Lovely Priest von AliceNoWonder ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- „Das was ich mir am meisten gewünscht habe, werde ich niemals bekommen“, ein Satz der Ravil sein ganzes Leben lang begleitete. Es hatte schon als Kind angefangen, als er sich einen Fußball gewünscht hatte, sein Vater ihn aber eine Gebetskette geschenkt hatte. Als er Älter wurde, hatte er sich ein Kaninchen gewünscht, worauf er aufpassen konnte, stattdessen hatte sein Vater ihn mit in die Kirche genommen und gesagt, dass er sich um den Hauseigenen Hamster kümmern könnte. Auch wenn es ein Kleintier und Nagetier war, war es kein Kaninchen. Es war auch nicht das Gleiche, wie wenn er ein eigenes Tier besäßen hätte. Solche Momente gab es viel in seinem Leben. Es wurde von seinem Vater bestimmt und er konnte nichts dagegen tun. Seine Mutter schwieg die ganze Zeit und wenn ihr Vater etwas von ihr verlangte, nickte sie schweigend. Sie tat alles, was ihr Mann von ihr verlangte. Nie hat sie widersprochen auch wenn es um die Erziehung von ihrem gemeinsamen Sohn ging. Ravil konnte sich noch gut an die Schläge erinnern, die sein Vater ihn verpasst hatte, als er einmal widersprochen hatte. Er lag danach Nächte lang wach, weil er vor Schmerzen nicht einschlafen konnte. Als Kind hatte er viel geweint. Zu dem Zeitpunkt verbot sein Vater ihn zur Schule zu gehen. Jemand hätte seine blauen Flecke sehen können oder Ravil hätte sich Hilfe suchen können, dass durfte sein Vater nicht zu lassen. Schließlich war Ravil sein eigen Fleisch und Blut, sein erst Geborener. Zudem Zeitpunkte musste der Junge in der Kirche helfen. Das war das erste und letzte Mal, dass er sich widersetzt hatte. Auch als es um die Wahl seiner zukünftigen Arbeit ging, hatte er seinen Vater wählen lassen. „Sohn, du wirst in meine Fußstapfen treten. Jetzt bis du alt genug. Ich werde dich lehren ein guter Priester zu sein und Gott huldig zu sein. Er hat uns so viel geschenkt“, hatte sein Vater zu ihm gesagt, als er zur Oberstufe ging. Die Worte verursachten Übelkeit in den Jungen. Egal, was er ihn angetan hatte, er hatte alles auf Gott geschoben, dass er es aus Liebe zu ihm machte. Das man seinen nächsten Lieben soll und er deswegen seinen Vater respektieren muss. Ravil wusste schnell, dass sein Vater sich nur rausredete, dass er die Schuld nicht auf sich nahm. Doch wie immer sagte er nichts, sondern nickte nur. Sein ganzes Leben wurde von seinem Vater bestimmt und mittlerweile hatte er sich mit dem Gedanken abgefunden: „Das was ich mir am meisten gewünscht habe, werde ich niemals bekommen.“ Kapitel 1: Neuankömmling ------------------------ „Gott wird bei uns sein. Er wird uns alle Leiten, wie der Hirte seine Schafe. Alle Steine, die uns im Leben in den Weg gestellt werden, sind Prüfungen von Gott, um uns zu kräftigen und zu stärken. Gott empfängt jeden von uns, aber nur die Würdig sind, nimmt er in seinen eigenen Reihen auf.“ Laut halt seine Stimme durch den Raum. Der junge Mann am Pult hat die Arme ausgebreitet, als wolle er Gottes Segen in Empfang nehmen oder ihn verbreiten. Ravil kann es kaum glauben, dass die Besucher regelrecht an seinen Lippen hängen. Sie schauen ihn mit großen Augen an, als wäre er ein Heiliger. Sie glauben ihn jedes Wort was er sagt. Ravil verabscheut das. Wie können Menschen nicht selber nachdenken. Lieber lassen sie sich von einem angeblichen Gott leiten. Er empfindet diesen Gedanken als widerlich. Jedoch muss er seine Predigt weiterführen. Wenn sein Vater rausfindet, dass er in Wirklichkeit aufhören möchte, würde er ihn grün und blau schlagen. Neben der Schule soll er ehrenamtlich in der Kirche aushelfen. Er hasst seinen Job. Sein Vater hat ihn die Entscheidung genommen. Ravil soll auch Priester werden, ob er will oder nicht. Das einzige was ihm bleibt sind seine Gedanken. "Das was ich mir schon immer gewünscht habe, werde ich nie bekommen." Ein Gedanke, den er oft genug hat. Der Schwarzhaarige atmet tief ein und will gerade weiterreden, als die Tür geöffnet wird. „Entschuldigung.“ Mit einer leichten Verbeugung tritt ein Blondhaariger junger Mann die Kirche. Schnell begibt er sich auf einen Platz hinten, damit die Predigt weitergeführt werden kann. Im selben Moment, wo der junge Mann reinkommt, hat Ravil das Gefühl vom Blitz getroffen zu werden. Gleichzeitig scheint das Sonnenlicht besonders stark durch die Fenster und beleuchtet den Neuankömmling noch etwas mehr. Seine blonden Haare strahlen so sehr, als wäre er die Sonne persönlich. Ravil hat das Gefühl die Engel singen zu hören. Er kann keinen klaren Gedanken fassen. Nur dieser Mann erscheint immer wieder vor seinem inneren Auge. Noch nie im Leben hat sich Ravil so etwas gefühlt. In diesen Moment wünscht er sich nichts mehr, als zu dem Neuankömmling zu gehen, ihn kennenzulernen und sein Gesicht in seine Hände zu nehmen, um ihn zu küssen. Gleichzeitig muss er sich ermahnen. Wenn sein Vater das rausfinden würde, dass er solche Gedanken hat, würde er ihn grün und blau schlagen. Vielleicht auch noch was Schlimmeres. Erst jetzt fällt Ravil auf, dass auffordernde und interessierte Blicke die ganze Zeit auf ihn gerichtet sind. Seitdem der junge Mann den Raum betreten hat, hat der Schwarzhaarige auf dem Podest kein Wort mehr gesagt. Er räuspert sich leise, um wieder Haltung anzunehmen. „Tut mir leid. Ich hatte eine Eingebung.“ Mit diesen Worten belässt er es bei einer Entschuldigung und führt die Predigt fort. In einer Ecke steht sein Vater vor den Zuschauern versteckt und beobachtet seinen Sohn ganz genau, welche Bewegung er macht und er hört bei jedem Wort ganz genau zu. Schließlich muss er am Ende entscheiden, ob sein Sohn seine Arbeit gut gemacht hat oder ob er ihn nachhelfen muss. Nachdem Ravil mit der Predigt fertig ist, sagt sein Vater noch ein paar abschließende Worte, ehe sie nach draußen müssen und den Besuchern die Hand geben. Ihm ist schwindelig, als er das Podest verlässt, um seinen Vater Platz zu machen. Ravil muss sich anstrengen, um sich nirgendswo festzuhalten, damit das nicht auffällt. So schnell, wie es sein Zustand zu lässt, begibt er sich in die Mitarbeiterräume, um etwas zu trinken. Kaum nimmt er die Flüssigkeit in ihn auf, geht es ihm besser. Er hat das Gefühl, dass sein Zustand sich nun wieder stabilisiert. Doch kaum muss er an der Blondhaarigen jungen Mann denken, fangen Schmetterlinge an in seinen Magen zu flattern und der Schwindel ist wieder da. Er kennt dieses Gefühl nicht. Trotz, dass er nicht richtig auf den Beinen stehen kann fühlt er sich beflügelt. Es ist, als könnte nichts auf der Welt ihn aus der Fassung bringen und Ravil weiß nur eins: Er möchte diesen Mann um jeden Preis kennenlernen. Das Händeschütteln ist so langweilig. Mit einem freundlichen Lächeln stehen sein Vater und er nebeneinander und bedanken sich bei den Besuchern, dass sie auch dieses Mal zur Predigt gekommen sind. Diesen Moment hasst Ravil am meisten. Er muss sich mit den Menschen unterhalten, die selber nicht nachdenken und ihn gespannt zu hören. Jeden Mal möchte er am liebsten einen Aufstand machen und schreien, dass sie alle sich lieber selber Gedanken machen sollten, anstatt auf andere zu hören. Doch jedes Mal muss er still bleiben und gute Miene zum Bösen Spiel machen. Nur für seinen Vater. Mit einem Mal meint er den blondhaarigen jungen Mann sich aus der Kirche schleichen zu sehen. Er hat sich in die Massen versteckt, um nicht bei ihnen beiden stehen bleiben zu müssen. Das Erste was Ravil dazu einfällt, ist dass er wohl schüchtern ist. Wie automatisch geht sein Körper auf ihn zu. Erst langsam, dann werden seine Füße immer schneller. Über die Konsequenzen macht er sich keine Gedanken. Sein Vater ist in den hintersten Teil seiner Gedanken verbannt, wo niemals jemand hinkommt. Jetzt möchte er nur den jungen Mann treffen und sich mit ihm unterhalten. Wie er wohl vom nahen aussieht? Er ist beinahe da. Nur noch ein kleines Stück. Doch bevor er sich mit dem jungen Mann unterhalten soll, stellt sich eine alte Frau vor sein Sichtfeld. „Das war heute wieder eine sehr bewegende Predigt“, lächelt sie ihn freundlich an. Ravil ist mit den Gedanken nicht bei ihr. „Da … danke.“ Er streckt sich, um einen Blick auf den Neuankömmling zu erhaschen. Er kann gerade noch sehen, wie dieser in ein Auto steigt, was davonfährt. Leise seufzend sackt Ravil in sich zusammen. Er fühlt sich enttäuscht und alleine gelassen. Den Fremden wird er bestimmt nicht wiedersehen. Wie wahrscheinlich ist das? In diesem Moment könnte der zukünftige Priester sich selber Ohrfeigen. Warum hat er sich nicht noch mehr angestrengt? Er hätte die alte Frau zur Seite schieben sollen. Er hätte irgendwas rufen können, um den Fremden auf sich aufmerksam zu machen. Wie naiv er ist, dass er dachte er könnte den Fremden auf sich Aufmerksam machen nur indem er zu ihm geht und nun ist es zu spät. „Sagen Sie Mister Jessu, was für eine Eingebung hatten Sie?“, möchte die Frau von ihm wissen. Leicht lächelt Ravil. „Gott hat mir offenbart, dass er froh ist, dass sie alle so regelmäßig zur Messe gehen.“ Die Lüge geht ihm erschreckend leicht von den Lippen. Sofort erhellt sich das Gesicht der alten Frau, als hätte jemand ihr gerade ein Kompliment gemacht. „Das freut mich.“ Mit einem sanften Lächeln verabschiedet sich Ravil von der Frau und mit herunterhängenden Schultern geht er zu seinem Vater zurück. Als er den strengen Blick von ihm sieht, dreht sich sein Magen um. Ravil ist sich sicher, dass er sich zu Hause was anhören darf und Prügel einstecken. Ihm war klar, dass sein Verhalten Konsequenzen auf sich ziehen wird. Hätte er mit dem jungen Mann gesprochen wäre es ihm egal gewesen. Doch nun hat er Angst davor. Kapitel 2: Die Strafe für den Ungehorsam ---------------------------------------- „Du bist eine Schande! Du hättest niemals geboren werden dürfen!“ Die laute Stimme seines Vaters schalt von den Wänden wieder. Das die Nachbarn ihn nicht hören ist ein Wunder. Mit einem lauten Zischen wird der Gürtel durch die Luft geschleudert und kommt mit einem lauten Klatschen auf Ravils Haut auf. Der junge Mann beißt sich auf die Unterlippe, um nicht laut loszuschreien. Er kennt seinen Vater, wenn er etwas von sich gibt, wird die Strafe verlängert. Bei seinem Vater gilt die gleiche Divise, wie es Opossums machen: still sein und sich tot stellen, in der Hoffnung dass er irgendwann die Lust verliert und aufhört. Doch dieses Mal scheint das nicht der Fall zu sein. Sein vor Wut verzerrtes Gesicht zeigt Ravil, dass er noch eine Weile mehr die Prügel einstecken darf. „Was fällt dir einfach ein mich bei den ganzen Menschen alleine zu lassen?“ Ein weiteres Mal wird der Gürtel durch die Luft geschleudert und landet auf der gleichen Stelle. Sie fängt an zu brennen und pochen. Die Haut ist mittlerweile schon rot. Wenn sein Vater so weiter macht werden blaue Flecke zurückbleiben. Nicht, dass es das Erste Mal wäre. Wenn sein Vater Mal einen kurzen Moment zum ausholen braucht und ihn nicht wieder nieder macht, kann Ravil ganz leise seine Mutter aus der Küche summen hören. Es ist alles wie immer. Sein Vater schlägt auf ihn ein, macht ihn nieder, während seine Mutter in der Küche das Essen macht oder sich um den Haushalt kümmert. Jedes Mal, wenn Ravil verprügelt wird kann er sie leise Summen hören, als soll das Lied die Schreie von ihrem Ehemann ausblenden und sie die Tatsache, dass ihr Sohn ihre Hilfe gebrauchen könnte nicht wahrnimmt. „Sie sind alle so widerlich“, murmelt sein Vater mehr zu sich selber, als zu seinem Sohn. Zitternd starrt er Geistesabwesend auf seine eigene Hand. Es ist, als erinnert er sich gerade an etwas. Mit einem Mal schreit er laut auf und immer wieder schlägt er mit dem Gürtel auf seinen Sohn ein. In blinder Wut sieht er nicht die Stellen, die er trifft und Ravil muss schützend seine Arme vors Gesicht und den Kopf legen, weil er ansonsten dort getroffen wird. „widerlich, widerlich, widerlich“, wiederholt sein Vater immer und immer wieder. Mit einem Mal hört er auf seinen Sohn zu schlagen und sein Blick geht abwesend geradeaus. „Wen … bist du hinterhergelaufen?“, fragt er plötzlich. Mehr zu sich selber, als zu seinem Sohn. Mit einem Mal schaut sein Vater ihn mit leuchtenden Augen an. Es ist, als ob Blitze des Hasses aus ihnen schießen. „Wen bist du hinterhergelaufen? Sage es mir!“, schreit er seinen Sohn an. Die Antwort dauert ihm zu lange. Wieder landet der Gürtel mit einem lauten Klatschen auf dessen Haut. Ravil ist die Schlägt schon gewöhnt. Viel zu oft hat sein Vater ihn schon verprügelt, als dass er nicht mehr weinen kann. Normalerweise lässt der Sohn immer die Prügel über sich ergehen, dass er nun Antworten soll ist ihm fremd. Nichts desto trotz kommt die Wut in ihm hoch. „Ich werde es dir nicht sagen! Schlage mich so viel du willst, doch aus mir wirst du nichts rausbekommen.“ Wie gerne würde er diese Worte seinem Vater an den Kopf werfen. Er soll wissen, was für ein schlechter Vater er ist. Doch keines dieser Worte kommt über seine Lippen. Wieder spürt er das Leder auf seiner Haut. Ein kurzes Zucken von seinem Körper signalisiert seinem Vater, dass er noch am Leben ist. „Und was ist?“, knurrt dieser ungeduldig. Wie ein wildes Tier, dass seine Beute in die Enge treibt kann er kaum erwarten wieder anzugreifen. „Ich dachte nur ich hatte wen gesehen, den ich aus meiner Schule kenne, doch hatte ich mich vertan.“ Wie leicht ihm auch diese Lüge über die Lippen geht. Ein schlechtes Gewissen hat Ravil nicht. Warum auch? Sein Vater hat ja auch keins, wenn er seinen Sohn schlägt. Für einen Moment bleibt dieser stehen und schaut von oben auf ihn herab. Die Luft ist angespannt und Ravil traut sich kaum sich zu bewegen. Schließlich beugt er sich zu seinem Sohn herunter und hält seinen Kopf fest, er zwingt ihm ihn in die Augen zu sehen. „Wenn das eine Lüge sein solle, dann wirst du noch viel Schlimmeres erleiden“, droht er ihn zischend. Kurz darauf ist ein leises Piepen aus der Küche zu hören. Sein Vater schaut auf und lässt seinen Sohn unsanft los. „Ab sofort wirst du, wenn wir eine Predigt geben immer an meiner Seite sein und du wirst meine Seite nicht verlassen, haben wir uns verstanden?“ Ravils ganzer Körper schmerzt. Am liebsten hätte er ihn angeschrien, dass sein Vater ihn Mal kann, doch bringt er nur ein kleines Nicken zustande. Zufrieden lächelt sein Vater leicht. „Sehr gut. Und nun komm essen.“ Ohne weiter auf seinen Sohn zu achten steht er auf und begibt sich in die Küche. Keuchend dreht Ravil sich auf den Bauch. Er zwingt sich zuerst auf allen Vieren und dann auf zwei Beinen zu stehen. Sein ganzer Körper schmerzt, jede Faser wünscht sich, dass er liegen bleibt, doch kann Ravil ihm diesen Gefallen nicht geben. Wenn er nicht mit an dem Küchentisch sitzt, wird sein Vater weiter machen. Da würde es auch nicht bringen, wenn Ravil ihm sagt, dass er keinen Hunger hat. Ob er was isst oder nicht ist seinem Vater vollkommen egal. Hauptsache die Familie sitzt zusammen am Tisch und er kann sein Gebet sprechen, als wären sie eine kleine glückliche Familie. Kapitel 3: Nächtlicher Spaziergang ---------------------------------- Ravil weiß nicht, wie lange er schon hier liegt, den Blick Richtung die Decke gewendet. Still und flach atmend, will er sich nicht bewegen, denn jede Bewegung schmerzt. Er wartet darauf, dass er auf den Flur nichts mehr hört, dass seine Eltern schlafen. Auch wenn jede Faser, jeder Muskel in Ravils Körper schmerzt, fühlt er, wie ihm die Luft zugedrückt wird. Schon alleine der Gedanke mit seinem Vater in einem Haus zu schlafen, raubt ihn den Atem. Wenn Ravil gekonnt hätte, würde er sich übergeben, doch das wenige in seinem Magen liegt dort schwer, wie ein Stein. Der Gedanke abzuhauen und nie wieder zu kommen, manifestiert sich immer Stärker in seinem Inneren. Doch wo soll er nur hin? Die ganze Stadt kennt ihn, schließlich ist er der Sohn von dem angesehenen Priester. Wenn er nach der Schule nicht sofort nach Hause kommt oder mit dem Bus eine Station weiterfährt, als wo er eigentlich raus müsste, wird seinem Vater sofort davon berichtet. Es ist, als habe der Mann überall seine Spione, die seinen Sohn auf Schritt und Tritt verfolgen. Die einzige Möglichkeit wäre die Nacht und dann fahren keine Busse, also kann er nicht genügend Meter zwischen sich und seinem Vater bringen. Egal, wie er es dreht und wendet. Ravil wird hier niemals rauskommen. „Du musst hier auch nicht raus. Es gibt noch eine andere Möglichkeit.“ Da ist sie wieder. Die Stimme, die seiner ähnlich klingt, aber von der er weiß, dass sie nicht zu ihm gehört. Schon seit er ein kleiner Junge ist begleitet ihm diese Stimme. Es ist, als wäre sie seine böse Seite, die ihn dazu bringen soll was Schlechtes zu machen. Jedes Mal möchte sie Ravil dazu überreden. Jedes Mal macht sie nur Andeutungen, doch Ravil ist sich sicher, dass sie meint, dass er seinen Vater umbringen sollen. Instinktiv schüttelt er den Kopf. Das kann er nicht machen. Nicht dass es ihm Schade um den Mann wäre. Wenn er ihn umbringt wird die Polizei ihn als erstes verdächtigen. Vielleicht noch seine Mutter, aber er glaubt nicht, dass sie jemals die Schuld auf sich nehmen wird. Wie kann man da auch nicht auf die Idee kommen? Vater schändet den Sohn und die Mutter und wird von einen von ihnen umgebracht. Wer hat die Initiative ergriffen? Das wäre wirklich eine passende Schlagzeile für die Reporter. Die würden sich bestimmt, wie die Geier auf diese Geschichte stürzen. Wie geschädigt Ravil und seine Mutter davon sind interessiert die Aasgeier nicht. Außerdem wäre seine Mutter dann ganz alleine. Nein, dass kann er ihr nicht antun. Ravil ist sich nicht sicher, ob sie weiß, wie sie alleine überlebt. Schließlich ist sie die ganze Zeit zu Hause und ihr Mann holt das Geld ran. Vielleicht würde sie sich wieder einen Mann widmen, der sie so behandeln würde, wie sein Vater im Moment Ravil behandelt. Und dass kann er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren. „Es gibt noch eine andere Möglichkeit“, kann er die Stimme hören. Ein leises Kichern geht von ihr aus. Ravil ist sich sicher, dass sie nur in seinem Kopf ist, dennoch hat er sie die ganzen Jahre als eine Art Hirngespinst aus seiner Fantasie abgestempelt. Im Moment kommen ihn jedoch Zweifel. Was ist, wenn doch mehr dahintersteckt? Er kann sich zwar nicht erklären in wie fern, aber irgendwas sagt ihm, dass die Stimme nicht nur eine Ausgeburt seiner Fantasie ist. Schon seid einer Weile hört Ravil keine Geräusche mehr auf dem Flur. Erleichtert atmet er aus. Wahrscheinlich sind seine Eltern schon schlafen. Er beißt sich auf die Unterlippe, als er sich langsam aufrichtet. Sein ganzer Körper schmerzt, doch das muss er jetzt ertragen. Er hat schon so viel bei seinem Vater ertragen. Da sind diese Schmerzen gar nichts. Daran ist er schon genügend gewöhnt. Dennoch dauert es ein bisschen, bis Ravil sich aufgerichtet hat und schließlich auf den Beinen steht. Langsam schleicht er sich zur Wand. Er stützt sich den ganzen Weg bis zur Haustür an einer ab. Der Schlüssel wiegt schwer in seiner Hosentasche. Augenblicklich dreht sich sein Magen um, wenn er daran denkt später wieder nach Hause gehen zu müssen. Er schließt die Augen und atmet noch einmal tief ein. Nein, daran darf er jetzt nicht denken. Viel lieber sollte er an was Gutes denken: Das er gleich draußen ist und einen Moment für sich hat. Mit einem leichten Lächeln öffnet er die Eingangstür. Ein kühler Luftzug kommt ihm entgegen, als wolle die Freiheit ihn mit offenen Armen empfangen. Dieser Aufforderung kommt er nur zu gerne entgegen. Mit einem kleinen Sprung über die Türschwelle stürmt er nach draußen. Die Tür zieht er hinter sich zu. Mit einem leisen Knall geht die schließlich zu. Es ist, als wolle der Wind nachhelfen. Dann fängt Ravil an raus zu laufen. Ihm ist egal wohin, einfach irgendwo, weg von seinem Haus. Die Nacht ist kühl und der Himmel erstreckt sich wie eine schwarze Decke über ihn. Ravil fühlt sich befreit, glücklich endlich draußen zu sein. Das sind die einzigen wenigen Momenten in seinen Leben, wo er sich richtig befreit fühlen kann, wo er tun kann was er will. Auch wenn die Nachbarschaft schon schläft, genießt er es draußen zu sein, die Ruhe zu genießen und den kühlen Wind auf seiner Haut zu spüren. Er fröstelt leicht, doch ist es ihm egal. Es zeigt ihm, dass er am Leben ist. Die Schmerzen, die ihn an seinen Vater erinnern sind so gut wie vergessen. Er probiert nicht an seine blauen Flecke zu denken und auch nicht an den nächsten Morgen, wenn er völlig übermüdet in die Schule muss und danach zu predigt. Die kleinen Ausflüge nach draußen sind ihm dafür viel zu Kostbar. Ravils Weg führt ihn schließlich zu einem Park ganz in der Nähe. Er reißt sich ein paar Knallerbsen von einem Strauch ab, ehe er sich auf einer Bank setzt. Mit einer kindlichen Freude, wirft er die weißen Beeren auf den Boden und zerquetscht sie mit dem Fuß. Ganz langsam, bis sie einen leisen Knall von sich geben. Dann kichert er auf. Ravil weiß, wie Kindlich er sich verhält, doch ist es ihm egal. Wer soll schon in der Nacht unterwegs sein? „Bist du nicht der junge Priester von der Kirche?“ Im ersten Moment hat Ravil gedacht, dass die Stimme wieder da ist. Doch ist er sich sicher, dass sie ihm sowas niemals fragen würde. Schnell schießt sein Kopf in die Höhe. Mit einem gewissen Sicherheitsabstand steht der Blondhaarige junge Mann vor ihm, der heute in der Kirche war und den er unbedingt wiedersehen wollte. Seine Augen weiten sich im ersten Moment. Wie ein Tier, dass sich totstellt, kann er sich nicht bewegen, ist wie versteinert. Die restlichen Knallerbsen fallen von seiner Hand auf den Boden. Kapitel 4: Nächtliches Gespräch ------------------------------- Ravil ist viel zu schockiert, als dass er ein Wort herausbekommt. Aus seinem Mund kommt nur ein unverständliches Stottern. „Wohl nicht sehr gesprächig“, schmunzelt der Blondhaarige, obwohl er genau weiß was für eine Predigt Ravil am Tag gehalten hat. „Schüchtern, wenn du nicht vor dem Podest stehst?“ „Nein!“ Der Schwarzhaarige ist selber überrascht über die Lautstärke seiner Stimme. Er wollte das Wort nicht ausschreien. Augenblicklich schlägt er seine Hände vor seinem Mund. Skeptisch schaut der andere ihn an. „Okay“, murmelt er vorsichtig. „Ich sollte mich wohl wieder auf den Weg machen“, meint der Blondhaarige nach einer kurzen Pause. Er hat sich schon von Ravil weggedreht, als dieser noch ein „Warte“, ausruft, was den Anderen wirklich zum Stehen bringt. Ravil ringt mit sich, um die richtigen Worte zu finden. Wie soll man seine Gefühle überhaupt am Besten ausdrücken? ‚Du hast mich in deinen Bann gezogen, als du heute in der Predigt warst? Ich habe mich sofort in dich verliebt?‘, nein wirklich alles klingt nach einem Gestörten. „Kommt da noch was?“, fragt der Andere ungeduldig. Ravil ist gar nicht bewusst, wie lange er den Blondhaarige nun angestarrt hat ohne etwas zu sagen. „Es tut mir leid“, murmelt er und sein Blick fällt gen den Boden. „Wenn es das war. Es sei dir Vergeben“, grinst sein Gegenüber, welcher keine Ahnung hat warum der Priester sich entschuldigt. Er will sich gerade wieder von ihm abwenden, als Ravil ruft: „Bitte geh nicht.“ „Und warum nicht?“ Der Schwarzhaarige hat eine Hand nach ihm ausgestreckt, als wolle er ihn zurückhalten. Als dieser wieder Blickkontakt mit ihm aufnimmt spürt er wieder dieses Kribbeln im Magen und ihm wird klar, wie nervös er eigentlich ist. Was soll er ihm nur sagen? „Ich … ich möchte dich kennenlernen“, murmelt er leise in seinen imaginären Bart. Trotz der Lautstärke konnte der Blondhaarige die Worte verstehen. Ein Grinsen zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. „Was hast du gesagt? Ich konnte dich nicht hören!“, macht er sich einen Spaß aus Ravils Schüchternheit. Der Priester findet das ganze überhaupt nicht lustig. Er beißt sich auf die Unterlippe und nimmt seinen ganzen Mut zusammen, um die Worte zu wiederholen. „Ich möchte dich Kennenlernen!“ Ups, etwas zu lauter als er sich vorgestellt hat. Lachend kommt der Blondhaarige auf den Anderen zu. „Du brauchst doch nicht so schreien“, meint dieser fröhlich und nimmt Ravils Kopf freundschaftlich in den Schwitzkasten. Er verwuschelt ihm die Haare, ehe er ihn loslässt und sich vor ihm aufstellt. Die Berührung hat in Ravil für kurze Zeit eine Explosion entfacht. Das Feuer wurde angestachelt. Er möchte noch mehr von seiner Berührung spüren. Auch wenn sie so unangenehm ist, wie in den Schwitzkasten genommen zu werden. Die Wärme des Blondhaarigen ist für ihn wunderschön. Noch nie hat er sich so wohl in seinem Leben gefühlt. Er lächelt den anderen leicht an, als er kurz über seine schwarzen Haare streicht, um diese grob zu glätten. „Und wie heißt du“, fragt er. Die Nervosität scheint komplett verschwunden zu sein. „Miles“, grinst der andere Breit. Der Namen lässt Ravil die Glock hören. Für einen Moment hat er das Gefühl, dass ein Engel vor ihm steht, wunderschön und herrlich. „Hallo? Erde an Priester?“ Ungeduldig winkt Miles mit der Hand vor seinem Gesicht. Ravil hat nicht mitbekommen, dass er wieder in Gedanken abgedriftet ist. „Hast du öfters solche Aussetzer? Hätte ich gar nicht gedacht bei deiner Arbeit“, schmunzelt der Blondhaarige. „Nur in deiner Nähe.“ Ravil konnte nicht Mal überlegen, ob es klug wäre diese Worte auszusprechen, da waren sie schon draußen. Augenblicklich schlägt er seine Hände vor seinem Mund und weicht einen Schritt zurück, in der Hoffnung, dass Miles ihn nicht gehört hat. Dieser schmunzelt noch immer belustigt und schaut ihn erwartungsvoll an. Er macht keine Anstalt, ob er die Worte gehört hat oder nicht. „Mein Name ist übringens Ravil“, kommt der Schwarzhaarige endlich auf das eigentliche Thema zurück. „Freut mich Ravil“, grinst Miles. „Was wollen wir machen?“ Er hat sich wieder von dem Schwarzhaarigen abgewendet und hüpft leicht ein paar Schritte von ihm entfernt. Ravil beneidet Miles um seine lockere Art. Auch wenn er es niemals vor seinem Vater oder wen anderes zugegeben hätte, würde er sagen, dass es eine Art göttliche Fügung war, dass die beide sich getroffen haben. „Wir können uns doch einfach unterhalten“, schlägt er vor. „Wieso warst du heute in der Predigt? Ich habe dich vorher nie gesehen. Seid ihr neu hier hingezogen?“ Lachend dreht Miles sich zu dem Priester um. „Wow so viele Fragen. Ja, können wir machen. Ich sage dir aber gleich: ich kann nicht stillsitzen.“ Das kann sich Ravil gut vorstellen. Irgendwie hätte es ihn gewundert, wenn Miles mit einem Mal ganz Still geworden wäre. Zusammen begeben sie sich zu einer Bank im Park. Während Ravil sich auf die Lehne der Bank setzt, bleibt Miles davorstehen und geht auf und ab. „Ja wir sind neu hier hingezogen. Trotz allem hat mich mein Vater dazu gezwungen. Ich bin eigentlich nicht gläubig und dann kommt er nicht einmal mit.“ Es ist ihm deutlich anzusehen, dass er genervt von dem Verhalten seines Familienmitgliedes ist. Wütend schnaubt er aus. Mit einem Mal ist die ganze Wut verschwunden und breit grinst er Ravil an. Er scheint nicht daran zu denken, ob Ravil es ihn übelnimmt, dass er nicht gläubig ist. Schließlich spricht er mit einem angehenden Priester. Tatsächlich muss Ravil wegen dieser Tatsache anfangen zu lachen. „Ich verstehe“, kichert er, wie ein Schulmädchen. „Und was hat dich hier hin verschlagen?“ Schulterzuckend meint Miles, dass sein Vater einen neuen Job hier angenommen hat, als wäre es das normalste der Welt. „Nun erzähl Mal: Gibt es hier irgendwas Spannendes?“ Für einen Moment muss Ravil überlegen. Wenn er genau darüber nachdenkt, gibt es nicht viel in dieser kleinen Stadt. Da der Schwarzhaarige nicht weiß, was Miles gewohnt ist oder ob er aus einer größeren Stadt kommt, zuckt er mit den Schultern. „Wir haben eine Minigolf Anlage.“ Augenblicklich muss der Blondhaarige so stark lachen, dass ihm sein Bauch davon weh tut. „Dein Ernst?“, kichert er und wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln. Noch immer dringt Kichern aus seiner Kehle und für Ravil ist doch so ansteckend, dass er mit lacht, nur das es bei ihm nervös klingt. Wieder zuckt er mit den Schultern, als wäre es ihm gleichgültig. „Was hattet ihr den in deiner alten Stadt?“ Leise seufzt Miles, ehe er sich neben Ravil auf der Lehne der Bank setzt und anfängt zu erzählen. Von Lasertec Arenen, Kletterparks, Wasserrutschenparadies und vielem mehr. Während er erzählt gestikuliert er wild und groß, doch bleibt er auf der Bank sitzen, was Ravil als ein gutes Zeichen sieht. Die beide bekommen nicht mit, wie lange sie schon dasitzen und sich miteinander unterhalten. Aus dem Einseitigen Gespräch von Miles ist mit der Zeit ein richtiges Gespräch geworden. Irgendwann springt Miles von der Lehne runter. „So langsam sollte ich ins Bett“, um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen gähnt er und streckt sich gleichzeitig. „Ja, ich sollte auch nach Hause.“ Ravils Niedergeschlagener Blick ist nicht zu übersehen, weshalb Miles sofort nachfragt, ob bei ihm alles in Ordnung ist. Doch der Schwarzhaarige winkt ab und zwingt sich zu einem kleinen Lächeln. „Das erzähle ich dir ein anderes Mal.“ Ein Versprechen, damit er den Blondhaarigen wiedersehen kann. Ein bedrückter Ausdruck liegt auf Miles Gesicht, den Ravil noch nicht kennengelernt hat, als dieser leicht nickt. Dann lächelt er wieder fröhlich. „Komm ich bringe dich noch nach Hause.“ Zu zweit machen sie sich auf den Weg zu dem kleinen Haus, welches neben der Kirche steht. Auch wenn Ravil lieber alleine gegangen wäre, anstatt das Miles mitkommt, damit dieser nicht von seinem Vater entdeckt wird, lässt er es sich nicht nehmen mit den jungen Mann nach Hause zu gehen und sich noch mit ihm zu unterhalten. Auch wenn er das Risiko eingeht, dass sein Vater sie erwischt. Als sie schließlich vor seiner Haustür stehen bleiben bedankt sich Ravil für den Abend. Es hat ihn sehr gefreut Miles kennenzulernen und hofft, dass er ihn bald wiedersieht. „Bestimmt, ab morgen muss ich zur Schule“, meint er und streckt die Zunge raus, als müsste er sich übergeben. Grinsend winkt er Ravil noch zu Abschied. Erleichtert atmet dieser aus. Auch er winkt Miles zu und verharrt noch einen Moment in der Haustür. In seinem Blick liegt Schwärmerei, wie ein frisch verliebtes Mädchen schaut er Miles an. Zum Glück dreht dieser sich nicht zu ihm um. Ravil will gerade ins Haus gehen, als die Tür hinter ihm geöffnet wird. „Da bist du ja.“ Stink sauer steht sein Vater vor ihm. Sein Sohn hat keine Chance etwas zu sagen. Innerhalb eines Augenblicks hat sein Vater die Situation erfasst und seine Meinung dazu gebildet. Er drängt Ravil aus der Tür nach draußen und schließt diese hinter sich. „Du kommst mit. Du wirst Buße tun.“ Unsanft zieht sein Vater Ravil an den Haaren Richtung Kirche. Epilog: Das was ich mir am meisten gewünscht habe, werde ich niemals bekommen ----------------------------------------------------------------------------- Still sitzt er da, Sitzend, in gebückter Haltung. Den Kopf demütig nach unten gesenkt. Die Arme vorm Körper ausgestreckt und die Hände zum Gebet gefaltet. Die Finger sind unnatürlich in die passende Form gekrümmt. Ausdruckslos ist sein Gesicht, als er wartet was als Nächstes passiert. Mit einem Mal öffnet sich knarrend die schwere Flügeltür hinter ihm. Schwere schnelle Schritte kommen auf ihn zu. „Hast du Buße getan“, klingt die Stimme seines Vaters schneidend. „Ja, Vater“, kommt monoton von dem Sitzenden jungen Mann zurück. „Gut“, erleichtert Atmet der Priester aus. Für einen Moment schließt er seine Augen und atmet nochmal tief durch den Mund ein und der Nase aus. Als er seine Augen wieder öffnet schaut er den Schwarzhaarigen vor ihm eiskalt an. „Du bleibst hier noch sitzen.“ Der Vater wendet sich von ihm ab, als er wieder Richtung Ausgang geht. „Vater.“ Ravils Stimme ist scharf, wie ein Messer. Die angesprochene Person hält inne und wartet darauf was der andere zu sagen hat. „Du bist schrecklich“, erklingt seine ruhige Stimme. „Wenn du nicht der Sünde verfallen wärst, müsste ich das nicht tun.“ Der Vater zeigt keine Spur von Reue. „Sünde?“, wiederholt Ravil, als wäre dieses Wort für ihn mehr als bekannt. Ganz langsam, wie ein Geist, erhebt er sich. Unter seinen Schultern hört man ein leises Knacken, als er sich aufrichtet und seine müden Knochen bewegt. Noch immer sind seine Hände zu einem Gebet gefaltet. Ganz langsam dreht er sich zu seinem Vater um, der den Schwarzhaarigen herausfordernd anschaut und ihm langsam entgegenkommt. „Verzeih mir Vater, denn ich habe gesündigt“, sagt Ravil mit fester Stimme. Während er seinem Vater entgegenkommt, ist sein Kopf gesenkt, damit sein Vater sein Gesicht nicht sehen kann. Als sie beide direkt gegenüberstehen, legt der Priester sanft eine Hand auf seinen Kopf. „Es sei dir vergeben, mein Sohn“, sagt er, als wäre Ravil eines seiner Lämmer, die er auf den rechten Fahrt zurückführen will. Ganz langsam hebt Ravil seinen Kopf. Als sein Vater sein Gesicht sieht, weicht er erschrocken einen Schritt zurück. „Und ich werde es jeder Zeit wieder tun“, meint Ravil mit dunkler Stimme. Sein Vater hat keine Möglichkeit zu reagieren. Mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit hat Ravil seinen Vater am Hals gepackt und hält ihn fest. Das Weiß in seinen Augen ist vollkommen einen Pechschwarz gewichen. Mit einem breiten Grinsen schaut der Sohn seinen Vater an. Als der Priester Ravil erwischt hatte, nachdem er sich von Miles verabschiedet hatte, hatte sein Vater ihm zur Kirche gebracht, wo er seinen Sohn misshandelte. Die ganze Zeit hatte die Stimme in Ravils Inneren gesagt, dass er ihn davon befreien kann, dass er ihn helfen würde. Die ganze Zeit hatte Ravil gesagt, dass er es aushalten würde, schließlich war er es gewohnt. Als sein Vater angefangen hatte seine Finger zu brechen, damit sie beteten und nie wieder aufhören würden, hatte er aufgeben und der Stimme nachgegeben. Ravils Griff um den Hals seines Vaters wird immer kräftiger. Während er sich zuerst noch wehren kann und probiert mit Kratzen und Schlägen seinen Sohn dazu zu bringen ihn loszulassen, kann Ravil nur darüber lachen. „Du bist wirklich ein schrecklicher Vater“, meint er anschuldigend. Mit einem Wimpernschlag ist das Schwarz aus seinen Augen verschwunden und sie sind wieder normal. Er hebt seinen Vater von dem Boden ab. Wie eine Schlinge drückt sich seine Hand um den Hals von dem Priester. Mit einem breiten Grinsen sieht das Wesen in Ravils Körper dabei zu, wie der Mann langsam am ersticken ist. „Weißt du, Ravil hasst dich wirklich. Ich kann es ihn nicht Mal verübeln. Sein ganzes Leben lang hast ihn niedergemacht, misshandelst und sein Leben bestimmt.“ Nur ein unverständliches Kätzchen kommt aus seiner Kehle. Seine Bewegungen werden immer schwächer, bis sie schließlich komplett verstummen. Noch schaut er seinen Sohn an, als wolle er ihn mit sich ziehen, schließlich fallen seine Augen zu und sein ganzer Körper erschlafft. „Mhm, langweilig“, bemerkt das Wesen mit Ravils Stimme. Noch eine Weile hält er ihn in der Hand. „Ravil? Geht es dir gut? Oh mein Gott!“, erklingt plötzlich eine Stimme. Interessiert dreht der Schwarzhaarige zu der Person um. Miles steht in dem Raum, einen Schritt von der großen offenen Tür entfernt. Seine Augen sind vor Angst geweitet. Mit einem Mal lächelt der Schwarzhaarige wieder. Unachtsam wirft er die Leiche des Priesters zur Seite. „Auch wenn du Ravil noch nicht lange kennst, hast du mitbekommen, was der Mann seinen Sohn angetan hat.“ Um es zu demonstrieren, hebt er seine eine Hand, wo die Finger immer noch in verschiedenen Richtungen gebogen sind. Er schüttelt sie einmal und sie sind gerade, als wären sie geheilt. Miles ist zu geschockt, als dass er etwas darauf antworten kann oder sich bewegen. Lächelnd geht das Wesen in Ravils Körper auf den Blondhaarigen zu. Er hebt einmal seine Hand und macht eine Wischende Bewegungen. Gleichzeitig schlagen die Türen, wie von Geisterhand, zu. Bei dem lauten Knallen zuckt Miles zusammen. Sein Verstand ist am Arbeiten. „Du brauchst nicht zu überlegen, wie du hier am besten rauszukommen versuchst.“ Dominierend steht Ravil aufgebaut vor Miles. Sanft legt er seine Finger um sein Kinn und hebt seinen Kopf hoch, damit der Blondhaarige ihm in die Augen schauen kann. „Ich werde dich nicht töten. Das würde mir Ravil nicht verzeihen und irgendwie mag ich den Jungen. Ich möchte nicht, dass er sauer auf mich ist“, meint er geringschätzig. Dann zeichnet sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen hat. „Das was ich mir am meisten gewünscht habe, werde ich niemals bekommen“, zitiert er Ravils Gedanken, der ihn schon sein ganzes Leben lang begleitet hat. „Weißt du, was Ravil sich am meisten wünscht?“ Miles ist viel zu schockiert, was hier passiert. Seine Kehle fühlt sich wie ausgetrocknet an, als er langsam den Kopf schüttelt, nur so viel, wie das Wesen vor ihm es erlaubt. Das Lächeln der Person vor ihm wird wieder breiter. „Dich“, meint er, während er im selben Moment Miles einen Kuss auf die Lippen gibt. Erst sanft, dann zieht Ravil ihn Bestimmend an sich. Fordernd drückt er seine Zunge gegen Miles Lippen, welcher diese versiegelt hat. Jedoch gibt Ravil nicht auf. Er zieht ihn noch etwas näher zu sich und drückt sein Gewicht gegen den Körper des anderen, wie ein Tänzer, der seine Freundin festhält. Im zwanzig Grad Winkel drückt Ravil ihn nach unten. Jetzt verlangt er wieder nach Einlass und Miles fehlt die Kraft, um ihn davon abzuhalten. Der Blondhaarige probiert Ravil zu entkommen, jedoch ist die Zunge in dem engen Raum nicht vor ihm sicher. Ravil führt mit ihm einen gezwungenen Tanz auf. Während Miles sich zuerst noch relativ viel bewegt hat, um zu probieren aus Ravil Griff zu entkommen, wird er mit der Zeit immer Schwächer, bis er sich schließlich gar nicht mehr bewegt. Ganz langsam lässt Ravils Körper von den Jungen ab. Glasig schauen Miles Augen an die Decke. „Es ist so langweilig, wenn sie sich nicht mehr bewegen“, lächelt Ravil amüsiert. Schließlich schließt er Miles Augen und legt seinen Körper sanft auf den Boden. „Ich hoffe ihr beide werdet glücklich zusammen“, meint er sich sicher selber, als er sich wiederaufrichtet. Langsam begibt er sich Richtung Ausgangstür. Mit einer Handbewegung ist diese schon aufgeschlagen. Jetzt, wo Ravils Vater tot ist und sein Geliebter mit ihm vereint gibt es für das Wesen nichts mehr zu tun. Während er nach draußen geht murmelt er leise: „Das was ich mir am meisten gewünscht habe, werde ich niemals bekommen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)