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Ich bin doch kein Wolf!

von

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Lass dich nicht beeindrucken!

Die anderen hatten sich bereits alle einen Platz gesucht und hockten wild verstreut auf dem Boden herum. Ich sah mich suchend um, dann entdeckte ich Georg der mir mit einem kleinen Nicken zu verstehen gab dass ich mich zu ihm setzen sollte. Ich zog für einen Moment in Erwägung diese Einladung abzulehnen, ein winzig kleines Aufbäumen meines Egos, aber ein Blick in die Gesichter der anwesenden Rudelmitglieder brachte mich dann doch dazu mich neben meinen besten Freund zu setzen.

Noch bevor ich den Boden mit meinem Hintern berührte packte er mich am Unterarm und zog mich näher zu sich heran. Unsere Schultern berührten sich als ich mich neben ihn setzte, und ich warf ihm einen fragenden Blick zu. Aber Georg starrte nur stur gerade aus, seine Hand wanderte von meinem Arm auf meinen Oberschenkel, und jetzt beugte er sich langsam zu mir herüber und flüsterte mir leise ins Ohr: „Die anderen beobachten dich. Jeder von denen denkt gerade darüber nach ob er es schaffen würde dich zu unterwerfen. Verhalt dich möglichst unauffällig. Egal was gleich noch passieren wird.“ er lehnte sich wieder zurück, aber jetzt war ich es der ihm mit seinem Körper folgte. Ich runzelte die Stirn und fragte ebenso leise zurück: „Was wird denn gleich passieren?“

„Sch!“ Georgs Griff an meinem Oberschenkel verstärkte sich, und ich schloss beleidigt den Mund. Warum machte er erst solche Andeutungen wenn er mir danach sowieso nicht erklären wollte worum es ging? Ich verschränkte die Arme vor der Brust und rutschte ein Stück weiter nach hinten um mich gegen die Wand in meinem Rücken lehnen zu können. Georg folgte mir nicht, aber er nahm seine Hand von meinem Bein.

Ich spürte die Blicke der anderen Wölfe auf mir und begann mich immer unwohler zu fühlen. Wo blieb Hector denn nur? Mit jeder Sekunde die verging wurde die Spannung im Raum greifbarer, ich hörte leises Getuschel und verhaltenes Gelächter, und ich wusste genau um wen es dabei ging. Wäre ich nur neben Georg sitzen geblieben, jetzt fehlte mir seine beruhigende Nähe. Aber die Blöße geben und mich wieder zu ihm nach vorn bewegen wollte ich auch nicht. Also blieb ich an die Wand gelehnt sitzen und versuchte mich hinter dem Vorhang meiner langen Haare zu verstecken. Solange ich niemandem in die Augen sah oder ihm versehentlich die Zähne zeigte würde schon alles gut gehen. Georg schien meine Unsicherheit nun doch zu bemerken, er kam zu mir nach hinten und knurrte leise.

„Unauffällig heißt nicht unterwürfig. Die machen Hackfleisch aus dir wenn du so offensichtlich Schwäche zeigst.“

Ich schluckte schwer und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Hier konnte man aber auch gar nichts richtig machen. Ich griff hilfesuchend nach Georgs Hand die zwischen uns auf dem Boden lag, und er verschränkte unauffällig seine Finger mit meinen. Auf seinem Gesicht erschien ein kleines Lächeln.

„Konzentrier dich einfach auf Hector, dann passiert dir nichts. Aber hör möglichst nicht auf das was er sagt, da kommt eh nur Bullshit raus.“ Ich blickte ihn überrascht an, aber in diesem Moment ging am anderen Ende des Raumes eine Tür auf, und unser Anführer gab sich endlich die Ehre.  Ich atmete erleichtert aus und entspannte mich etwas. Jetzt war ich nicht mehr die interessanteste Person im Raum.

Hector wartete bis sich die allgemeine Unruhe gelegt hatte, dann schenkte er uns allen ein gewinnendes Lächeln und nahm an einem kleinen Schreibtisch Platz, die Beine lässig von sich gestreckt. Ich sagte es nicht gern, aber der Kerl hatte Charisma. Es war wirklich kein Wunder dass er sich so erfolgreich als Rudelführer hielt. Und so lange sich Georg erinnern konnte hatte es auch noch keiner ernsthaft versucht ihm diesen Titel streitig zu machen.

Ich ließ meinen Blick unauffällig über die anwesenden Rudelmitglieder wandern, da waren schon einige dabei denen ich es zumindest körperlich zugetraut hätte mit Hector fertig zu werden. Aber ihnen fehlte einfach diese…Präsenz, die unseren Anführer umgab. Er wirkte gleichzeitig sympathisch und furchteinflößend, und man war sich nie sicher ob er einen freundlich umarmen oder gleich in Stücke reißen wollte. Ich hatte jedenfalls keine Lust ihm in nächster Zeit noch einmal frech zu kommen.

Die Themen die Hector anschnitt interessierten mich kaum bis gar nicht, ich kannte keinen einzigen der Leute um die es ging, und dank Georg war ich bis jetzt ja nur mit recht oberflächlichen und dazu noch dem Rudel gegenüber negativen Informationen gefüttert worden. Das was Hector erzählte hörte sich dagegen viel...positiver an. Und kein bisschen nach hormongesteuerten Vollidioten die sich alle naselang die Köpfe einschlugen.

Georg schien meine Verwirrtheit zu bemerken, er beugte sich unauffällig zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.

„Lass dich nicht beeindrucken, das hört sich nur beim ersten Mal so großartig an. Je öfter du das hörst desto primitiver wird es.“

Na da war aber einer unvoreingenommen.

Nach der Versammlung strömten alle nach draußen, Georg und ich waren unter den letzten die die große Halle verließen, niemand beachtete uns weiter, und dafür war ich wirklich dankbar. Mein Kopf schwirrte, und das nicht nur von den vielen neuen Informationen die da auf mich eingeprasselt waren.

„Hey, Georg! Ricci! Kommt mal her!“

Ich zuckte erschrocken zusammen als ich meinen Namen hörte. Georg packte mich am Arm, die Geste war eine stumme Warnung. Aber wovor?

Vor Hector?

Der war nämlich derjenige der uns gerufen hatte.

Es dauerte eine Weile bis ich ihn entdeckt hatte, der Platz vor der Halle war zwar groß, aber immer noch voller Menschen. Und den meisten reichte ich kaum bis unters Kinn.

„Da drüben. Komm.“ Georgs Stimme klang gepresst, aber gefasst. Er war ganz offensichtlich überhaupt nicht begeistert davon dass unser Anführer Interesse an uns zeigte. Konnte ich verstehen. Ich fand das auch nicht gut.

Hector stand etwas abseits, er hatte ein Lächeln aufgesetzt, aber mir war trotzdem etwas mulmig zu Mute. Ich konnte nämlich seine Zähne sehen. Auch wenn diese Geste wohl nicht uns galt. Sie hielt ihm die anderen Wölfe vom Leib.

Erst als Georg und ich bis auf wenige Schritte an ihn heran gekommen waren fiel mir das Mädchen auf das neben unserem Rudelchef stand. Sie war einen halben Kopf kleiner als Hector und mochte auch ein bisschen jünger sein als er, aber ihr Aussehen und die Ähnlichkeiten ließen keine Zweifel. Die Unbekannte musste eine Verwandte sein, vielleicht eine Cousine, oder aber...
 

„Das ist Mariam, meine Schwester.“ stellte Hector uns vor. Das Mädchen mit dem kecken Lächeln schüttelte mir kräftig die Hand, dann begrüßte sie Georg. Die beiden kannten sich anscheinend schon, für ihn gab es statt des Händedrucks nämlich eine Umarmung.

„Hi, freut mich mal wieder hier zu sein. Hat sich ja nicht viel geändert.“ sie zwinkerte ihrem Bruder zu, dann strich sie sich das lange Haar von der Schulter und strahlte mich an.

„Man lernt selten neue Wölfe kennen, und wenn dann sind sie meistens alt und eigenbrötlerisch. Nicht so hübsch wie du.“

Ich wurde sofort knallrot und senkte den Blick. Mariam lachte, neben mir hörte ich Georg verächtlich schnauben.

„Mari, bring ihn nicht in Verlegenheit.“ Hector trag neben seine Schwester und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Er klang belustigt, aber die Autorität in seiner Stimme entging keinem von uns. Auch seiner Schwester nicht. Sie seufzte ergeben, dann kehrte das Lächeln auf ihre Lippen zurück.

„Das wollte ich nicht, sorry. Auf gute Freundschaft, ja?“ Ich hob den Blick, und erwiderte das Lächeln. Verdammt, sah sie gut aus!

 

„Du brauchst Mariam gar keine schönen Augen machen. Hector hat da seine Hand drüber. Auch wenn sie nicht mehr zum Rudel gehört.“ Georgs Stimme klang verärgert, und ich warf ihm einen betroffenen Blick zu. Voll ins Schwarze. Natürlich hatte sie mir gefallen, sie war hübsch, lustig, und sie fand mich ebenfalls zumindest nicht schlecht. Das machte doch Hoffnung! Und ich war schließlich auch nur ein Mann, ich hatte Interesse daran eine Frauen kennen zu lernen, und bis jetzt hatte sich da noch nicht wirklich viel ergeben. Außer Georg hatte ich in der Schule und im Rudel keine Freunde, und wenn man ehrlich war, der war nicht gerade ein Frauenmagnet.

„Ich hab ihr keine schönen Augen gemacht.“ murrte ich als Antwort, und Georg schnaubte erneut verächtlich. Seit diesem kleinen Vorfall in seinem Zimmer benahm er sich mir gegenüber immer öfter sehr überheblich, und das gefiel mir gar nicht. Es war natürlich sein Recht, aber es ärgerte mich trotzdem höllisch.

„Georg, hör auf damit. Ich will nichts von ihr, okay? Es war peinlich, und ich hab ihr nur die Hand gegeben!“ versuchte ich es erneut, aber Georg schien das Thema nicht weiter vertiefen zu wollen. Er biss die Zähne zusammen und zischte nur: „In zwei Wochen ist sie wieder weg, mach dir also keine Hoffnungen.“

Ich beließ es dabei, auch wenn es in mir brodelte. Georg war übergriffig, es ging ihn überhaupt nichts an mit wem ich meine Zeit verbringen wollte, und wenn Hector nicht gewesen wäre…schweigend setzten wir unseren Heimweg fort, ich frustriert, Georg aus irgendeinem Grund verärgert, und erst als sich unsere Wege trennten ergriff er wieder das Wort: „Halt dich einfach von ihr fern, sie macht nur Probleme, glaub mir.“ Er drehte sich um und winkte mir zum Abschied. „Wir sehen uns!“

Ich erwiderte das Winken, sagte aber nichts. Sonst wäre mir vielleicht doch noch etwas unüberlegtes herausgerutscht.



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