~ anioł ~ von BexChan ================================================================================ Kapitel 5: *red wine* --------------------- Die Atmosphäre im Buchladen war von ein auf die andere Sekunde sehr angenehm geworden nachdem Azira das Licht angeschalten und eine ruhige Schallplatte aufgelegt hatte. Letzten Endes war doch vieles innerhalb dieser Wände, was Crowley immer noch sehr an Erziraphael erinnerte und eine wohlige Wärme durchzog seinen Körper. Er berührte einige der Bücherregale, es war als ob Erziraphael's Seele immer noch hier wäre und in ihnen weiterleben würde. Als Crowley in Richtung Hinterzimmer ging, fing sein Herz urplötzlich an zu rasen. Tatsächlich war noch alles so, wie damals als Erziraphael hier gelebt hatte. Der Sessel, das Sofa, einfach alles. Azira machte Crowley mit einer Handbewegung deutlich auf dem Sofa Platz zu nehmen und schenkte ihm ein gutes Glas Rotwein ein. Als Crowley das Glas anhob und sich die Reflexion seiner selbst in dem dunklen Trunk widerspiegelte, musste er mit den Tränen kämpfen. Azira nahm ihm gegenüber im Sessel Platz, er hatte sich eine Art Cardigan übergezogen und ließ sich tief in den Sitz sinken während er den Becher mit Kakao in seiner Hand balancierte. "Vielen lieben Dank nochmal für die Einladung, Mister Fell!" "Nicht doch, seien Sie mein Gast! Es ist selten, dass ich Besuch habe, außer wenn meine Kunden eintreten. Naja, eigentlich habe ich nie Besucher." "Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf und...das soll jetzt nicht respektlos klingen, Sie scheinen sehr eigenbrötlerisch zu sein." "Ja, das stimmt. Da ist was dran. Die Bücher...das ist meine Welt. Mit Menschen...hatte ich es bisher nie so richtig. Aber Bücher haben mich schon immer fasziniert. Selbst als Kind." "Sind Sie hier in Soho aufgewachsen, Mister Fell?" "Ja, das bin ich. Soho ist zwar nicht der schönste Teil von London aber ich mochte dieses kleine Viertel immer. Das ist mein Zuhause." "Ist es...nicht komisch, so oft und so lange alleine zu sein?" "Ich habe mich daran gewöhnt, Mister Crowley. Was ist mit Ihnen?" "Mit mir?" "Sie sind ein durchaus gutausehender Mann, der sich sehen lassen kann! Sie müssen doch bei den Frauen gut ankommen!" "Naja...wie man es nimmt. Ich bin...um ehrlich zu sein bin ich seit einigen Jahren Single. Es gab da mal jemanden, den ich sehr mochte aber...das ist lange her." "Dieser...besondere Jemand?" "So kann man es sagen." Langsam setzte Crowley das Glas an seine Lippen und nahm einen tiefen Schluck. Dann lachte er leise. "Gott, ich schütte Ihnen hier mein Herz aus, dabei kenne wir uns gerade mal zwei Tage! Ich müsste doch eher sowas wie ein Fremder für Sie sein!" Azira's Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln und seine blauen Augen leuchteten. "Wie Sie schon sagten, Hilfe kommt manchmal von unerwarteter Seite, Mister Crowley. Oder zumindest...ein guter Zuhörer." Einen Moment lang schauten sich beide tief in die Augen. "Gerade bei Ihnen hätte ich gedacht, dass Sie eine schöne Frau und Kinder hätten aber Sie sprechen die ganze Zeit von diesem besonderen Jemand." Ein Riss schnitt durch Crowley's Herz, seine Hand krallte sich in das Weinglas. "Wie war diese Person? Vom Charakter meine ich?" "Sie war...unbeschreiblich. Worte...könnten nicht beschreiben, wie sehr ich diesen Person geliebt habe. Sie war...alles für mich. Wie eine...wunderschöne Melodie. Wie ein himmlischer Chor. Sie war...ein Engel." Und in jenem Moment als Crowley aufsah, sah er für einen Moment die Silhouette Erziraphael's im Sessel sitzen, der ihm sein schönstes Lächeln zeigte und Crowley stockte der Atem. "So wie Sie denjenigen beschreiben muss er wie das schönste Gedicht gewesen sein. Ein ganz besonderes Wesen." "Ja...ja, das...war sie. Diese Person...war mein Leben." "Was ist mit ihr geschehen?" "Sie ist...sie ist..." Als er wieder aufsah, sah er wieder Azira im Sessel vor sich sitzen, doch seine Sicht verschwamm als die Tränen unaufhaltsam über seine Wangen flossen. "Mister Crowley? Alles in Ordnung?" "Bitte? Was?" "Sie waren auf einmal...ganz weit weg." "Tu-tut mir leid. Mir fällt es immer noch sehr schwer über diese Person zu reden." "Aber vielleicht ist das schon längst überfällig. Sie sollten darüber reden wenn es Ihnen solchen Kummer bereitet." Crowley versuchte das Thema zu wechseln. "Sie mochte Hamlet! Es war ihr Lieblingsstück von Shakespeare!" "Ah, ein Shakespeare Liebhaber! Hat sich diese Person auch schon mal das Stück angesehen?" Ein weiteres Mal erinnerte sich Crowley an den Tag, wo er neben Erziraphael im Globe Theatre stand und die Uraufführung bewundert hatte. "Oh ja, durchaus und sie war hellauf begeistert! Sie...sie war ein großer Liebhaber seiner Bücher und...hat selbst so viele Bücher verschlungen. Ich bin mir sicher, dass Ihr Buchladen das reinste Paradies für diese Person gewesen wäre." "Jetzt schmeicheln Sie mir aber, Mister Crowley! Aber...ja, ich liebe diesen Laden. Er begleitet mich jetzt schon das halbe Leben. Als ich mich ihm damals an mich genommen habe, war es als ob...mich irgendetwas hierher gezogen hätte. Als ob ich mit ihm verbunden gewesen wäre. Ohne diesen Buchladen...wäre ich nichts. Ich möchte verdammt sein!" Ein Grinsen huschte Crowley über die Lippen und er zwinkerte. "Ach, es ist gar nicht so schlimm wenn man sich daran gewöhnt hat!" "Ehm...bitte wie meinen?" Erst im Nachhinein fiel Crowley auf, was er da gerade gesagt hatte. Es war jener Abend als er und Erziraphael ihren Plan hinsichtlich des Antichristen durchsetzten. "Eh...verzeihen Sie, ich..." Sein Herz dröhnte in seiner Brust. "Ich muss hier raus! Ich...muss hier raus! Ich kann das nicht! Mir ist so schlecht! Ich kann nicht atmen! Ich kann...nicht atmen!" "Mister Crowley, alles in Ordnung? Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?" Doch Crowley schüttelte abwehrend den Kopf. "Nein, nein danke, machen Sie sich keine Umstände. Ich...danke Ihnen sehr für Ihre Gastfreundschaft aber...ich denke, ich gehe jetzt besser nach Hause." "Sie...Sie können auf auf dem Sofa schlafen. Oder...soll ich Ihnen wirklich kein Taxi rufen?" "Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen aber ich denke, ich gehe zu Fuß. Ein wenig frische Luft wird mir gut tun." "Nun...es tut mir leid wenn ich alte Wunden aufgerissen haben sollte." "Bitte nicht, Mister Fell! Ich muss mich für mein taktloses Verhalten entschuldigen." "Wenn Sie gerne nochmal reden wollen, Sie wissen ja, wo Sie mich finden." Crowley verließ den Laden mit einem Lächeln auf den Lippen. Als er Zuhause ankam, spürte er das erste Mal den bitteren Geschmack von Erbrochenem als er sich auf der Toilette übergeben musste. Ihm war furchtbar übel und das Gesprächt hatte es für ihn nicht besser gemacht. Er machte sich sauber, fluchte darüber, was Erbrechen für eine ekelige Angewohnheit der Menschen sei und ging in seinem Schlafzimmer nervös auf und ab. "Ich kann das nicht! Ich kann es einfach nicht! Ich weiß, du hast gesagt, ich solle ihm nicht näherkommen aber anders geht es leider nicht. Aber...immer wenn ich Azira ansehe, sehe ich dauernd Erziraphael vor mir. Ich will mich ihm nicht zu sehr annähren aber...was ist wenn ich es nicht mehr verhindern kann? Wenn ich...diese Gefühle nicht mehr kontrollieren kann? Ich habe...solche Angst davor! Und dabei...ist Azira ein ganz anderer Mensch!" Zitternd drückte Crowley sich seine Hand auf die Brust und fühlte seinen Herzschlag. "Erziraphael...was hast du dir nur dabei gedacht? Er ist...dir so ähnlich, doch so anders und doch...fühle ich mich so sehr zu ihm hingezogen, dabei...ist er nicht du! Aber...warum ist mir dann...das Herz so schwer? Warum...tut es so furchtbar weh?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)