Torn von Hinarika ================================================================================ Kapitel 15: Shaken ------------------ Temari sinkt hustend auf die Knie und Shikamaru will nach ihr greifen, aber der unerklärliche Sauerstoffmangel lässt ihn selbst taumeln. Obwohl sein Blick verschwimmt, hebt Naruto den Kopf und fixiert angestrengt die beiden Frauen wenige Meter vor sich. Er braucht den Fuchs in sich nicht zu hören, um zu wissen, dass die schlagartig explodierten Energien von ihnen ausgehen, auch wenn er sich das Ausmaß keinesfalls erklären kann. Der Luftmangel und die sengende Hitze, die alle um ihn herum in die Knie gehen lassen, scheint die beiden auszunehmen, aber er kennt die Anzeichen, wenn man um die Kontrolle über seinen eigenen Körper ringt. Er sieht wie Hinatas Bewegungen, abgehackt und angestrengt, ihre Hand zu ihrer Waffentasche führen und sie ein Kunai herauszieht. Als er erkennt, was sie vorhat, öffnet er die Lippen, aber er schafft es nicht ihren Namen auszusprechen, bevor sie das Kunai in ihrer Hand dreht und die Klinge mit einer ruckartigen Bewegung in ihren eigenen Oberschenkel sticht. Der Schmerz lässt sie kaum merklich zusammenzucken, bevor sie ruckartig ihr Chakra als Wall um sich und Sakura herum hochzieht. Sobald Hinatas Chakra sie und Sakura abschirmt, verschwinden sowohl die Hitze als auch der unerklärliche Sauerstoffmangel schlagartig. Naruto gewinnt seinen Atem als erster weitgehend zurück. „Was zur Hölle ist hier los?“ Aber seine Aufmerksamkeit fokussiert sich ruckartig und einzig allein auf die beiden Frauen, die Hinatas Chakra weiterhin klar von ihnen abschirmt. Während Sakura sich außer Atem auf ihren Knien abstützt, zieht Hinata ihre Waffe ruckartig aus ihrem Bein und reißt dann mit wenigen Handgriffen den Reißverschluss ihrer Weste nach unten und streift sich das Kleidungsstück hektisch vom Körper. Nachdem sie zwei Schriftrollen und einen Zettel daraus entnommen hat, lässt sie den dunklen Stoff achtlos zu Boden fallen. Für einen Moment finden ihre Augen Naruto, als sie den Bannzettel gegen ihr eigenes Chakra drückt und er flüstert ihren Namen heiser, aber er sieht lediglich ihre Chakrahülle blau flackern, eine wortlose Abgrenzung zwischen ihnen. Statt mit einer Silbe zu erklären, was hier vorgefallen ist, findet ihr Blick Sakura und diese nickt nur wortlos, bevor sie ebenfalls nach dem Reißverschluss ihrer Weste greift und zwei weitere Schriftrollen zutage fördert. „Sakura!“ Auch Sasuke macht einen Schritt nach vorne, aber entweder ignorieren die beiden Frauen sie wirkungsvoll oder Hinata hat mit ihrer zusätzlichen Abschirmung dafür gesorgt, dass sie einander tatsächlich nicht hören können. Als sie klar sehen, wie die Clanerbin ihre Lippen bewegt, gleichzeitig aber kein Wort an ihre Ohren dringt, bestätigt sich letztere Vermutung. Auch Gaara tritt einen Schritt nach vorne, wendet sich aber gleichzeitig an seine Schwester. „Temari, Shikamaru, geht und informiert Tsunade. Holt sie schleunigst hierher!“ Es ist wahrscheinlich das erste Mal in ihrem Leben, dass seine ältere Schwester seiner Aufforderung ohne jeglichen Kommentar nachkommt und schnell mit Shikamaru verschwindet, während die drei Ausnahme-Shinobi zurückbleiben. „Was passiert hier bloß?“ Gaaras Frage verhallt unbeantwortet, denn Naruto und Sasuke starren weiterhin auf die beiden Frauen, die an sich nur wenige Meter von ihnen entfernt sind und fragen sich stumm, wie ihnen all das die letzten Wochen über entgehen konnte. Sakura schält sich wie Hinata aus ihrem Pullover, unter dem sie beide ein Top tragen, und vermeidet den Blick in die Richtung ihrer ehemaligen Teamkameraden bewusst. „Was ist hier gerade passiert?“ Es mag kaum ersichtlich sein, aber die steile Falte zwischen Hinatas Augenbrauen verrät Sakura deutlich genug, dass die junge Hyuuga ungewöhnlich aufgebracht ist. „Offensichtlich geworden, dass sie uns noch ein kleines Detail verschwiegen haben.“ Sakura bringt ihre Unzufriedenheit klarer zum Ausdruck. „Der durchgeknallte Mistkerl hat also tatsächlich versucht uns zu kontrollieren!“ „Deshalb sollten wir uns erstmal wieder selbst kontrollieren.“ Damit rollt Hinata die beiden Schriftrollen in ihrer Hand zu beiden Seiten neben ihr aus, aber obwohl Sakura es ihr gleichtut, wirft sie gleichzeitig einen besorgten Blick auf die stark blutende Wunde an Hinatas Oberschenkel. „Wie wäre es, wenn du mich das erst noch kurz heilen lässt?“ Statt ihr direkt zu antworten, fährt Hinata mit ihrer rechten Hand über die Verletzung und lässt ihr Blut danach von ihren Fingern auf die Schriftzeichen der Schriftrolle tropfen, die augenblicklich aufleuchten. Erst dann erwidert sie Sakuras Blick. „Du kannst die Blutung stoppen, aber der Rest wird warten müssen. Ich habe den Muskel durchtrennt.“ Sakura kaschiert ihre Emotionen, indem sie sich stattdessen nach vorne beugt und ihr Chakra schnell und kurz über Hinatas Bein aktiviert, um zumindest die starke Blutung einzudämmen. Dann fischt sie eine Klinge aus ihrem eigenen Waffenbeutel und zieht sie grob über ihre Handfläche, um ihr Blut ebenfalls auf die Schriftrollen zu ihren Füßen tropfen zu lassen. Sakura schiebt einen Träger ihres Tops nach unten und legt die beiden Schriftzeichen frei, die über ihrem linken Schlüsselbein in ihre Haut eingebrannt sind. Sie sieht Hinata aus dem Augenwinkel ihr eigenes Top anheben und den Verband durchtrennen, den sie um ihren Bauch trägt, um ebenfalls die zwei Schriftzeichen freizulegen, die sie darunter verborgen hält. Sie ignoriert die Blicke ihrer Teamkameraden, die sie brennend auf sich spürt und sieht stattdessen zurück zu Hinata, während sie absolut synchron die gleichen Schriftzeichen zu formen beginnen. Ihre Herausforderung für die nächsten Minuten liegt darin, sowohl sich selbst, als auch die andere zu ankern. Alles andere wird warten müssen. Die Tattoos haben sie beide schon gesehen und für nicht weiter auffällig befunden. Aber Naruto macht schon einen besorgten Schritt nach vorne, als er sieht wie Sakura die tiefe Wunde an Hinatas Bein oberflächlich heilt, doch Gaara streckt den Arm aus, um ihn zurückzuhalten. „Warte.“ Die beiden Konoha-nin sehen zu, wie der Kazekage mit wenigen Handbewegungen seinen Sand auf die Hülle zuschickt, die unter dem Kontakt warnend aufflackert, ansonsten jedoch vollkommen unbeeinflusst bestehen bleibt. „So kommen wir nicht an sie heran-“ Sasukes fassungsloses Zischen lenkt ihre gesamte Aufmerksamkeit zurück auf Hinata und Sakura, die in diesem Moment beginnen synchrone Schriftzeichen zu formen und Naruto begreift sofort, welcher außergewöhnliche Umstand seinen Teamkameraden aus der Fassung bringt und dasselbe Entsetzen frisst sich rasend schnell durch seinen eigenen Körper. „Ist das Fūja Hōin?“ Sasukes Antwort ist zunächst ein derber Fluch. „Nein! Aber es ist definitiv ein Fūinjutsu.“ Was in der unwiderruflichen Konsequenz bedeutet, dass etwas in ihnen versiegelt wurde. Ein Umstand mit dem die drei Männer allzu ausführlich vertraut sind. Naruto ringt darum, unter dieser Erkenntnis nicht in die Knie zu gehen, während Sasukes Blick unablässig auf Sakura liegt. Er beobachtet, wie die zahlreichen Schriftzeichen von den Schriftrollen zu beiden Seiten über ihre Arme wandern, Stück für Stück und geordnet, bis sie die Schriftzeichen auf ihrem Schlüsselbein erreichen und sich kreisförmig darum formieren – ein Siegel bilden. Er sieht sie keuchend auf die Knie sinken und wie die Schriftzeichen kleiner werden und einen schwarzen Kreis bilden, allzu ähnlich dem, den er vor Jahren selbst im Nacken getragen hat. Er spürt ihre Energie ansteigen, bis das Jutsu schließlich greift und ihr Chakra kontrolliert zurück in ihren Körper versiegelt. Sein Bluterbe aktiviert sich, ohne dass er sich an einen bewussten Entschluss dazu erinnern kann und offenbart ihm etwas, was ihn knurrend die Zähne aufeinander pressen lässt: Es ist nicht das erste Siegel, das an dieser Stelle über ihre Haut gelegt wurde. Aber es ist ihm wochenlang entgangen. Er hat nicht einmal daran gedacht, sie nach den Schriftzeichen zu fragen, die mehr eingebrannt als tätowiert aussahen. Naruto schließt die Augen, als er es nicht mehr erträgt, tatenlos dem Geschehen vor sich beizuwohnen und findet nach all den Jahren problemlos das Gefängnis des Fuchses in sich. „Naruto. Du willst doch nicht die Show verpassen. So viel Spaß hatten wir wirklich schon lange nicht mehr.“ „Weißt du, was in ihnen versiegelt wurde?“ „Alles was ich habe ist eine Vermutung. Aber falls ich Recht haben sollte, wird es das ganze Ninja-Reich ins Chaos stürzen.“ „Hör auf mit den Spielchen und sag mir was du glaubst!“ „Ich denke, es ist lustiger, wenn deine beiden Freundinnen dir das selbst erzählen. Ich werde mich zurücklehnen und die Show genießen.“ Naruto reißt knurrend die Augen auf und verflucht den Eigenwillen des Fuchses, für den er im Moment weder Zeit noch Geduld erübrigen kann. Er sieht gerade noch das Ende des Versiegelungsjutsu, das Hinata und Sakura beide kniend und außer Atem zurücklässt. Aber Hinata verschnauft kaum ein paar Sekunden, bevor ihr Bluterbe sichtlich an ihren Augen hervortritt, doch er kann nicht hören, was sie und Sakura bereden. „Sag mir, dass du das Arschloch hast!“ Hinata schlägt ruckartig die Augen auf. „Ich hab ihn. Tahira ist am nächsten dran.“ Sakura nickt kurz angebunden. „Pass auf dich auf.“ Hiashis Tochter nickt knapp, während sie eine Klinge über ihre Handfläche zieht, um ihr eigenes Blut über beide Daumen zu verteilen. Sie kniet sich vor Sakura, die im Schneidersitz beide Hände hebt und kommentarlos zusieht, während Hinata mit ihren Daumen jeweils ein Schriftzeichen auf ihre rechte und ihre linke Handfläche zeichnet. Sobald sie das erste Schriftzeichen ihres eigenen Namens auf Sakuras linke und ein weiteres auf ihre rechte Handfläche gezeichnet hat, schiebt Hinata den rechten Träger ihres Tops über ihre Schulter und findet blind das richtige Schriftzeichen auf ihrer Schulter. Sie sucht noch einmal kurz Sakuras Blick, bevor sie ihre Hände zu vertrauten Fingerzeichen zusammenschließt und ihr Bewusstsein auf Reisen schickt. Sie hat ihm erzählt, dass das Tattoo für die Wölfe steht und er war naiv genug, sich nichts dabei zu denken. Jetzt sieht er hilflos zu, wie sie erneut ihr eigenes Blut auf ihrer hellen Haut verteilt, indem sie über eines der Schriftzeichen fährt, die auf ihrem Schulterblatt eintätowiert sind und er hat schon wieder keine Ahnung, was für ein Jutsu sie dabei ist auszuführen. „Es ist mir egal wie, aber wir müssen diesen Wall einreißen!“ Naruto macht einen Schritt auf Hinatas Chakrawall zu und Sasukes Sharingan wandern ebenfalls angespannt über die blaue Hülle, als Tsunade, gefolgt von Neji, Shikamaru und Temari hinter ihnen aus dem Wald gestürmt kommt. „Was-“ Aber der Blick der Hokage fällt auf Sakura und Hinata und sie unterbricht sich selbst. „Hinata, nicht!“ Aber Tsunades Ausruf verhallt ungehört, denn sobald Hinata ihre Handflächen gegen Sakuras legt, sackt ihr Körper bewusstlos nach hinten. „Tsunade-“ Aber die Hokage wartet nicht auf Narutos Erklärung. „Ich nehme an die Schriftzeichen an ihrem Wall haben ihn schalldicht isoliert und ihn von ihrem Körper gekoppelt. Deshalb ist er eben nicht zusammengebrochen, als sie ihr Bewusstsein übertragen hat.“ „Sie hat ihr Bewusstsein übertragen?“ Nejis Blick liegt ebenfalls angespannt auf seiner Cousine. „Ich habe vermutet, dass der Wolf, den wir bei ihrer Rückkehr gesehen haben, kein normaler vertrauter Geist ist.“ Shikamaru kombiniert Tsunades Andeutung zuerst. „Hinatas Wolf ist ein Schutzgeist?“ Die Details interessieren Naruto jedoch wenig, während Hinata immer noch reglos wenige Meter vor ihm liegt und Sakura in einer scheinbaren Trance verweilt. „Und was bedeutet das?“ „Mit Schutzgeistern ist man auf eine andere, tiefere Art verbunden und den Gerüchten zufolge oder wie wir gerade sehen können in der Realität, können Partner von Schutzgeistern ihr Bewusstsein auf ihren Schutzgeist übertragen. Und in Hinatas Fall bezieht sich das vermutlich auf das gesamte Rudel.“ „Sie ist mit dem gesamten Rudel verbunden?“ „Im Zentrum des Tattoos auf ihrem Rücken steht Keira, die Leitwölfin. Die Schriftzeichen des Kreises symbolisieren die restlichen Wölfe des Rudels.“ Naruto teilt weder Shikamarus Faszination noch Tsunades Ruhe. „Also hat sie ihren Geist auf einen der Wölfe übertragen und weiter?“ „Es ist ein Spiel mit dem Feuer, seinen Geist auf jemand anderen zu übertragen. Wenn etwas schief läuft, verliert man ein Stück von sich selbst oder man kommt nie zurück. Deshalb fungiert Sakura auch als ihr Anker.“ Auch Sasukes Geduld hat seine Grenzen erreicht. „Lass mich raten: das hat auch irgendeinen Nachteil?“ Die Hokage nickt. „Keine von beiden sollte lange in diesem Zustand verweilen.“ Naruto fährt sich aufgebracht durch die Haare. „Also kommen wir zurück zu unserem ursprünglichen Problem: wie durchbrechen wir Hinatas Chakra? Wir könnten die instabilsten Punkte isolieren und gleichzeitig angreifen, um einen Zusammenbruch zu erzeugen.“ Kalkuliert wie gewohnt, wiegelt Shikamaru Narutos gereizten Vorschlag augenblicklich ab. „Es ist ein halber Kreis, an jeder Stelle gleichmäßig gebildet. Eine Schwachstelle gibt es nicht, du hast nur die Möglichkeit den Wall von möglichst vielen Stellen gleichzeitig anzugreifen. Aber angesichts des instabilen psychischen Zustandes in dem sich die beiden befinden, sollten wir uns vielleicht lieber etwas anderes überlegen.“ Nejis konzentrierter Blick durchleuchtet das Jutsu seiner Cousine ebenfalls. „Dann kommt noch dazu, dass es eine doppelte Hülle ist. Wir müssen erstmal durch die erste Schicht kommen.“ Die Hokage kombiniert die zahlreichen Informationen schnell. „Hinata hat die direkte Verbindung zu ihrem Chakra gekappt, sonst wäre die Hülle mit dem Verlust ihres Bewusstseins zusammengebrochen, gleichzeitig kann sie die Kontrolle nicht komplett abgeben, sonst hätten wir keinerlei Probleme sie zu durchbrechen. Abzüglich ihrer Energie bleibt nur noch ihre Biologie. Neji!“ Der Hyuuga scheint den Gedankensprüngen seiner Kage problemlos folgen zu können und zieht bereits ein Kunai mit einem Sprengsatz aus seinem Waffenbeutel. Er setzt gerade an die Klinge über seine Handfläche zu ziehen, als Tsunade gebietend die Hand hebt. „Warte!“ Es ist zunächst nur subtil, aber schnell zittert Sakuras ganzer Körper und nach wenigen Sekunden tropft dunkelrotes Blut aus ihrer Nase über die feinen Gesichtszüge der jungen Medic-nin. „Neji, tu es!“ Neji wirft das Kunai und die Explosion lässt sie für einen Moment alle in Deckung gehen. Als sie wieder hochkommen, liegt Sakura erneut auf ihren Knien und führt ihre zitternden Hände angestrengt an ihre Schläfen. Es wird auf grausame Weise offensichtlich, dass die erste Hülle, die tatsächlich unter Nejis Angriff gefallen ist, den Schall abgeschirmt hat. Denn Sakuras Schreie dringen sehr deutlich an ihre Ohren, während sie darum kämpft, ihr Chakra zu aktivieren, um sich selbst zu heilen. „Sakura!“ Es ist eine ungewohnt emotionale Bekundung, in der der Name seiner ehemaligen Teamkameradin dem Uchiha über die Lippen kommt. Ihr Chakra leuchtet heilend auf und sobald sie die sengenden Schmerzen in ihrem Kopf betäubt hat, fällt ihr Blick auf Hinata, die immer noch reglos neben ihr liegt und sie zwingt ihren protestierenden Körper über die wenigen Zentimeter, die sie trennen. „Hinata.“ Sie ertastet mit ihren Fingern geübt den Puls am Nacken der Clanerbin, aber sie weiß auch, dass es darum nicht geht. „Komm schon!“ Ihr Flüstern ist so leise, dass es ihre Freunde selbst durch den äußeren gebrochenen Wall nicht verstehen können. Ausnahmsweise wird ihr Flehen erhört und Hinata gewinnt ihr Bewusstsein mit einem stummen Keuchen zurück. Ihr zierlicher Körper bäumt sich ruckartig auf, aber der leere Ausdruck in ihren Augen alarmiert Sakura schlagartig. „Hinata!“ Sie legt ihre Hände an die blassen Wangen der Clanerbin und versucht verzweifelt einen Blickkontakt herzustellen, aber Hinatas helle Augen bleiben beängstigend leer und veranlassen Sakura zu einem derben Fluch. Sie beißt sich die Unterlippe blutig, aber einmal mehr ohne eine Alternative, schließt sie ihre Hände zu schnellen Fingerzeichen zusammen und schickt einen gezielten, unterschwellig dosierten Stromschlag durch Hinatas Brustkorb. Es ist zuerst ein grausamer Schmerz, der sie selbst zucken lässt, als Hinata sich unter ihr keuchend auf die Seite dreht, aber als sie das Leben in Hinatas helle Augen zurückkehren sieht, löst die Erleichterung den schweren Kloß in ihrem Magen schlagartig auf. Sakura schlingt beide die Arme um Hinata, bevor diese wieder vollständig zu Atem gekommen ist und murmelt der Hyuuga leise Worte ins Ohr, die ihr selbst nicht ganz bewusst sind. Aber sie hört Hinatas Erwiderung ganz klar. „Ich muss es euch allen zeigen.“ Sakura spart sich den Protest, dass ein derartiges Genjutsu in Hinatas momentanem Zustand so viele Risiken aufweist, dass der Gewinn es kaum wert sein kann. Im Gegensatz zu ihren Freunden, deren Unverständnis mittlerweile dumpf an ihre Ohren dringt, wissen sie genau, worum es hier geht, deshalb nickt sie nur knapp und sieht zu, wie Hinata ihre Hände hebt und gleichzeitig ihr Bluterbe aktiviert. Der Wall, vor dem ihrer Meinung nach ein viel zu großes Publikum auf sie herabsieht, löst sich in wenigen Sekunden auf, während Hinata sie gleichzeitig alle in ein Genjutsu reißt, das so viel mehr ist als nur das. Es dauert ein paar Sekunden, bis die anderen begreifen, was sie sehen. Die Perspektive ist vollkommen ungewohnt, aber nach einem Moment erkennen sie, dass Hinata ihre Erinnerung als Genjutsu mit ihnen teilt und sie sich plötzlich im Körper eines Wolfs wiederfinden. Aber auch so spüren sie alle die massiven Energien, die durch die Luft schwirren, während ein unbekanntes Stück Wald um sie herum verschwimmt und ihr Blick schließlich auf einen Mann fällt, der beinahe gelangweilt auf einem gefallenen Baumstamm liegt. Doch sobald der Blick des Wolfes auf ihn fällt, selbst getarnt durch Büsche und Sträucher, setzt er sich augenblicklich und mit einem zufriedenen Grinsen auf. „Clever, Hinata.“ Sein Blick fällt direkt auf den Wolf, der knurrend die Zähne fletscht. „Ich hätte nicht gedacht, dass du bereit bist so viel zu riskieren.“ Die Perspektive verschwimmt schlagartig vor ihrem Blick und es dauert einen Moment, bis die meisten Konoha-nins erkennen, dass es gewaltige Wassermassen sind, die dem Wolf aus dem Nichts die Sicht nehmen und dann reißt das Genjutsu ab und sie blinzeln sich zurück in die Realität, in der Hinata und Sakura ihnen einmal mehr einen Schritt voraus sind. Sakuras Hand umfasst besorgt Hinatas Schulter, die erneut darum zur ringen scheint, in die Realität zurückzukehren. „Du bist bei ihr geblieben?“ Die junge Clanerbin schließt erschöpft die Augen. „Es war alles, was ich noch für sie tun konnte.“ Für einen Moment huscht klarer Schmerz über die feinen Gesichtszüge der Hyuuga und sie legt eine Hand auf ihre rechte Schulter. Narutos Blick folgt ihrer Bewegung gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie das eine Schriftzeichen über dem immer noch ihr Blut klebt, auf ihrer Haut verblasst und das laute Heulen der Wölfe dringt aus allen Himmelsrichtungen an ihre Ohren, so laut, dass Sakuras leise Worte beinahe in der Trauer der Rudeltiere untergehen. „Denkst du, er wird es nochmal versuchen?“ Hinata lehnt ihren Kopf gegen Sakuras Schulter und ringt sichtlich mit der schweren Erschöpfung ihres Körpers. „Nicht in den nächsten Tagen. Diese Aktion hat ihn selbst Kraft gekostet und es war offensichtlich wie sehr er immer noch damit ringt beide Kräfte zu kontrollieren.“ Mit der letzten Silbe sackt sie zusammen und verliert das Bewusstsein und Naruto und Tsunade sinken gleichzeitig neben den beiden Frauen in die Hocke. „Sakura, was ist hier los?“ Tsunades Frage fasst die Emotionen der Konoha-nins prägnant zusammen, auch wenn der eine oder andere dieser Aussage durchaus noch den einen oder anderen Fluch hinzugefügt hätte. Sakura begegnet dem Blick ihrer ehemaligen Lehrmeisterin erschöpft. „Ich wäre durchaus bereit dir das lang und ausführlich zu erklären, aber da ich in einer Minute selbst das Bewusstsein verlieren werde, wird die Märchenstunde noch ein wenig warten müssen. Vorerst musst du mir was versprechen: keine Schmerzmittel, keine Betäubung. Hinata wird eine Bluttransfusion brauchen und sie hat sich eine Klinge durch den rectus femoris Muskel gejagt, aber das ist alles. Naruto und Sasuke werden dir erklären, warum es eine dumme Idee wäre uns zu betäuben. Ach ja, und du solltest Kai verhaften lassen.“ Es zeugt von der jahrelangen Erfahrung der Hokage, dass sie die leicht diffuse Äußerung ihrer früheren Schülerin zunächst so hinnimmt. „Aus welchem Grund?“ Sakura wischt sich mit dem Handrücken über die Nase und als sie die Hand nach unten senkt, klebt erneut Blut an ihrer Haut. „Entführung einer Konoha-nin. Sag dem Mistkerl ich habe mir das mit der Anzeige nochmal überlegt.“ Es ist die letzte Erklärung, die sie für den Moment erhalten, denn auch Sakura sackt bewusstlos zusammen und direkt in Sasukes Arme, der lautlos hinter sie getreten ist. Naruto hebt Hinata hoch und sucht den Blick seiner Kage, die in diesem Chaos die ruhige Konstante bildet. „Bringt die beiden ins Krankenhaus. Shikamaru, Temari geht und verhaftet Kai! Ich bezweifle, dass er oder einer der anderen uns irgendetwas verraten wird, aber wir halten ihn auf jeden Fall erstmal fest. Neji, es tut mir leid, aber ich fürchte du wirst einmal mehr deinen Onkel informieren müssen.“ Ihr Blick fällt auf die beiden bewusstlosen Frauen. „Auch wenn ich noch nicht weiß, was genau wir ihm sagen werden.“ Bevor sie sich selbst auf den Weg ins Krankenhaus macht, tritt Gaara an die Hokage heran. „Wenn es dir recht ist, begleite ich Temari und Shikamaru.“ Die Hokage nickt. „Danke, Gaara. Ich treffe dich dann im Krankenhaus.“ Die Konoha-nins setzen sich allesamt in verschiedene Richtungen in Bewegung und Tsunade strebt mit Naruto und Sasuke das Krankenhaus an. „Du glaubst, dass sie das Feuer gelegt haben.“ Sasukes ruhige Feststellung zieht die Aufmerksamkeit der Hokage auf sich. „Es wäre vom Timing her ein Zufall zu viel. Außerdem hat Shikamaru mir erzählt, dass die beiden die Kontrolle über ihre Energien kurzzeitig verloren haben und wie sich das auf euch ausgewirkt hat. Ungefähr zur selben Zeit ist das Feuer schlagartig außer Kontrolle geraten und kurz darauf ohne unser Zutun erloschen.“ Naruto sieht auf Hinata herab, die reglos in seinen Armen liegt, bevor er mit angespanntem Kiefer den Kopf zu seiner Hokage dreht. „Glaubst du sie haben es gelegt, um unbemerkt das Dorf verlassen zu können?“ „Ich glaube, sie haben es gelegt, weil sie wussten, dass dieser Shinobi ihretwegen hierher kommt.“ „Sie wollten nicht, dass wir es mitbekommen.“ Sasukes Unzufriedenheit schwingt in jedem seiner Worte mit, aber als er auf die Frau in seinen Armen herabsieht, spiegelt sich auch versteckte Besorgnis in seinen dunklen Augen. „Nach allem was war, sollten wir sie beschützen und nicht andersrum!“ Sasukes fixiert das Krankenhaus vor sich, geht aber dennoch auf die Aussage seines besten Freundes ein. „Dafür müssten wir erstmal wissen, was sie noch alles vor uns verbergen.“ . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)