Zum Inhalt der Seite

[Beta Ver.] CONDENSE

An jenem schicksalhaften Regentag
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
EXTREM WICHTIGE INFO:
Ich dulde keine Raubkopie auf anderen Plattformen oder das Aneignen meines geistigen Eigentums!
Zum anderen ist die Geschichte in ihrem jetzigen Zustand noch nicht vollständig, die Kapitel extrem fehlerhaft.
Als ich die Geschichte begonnen habe, war ich selbst noch sehr jung und wusste entsprechend nicht sehr viel. Weder was ich mit dem Plot noch was ich mit den Charakteren tun soll. Vieles von dem, was ich wie in die Geschichte integriert habe, würde ich heutzutage unter keinen Umständen so umsetzen.
Demnach ist es ratsam, auf das Release der Light Novel zu warten.
Informationen zum Kauf der jeweiligen Volumes werden auf der Startseite dieser Geschichte vermerkt.
Dadurch wird hier aber nichts gelöscht, sondern auch weiterhin kostenlos aufrufbar sein.
Die angegebenen Genres haben sich mit der Zeit leicht verändert. Zwar begann es als "Romantik, Drama, Hetero", entwickelte sich mit meiner wachsenden Unzufriedenheit allerdings in eine Richtung, in der "Romantik, Drama, Hetero, Boys Love, Girls Love, Lime, Darkfic, Parodie, " es wohl viel eher trifft.
Figuren und Handlungen sind frei erfunden. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vol. 1 - "Hinedere" Arc: Dieser Albtraum von Wahrheit

Es sind nicht nur ihre aufgerissenen Augen und das Zittern ihrer Lippen, sondern auch ihr scharfes Einatmen, das mir signalisiert, dass ich irgendwas ausgelöst habe, was ich absolut nicht hätte auslösen dürfen. 

 

“W-was? Wer ich bin? Also...”, der Körper bebt, ihre Hand klammert sich verzweifelt an ihren Kragen und das Sprechen fällt ihr schwer.

 

“Hey, was ist los? Soll ich einen Lehrer holen? Wie geht es dir?”, frage ich, als ich mich ihr nähere.

 

“B-bleib weg…”, haucht sie. “Bleib ganz weit weg.”, ein Blick auf ihre aneinander reibenden Kiefer verrät mir, dass sie Schmerzen hat.

 

“Ich... Ich habe es doch eigentlich die ganze Zeit gewusst…”,

 

Was wusstest du?”, frage ich.

 

“All die Zeit war ich... War ich mir dem bewusst, dass so etwas durchaus im Bereich des Möglichen liegt.”, stottert sie weiter und ich vermute die Quelle ihrer Schmerzen in Richtung ihres Herzens.

 

Was liegt im Bereich des Möglichen? Sag es mir, Failman.”, dränge ich sie und packe sie an den Schultern, um dem Ernst der Lage mehr Ausdruck zu verleihen.

 

“Ich konnte trotzdem nichts weiter als zu hoffen, dass du mich immer noch liebst!", keift sie und überrascht mich von der einen auf die andere Sekunde auf allen Ebenen, die je existiert haben.

 

So rabiat, dass es eigentlich nicht geht, reißt sie an meiner Krawatte, dass ich nicht anders kann, als ins Straucheln zu geraten und ihr gefundenes Fressen zu sein. Auch wenn es nur ihre Lippen sind, die sich mit einer geradezu brutalen Vehemenz auf die meinen drängen, was da auf chemischer Basis zwischen uns passiert, ist so intensiv, dass mir die Worte fehlen. 

Diese Lippen.

Wenn es nur bei ihren Lippen enden würde, nein, es ist auch ihr Oberkörper, der sich so eng an den meinen drückt, dass ich fast spüren kann, wie wahnsinnig schnell ihr Herz schlägt. 

Diese Brüste.

Doch es wäre nicht sinnvoll, diese Szene mit auch nur einem Wort länger ausfallen zu lassen als sie tatsächlich ist, denn sie währt nicht länger als ein paar Sekunden, ehe sie mich von sich stößt und genauso schnell fallen lässt wie sie mich überrumpelt hat.

 

Das Letzte, was ich sehe, ist das Aufblitzen ihrer moosgrünen Haare, die im Wind wehen, als sie sich aus dem Staub macht. Völlig perplex und überhaupt nicht wissend, wohin mit mir, falle ich auf die Knie und seufze kraftlos. Mit zitternder Hand fahre ich über meine kribbelnden Lippen und versuche, meine Gedanken zu ordnen.

Liebe? 

Hat dieses Mädchen allen Ernstes gesagt, dass es “mich”, also Elvis, liebt? So richtig… emotional? 

Intensiv? 

Romantisch? 

Sexuell?

Warte mal...

Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Das ist wirklich überhaupt nicht gut. Das ist... schlecht. Das ist so schlecht, dass Leute, die für die Einführung neuer Wörter verantwortlich sind, sich ein neues Wort ausdenken müssen, um auch nur annähernd zu beschreiben, wie abartig schlecht das ist. Das ist so schlecht, dass-

 

“Kyokei-kun, was machst du denn so mutterseelenallein auf dem Boden? Hast du nicht Unterricht?”, reißt mich eine Stimme aus meinem Monolog.

 

“Sonoda-sensei, Sie haben mich aber erschreckt.”, seufze ich und stehe so schnell ich kann wieder auf.

 

“Im Ernst, was machst du hier?”, fragt er nochmal.

 

“Das Gleiche könnte ich Sie fragen.”, er starrt mich finster an.

 

“Tut mir leid, das ist nicht zielführend. Ich habe einer Mitschülerin geholfen, sich wieder zu fangen, aber dann ist sie mir leider Gottes abhanden gekommen.”, schildere ich die Lage.

 

“Oh, und wo ist sie jetzt?”, will er wissen.

 

“Weiß ich nicht. Deswegen erzähle ich Ihnen das alles.”,

 

“Der Punkt geht an dich.”, murmelt er.

 

Stille.

Mir fällt ein, dass Sonoda-sensei erwachsen ist und ich ihn in meiner Position als Schüler um Hilfe bitten kann, wenn ich welche brauche. Na ja, ich kann es zumindest versuchen.

 

“Sonoda-sensei, glauben Sie als Erwachsener, dass man diese um Hilfe bitten kann, egal was passiert?”,

 

“Wo kommt denn diese Frage auf einmal her?”,

 

“Antworten Sie einfach.”, bestehe ich darauf.

 

“Nun, wenn du mich so fragst, ich würde schon behaupten, dass es viele Dinge gibt, bei denen man das kann. Kinder und Jugendliche sind ja nicht dumm, es fehlt ihnen schlichtweg an Erfahrungen, die Erwachsene wie Eltern, Lehrer und was nicht alles bereits gemacht haben. Trotzdem gibt es Dinge, bei denen auch Erwachsene sich wie Kinder fühlen, indem sie aufgeschmissen sind und nicht weiterwissen.”,

 

“Wie zum Beispiel... der Liebe?”,

 

Ganz besonders der Liebe. Und jetzt geh zurück in den Unterricht und lerne fürs Leben, junger Mann.”,

 

“Was auch immer du sagst, Daddy.”,

 

“Nenn mich nicht so!”,

 

***

 

“Kyokei-kun, da bist du ja wieder. Wo ist Failman-san?”, sind die ersten Worte, die mir zuteil werden, als ich wieder zurück in den Unterricht gehe, wie mir gesagt wurde.

 

“Offen gestanden, ich weiß es nicht.”,

 

“Aber du bist doch mit ihr raus, als sie bewusstlos war, oder irre ich mich da? Hast du denn wirklich gar keine Ahnung?”,

 

“Nicht die leiseste.”, sie seufzt überfordert, als ich das sage.

 

“Aber ich denke, sie ist sicher im Krankenzimmer. Es war sicher ihr Kreislauf oder so etwas Ähnliches. Ich denke, sie wird nicht besonders weit gekommen sein. Vermutlich wird sie, sobald ihr Zustand wieder stabil ist”, die Tür wird aufgerissen und ich sehe ihr Gesicht.

 

“Wieder bei uns sein.”, beende ich den Satz.

 

Failman geht an mir vorbei und baut sich vor Katsuoka-sensei auf.

 

“Es tut mir leid für diese weitere Unannehmlichkeit. Ich hoffe, Sie sind nicht so sauer, dass ich wieder ihren Unterricht gestört habe.”, entschuldigt sie sich leise und ernst.

 

“Aber nicht doch, du kannst nichts dafür.”, weicht unsere Lehrerin aus. “Jetzt such dir einen freien Platz und sei für den Rest des Tages doch bitte nicht der Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit.”,

 

“Wirklich, haben Sie vielen Dank!”, haucht sie wieder schrill und der Ernst weicht aus ihrem Gesicht.

 

Nachdem sie schließlich einen Platz für sich findet, beginnt der Unterricht. Das ist, wie der erste Tag im dritten Jahr angefangen hat. Er nahm seinen Lauf, als wäre nichts von alledem passiert. Mit Failman habe ich bis zum Schulschluss kein weiteres Wort mehr gewechselt. 

 

***
 

“Kyocchi, sollen wir noch zur Karaokebar?”, schlägt Akira in Form einer Frage vor und boxt mir leicht auf die Schulter.

 

“Sicher.”, lautet meine Antwort, als sich das Klassenzimmer allmählich leert. 

 

Mein Blick bleibt an Failman hängen, die meinen Blick über die Schulter erwidert, nur um sich wegzudrehen und aus meinem Sichtfeld zu verschwinden.

 

“Wisst ihr was? Geht schon mal vor und haltet die Plätze warm.”, bitte ich, ehe ich mich ebenfalls aus dem Staub mache und meinen Weg durch den Flur bahne.

 

Irgendwas sagt mir, dass ich den Klartext mit ihr längst noch nicht gesprochen habe. Also suche ich nach ihr. Aber ich kann sie nicht sehen. Egal, wie sehr ich meine Augen anstrenge, sie ist nicht da. Da sind nur Menschen. Wie eine Schule Fische versperren sie mir die Sicht auf diesen einen Fisch. Ich tue niemandem weh, ich renne nicht, trotzdem drücke ich mich dagegen und versuche, zu ihr durchzudringen. Aber egal, wie weit ich durch diese metaphorische Schule Fische in diesem metaphorische Meer schwimme, ich komme nicht an mein Ziel. Wohin ich sehe, da sind nur noch mehr Menschen. Mehr Nebencharaktere ohne Gesicht. Es ist nicht so, als hätten sie wirklich kein Gesicht. Fast alle Menschen haben von Geburt an die gleiche Anordnung von zwei Augen, einer Nase und einem Mund, die sich dann doch wieder durch individuelle Farbe, Form und den einen oder anderen Makel von der Anordnung anderer Menschen unterscheidet. Doch bei Menschenmengen ist das egal. Ich kenne diese Menschen nur vom Sehen und das auch nur für wenige Sekunden. Wenig später vergesse ich sie wieder, weil sie irrelevant für den Alltag sind, in dem mir die immer gleichen Gesichter begegnen. Jedes andere Gesicht, das aus diesem Raster fällt und in der Masse untergeht, ist in meinen Augen für den Moment nicht mehr als ein unbedeutender Platzhalter. So was wie ein Henohenomoheji¹. Nicht mehr und nicht weniger. Rasch wechsle ich die Schuhe und finde meinen Weg aus dem Schulgebäude. Als ich draußen ankomme und das Abendrot der Sonne das Ende der Episode ankündigt, sehe ich sie schließlich. Jetzt ist der perfekte Augenblick, um mit einem Flashback, der überhaupt nichts mit der gegenwärtigen Handlung zu tun hat, den Zuschauer zu ärgern.

 

Nachdem sein Bruder und ich zu Abend gegessen hatten, saßen wir tatenlos am Tisch und hingen jeweils unseren Gedanken nach. Morgen würde ich die Chinobara Oberschule betreten. Laut der Recherchen, Quelle an der Stelle die Eltern des Jungen, ging er nicht, wie ich erwartet hatte, zuvor an die Chinobara Mittelschule. Das erschloss sich mir zwar nicht ganz, da die Grundschule, die der Junge besucht hatte, ebenfalls in der Richtung lag, aber ich sagte nichts weiter dazu, dass die letzte Schule, die er besuchte, am anderen Ende der Stadt war und er jeden Tag mit dem Bus dorthin gefahren war. Wenn ich also morgen die Schule an seiner Stelle betreten würde, würde niemand wissen, wer “ich” bin. Diesbezüglich konnte ich mir sicher sein. Sein Bruder stand auf und machte Anstalten, sich in sein Zimmer zu begeben, als er sagte:

 

"Also, ich geh jetzt schlafen. Solltest du auch bald, ist schon spät. Aber, Elvis, warte mal. Deine Haare.", er machte eine unschlüssige Pause, als wäre er kurz davor, etwas zu sagen, das nicht leicht zu sagen wäre.

 

"Morgen gehst du doch das erste Mal seit langem wieder in die Schule. Willst du dir nicht, ich weiß auch nicht, die Haare schneiden? Sind ja ziemlich lang geworden, ist aber nur meine Meinung. Kannst machen, was du willst, Kumpel.", dann verschwand er wirklich und ich blieb allein zurück. Meine Haare? Was stimmte nicht mit ihnen?

 

Ich ging also schleichend langsam ins Bad, um nachzusehen. So quälend langsam, als würde mir dieser Anblick nicht gefallen. Dort angekommen hielt ich vor dem Spiegel inne.

Dafür, dass ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde und mich doch eigentlich ziemlich gut erholt hatte, war meine Haut nahezu immer noch schneeweiß und verstärkte so den Kontrast zu meinen tiefschwarzen glatten Haaren, die mir bis zum Kinn gingen. Mir war nicht klar, wie gut ich in der falschen Kleidung als Mädchen hätte durchgehen können.

Dann war ich eben nur durchschnittlich groß, vielleicht ein wenig zu schlaksig und klang nicht besonders männlich, na und? Und wenn schon.

Ich war trotzdem ein ganzer Kerl.

Das sagte ich mir zumindest.

Nein, ich hatte wirklich größere Probleme. Das hier war keines davon. Aber nun, wo ich mich doch bald wieder in die Öffentlichkeit traute, musste doch etwas geschehen, oder?

 

"Ich bin ein Junge.", murmelte ich flüsternd, als müsste ich mich vor meinem eigenen Spiegelbild für mein Erscheinungsbild rechtfertigen.

 

Ich drehte mich also um und sah mich nach einer Schere um. Vielleicht war, was ich vorhatte auch nur dumm, riskant und bescheuert. 

Aber was, wenn nicht? 

Die Schere fand ich schnell, ich schwenkte sie in meiner Hand ein wenig, ehe ich mich wieder meinem Antlitz stellte. Es musste sein, sagte ich mir. Ich wollte nicht schon an meinem ersten Tag für Verwirrung und noch weniger dafür sorgen, dass ich als Elvis ausgegrenzt oder schikaniert würde. Das hielte ich einmal als Parasit aus aus, das wusste ich jetzt schon. Aber weil da noch immer Angst im hintersten Winkel meines Verstandes verborgen lag, entschied ich mich dafür, mich von hinten nach vorn zu arbeiten. Ich griff an meinem Hinterkopf also so viele Strähnen gleichzeitig, wie in meine Faust passten und schob die Klingen der Schere, zwischen denen mein Haar lag, mit geschlossenen Augen aufeinander zu. Ich öffnete meine Augen und meine Hand, dann sah ich, was ich getan hatte. Es war mehr als ich dachte, doch ich bereute es nicht, als ich den Vorgang so oft wiederholte, bis meine Haare meinen Nacken nicht mehr unmittelbar berührten. Nun hätte ich nur noch die Seiten, die meine Ohren bedeckten, und meinen etwas zu langen Pony, der meine Augen ein wenig bedeckte, abschneiden können. Das hatte ich sogar wirklich fast getan, als ich im Stande, es zu tun, merkte, dass ich zögerte. Ich musterte mich nochmal im Spiegel. An den langen Seiten, die links und rechts an meinem Gesicht angrenzten und an dem geraden Pony hatte sich nichts verändert. Doch wenn man genau schaute, sah man, dass meine Haare im Großen und Ganzen eine relativ normale Länge hatten. Nicht mehr zu lang, aber auch nicht zu kurz. Ich fand nicht, dass ich noch weitergehen musste. Die Hauptaufgabe bestand darin, nicht augenblicklich als Mädchen fehlinterpretiert zu werden und deshalb etwas wegzuschneiden. Diese Mission war erfolgreich. Ich entsorgte also meine abgeschnittenen Haare, die im Waschbecken gelandet waren, im Mülleimer und ging schlafen. Letztendlich gefiel mir, was ich da angerichtet hatte.

 

Sie bewegt sich in der schnellsten Geschwindigkeit, die noch nicht als Rennen durchgeht, von mir und denkt nicht daran, auf mich zu warten. Ich gebe ihr zu verstehen, dass ich mich nicht mutwillig lächerlich machen und sie rufend anflehen werde, bei Gott endlich stehen zu bleiben und mich anzusehen. Ich folge ihr in der gleichen Geschwindigkeit, schweigend, konzentriert. Als wir dann auf das Schultor zuhalten und ich befürchte, dass unsere Wege sich gleich trennen, halte ich es nicht mehr aus und greife nach ihr. Aber als ich ihr Handgelenk dann tatsächlich zu fassen kriege, durchfährt mich ein stechender Schmerz auf der Handfläche. Daraufhin dreht sie sich um.

 

“Tut mir leid, die Armbänder trage ich immer, egal wie lang die Ärmel sind oder ob man sie sehen kann.”, entschuldigt sie sich. “Sie sind eine Art Schutzmechanismus, weißt du?”,

 

Mein Blick wandert von ihren Ärmel zu meiner punktierten Hand, an der ich noch immer die Druckstellen jener Stacheln pulsieren fühle. Spikes unter den Ärmeln? Dieses Mädchen ist gerissener als sie aussieht.

 

“Wieso bist du mir gefolgt?”, ihre Stimme ist belegt und leise.

 

“Weil ich das Gefühl habe, dass du irgendwas ganz Entscheidendes weißt und ich es nicht tue. Und das gefällt mir nicht.”, wissend, dass ich vermutlich absolut nicht das sage, was Elvis sagen würde, versuche ich dennoch, zu retten, was zu retten ist. 

 

“Ich habe keine Ahnung, wer du bist, was du von mir willst oder wieso zur Heckenschere du hier aufgekreuzt bist, aber nach allem, was passiert ist, wäre es besser, dich näher zu durchleuchten. Wer oder was glaubst du für mich zu sein? Wer bist du?”, Failman beißt sich von innen auf die Lippe und sieht mich wieder fixierend an.

 

“Ich heiße Chika Failman, ich bin achtzehn Jahre alt und…”, sie senkt etwas den Blick und fährt sich durch die Haare.

 

“Und was?”, hake ich nach.

 

Failman sieht mich wieder an, doch es ist ein qualvolles Lächeln, das ihr Gesicht ziert. “Und ich liebe dich noch immer.”

 

Stille.

Ich wiederhole in meinem Kopf, wie abartig schlecht das ist.

 

“Ich”, Kunstpause. “Tue das nicht. Es tut mir aufrichtig leid, Failman.”, sage ich das, was jeder anständige Mensch an meiner Stelle auch gesagt hätte.

 

Stille. 

Sie senkt wieder den Blick.

 

“Es ist deine Verletzung, nicht wahr?”, jetzt bin ich es, der zusammenzuckt.

 

“Ich habe es irgendwie schon gespürt. Gespürt, dass etwas anders ist. Du hast dich damals so schwer verletzt, dass du dein Gedächtnis verloren hast, Ellie. Ist es nicht so?”, mutmaßt sie und ich frage mich, was Elvis an der Stelle gesagt hätte. 

 

Doch mir fällt ein, dass es nichts gäbe, was er an der Stelle hätte sagen können. Denn durch diesen Vorfall ist er schließlich erst von uns gegangen.

 

“Das ist richtig. Ich erinnere mich nicht. Weder an dich noch an irgendetwas anderes. Das ist über zwei Jahre her. Weder meine Erinnerungen an noch meine Gefühle für dich könnten jemals zurückkehren. Ich werde niemals wieder der Junge sein, in den du dich verliebt hast. Du musst mich aufgeben, Failman.”,

 

“Das kann ich nicht.”,

 

“Warum nicht?”, stelle ich eine weitere unnötige Frage.

 

“Weil ich dir nicht glaube. Weil ich dir nicht glauben will. Ich will daran glauben, dass es nicht unmöglich ist und nicht, dass es unmöglich ist.”,

 

“Das musst du aber. Bitte sei doch vernünftig.”,

 

“Das tut aber weh!”, schnauzt sie schluchzend und erschreckt mich damit.

 

“Tut mir leid, ich… wollte dich nicht wieder anschreien. Du hast recht mit dem, was du sagst. Aber bitte… lass mich wenigstens daran glauben. Lass mich… dich weiter lieben. Ich verstehe das alles nicht. Lass mich das alles verstehen. Lass mich... atmen.”, haucht sie und ihr Blick ist genauso weich wie ihre Stimme.

 

“Verstanden. Ich lasse dich atmen.”,

 

“Wenn ich dir versprechen würde, dir deine Erinnerungen zurückzubringen, egal, was passiert, wenn ich das schaffe… liebst du mich dann?”, flüstert sie und ich sehe einen leichten Rotton auf ihren Wangen.

 

“Das kann ich nicht beantworten. Wenn ich dir sagen würde, dass es zwecklos ist, würdest du mir eventuell überhaupt nicht zuhören. Aber ich toleriere dich fürs Erste. Ob meine Erinnerungen zurückkehren oder nicht hat nichts damit zu tun, dass in dieser Welt derjenige überlebt, der sich so wenig Menschen wie möglich zum Feind macht.", ich weiß nicht, ob ich gerade ein guter Elvis war oder nicht und noch weniger, ob ich ihre Hoffnungen damit jetzt minimiert oder nur noch verstärkt habe.

 

Doch in ihrem Gesicht ist keine Spur von Einschüchterung. Sie lächelt einfach nur. So, wie man wehmütig oder verletzt nennt, aber sie lächelt.

 

“Nochmal fürs Protokoll, du kennst mich von vor drei Jahren?”, 

 

“Genau so ist es!”

 

“Und wir beide waren... ein Paar?”,

 

“Sozusagen!”,

 

“Und wo warst du die letzte zwei Jahre?”,

 

“Hakodate!”,

 

“Das ergibt keinen Sinn.”,

 

“Ich weiß…”, grinst sie verlegen.

 

Dieses ständige plötzliche Nicken und Zustimmen bei allem, was ich sage, ist ja fast schon beängstigend. Ist sie so etwas wie eine Undere, die zu allem ja und Amen sagt?

 

Sie hat Tage, Wochen, Monate, Jahre darauf gewartet, dass sich “unsere” Wege kreuzen.

Völlig unabhängig davon, dass “wir” weder Erinnerungen noch Gefühle teilen.

Unabhängig davon, wie sehr “ich” ihren Schmerz und ihre Bemühungen mit Füßen trete, in dem ich absolut nicht weiß, wer sie sein soll oder was sie an “mir” eigentlich findet.

 

“Weißt du, es ist nicht schlimm, wenn das mit uns nichts wird. Die erste Liebe hält selten und die Legende von dem Einen, der für immer und ewig bei dir bleibt, ist schlicht und ergreifend einfach nicht wahr. Wäre sie wahr, müssten entweder alle exakt gleich lang leben oder unsterblich sein. Tu dir selbst einen Gefallen und vergiss das nicht.”, sie nickt stumm, als ich mich umdrehe und sie genauso links liegen lasse wie sie mich.

 

***

 

Auf dem Weg zur Karaokebar klingelt mein Handy. Den Rucksack abgesetzt, ziehe ich es heraus und sehe, dass es sich um Akira handelt.

 

“Hallo?”

 

"Kyocchi, verdammt, wo bleibst du? Hast du echt vorgehabt, die Gangparty sausen zu lassen, du kleine, miese Trödeltante?!", will Akira gar nicht so belustigt wissen.

 

"Ach, die? Ich und sausen lassen? Niemals. Was denkst du denn von mir, Akira, mein Teuerster?", ärgere ich ihn.

 

“Du bist kein Stück lustig!”, höre ich Akira schnauzen.

 

“Und du bist kein Stück trocken.”,

 

“Das ist eine aalglatte Lüge!”, regt er sich auf. “Wo bist du denn gerade überhaupt?”,

 

“Ich bin drei Meter vom Konbini² entfernt. Und bevor du fragst, ja, ich war schon drin.”,

 

“Inhalt?”,

 

“Mini-Donuts, Pockys³ und vier willkürlich ausgewählte Flaschen Ramune⁴.”,

 

“Cool, komm so schnell du kannst, bevor Shuichiro die Verpackung frisst.”,

 

“Hey, das ist jetzt aber wirklich eine aalglatte Lüge!”, höre ich Shuichiro sich durchs Telefon empören.

 

“Gebt mir fünf Minuten, Leute.”, sage ich zum Abschluss und lege auf.

 

Liebe ist nicht wie Chemie. Sie erwacht - oder besser gesagt - explodiert nicht einfach, weil man irgendwas mutwillig in ein Glas kippt, was eine Explosionsquote von genau einhundert Prozent erzielt. Nochmal für alle Sterblichen, die nicht gerade Chemie studieren oder Breaking Bad⁵ zu ernst nehmen: Man kann sie nicht erzwingen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Trivia (kann Spuren von Spoilern enthalten);
Ehemaliger Titel aus Version 1.0 - Dieser Albtraum von Wahrheit
Grund:
Hier fand Chika raus, dass Elvis sich nicht an sie erinnern kann. Und sie war untröstlich. Genau wie ich zu dem Zeitpunkt, an dem ich dieses Nachwort hier schreibe, nachdem ich den ganzen Spaß noch einmal überflogen habe.
Folgendes ist für den Kontext relevant;
In der ersten Version trug Chika in der Bauchtasche, die zu der Zeit zu ihrem Character Design gehörte, einen Inhalator, da sie durch den Geburtsfehler an ihrem Herzen hin und wieder Probleme mit dem Sauerstoff hatte.
Ich weiß nicht einmal, ob das überhaupt so funktioniert, aber das ist nebensächlich.
Auf jeden Fall hat Chika Elvis in der Version, in der dieser Inhalator noch eine Rolle gespielt hat, geküsst.
So... komplett ohne sein Einverständnis. Und dann ist sie davongerannt. Um sich woanders ihren Sauerstoff zu holen, schätze ich. Aber darauf kommt es an der Stelle auch nicht mehr an.
Oh Junge. Worte können nicht beschreiben, wie krank das ist. Zwar wurde diese Aktion später von ihr selbst kritisiert (und erklärt, da sie irgendwie wollte, dass Elvis sich an uns erinnert), aber das macht es auch nicht ungeschehen. Die Szene ist unglaublich unangenehm und ich bin froh, dass die aus dem Skript geflogen ist.
(Nachwort vom 14. April 2023) Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück