kinnhaken verpassen wollen und dann auch noch daneben getroffen. Nun ja, erkannte Inu Yasha dann, wie man es nahm. Er hatte Wange und Auge getroffen. Das sowieso schon schmale Sehorgan schwoll ziemlich rasch zu.

 

Der Inu no Taishou spürte mehr als er es sah, dass seine Gemahlin etwas erheitert war. Seltsamerweise hatte sie nichts dazu gesagt, dass er Tsurugi-hime wieder trug, obwohl es selbst für einen Fürsten ungewöhnlich war in seinem eigenen Schloss bewaffnet herumzulaufen. Aber sie kannte wohl einige seiner Marotten.

Sie meinte auch jetzt nur: „Der Welpe droht nicht – er schlägt gleich zu. Wie der Vater so der Sohn, mein Gebieter.“

„Ich nehme das als Kompliment, Teuerste.“

„Es ist eines.“ Und früher, ja, da war er ebenso rasch dabei gewesen zu töten wie nun Sesshoumaru, zuzuschlagen, wie Inu Yasha. Nein, beide Söhne konnte er nicht verleugnen. Sie warf einen Blick zu dem Griff seines Schwertes, der über seine Schulter ragte, ehe sie wieder hinunter sah.

 

Kyo wurde wütend. Er hatte diesen Bastard nicht einmal berührt und der hatte ihm fast das Auge ausgeschlagen! Na schön, dann würde er dem Jungen mal zeigen, was ein wahrer Youkai und Krieger vermochte. Das würde der noch bereuen. So ließ er die Hand sinken. Da stand der Narr und guckte ihn an, griff nicht weiter an. War der so ahnungslos zu glauben, er sei schon der Sieger? Niemals! Schön, das linke Auge schwoll zu und das Bild war verschwommen und unscharf, aber auch nur mit einem Auge konnte er doch gut genug zielen, dieses rot gekleidete Etwas besiegen. Der hatte sicher Schwertkampf gelernt, schließlich trug er Tessaiga – aber das hatte momentan ja Sesshoumaru und damit war dieser Halbmensch doch praktisch wehrlos. An Kraft und Technik musste der sich jedem Krieger dieses Schlosses beugen. Und mit einer kleinen Überraschung würde der auch nicht rechnen….

 

Inu Yasha hatte oft genug in seinem Leben es mit überheblichen Youkai zu tun gehabt, die meiste Zeit davon ohne Schwert. Und er ahnte, dass dieser dämliche Krieger irgendeinen Plan ausbrütete. Sollte er doch zuerst angreifen? Aber irgendwie widerstrebte ihm das. Es sollte ein Übungskampf sein, und Kyo war bereits verletzt. Allerdings schien der auch nicht aufgeben zu wollen. Nichts, was der Hanyou nicht verstanden hätte. Aufgeben kam für ihn auch nie in Betracht und ...hoppla, war der schnell.

Kyo hatte sich ohne jede Andeutung in einen weiten Sprung begeben. Noch während er auf dem linken Bein landete, streckte sich sein rechtes, um dem doch bestimmt unerfahrenen Gegner in die Seite zu prallen, den zu Boden zu bringen.

Inu Yasha reagierte instinktiv und riss seinen linken Arm hoch um den Schlag mit dem Bein abzufangen. Der Aufprall war heftig und er spürte einen scharfen Schmerz durch Arm und Schulter jagen. Jetzt nur rasch, ehe er es doch noch unter Vaters und Brüderchens Augen schaffte zu verlieren. Wie hatte das chichi-ue im Tanuki-Dorf gemacht?

Ohne jede Verzögerung packte er mit der linken Hand den Knöchel des Hundekriegers, fasste auch noch mit der Rechten zu. Dann schob er einfach an.

Kyo sah sich gezwungen auf dem rechten Bein zurück zu hüpfen. Das sah bestimmt lächerlich aus, aber es gelang ihm so nicht seinen Fuß aus der festen Umklammerung zu befreien. Im Gegenteil. Seine Hände konnten diesen verdammten Hanyou nicht erreichen, er wurde jetzt immer schneller zurück gedrückt und konnte sich kaum mehr halten.

Es klappte, dachte Inu Yasha erleichtert, der keinen Plan mit dieser Attacke verbunden hatte, aber jetzt zufrieden das Ergebnis sah. Das sollte doch wohl reichen. Er stieß das Bein seines Widersachers, und damit diesen, noch mit gehörigem Schwung nach hinten, ehe er losließ.

Prompt taumelte der Youkai zurück, stürzte rücklings zu Boden.

Inu Yasha blieb stehen. Das reichte doch wohl, so für einen Trainingskampf? Er warf einen unwillkürlichen Blick zu seinem Halbbruder, erkannte, wie sich dessen Augen etwas zusammenzogen – und wandte sich lieber eilig wieder seinem Gegner zu.

Kyo war mehr oder weniger mit dem Aufprall auf den Boden auch bereits wieder hoch gefedert, zorniger und weniger nachdenkend als je zuvor. Blindwütig stürzte er sich soeben auf das Halbblut, das ihn gerade unter den Augen seines Kommandeurs und seines Fürsten lächerlich gemacht hatte.

Ach du je. Inu Yasha sprang beiseite und tat, was er in einem waffenlosen Kampf schon als kleiner Junge getan hatte: er versteifte seine rechte Klaue und fuhr nur scheinbar damit durch die Luft: „Sakontessou!“

 

Oh, ein De ja-vu, dachte Sesshoumaru, der sich ungern daran erinnerte, wie sein Halbbruder ihn dass erste Mal mit diesem Angriff auch nur berühren konnte. Seine Rüstung war zerborsten und das, obwohl ihn der Kleine zuvor nie auch nur hatte berühren können. Nun ja. Inu Yasha war in den letzten Jahren stärker geworden, kampferfahrener, wie er selbst allerdings auch. Sie hatten sich gegenseitig in ihren Duellen doch immer mehr als herausgefordert und sich weiter getrieben. Auch Kyos Brustpanzer hatte der Attacke nicht standgehalten und flog jetzt in kleinen Stücken durch die Luft, während der Youkai keuchend zurücktaumelte. Nun, er selbst hatte bestimmt nach diesem Angriff damals auch überrascht ausgesehen – aber gewiss nicht dermaßen schafsähnlich, soweit man das von jemandem behaupten konnte, der nur noch mit einem Auge sehen konnte. Und, der töricht genug war, schon wieder blindwütig anzugreifen. Hoffentlich beendete der Hanyou dieses Spiel jetzt. Es wurde langsam dunkel und morgen früh war mit Kaito und dessen Kriegern zu rechnen.

 

Inu Yasha wurde von dem erneuten, rasenden, Angriff fast überrascht. Er hatte eigentlich gedacht, dass Kyo langsam die Schnauze voll hatte. Oder durfte der etwa nicht aufhören, ehe der Fürstensohn ein Zeichen gab, dass die Trainingsstunde vorbei sei? Fragen konnte er ja auch schlecht, sich womöglich blamieren. Und der Narr stand schon direkt vor ihm, wollte mit beiden Händen nach seiner Kehle greifen …. Ohne weiter nachzudenken ließ der Hanyou seine bereits zur Abwehr erhobene Rechte sich zur Faust ballen und genau in der Mitte des Kopfes des Hundekriegers landen. Es gab ein dumpfes Geräusch und er bemerkte, dass Kyo ihn mit dem unversehrten Auge anstarrte, der Blick immer leerer wurde, ehe der schlicht wie ein gefällter Baum in sich zusammenbrach. „Äh …“ Hatte er den Idioten jetzt etwa aus Versehen umgebracht? Das würde Vater kaum freuen.

 

Gin eilte auch schon herbei und beugte sich über den Leblosen. „Ich darf doch, Inu Yasha- sama? - Oh, er ist bewusstlos und benötigt einen Heiler …. Ich glaube ….“ Er sah empor zu der Schlossterrasse zu seinem Fürsten und bemerkte dessen Wink. „Ja, oyakata-sama befahl bereits einen her. Ich bin sicher, Kyo wird sich bei Euch noch für die Lektion bedanken, Inu Yasha-sama.“

Was sollte er dazu sagen? „In Ordnung,“ erwiderte der Hanyou nur und wandte sich ab, um Tessaiga bei seinem Halbbruder abzuholen.

Sesshoumaru reichte ihm Schwert samt Scheide wortlos. Was hätte er auch sagen sollen? Das sich da zwei Narren ohne jede Strategie getroffen hatten? Es war wohl ganz gut, wenn Vater morgen Anweisungen geben würde. Gegen ein Heer und einen Daiyoukai würde das sonst schlechter aussehen. Zumindest, wenn chichi-ue recht behalten sollte und das Heer seinen Anführer verteidigen würde.

 

Als die Halbbrüder auf einem kleinen Umweg wieder hinauf in das eigentliche Schloss gelangten, meinte Inu Yasha, wenngleich nur halblaut, da hier doch so einige Wachen und wie rein zufällig Hofdamen, durch die Gegend schwirrten: „Hoffentlich sind hier nicht alle so schwer von Begriff. Ich habe keine Lust, allen ein bisschen Vernunft in den Schädel zu schlagen.“

Sagte der, der … Nun ja, der Richtige. Sesshoumaru beschloss, dass das keine Frage gewesen war, schon gleich keine, die er beantworten musste. Er hätte auch keine Antwort gefunden.

 
 

Kaito


 

A

ls er sich allein mit Tessaiga in seinem, zumindest vorübergehenden, Zimmer wieder fand, setzte sich Inu Yasha und hielt seine Schwert in den Armen. Wie gern hätte er das gerade mit Kagome getan – aber die war weit. Immerhin hatte er seinen Kampfpartner wieder.

Leider hatte er diesen dämlichen Oyaka nicht selbst erledigen können. Aber es war auch in den letzten Tagen und Wochen neu gewesen, dass sich sein sonst so arroganter Halbbruder sich um ihn kümmerte. Nun ja, er hatte schon immer gewusst, dass der ihren Vater nicht liebte, das war wohl für Youkai unmöglich, aber doch auf das Höchste respektierte. Das war auf dieser Reise ja auch für den Dümmsten klar geworden.

Und, das musste er zugeben, Vater war in Ordnung, wenn man dem den Respekt entgegen brachte, auf den der als Feldherr und Fürst Anspruch zu haben glaubte. Naja, wohl auch hatte. Das hatte der bestimmt nicht geschenkt bekommen. Nach dem ersten, etwas falschen, Start, hatte er sich ja selbst Mühe gegeben, und er hatte schon das Gefühl, dass Vater, naja, der verehrte Vater, chichi-ue, das zu schätzen wusste.

Dennoch – das war ein Youkai, ein Daiyoukai, und er vermisste menschliche Anteilnahme in den letzten Tagen schon irgendwie. Mama war da, aber in einem Schwert, Kagome war weit … was hätte er darum gegeben, wenn eine der Beiden ihn umarmt hätte. So konnte er nur Tessaiga in den Armen halten. Immerhin etwas, da hing sein Leben dran, aber er wäre gern umsorgt worden, hätte Liebe gespürt. So lange hatte er ohne auskommen müssen. Aber dass Vater oder gar Sesshoumaru ihn umarmten ...naja. Das würde chichi-ue vielleicht tun, wenn er selbst im Sterben liegen würde, aber der tolle Herr Halbbruder nie.

Na schön. Er hatte ja immer wissen wollen, wie sein Leben gelaufen wäre, hätte Vater überlebt. Jetzt sah er es. Also sollte er auch nicht maulen, sondern sich morgen auch und gerade als Hanyou als nützlich erweisen, diesen dämlichen Wölfen eins auf die Pfoten zu geben.

Vielleicht könnte man die Überlebenden zum Nordrudel schicken, damit Kouga und Ayame ein wachsames Auge auf die hielten…?

 
 

Als er hörte, dass behutsam die Tür des Nebenzimmers beiseite geschoben wurde, stand er allerdings auf und schob sich seine Waffe in den Gürtel, ehe er seinerseits öffnete. Wie zu erwarten war da der Herr Halbbruder, der gerade vorbeiging und sichtlich nicht daran gedacht hätte ihn zu wecken. Naja, warum auch. Für den war jeder für sich selbst verantwortlich. Käme er zu spät zu einer Schlacht müsste er eben auch mit den Konsequenzen leben. Hm. Das müsste der eigentlich von Vater oder dessen Mutter beigebracht bekommen haben, logischerweise. Oder war das Youkai-Sache so im Allgemeinen?

Das Schloss war jedenfalls im Allgemeinen wach, wie er feststellte, wenngleich sehr leise. Nur wenige Hofdamen huschten herum, meist auf dem Weg in die höheren Stockwerke, wo sich die Räume der Fürstengemahlin befanden. Krieger postierten sich an den Eingängen, neigten allerdings die Köpfe. Chichi-ue schien Befehle gegeben zu haben, Alarmbereitschaft. Mehr jedoch nicht.

Als die Halbbrüder auf die Terrasse des Schlosses traten, entdeckten sie ihren Vater bereits unten stehen. Die Morgendämmerung hatte gerade begonnen und sie machten fast Seite an Seite den Sprung auf den Erdboden.

 

Der Inu no Taishou wandte sich um, durchaus angetan davon, dass sie gemeinsam herkamen, sich ebenso einträchtig etwas verneigten.

„Ich habe die Fliege erneut losgeschickt,“ erklärte er ohne Begrüßung. „Kommt.“ Er drehte sich um und ging über die grasige Ebene, deren Ende von steil aufsteigenden Bergen begrenzt wurde.

Weiter im Westen entdeckte Inu Yasha das Ende der Hügel, die flach ausliefen. Dort musste sich, wenn er dem fernen Geruch trauen durfte, das Meer liegen. Direkt vor ihnen lag allerdings ein nicht sonderlich breites Tal, aus dem ein kleiner Fluss rann, der in einer scharfen Biegung ebenfalls den Weg zum Ozean suchte. Im Osten dagegen verhinderten Wäldchen, dass er allzu weit gucken konnte. Wieso wollte dieser Kaito denn nicht von da kommen, sondern durch das Tal? Das war doch unbequem, zumal für so viele Leute? Alle hintereinander im Gänsemarsch oder im Wasser? Etwas wie ein Hindernis war zu spüren, ehe der Herr der westlichen Länder nach wenigen Metern stehen blieb. Ah, das musste das andere Ende von diesem Bannkreis gewesen sein, der das Schwebende Schloss schützte. Noch ein kleines Hindernis, mit dem der gute Kaito eigentlich rechnen sollte. Von Vater konnte der freilich kaum wissen – und von ihm und Tessaiga auch nicht, aber, beides würde der schon merken, dachte der Hanyou stolz.

Der Inu no Taishou ordnete mit den Fingern das Haar über der Stirn, während er den Energien seines Landes nachspürte. „Was für ein Narr.“

„Sie kommen durch das Tal, chichi-ue,“ beeilte sich Sesshoumaru zu sagen, um zu zeigen, dass er das ebenso wahrnahm. „Euer Befehl?“

„Wir warten auf Kiu.“

Komisch, das die Fliege so ähnlich hieß wie dieser dämliche Hundekrieger, dachte Inu Yasha plötzlich, aber das war wohl Zufall. Jedenfalls sollte er auch beweisen, dass er mitdachte, sonst hieß es wieder er sei töricht. „Darf ich eine Frage stellen, chichi-ue?“

Der Junge wurde höflich und höfisch, dachte der Erzeuger, durchaus eingenommen, dass seine Erziehungsversuche fruchteten. „Was möchtest du wissen?“

„Wieso kommt der Typ durch das Tal und nicht da links über die Ebene? Das wäre doch für ein Heer bequemer.“

Der Taishou spürte, wie seine Brust etwas in Vaterstolz anschwoll. „Und sicherer. Du hast vollkommen Recht und ich frage mich wirklich, ob Kaito in der Zeit als mein Unterführer gar nichts gelernt hat. Nun, dann wollen wir ihm die Kunst des Krieges zeigen. Ihr beide schweigt.“

Ha, er hatte Recht! Inu Yasha ertappte sich bei dem Gedanken eine tiefe Genugtuung zu spüren, etwas besser als ein Unterführer, ein Daiyoukai noch dazu, zu wissen. Und, war da nicht diese winzige Fliege, die heranraste?

Der Taishou hob die Klaue und betrachtete den vollkommen erschöpften Fliegenmann, der sich darauf setzte. „Eilige Nachrichten?“

„Tora … Tora, oyakata-sama, ist mit dem Heer eingetroffen.“ Kiu pustete durch, auch, wenn das nicht sonderlich höflich war. Seine Tracheen konnten kaum genug Sauerstoff heranschaffen nach diesem Eilflug. „Solange Ihr nichts dagegen habt, wird er den Weg durch das Tal… nach Süden versperren und hat die Höhen besetzt. Die … die Leute, die … Kaito hoch gesandt hat, sind eliminiert.“

„Gut. - Gehe in das Schloss und erhole dich. Gib Gin jedoch noch folgendes weiter: Alle Frauen sollen bei meiner Gemahlin bleiben, die Krieger als letzte Linie die Eingänge sichern. Niemand versucht auch nur heraus zu gelangen.“

„Oyakata-sama, was ist mit ….“ Kiu schwieg lieber.

„Sie kann selbstverständlich durch den Bannkreis, was allen anderen versagt ist.“ Der Hundefürst musterte den kleinen Fliegenmann, den ihm eines Tages Myouga angeschleppt hatte. „Danach erhole dich.“

„Danke, oyakata-sama.“ Warum nur, dachte Kiu, hatte er mit der Handbewegung gerechnet, die ihn in das Youki des Herrn hüllte und ihn durch den Bannkreis schleuderte? Allein hätte er das nie vermocht. Schön, es schmerzte etwas, aber schützte ihn doch vor der Magie, die ihn sonst abgewehrt hätte.

Der Taishou ging langsam weiter. „Wir wollen Kaito doch begrüßen. - Ich übernehme ihn.“ Er konnte die Enttäuschung beider Söhne in seinem Rücken spüren. „Ihr das Heer, falls sie so töricht sein sollten. Tora ist hinter und über ihnen.“

„Ihr wollt … ich meine, Mutter?“ entkam es Inu Yasha prompt.

Bitte, dachte der Ältere. Das war ein Befehl eines Fürsten gewesen, keine Einladung zu einer Diskussion.

Allerdings verstand der Vater seinen Jüngsten. „Du solltest mir etwas vertrauen, Inu Yasha.“

„Äh, ja, klar, mach ich schon….“ Das war ja gerade noch einmal gut gegangen. Im schlimmsten Fall hätte er nicht mitmachen dürfen – und er bezweifelte nicht, dass chichi-ue samt Sesshoumarus Mutter in der Lage wären ihn vom Schlachtfeld zu verbannen. Nun ja, Papa würde schon auf Mama aufpassen.

Natürlich. Das Nesthäkchen bekam einen Tadel, mehr nicht, dachte der große Bruder prompt, um in ungewohnter Art selbst zu erkennen, dass man es als Fast-Welpe und Zweitgeborener wohl besser hatte, selbst, wenn man kopfüber in Fettnäpfchen sprang, denn als Erbe, von dem Perfektion erwartet wurde. Er sollte jedenfalls demonstrieren, dass er in Taktik nicht nur seinem Lehrer, sondern auch und vor allem seinem Vater zugehört hatte. „Eine Frage, chichi-ue, falls Ihr gestattet …“ Da der Taishou den Kopf etwas wandte: „Tora blockiert das Tal nach Süden und hält die Flügel besetzt. Kaito sollte das doch bemerken, ebenso wie Euer und mein… unser Youki.“ Nur nicht den Jüngsten ignorieren.

„In der Tat.“

Da begriff der jüngere Daiyoukai. „Er hat keine Wahl als nach Norden zu gehen. Hier ist der geringere Widerstand. Und er wird nicht an Euch denken, obwohl er Eure Energie spüren müsste.“

„Falls er denken könnte, wäre er nicht in dieser Lage.“

Der Hundefürst klang eisig, aber beide Söhne verstanden, dass das nicht ihnen galt und tauschten nur einen raschen Blick. Es gab tatsächlich nicht nur Lagen, in denen man froh war, nicht zu Vaters Gegnern zu gehören, sondern auch zusammen auf einer Seite zu stehen. Und in den letzten Wochen hatten sie schon ein oder zwei davon erlebt. Mehr natürlich nicht, auch da waren sie sich stillschweigend einig.

 

Kaito war ein Wolfsyoukai, der die Schwelle zum Daiyoukai bereits vor langen Jahren, Jahrhunderten, übersprungen hatte. Nur sehr selten hatte er sich einem Gegner geschlagen geben müssen und er war heute noch davon überzeugt, dass das nie der Fall gewesen wäre, hätte der Inu no Taishou nicht über dieses verfluchte So´unga verfügt. Nun, das Höllenschwert samt Besitzer war spurlos verschwunden, laut Gerüchten weilten bereits beide in der Unterwelt. Auch von dem eigentlichen Thronfolger hatte man seit Jahrhunderten nichts mehr gesehen. Also, fand Kaito, war die Bahn frei für einen intelligenten und mächtigen Mann. Die Fürstenwitwe war sicher bereit ihn zu nehmen. Nun gut, dass sie sich zunächst weigerte, war fast klar gewesen. Sie war eine Hündin, die stärkste und zaubermächtigste von allen, was durchaus etwas heißen wollte, und würde sich nicht jedem Hergelaufenen beugen. Allerdings, so hatten Nachforschungen ergeben, die er doch diskret hatte machen lassen, dass sie nicht in der Lage war, den eigentlichen Heerbann des Westens aufzubieten, da dies einer Frau versagt war.

Er rückte ein wenig seine dunklen Haare zurecht, die er, in Erwartung zumindest eines Kämpen, der um und für sie streiten wollte, bereits zu einem Dutt aufgesteckt hatte. Seine Handgelenke wurden von breiten und dicken Fellstreifen geschützt, die er einst einem Youkai in Bärenform abgezogen hatte, als Schutz und Machtdemonstration. Dazu diente auch der schwere, metallene Brustpanzer, dessen Schwertdornen an beiden Schultern gegnerische Angriffe abwehren sollten. Um Nacken und Hals lag ein breiter metallener Ring.

Er ging seinem Heer voran durch das schmale Tal des Tsuraba. Falls sich doch jemand ihnen in den Weg stellen wollte, würde er ihn übernehmen, gefolgt von seiner Leibwache. Er hatte den Weg durch diese Schlucht gewählt um rascher am Schwebenden Schloss sein zu können, für den Fall, dass es der Fürstenwitwe doch gelang ihren Sohn aufzutreiben und hierher zu holen. Sesshoumaru war jung, aber wer ließ sich schon gern sein Erbe wegschnappen? Es wäre besser, käme der zu spät hier an und fände seine Mutter verheiratet und den Westen mit einem neuen Fürsten vor. Dann bliebe dem kaum mehr als die Tatsachen zu akzeptieren. Überdies, dachte Kaito doch ein wenig zynisch, hatte der junge Hund noch nie den Eindruck gemacht sich sonderlich um das Fürstentum kümmern zu wollen. Er dagegen würde es als Sprungbrett benutzen, die kampferprobten Hunde und anderen Youkai in Kriege gegen die Nachbarn führen, um schlussendlich selbst der Herr aller Youkai in Japan zu werden. Kaiser klang wirklich nicht schlecht in den Ohren eines Wolfes, die ja angeblich in der Zauberkunst jedem Kitsune und im Kampf jedem Hund unterlegen seien. Er würde das Gegenteil beweisen.

Die Morgendämmerung hatte bereits begonnen und es wurde leichter den schmalen Pfad neben dem Fluss zu erkennen. Für einen winzigen Augenblick verharrte er im Schritt, ehe er weiterging. Seine Krieger sollten nicht mitbekommen, dass er Unangenehmes spürte. Nicht unerwartet, aber doch unangenehm. Dort, irgendwo vor ihm am Ausgang des Tales war deutlich Youki zu spüren. Nicht von schlechten Eltern, um es mal so auszudrücken. Sesshoumaru, also. Nun gut. Er hatte der Hundedame das ja bereits zugetraut. Und, warum sollte es auch einfach sein sie und damit den Westen zu erobern? Wenn der junge Hund glaubte, er könne gegen einen Daiyoukai bestehen, bitte. Hm. Stark schien der schon geworden zu sein. Aber ohne So´unga hatte der keine Chance. Selbst, falls Sesshoumaru die Grenze zum Daiyoukai übersprungen hätte, so wäre der aufgrund seines Alters noch immer unerfahrener und gewiss auch schwächer. Er sollte allein gegen ihn gewinnen, seinen Leuten zeigen, wie mächtig er selbst geworden war.

Genau. Sie sollten am Talausgang zusehen, mehr nicht. Und er würde den einzigen Erben des Westens vor den Augen seiner Mutter zerreißen. Dieser bliebe nichts mehr als die Unterwerfung.

So beschleunigte er etwas seinen Schritt, zumal er vor sich bereits die Ebene um das Schwebende Schloss erkannte, in dem er ja nun wirklich einige Jahre ein und aus gegangen war. Der Bannkreis würde darum auch für ihn keine Schwierigkeit darstellen, das hatte er herausfinden lassen. Der einstige Eid, den er dem Taishou geschworen hatte, würde ihm die Passage ermöglichen. Für seine Leute sähe das anders aus, aber er würde die liebe Koromi schon dazu bringen den Zauber zu beseitigen. Nach Jahren der trauernden Witwenschaft wäre sie sicher nur zu froh wieder einen Mann auf dem Lager zu haben.

Keine tausend Schritte mehr bis zu der Quelle des Youki, keine tausend Schritte mehr zu Sesshoumaru, zu Kampf und Sieg.

 

Der Herr der Hunde und seine Söhne waren etwas schräg nach Osten vor dem Talausgang stehen geblieben. Der Tsubara bog hier nach Westen ab und so blieb mehr Kampffläche, ohne das Wasser in irgendeiner Form beachten zu müssen. Der Taishou spürte nur zu deutlich das mittlerweile so vertraute Youki seines Ältesten rechts schräg hinter sich, Inu Yasha links. Ja, und da kam Kaito. Der hatte sich kaum verändert. Hinter ihm andere Männer, die jedoch auf seinen Wink am Ausgang des Tales stehen blieben, während der Wolf auf ihn zukam.

Nein, nicht auf ihn. Was war denn da los?

Der Hundefürst hätte nicht sagen können, an welches Szenario er bei diesem Wiedersehen genau gedacht hatte, er hatte verschiedene Möglichkeiten ins Auge gefasst. Ganz sicher war allerdings nicht darunter gewesen, dass er komplett ignoriert wurde. Kaito näherte sich, schlenderte fast heran, ohne ihn zu beachten, ließ die Augen jedoch nicht von Sesshoumaru.

„Keh,“ machte Inu Yasha leise, der das auch mitbekommen hatte.

Nun ja, dachte der Taishou. Der Junge fühlte sich ebenso ignoriert, was aber noch verständlich war – ein Daiyoukai beachtete in aller Regel keinen Hanyou. Aber wieso guckte dieser Kaito ihn als Fürsten des Westens nicht einmal an? Sah der ihn etwa nicht? Verblasste sein wiederbelebter Körper? Das wäre natürlich eine Möglichkeit, eine ärgerliche.

 

„Welch nette Überraschung, Junge,“ sagte der Wolf, als er keine fünfzig Schritte entfernt stehenblieb. „Und auch eine, dass du mich für absolut töricht hältst. Wirklich, ich hätte dir zugetraut, dass du um dein Erbe kämpfen willst. Aber doch nicht mit einem so billigen Trick.“

Er dachte doch nicht etwa…? Fiel es allen drei Hunden ein.

Natürlich, dachte der Taishou. Kaito hielt ihn für eine Imitation, eine magische Täuschung, die sein Ältester erschaffen hatte. Konnte der etwa seine Energie nicht zuordnen, die sich langsam in gewissem Zorn gesteigert hatte? Er konnte das leise Knistern des gefrierenden Grases hören, spürte, wie Inu Yasha unwillkürlich einen Schritt beiseite machte, um seine bloßen Füße zu schonen.

Auch Sesshoumaru hatte verstanden. Da ihm allerdings Schweigen anbefohlen worden war, wandte er nur den Kopf. „Chichi-ue?“

 

Kaito verstand genug von der Etikette, um zu wissen, dass er Erbe des Westens niemals eine Illusion so höflich ansprechen würde und wandte sich mit gewissem Entsetzen, das er freilich gut verbarg, dem Fürsten zu. Gut, erkannte er dann erleichtert, der trug immerhin nicht mehr das Höllenschwert. Aber …

 

Der Inu no Taishou atmete etwas zu tief ein um unbeteiligt zu sein, ehe er fast milde sagte: „Da geht man ein wenig in Japan spazieren, übt seine Kampfkünste, bringt seinen Söhnen ein wenig Strategie und Kampftechniken bei – und erhält die Nachricht, dass ein Kretin die Gemahlin und das Fürstenrum beansprucht. Natürlich komme ich her, und wen treffe ich: meinen Unterführer Kaito.“ Die Stimmlage wurde jäh eisig, verbunden mit einem übergangslosen Anstieg des Youki. „Sesshoumaru, wie nennt man noch gleich einen Mann, der einem Fürsten ewige Treue schwor und nun mit einem Heer vor dessen Schloss auftaucht?“

Sesshoumaru ließ den Wolf nicht aus den Augen, behielt allerdings ebenso die Krieger am Talausgang im Blick. „Verräter, chichi-ue.“

„Ich vergaß. Vermutlich, weil ich mich an einen winselnden Wolf erinnerte, der nach der Schlacht von Ruriwaru um sein Leben und Gnade flehte, was ich ihm beides gewährte.“ Der Hundeherr ignorierte das Ansteigen der Energie seines Gegenübers ebenso wie die Tatsache, dass dessen Hand zum Schwertgriff zuckte. „Nun, Inu Yasha, vor dir siehst du einen der stümperhaftesten Hochverräter der Geschichte Japans. Lerne aus seinen Fehlern.“ Der Taishou ließ Kaito zur Sicherheit nicht aus den Augen, doch er wusste bestimmt, dass seine Söhne sich um den Talausgang und damit das Heer kümmern würden, wie er es befohlen hatte. „Erstens, wenn du deine Augen auf ein Fürstentum wirfst, sende mehrere Späher aus, die dir sagen, ob der dortige Fürst schwach geworden ist oder auch tot. Sollte auch nur einer dies bezweifeln, lass es. Zweitens, sollten alle unabhängig voneinander gesandten Späher das bestätigen, wiederhole es bei dem Erben. Und so weiter, bis du genau weißt, wer in der Familie lebt, schwach geworden ist oder sonst verhindert. Drittens. Falls du einen Angriff planst, gehe nie, und lagere schon gleich nie, in einer Schlucht. Schmale Täler werden leicht zu Fallen, nicht wahr, Kaito? Der Rückweg nach Süden wurde bereits von Tora, du erinnerst dich, abgeschnitten, die Leute, die du immerhin zur Absicherung auf die Höhen schicktest, sind tot. Dort stehen meine Krieger. Und ja, hier kommst du samt deinen Leuten auch nicht weiter. Wenn du siehst, stehen dir drei Leute im Weg.“

„Du trägst das Höllenschwert nicht mehr, Taishou.“ Der Wolf klang gelassen. „Wenn deine Söhne mich angreifen und du, wird mein Heer das auch tun.“

Ihn angreifen, dachte Inu Yasha für einen Moment verwirrt, ehe er verstand, was Kaito meinte. Leider war ihm ja das Reden verboten worden – wobei Vater ja recht schön seine Meinung gesagt hatte. Er hatte auch nicht gelogen – allerdings die Kleinigkeit, dass er tot gewesen war, recht elegant umgangen.

„Wir tragen das untereinander aus.“ Der Hundefürst nickte etwas. „Sesshoumaru, Inu Yasha, sorgt dafür, dass dieses Heer uns nicht dabei stört.“

„Narr!“ Kaito lachte auf. „Zwei gegen fünfhundert? Du gegen mich? Nun, es sei. Aber ohne Schwert.“

 

 
 

Viel Spaß - oder?


 

W

ährend die Halbbrüder nebeneinander auf die relativ wenigen Youkai zugingen, die sich neugierig aus dem schmalen Tal drängten und dabei den Blick auf ihre Kollegen verwehrten, murmelte Inu Yasha, um nicht von den Idioten gehört zu werden, allerdings sicher, dass Sesshoumaru ihn verstand: „Der Kerl ist schon eine Nummer für sich, oder? Marschiert mal eben fröhlich in Vaters Fürstentum, will deine Mutter heiraten und stellt dann auch noch Forderungen, wie der Kampf abzulaufen hätte. Hat der noch alle?“

Kaum, dachte der große Bruder, meinte jedoch, mittlerweile sicher, dass Vater eine gewisse Antwort für erzieherisch wertvoll halten würde – und ebenso erwarten würde, dass er sich in Vertretung dessen annahm: „Er vermutete, dass chichi-ue verstorben wäre.“

„Klar. Und du bist ja auch nur hier der Erbe und nicht so ganz der Typ, der sich schnell mal um die Ecke bringen lässt. Sag mal, weiß der eigentlich schon, wer Vater ist und wer du bist?“

Der junge Daiyoukai ertappte sich tatsächlich bei einem Anflug davon geschmeichelt zu sein. Immerhin war der Hanyou derjenige, der ihm die einzigen Niederlagen seines Lebens beigebracht hatte. „Wenn er es wüsste, wäre er nicht hier.“

„Auch wieder wahr. Was machen wir jetzt mit den Idioten, da kommen ja immer mehr aus dem Tal?“

Wieder, zum zweiten Mal in nicht einmal zwei Minuten, ertappte sich Sesshoumaru dabei geschmeichelt zu sein. Das war die Anfrage an den großen Bruder, an den Älteren, den im Vorrang. War es denn wirklich …. nun gut, wäre es wirklich so einfach gewesen mit Inu Yasha eine Basis zu finden? Dem erklären, den anleiten – und man erhielt Respekt? Das war doch fast zu simpel. Obwohl, einfach gestrickt war der ja schon. „Sie sollten zurück in das Tal.“ Er blieb stehen und ließ seine Energie aufflammen, noch während er die Hand an den Schwertgriff legte.

Inu Yasha folgte diesem Beispiel. „Naja, wenn sie erst mal da drin sind… Dieser Tora wird schon dafür sorgen, dass sie nicht abhauen, hm. Nein, wir machen das und verschließen das Tal.“

Die Halbbrüder sahen sich an und verstanden sich vollkommen.

 

Der Inu no Taishou seufzte fast. „Kaito, dir ist natürlich klar, dass deine Leute dir nicht helfen können.“

„Als ob sie das müssten. Du besitzt nicht mehr das Höllenschwert. Und selbst, wenn das, was du trägst, ein schmaler Abglanz sein sollte – ohne bist du nichts als ein alter Hund. Ich dagegen bin ein Wolf in der Blüte seiner Kraft.“

Ach du je, dachte der Hundefürst, vermutete jedoch das seiner Meinung nach Naheliegendste. „So bist du Vater geworden, meinen Glückwunsch.“

Das wiederum verwirrte den Wolfsyoukai, der sich gewiss noch nicht mit Familiengründung abgeben wollte – außer, wenn man davon absah, dass er für den Westen einen Erben zeugen wollte, einen Wolfshund. Dieser Sohn wäre erbberechtigt und würde ihm alle Schwierigkeiten selbst mit Sesshoumaru vom Leib halten. Vorausgesetzt, dieser überstand das Treffen mit seiner Armee überhaupt. Dass auch Tora und der Heerbann des Westens hier waren, war überraschend, ein wenig ärgerlich, aber eben nicht zu ändern. Natürlich hatte der schlaue alte Hund sich Sicherheiten eingebaut, als er die Neuigkeiten hörte, wo auch immer. Aber die Erklärung, er sei quasi quer durch Japan gereist um seine Söhne zu erziehen, klang einfach logisch – und passte auch charakterlich zu dem Herrn der Hunde. Das würde auch die doch erwähnenswerte Zahl an Daiyoukai und anderen erklären, von denen man nie wieder gehört hatte. Er sollte sich jetzt allerdings nicht ablenken lassen. „Ich sehe dort oben auf der Schlossterrasse die liebe Koromi. Sie kann auf unsere Schwerter aufpassen, denn nicht nur deines besitzt Magie. Und ich bin sicher, sie wird dem Sieger beide geben.“

 

Der Taishou wandte nicht einmal den Kopf, als er die Hand hob und winkte, da er das Youki seiner Gemahlin zum Einen spüren konnte, zum Zweiten auch nicht erwartet hatte, dass sie drinnen saß und stickte, während draußen ihr Ehemann und ihr Sohn – und ihr Stiefsohn – um ihr Schicksal kämpften. Kurz darauf spürte er auch prompt, wie sie durch den Bannkreis schritt – und ärgerte sich ebenso prompt darüber, wie dieser unverschämte Wolf sie anstarrte. Das kam auf die immer länger werdende schwarze Liste, die er mit Kaito abarbeiten würde. Er wandte jedoch nur den Kopf etwas: „Werte Koromi, unser unerwünschter Besuch möchte lieber ohne Schwert kämpfen und schlug vor, dass Ihr auf diese Beiden aufpasst.“

„Der Sieger erhält eben beide,“ sagte Kaito.

Die Hundedame musterte ihn von oben bis unten, als habe sie soeben erfahren, jemand hätte den Müll von Tausenden von Menschen in ihren gepflegten Park gekippt, beschloss dann jedoch, dass der Narr ihrer Aufmerksamkeit gar nicht würdig wäre, und streckte ihm nur wortlos die Hand entgegen.

Diese Arroganz …. Nun gut, wenn sie erst einmal mit ihm verheiratet war, würde er sie ihr schon austreiben So schnallte er das Wehrgehänge ab und drückte es ihr samt Scheide und Schwert in die Hand, ohne ganz seinen Zorn unterdrücken zu können.

Eine magische Klinge, dachte sie. Nun, nichts, mit dem sie nicht klar kommen würde. So drehte sie sich ein wenig. Der Taishou hatte Tsurugi-hime ebenfalls abgeschnallt und reichte es ihr. „Ich passe auf,“ versprach sie, um mit gewisser Bosheit gegenüber dem Wolf zu ergänzen: „Oyakata-sama.“ Eher würde es in der Hölle schneien, als dass sie Kaito je so ansprechen würde. Das hatte er sich wahrlich nicht verdient. Ohne weiteres Wort wandte sie sich ab und ging wieder durch den Bannkreis um mit wenigen nur scheinbaren Schritten auf der untersten Stufe ihres Schlosses zu stehen und empor zu steigen.

 

Da sich der Herr der Hunde erneut verärgert fühlte, denn Kaito starrte seiner Gemahlin hinterher, sagte er nur kurz: „Gehen wird dort hinüber, nach Osten. Dann behindern weder wir die Jungs noch sie uns.“

„Bitte. Du scheinst sehr sicher zu sein, dass sie mein Heer auch nur aufhalten können.“

„Ich erwähnte bereits, dass deine militärische Aufklärung jämmerlich versagte, du erinnerst dich.“

Hund und Wolf gingen nebeneinander über das Gras. Beide konnten das Energielevel des Anderen spüren – aber beiden war auch nur zu bewusst, dass der Gegner noch bei weitem nicht alles zeigen würde.

 

Koromi setzte sich mit der ihr eigenen Eleganz auf den Sessel des Fürsten, den sie solange behütet hatte. Nachlässig ließ sie Kaitos Schwert mit Behang zu Boden gleiten und stellte die Füße auf die Scheide, während sie Tsurugi-hime aufrecht auf ihren Schoss hielt. „Ich verstehe wahrlich nicht viel von der Schwertkunst,“ sagte sie leise. „Aber ich bin sicher, wenn dieser Narr uns wieder zu Witwen machen will oder unsere Söhne gefährdet, wirst du mir doch helfen, Izayoi-chan.“

Scheide und Schwert in ihrer Hand leuchteten kurz blau auf, sie spürte ein Pochen.

Mit einem leisen Lächeln lehnte sie den Griff an ihre Schulter.

 

Kaitos Heer hatte durchaus begriffen, dass ihnen da zwei Widersacher entgegen kamen. Mit einem förmlichen Gebrüll, das eine Herausforderung darstellen sollte, rannten die ersten der Youkai auf die Halbbrüder zu.

„Ach du je,“ meinte Inu Yasha und hob Tessaiga. „Ich fürchte fast, ich muss mich bei Kouga entschuldigen Ich hielt den immer für einen der dämlichsten Wölfe…“

Kannte der den jungen Anführer des Nordrudels wirklich nicht oder war das wegen dieser Kagome? „Nein. Du links, ich rechts.“

„Ja, nii-san.“ Ach, das war doch wieder eine nette Sache den so an der Seite zu haben. „Kaze no kizu!“

Nii-san. Großer Bruder. Noch während Sesshoumaru Bakusaiga schwang, bedachte er, dass Vaters Erziehung wohl wirklich anschlug. Hätte er selbst ...Sinnlos. Das lag in der Vergangenheit und war damit erledigt. Allerdings erklärte das auch chichi-ues gewissen Zorn auf ihn selbst. Das wäre seine Aufgabe gewesen nach dessen Tod – und das erklärte wohl auch Mutters Warnung Inu Yasha erst umzubringen, wenn der sich wehren könne. Und da gab es ja auch seine gewisse Ignoranz gegenüber dem westlichen Fürstentum. Oh ja, da wartete noch ein unangenehmes Training auf ihn. Wie unangenehm würde auch davon abhängen, wie er sich hier zeigte.

 

Die Windnarbe raste nach links, pflügte förmlich durch die Angreifer, ehe sie am Talausgang auf Stein und Fels prallte und einen Erdrutsch veranstaltete.Auf der rechten Seite sah es eher schlechter aus, als sich Bakusaigas Zerstörungswelle nicht nur durch die Youkai fraß, sondern immer tiefer in das Gestein der Berge der Kirschen und damit das Tal des Tsubara. Der Angriff kam zum Stocken.

„Zurück,“ brüllte Inu Yasha, der durchaus erkannte, dass die Wölfe irritiert, um nicht zu sagen schockiert, waren. „Hat euch keiner gesagt, dass ihr hier nicht eingeladen seid?“

Die Youkai versammelten sich hinter jemandem, der wohl ein Unterführer war und die beiden Jungen vor sich anstarrte.

„Unser Herr kämpft gegen euren Fürsten. Wer da gewinnt, hat auch gewonnen,“ schrie er über die Distanz zurück.

„Na ja, dann warten wir eben ab bis unser verehrter Vater, ich meine, Vater und Fürst gewonnen hat, oder seid ihr so scharf Selbstmord zu begehen? Nur so : weder mein großer Bruder noch ich werden euch vorbei lassen. Ihr kommt hier nicht vorbei. Klar?“

Manchmal war so ein redseliger kleiner Bruder wirklich nützlich, dachte Sesshoumaru, ehe er realisierte, dass er nicht an den „Halbbruder“, geschweige denn „Bastard“ gedacht hatte. Nicht einmal gedacht.

„Zwei gegen fünfhundert! Wir werden euch jämmerliche Brut förmlich ersticken.“ Der Unterführer hob seine Klinge und die Krieger jubelten.

Dem Hanyou entkam ein tiefes Seufzen. „Sie sehen vermutlich, dass ich kein vollblütiger Youkai bin, aber sie sollten dich doch sehen.“

Suizidgefährdete, dachte der junge Daiyoukai schlicht und hob ruckartig die Klinge. Sie wussten nichts von ihm, nichts von seiner Klinge und deren Fähigkeiten, nichts über Tessaiga, immerhin ein Schwert, das hundert Youkai mit einem Schlag töten konnte. Nun gut. Sollte sich Emna Daio mit ihnen beschäftigen. Er verspürte nicht die mindeste Lust.

Inu Yasha warf einen raschen Blick beiseite und erkannte die mörderische Stimmung. „He, wir sollten sie doch nur aufhalten. Vater sagte das.“

Das stimmte leider und es gab keinen Grund chichi-ue zu veranlassen zu glauben, er lerne nichts dazu. „Ich links, du rechts.“

Da sie sozusagen genau verkehrt herum standen, entkam dem Jüngeren ein „Hä?“, ehe er den Plan begriff und sich ärgerte, mal wieder als der törichte Bastard dazu stehen.

Ihre beiden Angriffe würden sich vor diesen schreiend heran tobenden Idioten kreuzen – und damit nicht nur die Erde aufreißen, sondern denen auch zeigen, was ansonsten passieren würde. „Klar, nii-san.“

 

Diesmal kam die Attacke nicht nur zum Stocken, als die vordersten Angreifer es gerade noch schafften vor den metertiefen Scharten in der Grasnarbe zu stoppen. Diesmal hatten auch die weiter hinten Laufenden die Menge an Youki erkannt, die da herangerast war und sie sicher bewusst verfehlt hatte.

„Das ist ein Daiyoukai,“ sagte einer. „Aber das muss dann der Sohn sein, Sesshoumaru. Nur, wer ist der andere?“

„Der Bastardsohn des Taishou,“ gab einer zu. „Ich hörte allerdings, der ziehe allein mit Menschen durch die Lande.“

„Ja, genauso, wie Kaito hörte, der Taishou sei tot, oder?“ gab ein Dritter zu bedenken. „Der Hundefürst sah mir noch recht lebendig aus. Und Sesshoumaru, ach du je…“

Der Unterführer versuchte die Kontrolle zurück zu gewinnen. „Ihr kennt alle den Befehl. Der Herr kämpft und besiegt den Taishou, wir nehmen die Kleinen da….“ Er musste allerdings feststellen, dass die gewöhnlich so tapferen Wölfe keine Miene machten sich noch einmal diesen Energieangriffen auszusetzen, ja, die ersten begannen, sich rückwärts in das Tal des kleinen Flusses zurückzuziehen. Um nicht vollständig die Befehlsgewalt zu verlieren – und sich damit die Chance zu erhalten, Kaitos Nachfolger im Rudel zu werden – sagte er: „Strategischer Rückzug.“ Nur das war, es jawohl. Sie würden sich doch nicht von zwei daher gelaufenen Welpen einschüchtern lassen.

 

„Na also, sie werden vernünftig.“ Inu Yasha atmete durch. Da er den Ausdruck im gewöhnlich so regungslosen Gesicht seines Halbbruders entdeckte, fuhr er auf: „He, ich zumindest neige nicht zum Massenmord. Naja, wenn es nicht sein muss.“

Viel hilft viel, hatte er mal gehört, dachte Sesshoumaru, beschloss dann jedoch sein Glück erneut zu versuchen und diesem Sturkopf Taktik beizubringen. Dann konnte er Vater gegenüber glaubhaft beschwören er habe es versucht. Und chichi-ue erkannte, wie leider auch Mutter, jede Lüge. „Sie sollen im Tal bleiben, du Narr, damit Tora und der Heerbann sie bewachen.“

„Äh, ja, stimmt. Und, hast du einen Plan? Hier wie die Idioten rumzustehen …“

Darüber hatten sie doch am Anfang dieser Minuten gesprochen! Das war ein mühsames Leben als großer Bruder! In diesem Moment wusste er, warum er das vermieden hatte. Einer der Gründe.. „Dein Kaze no kizu hat bereits die linke Seite des Berges beschädigt. Ein weiteres sollte einen Bergrutsch verursachen.“

„Oh, klar, Und du machst das auf der rechten Seite. Stimmt, dann ist das Tal erst einmal dicht und es ist deutlich schwerer für sie herauszukommen.“

Ohne weiter nachzudenken jagte Inu Yasha erneut eine Windnarbe Richtung Tsubara, was prompt dazu führte, dass auch die Nachzügler des Heeres schnell wurden, ehe der Berghang über sie rutschen konnte.

Sesshoumaru beobachtete dies und beschloss denen zu zeigen, wie er darauf reagierte, wurde er als „Kleiner“ bezeichnet, auch und gerade im Vergleich mit einem Halbblut. So lud er Bakusaiga mit seinem Youki auf. Die Klinge leuchtete grün auf, gleißend hell.

Der jüngere Halbbruder spürte es und fuhr herum, noch immer Tessaiga in der Hand. „Bist du irre? Du kannst doch nicht die volle Youkiwelle hier einsetzen! Ich weiß, dass du damit die tausend Youkai vernichtet hast, die damals dieser Byakuya beschworen hat……“ Und ihm war bewusst, dass das locker zehn Mal stärker als seine Windnarbe war. Schön, ohne das wäre wohl auch der Kampf gegen Magatsushi nicht gewonnen worden und alles, aber …

 

Der Herr der Hunde wandte nicht den Kopf, sicher, dass seine Söhne diese Sache regeln würden. Dazu hatte er doch in der letzten Zeit einiges Vertrauen in ihre Kampffähigkeiten sammeln können. Wichtiger war jetzt Kaito, der wohlweislich einige Schritte von ihm entfernt stehen blieb. Schade um die schöne Landschaft, dachte er noch. Auch dafür würde er diesen Wolf bezahlen lassen. Immerhin bewies sein ehemaliger Unterführer mit dieser Duellherausforderung Mut, jedoch keinerlei Verstand. Die Logik, die ihm schon immer gefehlt hatte … Oder glaubte Kaito etwa, er selbst sei schwach geworden, alt – und dieser wiederum viel stärker? Er sollte nicht leichtfertig werden. Seine Energie flammte auf, verzerrte das nur scheinbar menschliche Gesicht. Youkiwirbel bildeten sich, ließen auch den Rest des Körpers verschwimmen, ehe ein wahrlich riesiger, weißer Hund auf der Wiese stand, um dessen Oberkörper sich dick und dicht Fell bauschte, Hals und Schultern damit schützend.

Und er stellte fest, dass der Wolf in der Tat kein Narr war. Um nicht in der Sekunde der Verwandlung angreifbar zu sein, hatte dieser ebenfalls bereits seine wahre Gestalt angenommen, einen großen,dunkelgrauen Wolf mit leuchtend roten Augen,

Fast seine Größe, dachte der Taishou. Da die Größe auch die Energie zeigte, besagte das durchaus etwas. Leider auch, dass Kaito in der Tat zugelegt hatte. Nun gut. Er würde nicht leichtsinnig sein. Sich auf dieses Duell zu konzentrieren würde einfacher sein, da er seine Jungs im Rücken wusste, ein leichtes Grollen gehört und gespürt hatte. Sie hatten die Sache im Griff. Und sie arbeiteten zusammen. Diese gemeinsame Reise hatte durchaus etwas gebracht. Nun allerdings sollte er seine Aufmerksamkeit auf den Gegner lenken.

 

Kaito musterte den großen, weißen Hund mit den glühenden, roten, Augen. Nun ja, der Taishou war noch immer ein Daiyoukai, der es sich sogar jetzt leistete, dass sein Youki Steine und Grassoden im Umkreis um ihn auffliegen ließ. Er selbst hielt sich mit solcher Machtdemonstration aus zweierlei Gründen zurück. Zum Einen würde das dem Hund nur zeigen, wie viel mächtiger er selbst geworden war, zum Anderen war solche Angeberei reine Energieverschwendung. Und die würde er sich garantiert nicht leisten. Nahm der Taishou das Duell noch immer nicht ernst, zumindest nicht so sehr wie er es sollte? Er war fast ebenso groß, schlanker, schneller, geschmeidiger. Und er würde gewinnen. Zuviel stand auf dem Spiel.

 

Hund und Wolf duckten sich etwas auf die Vorderpfoten ab, um die verletzliche Kehle zu schützen. Dann machte Kaito weiten, wenngleich tiefen, Sprung, schnappte unverzüglich nach dem rechten Vorderlauf des Hundefürsten. Hatte er den verletzt, würde es einfacher.

Der Taishou schaffte gerade noch einen Sprung nach links und fuhr prompt herum um sein Gebiss in die Flanke des Wolfs zu schlagen, der sich noch rechtzeitig auf der Richtung der Attacke winden konnte. Kaito war in der Tat stärker und besser geworden, dachte er noch, als der Wolfsyoukai bereits wieder auf ihn zuschoss, in der deutlichen Ansicht die rechte Schulter zu erreichen, allerdings in dem dichten Fell hängen blieb.

Als der dunkelgraue Wolf zurück wich, spuckte er demonstrativ verächtlich ein dickes Büschel Haare aus, mit ein wenig Blut daran. Kaito wusste nur zu gut, dass der Kampf noch nicht vorbei war, aber er hatte den Taishou gezwungen als erste Blut zu zeigen – auch, wenn solch ein Kratzer natürlich nichts besagte. Mit dennoch Siegesgewissheit griff er erneut an, fand nun seine Schulter attackiert.

Die Gegner verbissen sich ineinander, nur um sich freizugeben, erneut anzugreifen. Bekrallte Pfoten griffen ebenso an, wie buschige Schwänze in Richtung der Augen gedroschen wurden, Staub und Grassoden wirbelten unbeachtet durch die Luft, wenn riesige Pfoten abbremsten und beschleunigten, Bäume knickten unter dem Abprall der gewaltigen Körper wie Streichhölzer.
 

Hundefürst

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Sesshoumaru ignorierte die Mengen an Energie hinter sich ebenso wie das gewisse Beben in der Erde, wenn haushohe Körper zu Boden stürzten. Vater würde mit diesem vorlauten Wolf gewiss zu Rande kommen. Der war der Stärkste aller Lebenden und der Aufenthalt im Jenseits hatte ihn höchstens nur noch mächtiger gemacht, eine Kleinigkeit unter vielen anderen, die dieser närrische Kaito wohl nicht berücksichtigt hatte. Er selbst fixierte allerdings seinen törichten Bastardbruder. Es gab, davon war er überzeugt, nur drei Personen die sich ihm mit dem aufgeladenen Bakusaiga in den Weg stellten und nicht masochistische Lebensmüde waren – seine Eltern. Und Inu Yasha. Wobei, bei dem war er sich nicht so ganz sicher. Wieso traute der sich ihm in den Weg, noch dazu mit blanker Klinge in der Hand? Und wieso dachte der denn nicht einmal mit? „Narr,“ erwiderte er daher nur und schlug zu, durchaus bewusst an dem vorbei zielend.

„He!“ Inu Yasha war noch beiseite gesprungen, fuhr jetzt allerdings herum, um das Ergebnis der Youkiwelle auf das Tal des Tsubara zu betrachten. Hatte sein Angriff bereits von links einen Erdrutsch verursacht und das Tal mehr oder weniger halb hinter dem Wolfsheer geschlossen, so donnerte die zerstörerischte Energiewelle, die er je gesehen hatte, wenn man von So´unga absah, gegen die rechte Seite, fräste sich in die Spuren der vorherigen und löste einen förmlichen Erdsturz aus. Die Berge bebten, verschwanden zum Teil, ehe das Tal nun praktisch bis zur Höhe der Ränder von Felsen, Steinen und Erden verschlossen war. Erleichtert, dass immerhin niemand daran gestorben war, auch mit einem etwas schlechten Gewissen seinen Halbbruder falsch eingeschätzt zu haben, fuhr der Hanyou erneut herum. „Wieso sagst du Narr das nicht gleich!“

„Dass du einer bist?“ Sesshoumaru schob seine Klinge zurück, sicher, dass er nicht angegriffen wurde.

„Keh!“ Der Jüngere steckte allerdings ebenso Tessaiga in die Scheide. „Naja. Immerhin sollten diese Wölfe jetzt wissen, warum man sich nicht in Tälern aufhalten sollte. Moment, Sekunde mal. Dieser Fluss fließt nicht mehr, das staut den zurück!“

Na und? Dann würden die eben nasse Pfoten bekommen. Lektion Nummer Zwei.

„Äh, du weißt schon, dass die irgendwann ertrinken?“

Musste er denn alles erklären? Aber er brauchte sich nicht umzudrehen um zu wissen, dass chichi-ue noch immer in einem Duell steckte, der Lärm und die ausgeschütteten Energiemengen waren genug an Zeugnis. Große Brüder waren arm dran, erkannte er. „Tora.“

„Oh, der und das Heer des Westens sollen die raus fischen? Na, hoffentlich machen sie das auch…“ Inu Yasha bemerkte die gewisse Anspannung seines Halbbruders und drehte sich um. Langsam, denn solange Sesshoumaru nicht zur Waffe griff kam da nur was Unbedeutendes. Oder auch der Kerl da. Fast zwei Meter, breitschultrig, offenbar ein Katzenverwandter. Rüstung und Schwert bewiesen, dass er ein Krieger war – und der bekannte, winzige Flohgeist auf seiner Schulter, dass er harmlos war. „Myouga-jijii.“

Der so Genannte flog förmlich auf die Schulter des Hanyou. „Der Herr kämpft.“ Er klang allerdings kaum besorgt. Und der Schweiß auf seiner Stirn musste ebenso von etwas anderem stammen.

„Noch,“ erklärte Inu Yasha, doch etwas stolz auf seinen Vater. Dann bemerkte er, dass sich Tora, denn das musste der sein, vor seinem Halbbruder verneigte, ihn jedoch links liegen ließ. „Tora, vermute ich? Der so genannte Heermeister?“

„In der Tat.“ So war Tora auch noch nie begrüßt worden, zumal mit der Klaue am Schwert. Er riskierte einen Blick zu den kämpfenden Daiyoukai im Hintergrund, die sich gerade ein wenig voneinander lösten, ehe er sich wieder dem Erbprinzen zuwandte. „Befehle, Sesshoumaru-sama?“

Der Angesprochene sah sich durchaus vor die Frage gestellt, wen der Beiden er als erstes disziplinieren sollte – den Heermeister, der offenbar nicht mitbekommen hatte, wer der Hanyou war – oder eben diesen, der bereits zu Tessaiga gefasst hatte. Sachlich bleiben, ermahnte er sich, zumal er den Blick seiner Mutter förmlich spüren konnte. Natürlich sah sie zu. „Tora, das ist mein Halbbruder Inu Yasha.“

Der zweite Sohn des Herrn, also, von dem man kaum sagen gehört hatte. Aber der Heermeister war höfisch erfahren genug, um zu wissen, dass militärischer Erfolg weder den Taishou noch Sesshoumaru davon abhalten würde ihn zu bestrafen, würde er unhöflich gegen ein Mitglied der Fürstenfamilie agieren. Erstaunlicher war, dass ihn ausgerechnet Sesshoumaru noch gewarnt hatte. „Ich bin erfreut Euch kennen zu lernen, Inu Yasha-sama. Das legendäre Tessaiga ist in Eurer Hand, nicht wahr?“

Das wiederum wurmte den jüngeren Halbbruder. Tessaiga, ja? Immer nur das Schwert, nie er. Seine Klaue umfasste den Griff fester.

Der geplagte große Bruder kannte die Anzeichen und bevor hier noch ein überflüssiges Duell ausbrach – für das im Zweifel er von seinen Eltern verantwortlich gemacht werden würde – sagte er: „Das Tal ist hier im Norden verschlossen. Im Süden?“

„Auch,“ beeilte sich Tora zu melden, alarmiert durch den eisigen Blick und die minimal nochmals kältere Stimme des jungen Daiyoukai. „Darf ich allerdings anmerken, dass durch den … durch die Macht Eurer Beider, auch der Fluss unterbrochen wurde und rasch ansteigt? Wie sollen wir mit den Wölfen verfahren?“

Auch, wenn Sesshoumaru zu gern erlebt hätte wie ein komplettes Wolfsheer wie Katzenkinder ersäuft würde, so wäre Vater gewiss nicht damit einverstanden. „Entwaffnet sie.“

„Und holt sie da raus,“ ergänzte Inu Yasha.

Der Heermeister verneigte sie lieber gegen beide. Wenn sich die Prinzen einig waren, gab es wohl keinen Widerspruch. Immerhin müssten sich ja beide gegenüber dem Vater und Fürsten nach Kriegsrecht rechtfertigen. Überdies hatte er ja gesehen, was deren Angriffe angerichtet hatten. Zu zweit gegen Fünfhundert! Der künftige Herr der westlichen Länder benötigte den Heerbann ebenso wenig wie einst sein Vater. Er sah beiseite. Ja, der Taishou kämpfte noch. „Oyakata-sama benötigt keine Hilfe.“

„Erledige deinen Teil,“ murmelte Myouga, im Schutz der Haare des Hanyou etwas zu laut.

Aber zu Toras Bedauern guckte keiner der Söhne des Inu no Taishou den Flohgeist an, sondern nur ihn. So neigte er eilig erneut den Kopf. Er hatte seine Anweisungen bekommen. So verschwand er wieder, mit weiten, eleganten, Katzensprüngen.

 

Inu Yasha drehte sich. Vater kämpfte noch, ja. „Sollten wir ihm nicht helfen?“

„Niemals!“ entkam es Myouga vollkommen entsetzt, ehe er doch einen Blick zu dem Erbprinzen warf.

Der große Bruder hätte frustriert um ein Haar geseufzt. „Man mischt sich in ein Duell nicht ein. Überdies spielt chichi-ue.“

„Aha. Woher willst du das wissen? Er hat auch schon Blut und….“

„Er hat Kaito zwei Mal den Schwanz gebrochen.“

Was auch immer das heißen sollte. So sah Inu Yasha nicht erneut seitwärts, sondern schnappte sich den Floh auf seiner Schulter und hielt ihn vor sein Gesicht. „Und was heißt das jetzt schon wieder, Onkelchen?“ Dieser Typ hätte ihn ausbilden sollen! Irgendwie musste der Umgang mit Toutousai abfärben, denn der offenkundig vergessliche Flohopa erklärte Sachen ja auch immer erst im Nachhinein.

Myouga überlegte hektisch, wie er den scharfen Krallen an seinem Bauch und Rücken ausweichen konnte, sah seitwärts und wusste, dass seine Chance keine war. Auch der ältere Sohn des Herrn ließ ihn nicht aus den Augen, in der sicheren Erwartung, er würde das erklären. So seufzte der alte Floh. „Nun ja, Inu Yasha-sama …“

„Ich hasse es, wenn eine Erklärung so los geht,“ murrte der Hanyou.

„Es .. ich meine, Ihr kennt Hunde? Inuyoukai? Kaito hat den Schwanz wohl sehr erhoben getragen, um seinen Rang anzuzeigen. Nur der Alpha darf das. Oder auch die … äh, die höchstrangige Dame. Das Erste, was der Herr in solch einem Fall macht ist, den Schwanz zu brechen, um solche … äh .. unpassende Demonstration von Selbstbewusstsein zu unterbinden.“

„Naja, bei Youkai, Daiyoukai, nochmal, heilt das doch ziemlich schnell.“

„Zwei mal….?“ Myouga sah unwillkürlich zu Sesshoumaru, lenkte seine Aufmerksamkeit allerdings lieber wieder auf das doch freundlicher dreinschauende Hundebaby, Toutousai hatte schon recht. Ein Kind und ein Halbstarker. Oh, nein, das sollte er nicht einmal denken. Wenn das nur die Hälfte dessen war, was Sesshoumaru-sama je erreichen könnte, oder auch Inu Yasha …. „Das dauert. Und behindert im Kampf, also, rein psychologisch, denn, wie Ihr unschwer sehen könnt, trägt oyakata-sama seine Rute noch immer erhoben. Aber natürlich dürfte da auch ein gewisser Schmerz sein.“ Myouga blickte beiseite. Auch der Herr zeigte Kratzer, Blut und irgendwie schien sein rechter Lauf verletzt zu sein. Sollte er das allerdings den beiden Chaoten sagen? Zum Einen würden sie es doch sowieso sehen, zum Zweiten – er wurde noch immer recht fest gehalten. Kein besonders guter Ort um einem der Idioten zu sagen, dass ihr Vater sich dort härter tat als sie annahmen.

„Was machst du eigentlich bei Tora?“ erkundigte sich Inu Yasha misstrauisch. „Ich dachte, du hockst noch in dem Walskelett von diesem Metallbieger.“

„Äh, ja, das tat ich, junger Herr, bis Toutousai zurückkehrte und mir sagte, dass der Heerbann aufgerufen wurde. Da war ich natürlich neugierig ...und so.“

„Neugierig ja, aber anscheinend nicht genug um zu Vater oder mir zu kommen.“

„Ich ging davon aus, dass Tora Euch treffen würde,“ erklärte der Flohgeist hoheitsvoll.

„Keh. Und dass es bei dem samt Heer friedlicher zugehen würde als bei uns, oder? - He, nii-san, wir sollen da wirklich nur zugucken?“ kommentierte er die Tatsache, dass sich die beiden riesigen Lebewesen erneut ineinander verbissen hatten.

Das bedurfte keiner Antwort, entschied der große Bruder, zumal der so genannte Lehrer ja offenkundig ausnahmsweise anwesend war. So senkte der junge Daiyoukai nur einen kühlen Blick auf Myouga.

Der seufzte. „Inu Yasha-sama, niemand greift in ein Duell ein, das wäre äußerst blamabel für den Herrn! Ich fürchte, da würdet eher Ihr sein Gebiss zu spüren bekommen.“

Schön, das klang auch nicht gerade toll, wenn man so sah, wie groß Vaters Maul in dieser Form war. Vermutlich könnte der einen ganzen Ochsen mal eben abtransportieren. Ob Mama ihn je so gesehen hatte? Abwarten lag ihm persönlich eigentlich überhaupt nicht, aber, wenn schon Sesshoumaru … ja, verflixt. Der hatte sich schon früher immer, zumindest für seine Verhältnisse, aufgeregt, wenn er selbst in dessen Kämpfe eingegriffen hatte, egal, wie notwendig ihm das erschienen war. Und der hatte sich auch immer beschwert gleich zu Anfang, wenn Kagome versucht hatte sich in ihre, also die Brüder-Duelle, einzumischen. Das war wohl wieder so eine Youkai-Regel, die ihm leider niemand gesagt hatte.

 

Der weiße Hund wich etwas aus der Beisserei zurück, duckte sich jedoch vorsorglich erneut ab. Leider war sein Gefühl, Kaito könnte stärker geworden sein, nicht unberechtigt gewesen. Das, und der war eindeutig streiterprobter geworden. Im Süden musste sich sein ehemaliger Unterführer sicher mühsam die Hierarchie empor gekämpft haben. Er selbst hatte jedoch, wie bei jedem Kampf um die Rangordnung, sich als fast erstes den Schweif seines Widersachers vorgenommen. Zum Einen rechnete damit kaum jemand – obwohl sie diese, seine, Strategie kennen müssten – zum Anderen diente das einer gewissen psychologischen Taktik. Kein Hund, der seinen Schwanz heben wollte und nicht konnte, vermochte Dominanz auszustrahlen – was er selbst mit beinahe überbetonter Haltung bewies. Zweitens war natürlich auch ein gewisser Schmerz zu verspüren, wie er ihn selbst ja auch bei den Bisswunden und Kratzern empfand, die ihm der Wolf hatte zufügen können. Aber dies war kein Duell das mit solchen kleinen Blessuren ausgestanden wäre. Hier ging es um Alles, und das bedeutete um Leben und Tod. Zum Glück beruhigte ihn das Youki in Entfernung, das er spüren konnte. Seine Jungs waren in Ordnung, Koromi wachsam ….dies bedeutete auch, dass er sich nicht ablenken lassen musste. Oder auch sollte.

Die Kratzer und Bisswunden schmerzten, vor allem sein rechter Vorderlauf, den Kaito im Gelenk zwischen seine Zähne bekommen hatte. Ja, er humpelte, um es klar zu sagen, aber das bedeute in einem derartigem Kampf nichts. Wieso musste er nur plötzlich wieder an Koromi, an Izayoi, denken, an Gelegenheiten, in denen er einen gesunden rechten Arm brauchen … Kaito!

Dem Herrn der Hunde entkam ein Knurren, das tief in seiner Kehle wuchs und eher an ein Donnergrollen erinnerte. Diese Missgeburt von Wolf wagte es seinen Verstand anzugreifen? Vollkommen gleich, woher der das plötzlich konnte, vollkommen gleich, wie sehr der hoffte damit ihn abzulenken – das war doch wirklich…. Er hatte geübt seinen Verstand und seine Selbstbeherrschung zu gebrauchen, als ihm klar wurde, dass er das Höllenschwert einst erben würde und damit beherrschen musste. Die Übungen, die ehedem sein verehrter Vater mit ihm zu diesem Zweck begonnen hatte, hatten ihn über all die Jahre geholfen So´unga im Zaum zu halten. Und jetzt wagte es dieser ehemalige Besiegte ihn solcherart attackieren zu wollen, ihn mit seinen Ehefrauen ablenken zu wollen?

 

Kaito hatte nicht lange abgewartet. Ihm war bewusst, dass der Inu no Taishou vielleicht älter geworden war, schwächer, aber immer noch einer der kampfgestählstesten und erfahrensten Krieger in ganz Japan war. Und, dass der früher oder später hinter das Ablenkungsmanöver kommen würde.

So hatte er nur, wie jahrelang geübt, die Gedankenfalle ausgesendet, aber im gleichen Bruchteil einer Sekunde auch angegriffen, nicht überrascht, dass der Fürst der westlichen Gebiete kurz förmlich erstarrt war, eher beglückt, dass der Trick funktioniert hatte. Er sollte diesen Tanuki wirklich belohnen, dachte er noch, als er mit einem gewaltigen Satz in die Seite, die Flanke, des Herrn der Hunde sprang, den damit förmlich umriss. Und er biss mit aller Kraft, die er hatte, in das nächste Stück Körper, das er finden konnte, den hinteren Oberschenkel.

 

Verdammt! Es war der reine Instinkt, plus die Erfahrung aus Jahrhunderten, die den Taishou dazu brachte sich, als er auf der Seite lag, sich weiter zu drehen, den Schmerz zu ignorieren. Hauptsache war die eigene Kehle von den Zähnen des Widersachers wegzubekommen. Ohne weiter nachzudenken schnappte er zu, spürte Fell und Fleisch zwischen seinen Zähnen. Er musste aus dieser Lage weg, egal wie.

 

Kaito fühlte nur zu schmerzhaft die Erwiderung seines Angriffs, als er das Gebiss des weißen Hundes in seinem Nacken realisierte. Irgendwie schaffte er es sich herauszuwinden, die Attacke abzubrechen und zurück zu springen. Überrascht oder nicht, der Hundefürst war wahrlich ein ernst zu nehmender Gegner. Aber, nicht mit ihm. Der drehte sich gerade mühsam, offenbar doch verletzt auf den Bauch, wollte auf. Das konnte er ihm nicht durchgehen lassen. Er hatte ihn am Boden, er war am Drücker, jetzt musste er nur noch nachsetzen um zu siegen. So sprang er erneut vorwärts.

 

Der Taishou hatte damit gerechnet. Schwäche in einem Kampf zu zeigen lud den Gegner stets ein. Nun ja, umgedreht suchte er ja auch stets seinen Vorteil. Ohne zu zögern ließ er sich erneut seitwärts fallen, damit das Gebiss des Wolfes ins Nichts schnappen, noch während er sich weiter rollte, um alle vier Pfoten in der Luft zu haben. Mit aller Kraft aus der Drehung und den Muskeln stieß er nach oben, spürte die Brust, den Bauch Kaitos, als er ihn über sich hob, aushebelte und durch die Luft fliegen ließ.

Jetzt!

 

Ein einst zu Welpenzeiten gelernter Trick, sich aus der Rückenlage kaum zu bewegen, nur die Schultern zusammenzuziehen und sich so hochzuschleudern, auf den am Boden liegenden Widersacher zu stürzen, war, wie so oft, Rettung in der Klemme.

Der Herr der Hunde landete erneut mit allen vier Pfoten auf Kaitos Brust und Bauch, der nur mehr nach Luft rang.

Dem Wolfsyoukai war klar, dass er verloren hatte. Die Kraft schien wie Wasser aus seinem Körper zu fließen. Und er sah nur mehr eine einzige Chance sein Ende zu vermeiden. Der Herr der Hunde war doch immer schon mild gewesen, nachsichtig … In seiner wahren Form konnte er nicht um Gnade bitten und so sammelte er seine letzte Energie, um sich in seine Menschenform zu verwandeln. Überdies stand der weiße Hund ihm dann nicht mehr auf dem Körper….

Der Hundefürst fühlte die Energie unter sich steigen und ahnte warum. So machte er mehr oder weniger nur einen Schritt beiseite und musterte den Daiyoukai in seiner Menschenform, wie er mit deutlichen Verletzungen, aber ebenso deutlich erschöpfter.

Kaito warf sich flach zu Boden. Wie hatte er einst die Verzeihung bekommen? „Vergebt einem armseligen Diener seinen schweren Irrtum, mein Fürst. Ich ...ich dachte ….“

Der Taishou knurrte etwas. Der Narr hatte gar nicht gedacht. Und dieses Winseln um Gnade kannte er. Er beging Fehler, wer tat das nicht, aber keinen zwei Mal.

Eine große weiße Pfote patschte zu Boden, hinterließ einen tiefen Abdruck – und einen zerschmetterten Körper.

 

Langsam wandte sich der Herr der westlichen Länder ab. Ja, da waren seine Söhne, die ihn ansahen, Inu Yasha anscheinend etwas erschrocken. Koromi kam. Alles war also gesichert. Mit gewisser Erleichterung verwandelte sich der Inu no Taishou in seine Menschenform zurück und überprüfte erst nun seine Verfassung. Der rechte Arm war am Ellbogen gebrochen, Hüfte und Leiste rechts waren von den Wolfszähnen arg in Mitleidenschaft gezogen worden, Kratzer an Brust und Bauch, wo ihn seine schwere Rüstung in Hundeform nicht hatte schützen können. Und sein Youki war erheblich gesunken. Mit der Linken ordnete er instinktiv sein Haarband. Immer perfekt aussehen, höfisch sich verhalten, das hatte er in Jahrhunderten auch erst lernen müssen wie wichtig das war.

Da Sesshoumaru sich in Bewegung setzte, folgte auch der Jüngere.

Beide Söhne blieben vor ihm stehen.

Inu Yasha neigte allerdings nicht den Kopf, sondern starrte ihn an.

Gab es doch noch ein Problem? „Nun?“

„Ihr habt ihn getötet.“

„Ja. Und deutlich schneller, als es das Gesetz vorsieht.“

„Ich dachte, er würde um Gnade bitten.“

„Die hat er einmal erhalten. Und beging Hochverrat. Aber, ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, mein Sohn.“

„Ja.“ Inu Yasha schwieg. Irgendwie war das wohl richtig, wenn man Fürst war. Kagome würde das vielleicht anders sehen, sie plädierte ja immer dafür jedem seine Chance zu geben. Aber, was, wenn jemand diese Chance nicht nutzte? Und, auch das sah er ja, Vater war verletzt, der Arm hing so eigenartig, Blut war auf der hellen Seide ziemlich verbreitet. Immerhin hatte er, trotz der Mahnung am Ende, noch so etwas wie eine Erklärung bekommen. Sesshoumaru guckte auch schon wieder ihn so amüsiert an …. Er sollte wohl wirklich besser den Mund halten und sich von dem Flohopa erklären wissen, wie das denn so mit Hochverrat war. Apropos, wo steckte der denn schon wieder? Ah, auf Vaters Schulter. Und da kam auch schon seine Stiefmutter oder so, also, Koromi.

 

Die Hundedame trug nur ein Schwert in der Hand, das sie dem Taishou hinstreckte. „Ich gebe Euch die Hime zurück, mein Gebieter.“

Er nahm Tsurugi-hime wortlos und schnallte sich die Scheide etwas mühsam um, als er stutzte. Die Hime – bezog sich das auf den Namen der Klinge oder ahnte, wusste sie sogar, dass Izayoi darin existierte? Zuzutrauen war es ihr. „Danke.“ Das war unverfänglich. Ihre Zunge war ebenso scharf wie ihr Verstand – und der ähnelte einem sehr gut geschliffenen Schwert. „Ich werde mich ein wenig im Bad regenerieren.“

„Falls Ihr es wünscht, werde ich Euch gern Gesellschaft leisten.“

Mutter, dachte beider Sohn resignierend.

Der erfahrene Heerführer erkannte allerdings eine Falle, wenn er sie sah. Koromi wusste von Izayoi. Wie kam er jetzt da heraus?

 

 
 

Im Schloss


 

D

er Taishou ließ sich äußerlich nichts anmerken. Er hatte noch gestern behauptet, dass er Koromi nie unterschätzt habe und so hatte er eigentlich auch damit gerechnet, dass sie früher oder später die Magie seiner neuen Klinge entschlüsseln könnte. Aber so rasch? Jedenfalls sollte er um Izayois willen das Angebot ablehnen, um Koromis willen vor den Ohren der Söhne so, dass ihr Gesicht gewahrt blieb. „Ich danke für das Angebot, Teuerste. Ich bitte allerdings um Verständnis, dass einige Verletzungen doch recht lästig sind. Ich bin sicher, wenn ich mich erholt habe, werdet Ihr meine Huldigung angenehmer finden.“

„Wie Ihr wünscht.“ Ein kaum bemerkbares, hauchfeines, Lächeln zuckte um den Mund der Hundedame, zumal als sie den Blick senkte und das Blut von Hüfte und Leiste ihres Ehemannes begutachtete, das langsam dass langsam die weiße Seide so durchfeuchtet hatte, dass die Hose eng am Bein anlag.„Sollte der Heiler nach Euch sehen?“

„Nicht notwendig. Lästig, nicht gefährlich.“ Ein leiser Tadel. Für einen Youkaifürsten war nie etwas gefährlich. Aber ihn freute die doch gezeigte Sorge, die sogar seine überaus korrekte Gemahlin ein wenig unhöflich werden ließ. „ Gehen wir in das Schloss.“

 

Während sich die beiden Söhne wortlos anschlossen, ertappte sich Inu Yasha bei der Frage, was Vater da eigentlich mit Huldigung gemeint hatte. Als es ihm dämmerte, beschoss er, dass diese höfische Sprache wirklich nichts für ihn war. Er hätte gesagt, Kagome, ich bin verletzt, lass mich ein bisschen in Ruhe, dann können wir gern … Äh. Oder so. Es wurde wirklich Zeit, dass er nach Hause konnte. Hoffentlich machte sich Kagome inzwischen nicht zu viele Sorgen um ihn. Jetzt war hier doch alles erledigt und er konnte wieder verschwinden. Nun ja, vielleicht auch mal Vater besuchen oder so. Aber auf Dauer wäre dieses ganze Brimborium einfach zu viel für seine Selbstbeherrschung. Er war sicher früher oder später würde er Vater und Bruderherz gründlich blamieren – und das musste eigentlich ja wirklich nicht sein.

 

Auf der ersten Terrasse des Schwebenden Schlosses bemerkte der Taishou durchaus angetan, dass sein Befehl noch immer befolgt wurde. Wachen an den Türen, keine Frauen in Sicht. Sehr gut. Jede Anweisung musste auch erst wieder aufgehoben werden, so verlangte er es. „Ihr könnt euren Alltag wieder aufnehmen,“ sagte er daher, ehe er sich zu seiner Familie umwandte. „Nach meinem Bad möchte ich Euch, werte Koromi, in meinem Arbeitszimmer sehen. Und euch beide auch. Es gibt einiges zu berichten.“ Ob seine dämonische Gemahlin es gern hören würde, dass ihr Sohn ein Menschenmädchen quasi adoptiert hatte und sie damit zur Oma gemacht hatte? Einer reizend anzusehenden, jugendlichen Oma, freilich. Oder dass sein zweier Sohn von einer Menschenfrau ausgerechnet eine Miko geheiratet hatte, noch dazu aus der Zukunft?

Hm. Er sollte vielleicht einmal mit Kagome über ihre Zeit reden, dachte er, als er in Richtung des Bades schritt. Fünfhundert Jahre in der Zukunft war einiges sicher anders als jetzt. Und wer, wenn nicht seine Schwiegertochter konnte ihm davon berichten? Eine der wichtigsten Voraussetzungen um eine Schlacht zu gewinnen war Wissen. Wüsste er sicher, wie die Zukunft aussah, würde er nicht nur sein eigenes Fürstentum sondern alle Youkai möglichst unbeschadet in die neue Zeit führen können. Ja, das klang nach einem Plan. Inu Yasha würde bestimmt zu Kagome zurück wollen, da könnte er seinen Jüngsten auch immer wieder einmal besuchen. Und Sesshoumaru … hm. Das wäre auch eine Idee. Mal sehen, wie sich sein Erbe zu diesem Vorschlag stellen würde. So oder so würde der auch noch einiges zu lernen haben, um das Fürstentum eines Tages sicher führen zu können.

 

Fast zwei Stunden später traf sich die Familie im Arbeitszimmer des Fürsten. Der Taishou trug nun schneeweiße Seide, blau bestickt, ohne jede Rüstung. Sein Obi zeigte die gleichen Farben. Nach außen verriet nichts mehr die Verletzungen. Aber selbst Inu Yasha bemerkte das noch immer gesträubte Fell der beiden, ja, Schwänze, die von den Schultern seines Vaters über den Boden des Podestes und die Tatamimatte flossen, darunter Tsurugi-hime fast verbergend. Der Energiespiegel war noch immer erhöht, sicher, um die Genesung zu beschleunigen. Er sah, dass sich Koromi direkt vor ihrem Ehemann zu Boden gleiten ließ. Bei der sah das einfach nur unglaublich elegant aus. Nicht einmal der fellbesäumte Kimono widersetzte sich ihr und breitete sich einfach nur aus. Sesshoumaru kniete rechts neben seiner Mutter nieder. Toll. Und wohin sollte sich die kleine Familienschande jetzt platzieren, dachte er unwillkürlich bitter. Hinter seinen Halbbruder? Oder doch neben die Fürstengemahlin? Zurückgesetzt? Da gab es doch bestimmt schon wieder eine Regel die er nicht kannte. Myouga war so etwas von bratfertig, wenn er diesen Floh zwischen die Klauen bekam. Der hatte doch die gesamte Zeit gewusst ,dass er ein Fürstensohn war. Wieso hatte der ihm nur nie etwas davon erzählt? Nun gut, vielleicht hatte der mal davon angefangen, gab der Hanyou zu. Aber als Kleinkind allein im Wald hatte ihn das weniger interessiert als die Frage, wer ihn als nächstes umbringen wollte oder wo er was zu essen herbekam.

 

Der Hundefürst sah durchaus, dass ein Jüngster noch stand und wollte bereits Tadel anbringen, ehe er verstand. „Inu Yasha, setze dich neben Sesshoumaru.“ Natürlich. Der war noch nie in solch einer Lage gewesen und ….wer hätte ihm das auch beibringen sollen. Die Augen des Taishou glitten zu seinem Ältesten, dann warf er einen Seitenblick zu seiner Schulter, wo sich Myouga wohlweislich tief im Fell vergraben hatte. Da wartete auch noch eine Klärung auf ihn. Womöglich konnte man da sogar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Da jetzt auch der Kleine saß, meinte er: „Ich habe meinen Söhnen bereits erzählt, teure Koromi, wieso ich wieder am Leben bin. Natürlich gab es eine Bedingung.“ Er stellte in nur vier Sätzen die Tatsachen fest, ehe er weiter sprach. „Ich holte die Zwei ab und wir gingen nach Maruishima. Eine recht magische Insel. Sie würde Euch gefallen.“

Die Hundedame neigte den Kopf ein wenig. „Möglich, mein Gebieter. In Anbetracht der Besitzer wäre mir allerdings der Boden ein wenig zu heiß.“

Sie wusste es. Wieder einmal fragte sich der Taishou warum eine derart zaubermächtige Frau sich ausgerechnet ihn als Gefährten ausgesucht hatte. Sie wäre – wohl als Einzige ihrer Familie – in der Lage gewesen ihn damals aufzuhalten. Statt dessen hatte sie ihn unterstützt, ja, seinem Vorschlag, den von ihrem gefallenen Vater ausgehandelten Ehebund einzugehen, gebilligt. Sie hatte freilich gestern zugegeben, dass sie die Herrin des Schwebenden Schlosses bleiben wollte, aber auch gesagt, sie wolle den Herrn der Hunde. Nun gut. Das klang schmeichelhaft, aber ihm war zu bewusst, dass für jede hundeartige Youkai eine Paarung, gar Nachwuchs, mit ihm interessant war. Das war jedoch kaum der alleinige Grund. Dass er das Höllenschwert trug und meisterte? Nun, das war im Augenblick gleich. Informationen gehörten ausgetauscht. „Nun, als wir Akumu und dessen Abkömmlinge besiegt hatten, erschien Amatsumara höchstselbst mit Toutousai, seinem Schüler und berichtete von der Lage hier. Natürlich beschloss ich doch einmal nachzusehen, wer glaubte Euch zu einer Ehe zwingen zu können.“ Ein kleiner Test für seinen Jüngsten wäre angebracht. „Inu Yasha, erzähle der teuren Koromi doch einmal, aus was mein Schwert laut dem Vater aller Schmiede besteht.“

 

Ach herrje, dachte der Hanyou entsetzt. Als ob er da so großartig zugehört hatte. Er hatte doch schlicht alles vergessen, als er erfahren hatte, dass Mama … Jetzt sollte er sich freilich nicht vor der versammelten Familie blamieren. Was hatte der Schmiedegott denn bloß erzählt? „ Das war wohl ein wenig kompliziert.“ Wie sollte er sie nur anreden: „Koromi-sama. Es eilte ziemlich und der Schmiede ...Ich meine, Amatsumara nahm die Stücke von einem Schwert, dass der alte Metallbieger, also, Toutousai, ihm gab. Das war Tokejin, das hatte sich Sesshoumaru von einem Kerl namens Kajinbou früher mal schmieden lassen und es war zersprungen. Es besteht aus dem Zahn eines ziemlich fiesen Oni und den Seelen von geopferten Menschenkindern. Das macht den Geist darin deutlich rachsüchtig. Naja, zugegeben, nichts, mit dem chichi-ue oder auch nii-san nicht fertig werden würden.“ Schön den Rest der Familie loben, an dem sie offenbar hing. Vater behandelte sie ja durchaus respektvoll, und er wollte nicht noch am letzten Tag bei diesem einen fatalen Fehler machen, demonstrieren, dass der Hanyou auch der Trottel vom Dienst war. „Ja, also, das schmiedete der Schmiedegott wieder zusammen und packte, weil er es im Jenseits tat, gleich noch die Magie der Unterwelt hinein. Weil es sich eben um Maruishima handelte, und Akumu in der Unterwelt als Staatsfeind Nummer Eins gelistet war, bekam er sogar noch ein Stück von Kusanagi, also, ein winziges, und Genki der ...naja, Omikami Amaterasu dazu. Wenn ich das richtig verstanden habe, sollte die Magie des Jenseits das Genkii und das Youki auseinander halten. Irgendwann dämmerte dem Opa … also, Amatsumara, dass das noch nicht reichte. Um das perfekt zu machen, benötigte er Genki, die Magie des Himmlischen Königreiches, die Zauberei der Unterwelt, und die der Welt der Lebenden. Das wären dann sozusagen Tessaiga, Tenseiga und So´unga auf einem Haufen. Aber es fehlte noch immer zum Youki eine Menschenseele und so fragten sie herum, ob sich jemand bereit erklären würde nicht wiedergeboren zu werden sondern in chichi-ues Schwert zu landen.“

„Sie fanden jemanden.“ In Koromis Stimme lag kein Zweifel. Sie sah auf das Schwert, das in seiner Scheide hinter ihrem Ehemann lag. „Izayoi.“

Besser nicht nachfragen, warum sie sich diesen Namen gemerkt hatte, dachten Ehemann und Sohn gleichzeitig in uneingestandener Panik, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen.

Inu Yasha dagegen freute sich, den Namen seiner Mutter einmal von jemandem außer Vater ausgesprochen zu hören. „Äh, ja, meine Mutter.“

Der Taishou begriff plötzlich. „Ihr habt sie kennen gelernt.“

Sie schloss bestätigend kurz die Augen. „Ja.“

„Aber – wann?“ Und das klang ein wenig nachdrücklich.

 

Koromi neigte den Kopf ein wenig seitlich. Nun gut, das hatte der doch sonst so intelligente Feldherr wohl übersehen. Aber er war ja auch anderweitig beschäftigt gewesen, gab sie zu. „Ihr seid der Landesherr und mit der Magie des Fürstentums verbunden. Als ich die Erschütterung in der Macht wahrnahm, war mir bewusst, dass einiges dafür sprach, dass Ihr … uns vorübergehend verlassen hattet. So ging ich zu der Quelle der Störung. Dort fand ich ein niedergebranntes Schloss, törichte Menschen, die mich aufhalten wollten, und Euren Floh. Auf ….intensive Nachfrage erzählte er mir, dass Ihr Euch einem Kampf gestellt hattet, obschon schwer verletzt durch den Drachen. Ich wollte Euch sehen, aber … nun gut. Es gab nichts, was man mit Tenseiga oder auch meiner Kette noch hätte retten können. Da ich das Erbe meines Einzigen sichern wollte, erkundigte ich mich nach den Schwertern. Eure .. Diener … hatten So´unga getreu Eurer Anweisung bereits in die Zukunft geschickt und der Schmied brachte Tenseiga soeben zu Bokuseno, damit der Sesshoumaru dies als Erbe aushändigen konnte. Wo der Tessaiga versiegelt hatte, konnte der Floh trotz deutlicher Nachfrage nicht beantworten.“ Und dieser Schmied war auf seinem Vulkan unter dem Schutz seines Meisters außerhalb selbst ihrer Reichweite. Er hatte durchaus gewusst, warum er sich stets nur äußerst kurz in den westlichen Ländern aufhielt, solange ihr Sohn vergeblich nach Tessaiga suchte. Allerdings war Sesshoumaru zu stolz gewesen sich an sie um Hilfe zu wenden, das gab sie zu. Erst bei Tenseiga und dem Meidou hatte er langsam eingesehen, dass man eine wohlmeinende Mutter durchaus auch befragen könnte.

 

Der Taishou spürte nur zu gut, wie hektisch sich Myouga an sein Fell klammerte und vermutete zu Recht, dass diese Befragung überaus intensiv gewesen war. „Weiter, werte Koromi.“

„Er gab aber immerhin an, dass Ihr Izayoi wohl befohlen hattet mit Inu Yasha zu fliehen.“ Inu Yasha. Er hatte seinen Sohn noch anerkannt. Sie verschwieg allerdings ihre Meinung dazu, eine Wöchnerin samt Neugeborenen in die Nacht und den Schnee zu schicken, zumal eine Menschenfrau. „Ich empfand es als meine Pflicht in Vertretung meines Sohnes, Eures Erben, Euren zweiten Sohn zu schützen und folgte ihnen.“ Das war wirklich nicht weiter schwer gewesen, dieser törichte Trupp Soldaten, der sie mit Brandpfeilen angegriffen hatte, hatte wohl nicht einmal bemerkt, dass sie bereits tot waren.

Inu Yasha spürte, dass sein Mund aufklappte und sah hilfesuchend zu seinem Vater, aber der Taishou musterte seine erste Ehefrau mit mehr als Interesse.

So fuhr Koromi fort: „Ich fand die Beiden unter einem großen Baum.“ Izayoi war vollkommen erschöpft gewesen, nun ja, ein Mensch. Dennoch hatte sie sofort gewusst, wer die Youkai vor ihr war und hatte, nicht ganz zu Unrecht, angenommen, sie sei gekommen um sich zu rächen. Sie hatte sie dennoch ohne Furcht angesehen und gesagt, sie wolle nicht mehr Leben, wenn der Taishou tot sei. Sie bat nur darum, dass sie ihren, seinen, Sohn, in ihre Obhut nehmen solle. Koromi gab zu, dass ihr sowohl der unleugbare Mut im Angesicht des Todes durchaus ebenso imponiert hatte wie der Gedanke an das Baby, das sie ja sowieso hätte nehmen wollen. So hatte sie sich erkundigt, wohin diese Frau eigentlich wollte. Zu ihrer Familie, hatte Izayoi berichtet. „Da sie angab, sie wolle zu ihrer Familie nach Heinan, sagte ich, ich würde sie begleiten.“ Heinan – und sie selbst hatte nicht mitgedacht. Nun, was interessierten sie in aller Regel auch die Namen menschlicher Siedlungen, die rasch wieder verblassten. Erst, als sie Izayoi den Hanyou abgenommen hatte, sich ihre Finger zufällig berührt hatten, hatte sie den Funken verspürt. Genki. Genki, die göttliche Energie und Heinan, die Residenz des Kaisers und Nachkommen der Sonnengöttin. Wie hatte sie auch annehmen können, der Herr der Hunde würde eine gewöhnliche Menschenfrau zu sich empor heben. Sie war niemand, der seine Fehler nicht einsehen konnte, und sie war froh um ihre Entscheidung gewesen sich um den Bastard und die zweite Ehefrau zu kümmern. Diese anzugreifen oder auch nur zu vernachlässigen hätte Ärger mit Leuten geben können, die nicht einmal sie gern vor der Tür sah. „Es dauerte drei Wochen bis wir dort waren. Natürlich blieb ich außerhalb.“ Eine Prinzessin des kaiserlichen Hauses würde kaum auf Schwierigkeiten stoßen, eher eine Daiyoukai. „Auf dieser Reise lernten wir uns kennen.“

Ja, dachte der Taishou überrascht. Und er hätte schwören mögen, über was oder über wen sie hauptsächlich gesprochen hatten. Sein Ältester schien ebenfalls mehr als erstaunt. Genauer, der betrachtete seine Mutter, als sähe er diese das erste Mal. Das der Kleine verwundert war, nun gut.

Koromi wandte sich seitwärts. „Sesshoumaru. Hast du angenommen meine Anweisung käme umsonst?“

Nein, dachte der junge Daiyoukai, der immerhin zum ersten Mal die Erklärung für die seltsamen Befehle seiner Mutter erhielt, dass er Inu Yasha erst angreifen dürfte, wenn der sich wehren könne. Natürlich. Sie hatte Tage, Wochen, ihrer Zeit geopfert um den zu retten. Und dessen Mutter, denn was hätte sie auch selbst mit einem Baby-Hanyou getan. Mutter liebte es keineswegs ihre Mühen verschwendet zu haben, schon gleich gar nicht durch die Schuld ihres Sohnes. Besser höflich bleiben. Vater guckte auch schon so. „Nein, haha-ue.“

 

Verehrte Mutter, dachte Inu Yasha, so also sprach der sie an. Nun ja, eben auch wie Vater, bloß in weiblich. Diese Frau hatte also Mutter geholfen sich und ihn nach Heinan zu bringen? Wieso hatte ihm das nur niemand gesagt, je, irgendwann? Schön, Mama hatte vielleicht gedacht sie bekäme Schwierigkeiten, noch mehr, als ihr mit dem Hanyou im Arm schon gemacht wurden. Aber Myouga hätte doch..., der hatte doch wissen müssen….Ah, der wusste genau, warum er sich auf Vaters Schulter verbarg! Mit dem würde er noch einige Haare rupfen, genau so viele, wie dieser vergessliche Flohopa noch hatte!

Die Hundedame schwieg einen Moment, ehe sie den Kopf höflich neigte. „Darf ich Euch bitten, werter Taishou, mir Tsurugi-hime zu geben? Ohne Scheide.“

Der Herr der Hunde gehorchte, sicher, dass sie etwas plante – und ebenso sicher, dass es weder negativ für ihn noch seine Söhne und schon gar nicht die arme Izayoi wäre.

Koromi nahm die Klinge behutsam mit beiden Händen und hielt sie quer vor sich. „Der Vater aller Schmiede versteht sein Handwerk. Ich kenne mich in dieser Kunst nicht aus. Allerdings verstehe ich viel von Magie. Amatsumara war in Eile, vermutlich wurde er auch unter Druck gesetzt rasch zu arbeiten. Fehler passieren.“ Sie ließ mit der Linken die Klinge los und hob sie aufrecht vor sich, streckte den Arm aus. „Ja, Magie der drei Welten. Ein Schwert, mit dem man die Welt beherrschen könnte, wenn man es denn wollte, werter Taishou. Und ein Schwert, das allein für Euch gemacht wurde. Es wird Euch nie im Stich lassen – nicht einmal im Jenseits.“

Ja, wollte der Hundefürst erwidern, das hatte ihm schon der Shinigami und auch Amatsumara gesagt, aber … Er kam nie dazu ein Wort auszusprechen. Ohne erkennbare Vorbereitung oder Änderung in der Miene drehte Koromi Tsurugi-hime und stieß sich das Schwert in die Brust.

 
 

Koromi und Izayoi


 

W

ohl noch nie in ihrer jahrtausendealten Geschichte hatten die kunstvollen Schnitzereien und bemalten Papierwände des fürstlichen Arbeitszimmers diesen Youkiausbruch und diese Hektik in Sekundenbruchteilen erlebt.

Noch während Koromi durch den Stoß des Schwertes zurück wankte, legte sich der Arm ihres Sohnes um sie. Eine Geste, die nicht nur seine Eltern, sondern auch er selbst erst später realisieren sollten, da sie sie alle für undenkbar gehalten hatten. Inu Yasha sprang auf, nur um festzustellen, dass sein Vater bereits auf beiden Beinen stand – und dieser erstarrte.

Der Hanyou wollte zu der Verletzten, aber der Taishou befahl scharf: „Lasst!“ Das galt dem kompletten Nachwuchs.

Beide Söhne sahen erst in diesem Moment, dass sich die Hundedame Tsurugi-hime nicht in die eigene Brust gestoßen hatte ,sondern in das schwarze Medaillon, das sie an einer Perlenkette trug. Aber, das war doch unmöglich. Das Medaillon war keine Handbreit hoch, oder tief, wie man das nennen wollte, aber die Klinge steckte bis zum Heft darin? Koromi hatte die Augen geschlossen, aber Sesshoumaru, der noch immer den Arm um sie gelegt hatte, spürte förmlich ihre Konzentration, ihre Magie. Ihr Youki stieg in bemerkenswerte Höhen.

Ohne aufzusehen, sagte sie leise: „Zieht das Schwert.“

Der Hundefürst bezog das als Eigentümer nicht ganz zu Unrecht auf sich und trat näher, fasste fast unsicher den Griff. Magie, dachte er, eine ungeheure Magie. Und, wenn er sich nicht täuschte, die des Jenseits. Er hatte wahrlich lang genug dort verharrt, hatte Tenseiga getragen …. Was Koromi geplant hatte, war klar. Nur, warum? Und, welche Wirkung würde das nicht zuletzt auf sie und auf Izayoi haben? Natürlich auch auf Tsurugi-hime selbst? Nicht, dass er ein so mächtiges Schwert der drei Ebenen der Welt je hätte besitzen wollen.

Als er die Klinge aus dem Meidou-Stein zog, begann diese zu flirren, blau leuchtend, gleißend. Unwillkürlich zog er die Augen zusammen, ohne wegsehen zu können. Etwas Helles, Blaues, wie eine Säule erhob sich aus der Klinge, flimmernd, aber zeigte immer mehr eindeutig die Umrisse einer Frau.

Langsam, behutsam, zog er weiter, bemüht, die Magie nicht jetzt noch zu brechen. So nahe, oh, so nahe am Ziel.

 

Inu Yasha sah fast erstarrt zu, erkannte in der Gestalt immer deutlicher die Umrisse seiner Mutter, die langsam von dem Schwert glitten, sich auf dem Boden immer mehr verfestigend. „Mama….?“ hauchte er., wurde allerdings von allen drei Youkai im Raum ignoriert. Nun ja, das kannte er, wenn er an Kagome, Miroku, Kikyou dachte, Sie konzentrierten sich und er sollte die Klappe halten. Aber – was machten die da? Das war doch unmöglich? Unmöglich, was hieß das schon, wenn der tote Vater lebendig wurde, Tenseiga Wunder bewirkte…. Oh ja, bitte, Ein Wunder. Mama!

 

Der Taishou hatte nun Tsurugi-hime wieder fest in der Hand und fixierte nur die Frau, die sich neben, vor ihm, immer mehr verfestigte, ihn ihrerseits ungläubig anstarrte. „Izayoi….“ war alles, was er hervorbrachte, Selbstbeherrschung hin oder her. Sie sah so echt aus, so lebendig. Er meinte ihr Herz schlagen zu hören. Als er jedoch sah, dass sie zusammenbrach, reagierte er prompt. In einer Hand seine menschliche Ehefrau, in der anderen das Schwert, das er nicht einmal in die Scheide schieben konnte, weil er SIE hielt. Aber, sie fühlte sich so warm an, so real, so … lebendig. „Danke, teure Koromi,“ sagte er irgendwie noch in jahrhundertelang antrainierter Höflichkeit, ehe er in seinen Arm sah. „Izayoi?“

„Es geht… anata.“ Mit einem gewissen Lächeln, nur ein Schemen ihres früheren, aber doch, ergänzte sie: „Ich hatte nur gewisse Zeit keine Beine … Ich… lebe wieder?“

„Ja.“ Der Taishou lächelte kurz, um das Ziehen in seinem Herzen zu überspielen. Eindeutig, sie lebte wieder. Und das würde er Koromi nie vergessen. Nur, warum hatte sie das getan? Er sah kurz auf. Inu Yasha starrte seine Mutter an, nun ja, der arme Welpe hatte sie auch lange nicht gesehen. Sesshoumaru hatte seine Mutter wiederum freigegeben und die Hundedame richtete sich etwas matt auf, nahm sich allerdings rasch formell zusammen. „Du lebst, dank Koromi, die uns, hoffe ich doch, erklären kann, was hier gerade passiert ist.“ Denn er konnte an der Klinge in seiner Rechten spüren, dass sie noch immer eine überaus magische Waffe war, mit aller Magie wie zuvor. Was hatte diese Daiyoukai da nur getan? Da er spürte, dass sich Izayoi aufraffte gab er sie frei. Nicht notwendig menschliche Schwäche vor Koromi und Sesshoumaru zu demonstrieren.

Izayoi war noch immer ein wenig irritiert, verneigte sich allerdings höflich vor der Hundedame. „Koromi-sama. Ich bin erfreut Euch wiederzusehen.“

„Die Freude liegt auf meiner Seite, Izayoi-chan.“

Bei diesem Satz der ersten Fürstengemahlin begegneten sich die Blicke von Ehemann und Sohn doch etwas fragend. Seit wann war sie dermaßen fürsorglich – zu einem Menschen? Was war da auf dieser Reise gewesen? Hatten sich die beiden Prinzessinnen etwa angefreundet? Bei Koromi eigentlich undenkbar.

„Mama!“ machte Inu Yasha auf sich aufmerksam, dem das höfische Protokoll ziemlich egal war. Er machte einen Schritt auf sie zu, zögerte dann jedoch, da sie ihn so verwundert ansah.

„Inu Yasha ….“ Jetzt erst breitete sie die Arme aus und er flog förmlich hinein. „Ich habe dich solange nicht gesehen, nur die letzten Tage hören können. Du bist groß geworden. Sie haben sich wohl gut um dich gekümmert…“

„Äh, ja.“ Der Hanyou wollte sicher nicht die Stimmung zerstören und drückte sie, so fest er sich traute, an sich. Außerdem stimmte es ja. Vater, seit er wieder lebte, hatte sich Mühe gegeben. Er selbst ja auch. „Mama, du, ich bin verheiratet.“

„Oh. Ist sie ein nettes Mädchen? Youkai oder Mensch?“

Das klang so neutral. Erleichtert erklärte er: „Sehr nett. Und eine menschliche Priesterin. Äh, chichi-ue hat sie schon kennen gelernt.“

 

Der vermeintliche Herr des Hauses hatte inzwischen sein Schwert wieder in die Scheide geschoben, sich gesetzt und das hinter sich gelegt. Jetzt befahl er allen: „Setzt euch. Es gibt wohl einiges zu bereden.“

Inu Yasha wollte schon wieder auf seinen vorherigen Platz neben Sesshoumaru, aber seine Mutter zupfte ihn am Ärmel. Sie selbst nahm neben Koromi links Platz und schob ihn mehr oder weniger unauffällig auf ihre linke Seite. Er begriff. So waren beide Ehefrauen in der Mitte, die jeweiligen Söhne neben der Mutter. Klang logisch, aber woher hätte er das bitte wissen sollen? Da allerdings niemand etwas dazu sagte, ließ er sich nieder, spürte mit unsagbarer Glückseligkeit, wie Mamas Hand im Schutz des weiten Kimono sich auf seine rechte Klaue legte. Seine Eltern waren wieder da. Jetzt fehlte nur noch Kagome und er würde vor Glück vermutlich zerspringen.

 

Der Taishou hatte sich dagegen von seinem gewissen Schock erholt und eilends nachgedacht. So blickte er zu seiner Youkai-Ehefrau. „So dankbar ich Euch bin, werte Koromi – ich weiß nur zu gut, dass der Tod nichts umsonst freigibt. Überdies sagte Amatsumara zu mir, dass eine menschliche Seele nötig sei um Tsurugi-hime im Gleichgewicht zu halten. Es mag sein, dass Euer guter Wille Übles angerichtet hat.“ Ganz zu schweigen von irgendwelchem Ärger im Jenseits, auf den er nach gewisser Erfahrung doch verzichten konnte. Auch Emna Daio war gerecht – aber unterstand dennoch Befehlen von ganz oben.

 

Die Hundedame strich ein wenig über ihre Schulterfelle, eine mehr unbewusste Reaktion auf den leichten Tadel, ehe sie erwiderte: „Natürlich habt Ihr recht, werter Taishou. Der Tod gibt nichts umsonst frei.“

„Ich höre.“

„Während Ihr gegen diesen lästigen Kaito kämpftet, nahm ich die Magie meines Meidou-Steines zu Hilfe um mich mit gewissen Kräften im Jenseits zu treffen.“ Natürlich nicht im Wortsinn, aber man konnte sich unterhalten. Sie hätte nicht einmal sagen können, wer ihr Gegenpart gewesen war, vermutete jedoch eine Frau. „Ich wollte eigentlich nur wissen, ob meine Vermutung, dass Izayoi freiwillig in der Klinge sei – und dort auch bleiben wollte, ja, musste, stimmte. Mir wurde gesagt, dass es durchaus eine Möglichkeit gäbe, Izayoi wieder aus der Klinge zu holen, unter mehreren Bedingungen. Zum Einen, wie Ihr bereits sagtet, der Tod gibt nichts umsonst – es müsste eine Gegenleistung geboten werden. Und zum Zweiten müsste sicher gestellt sein, dass Tsurugi-hime in Eurer Hand bleibt. Wenn ich das richtig verstanden hatte, und der Bericht, den Inu Yasha über diese Klinge gab, bestätigte das, war Izayoi notwendig. Die reine Seele eines Menschen. Darum, und durch ihre freie Entscheidung, ist Izayoi an das Schwert gebunden. In alle Ewigkeit. Darum wird sie auch bei Euch bleiben, solange diese Welt existiert. Sie ist die Wächterin der Klinge. Aber, da ich das Angebot machte, und es angenommen wurde, kann sie sich für gewisse Zeit und gewisse Entfernung von Euch trennen. Solltet Ihr, werter Taishou, allerdings der Macht von Tsurugi-hime bedürfen, so wird sie unverzüglich in den Stahl zurückkehren.“ Koromi blickte kurz auf die Menschenfrau, die zu Boden starrte. „Izayoi wird ebenso lange leben wie Ihr, Taishou. Und sie kann Euch helfen. Falls Ihr allerdings sterben solltet… ich meine, vorübergehend….kann und wird sie Euch begleiten. Ihr werdet zusammen in der Unterwelt existieren.“

Der Taishou atmete tief durch. „Hast du das gewusst, Izayoi?“ Da sie nickte: „Ich bin aufrichtig dankbar. Und ich weiß nicht so genau, wie ich das je ausgleichen kann. Das bedeutet ja auch, du kannst Inu Yasha sehen und besuchen… mach Platz.“ Da sich der aufgesprungene Hanyou prompt wieder niederließ, weniger in diesem Moment aus Gehorsam, als weil bei dem doch alt bekannten Befehl erst einmal die Beine unter ihm weg sackten: „Stimmt das, Izayoi-chan?“

„Ich denke, ja,“ erwiderte die Menschenfrau leise. „ich bin mir nur nicht bewusst, was noch alles geschehen wird. Ich bin weder Youkai noch Magier.“

„Koromi?“ wandte sich der Hundefürst an diese.

„Dessen bin ich mir nicht sicher, mein Gebieter.“ Nur ein kaum bemerkbares Aufflirren ihres Youki verriet ihre Nervosität, ob sie nicht doch mehr Unheil angerichtet hatte, als sie gedacht hatte.

 

Inu Yasha suchte nach Atem und Nachdenken. Mama lebte wieder, aber warum? Warum durch die Frau, die doch die Konkurrenz … ja, Mehrehe war für Fürsten ja in Ordnung, aber wenn Koromi auch nur einigermaßen Sesshoumaru erzogen hatte, müsste sie doch Menschen verabscheuen, verachten … oder? Immerhin war Papas Befehl an ihn, den der ja durch Kagome kannte, vermutlich gut gewesen, um sich nicht selbst vor der Familie zu blamieren. Da zu stehen, wenn alle knieten, möglichst noch mit offenem Mund – nun ja, er hätte nicht nur sich als Idioten dargestellt, sondern auch womöglich Mutter in eine peinliche Lage gebracht. Chichi-ue hatte ihn und Mama beschützt. Wie immer. Verdammt, er sollte wirklich auf den Typen hören, egal, wie dämlich ihm manches vorkam. Der meinte es gut mit ihm. Ja, da hatte Kagome auch Recht gehabt, wie eigentlich immer.

 

Der Hundefürst musterte inzwischen nicht ohne Grund Ehefrau Nummer Eins. „Welchen Preis habt Ihr für Izayois Leben geboten?“

Koromi blieb sachlich. „Mein Kind.“

Diesmal galten die fassungslosen Blicke aller im Raum ihr.

Danke, Mutter, dachte Sesshoumaru, der nun wirklich nicht unterstellt hatte, dass sie der personifizierte Inbegriff mütterlicher Liebe war, aber doch angenommen hatte, sie würde ihren Einzigen nicht buchstäblich in die Hölle … oh, Moment mal.

 

Koromi plante sicher nicht ihre weibliche Unfähigkeit und Schwäche vor Ehemann und Sohn auszubreiten. Kinder zur Welt zu bringen war schließlich und endlich die Bestimmung einer Frau. Aber, nach allem, was sie mit und um die Geburt Sesshoumarus mitgemacht hatte, hatte sie nie Wert darauf gelegt ein zweites Kind zu bekommen. So gesehen war ihr die Entscheidung leicht gefallen. Und, aus irgendeinem Grund hatte sie durchaus das Gefühl gehabt, ihre Gesprächspartnerin verstünde das. Nun ja, wenn sie sich recht entsann war die Herrin der Unterwelt bei der Geburt ihres feurigen Sohnes gestorben. So ergänzte sie nur: „Alle meine zukünftigen. Werter Taishou, ich werde Euch außer meinem Einzigen kein Kind mehr schenken können.“

Während Sesshoumaru doch unmerklich aufatmete, musterte der Hundefürst seine Angetraute. Er wusste nur zu gut, dass sie nie etwas tun oder entscheiden würde, das nicht auch ihr half. Allerdings – der Trip und die Verhandlungen mit der Unterwelt mochten auch sie an den Rand getrieben haben. „Es geht Euch jedoch gut, werte Koromi?“

„Danke, ja.“ Sie sah beiseite. „Ich würde Euch bitten Izayoi ein Zimmer im Schloss zuweisen zu lassen. Ich würde dazu das neben dem meinen vorschlagen.“

Der Herr der Hunde stutzte. Der Raum neben ihre Schlafzimmer war eigentlich ihm vorbehalten. Immerhin gab es da einen direkten Durchgang. Andererseits: es wäre für Izayoi, ihren Rang und ihren Ruf in einem Youkaischloss nur zu gut, wäre sie praktisch gleichrangig mit der ersten Ehefrau. Eine gute Idee – und sehr sachlich, werte Koromi, dachte er. Nun, er hatte sie auch nie für eifersüchtig gehalten, dazu war ihr Verhältnis doch zu nüchtern. Sie hätte allerdings nie eine Geliebte im Schloss toleriert und er das auch nie getan ….Moment. Warum war sie gegenüber Izayoi so nachsichtig und was war in diesen drei Wochen geschehen? Seine Zweifel schwanden allerdings, als Izayoi den Kopf neigte.

„Ich danke Euch, Koromi-sama. Ihr seid; wie immer, sehr freundlich gegenüber einer schlichten Menschenfrau.“

Die Hundedame hätte um ein fatales Haar gesagt, dass Izayoi ja auch den Preis dafür kennen würde, aber das hätte nur unnützen Ärger bedeutet. Für alle. So neigte sie nur den Kopf. „Ich darf mit Eurem Einverständnis, werter Taishou, die Dienerschaft anweisen…?“

„Ja.“ Äh, und was jetzt? Er hatte nie im Leben – oder Tod – mit einer solchen Lage gerechnet und suchte eilig nach einer logischen Lösung. „Natürlich. Izayoi, wie es Koromi so nett sagte, Izayoi-chan – wenn du dich ein wenig eingerichtet hast, steht dir auch das Bad zur Verfügung. Bei Sonnenuntergang möchte ich dich in meinem, dann neu eingerichteten, Zimmer finden.“ Da sich beide Ehefrauen nur gehorsam verneigten, sah er zu seinem Nachwuchs. „Ihr beide – morgen bei Sonnenaufgang auf dem Übungsplatz. Unbewaffnet.“

Natürlich, dachte der Erbe des Hauses resignierend. Warum hatte er auch angenommen, chichi-ue habe das angekündigte Straftraining vielleicht, eventuell, vergessen?

Inu Yasha dagegen war beglückt, dass Vater nach allem Aufruhr um seine Ehefrauen und diesem lästigen Kaito das Versprechen nicht vergessen hatte mit ihnen zu üben. „Danke, chichi-ue.“

Was ihm immerhin irritierte Blicke dreier Personen im Raum eintrug.

 

Izayoi lehnte seltsam angespannt im warmen Wasser. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatten sich Youkai vor ihr verneigt, ja, niedergekniet und einer Dienerin, die das zu langsam getan hatte, war Koromi wie beiläufig auf die Finger getreten. Selbst als Mensch hatte man das Knirschen der Knochen vernehmen können. Natürlich würde es heilen, aber … Nun ja. Sie wusste auch, was geschehen würde. Immerhin hatten sie sich so näher kennen gelernt – die Hundefürstin und die Menschenprinzessin, Ein Trupp Youkai hatte sie überfallen wollen. Welche Sorte – Izayoi wusste es nicht. Sie wusste nur, dass Koromi aufgemerkt war, ihr befohlen hatte, sich an einen Stein zurückzuziehen, Inu Yasha daran zu hindern zu weinen. Dann hatte sie sich in ihre Hundeform verwandelt und war losgestürmt, irgendwo in den Wald hinein. Izayoi hatte Schreie gehört, die immer weniger wurden, dann war Koromi zurück gekehrt, sichtlich verletzt, blutend. Instinktiv war sie aufgesprungen. „Kann ich Euch helfen?“

„Wir sind vorhin an einer warmen Quelle vorbei gekommen.“

So waren sie dorthin gewandert und sie hatte auf Anweisung der Daiyoukai ihr beim Ausziehen geholfen, fast erschrocken über die blutverkrusteten Kratzer, die sie zeigte. Aber sie wusste, dass sie nichts sagen durfte. Das würde rasch heilen. Auf Aufforderung war sie mit in die Quelle gestiegen, den Kleinen dabei in die Kleidung bettend. Und sie hatte unwillkürlich begonnen, die sichtlich angespannte Hundedame zu massieren. Schultern, Fell ….Und Koromi hatte es genossen. Nun, nicht nur zu diesem Zeitpunkt. Izayoi gab gern zu, dass ihr selbst die Antwort ebenso gefallen hatte.

 

Die Hundedame betrat das Badezimmer, wie üblich bereits ausgezogen und abgewaschen. „Izayoi-chan. „Nie, außer bei ihren Berührungen, hatte sie dieses Kribbeln im Fell verspürt. Sie nahm an, dass es das uralte, ererbte Genki sei. Aber es war ähnlich den Gefühlen, wenn der Taishou … nun, wenn er sein eheliches Recht gewollt hatte. Ähnlich und doch so ganz anders. „Der Tod steht dir gut.“

„Ich danke Euch,“ erwiderte Izayoi schlicht. „Ich vermute, ich darf Euch ein wenig … massieren?“

„Hast du etwas dagegen?“ Aber Koromi stieg in das Becken.

„Nicht wirklich. Aber … er lebt wieder. Ist das nicht ….Betrug am Ehemann?“

„Nein, sicher nicht.“ Die Hundedame neigte den Kopf seitwärts. „Oder könnten Menschen solcherart Kinder bekommen?“

„Nein, natürlich nicht. Dennoch, falls er etwas bemerken sollte ….“

Ja, das würde Ärger geben, dachte Koromi. Männer, selbst so eigentlich vernünftige wie der Taishou, waren bemerkenswert einfältig wenn es um Eigentum und Ehre ging. „Ich glaube, ich habe einen Plan.“ Sie spürte, wie sich die Härchen ihrer Boa aufrichteten, in Erwartung des Prickelns des Genki.

Izayoi lächelte, ehe sie behutsam über das Schulterfell fuhr und es zu kraulen begann. Eigentlich waren Hundeyoukai eben auch nur Hunde. Selbst die Daiyoukai unter ihnen.

 

Der Hundefürst, dessen Oberbekleidung nur aus seinen zwei weißen Fellteilen bestand, die von seinen Schultern sich über den Boden wanden, blickte auf, als die Tür zu seinem Schlafzimmer beiseite geschoben wurde. Zu seinem unausgesprochenen Entzücken kam Izayoi. Sie hatte gebadet und sah aus wie vor so langer Zeit. Wunderschön, mit sanftem Lächeln.

„Du hast dich nicht verändert,“ sagte er leise. „Aber, es war eine recht verrückte Idee in mein Schwert zu kommen.“

„Es war eine Chance bei dir zu sein, Liebster.“ Sie ließ sich neben ihm nieder, nur im kurzen Yukata. „Und ich denke, die einzige, die ich je bekommen würde.“

„Ja. Ich hatte zwischendrin immer das Gefühl, dass du in Tsurugi-hime steckst, aber ich konnte es nicht glauben. Ich hoffte, wir würden, falls dem so wäre, uns miteinander verständigen können., uns unterhalten. Aber so ist es viel besser.“ Er legte fast zögernd den Arm um sie.

„Unser Kleiner ist groß geworden,“ meinte sie leise. „Verheiratet…. Wie viel Zeit ist vergangen?“

„Fast zweihundert Jahre. Er altert mehr wie ein Youkai.“ Nun gut Inu Yasha hin oder her, aber das war momentan zweitrangig. Er war wieder am leben, sie war am Leben, es hatte Wunder gebraucht um das zu schaffen, aber die waren geschehen. Und jetzt sehnte er sich nach etwas, das Leben bedeutete.

Izayoi empfand durchaus ähnlich und so ließ sie sich küssen, zuerst vorsichtig, dann, als sie vertraute Erinnerungen fanden, immer intensiver. Der Taishou drehte sich etwas, ohne sie freizugeben, zog sie mit sich, auf sich zu Boden.

Nur, um sie jäh freizugeben, als er spürte und hörte, dass die Tür seines Schlafzimmers sich erneut öffnete und Koromi eintrat. Er wollte auffahren, fühlte jedoch eine Menschenhand, die ihn sanft wieder zu Boden drückte. Natürlich hätte sie das nie vermocht, aber er gab nach, als er die Blicke seiner Ehefrauen sah, das Lächeln, das sie sich teilten.

„Ist es erlaubt mitzumachen, werter Taishou?“

Er erkannte, das würde eine sehr prickelnde – und recht anstrengende – Nacht werden. Und er Narr hatte für morgen früh ein Straftraining für die Jungs angesetzt!

 
 

Übungskampf


 

A

ls der Herr der westlichen Länder im Morgengrauen durch das Schwebende Schloss schritt, fühlte er eine angenehme Müdigkeit. Er hoffte allerdings, dass seine Langsamkeit von den anderen Youkai seiner Würde als Fürst und die gewisse Lendenlahmheit dem Duell mit Kaito zugerechnet werden würden. Jedenfalls war das eine perfekte Art gewesen sich zu vergewissern, dass er wieder am Leben sei und er vermutete, dass es Izayoi ebenso ergangen war.

Jetzt allerdings waren die Herren Söhne dran, die Welpen hatten doch einiges nachzuholen, was Selbstbeherrschung und Erziehung betraf. Seine ursprüngliche Idee sich ihnen mit einem Schwert in der Hand gegenüber zu stellen und sie ein wenig laufen zu lassen, hatte er heute Morgen aus mehreren Gründen verworfen. Sie waren beide kampferprobt und stark. Es wäre nicht gesagt, dass sie es nicht schaffen würden ihn zu entwaffnen, zumal gemeinsam. Gut, das war zwar unwahrscheinlich, sie pflegten kaum miteinander zu arbeiten, aber das wäre dennoch eine zu große Beleidigung seines eigenen Stolzes. Überdies fühlte er sich irgendwie, nun ja, noch etwas angeschlagen. Natürlich nur, da die Verletzungen durch Kaito zwar nicht mehr äußerlich sichtbar waren, aber noch nicht alle Knochen, wie sein Arm perfekt heil. Die Nacht hatte beileibe kaum an seinen Kräften gezehrt ...

Nun, warum nicht anders. Sein Plan beinhalte ebenso zu sehen, wie sie sich anstellten, wenn sie einmal nicht ihre gewohnten Klingen führen konnten.

 

Als er zum Übungsplatz kam, eilte Gin, der Anführer der Schlosswachen, unverzüglich auf ihn zu und verneigte sich, froh, bereits hier zu sein. Was der Herr nur schon wollte? Hatte es etwa einen Fehler gegeben?

„Die Prinzen sollten gleich erscheinen. Zwei Schwerter für diese, einfache,“ befahl der Hundefürst, durchaus zufrieden, dass Gin offenbar bereits dabei war das Training der Wachen vorzubereiten. „Eure Übung fällt heute aus.“ Tora würde auch noch auf seine Anweisungen warten, was mit den gefangenen Wölfen zu geschehen hatte. „Schicke jemanden zu Tora. Sowohl ihr als auch er und seine Leute werden diese törichten Wölfe nach Süden begleiten. Deren Waffen und Rüstungen bleiben hier.“ Sie sollten ihm dankbar sein, dass sie lebten – man musste sie ja nicht noch mit Waffen ausstatten. Es gab nur wenige Schmiede für Youkai, das lohnte sich auch für ihn.

„Ja, oyakata-sama.“ Oh,oh. Das sah nach einer längeren Einheit für die Prinzen aus. Straftraining? Aber der Befehl war klar gewesen und damit würde kaum jemand eine Chance haben zuzusehen. Was wirklich sehr bedauerlich sein dürfte. Allerdings trug der Fürst keine Rüstung. „Ich bringe die Klingen sofort.“

Das bedurfte keiner Antwort. Der Inu no Taishou wandte sich um, da er das Youki seiner Söhne spüren konnte. Immerhin waren sie pünktlich, denn die Sonne hatte gerade vollständig den Horizont verlassen. Und, sie kamen gemeinsam, wenngleich sein Ältester etwas angespannter wirkte, wenn man ihn kannte. Nun ja, sie gingen wohl von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. Sesshoumaru wusste, was Straftraining war – Inu Yasha schien das als Gelegenheit zu nutzen besser zu werden, sich mit seinem Vater zu vergleichen. Und beide neigten die Köpfe vor ihm. Was für ein Unterschied zu ihrer ersten Begegnung. Ja, doch, lernen. Für alle. Er selbst sollte sich da nicht ausnehmen. „Gin wird euch gleich Schwerter bringen. Ohne Magie.“ Er sah die unwillkürlichen, abwehrenden, Bewegungen. „Ihr nutzt eure Klingen im Kampf mit ihrem Zauber, das ist natürlich in gewisser Weise verständlich. Jedoch kein filigranes Fechten. - Danke, Gin.“

 

Der Hundeyoukai überreichte die Schwerter und machte sich lieber eilig aus dem Staub. Eine Strafpredigt des Fürsten an seine Söhne sollte man schon aus Eigeninteresse nicht anhören. Sesshoumaru-sama hatte schon immer eigene Ansichten über tödliche Beleidigungen gehabt, und es stand kaum zu erwarten, dass der Jüngere großartig anders wäre. Koromi-sama schätzte dessen Mutter und das konnte nur bedeuten, dass diese Menschenfrau zwar über kein Youki aber eine andere ungeheure magische Macht verfügte – und immerhin lebte deren Sohn ja auch noch.

 

„Aber,“ begann Inu Yasha, ehe er sich daran erinnerte, dass er eigentlich wohl den Mund halten sollte. Der Herr Halbbruder schien schon wieder so amüsiert.

Der Fürst hielt sich jedoch an seine Erkenntnis, dass man dem Jungen wohl einiges erklären musste – und dazu hatte er auch bereits einen Plan. Jetzt sagte er nur: „Nun?“

„Äh, naja, ich meine, es ist so doch auch durchschlagend. Ich meine, in einem echten Kampf zählt doch nur, das man selbst und die Freunde überleben.“

Wieder fragte sich der Taishou was sein Jüngster schon alles erlebt hatte. Nun gut. Immerhin hatte er laut Myouga ja Ryuukossusei getötet – er selbst hatte ihn nur bannen können und war letztendlich den Verletzungen aus diesem Kampf erlegen, selbst, wenn das Schloss nicht in Flammen gestanden hätte. So meinte er nur: „Dreh dich um und sage mir, was du siehst.“

Der Hanyou gehorchte verwundert. „Äh, das Schwebende Schloss.“ Er wandte sich wieder um. Ja, klar, aber was war jetzt los?

„Dort drin befinden sich eine Reihe von Personen, nicht zuletzt eure Mütter. Würdet ihr Zwei mit euren magischen Schwertern kämpfen und auch nur einer vergisst seine Klinge im Zaum zu halten, …“ Er sah, dass er nicht weiter zu sprechen brauchte. „Ich habe gegen Akumu und erst gestern gegen die Wölfe gesehen was ihr damit anrichten könnt. Darum diese Übungsschwerter. Und ja, Tessaigas Macht mag effektiv sein, aber nur durch Üben lässt sich erreichen, dass dir ein erfahrener Gegner nicht das Schwert aus der Hand winden kann.“

„Also, Sesshoumaru hat das nie geschafft,“ erwiderte Inu Yasha prompt zum Leidwesen des großen Bruders, denn der Blick des Hundefürsten wanderte zu diesem.

„Jetzt stellt euch auf.“

Sesshoumaru war trotz seines regungslosen Gesichtes erleichtert, dass kein eigentliches Straftraining erfolgen sollte, sondern eher ein Lehrgang, wenngleich unter Vaters Augen. Wollte der sehen, was er aus den alten Zeiten noch kannte? Dass Inu Yasha je Schwertkampf geübt hatte, konnte er ausschließen. Der wedelte immer noch mit Tessaiga, verbesserte es, verstärkte es, ja, und der Hanyou hatte durchaus recht, dass man mit Dreinschlagen gewinnen konnte. Das hatte er schließlich selbst zu spüren bekommen. So einen langen Fechtkampf wie gegen diesen eigenartigen Jakotsu könnte Inu Yasha damit aber nicht bestreiten – nun gut, der hatte diesen umgebracht, wie auch immer. Das würde der hier nicht können. Und es war die Gelegenheit chichi-ue zu demonstrieren, dass man seinen Lektionen durchaus gefolgt war. So sprang der junge Daiyoukai auf den Sandboden.

Inu Yasha stellte sich ihm gegenüber, sah allerdings zu seinem Vater. Er wusste nicht so ganz wie so etwas ablaufen sollte, war allerdings durchaus froh, dass das diesmal ja wohl kaum ein mörderischer Bruderzwist sein würde. Dieses Schwert war so leicht – zumindest für jemanden, der das deutlich größere und schwerere Tessaiga mittlerweile mit einer Hand führte. Andererseits war es auch eigenartig keine Antwort der Klinge zu erhalten.

„Setzt keine Energie ein,“ mahnte der Taishou noch einmal. „Ich möchte nur eure Bewegungen sehen, um zu erkennen, wo ihr euch noch verbessern könnt. - Der Kampf endet, wenn einer sein Schwert verloren hat.“

„Keh!“ machte Inu Yasha leise. Ohne Tessaiga, seinen jahrelangen Kampfpartner würde es schwer werden zu gewinnen. Aber schon vor dem Duell aufgeben kam ja wohl nicht in Frage. Das war Sesshoumaru, sein älterer Bruder, und den hatte er schon öfter mit eingezogenem Schwanz nach Hause geschickt. Diesmal musste er nicht einmal um sein Leben kämpfen, sondern es war nur zur Übung. Vater wollte sie trainieren, das war doch schon mal Klasse. Jetzt musste er nur zusehen, dass er dem auch irgendwie imponierte. Schließlich war nii-san eben auch schon mal ein Daiyoukai, älter, stärker als er. Aber, das war doch bestimmt zu schaffen. Er würde gewinnen.

 

Sesshoumaru hegte durchaus ähnliche Pläne. Er wollte gewinnen, ja, musste es. Er war ein Daiyoukai, das war ein Hanyou. Und ohne Tessaiga eben auch nur das, noch dazu jünger und schwächer. Sich vor Vater dermaßen bloß zu stellen, kam nicht in Frage. Der Kerl war ein Liebling der Glücksgöttin, das war alles. Und sein Glück würde hier und jetzt enden, denn kämpfen mit einem gewöhnlichen Stahl hatte Inu Yasha sicher noch nie auch nur versucht. So hob er die Klinge etwas seitlich, durchaus aufmerksam, als sein Halbbruder ebenfalls das Schwert hob, allerdings wie Tessaiga mehr vor sich. Hatte der einen Plan? Nein, das war Inu Yasha. Plan und der in einem Satz war unwahrscheinlich. Überdies war er so auf der linken Seite ungeschützt.

Sesshoumaru machte einen Sprung nach vorne und ließ seine Klinge gegen die ungedeckte Seite des Hanyou sausen. Das Gewand aus Feuerratten würde den so schützen, dass er nicht starb, höchstens Prellungen oder eine leichte Verwundung erhielt.

Im gleichen Moment erkannte er seinen Fehler. Noch während er sprang und sein Schwert gegen Inu Yasha flirren ließ, hatte der Jüngere seine Klinge emporgerissen. Die Spitze knirschte, als sie an der dunklen Rüstung des jungen Daiyoukai entlang schrammte.

Sesshoumaru sah sich zu einem raschen Rückwärtssatz genötigt, zufrieden, dass dieser Angriff an den Schwertabfangdornen seines Brustpanzers geendet hatte. Aber er blieb stehen, da auch der Halbbruder dies tat. Beide musterten sich, keiner wagte einen raschen Seitenblick zu dem Hundefürsten. Dazu kannten sie sich und ihre Kampfstrategien nur zu gut.

„Fast, Inu Yasha. Aber dein Glück endet hier.“

„Keh!“ Schade. Das war seine Überraschung gewesen – und die hätte ja auch fast geklappt. Immerhin zierte die schwarze Rüstung jetzt ein silberner Kratzer. So eine gute Chance würde er kaum mehr bekommen. Denn jetzt, ohne Energie, bedeutete das wohl Kampf Stahl auf Stahl und da würde und konnte Sesshoumaru seine größere Kraft einsetzen. Außer, ihm fiel noch etwas Gutes ein. „Wie immer sehr von dir eingenommen, ja?“ Hieß es nicht immer, Angriff ist die beste Verteidigung? Er hob sein so leichtes Schwert über den Kopf und rannte auf den Halbbruder zu.

Hirnlose Attacken des Hanyou kannte der zu genüge und riss seine Klinge empor um den Schlag abzuwehren, möglichst das Schwert aus dessen Hand zu schlagen. Damit hätte er ganz klar gewonnen.

Was zur ….

 

Buchstäblich vor Sesshoumaru bremste Inu Yasha mit den bloßen Füßen im Sand und schwenkte sein Schwert herum, um zuzustechen, gezielt auf die Boa. Schließlich sollten sie sich ja nicht verletzen. Der Hundeyoukai reagierte mehr instinktiv und ließ seine Schwerthand niedersausen. Der Griff der Waffe prallte hart auf die Finger des Hanyou, der nun seinerseits eilig zurücksprang. Seine Klaue schmerzte, aber das war noch lange kein Grund seine Klinge fallen zu lassen und sich geschlagen zu geben. Und jetzt griff dieser dämliche Hund natürlich prompt wieder an. Er sprang ihm entgegen.

 

Die Halbbrüder standen sich eng gegenüber, beide Schwertspritzen nach oben zeigend, beide Klingen aneinandergepresst.

Mist, dachte Inu Yasha. Das war genau das, was er hätte vermeiden wollen. Jetzt konnte der Daiyoukai seine eben doch größere Körperkraft einsetzen und diesem Druck würde er kaum lange standhalten können. Er benötigte irgendeine Idee, wie er hier wieder herauskam, ohne seine Waffe zu verlieren, natürlich.

 

Der Taishou war zugegeben froh, dass er harmlose Übungsschwerte austeilen hatte lassen. Nicht auszudenken, was die Jungs auch nur aus Versehen mit ihren magischen Klingen anstellen konnten – und wohl auch würden. Sie machten nicht den Eindruck dieses Duell nicht ernst zu nehmen. Nun ja, sein erster Eindruck, als er aus dem Jenseits kam, war ja auch ein Kampf zwischen ihnen gewesen, den er unterbrochen hatte. Und da waren die Youkimengen wirklich beachtlich gewesen. Das war eine schlechte Position in einem Duell – für beide. Er würde sagen, einer schubst den anderen zurück, um so aus diesem engen Kräftemessen zu kommen. Mal sehen, wer als erstes reagierte.

Inu Yasha. Klar. Der Jüngere war nicht nur als Hanyou an schierer kraft unterlegen. Wollte er noch einen Hauch einer Chance haben, müsste er …. Der Hundefürst sah mehr als interessiert, wie sein Welpe einen Angriff einleitete, ohne den Oberkörper zu bewegen oder an Gegendruck nachzulassen.

 

Sesshoumaru spürte etwas erstaunt, wie sich der Fuß des Hanyou um sein Knie schlang ihn damit aus dem Gleichgewicht brachte, jedenfalls genug, um ihn zu veranlassen den Stahl mit aller Kraft nach vorne zu drücken. Noch ehe er ganz den Sinn begriffen hatte – außer, dass Inu Yasha schwächer war und entkommen wollte - , hatte sich dieser gedreht und warf sich rücklings gegen den stehenden großen Bruder, stieß den damit unter sich zu Boden.

Sofort packte der Hundeyoukai zu, quer über die Brust des Halbbruders, um mit der Linken dessen rechtes Handgelenk zu halten, ein wenig verärgert, dass er unter ihm lag. Und beide noch ihre Klingen besaßen.

 

„Das genügt,“ sagte der Taishou etwas zu laut. Er hatte die gewisse Befürchtung, dass sie beide gleich in einem, eines Daiyoukai und Prinzen unwürdigen, Faustkampf über den Boden rollen würden. Bei beiden stieg das Energielevel fühlbar. Zum Glück hatte er die Wachen weg geschickt, so dass es keine Zuschauer gab. „Ich sah, was ich sehen wollte. Kommt her.“ Beide gehorchten, blieben, ihn neugierig ansehend, mit den Schwertern in der Hand vor ihm stehen. Sie sahen sich sehr ähnlich, nun ja, ihm auch, dachte er. Aber, da hatten sie schon wieder etwas vergessen. „Zu deiner Information, Inu Yasha, zur Erinnerung, Sesshoumaru: man stellt sich einem Fürsten nicht mit der blanken Klinge gegenüber. Das bedeutet Hochverrat. Lasst sie fallen.“

Beide gehorchten, der Eine ein wenig unangenehm berührt, so vor dem Anderen getadelt zu werden, der Jüngere angetan, dass ihm etwas erklärt wurde, zumal keiner der Zwei vor dem Anderen seine Waffe los gelassen hätte um ja das Duell nicht zu verlieren.

Letzteren Punkt hatte auch der Herr der Hunde mittlerweile begriffen. So meinte er: „Nennen wir es unentschieden. - Inu Yasha, was hast du mit dieser letzten Attacke bewirken wollen?“

„Äh, naja.“ Der Hanyou musste nachdenken. „Es fiel mir eben als letzte Möglichkeit ein um nicht einfach aufzugeben. Ich hatte mir ja auch nicht eingebildet damit noch viel erreichen zu können, chichi-.uue. Er ist nun mal ein Daiyoukai. Und ohne Tessaiga …“

Ja, das war klar. „Sesshoumaru, warum war das immerhin möglich dich mit solch einem Trick zu Boden zu bekommen?“

„Es handelte sich nicht um etwas, mit dem man bei einem Schwertkampf rechnen muss.“ Es war ärgerlich gewesen, zugegeben, aber er hatte doch gewonnen. Inu Yasha hätte bei allem Glück nichts mehr unternehmen können.

„In einem Kampf ist alles erlaubt,“ korrigierte der Vater milde. „Inu Yasha hat offenkundig eine Gabe für plötzliche Einfälle.“

DAS hätte der große Bruder unterschrieben.

„Das ist in einem Duell auf Leben und Tod für den Gegner ein ziemliches Problem.“

He, dachte das jüngste Familienmitglied: das war ja ein Lob!

Der Taishou beschloss seine Erkenntnis zu teilen – und die Konsequenz anzukündigen. „Du, Sesshoumaru, rechnest nicht mit einem Trick. Daraus lässt sich nur schließen, dass du sehr wenige Gegner in den vergangenen Jahren hattest, bei denen du alle Kraft und Konzentration einsetzen musstest, sieht man von deinem Bruder ab. Wie früher setzt du nur die Energie ein, die du benötigst deinen Widersacher zu töten. Umgekehrt dürfte auch Inu Yasha stärker und fähiger im Schwertfechten geworden sein, wenn er dir gegenüberstand. Kurz, ihr beide habt aneinander geprobt und voneinander gelernt. - Inu Yasha, ich vermute, dass du zurück in das Dorf zu dieser Kagome möchtest.“

„Ja, schon…“ murmelte der, da er auch gern mit seiner Mutter einige Zeit verbringen würde.

„Gut. Myouga wird dich begleiten und soll dir ein wenig über die Geschichte dieses Fürstentums und höfisches Benehmen beibringen.“

„Ja, gut.“ Den Flohopa würde er schon irgendwie loswerden. Es wäre viel schöner sich auf eine Wiese zu setzen und Kagome dabei zuzusehen, wie sie Kräuter pflückte, wie sie kochte, und so, ab und an mit Miroku durch die Lande zu ziehen und Geld oder Nahrungsmittel für das Vertreiben von Monstern zu erhalten...

„Ich werde ab und an mit deiner Mutter vorbei kommen, da sie auch schon den Wunsch äußerte dich öfter zu sehen.“

Mist, dachte Inu Yasha. Das würde auch im Zweifel eine gewisse Kontrolle beinhalten, wie er lernte. Myouga würde doch wohl hoffentlich Rat wissen. Oder Kagome. Er wollte weder lernen noch sich vor seinen Eltern blamieren.

 

Sesshoumaru unterdrückte eilig auch nur den Gedanken, dass es nett wäre, wenn der Hanyou mal etwas in den Hohlraum unter seinen Ohren bekommen würde. Er selbst war noch nicht aus der Sache draußen und es war kaum zu bezweifeln, dass chichi-ue sich auch für ihn etwas hatte einfallen lassen. Der sah auch prompt zu ihm.

„Sesshoumaru, wie eben erwähnt, habt ihr zwei offenkundig viel voneinander lernen können. Du übernimmst daher Inu Yashas Ausbildung im Schwertkampf und Taktik.“

„Chichi-ue!“ Das kam in seltener Einigkeit von beiden Söhnen gleichermaßen entsetzt.

Der Herr der Hunde blieb gelassen. „Ansonsten müsste ich mich selbst um die Ausbildung kümmern und in das Dorf gehen. - Da deine Mutter den Wunsch äußerte endlich einmal wieder das Schwebende Schloss verlassen zu können, das sie für dich nach meinem Tod hütete, und ihre Freundin, eine Schneefrau im Norden zu besuchen, bist du dann ab sofort hier.“

Der ältere Halbbruder dachte ein Wort, das sich kaum mit der Würde eines Erbprinzen und Daiyoukai vertrug. Vater! Der hatte ihn in der Falle. Entweder er bildete Inu Yasha aus, war in dem Dorf, und, zugegeben bei Rin – oder er musste hier im Schloss bleiben, sich mit langweiligen Akten und noch langweiligeren Steuerberichten befassen und kam nicht weg. Nun, nicht ohne wirklichen Ärger mit dem Herrn der westlichen Länder zu bekommen. „Das wird nicht notwendig sein, chichi-ue.“ Immerhin war er bei Rin und konnte einen vorlauten Hanyou mit Vaters Erlaubnis über den Platz jagen oder zu Boden schicken. Überdies traute er seinem Vater zu, dass der seinen schon früher erwähnten Einfall umsetzen würde und Rin einfach verheiraten.

„Ihr dürft euch von euren Müttern verabschieden. Und, Sesshoumaru, du solltest ihr vielleicht einmal ihr Enkelkind vorstellen.“

„Mutter kennt Rin bereits.“ Der junge Daiyoukai genoss es, einmal seinen Vater dermaßen überrascht zu sehen.

 

 
 

Finale


 

E

in unbefangener Beobachter hätte vermutlich angenommen da werde eine Prinzessin von einem Youkai entführt, aber diese hätte wohl kaum sich dermaßen an die Rüstung geschmiegt und in den Armen des Mannes mit seinen Schulterfell gespielt.

„Wie früher,“ seufzte Izayoi glücklich, als der Inu no Taishou seinen Lauf deutlich verlangsamt hatte. „Leider auch wie früher immer mit Metall. Selbst zum Besuch unseres Sohnes.“

„Es tut mir Leid,“ Der Hundefürst lächelte auf sie herab. „Ich werde Kagome fragen, ob man in ihrer Zeit ohne Rüstung ausgehen kann. Aber nicht zuletzt Kaito hat mir gezeigt, dass sich manches wohl nie ändert. Und eines davon ist, dass Schonung für Schwäche gehalten wird.“

„Ist es noch weit?“ Obwohl sie wusste, dass ihm ihr Gewicht in seinen Armen nichts ausmachte und sie gern noch länger so getragen worden wäre, irgendwie schlug doch stets die menschliche Art der Rücksichtnahme durch.

„Nein.“ Er merkte auf. „Ich denke allerdings, ich sollte mich beeilen.“

„Oh. Ärger?“

„Youkai.“

„Die Jungs werden doch….“ Izayoi brach ab, da sie fester an den Panzer gedrückt wurde und aus Erfahrung wusste, dass es jetzt richtig schnell werden würde. So schloss sie lieber die Augen.

 

In dem kleinen Dorf herrschte helle Aufregung, Die Bauern und ihre Familien rannten in ihre Häuser um sich zu verbergen, doch in der gewissen Hoffnung Schutz finden zu können. Auf dem Marktplatz besprachen eilig vier Menschen das weitere Vorgehen. Sango, die Dämonenjägerin, saß bereits aus ihrer riesigen Katze Kiara. „Ich gehe von oben her.“

„Ich komme gleich,“ sagte Kagome eilig. „Den Bannkreis bekommt ihr doch sicher zu zweit hin, oder Kaede-sama, Miroku?“

Die so angesprochene alte Priesterin mit dem zerstörten Auge unter der Binde verborgen, nickte nur, ebenso wie Miroku. Allerdings fuhren alle Vier herum, als sie plötzlich das Youki nicht nur von den Feldern draußen spürten, sondern von hinter sich. Mit gewisser Erleichterung erkannten sie den Neuankömmling und betrachteten eher verwundert wie er eine vornehm gekleidete Frau behutsam zu Boden setzte. Nur Kagome hatte sie, wenngleich als Trugbild, je gesehen.

„Izayoi-sama!“ sagte sie überrascht.

Sango musterte den Militärführer vor sich. „Die Menschen auf den Feldern wurden von Youkai attackiert, wir wollen hin und diese vertreiben, Kaede und Miroku einen Bannkreis bauen.“

„Meine Söhne?“ erkundigte sich der Hundefürst prompt.

„Äh,“ machte Kagome, bedachte dann, dass wohl rasche Information wichtiger war. „Sie sind üben gegangen, mit voller Energie.“

Das bedeutete natürlich, dass sie weit weg vom Dorf in unbewohnte Gegenden gegangen waren, dieses verlassen hatten. Immerhin folgten sie seiner Anweisung und er konnte sich vorstellen, dass das nicht unbedingt die reine Freude für sie war. „Ich kümmere mich darum. - Welche Youkai?“

„Ratten,“ erwiderte Sango.

Der Blick des Herrn der Hunde verfinsterte sich. „Kagome, beschützt deine Schwiegermutter.“ Er sah auf und ließ seine Energie ansteigen.

Instinktiv wichen die Menschen um ihn zurück, als sich seine Gestalt verzerrte, er sich in einen riesigen weißen Hund verwandelte, der rasch los galoppierte.

„Wow,“ machte Kagome, ehe sie zu Izayoi guckte. „Hat es Euch erschreckt, als Ihr ihn das erste Mal so … so groß gesehen habt?“ Diese Frau war Inu Yashas Mutter – und sah kaum älter aus als sie, nun ja, ein bisschen. Der Tod war ihr offenbar gut bekommen, aber, das sollte man wohl nicht einmal denken. Der arme Inu Yasha hatte so gelitten.

Die menschliche Fürstengemahlin lächelte sanft. „Du kannst mich duzen, Kagome. Du bist doch mit meinem Sohn verheiratet. - Nein. Ich hatte ihn ja darum gebeten. Er war tatsächlich besorgt, dass ich Angst hätte, aber das war natürlich nicht so. Es war ja immer noch er.“

„Nun, als ich das erste Mal sah, wie Sesshoumaru sich verwandelte, hatte ich schon Angst. Er ist auch ziemlich groß und….“ Naja, sie sollte besser nicht erwähnen, dass er sie und Inu Yasha hatte umbringen wollen. „Dann gehen wir doch zu unserem Haus. Ich vermute, diese Ratten verschwinden gleich.“ Zumindest, wenn die in ihrem letzten Selbsterhaltungskurs aufgepasst hatten.

„Ja.“ Izayoi war neugierig auf das Haus, da sie doch hoffte, etwas aus der Zukunft zu entdecken – sie hoffte allerdings ebenso, dass der Taishou sein Schwert nicht benötigte. Es gefiel ihr doch viel besser so herum zu laufen, einen Körper zu besitzen.

 

Sie hatten das Haus noch nicht erreicht, als sich Kagome umdrehte, alarmiert durch einen erneuten Schub an dämonischer Energie. „Oh. Sie sind wohl zurück.“

„Die Jungs? Dann werden sie ja gleich kommen. Niemand kann ihm widerstehen, und zumal mit diesen Beiden an der Seite. Ich finde es schön, dass sie so miteinander spielen.“

Kagome schloss den bereits geöffneten Mund lieber wieder. Es wäre wohl nicht unbedingt für ihren Hanyou und dessen Ruf bei seinen Eltern förderlich, erführe dessen Mutter – oder auch Vater – was Sesshoumaru samt Inu Yasha unter diesem „Spiel“ verstanden. Und da musste sie nur an heute Morgen denken.

 

Inu Yasha hatte nicht die mindeste Lust verspürt schon wieder stundenlang irgendwelche Belehrungen des Flohgeistes über sich ergehen zu lassen und war erst durch dessen: „Bitte, wenn der Herr das mitbekommt….“ stutzig geworden.

„Komm schon, Onkelchen. Er wird dich nicht umbringen.“

„Oh nein.“ Dem armen Myouga standen die Tränen in den Augen. „Er wird mich aus seiner Nähe verbannen, aus dem Westen… bitte.“

Kagome hatte eingegriffen. „Komm schon, lernen schadet nichts. Ich setze mich auch zu dir.“ Sie war doch sehr neugierig, was so ein Youkaifürstden ganzen Tag tat.

Keine zwei Stunden später hatte Inu Yasha tief geseufzt. „Also, Myouga-jijii, das Prinz-sein ist doch wirklich nichts für mich. Dasitzen und lernen, ansonsten immer brav sein, immer gemäßigt sein, das Höchste ist schon, wenn man sagen darf: ja, chichi-ue…. Das ist öde! Mann, was gäbe ich nicht für einen Streit, eine Prügelei...“

„Inu Yasha“ Kagome klang streng.

„Ist doch wahr. Ich brauche einfach mal einen Kampf.“

„Kannst du haben, törichter Hanyou.“

Bei der eisigen Stimme von hinten waren alle herumgefahren.

Sesshoumaru hatte nur ergänzt: „Du, ich, jetzt, mit voller Energie in den Bergen von Morita.“

Sichtlich beglückt war Inu Yasha aufgesprungen. „Ha! Das zählt auch als Lernen!“ und war davon gerast.

Myouga hatte schwer geseufzt. „Mit voller Energie. Kagome, du solltest ihn heute Abend heilen, Sesshoumaru-sama wird das kaum von dir wollen … Was für Chaoten. Immerhin gehen sie weit weg. Die Berge sind ziemlich unbewohnt.“

 

Daran musste Kagome jetzt denken, aber sie wusste nicht, wie Izayoi dazu stand. Mütter liebten ihre Kinder und nach allem, was sie von Inu Yasha gehört hatte, betete der seine Mutter förmlich an. Sie war auch hübsch, schien sehr sanft zu sein – und eindeutig youkaiverträglich. Was dachte sie da nur? „Äh, setzen wir uns hier auf die Terrasse? Später kann ich gern etwas zu essen machen, wenn Ihr … wenn du es magst.“

„Oh, sicher.“ Izayoi hätte es als sehr unhöflich und undankbar betrachtet die Kochkünste der Youkai im Schwebenden Schloss zu kritisieren. Immerhin hatte Koromi ihr einen eigenen Koch besorgt, der inzwischen auch gelernt hatte, dass für Menschen rohe Nahrung nicht sonderlich zuträglich war. Eine rein menschliche Küche wäre gewiss eine nette Abwechslung, gleich wie gut oder schlecht ihre Schwiegertochter kochen würde. Wobei, wenn sie daran dachte, wie ihr Junge deren Küche gelobt hatte … Sie sollte wohl nett sein, Kagome wirkte doch etwas verunsichert. Und sie glaubte nicht, dass das wegen der Youkai da draußen war. Kämpfen lag dieser wohl eher als mit einer neuen Familie umzugehen. „Inu Yasha sagte, du hast einige Rezepte von deiner Mutter mitgebracht, die sehr gut schmecken.“

Die junge Frau aus der Zukunft wurde prompt rot. DAS hatte ihr Hanyou über sie seiner Mutter erzählt? Sie gelobt? „Äh, ja, eingelegte Radieschen sind ihre Spezialität. Aber, ich glaube, es gibt momentan keine. Ich könnte allerdings, wenn der Kampf draußen vorbei ist, etwas mit Sango am Lagerfeuer machen und backen und so… eine Familienfeier für heute Abend.“

„Ja, das klingt nett.“ Izayoi registrierte dankbar, dass ihre Schwiegertochter ihr die Hand bot, dass sie sich in den steifen Kimono auf die Holzterrasse vor dem Haus niederlassen konnte, als sie die Treppe empor gestiegen war. Auch, wenn diese die Tracht einer Miko trug – sie kannte anscheinend auch anderes.

„Sesshoumaru wird kaum mitmachen und ich weiß nicht ob der Taishou, ich meine, oyakata-sama, Menschenessen versuchen möchte. Das letzte Mal, als er hier war, hat er nichts gegessen, saß aber dabei.“

„Ja, das denke ich mir. Alles.“ Izayoi lächelte wieder. Eine Familienfeier? Das hatte sie seit ihren Kindertagen nicht mehr gekannt, nun, genauer, nachdem ihr Vater seinen Umsturzversuch gegen den Kaiser ebenso mit dem Leben bezahlt hatte wie ihre Brüder. Sie selbst war, als Zugeständnis an ihre verstorbene Mutter, die ja eine Halbschwester des Kaisers gewesen war, nur verbannt worden, unter Bewachung von Takemaru Setsuna… „Doch ja, danke, Kagome. Das würde mich sehr freuen.“

 

Der Inu no Taishou war in vollem Galopp quer über die Felder gerannt, wo er nur zu gut Menschenblut, Tote und diese Youkai wittern konnte. Ratten und Hunde waren seit undenklichen Zeiten Feinde, und nun wusste er auch wieder genau warum. Ratten, Tiere, wimmelten herum, gesteuert von ihren nur scheinbar menschlichen Besitzern, Youkai. Und es gab einen Anführer. Er bremste abrupt vor diesem und ignorierte dabei, dass einige Tiere unter seinen gigantischen Pfoten waren.

 

Der wie Mitte zwanzig aussehende Hauptmann der Angreifer hob etwas gelangweilt den Kopf. Seine roten Augen blinzelten fast höhnisch. „Ach herrje. Darum waren sie so schnell weg. Sie haben einen Wachhund. Mach Platz und sei brav. Oder, magst du einen Knochen?“ Er warf etwas, das der sowieso bereits ärgerliche Hundefürst als menschlichen Rippenbogen identifizierte, in dessen Richtung.

An der Energie des Taishou prallte das bereits ab und dieser sah sich fast gezwungen sich in seine menschliche Gestalt zu verwandeln um diesem arroganten Bengel die Leviten zu lesen, ehe er ihn und seine Kumpane umbrachte, die sich langsam hinter dem versammelten, ihre Ratten natürlich dabei. „Ratten,“ sagte er verächtlich, als er in seiner Menschenform war. „Widerliches Gezücht, das sich seit Urzeiten unter der Erde verkriecht aus Furcht vor den Hunden!“ Er sollte vorsichtig sein. Natürlich konnte er sie umbringen, zumal, wenn er Tsurugi-hime einsetzte, aber Izayoi gefiel ihm zugegeben mit Körper besser – und er hatte nicht die mindeste Ahnung ob man sie je wieder zurückverwandeln könnte, wäre sie erst einmal wieder in der Klinge. Ja, zugesagt war es, aber es war eben ein Pakt mit der Unterwelt und er hatte zu lange das Höllenschwert getragen um nicht misstrauisch zu sein.

„Komm, Hundi, sei brav und mach Platz. Was scheren dich denn als Youkai diese Menschen. Youkai haben sie nun einmal zum Fressen gern. Ich bin übrigens Harumaru. Hast du überhaupt einen Namen? Wuffi?“

Eine Welle Ärger erhöhte prompt das Energielevel des Hundefürsten. „Man nennt mich den Inu no Taishou.“

„Komm, als ob nicht jeder weiß, dass der schon seit Jahrhunderten tot ist. Vollidiot.“ Harumaru hob die Hand um erneut etwas zu werfen, einen menschlichen Kopf.

Im nächsten Moment schrie er unwillkürlich auf, als sich eine lange, dünne Schnur aus leuchtender Energie um sein Handgelenk schlang und es abrupt beiseite riss. „He!“ Die Rattenyoukai fuhren herum und erkannten zwei andere, jüngere, Youkai, die sich unbemerkt genähert hatten und jetzt rechts und links neben diesen lästigen Wachhund stellten.

Harumaru schüttelte etwas die schmerzende Hand, ahnungslos ob der Tatsache, dass er sich glücklich schätzen sollte diese noch zu besitzen. Sesshoumaru hatte seinem Vater nicht vorgreifen wollen. „Ach du je, gleich drei von der Sorte?“ fragte der Hauptmann niemand Bestimmten.

„Sie haben das Dorf angegriffen?“ erkundigte sich Inu Yasha bei dem Hundefürsten, die Hand bereits an Tessaiga. Die Welle an Energie aus dem Dorf hatte sie ihr Duell, nun ja, die Lehrstunde unterbrechen lassen. Gut, wenn ein gut Teil davon zu Papa gehörte und der die Angreifer gestellt hatte.

„Ja. Und lass. Das sind sie nicht wert.“ Der Taishou wollte Tsurugi-hime nicht einsetzen und wie sähe das aus, wenn seine Jungs mit Schwertern kämpften und er nicht? Etwas Stolz besaß er doch. „Verschwindet endlich. Ratten sind hier nicht erwünscht.“

Hm, dachte Harumaru. Vater und zwei Söhne, oh, das eine war ja nur ein Halbblut. Das erklärte wohl das Menschenfaible dieses Hundes. Und keiner von denen hatte anscheinend Ahnung vom Schwertkampf, ja, der redete soviel und versuchte sich als ehemaligen Hundefürsten auszugeben. Jämmerlich. Das war doch leicht zu schaffen. In völliger Missdeutung der Lage gab er den Befehl zum Angriff.

Und dann gab es nur noch eine Möglichkeit, wie der Kampf ausgehen konnte.

 

Einige Minuten später kam die Hundefamilie gemeinsam auf den Dorfplatz. Der Taishou hatte seinen Sprösslingen zuvor allerdings klar machen müssen, dass sie ihre Klauen im Bach waschen sollten, ehe sie zu Menschen gingen. Er vermutete schwer, dass das Kagome, Rin und die Bauern doch recht angenehm finden würden. Zu Izayoi wäre er sowieso nie freiwillig mit Zeichen eines Kampfes gegangen – nun gut, sie hatte ihn ja damals verletzt gefunden, aber das war eben kein Normalzustand gewesen.

 

Die Bauern und ihre Familien blieben wohlweislich in den Häusern und überließen es ihren menschlichen Beschützern ihre persönlichen Helden zu begrüßen.

Rin lief sofort auf Sesshoumaru zu und blickte lächelnd zu ihm auf. Sie war fast fünfzehn, natürlich größer als mit zehn, aber selbst für ein Menschenmädchen noch immer klein. Sie hatte langsam die Hoffnung aufgegeben, dass sie noch etwas wachsen würde, aber sie hatte das Gefühl, dass das Sesshoumaru-sama nichts ausmachte. Der blieb auch nur vor ihn stehen und sah zu ihr – genug, um sie fröhlich zu machen.

Inu Yasha war mehr oder weniger an seinem Vater vorbei gerannt, zu Ehefrau und Mutter. „Sind wieder da.“

„Das sehe ich.“ Kagome stand auf und kam die Stufen hinab, schmiegte sich an ihn. „Alles in Ordnung?“

„Klar. Und, was zu essen überlegt?“

„Oh du verfressener …“ Sekunde, seine Eltern hörten zu, denn der Taishou kam gerade zu seiner Frau, wenngleich mit fürstlicher Würde. „Du hast schon wieder Hunger? Ich habe deiner Mutter für heute Abend ein Familienessen versprochen.“

„Oh!“ Der Hanyou sah zu Izayoi, die seinen Vater anlächelte. „Dann bleibst du länger hier? Ich meine, ihr beide?“

„Bis morgen.“ Der Taishou nahm ohne weiteres auf den Holzdielen Platz. „Ein Familienessen. Das klingt doch schön, nicht wahr?“ Er musste zugeben, er hatte an alle möglichen Szenarien gedacht, als er plante seine Söhne hier zu besuchen – ein Familienessen war irgendwie nie dabei gewesen. Aber Izayoi wirkte so fröhlich bei dieser Vorstellung. Menschen. Es war immer wieder erstaunlich mit wie wenig sie zufrieden waren.

 

Es war bereits lange dunkel geworden und das große Feuer niedergebrannt. Fast alle hatten sich bereits zurückgezogen. Kagome sah sich um. In der Dunkelheit erkannte sie schemenhaft unter einem Baum die zwei Daiyoukai, wobei sich der Taishou wohl gerade zurückzog. Drüben, noch am Feuer saßen Izayoi und Inu Yasha. Ihr Herz ging auf, als ihr Hanyou laut auflachte. Er war so glücklich. Und er konnte lachen.

Jemand stand neben ihr und sie zuckte unwillkürlich zusammen. Waren diese Dämonen lautlos! Sesshoumaru war ja ebenso.

„Du scheinst zufrieden,“ sagte der Hundefürst. „Inu Yasha ist sehr erfreut.“

„Oh ja, er hat seine Mutter, und Euch natürlich, doch so lange und so schrecklich vermisst. Es tut gut ihn lachen zu sehen.“

„Setzen wir uns hierher, Kagome. Ich möchte mit dir reden.“

„Ja?“ Irgendwie klang das nicht so gut, aber was sollte sie schon machen. Sie setzte sich also auf die Terrasse, etwas verwundert, dass der Inu no Taishou auf der Stufe unter ihr Platz nahm, die Beine ausstreckte und ein wenig das Schwert, das er auf dem Rücken trug zurecht rückte. Sie hätte doch gedacht, dass ein Fürst immer oben sitzen wollte, ehe sie begriff. Auch Sesshoumaru, wenn der je saß, wählte nie den normalen, japanischen, Kniesitz. Das war wohl mit Schwert und diesen Brustpanzern samt Unterkörperschutz einfach zu unbequem. Zum Glück hatte sie noch nichts gesagt. Sie wollte sich ja nicht unbedingt vor ihren Schwiegereltern blamieren. Wie das klang, wo der arme Inu Yasha doch so lange allein gewesen war.

Der Daiyoukai wandte etwas den Kopf zu ihr. „Was kannst du mir über deine Zeit erzählen?“

Ach du je. Was auch immer sie sagen würde, würde er kaum glauben wollen oder es hatte ganz unerwartete Auswirkungen. Er schien im Gedankenlesen besser zu sein, als es ihr recht gewesen wäre, denn er ergänzte:

„Ich frage nicht aus Eigennutz.“

„Natürlich nicht, oyakatam-sama. Ich, äh … Nun ja, ich weiß, man soll nichts sagen, denn man verändert damit die Zukunft oder so.“

Das klang durchaus plausibel. Auch über die Unterwelt sollte er ja nicht sprechen. Jedoch war nachgeben noch nie seine Stärke gewesen. Auf Fragen bekam er stets Antwort. Wenn vielleicht auch auf Umwegen. „Was sollte denn passieren? Ich handele kaum gegen meine Neigung.“

„Äh, natürlich nicht.“ Ach du je. Das klang hartnäckig. Wie sollte sie das nur sagen, ohne dass sie oder Inu Yasha Probleme bekamen? Dass das ein Fürst verstand, der sicher kein „nein“ als Antwort auch nur hörte? „Äh, naja, nur mal als Beispiel….“ Zeit gewinnen, dachte sie hektisch. Es musste ihn persönlich betreffen. „Ihr wisst ja, dass Inu Yasha damals an einem Baum gebannt war, als ich ihn fand, vor der Jagd nach dem Juwel der vier Seelen.“

„Weiter.“

„Äh, angenommen, Ihr bringt zufällig auch nur einen Menschen um, der mein Vorfahre wäre. Dann würde ich nie geboren.“ Was würde dann passieren, oder auch nicht? „Ich würde also nie in den Brunnen fallen, Inu Yasha erlösen. Wir würden nie nach dem Juwel suchen und Naraku jagen. Sesshoumaru würde nie gegen Inu Yasha kämpfen und so auch nie zum Daiyoukai werden. Und, ich glaube, er würde, allein und ohne Daiyoukai, gegen Naraku verlieren.“ Sie musste ja nur an diese Szene denken, als es diesem Spinnenmistkerl gelungen war ihren Schwager buchstäblich einzuwickeln. „Und Ihr wärt natürlich auch dann noch immer in der Unterwelt, So´unga allerdings nicht…“ Reichte das? Sie sah auf und begegnete goldfarbenen Augen, denen so ähnlich, die sie liebte. Wie sollte sie das noch erklären? Oder sollte sie doch ihm etwas von Autos und Computern erzählen? Der Hundefürst würde sie kaum vom Haken lassen. Inu Yasha würde sie beschützen wollen, das war ihr klar, aber das würde seine wieder gewonnene Familie zerstören.

Er dachte nach. Eine kleine Ursache mit solcher Wirkung. Aber … „Aber Inu Yasha war dort.“

Dieser Daiyoukai suchte Umwege! War es das, warum er ein anscheinend so fähiger Heerführer gewesen war, oder eher, war? „Ja, aber … ich glaube nicht, dass er das alles verstanden hat.“ Ihr Hanyou würde sicher seinem Vater Auskunft geben wollen oder auch müssen. Fragte sich nur, was dann daraus alles entstehen konnte.

Wenn sein Jüngster nicht alles verstanden hatte, und das war glaubhaft, würde er auch kaum vernünftige Auskünfte geben können. Eher würde passieren, was nie geschehen sollte. „Du willst nicht, dass ich ihn frage. Gut. Dann beantworte mir einige Fragen, damit ich mein Volk sicher in die Zukunft führen kann.“ Was natürlich auch bedeutete, dass er sich mit jedem Widersacher auseinander setzen musste, um alle Youkai und Oni in Japan anführen zu können. Auf welche Fragen würde sie wohl antworten? „Gibt es in deiner Zeit noch Youkai?“

„Ja, einige,“ gab sie zögernd zu. „Also, Inu Yasha und ich sahen einige, wenige. Zum Beispiel einen Geist, der tote Kinder mitnimmt und so.“

Jämmerliche Wesen, folglich. „Solche wie mich? Schwerttragende?“ versuchte er zu erklären.

„Ich sah nie einen.“ Das klang eigenartig, bestimmt, für ihn.

„Also leben sie nicht mehr oder sind unter Bannkreisen.“ Wandeln oder weichen also, für die ältere und mächtigere Art. Was war nur geschehen?

„Das weiß ich nicht, wirklich. - Überhaupt, niemand läuft in der Öffentlichkeit bewaffnet oder mit Rüstung herum.“

„So habt ihr Frieden.“

„Äh, naja, nach einigen Kriegen, ja. Jetzt schon fünfundsiebzig Jahre.“

„Das ist lange für einen Menschen. Noch eine Frage, Kagome. Wie gewinnt man in deiner Zeit Macht, Einfluss, wenn nicht durch Waffen?“

„Geld.“ Mehr sollte sie wirklich nicht erzählen. Andererseits wäre es auch nett, den Herrn Fürsten mal auszuquetschen. „Glaubt Ihr, dass ich von Inu Yasha ein Kind bekommen kann?“

Etwas wie ein Lächeln huschte um den Mund des mächtigen Youkai, das seine Augen erreichte. „Aus der Zukunft und doch so weiblich. Ich weiß es allerdings nicht. Die allermeisten Hanyou von denen ich je hörte erreichten nie das Erwachsenenalter. Ihr werdet es also versuchen müssen.“

„Ja.“ Kagome sah, wie sich Rin möglichst unauffällig aus dem Dorf schlich und ahnte, wohin sie wollte. Unter dem großen Baum dort hatte sich Sesshoumaru niedergelassen, als sein Vater gegangen war. Sie würde lieber bei ihm schlafen als in einem Haus. Immerhin hatte sie einmal verraten, dass seine Boa so herrlich weich als Kopfkissen war.

Der Taishou hatte es ebenso bemerkt und meinte nur: „Du kannst zu Inu Yasha gehen. Und ich möchte Izayoi bei mir haben.“

Diese Formulierung zwang Kagome daran zu denken, dass er ein Fürst war, noch dazu ein Daiyoukai und zu allem Überfluss aus dem Mittelalter. So stand sie nur auf und schluckte ihren Ärger herunter. Es würde Inu Yasha nichts helfen, wenn sie seinen Vater anfauchte, aber sie verstand durchaus, dass ihr Hanyou mit dieser Art so seine Probleme hatte. Allerdings musste sie auch zugeben, dass sich der Taishou Mühe gab auf seinen Jüngsten und sie einzugehen. Es würde allerdings wohl einige Zeit brauchen, bis sie sich alle so richtig verstanden. So richtete sie den Wunsch, nun ja, eher den Befehl, des Hundefürsten aus und half Izayoi beim Aufstehen.

„Gute Nacht.“ Die Fürstengemahlin lächelte Sohn und Schwiegertochter an.

„Äh, ich habe ganz vergessen zu fragen: ich werde für dich eine Matte und Decken in unserem Haus herrichten, ja?“ bot Kagome an. Was war sie nur für eine schlechte Gastgeberin. Das wäre ihrer Mutter nie passiert.

„Das ist nicht nötig, danke. Ich werde sehr weich und warm schlafen.“ Izayoi schmunzelte. „Das Fell eines Hundeyoukai ist sehr angenehm.“

Da waren wohl schon zwei Frauen heute Nacht dieser Meinung, dachte die junge Frau aus der Zukunft prompt. Eigentlich schade, dass Inu Yasha keines hatte oder sich nicht verwandeln konnte. Dafür hatte er seine entzückenden Öhrchen, die gerade etwas zuckten, als er sie ansah, mit einem Blick, den sie zwischenzeitlich zu gut kannte. So nahm sie seine Hand. „Dann gehen wir. Gute Nacht.“

Inu Yasha ließ sich gern mitziehen.

 

Der Taishou erhob sich, als seine Gemahlin zu ihm kam. „Schon müde?“

„Nicht sehr. Ich schlafe viel weniger seit ich …“ Sie zögerte doch es auszusprechen.

Seine Klaue umfasste sanft ihre Finger.. „Dann werden wir uns ein wenig aus dem Menschendorf zurückziehen. Ich kann dir anbieten mich zu verwandeln.“

„Weich und warm.“ Sie lächelte in Erinnerung an einige Nächte, in denen sie an einem weichen, warmen Bauch geschlafen hatte, zudeckt mit einem buschigen Schwanz. Ein herrlich sicherer Ort. Und, wenn sie das richtig gesehen hatte, würde auch Rin ähnlich behütet schlafen.

Hunde, eben.

 

 

 

I really don´t mind what happens now and then

As long as you´ll be my friend in the end

If I go crazy then will you still call me Superman,

If I´m alive and well you´ll be there holding my hand

I´ll keep you by my side

With my superhuman might

Kryptonite

 

 

3doors down: Krypronite


Nachwort zu diesem Kapitel:
Im nächsten Kapitel bricht das, äh, Dreamteam also auf ... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Papa versucht es mit Verständnis - udn seine Jungs warten nur gegenseitig, dass der andere patzt. Ich fürchte, der werte Herr Vater wird irgendwann mal durchgreifen müssen....


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Und dabei hat erst ein Kind eine Frage gestelllt ...
Papa wird auch noch eine Menge lernen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Klingt nach einem einträchtigen Familienausflug.
Nun ja, das nächste Kapitel heisst: Neumondnacht, Teil 1

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Die Familie hat das „Aneinander-vorbei-reden“ wohl erfunden.

Angesäuerter Papa ante Portas und Sesshoumaru auf der Matte … scheint nicht die Nacht der Spinne zu werden.


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Have fun.

Und Akumu auch – allein für diese Namensgebung werden die beiden Jungs sauer werden…. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das gemeinsame Essen könnte lustig werden - für Inu Yasha. Das Kapitel stellt denn auch die Rechenaufgabe: Zwei Daikoukai plus ein Hanyou minus Youki ergibt? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das kann nur heiter werden.

Der Kapiteltitel stammt aus dem Hobbit von Tolkien.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ob sich Edok so freuen sollte? Immerhin befindet sich schon mal Sesshoumaru auf der: „Ich darf meinen kleinen Bruder verhauen, ich darf ihn hauen – was, doch nicht?“ -Frust-Schiene, Inu Yasha beherrscht sich gerade so und Papa…. Das nächste Kapitel heißt: Duell! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das werden wir im nächsten Kapitel: Der Herr der Hunde sehen

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun, es wird doch mit dem Teamwork, oder? Das nächste Kapitel lässt Papa verzweifeln: Federball. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das klingt nicht so gut.

Im nächsten Kapitel wandert das Hundetrio in Gedanken in Richtung auf einen Sumpf, der noch unangenehmer ist als jeder gewöhnliche...

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Weitere Fragen, chichi-ue? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ein gesundes, frohes neues Jahr

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das näcchste Kapitel bietet denn auch: Die Berichte der Schmiede...

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das folgende Kapitel bietet also die Familienvereinigung...
Mit Überraschungen für alle.


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Im nächsten Kapitel lernt ihr etwas mehr über die, wie nannte das Inu Yasha, "kleine glückliche Familie - udn ihr lernt Kaito kennen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich glaube, ich kriege es hin die (erneut) geschriebenen Kapitel immer zum Wochenende hochzuladen.
Merke: nachgucken, was du gesichert hast.....


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Wozu braucht man Strategien oder einen Plan.
Der Morgen bringt Kaito und siene Männer udn so einige Überraschungen für alle Beteiligten.


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Einer so arrogant wie der Andere bei diesem Quartett - wir werden sehen, wer es sich wirklich leisten kann.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Das kann ja noch heiter werden.
Einige Herren der Schöpfung werden sich noch wundern .


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Es wäre ja auch zu einfach gewesen, oder? Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Fortsetzung folgt....


Frohe Ostern


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, werter Fürst... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Fast schade, dass der Vater die sich anbahnennde handfeste Auseinandersetzung beendete, ehe sie begann - immerhin hat er es geschafft, dass beide Söhne sich einig entsetzt zeigen...

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, das war es mal wieder.
Wen es interessiert: Es folgt wieder ein Krimi, diesmal wieder aus dem alten Ägypten: Unter den Schwingen des Horusfalken- Die Gefahren des Delta.


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Von: Morgi
2022-02-10T22:46:25+00:00 10.02.2022 23:46
Hallo!

Inuyasha ist wahrscheinlich der einzige Hanyou in ganz Japan, der ein Straftraining als Belohnung empfindet, weil er sich einerseits kräftetechnisch messen darf, andererseits Zeit mit dem lange vermissten Vater garantiert bekommt und zu guter letzt noch Sesshoumaru gehörig auf die Boa gehen darf. Dass der ältere Sohn daran nicht denkt, aber dafür umso mehr Zeit auf sachliche Analysen gibt, passte wie die Faust aufs Auge.
Es zieht sich durch sämtliche Kapitel: Auch ohne die Namen wüsste man, welcher Charakter dargestellt wird. Sie sind im Satzbau, im Inhalt und der Kratzbürstigkeit einzigartig. Den Gedanken, dass beide Seiten eine Seite des Fürsten darstellen, hatte ich auch. Sesshoumarus Teil schimmerte in den Rückblenden bisher schwächer durch, aber war unverkennbar da. Die direkte, neugierige Art Inuyashas blitzt häufig durch, auch jetzt noch.
Schade, dass der Sumpf wieder verschwand. Ich mochte die fliegenden Blutegel und die verfluchte Nässe! Allemal angenehmer als die Vorstellung, welcher Sesshoumaru ist welcher im Kampf - und was die frisch vereinte Familie der Hunde von diesem schlechten Scherz hält. Es fehlt Sesshoumarus Mutter, um ihre Meinung einzustreuen! Ach, das wird ein Fest.

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Hotepneith
11.02.2022 07:09
Mami hat später einen kleinen Auftritt - man ist doch neugierig, welcher Daiyoukai da vor der Haustür steht... Aber, das ist sozusagen eine andere Geschichte. Erst einmal müssen die Sesshoumarus sich einigen....


otep
Von: Morgi
2022-02-10T22:28:22+00:00 10.02.2022 23:28
Hallo!

Das war eine der Gelegenheiten, an denen Hund sich wünscht, der Sumpf hätte ... aber nein, da wären Fragen im Jenseits gekommen, früher oder später. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das väterliche Verhör hat mich mehrfach herzlich zum Lachen gebracht: Wie Sesshoumaru sich windet, obwohl er mit den nichtssagenden Antworten bei jedem anderen punkten könnte. Im Prinzip hat er sich die Grube jedesmal tiefer ausgehoben, sobald er Raum für Interpretation ließ und so sehr ich den auftauchenden Menschen mochte, ein bisschen schade war die Unterbrechung schon.
Umso wundersamer wie schnell man kleine Nebencharaktere mögen lernt: Kosoke als Ort war ein Sammelsurium an Bildhaftigkeit. Auch der unbarmherzige, seelensammelnde Gegner und dessen einträchtiger Flüsterversuch, sich nicht streiten zu wollen, reihte sich ein. Das war spannend und hinsichtlich der väterlichen Reaktion eindrucksvoll zugleich! Definitiv einer der schönsten Nebenschauplätze, die in den letzten Jahren ganz nebenbei aus dem Ärmel geschüttelt wurde.
Die Pointe zum Schluß, ebenfalls herrlich. Glückwunsch an die beiden Hundebrüder, die sich in den sterblichen Überresten miteinander maßen und jetzt noch der fauxpas' Inuyashas, nach der Jenseitsumgebung zu fragen. Dabei ist er bloß neugierig und könnte herauskitzeln wollen, wie es seiner lieben Mama erging?

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2022-02-08T23:05:08+00:00 09.02.2022 00:05
Hallo!

Sesshoumaru hätte keinen Bannkreis erschaffen müssen. Vaters Fragen sind auch ohne entwaffnend, in jeder Hinsicht. Es gelingt dir wiederholt, die Altersunterschiede und den Grad an (strategischem) Geschick zu untermauern. Inuyasha hat etwas durch und durch Praktisches an sich, dicht gefolgt von fest verankerten Gewohnheiten und dem Willen, sich in die Familie einzufügen und sich zu beweisen. Die Sticheleien gegenüber dem Halbbruder, herrlich! Was musste ich bei den Zombiegehirnen lachen. Tja, Zukunftswissen braucht es nicht für eine perfekte Parade. Die Mischung wird explosiver, selbst wenn sie aufeinander angewiesen sind oder gemeinsam gegen einen unbekannten Feind zu Felde streiten. Insgeheim hoffe ich auf das böse Erwachen, weil der Berggeist zwar den ersten Hunger stillte, aber kein Gegner weiß, wann es wieder drei Männer zum Anbeißen gibt ... Vorratshaltung, vielleicht?
Ich freue mich auf jeden weiteren, tiefen Atemzug des Herrn Vater. Welchen Schwertgeist er mit sich führt, ist schwer zu übersehen. Das wärmt mein Herz! Wie lebendig eine Klinge wirken kann. (Sie heißt hier manchmal Tsurugi-hime, manchmal Tsuruki-hime.)

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2022-02-08T22:47:20+00:00 08.02.2022 23:47
Hallo!

Inu no Taishou hat die perfekte Art gefunden, beide Söhne ruhig zu stellen: Wer dem einen kein Haar ausreißen will, um seinen Ärger heraufzubeschwören ... ja, von ihm kann man wahrlich lernen. Mir hat die Gestaltung des Sumpfes gefallen. Unglaublich gefallen! Die wichtigsten Hundesinne sind ausgeschalten, dazu macht sich die Gegend selbstständig und auch der weise Papa war lange nicht mehr dort. Es hat mit einer Schnitzeljagd voller Glücksmomente sehr viel gemeinsam. Ich bin gespannt, wie sich die Frischverstorbenen und Verrottenden benehmen. Insgeheim rechne ich mit einer Flut für die Unterwelt. Sumpftrockenlegen auf Dämonenart eben.
Während ich eingangs die Gedanken der Hundebrüder genoss - der eine vermeidet Zorn auf sich und will lernen, der andere möchte dem Vater Wut ersparen -, hat die Anekdote an Izayoi gesessen. Es war nachvollziehbar, warum ihn die Worte aus dem anderen Kapitel getroffen hatten. Dazu kam diese Verletzlichkeit, die Gedanken an Sesshoumaru und den Befehl, die offenen Fragen, die Todesangst. Es war eine sehr subtile Art einzuflechten, wie lange Stunden werden können, und wie viele Gefahren der Feldherr sogar als Schleppe hinter Izayoi vermutete. Für mich war es trotzdem ein heiterer Moment, als Izayoi Takemaru beruhigend zurief. Wäre der nur fünf Schritt schneller gewesen! Oder Izayoi über das Versteck Sou'ungas gestolpert! Bann oder nicht, die Energie war keinesfalls verschwendet, es nicht bei sich zu belassen. Wie bewusst sich der Inu no Taishou über die Unterschiede, z.B. Klauen, war!
Solche Ausflüge in die Vergangenheit sind etwas, was ich in jeder deiner Geschichte genieße. Hier bot Izayoi die angenehme Abwechslung, dass sie von selbst die Schlußfolgerung auf Ehrlosigkeit tätigte, ja, sich obendrein beim Tuch durchsetzte und eine offensichtliche Gefahr großzügig übersah. Es ist wohl nicht nur ein Wildeber, der auf Ideen kommt ...

Viele Grüße, Morgi
Antwort von:  Hotepneith
09.02.2022 11:04
Danke schön - nette Überraschung, denn soweit ich weiß, hattest du dich schon mal an diese Geschichte gemacht und auch kommentiert, aber du kannst gern alte Erinnerungen auffrischen, denn ich weiß nciht, b du bist zum Ende gekommen bist...

Dann man auf in den Kampf mit dem fröhlichen Trio....


hotep
Antwort von: Morgi
09.02.2022 19:09
Ich habe direkt dort angesetzt, wo ich aufgehört hatte. Erst dachte ich, noch einmal von vorn anfangen zu müssen, allerdings waren die Fallstricke und "was bisher geschah..." allesamt präsent, sobald die erste Zeile kam!

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2020-10-06T19:04:47+00:00 06.10.2020 21:04
Hallo!

Nun ist die Geschichte aus und man sitzt wehmütig dabei, hofft auf eine oder auch zwei Anekdoten, wie und wann die beiden Seelen zurück ins Jenseits müssen, wie alle "Alten" mit einem Kind Inuyashas umgingen, warum Jaken nicht mehr am Zipfel Sesshoumarus nach dessen Rückkehr hängt ... ach, was für eine Reise war es! Die Familienbande haben sich glaubhaft weiterentwickelt und gefestigt, die höfische Erziehung sorgte für einen gelungenen Kontrast und das Kagomes "Wow!" wiederholt von Inuyasha als Ausruf aufgegriffen wurde, amüsierte mich ebenso wie die beiden Ehefrauen, welche ihrem Gatten mehr Steine in den Weg legen können als jeder Unterführer.
Am schönsten blieb zu verfolgen, wie sich Vater, Söhne, Frauen und Neuzeit sprachlich niederschlugen - neben Sumpf und einem im Jenseits wartenden Onigumo, der genug Potenzial für neue Abenteuer böte!

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2020-10-06T18:18:10+00:00 06.10.2020 20:18
Hallo!

Mein erschrockenes Gesicht, uff. Es gibt Tensaiga, um sie zurückzuholen, aber was sollte sie im Jenseits wollen? Oder ist das eine Art, um die bereits investierte Mühe in Izayois Überleben mit deren Rückkehr zu vollenden? Vor Kaitos Kampf waren sich beide Frauen einig darin, nicht erneut zu verwitwen und die Söhne zu schützen. Was mag ihre Motivation sein? Gleich, es ist eine wundervolle Erzählung und man hängt am Text fest, um nichts zu verpassen. Izayois Abstammung ist das eine, sich vorzustellen, wie beide (ungleichen) Gemahlinnen drei Wochen um ein neugeborenes Hanyoukind herumzirkeln - und die eine erfahrene Mutter die andere anleiten könnte? -, inspirierend.
Einzig mit Myouga will ich nicht tauschen. Er sollte sich im Immobiliengeschäft von Toutousai beraten lassen, um sich vor allen effektiver zu verstecken als im Schulterfell seines Herrn. Der hat auch Härchen zu rupfen, wenn es so weitergeht.
Abschließend: Ich warte noch darauf, wie Kaitos Gefolge von Tora und Fürsten gemaßregelt wird. Sollten die ebenfalls unter Hochverrat fallen, ohweh.

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2020-10-06T17:24:28+00:00 06.10.2020 19:24
Hallo!

Koromi wird spüren, das sich eine andere Frau im Schwert verbirgt. Ihr Interesse - oder Neugierde, sollte sie dem noch nicht auf die Schliche gekommen sein - ist doch sehr bezeichnend, und obendrein dezent eingeflochten.
Inuyashas Übungskampf verlief ungestüm, ungeplant, typisch. Trotzdem blieb es unterhaltsam, weil es die Unterschiede zu Sesshoumaru und Papa unterstreicht. Es mangelt ihm nicht an Willenskraft, sondern Strategie und Kyo bewies, dass er ein hartnäckiger Krieger ist; leider geblendet von der falschen Hanyouhälfte und deshalb zu Unterschätzung neigend. Ob ihm das gegenüber einer Frau auch passiert wäre? Wahrscheinlich.
Auf Kaito freue ich mich sehr, denn ein Unterführer dürfte mit fünfhundert Mann aus einem ganz anderen, eindrucksvollen Holz geschnitzt sein. Inwiefern die treu ergeben sind, wenn sie den alten Fürsten erblicken, oder den Schwanz einziehen, bleibt abzuwarten. Ein unbewachtes Schloss einzunehmen, mag verlockender ausfallen als dem Hausherrn in die Pfoten zu springen.

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2020-10-06T12:17:13+00:00 06.10.2020 14:17
Hallo!

Nachdem der Sumpf von Meiun und Onigumo hinter mir liegen, war die erste Frage: Sind es fünfhundert lebende Dämonenkrieger? Aber ja, da darf Frau Mama doch einmal ihren Ältesten herbeizitieren statt sich selbst die Seide zu ruinieren.
An der Stelle bin ich angetan von Inuyashas Wutausbruch - Mama im Schwert -, denn bei aller tiefen Liebe und Romantik, ein solches Schicksal bis zum Ende der Zeit, ohne menschliche Hülle, ohne das Altern, darauf wartend sich zu unterhalten und im Jenseits nie mit anderen Geschöpfen sprechen könnend; puh. Die Verbundenheit schlug für die wenigen Jahre, die sie zusammen hatten, sehr tiefe Wurzeln. Dass sie die einzige Seele war, die sich ebenfalls eine Bedingung ausnahm, stimmt mich wehmütig. Ich wünschte, sowohl sie als auch der Hundefürst hätten geahnt, worum es ging und sich beide eine Wiedergeburt mitsamt Erinnerungen ausbeten können - oder eine, in der sie sich begegnen könnten, aber nichts voneinander wussten.
Nun wird Izayoi im Schwert mit auf das Schloß genommen werden, Sesshoumaru seine Landflucht aufgeben müssen und ... ach ja, Rin verheiraten. Wie unterhaltsam!
Toutousai als Lehrlingsbub ist unbezahlbar, vor allem sein Seitenhieb gegen den geschwätzigen Boten.

Viele Grüße, Morgi
P.s. Da sich die rote Kugel nicht auflöste, glaube ich, Onigumo erkommt erneut. Wer das "wie" nicht stopft, hinterlässt ein "wann".
Von: Morgi
2020-10-06T10:42:14+00:00 06.10.2020 12:42
Hallo!

Papas Schelte sitzt, seine Anweisungen auch. Es amüsiert mich, dass er nicht aus seiner Haut kommt und die beiden Söhne trotz aller vergangenen Jahrhunderte um seine Anerkennung wetteifert - und sich weder vor sich, voreinander oder vor ihm blamieren mag.
Akumus Schachzug des zweiten Abkömmlings bot viel Unterhaltenswert. Wüsste eine solche Kreatur etwas vom Vorbild, könnte es böse ausgehen. Andererseits wüsste ich zu gern, wie der Herr Papa darauf reagiert hätte, wären da seine beiden Ehefrauen herumgeflogen ... chapeau derweil an Inuyasha, der beiden Daiyoukai verbal das Wasser abgrub und Konter bot. Recht hat er.

Viele Grüße, Morgi
Von: Morgi
2020-10-06T09:13:03+00:00 06.10.2020 11:13
Hallo!

Nun kommt er doch noch in die Verlegenheit, sich der Beinkleider zu entledigen und - wie drückte er es aus - "Das ist so demütigend" als Mantra zu entwickeln. Sesshoumaru und dessen Vater sind wie zwei Seiten derselben Medaille. Was der eine mit Fassung erträgt, bringt den anderen im Stolz schier um. Dennoch mag ich die Erinnerungen, die sich daran knüpfen. Der eine gegenüber Izayoi, der andere bedauernd gegenüber Rins Warten auf die nächste Mahlzeit. Jaken wäre entzückt, wüsste er, dass seine Bratkunst beinahe bewundert wurde.
Bei der Familienanekdote dachte ich nur, welch Glück, dass die überlebende Cousine nicht nachtragend wegen ihrer Brüder und des Vaters handelte. Sitte oder nicht, das zuvor genutzte Wort der Unterwerfung gegenüber einem Gefährten lässt seitdem noch tiefer blicken. (Trotzdem bin ich Feuer und Flamme für derlei eingebundene Legenden!) Gami könnte von mir aus weitere Auftritte erhalten. Ein sympathischer Nebencharakter! Feige, ein bisschen einsiedlerisch, ich erkenne potenzielle Weggefährten.

Viele Grüße, Morgi


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