Der Waldläufer Nousagi von Dudisliebling ================================================================================ Kapitel 5: Lederner Stoff ------------------------- Kapitel 5 Lederner Stoff Der Flohgeist hüpfte über den Schreibtisch und setze sich auf ein kleines, rechteckiges Stück Stoff, auf dem ein winziges Kissen lag. Darauf machte er es sich bequem und sah beleidigt drein. Taisho schien dies allerdings nicht zu stören und so fixierte er wieder meinem Blick. „Wo hat Satoru dich untergebracht?“, wollte er wissen und ich schluckte einmal hart. Dieser Yokai strahlte eine unglaubliche Aura aus und ohne, dass er viel tat versprühte ich einen großen Respekt. „I-ich soll in der Küche helfen", antwortete ich und Taisho zog eine Augenbraue in die Höhe. Im nächsten Moment schien er allerdings zu überlegen und legte seine Ellenbogen auf dem Tisch ab. „Weißt du wer ich bin?“, fragte er dann plötzlich und ich weitete meine Augen. Ich hatte ja nur eine Vermutung und alle Zeichen standen dafür, dass er unser Herrscher war, doch zu 100% hatte mir das noch keiner bestätigt. „Ihr seit der Taisho", antwortete ich etwas kleinlaut und Myoga sprang auf. „Junge! Ist dir denn auch klar, was das bedeutet?“, fragte er und schien angefressen über mein Verhalten. Ich fühlte mich immer unwohler und wusste einfach nicht, wie ich mich verhalten sollte. Taisho allerdings hob beschwichtigend seine Hand und ließ Myoga aufspringen. „Vor einigen Jahrzehnten, beendete ich den Krieg und damit die Herrschaft der Drachen. Die Göttin des Mondes ernannte mich daraufhin zum Taisho, dem neuen Herrscher über den Westen und allen Inuyokai.“, Begann er zu erklären was weit vor meiner Geburt passiert war. Meine Eltern erzählten mir einmal davon, denn auch Vater hatte damals im Krieg gedient. Allerdings eher als heiler, denn er kannte die verschiedenen Heilkräfte sehr gut und half damit vielen Kriegern. „Viele wollten mich am Anfang nicht anerkennen und einige Räuberbanden trieben ihr Unwesen. Viele Gesuche ereilten mich. Aber ich habe eine Regel. Ich helfe nur dann, wenn ich weiß das sie es ohne meine Hilfe nicht schaffen", sprach er weiter und ich nahm die Informationen auf. Er half also nur, wenn er gebraucht wurde. Es klang hart aber Vater brachte mir einst bei, dass die Natur eine gewisse härte benötigte. So wie wir die Fische und Schweine aßen, so aßen sie von die Gräser und kleinere Insekten, die sich ebenfalls an uns labten, wenn wir starben. Vorsichtig nickte ich als Taisho nicht weitersprach und er räusperte sich. „Auch damals als wir dich das erste Mal fanden“, begann er und ich musste unwillkürlich an diesen Moment denken. „Damals waren wir eher zufällig vorbeigekommen und beerdigten die Toten. Oft rekrutierten wir zu dieser Zeit neue Krieger, denn meine Kriegerschaft war relativ geschwunden, als der Krieg geendet hatte. Viele starke Yokai waren darüber hinaus verletzt oder wollten nicht mehr dienen. Ich ließ ihnen damals die Entscheidung und so suchte ich nach neuen Kriegern.“ Schweigend hörte ich zu und verkrampft meine Hände immer mehr in den Stoff meiner Hose. Warum erzählte er mir das alles nun? Wollte er mir etwa sagen, warum er mich damals im Dreck liegen ließ und ich zu dieser grauenhaften Bestie wurde? „Wie heißt du Junge?“, fragte er weiter und hatte seine kleine Erzählung anscheinend beendet. „Mein Name ist Nousagi“, antwortete ich und er lehnte sich wieder zurück. Myoga hatte sich auf dessen Schulter niedergelassen und sah zum Taisho. Ich hatte das Gefühl das jetzt noch eine wichtige Sache auf mich zukommen würde und fürchtete etwas, dass es mit unserem damaligen Treffen zu tun haben könnte. Doch es kam anders. „Ich will dich als Krieger.“, Sprach er und ich sah ihn mit entgleisten Gesichtszügen an. Myoga sprang wieder auf mich zu. „Mach deinen Mund zu Junge! Das gehört sich nicht im Angesicht des Taisho!“, rügte er und ich schloss meinen Mund augenblicklich und setze mich gerade auf. „A-aber Taisho-sama. Ich denke nicht das ich geeignet bin, euch im Heer zu dienen. In der Küche kann ich sicher mehr ausrichten", fing ich an meine Erstauntheit zu erklären. Taisho begann zu grinsen und stand dann schnell auf. Er öffnete die Tür zum Garten und bat mich per Handzeichen näher zu kommen. Ich tat sofort wie befohlen und trat neben ihn. „Siehst du den Apfelbaum?“, fragte er und ich ließ meinen Blick durch den Garten schweifen. Dort standen allerhand Bäume und viele Blumen waren dort gesetzt worden. Es war ein wunderschöner Garten, musste ich zugeben und als ich den Apfelbaum erblickte nickte ich kurz. „Gut. Hol mir einen Apfel.“, Befahl er und ich setze mich in Bewegung. Doch es schien ihm nicht zu gefallen. „Schneller Nousagi!“, befahl er strenger und ich zuckte sogar kurz zusammen. Ich lief zum Apfelbaum, pflügte eine reife Frucht und lief zurück. Wartend reichte ich dem Taisho den Apfel und er schlug ihn mir aus der Hand. „Hol mir einen Apfel", befahl er wieder und ich sah ihn schockiert an. Was wollte er denn jetzt von mir? Also drehte ich mich wieder zum Apfelbaum und wollte gerade losgehen, da hörte ich ihn noch einmal sprechen. „So wie auf dem Markt“ Stutzend sah ich ihn an und seine Fassade ließ seinen wahren Grund nicht hindurchsickern. Also machte ich mich bereit, suchte einen festen Stand und fixierte einen Apfel der in griffweite hing und in der Sonne glänzte, wie ein roter Stein. Ich ließ die Luft noch einmal in meine Lungen und preschte vor. Schneller als zuvor bei Satoru und dem Sake kam ich am Apfelbaum an, nahm die reife Frucht und wendete. Kurz vor dem Taisho blieb ich stehen und mein Zopf flog mir vor lauter Schwung über die Schulter und streifte sogar kurz den Taisho selbst. Ich war nicht mal aus der Puste und entließ die angestaute Luft. Die goldeneren Augen des silberhaarigen Mannes vor mir fixierten meine und seine Lippen verzogen sich dann leicht amüsiert zu einem Schmunzeln. Er hob seine Hand und hielt sie mir geöffnet entgegen. Perplex legte ich ihm den Apfel hinein und er nahm den Apfel an. Daraufhin drehte er sich ab und nahm einen biss vom Apfel. Ich blieb dagegen wie angewurzelt stehen und wusste nicht was er eigentlich genau wollte. Wollte er nur sehen wie schnell ich war? Oder missbrauchte er mich dafür, sich seinen Nachtisch holen zu lassen, ohne einen Schritt zu tun? Myoga sprang auf meine Hand und sah mit großen Augen zu mir hinauf. „Du hast eine wirklich große Gabe, Nousagi“, sprach er erstaunt und ich wusste nicht was er meinte. Welche Gabe? Er meinte doch wohl nicht das schnelle laufen!? Das könnte jeder der anderen Krieger mindestens genauso schnell. Oder? Mir fielen die verwunderten blicke der Krieger wieder ein und auch Satoru schien überrascht gewesen zu sein. „Ich habe noch keinen Inuyokai so schnell laufen sehen“, riss mich Myoga wieder aus den Gedanken und ich sah hinein in den Raum, indem der Taisho verschwunden war. Ich folgte ihm und entdeckte ihn an einer Art Kommode. „Du wirst dich morgen bei Morgengrauen bei Satoru und den Kriegern melden.“, Begann er zu sprechen ohne mich anzusehen. „Egal was er sagt. Du lässt dich nicht von ihm davonjagen und nimmst am Training Teil“, befahl er mit strenger Stimme und ich nickte schnell. Myoga zwickte mir in die Hand und ich verstand was er wollte, neigte meinen Kopf leicht und antwortete: „Jawohl Herr“ Als ich meinen Kopf wieder hob, drehte sich der Taisho gerade herum und ging zum Tisch zurück. Dort lies er sich nieder und biss den letzten Rest des Apfels ab. Ich folgte ihm an den Tisch und lies mich ebenfalls nieder. „Ich will das du hart trainierst und deinen Körper robuster machst. Ich werde Sanae mitteilen lassen, dass sie dir doppelt so viel Reis geben soll.“, Erklärte er und fummelte an einem brauen Stück Stoff herum. Er hielt kurz inne und erfasste dann meinen Blick. Er beugte sich zu mir herüber und legte das Stück Stoff vor mir auf den Tisch. Ich wendete meinen Blick von seinem, als er sich zurücklehnte und eine Schale mit klarer Flüssigkeit zur Hand nimmt. Sake roch ich heraus und erblickte die Tonflasche, welche auf dem Tisch stand. Yukara muss hier gewesen sein als wir draußen waren. Als nächstes musterte ich das Stück Stoff und blinzelte einige Male. Was sollte ich damit? Myoga sprang neben den Stoff und zupfte an einem Teil davon herum. „Trage sie.“, Befahl der Taisho und ich sah zu ihm. Er hatte seine Augen geschlossen und nippte an der Schale. Myoga streckte den Stoff zu mir und ich führte meine Hand langsam zu dem ledernen Stoff. Er war ganz glatt und kühl. Ich hob den Stoff auf und öffnete ihn soweit bis ich erkannte was es war. Eine Maske. Meine Augen weiteten sich und ich wusste genau, für was sie gedacht war. Sie sollte meine Narbe bedecken. Eins wurde mir in diesem Moment mehr als bewusst. Das Training würde hart werden und so wie ich die anderen gesehen hatte, würden sie mich nicht schonen. Ich musste lernen, viel lernen und sicher würde Satoru dafür sorgen das es mir eingeprügelt werden würde. „Nun geh. Yukara wird dir deine Unterkunft zeigen“, befahl der Taisho und stand auf. Bevor ich aufspringen konnte, war er schon an der Tür und ging einfach hinaus. Als ich ihm nachsah und beobachtete wie das silberne Haar in der Dunkelheit verschwand, trat Yukara immer näher. Sie lächelte mich an. „Komm Nousagi. Ich zeige dir dein Bett.“, Verkündete sie und ich ging auf sie zu. Sie wendete und ging mir voraus in den Trakt der Krieger. Am nächsten Morgen wachte ich vor dem Morgengrauen auf, denn ich hatte kaum ein Auge zu getan. Zu sehr fürchtete ich mich davor, zu verschlafen. Ich wusste das Satoru mich nicht mochte. Hatte er es ja bereits einige Male zum Besten gegeben, als wir auf dem Weg hier her zum Schloss gewesen waren. Also musste ich zeigen was in mir steckte und ich wollte mit Pünktlichkeit glänzen. Ich stand also auf, sah mich kurz in dem großen Raum um, indem noch viele andere schliefen. Leise Schlich ich mich hinaus, wusch mir mein Gesicht im Waschraum und richtete meine Kleidung. Zum Schluss zog ich die Maske aus meiner Hosentasche und hielt sie vor mich. Diese Narbe. Warum bist du nur da, fragte ich mich, so wie ich es oft getan hatte. Mein Herz wog schwer, als ich die Narbe um meine Augen und an meinen Wangenknochen im Spiegel betrachtete. Nousagi hörte ich Mutters stimme in meinen Ohren und wendete angewidert den Blick ab. Ich würde diese Narbe hinter der Maske verstecken. Meine Schuld würde versteckt werden und ich könnte es vielleicht irgendwann wieder gut machen. Und wenn nicht, dann würde ich Mutter bitten mir zu verzeihen, sobald ich ihr gegenübertreten werde. Ich band das Leder um meinen Kopf, genau so das ich etwas sehen konnte und richtete meinen Blick wieder zum Spiegel. Nun sah ich zwar immer noch nicht normal aus, aber die Narbe war bedeckt. Niemand könnte mich jetzt mehr verurteilen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)