Wenn aus Plus Minus wird von CeBe13 (Mathematische Spielerei) ================================================================================ Kapitel 1: Wenn Minus Plus wird, was wird dann aus Plus? -------------------------------------------------------- Ich laufe durch die Küche und esse Schokolade. Ich weiß dass ich genug hatte, doch ich kann nicht aufhören. Ich nehme die Klinge und ziehe sie durch meine Haut. Ich weiß dass ich es nicht tun sollte, doch ich kann nicht aufhören. Ich öffne die nächste Flasche und gieße mir noch einen Whiskey ein. Die braune Flüssigkeit verströmt einen verlockenden Duft. Ich leere das Glas. Ich weiß, dass ich es morgen früh bereuen werde, doch ich kann nicht aufhören. Ich nehme den Gürtel und klatsche das Leder hart auf meinen Rücken, jeder Schlag hart und schmerzhaft. Ich weiß, dass ich mich die nächsten Tage beim Sitzen nicht anlehnen kann, doch ich kann nicht aufhören. Du siehst mich und hältst mir einen Vortrag über mein Verhalten und dass ich doch aufhören muss mir zu schaden. Nichts von dem was du sagst erreicht mich. Nichts von dem was du sagst ist mir neu. Wann hörst du endlich damit auf. Ich spüre wie du mich ansiehst, traurig oder wütend, hilflos. Ich will dich nicht verletzen und nicke. Ja ich werde aufhören. Du gehst, endlich, ich greife nach der Schokolade, der Klinge, der Flasche oder dem Gürtel und tue mir etwas Gutes. Ich atme tief durch und entspann mich. Ich genieße den Schmerz, den Rausch. Du warst es der mir geschadet hat. Ich tue mir nur Gutes. Nein, ich bin nicht dumm! Mein Kopf weiß, dass diese Handlungen meinem Körper schaden. Nichts was du meinem Verstand gesagt hast war mir unbekannt. Ich habe es oft gehört und auch verstanden. Doch weil du mir nicht zuhörst und mich nicht verstehst will ich versuchen es zu erklären. Das Gleichgewicht zwischen guten und schlechten Handlungen ist immer gegeben! Wenn ich diese These als Grundsatz nehme, ergibt sie eine einfache mathematische Gleichung. Es gibt Handlungen die von der Gesellschaft als positiv bewertet werden. Handlungen, die unseren Körpern und unseren Seelen gut tun. Als Kind habe ich gehandelt um Liebe und Zuwendung zu bekommen. Ich habe meiner Mum beim Abtrocknen geholfen und sie hat über meinen Kopf gestreichelt. Das war ein gutes Gefühl. Sie hat mich beachtet, sie gab mir das was ich brauchte, Zuwendungen. Also habe ich öfter geholfen, doch nach einer kurzen Zeit war es normal dass ich half. Sie beachtet mich nicht mehr. Dabei tat ich doch alles nur um Zuwendungen zu erfahren. Doch sie wendet sich ab. Ich wurde traurig und warf den Teller zu Boden. Da drehte sie sich zu mir um, sie beachtete mich. Sie gab mir eine Ohrfeige und ich erlebte das erste Mal Schmerz als Zuwendungen. Viele Jahre blieb meine einzige Möglichkeit sie aus ihrer Lethargie zu holen darin das ich etwas 'böses' tat. Dann beachte sie mich, dann wandte sie sich mir zu. Du willst einwerfen, dass es normal ist, dass Eltern so was tun. Ich verbiete es dir. Jetzt bist du dran mit zuhören. Ich war ein guter Schüler in den mathematischen Fächern. Schon bald waren Einsen und Zweien in Mathe, Physik, Chemie und Biologie an der Tagesordnung. Nur die Sprachen wollten nicht in meinen Kopf, die Noten waren der Beweis. Ich bekam Nachhilfe in Deutsch, Englisch und Französisch, die Nachhilfe nahm die Zeit in Anspruch, die ich sonst zum Spielen mit meinen Freunden gehabt hätte, doch sie gingen schwimmen und ich der Versager sollte Vokalen lernen. Ich beschäftige mich viele Stunden in der Woche nur mit dem was ich nicht konnte. Das was ich konnte war nichts Wert, es nahm kaum Zeit in Anspruch. Nur meine Schwächen wurden gesehen. Gutes zählte nicht. Ich wurde ein einsamer Versager. Niemand machte sich die Mühe mich für eine eins in Mathe zu loben. Das war nichts Wert. Ich war nichts Wert. Schon wieder unterbrichst du mich mit der Aussage, dass Kinder doch Förderung brauchen und mir wird klar, dass du mich immer noch nicht verstehst. Das schönste Geschenk ist die zärtliche Berührung eines anderen Menschen. Wenn Finger hauchzart über die Haut wandern und es ist als würde die Zeit stehen bleiben. Die erste Ohrfeige zerstörte das ungetrübte Erlebnis von Wärme und Nähe. Die Tracht Prügel machte mir klar, dass Hände Schmerz bringen. Die einzige Möglichkeit die Hand meines Vaters zu spüren war wenn er mich übers Knie legte, die Hose runter zog und mich schlug. Die einzige Berührung die ich erfahren habe waren die Folgen von unerwünschten Handlungen. Dann spürte ich seine Hand. Dann nahm er mich wahr. Ich lerne Schmerz als Zeichen für Liebe kennen. Er sagte, dass er mich schlägt, weil er mich liebt. Er war Erwachsen und ich ein Kind. Er musste also Recht haben und ich falsch fühlen. Du bist inzwischen still geworden. Gut. Dann kann ich dir jetzt sagen, dass ich alles was ich tue aus dem gleichen Grund tue, wie du etwas tuest. Ich will geliebt werden und Zuwendung bekommen. Ich will mich spüren und will spüren dass ich gut und richtig bin. Ich sehe dich die Hand heben, wie früher in der Schule. Du hast eine Frage, ich lächle. Das ist das erste Mal dass du nicht urteilst und glaubst alles besser zu wissen. Du fragst mich warum ich mir heute nicht etwas anderes Gutes tue. Jetzt wo ich doch erwachsen bin und mein Verhalten selber in der Hand habe. Die Antwort ist gar nicht so einfach. Was soll ich mir Gutes tun? Soll ich Sport machen und mir hinterer rufen lassen "Das arme Fahrrad tut mir leid.", oder "Rettet die Wale." Jede dieser Bemerkungen trifft eine alte Wunde und verstärkt den Schmerz. Soll ich in die Sonne gehen und sehen wie Mutter ihre Kinder zu sich ziehen wenn sie meine vernarbten Arme sehen. Wenn ich das Wort, "Psycho " höre wie sie es sich zurufen während sie mit dem Finger auf mich zeigen. Soll ich nach einem Entzug jedem neuen Kollegen erzählen, dass ich keine Mon Cherie esse und auch nicht nach der Arbeit noch zum Bier trinken mitgehe. Soll ich bei jedem Hausgemachten Kuchen fragen ob Rum darin ist um nicht rückfällig zu werden? Aus Essen in Gemeinschaft wurde Fressen in Einsamkeit Aus zärtlichem streicheln wurden scharfe Schnitte. Aus lebensnotwendigem Trinken wurde vernichtendes Saufen. Aus hauchzarter Berührung wurden harte Schläge. Aus Plus wurde Minus und damit aus Minus Plus. Ich kann mir nichts antuen, was du als positiv bewertest, weil es das für mich nicht mehr ist. Ich kann mir Gutes tun indem ich .... Einen Weg finde… eine Handlung die noch nicht bewertet wurde. Du stehst vor mir und schweigst. Danke, denn es haben schon genug Menschen auf mich eingeredet. Ich nicke dir zu und frage ob du Zeit hast den Weg mit mir zu gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)