Zum Inhalt der Seite

Selbstmord ist keine Lösung......oder?

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Eine Bleibe

„Oh Gott, geht’s noch peinlicher?“, fuhr es Carina gleich darauf durch den Kopf. Sie war sprichwörtlich mit der Tür ins Haus gefallen. So schnell sie konnte richtete sie sich wieder auf und versuchte irgendetwas zu sagen. Das Blöde an der ganzen Sache war nur, dass ihr absolut nichts einfiel. Der Bestatter hatte sie ebenfalls ausgiebig gemustert und kicherte nun in den langen Ärmel seines Umhangs. „Du kommst nicht von hier, stimmt’s?“ „Ja und das in mehrfacher Hinsicht“, dachte sie, nickte aber lediglich. Diese Tatsache war nicht schwer zu erkennen. In ihrer Jeans, dem Kapuzenpullover und den schwarzen Sneakers sah sie vollkommen anders aus, als jeder andere in dieser Zeit.
 

„Es ist nicht sehr empfehlenswert um diese Uhrzeit noch draußen zu sein.“ „Ich weiß, ich…“, Carina schluckte und kam sich dabei ziemlich verloren vor. „Ich weiß nur nicht, wo ich hin soll.“ „So?“, meinte er und kicherte erneut. Carina wusste beim besten Willen nicht, was daran so komisch sein sollte, ihr war eher weniger zum Lachen zumute. Aber bereits in dem einen Kapitel, wo er vorgekommen war hatte sie gemerkt, dass er seltsam war. „Super. Als wäre die ganze Sache nicht schon schlimm genug, lande ich dazu noch bei einem totalen Nebencharakter, der vielleicht alle Jubeljahre mal im Manga zu sehen ist und anscheinend einen an der Klatsche hat. Wirklich klasse.“ Wie sollte sie ihm bitte erklären, dass sie aus der Zukunft kam? Wie sollte sie das überhaupt irgendjemandem erklären? „Ob es in diesem Zeitalter schon geschlossene Anstalten gibt? Wenn ja, dann werde ich genau dort landen.“
 

„Ich dreh durch“, murmelte sie aus Gewohnheit auf Deutsch, woraufhin der Mann zum nunmehr dritten Mal kicherte. „Deutsch, nicht wahr?“ Sie blinzelte und wechselte wieder auf Englisch zurück. „Sie sprechen Deutsch?“ „Nein, aber ich erkenne den Klang. Du kommst also aus Deutschland, ja?“ Carina nickte stumm, denn sie hatte Angst, dass ein mögliches Zittern ihrer Stimme sie verraten könnte. „Hehe, aber da ist noch etwas, oder?“ Carina horchte auf. Konnte es sein, dass er irgendetwas wusste? Ihr Hals war mit einem Mal staubtrocken. „Also, i-ich…ich komme nicht…“, sie rang einen Moment mit den Worten. „Ich komme nicht aus diesem Zeitalter.“ Für den Bruchteil einer Sekunde verzog sich sein Lächeln zu einer geraden Linie, aber es war so schnell vorbei, dass die 16-Jährige sich unsicher war, ob sie es sich nicht nur eingebildet hatte.
 

Bevor das blonde Mädchen ein weiteres Wort sagen konnte, krümmte sich der Bestatter vorne über und fing so laut an zu lachen, dass Carina erschrocken zusammenzuckte. Sie merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. „Tatsächlich?“, brachte er schließlich keuchend hervor, als er sich nach zwei Minuten endlich etwas beruhigt hatte. „Unerwartet, aber wirklich komisch.“ „Was soll daran komisch sein?“, knurrte sie und funkelte ihn wütend an. Nun ja, den Teil seines Gesichtes, wo sie die Augen vermutete. „Weil es komplett offensichtlich ist, dass Ihr hier nicht reinpasst, wertes Fräulein. Keine Frau, nicht einmal in Deutschland, würde sich dazu überwinden Hosen zu tragen. Das gehört sich nicht und ganz besonders nicht in England.“ Sie seufzte. „Also erst einmal bin ich kein Fräulein. Mein Name ist Carina. Und zweitens hatte ich nicht geplant hierher zu kommen. Außerdem ist es in meiner Zeit normal, dass Frauen anziehen dürfen was sie wollen. So etwas nennt man Emanzipation.“ Er kicherte kurz, wirkte aber ernster als zuvor. „Ich weiß nicht, ob mir so eine Zukunft gefallen würde“, antwortete er. „Da Ihr Euch bereits vorgestellt habt“, begann er und grinste erneut, „sollte ich wohl dasselbe tun. Man nennt mich Undertaker.“
 

Carina zögerte kurz. „Und…Ihr wisst nicht zufällig etwas über Zeitreisen oder habt von so einem Fall schon mal gehört?“ „Ich glaube an viele übernatürliche Dinge, aber von Zeitreisen habe ich noch nie etwas gehört. Sagt, was wollt Ihr jetzt tun?“
 

Ihr Blick wanderte automatisch kurz zur Tür. Draußen war es mittlerweile stockfinster. Carina biss sich auf die Lippe. Sie wollte auf keinen Fall in dieser Dunkelheit noch mal nach draußen gehen, aber sie konnte den Bestatter doch nicht einfach bitten, sie bei sich übernachten zu lassen. Eigentlich schien er ja recht in Ordnung zu sein. Na ja…für seine Verhältnisse zumindest. Aber ihr gesunder Menschenverstand schrie sie innerlich an, dass sie ihn ja gar nicht kannte. „Das wäre in etwa so, als würde ich zu einem Fremden ins Auto steigen“, dachte sie, aber hatte sie überhaupt eine andere Wahl? „Ihr könnt gerne hierbleiben, wenn Ihr wollt“, sagte er in diesem Moment und die Schülerin starrte ihn verblüfft an. Konnte er vielleicht Gedanken lesen? „Aber“, fügte er hinzu und hob seinen Zeigefinger, wodurch Carina erneut die langen Nägel auffielen, „nur unter einer Bedingung.“ „Welche?“, schoss es aus ihr heraus, bevor sie es verhindern konnte. Er grinste breit und zeigte dabei seine blendend weißen Zähne. „Ihr müsst mich zum Lachen bringen.“

„Oh nein“, stöhnte sie innerlich auf, während sie ihn äußerlich nur dümmlich anstarrte. „Jetzt erinnere ich mich. Das Gleiche wollte er doch auch von Ciel.“
 

„Scheiße, scheiße, scheiße“, dachte sie. Wenn sie gewollt hätte, hätte sie noch die ganze Nacht damit weitermachen können, aber das würde ihn wohl kaum zum Lachen bringen. Carina war nie die geborene Witze-Erzählerin gewesen und das wusste sie auch. Mal ganz davon abgesehen, was für einen Humor hatte man denn bitteschön als Bestatter? „Denk nach, denk nach. Irgendein Witz wird dir doch wohl einfallen.“ Sie war so in Gedanken vertieft, dass sie gar nicht mitbekam, wie der Silberhaarige näher an sie herantrat. „Na?“, meinte er, woraufhin die Blondine so sehr erschrak, dass sie zwei Schritte nach hinten stolperte. Ihr Rücken stieß mit etwas zusammen und eine Sekunde später saß sie zum zweiten Mal an diesem Tag auf dem Boden.
 

„Heut ist echt nicht mein Tag“, murmelte sie und öffnete die Augen, gleich darauf entfuhr ihr ein erstickter Schrei, als sie in zwei große leere Höhlen sah. Ihr Herz setzte kurz aus, nur um dann gleich darauf mit doppelter Geschwindigkeit weiterzuschlagen. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft das Skelett umzureißen und so zu fallen, dass dieses genau auf ihr lag. Erst, als ihr Puls sich langsam wieder beruhigte, nahm sie das Gelächter des Undertakers wahr. Mit seiner linken Hand stützte er sich an der Theke ab, die Rechte presste er auf seinen Bauch. „D-dieser G-gesichtsausdruck war einfach unbezahlbar“, presste er prustend hervor und verfiel erneut in Gelächter. „Was ist nur los mit mir?“, schoss es Carina durch den Kopf, als sie spürte, dass sie erneut rot wurde. Aber dann ging ihr auf einmal ein Licht auf.
 

Mit einem Satz war sie auf den Beinen. „Also kann ich bleiben, richtig? Immerhin habe ich Sie zum Lachen gebracht.“ Der Mann richtete sich keuchend auf und wischte sich unter seinen langen Haaren die Lachtränen aus den Augen. Carina fragte sich unwillkürlich wie er überhaupt etwas sehen konnte, wenn seine Haare die ganze Zeit seine Augen verdeckten. Waren sie vielleicht ebenfalls komplett vernarbt oder so entstellt? Wollte er sie deswegen keinem zeigen? „Das war besser, als ich es mir vorgestellt hatte. Und da ich meine Versprechen immer halte, darfst du bleiben.“ Ohne es verhindern zu können seufzte sie erleichtert auf und erst jetzt fiel ihr auf, wie verkrampft ihre gesamte Muskulatur gewesen war. Er bot ihr stumm an Platz zu nehmen. Da außer den Särgen keine andere Sitzmöglichkeit vorhanden war, ließ sie sich auf einem nieder – betend, dass dort niemand drin lag.
 

„Nun Carina, aus welchem Jahr hat es dich denn hierher verschlagen?“ Angesprochene bemerkte, dass er sie nun duzte und das kam ihr gerade recht. Sie hasste es, wenn man sie siezte, immerhin war sie ja erst 16.

„2015“, antwortete sie und er pfiff anerkennend. „Hehe, nicht gerade um die Ecke.“ Carina unterdrückte den Drang die Augen zu verdrehen. Der Typ hielt sich anscheinend wirklich für sehr komisch. Nun ja, vielleicht hätte sie es unter anderen Umständen ebenfalls lustig gefunden, aber momentan hatte sie nicht sonderlich viele Gründe für gute Laune. „Nein, nicht wirklich“, antwortete sie leise. Noch nie in ihrem ganzen Leben hatte sie sich so unwohl und hilflos gefühlt. Nicht einmal, als sie vor ein paar Jahren die Schule gewechselt und niemanden gekannt hatte. Denn gleich am ersten Tag war sie Bianca über den Weg gelaufen und sofort hatten sie festgestellt, wie ähnlich sie sich waren.
 

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als sie an ihre Freundin und an ihre Familie dachte. Möglicherweise würden sie nie erfahren, was mit ihr passiert war. Sie war einfach verschwunden, die Polizei würde die Suche nach ein paar Monaten vermutlich einstellen. Alle würden denken, dass sie in die Hände eines Serienmörders geraten war oder so etwas in der Art. „Ich kann mir darüber jetzt den Kopf zerbrechen so lange ich will, ich werde es sowieso nicht herausfinden. Erst einmal muss ich das hier halbwegs auf die Reihe kriegen“, dachte sie. „Kann ich im Gegenzug irgendetwas für Sie tun? Dafür, dass ich hier bleiben darf?“, fragte sie höflich, denn auf keinen Fall wollte sie den ganzen Tag nur deprimiert herumsitzen. Nachdenklich tippte sich der Undertaker ans Kinn. „Vielleicht etwas, was nichts mit Leichen zu tun hat?“, fügte Carina schnell hinzu, denn bereits dieser Gedanke bescherte ihr eine ordentliche Gänsehaut. „In was bist du denn gut?“, fragte er und Carina antwortete sogleich aus dem ersten Impuls heraus: „Nichts.“
 

Er grinste belustigt, trat einen großen Schritt vor und ergriff ihr Handgelenk. Erschrocken wollte sie sich ihm entziehen, doch er zeigte lediglich auf ihre Handinnenflächen. „Graberde?“ Verdutzt schaute Carina auf ihre Hände. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie immer noch so schmutzig waren. „Ja, kurz bevor ich hierhergekommen bin, war ich auf dem Friedhof beim Grab meiner Großeltern. Warum?“ Die Hand ließ sie absichtlich aus. Er glaubte ihr zwar was die Zeitreise anging, aber so sehr wollte sie ihr Glück dann doch nicht überstrapazieren.
 

„Du kannst die neuen Gräber bepflanzen, davon gibt es immerhin zurzeit mehr als genug, heh heh.“ „Ja, das kann ich machen“, antwortete sie sofort und pure Erleichterung durchströmte erneut ihren ganzen Körper. Sie war nicht die geborene Gärtnerin, aber so hatte sie zumindest eine Aufgabe. Durch ihre Gedanken war die 16-Jährige so abgelenkt, dass sie den Blick des Bestatters übersah. Die stechend grünen Augen fokussierten das Mädchen aufmerksam, während sich erneut ein Grinsen auf die Lippen des Mannes stahl. Das würde noch interessant werden…



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  y257x
2015-12-09T17:17:28+00:00 09.12.2015 18:17
Schöne wenn man abends wieder was zu lessen hat XD
War ein Lustiges Kapi ^^ #Lob
Bin jetzt mal gespannt wie es weiter geht ^____^
Antwort von:  LadyShihoin
11.12.2015 07:25
Danke :)
Super, ich wollte, dass es lustig ist, aber auch zeigt wie schwierig die Situation für Carina ist.
Oh ja, du darfst gespannt sein.


Zurück