Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 35: Einen Schritt stolpern ---------------------------------- Ich strecke mich genüsslich und bedaure ein wenig, dass Seto ins Bad verschwunden ist. Wäre es nach mir gegangen, wären wir einfach den restlichen Tag liegen geblieben und hätten uns an der Gegenwart des anderen erfreut. Aber… irgendwann haben wir mitbekommen, wie es draußen wieder lebhafter wurden und meine Freunde wohl aus ihrem komatösen Schlaf erwacht sind. Also haben wir uns dazu entschlossen, es ihnen gleichzutun. Ich will gerade aus dem Bett steigen, als es zaghaft klopft. Es dauert keinen Augenblick, da geht die Tür zögerlich einen Spalt weit auf ohne das ich was sagen muss. Schwarze Haare drängen durch den Spalt und grau-blaue Augen blicken sich unsicher um. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht und ich winke Mokuba herein. Er schlüpft durch die offene Tür, die er leise hinter sich schließt, und kommt zögerlich auf mich zu. Sein Blick geht zur Badezimmertür, durch die man die Dusche hört. Dann bleibt der Blick des Jüngeren an mir hängen und seine Augen weiten sich entsetzt. Sofort wird mir bewusst, dass er mein Kinn sieht, dass wohl etwas blau geworden ist. Instinktiv lege ich meine Hand an die betroffene Stelle und Mokuba kommt besorgt zu mir herüber gesprungen. Vorsichtig zieht er meine Hand weg und betrachtet sich die lädierte Stelle. Irgendwas stimmt bei dem Kleinen nicht! Es ist nicht nur der Schock über mein Kinn. Irgendetwas scheint passiert zu sein. In seinem Blick liegt eine große, erdrückende Betroffenheit. Ich frag ihn sofort, was los ist. Er blickt noch einmal zur geschlossenen Badezimmertür, als wolle er sich vergewissern, dass Seto immer noch duscht. Dann blickt er mich traurig an. Er sagt leise, dass die anderen Seto heute Nacht schreien gehört haben. Sie wollten gerade ins Bett gehen und haben ihn trotz des ewig langen Gangs gehört. Sie wollten schon besorgt ins Zimmer stürmen, aber er habe sie davon abhalten können und habe ihnen versichert, dass ich mit seinem Bruder klar komme. Aber jetzt, wo er mein Gesicht sieht… Das ist nicht gut! Auf der einen Seite mache ich mir wahnsinnige Sorgen um meinen Drachen. Das die anderen ihn schreien gehört haben könnte ihn dazu bringen, sich wieder zu distanzieren und sich zurück zu ziehen. Das letzte was er im Moment brauchen kann ist, dass seine Fassade bei den anderen zusammenbricht und er sich völlig entblößt vorkommt. Auf der anderen Seite meine Freunde, die Antworten verlangen werden - vor allem, wenn sie mein Kinn sehen! Antworten, die ich ihnen nicht geben kann und Seto nicht geben wird. Mokuba setzt sich neben mich auf das Bett. Ich seh' ihm an, dass ihm die gleichen Sorgen durch den Kopf gehen. Vorsichtig lege ich meinen Arm um den Jüngeren und seufzte. Wie... wie können wir diese Situation entschärfen? Vielleicht, wenn ich mit meinen Freunden kurz alleine spreche und sie einfach bitte, so zu tun, als hätten sie nichts mitbekommen. Doch wie soll ich erklären, warum sie das tun sollen? Dazu müsste ich ihnen erklären, was mit Seto ist. Nein, das kann ich nicht. Noch ehe ich was zu Mokuba sagen kann kommt Seto in seinem Bademantel aus dem Badezimmer. Er bindet sich gerade den Gürtel zu als er Mokuba sieht und überrascht stehen bleibt. Ihm fällt sofort der betroffene Blick seines kleinen Bruders auf und kommt zwei Schritte näher, während er sich erkundigt, ob etwas geschehen sei. Ich stehe auf, zieh Seto zu mir und lass ihn dort Platz nehmen, wo vor einigen Sekunden noch ich neben Mokuba gesessen habe. Unbewusst bringt Seto seinen linken Arm außer Sicht seines kleinen Bruders, während seine rechte Hand auf Mokuba’s Schulter ruht. Mokuba blickt fragend zu mir. Ich geh vor meinem Drachen in die Knie und blick ernst zu ihm auf. Es geht nicht anders, ich muss ihn ins Bild setzen. Also sag ich meinem Drachen, dass die anderen ihn in der Nacht schreien gehört haben. Er blickt kurz aus den Augenwinkel zu Mokuba, bevor er an mir vorbei ins Leere blickt. Er geht jetzt bestimmt die verschiedenen Möglichkeiten durch, um die Situation für sich zu lösen. Sanft leg ich meine Hand an seine Wange. Sein Blick kehrt ins hier und jetzt zurück und er blickt mir in die Augen. Auf sein Gesicht schleicht sich ein resigniertes Lächel. Dann wissen sie es eben, kommt es von ihm schließlich ruhig. Hm... zugegeben, mit dieser Reaktion hätte ich jetzt nicht gerechnet. Er zuckt mit der Schulter und setzt hinter her, dass man es ohnehin nicht mehr ändern kann. Dann möchte Seto aufstehen, doch Mokuba hält ihn an der rechten Hand fest. Ob das für ihn wirklich in Ordnung ist, fragt der Jüngere besorgt. Sanft und liebevoll lächelt Seto den Kleinen an und streicht ihm mit der anderen Hand über die Wange. Für einen Moment glaub ich Entsetzen in Mokuba’s Blick zu erkennen. Auch Seto sieht den Blick, den Mokuba sofort durch ein Lächeln überdecken möchte. Erschrocken zieht Seto seine linke Hand von seinem kleinen Bruder, als ihm sein Fauxpas bewusst wird. Eilig dreht er sich weg und verschwindet zügig in seinen begehbaren Kleiderschrank und schließt hinter sich die Tür. Sofort verschwindet Mokuba’s Lächeln aus seinem Gesicht, der mich nun völlig entsetzt mit seinen grau-blauen Augen anschaut. Sanft leg ich ihm meine Hand auf die Schulter. Tränen sammeln sich in seinen Augen. Es besteht kein Zweifel daran, dass er die Narbe am Handgelenk gesehen hat, als der Ärmel des Bademantels eben beim Hochnehmen der Hand etwas nach hinten gerutscht ist. Sanft drück ich ihn an mich. Immer noch erschrocken über diese neue Erkenntnis klammert sich der Kleine an mich. Sanft streich ich ihm über den Rücken, bis er sich nach ein paar Minuten beruhigt hat. Soll ich ihm etwas zur Narbe sagen oder ... Mokuba löst sich von mir. Er scheint sich wieder gefangen zu haben und sich dem ursprünglichen Problem wieder zuzuwenden. Mokuba fragt mich, was wir nun wegen der anderen machen. Gute Frage! Er soll erstmal zu ihnen gehen und sich zu diesem Thema bedeckt halten. Ich werde gleich noch einmal mit meinem Drachen sprechen und danach hoffentlich mit ihm eine brauchbare Lösung für meine Freunde haben. Der Schwarzhaarige nickt, rutscht vom Bett, umarmt mich noch mal fest und verschwindet dann aus dem Zimmer. Langsam geh ich zur Tür des Ankleidezimmers. Ich öffne die Tür und... sehe wie Seto auf der Bank sitzt. Seine Ellenbogen sind auf die Knie gestützt und er ist nach vorne gebeugt. Er trägt immer noch den Bademantel. Er hat sein linkes Handgelenk in der rechten Hand und mustert seine Narbe mit ernstem Blick, während er unsicher mit seinem rechten Daumen über sie drüber fährt. Ich geh zu ihm, knie mich vor ihm und nehme sein linkes Handgelenk in meine Hand. Vorsichtig platziere ich einen Kuss auf seiner Narbe. Dann fällt eine Träne auf die Narbe. Ich blicke zu ihm hoch. Mutlos lässt er den Kopf hängen. Sanft leg ich meine Hände an seine Wangen und zieh ihn zu mir, so dass er von der Bank rutscht und zwischen meinen Beinen auf dem Boden zum Knien kommt. Er schlingt die Arme um mich und verbirgt sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Sanft streich ich ihm über den Rücken. Das war jetzt nicht nur ein, sondern gleich zwei mächtige Rückschläge für meinen Drachen. Erst die Erkenntnis, dass meine Freunde ihn gehört haben. Dann das Mokuba sein bestgehütetes Geheimnis entdeckt hat. Zwei Dinge, die er um jeden Preis vermeiden wollte und die ihm nicht gelungen sind. In ihm muss ein heilloses Chaos herrschen. Soviele Gefühle, die er nicht gewohnt ist. Mit denen er nicht gut umgehen kann. Vor allem das Gefühl, völlig entblößt zu sein. Dieses eine Gefühl, das ist der Feind Nummer eins bei Menschen, wie uns. Denn das Gefühl entblößt zu sein führt zur Scham und die ist es schlussendlich, die uns lähmt oder davon laufen lässt. Also muss ich ihm die Scham nehmen. Aber wie? Mein Drachen braucht sich für nichts schämen, wiederhole ich den Leitspruch, den ich seit der ersten Nacht immer wieder wiederhole. Um ihm die Scham zu nehmen. Sicherheit, Kraft und Mut zu geben. Und in Bezug auf mich hat das auch gut funktioniert. Er hat seine Scheu mir gegenüber nach und nach abgelegt. Den Mut gefunden, mir von seinen schlimmen Erinnerungen zu erzählen. Doch ob es auch hilft, ihm die Kraft für das Frühstück mit meinen Freunden zu geben... weiß ich nicht. Es ist eine Sache, zu einer Einzelperson ein solches Vertrauensverhältnis aufzubauen. Aber etwas ganz anderes, wenn es um eine ganze Gruppe geht. Doch etwas anderes hab ich in diesem Moment nicht. Also wiederhole ich das Mantra noch einmal: Mein Drachen braucht sich für NICHTS zu schämen! Er löst sich ein wenig von mir und blickt mich an. Ich sehe, wie er mit sich ringt. Vor Mokuba wollte er nicht schwach wirken, also tat er so, als wäre es ihm egal, dass meine Freunde ihn schreien gehört haben. Aber ich weiß, was für eine Überwindung dahinter steckt jemand hinter die eigene Fassade zu lassen und einem zu zeigen, wie man wirklich ist. Es macht einen verletzlich und gerade wenn man ein Problem mit dem Vertrauen hat, dann ist es unglaublich kräftezerrend sich zu überwinden. Aber er ist nicht alleine. Ich bin da und leih ihm gerne meine Kraft, wenn er sie braucht. Sanft lächle ich ihn an und streich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Langsam, wie in Zeitlupe, beginnt er zaghaft mein Lächeln zu erwidern. Ja, das ist mein Drache! Der sich von nichts unterkriegen lässt und selbst wenn er stürzt sich wieder aufrappelt und voller Stolz erstrahlt. Wir stehen gemeinsam auf. Sanft zieh ich ihn zu mir und küsse ihn ganz behutsam. Genießerisch schließt er seine Augen und erwidert den Kuss erst zaghaft und dann mit immer mehr Leidenschaft. Als der Kuss endet lächelt mein Drache schon etwas selbstsicherer. Dann lass ich ihn sich anziehen, während ich selbst mal ins Badezimmer verschwinde. Ich hoffe, dass meine Freunde gleich checken werden, dass sie ganz behutsam mit meinem Drachen umgehen müssen. Sonst stößt er sie von sich und zieht sich wieder in seine Höhle zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)