Not yet another Fairytale von Hypsilon ================================================================================ Kapitel 7: Seven down, six up, nine down, all up, one down ---------------------------------------------------------- Eigentlich war es absolut nicht Schneeweißchens Art, sich brav zu verstecken und zu warten, dass jemand den Feind eliminierte. In diesem Moment schmiedete sie auch schon ganz spontan an einem Plan. Als Snežana die Männer an den Tisch bat, dabei die ein oder andere Hand auf den Hintern geschlagen bekam, kam es schon so sauer die Speiseröhre hoch, dass sie nicht mehr anders konnte. Auch wenn die sieben Männer alle weit großer gewachsen waren als sie und ziemlich bullig daher kamen – sie arbeiteten ja auch in einer Miene, wo sie Gold und Edelsteine abbauten – sprang sie hinter der Pendeluhr hervor, wirbelte den Sack Äpfel um sich und verlangte von den Männern, die Finger von Snežana zu lassen. Irgendwie fand Snežana die Aktion sehr ritterlich und freute sich, dass sich einmal jemand für sie einsetzte, doch Schneeweißchen hatte in diesem Moment ihren ganzen Plan durcheinander gebracht. Sie hätten es so einfach gehabt und jetzt würde es alles andere als einfach. „Snežana, wer ist das?“, brüllte einer der Männer, natürlich gleich der Größte, er schien der Anführer zu sein, denn die anderen stellten sich alle hinter ihn und warteten ab. Eine Vermutung hatte Schneeweißchen aber sofort – besonders helle waren sie alle nicht. „Wer?“, fragte Snežana ganz unschuldig und sofort stellten sie sich schützend vor die Schwarzhaarige. Ein kurzer Augenblick der Stille waltete, doch dieser wurde durch Schneeweißchens zücken ihres Buschmessers bald gebrochen und eine Schlacht in der Küche ging los. Tritte wurden verteilt, Schneeweißchen landete mit einem Rückwärtssalto am Tisch und zerschlug einen Stuhl am Rücken einer der Männer. Die Hausdame wagte noch keinen Mucks zu machen oder einen Schachzug zu tätigen, noch wusste sie nicht, ob sie hier lebend rauskam, würde sie sich gegen die Männer stellen, noch dachten sie, sie war auf ihrer Seite. „Snežana, komm schon, allein werde ich mit denen nicht allen nicht fertig“ und mit diesen Worten musste die Pendeluhr dran glauben, der erste Mann ging zu Boden und es war klar, so schnell würde er nicht mehr aufstehen. Sofort wandte sich einer der nun schon richtig wütenden Männer zu Snežana um und kassierte, schnell wie sie reagierte, einen heftigen Schlag mit einer Pfanne. Direkt danach hatte die junge Frau sich auch schon mit riesigen Fleischmessern bewaffnet. Mit Klinge und Fäusten war nun auch sie gefragt mitzumischen. Diesen Move wollte sie Schneeweißchen so schnell nicht vergessen, denn bis zu diesem Moment, war sie noch außen vor, jetzt mitten drinnen. Akrobatisch wichen die Mädchen ihren Angreifern aus und schlugen mit allen möglichen Gegenständen und Werkzeugen zurück. Sechs gegen zwei war schon eine unfaire Partie, allerdings schlugen die zwei sich recht gut. Schneeweißchen musste aber bald begreifen, dass wenig Hirnmasse wohl doppelt und dreifach mit Muskelmasse ausgeglichen wurde, denn die Herren waren harte Brocken, denn nach einer gefühlten Ewigkeit lagen erst zwei der Gegner bewusstlos am Boden. Sie wollte den Kampf nicht als aussichtslos ansehen, doch vielleicht wäre ein wenig abwarten, bis die Männer gegessen hatten und einer nach dem anderen einschlief, doch die bessere Variante gewesen, doch auch diesen Fauxpas würde sie niemals zugeben. „AARGH!!!“, Schneeweißchen ließ einen Schrei los, als einer der Grobiane sie an ihren Zöpfen packte und sie mit einem gewaltigen Schwung durch die Küche gegen eine nicht besonders robuste Wand schlug. Die Wand brach durch und die Weißhaarige landete im nächsten Raum. Inmitten der Trümmer raffte sie sich schnell auf und klopfte sich den Staub ab. „Das war ein Fehler!“, sagte eine ihr wohlbekannte Stimme direkt hinter ihr. Mit einem Kampfgeschrei und ohne Rücksicht auf Verluste stürmte Schneeweißchen Crew das Haus der sieben Männer, rammte die restliche Wand auf und mischten in der Küche richtig auf. Erleichtert, dass sie sich auf ihre so frisch zusammengewürfelte Crew so gut verlassen konnte, nahm auch Schneeweißchen direkt wieder am Kampf teil, bis sie schließlich alle etwas außer Atem, angeschlagen und vor allem hungrig im Schlachtfeld standen. Sieben Männer am Boden, sechs Piraten triumphierend. Hood schnappte sich als allererster den Topf, in dem Snežana zuvor noch Schlafmedizin hineingemischt hatte, und schaufelte fleißig hinein, auch Käppi klaute sich einen Löffel und futterte munter drauf los. „Nein, NICHT!“, rief Snežana und schockiert erstarrten die beiden. „If waf damipf?“, fragte Hood mit vollem Mund. Käppi kippte sofort um. Rosenrot eilte zu dem Mädchen rüttelte an ihr und wurde immer panischer. „Da ist Schlafmedizin drinnen“, erklärte Snežana und fing sich von der gesamten Crew außer Schneeweißchen üble Blicke ein. „Warum kochst du was mit Schlafmittel?“, fragte Hood nachdem er den letzten Bissen runtergeschluckt hatte und kippte dann mit dem Topf im Arm genauso um. Snežana seufzte, schüttelte den Kopf und deutete für den Rest auf die sieben erlegten Männer. „Das hätte kein Kampf sein müssen“, sagte sie nur und verließ dann den Raum. So froh sie war, dass die Männer fürs erste erledigt waren, so wusste sie auch, dass sie sich wieder erholen konnten und dass sie nun schnell sein musste. „Wenn dein Angebot noch steht, bringt die Schlafenden auf euer Schiff und der Rest hilft mir“, sagte Snežana. „Unser Schiff ist nicht hier“, wandte Schneeweißchen ein und Snežana fiel das Gesicht beinahe zu Boden. Sie sollten mit ihrem gesamten angesammelten teurem Hab und Gut über die Berge klettern, am Palast vorbei und durch das Hafendorf? Nein! Snežana protestierte sogleich noch ehe Rosenrot sie beruhigen konnte. „Zieh ihr eine über“, murmelte Schneeweißchen und schulterte Käppi während Bärchen Hood hochhob. Kurz etwas skeptisch machte Rosenrot, wie ihr vorgeschlagen und das hysterische Mädchen hielt inne. Mit großen Augen sah sie die Rothaarige an. „Schneeweißchen kam ohne Schiff, aber wir sind mit dem Schiff hier“, sagte sie ruhig. Snežanas Folgerung aus der ganzen Situation war sofort die Richtige: Was für ein Chaotenhaufen. Schnell war auch der Schlag vergessen, doch Rosenrot wollte lieber schnell wissen, wie stark die Schlafmedizin dosiert wurde, da sie sich sehr um Käppi sorgte. Die beiden kamen noch gut davon, Käppi hatte sehr wenig gegessen, durch ihren zarten Körper aber sehr schnell die Wirkung gespürt und Hood wachte auf, da war das Schiff bereits wieder in See gestochen und auch Käppi war schon wieder putzmunter „Ich brauche meine eigene Kajüte und der Schatz bleibt in MEINER Kajüte“, machte sich Snežana Raum, da war die Insel schon nicht mehr in unmittelbarer Nähe. „Kommt absolut nicht in Frage, der Schatz kommt in die Schatzkammer, wenn du willst, kannst du ein Schloss drum rum machen“, keifte Schneeweißchen, auf die eigene Kajüte ging sie gar nicht ein. Sie hatten an Bord auf jeden Fall Platz dafür, doch Schneeweißchen wollte sich diese Extrawürste nicht anfangen. Sie teilte sich mit ihrer Schwester eine Kajüte und für den Rest gab es einen Mädchenschlafraum und einen Herrenschlafraum. Das musste ausreichen. Käppi stand neben den beiden streitenden Damen und zog schließlich an Snežanas schwarzem Rockzipfel. „Was?!“, war die harsche Reaktion. „Möchtest du nicht mit mir in einem Raum schlafen? Ich bin auch ganz leise und lieb“, sagte die Blondine mit den filzigen Zöpfen, der Blick, den sie an den Tag legte, machte es Snežana sehr schwer, bei der Sache und ernst zu bleiben. „Du kannst noch so leise und lieb sein, ich will meine Privatsphäre“, protestierte die Schwarzhaarige und Schneeweißchen wollte ihr ein bisschen drauf eingehen, am meisten aber, weil sie endlich ihre Ruhe haben wollte. „Frag Bärchen, ob er dir das einrichten kann, ihr habt die Erlaubnis, wenn es nicht möglich ist, ist es nicht möglich. Ende der Diskussion“, beendete sie die Streitereien und stolzierte empört und genervt davon. Sie wusste, dass sie mit Nachgeben nicht anfangen sollte, doch das Mädel brachte sie wahrhaftig auf die Palme. „Aber!“, Schneeweißchen blieb stehen. „Der Schatz kommt in die Schatzkammer und ein Teil gehört der Crew, immerhin haben wir dich gerettet und außerdem kannst du froh sein, dass du nicht mehr zwischen sieben geilen Männern schlafen musst“, weiteren Protest ignorierte sie einfach und kletterte wütend den Stuhlmast hinauf zum Krähennest. Rosenrot, die das ganze von der Sitzfläche des riesigen Stuhles aus beobachtet hatte, wurde dabei unsanft zur Seite gestoßen. Augen verdrehend stopfte sich diese die letzten Sardinen, die sie in Öl herausgebraten in einer kleinen Schüssel auf dem Schoß hatte und zu Beginn des Streites schon zu knabbern begann, in den Mund. Im Krähennest angekommen begann sie sich sanft die Schläfen zu massieren. Machte sich etwa eine Migräne breit oder spürte sie einen Wetterumschwung? Das war das letzte was sie nun gebrauchen konnte, ein Unwetter. Achtsam sah sie in den Himmel, beobachtete die Wolken und folgerte: Keine Gefahr. Langsam löste sich wieder die Anspannung in ihren Muskeln und sie konnte die salzige Meeresluft genießen. Die Augen fielen zu und vor Entspannung schlief sie wohlig ein. Der Kampf hatte sie doch auch ganz schön mitgenommen, dass ein kleiner Schwächeanfall gar nicht verwunderlich war. „Sag, Red, was hast du da eigentlich für einen grauenhaften Kratzer?“, fragte Bärchen während er Pläne für Snežanas Umbau machte und Rosenrot das ganze begutachtete. Snežana hatte sich in der Zwischenzeit dazu bereit erklärt, zu kochen, da sie es ja gewohnt war und eigentlich sogar gerne machte. Im Rohr backte bereits ein himmlisch duftender Apfelkuchen hoch und Hood und Käppi saßen an Deck und spielten Karten. Die Angesprochene besah ihren Arm, der einen weiten Schnitt aufwies, aber nicht besonders viel blutete, nicht mehr. Tief war er nicht, aber doch sorgte sich Bärchen. „Weiß nicht, mich muss jemand mit einem Messer erwischt haben“, murmelte sie und tat die Situation damit wieder ab. Leider hatte sich niemand Gedanken darum gemacht, die Wunde auszuwaschen und sie zu verbinden. Auf einem Piratenschiff war es nicht sonderlich hygienisch und die an der Wunde interessierten Mücken halfen der Genesung nicht gerade, so dass sich der Schnitt in den folgenden Tagen ganz schön entzunden hatte. Rosenrots Arm war knallrot und schmerzte ihr bereits bei jeder Bewegung. „Leute, wir brauchen dringend einen Arzt“, sagte Hood, der die Wunde ein weiteres Mal besah, weil die Rothaarige im Gesicht eines Tages besonders blass war und auch Fieber zu haben schien. „Papperlapapp, sowas bringt mich nicht um“, werte sich diese gegen. „Wenn das ne Blutvergiftung ist sehr wohl!“, brachte Schneeweißchen mit ernster Stimme. Sie machte der Crew bewusst, wie wichtig es war, dass die nächste Insel eiligst angesteuert werden musste. Der Logport hatte sich noch nicht ganz aufgeladen und die Partie war ohne Kurs weggesegelt, einfach nur weg, weil man nicht wusste, was die sieben Männer noch vor hatten. Schneeweißchen fasste sich angestrengt an die Stirn. Als Kapitänin war es ihre Aufgabe, eine Entscheidung zu fällen, doch diese wurde ihr rascher als erwartet abgenommen. „Hey, der Logport reagiert endlich“, rief Snežana und deutete ungeduldig auf Hoods Handgelenk. Tatsächlich, endlich wussten sie wohin. Der Navigator und Steuermann lief sofort zu Bärchen um ihm das Steuerrad abzunehmen. „Wir haben endlich einen Kurs und leider segeln wir vollkommen falsch“, sagte er enttäuscht und drahte an dem großen hölzernen Rad um es korrekt einzustellen. Das Schiff wandte sich beinahe um 180°. Die Crew machte sich unheimliche Sorgen um die Vizekapitänin, die in den nächsten Stunden immer fiebriger wurde und schlussendlich in die Kajüte verbannt wurde, wo ihr kalte Umschläge gemacht wurden, ihr Suppe gebracht wurde und sie soweit es ging umsorgt wurde. Niemand wusste, wie weit die nächste Insel entfernt war, wie lange es noch dauern würde und ob es dort überhaupt einen brauchbaren Arzt gab. „White! Da ist ein Schiff, schwarze Flagge“, rief Bärchen eines Morgens, an dem es schon richtig schlecht um Rosenrot stand, vom Ausguck aus. Die Kapitänin war schneller bei ihm und riss ihm das Fernrohr aus der Hand, als der Rest der Crew ihr nachsehen konnte. „Kurs auf das Schiff“, rief sie. Sie war verzweifelt, sie wollte ihre Schwester nicht verlieren und mit jedem Tag, an dem sie kein Land sahen, kein anderen Schiff, keine andere Menschenseele sorgte sie sich mehr. Ihr war bewusst, wie ernst die Situation war und konnte nicht mehr schlafen, Tag und Nacht saß sie neben ihr Schwester und bekam bei jedem Huster, jedem Mucks von ihr beinahe einen Herzinfarkt und betete, dass sie nicht starb. „Bitte stirb nicht liebe Schwester, bitte, wir haben Hoffnung, ein Schiff ist in der Nähe“, bat sie die jüngere nachdem sie wieder in die Kajüte gestürmt war. „Aber…“, hauchte Rosenrot, „werden sie uns helfen?“, flüsterte sie mit schwacher Stimme. „Ich werde jeden einzelnen von ihnen eigenhändig umbringen, wenn sie es nicht tun“, versprach Schneeweißchen. In der Zwischenzeit erkannte Bärchen den Jolly Roger des Piratenschiffes und auch das Schiff selbst. Es war die Moby Dick. Der Dreimaster segelte aktuell noch genau an ihnen vorbei, doch Hood hatte den Kurs so gerichtet, dass in einer guten Stunde auf die Crew von Whitebeard treffen sollten. „Halte durch“, flehte Schneeweißchen und hielt die Hand ihrer Schwester. Sie würde es sich nie verzeihen, würde sie hier und jetzt das zeitliche segnen. Das war nicht der Plan. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)