[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 17: Vol. 1 - "Nadeshiko" Arc: Die verblassenden Gefühle der Vergangenheit (Teil 4) ------------------------------------------------------------------------------------------ "Du bist einer der Polizisten, die an diesem Tag da waren, nicht wahr?", fing ich eine Konversation an, nachdem uns die Tränen ausgegangen waren. Er nickte stumm und schluckte. "Es war alles einfach so furchtbar schnell. Kyokei hat es allein versucht, ist einfach dort hin, wo uns nicht gesagt wurde, dass wir hinsollen, er hat uns einfach ignoriert und ich schätze, ich weiß auch warum er das tat.", sprach er unter dem Druck des Kloßes in seinem Hals. "Du willst das bestimmt nicht hören, aber Kyokei war nicht der Beste unserer Männer. Die anderen haben schlecht über ihn geredet und das tat ihm weh. Von wegen, er könne das nicht, er habe es nicht drauf und weitere verletzende Worte. So wollte er irgendwie beweisen, dass er es sehr wohl drauf habe, nur... nun ja, er schaffte es nicht. Und ich bin sicher, dass hat ihn unglaublich verzweifelt, es nicht geschafft zu haben. Immer muss er etwas beweisen, nie wollte er etwas auf sich sitzen lassen, hat immer bis zum Schluss gekämpft und sein Bestes gegeben. Er hat nicht viel Erfolg gehabt, dennoch war seine Einstellung einfach die mit Abstand beste, die man als Polizist überhaupt haben konnte. Er war... mein einziger Freund in der gesamten Zentrale. Und ich konnte ihm trotzdem nicht helfen, es tut mir leid.", sein Blick wanderte in mein Gesicht und sofort wieder auf den Boden. Er konnte mir nicht einmal in die Augen sehen. Ich nahm seine Hand, um ihm zu zeigen, dass ich ihm nicht böse war. Er zuckte kurz zusammen, fing sich aber. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich ihre alleinige Schuld war, er hat mir alles gesagt und nicht annähernd so ausgesehen, als wäre er hintergangen worden. Ich bin mir sicher, vertrauen sie ihm. Dir die Schuld an seinem Tod und meinem Leid zu geben, holt ihn uns auch nicht zurück.", erklärte ich ihm und sah ihn an. Wieder wanderte sein Blick, nur diesmal auf meinen Ringfinger. "Sind Sie die wundervolle Frau, von der er mir erzählt hat? Setsuna Kyokei-san?", fragte er und seine Augen leuchteten kurz auf. "Das hat er über mich gesagt? Ja, ich bin seine Frau.", bestätigte ich und spürte, wie sich die traurige Stimmung langsam verzog. "Ich bin übrigens Shun. Shun Takamiya. Freut mich, Setsuna-san.", stellte er sich vor.   Wir redeten noch eine Weile und so kam es, dass wir heute Abend bei ihm zu Hause zu Abend aßen. Ich erinnerte mich daran, dass zu Hause niemand auf mich warten würde und kam mit. Gerade weil ich wusste, dass Keita und er gute Freunde waren und ich Akane-chan nicht zur Last fallen wollte, war er der Einzige, den ich jetzt gerade sehen wollte, egal, wie fremd er war. Das klingt sicherlich idiotisch, aber manchmal will man eben mit Fremden sein, gerade, weil es für die Angehörigen so schmerzhaft ist, es auszusprechen. Takamiya-san und ich kamen an seinem Haus an und er öffnete leise die Tür, ehe ein rothaariges pummeliges Kind uns entgegenstürmte. "Papa!!!", rief es und verstummte vom einen auf den anderen Moment, als es mich sah. "Papa, wer ist diese Frau?", fragte es und bewegte sich noch immer keinen Zentimeter. "Das ist Setsuna Kyokei-san, die Frau meines besten Kollegen.", erklärte er und schaute zu dem kleinen Jungen runter. Wir kamen rein und der Kleine sagte nichts mehr. Nachdem wir also den Tisch gedeckt hatten, zog sich die unangenehme Stille noch mehr in die Länge, bis Shun das nicht mehr aushielt und sie brach. "Ich darf dich doch beim Vornamen nennen, oder, Setsuna-san? Ich meine, es fühlt sich seltsam an, Sie ebenfalls Kyokei zu nennen wie meinen Kollegen und...", er wurde rot vor Scham und starrte dann schweigend auf das Messer vor ihn. "Das ist doch nicht so wild, Takamiya-san, ich kann Sie... sogar sehr gut verstehen..., ich-", "Dann müssen Sie mich aber auch nicht Takamiya-san nennen, das ist sonst nicht fair. Nennen Sie mich doch bitte Shun...", immer noch rot bat er mich darum. "Ist gut... Shun.", probte ich das für die Zukunft. Wieder legte sich die Stille über den Tisch. Der kleine Sohn von Shun hatte sein Essen immernoch nicht angerührt, sodass ich mir Sorgen machte, ob mit ihm alles in Ordnung sei. "Stimmt etwas nicht, Kleiner?", tastete ich mich vorsichtig an den Kleinen ran, der vom Blick her fast schon sauer zu sein schien. "Mir geht es wundervoll. Ich hab mich nur gefragt, ob sie auch so blöd wie meine letzte Mama wären...", kam es ihm über die jungen Lippen. Ich zuckte. "Taiyo! Sei bitte nett, hörst du?! Diese Frau hatte es nicht leicht!", zischte Shun und tauschte das schüchterne Gesicht der bisherigen Stille gegen ein zorniges. "Ist schon okay. Ich kann verstehen, wenn ich nicht erwünscht bin.", flüsterte ich zu meinem Brot runter, welches sogleich mit einer Träne befleckt wurde. Wie hätte ich auch nur einen Moment denken können, dass wenigstens heute die Einsamkeit nicht über mich siegt? "Setsuna-san! Taiyo, auf dein Zimmer, du hast unseren Gast zum Weinen gebracht!", schrie er fast schon, ohne seinem Sohn in die Augen zu sehen. Dieser riss die Augen auf, sprang vom für ihn zu hohen Stuhl runter und raste die Treppe rauf, im Versuch, nicht in Tränen auszubrechen. Ich streckte meine Hand nach ihm aus, aber es war sinnlos. Die Tränen liefen mir weiter übers Gesicht und ich wünschte, es würde aufhören. "Es tut mir leid. Ich hätte nicht weinen sollen. Es war nur... ich... dachte, ich wäre wenigstens keine Last und nicht so einsam... seit Keita weg ist, kann ich seiner Schwester nicht einmal sagen, dass es mir leid tut und sie stark sein muss. Es ist so schrecklich, in diesem großen Haus allein zu sein, so ganz ohne Familie und Keita...", der Kloß in meinem Hals lockerte sich, aber die Erinnerungen an die für immer verlorene Zeit mit ihm zerrissen mich. "Setsuna-san... es ist nicht deine Schuld, du hast jedes Recht zu weinen. Das mit meinem Sohn ist auch nicht deine Schuld, es ist meine, weil ich ihm Hoffnung gemacht habe.", wieder mit von Schuldgefühlen geplagte Stimme begann er zu erzählen. "Ich habe vor geraumer Zeit eine Frau kennengelernt, von der ich dachte, ich könnte den Rest meines Lebens mit ihr teilen, du musst wissen, die Frau, die Taiyo zur Welt brachte, ist bei seiner Geburt gestorben, deshalb wusste er nie, wie es war, eine liebende Mutter zu haben. Als wir zusammenkamen, war ich direkt Feuer und Flamme und hab Taiyo erzählt, dass er doch noch eine Mutter bekommen würde. Er hat sich natürlich riesig gefreut und umso trauriger war er, als wir uns in einem großen lauten Streit getrennt haben und er alles gehört hatte. Seitdem ist er allen Frauen, die dieses Haus betreten über feindselig gesinnt.", er seufzte und beschwor damit die jetzt noch viel unangenehmere Stille herauf. "Das tut mir leid. Auch dem kleinen Taiyo wegen.", entschuldigte ich mich damit für alles, insbesondere für meine Anwesenheit. "Wenn es dir nichts ausmacht, gehe ich geschwind hoch zu Taiyo-chan und rede mit ihm.", schlug ich vor. "Die erste Tür rechts", sprach Shun zu seinen Händen, die auf dem Stuhl lehnten. Ich hastete die Treppen hoch und klopfte an seine Tür, nur um dann sowieso auf zumachen und Taiyo in der Decke eingelullt zu finden. "Taiyo-chan... hier ist Setsuna. Dein Vater hat mir alles gesagt und ich wollte sagen, dass es mir leid tut und ich verstehen kann, wenn du mich nicht hier haben willst. Aber bitte hasse mich nicht, ich würde dich doch nie verletzen wollen, kleiner Taiyo. Kommst du jetzt bitte aus der Decke raus?", wie vom Blitz getroffen schälte er sich aus dem Nest aus Decke und Kuscheltieren und sah mich mit geröteten Augen an. Ich wollte gerade noch etwas sagen, da kam er mir zuvor und rief: "Diese Frau war überhaupt nicht nett, Papa war traurig und ich war auch traurig, diese blöde Hobelschlunze verdient Papa nicht. So eine Mutter will ich nicht!", diesmal konnte er die Tränen nicht zurückhalten und weinte. Ich umarmte ihn vom Bettrand aus. "Es ist okay.", mehr sagte ich nicht. Er weinte noch eine Weile, bis er sich beruhigte und dann ganz heiser war. "Bist du denn meine neue Mama?", fragte er schließlich mit der Stimme, die nur so nah dran war, nicht mehr da zu sein. "Das weiß ich nicht. So funktioniert das nicht, kleiner Taiyo. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber wer weiß.", versuchte ich, ihm keine Hoffnung zu machen. Ich meinte schon fast, seine Enttäuschung in seinem Atem zu hören. "Du kannst uns weiter besuchen, Setsuna. Ich hasse dich nämlich nicht.", meinte er. "Ich bin froh, das zu hören, Taiyo-chan." Ich war froh. Froh, mich wenigstens für diesem Moment teil einer Familie zu fühlen, die nicht schon starb, bevor sie erst entstand. Ich habe inzwischen aufgehört, vor mich hin zu weinen und bin nur noch sprachlos. Taiyos Mutter ist nicht meine. Das war mir zwar schon im letzten Eintrag klar geworden, aber das so noch einmal zu hören, das war... belastend. Ich bin nicht sein Bruder. Zu welchem Zeitpunkt wurden wir das? Weshalb, nach so wenigen Tagen, so schnell, nach dem Tod meines Vaters... ich kann sie verstehen, meine Mutter. Und gleichzeitig schmerzt die Erkenntnis so sehr, dass ich nicht anders kann, als zu lesen, wie es jetzt weitergeht. 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