[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 39: Vol. 2 - "Tomodachi" Arc: Flucht im Morgengrauen zur Mittagszeit ---------------------------------------------------------------------------- "Bitte helfen Sie ihr, sie ist krank! Sie hat Blut gespuckt und ist dann umgekippt...", im Krankenhaus angekommen, waren direkt ein paar Ärzte in Reichweite und das macht mich im Moment glücklicher als alles andere. Hier stehe ich nun, mit einer ohnmächtigen Frau auf meinem Rücken, ihr Blut an meinem Hemd und mein eigenes noch dazu, in einem Krankenhaus voller panischer wie auch sachlicher Gesichter. "Egaoshita-san, kann es sein. Ich hatte sie schon in Behandlung, warten Sie hier, wir fangen gleich an.", meint der Arzt mit Brille und Haarausfall. "Und Sie sind?", will er, immer noch abartig sachlich, von mir wissen. "Der Sohn.", antworte ich wahrheitsgemäß. "Was ist mit Ihrer Stirn und ihrem Ellenbogen passiert?", fragt er nach und mir fällt wieder ein, warum ich es überhaupt hierher geschafft habe. "The Walking Dead-Cosplay, ich bin ein überlebender Passant, ich wollte zu der Convention und konnte nicht schlafen, also habe ich es anprobiert und alles, dann ist sie umgekippt und jetzt bin ich hier.", lüge ich so glaubhaft und einwandfrei wie im Leben noch nie. "Aha.", sagt er nur zu meiner billigen Story und sieht Meiko an. Ich kann mich nicht daran gewöhnen, sie Mama zu nennen. "Nun ja, deine Mutter ist... nun ja, sie hat Leukämie. Und-", "Moment mal, sie hat was genau?! Oh mein Gott, scheiße! Sie... lügen doch!", lache ich im Unglaube, weil das überhaupt nicht witzig ist. Im Schock hätte ich sie beinahe fallen lassen. "Leider nein, es tut mir sehr leid, Junge.", bedauert er, auch wenn ich seine Trauer hinter den beschlagenen Brillengläsern kaum erkennen kann. "Bitte geben sie mir Egaoshita-san, damit wir mit der OP beginnen können.", bittet er mich und meine Mutter hustet mir eine weitere Ladung krankes Blut auf mein noch von vorhin geöffnetes Hemd. Das Blut fühlt sich heiß an auf Haut und Stoff und gleichzeitig eiskalt. Ich verarbeite alles Gesagte und obwohl ich weder fertig bin noch etwas verstanden oder akzeptiert habe, nehme ich sie runter und lege sie auf die Tragfläche, die gerade eingetroffen ist. "Lassen Sie mich doch wenigstens bei ihr bleiben, bis wir den OP-Saal erreicht haben.", verlange ich und der Arzt nickt ohne Kommentar. Sie öffnet die Augen leicht und sieht mich wehmütig an. "Akira, sind wir im Zirkus?", fragt sie, wieder lallend, und ich verstehe inzwischen, dass sie wieder dort ist, wo sie, seit sie sich selbst zerstört hat, verweilt. Sie redet absoluten Bullshit und wenn ich nicht wüsste, dass das meine Mutter nach all dem Whisky und den Drogen ist, dann hätte ich nein gesagt. "Wir sind im Zirkus, die Vorstellung fängt gleich an.", bestätige ich still, der Tragfläche folgend. "Hey Akira, wenn dieser Zirkus v-v-vorbei ist und ich... wieder aufstehen kann... fahren wir dann nach Las Vegas? Ich will da so gern hin...", blubbert sie den Stuss noch weiter und ich nicke nur. "Wir fahren überall hin, wo du willst, aber der Zirkus, der-", "Genau, lass uns bis zum Ende...", sie legt eine kurze aber qualvolle Pause ein und spricht dann wieder. "Hier bleiben und den Statisten zusehen. Die sind doch so begabt und so... Und dieser eine Statist... der, der da dieses Dingsbums macht und so... der Sachen macht, die supercool und nicht normal sind. Der hat dieselbe Haarfarbe wie ich, gesehen?", lässt sie das Gebrabbel noch mehr Form annehmen. "Du bist dieser Statist... ich weiß das, weil du... weil ich spüren kann, wie unglaublich begabt und fähig du bist, mein Sohn. Wie heißt noch mal der Posten, den du über... nimmst... Der, der die Menschen zum Strahlen bringt und Hasen aus Hüte zaubert...?", will sie geschwächt klingend von mir wissen. "Ich... ich bin ein Zauberer.", erkläre ich und stelle gleichzeitig fest. "Hey, Akira, mein Sohn...", erregt sie meine letzte Aufmerksamkeit. "Was ist denn?", frage ich, das sind die falschestes Worte, die ich in dieser Situation hätte sagen können. Das fällt mir nur zu spät auf. Sie spuckt wieder Blut. "Ich weiß, dass wir gar nicht im Zirkus sind... wir sind im Krankenhaus. Das fällt mir gerade wieder ein. Wenn das hier... also wenn das hier ein Zirkus wäre, dann wäre hier ein Zelt und es müsste nach Tieren und nicht nach K-Krankheit riechen... Du bist aber trotzdem ein Zauberer. Du kannst zaubern und die... die Welt verändern, um dich rum und so...", ihre Augen schließen sich langsam und in mir bricht noch mehr Panik aus. "Und, Akira...?", "Ja?", "Also ich... ich... ich hab dich sehr... sehr lieb. Danke, dass du mich...", da ist nur noch ein Millimeter zwischen ihren Augenlidern, der sie sehen lässt. Scheiße. "Gefunden hast...", und nun sind ihre Augen endgültig zu. "Meiko!!!", schreie ich, weil ich zwar immer noch nicht Mama sagen, ihre Liebe zu mir aber trotzdem spüren kann. "Bleib hier! Wir wollten doch noch nach Vegas! Vegas, hörst du? Wenn du wieder aufwachst, fliegen wir hin, ich arbeite dafür, mit dir da irgendwann hinzugehen! Aber, bitte tu nicht so, als wenn wir niemals zusammen dort sein werden... Das ist gemein. Ich weiß, dass ich mich bisher einen Dreck geschert habe, was mit meinen leiblichen Eltern ist, aber das stimmt nicht! Ich habe das nur glauben wollen! Ich habe... eigentlich immer mit dir zusammen sein wollen! Wenn wir nicht nach Vegas gehen können, dann lass uns eben hier in Japan... Ich habe eigentlich immer auf dich gewartet... Ich...", "Es tut mir leid, aber Sie können ihr hier nicht hin folgen.", hält mich eine andere Ärztin auf und ich höre für den Moment mit meinem Herzensgejammer auf. Es ist, als habe ich nur dafür gelebt, nur heute und dann nie wieder zu jammern, denn alles andere wäre es nicht wert, betrauert zu werden. So fühlt es sich an. Und trotz allem weine ich nicht. Ich bin trotz allem noch rundum trocken im Gesicht. Verdammt, in so einer Situation muss man doch weinen und ich hab nur... gejammert. Bin ich wirklich... so ein... Psychopath? Wie nennt man Menschen wie mich? Ach nein, das ist mir doch eigentlich völlig egal. "Ich warte hier.", beschließe ich. "Wie Sie wünschen.", bestätigt die Ärztin, deren Job, sachlich zu bleiben, mich fast schon krank macht. Ich nehme im Warteraum Platz und ich glaube, ich bin sogar eingeschlafen, es war so lange und nach der unruhigen Nacht bei Sanae, konnte ich die Augen bei mittelmäßiger Ruhe sowieso nicht lange offen halten. Ich weiß nicht, wie lange ich so weggetreten war, aber nach und nach verschärft sich mein Blickfeld und ich sehe die Ärztin von vorhin direkt vor mir. "Es... tut mir sehr leid. Wir haben sie verloren, sie... ist mitten in der OP einfach... von uns gegangen!", versucht sie mir die Lage zu erklären und weint anschließend selbst. Nur ich weine nicht. Ausgerechnet ich von uns beiden bin der, der nicht weint. Meine Mutter ist gerade gestorben! Und ich habe nichts besseres zu tun als hier trocken und dumm rumzustehen. Ich stehe auf und gehe raus aus dem Krankenhaus. Ich habe schließlich keinen Grund, länger hier zu sein. Ich weiß nicht, für wie lange, aber ich irre mehrere Stunden dieses beschissenen Tages einfach ziellos durch die Gegend. Ich habe keinen Ort, an dem ich zurück kann... Ich bin eine Zumutung für alles und jeden, der mit mir zu tun hat. Meine Mutter, die seit meiner Geburt nur an mich gedacht hat, ist in dem Wissen gestorben, dass ihr einziger Sohn ein Versager ist. Auch, wenn sie mich liebt, auch wenn sie das gesagt hat, sollte es nicht fast jeden Eltern egal sein, was für Scheißkinder sie da gezeugt haben und sollte es nicht ein Grundrecht sein, Liebe von ihnen zu bekommen, egal wie sehr man im Leben gerade verkackt hat? Es ist alles aus, ich weiß nicht, ob ich überhaupt zurück will. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin oder wie spät es ist, außer dass Mittag ist und die Schule vor ein paar Minuten vorbeigegangen ist. Ich sehe es als persönliche Strafe, hier herumzulaufen, weil ich aber sehr sportlich sind, laufe ich gefühlt zwei weitere Stunden planlos durch die Gegend. Wie ein Fiebertraum kommt mir das alles für mich vor und wenn es wahr wäre, hätte ich gesagt, ich hätte harte Drogen genommen, um diese innere Gleichgültigkeit heraufzubeschwören. Aber das mit der Gleichgültigkeit habe ich ganz allein geschafft. Ich komme an einer Bar vorbei. Das fehlt für die absolute Selbstzerstörung, ein Abstecher in eine versiffte Bar als Minderjähriger. Hemmungslos betrete ich sie und setze mich auf einen der Hocker. Etwas Geld habe ich tatsächlich noch, aber so voller Blut und Schweiß werde ich womöglich trotzdem rausgeworfen. "Dich Bengel kenne ich doch! Du bist bei mir eingebrochen und hast es mit meiner Tochter getrieben! Diesmal entkommst du Mistkerl mir nicht!!!", die Stimme des Irren von gestern höre ich und kurz halte ich sie nicht für real, ehe den Typen und mich nur noch der Tresen trennt. Ich bin gefickt, denke ich bevor ich es schaffe, ihm zuerst eine runterzuhauen und auf schnellstem Wege die Flucht ergreife. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)