~ anioł ~ von BexChan ================================================================================ Kapitel 4: *books and cocoa* ---------------------------- Kurz nachdem er am Folgetag eine warme Dusche im Apartment genoßen und sich angekleidet hatte, hatte Crowley sich am Buchladen eingefunden und lag seitdem auf der Lauer. Es dauerte einen Moment bis Azira seinen Buchladen verließ um anscheinend diverse Botengänge zu erledigen. Crowley schob den Kragen seines Mantels bis ins Gesicht hoch und folgte Azira unauffällig. Es war schon ein merkwürdiger Anblick und Crowley wusste langsam nicht mehr, ob er lachen oder weinen sollte, denn von Erziraphael's anmutiger Gestalt war so gut wie nichts mehr übrig geblieben. Stattdessen war es nicht zu übersehen, wie Azira damit kämpfte, nicht dauernd irgendwelche Passanten anzurempeln während er sich seinen Weg durch dichte Menschenmassen bahnte. Der graue Trenchcoat, den Azira trug untermalte das triste Szenario noch zusätzlich, der Buchhändler wirkte wie ein genervter Buchhalter und Crowley war sich langsam nicht mehr sicher, ob dieser Mann wirklich mal der Engel gewesen war, den er einst so geliebt hatte, denn er hatte außer der Liebe zu seinen Büchern nichts mehr, was ihn an Erziraphael erinnerte. Schweren Herzens versuchte Crowley hinter Azira aufzuholen und erreichte ihn als dieser eine andere Buchhandlung betrat. Crowley nutzte die Zeit, die er warten musste, indem er sich einen Coffee To Go genehmigte und musste mit Erstaunen feststellen, dass dieser gar nicht so schlecht schmeckte. Als Azira die Buchhandlung wieder verließ, ließ Crowley beinahe seinen Kaffeebecher fallen denn das erste Mal lächelte Azira, in der Hand ein Paket, welches durchaus sehr schwer aussah und es anscheinend auch war. Crowley vermutete, dass es sich hierbei um eine neue Lieferung Bücher handelte. Er pflückte ein weiteres Buch aus seiner Jackentasche und begann trotz des schweren Pakets unter dem Arm an zu lesen. Anscheinend schlug sein Herz mehr für Bücher als für seine Mitmenschen, denn auf dem Rückweg stieß er erneut mit einigen Passanten zusammen, die sehr ungehalten reagierten und Crowley konnte nichts tun als einfach den Kopf zu schütteln. Schließlich holte er Azira im St. James Park kurz vor einer stark befahrenden Kreuzung ein und lehnte sich nachdenklich an einen Baum während Azira auf einer Parkbank Platz nahm und in Ruhe sein Buch las. Er konnte ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ausmachen und spürte, wie ihm das Herz schwer wurde. "Ich kann einfach nicht glauben, dass dieser Mensch Erziraphael sein soll. Er ist so...vollkommen anders. Vollkommen verändert. Ist das wirklich noch der Engel, den ich einst so geliebt habe? Aber der Ring! Er ist es, ich weiß es ja und...ja, er erinnert sich nicht mehr an mich. An nichts, was uns einst verband. Damit muss ich wohl leben. Wach endlich auf, Crowley!" Er bemerkte, wie Azira nach einer Weile seinen Weg fortsetzte bevor er an der Kreuzung ankam, doch er war so in sein Buch vertieft, dass er nicht bemerkte, wie er dabei war die rote Ampel zu überqueren und mit Schrecken musste Crowley zusehen, wie von rechts ein roter Doppeldecker-Linienbus angerast kam. Crowley machte einen Satz nach vorne, bekam Azira gerade so am Kragen seines Trenchcoats zu packen und zog ihn zurück auf den Bordstein, bevor dieser von dem heranrollenden Bus überfahren werden konnte. Seine Augen waren vor Schock weit geöffnet und er blickte sichtlich irritiert als er das Gesicht seines gestrigen Kundens erkannte. "Sie sollten wirklich etwas besser aufpassen, Mister Fell!" "Mister Crowley! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll." "Ein danke würde mir schon reichen!" "Ja...vielen Dank! Ich war wohl zu sehr in Gedanken!" "Oder in Ihren Büchern." "Wie auch immer, ich muss wohl einen Schutzengel haben." "Wenn du nur wüsstest...wohl eher das Gegenteil aber nah dran!" Crowley verdrängte Geschehenes und half Azira beim Aufheben des Pakets, das er vor Schreck fallengelassen hatte. "Darf ich Ihnen beim Tragen behilflich sein?" "Sehr gerne! Aber was für ein Zufall, dass wir uns erneut begegnen!" Erneut sah Crowley Skepsis in Azira's Augen, er hatte wohl bereits verdrängt, dass er ihm soeben das Leben gerettet hatte und dachte wohl nun, dass Crowley ihn verfolgt hätte. "Ich bin erst kürzlich nach London gezogen und wollte mir die Stadt ein wenig genauer anschauen." Er war sich fast sicher, dass Azira ihm die Lüge nicht abnahm aber er war dankbar als Crowley ihn zum Buchladen begleitete und ihm das Paket mit den Büchern überreichte. "Vielen Dank nochmal, Mister Crowley. Und...danke nochmal für die Rettung." "Nicht dafür, Mister Fell. Sie sollten in Zukunft etwas besser auf sich aufpassen." Als er das sagte, bemerkte Crowley die leicht angezogenen Mundwinkel Azira's. "Stimmt etwas nicht?" "Tja, es ist komisch. Da lebt man seit 49 Jahren in Soho, kennt niemanden und dann taucht da ein Fremder auf, der einem hilft und sich um einen Sorgen macht. Das hat bisher nie jemand für mich getan." "Manchmal kommt Hilfe von unerwarteter Seite, Mister Fell." Er schenkte Azira ein sanftes Lächeln, dieser wich seinem Blick aber unsicher aus. Er rückte sich die Lesebrille auf der Nase zurecht und räusperte sich. "Nun...ich bin jedenfalls sehr dankbar. Vielleicht...kann ich mich irgendwann mal erkenntlich zeigen? Kann ich Sie auf einen Kaffee einladen?" "Das würde mich durchaus freuen! Direkt dort drüben habe ich einen Coffeeshop gesehen!" "Gut, meine Adresse kennen Sie ja! Suchen Sie mich auf wenn Sie Zeit haben. Ich muss wieder an die Arbeit." "Verstehe. Nun...auf dann, Mister Fell!" "Guten Tag, Mister Crowley." Während Azira die Türe hinter sich ins Schloß fallen ließ, blieb Crowley seufzend zurück. Er steckte seine Hände in die Manteltaschen und ging in Richtung des Coffeeshops, wo er sich einen Kaffee kaufte, dieser hinterließ aber einen bitteren Beigeschmack auf seiner Zunge als er ins Grübeln kam. "Erziraphael...ich verstehe, warum du so verbittert bist. Wie muss es sein wenn man so lange alleine ist? Du musst...furchtbar einsam sein. Wieso hast du dich für dieses Leben entschieden? Ich verstehe es nicht." Als es später Abend wurde, stand Crowley immer noch an dem Coffeeshop und blickte auf den Buchladen. Hinter den Fenstern sah er Azira immer wieder auf und ab laufen, gelegentlich sortierte er ein paar Bücher ein und manchmal erkannte Crowley sogar den Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht. Anscheinend war ihm der Laden sowie er sich selbst mehr als genug. Was also tat Crowley noch hier? "Entschuldigung, könnte ich...könnte ich vielleicht noch einen Kakao haben?" "Sehr gerne!" Er wusste nicht, warum Crowley dieses süße Heißgetränk jetzt bestellte. Vielleicht weil Erziraphael es so gerne getrunken hatte oder glaubte er, dass Azira ebenfalls gerne Kakao trank? Als er das Heißgetränk entgegennahm, ging er wieder in Richtung Buchladen und sah, wie Azira die Rolladen herunterließ. Einen Moment lang blieb Crowley noch stehen, er war der Meinung, dass Azira ihn durch das letzte Fenster noch gesehen haben muss. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und wollte in eine andere Richtung gehen als plötzlich die Stimme Azira's hinter ihm ertöhnte. "Mister Crowley! Sie sind noch hier?" "Eh...ja! Ja, ich...ich war wohl schon etwas zu neugierig, was den Coffeeshop anging. Ich glaube, ich habe bereits meinen vierten Kaffee verschlungen." "Wie schade, ich wollte gerade mir einen Kakao holen. Dann hätten wir noch etwas zusammen trinken können aber der Laden schließt auch gleich. Dann mache ich mir einen im Laden." "Oh, müssen Sie nicht auch nach Hause?" "Der Laden...ist mein Zuhause, Mister Crowley." Als Crowley Azira lächeln sah, umklammerten seine Finger den Becher fast schon etwas zu feste. Er spürte, wie sich eine Träne aus seinem Augenwinkel löste und über seine Wange glitt. "Alles in Ordnung?" "Ja, alles in Ordnung, mir geht es gut. Es ist nur...so ironisch. Ich habe...nun...das hier ist eigentlich kein Kaffee. Es ist Kakao. Ich...hatte ihn mir in Erinnerung an diesen gewissen Jemand gekauft, den ich einst gekannt hatte, er hat leidenschaftlich gerne Kakao getrunken. Dabei trinke ich selbst gar keinen Kakao." Er wollte nicht weinen aber er konnte es nicht zurückhalten. "Tu-tut mir leid, ich...Sie müssen mich für wohl ziemlich verrückt halten." "Ganz und gar nicht. Okay, ein wenig vielleicht." Aber dabei merkte Crowley, wie Azira lächelte. Vielleicht war er doch kein so schlechter Kerl. "Sie sagten eben, dass Sie gerne Kakao trinken. Wenn Sie möchten können Sie meinen haben. Ich habe noch nicht davon getrunken." "Oh...das ist...wirklich sehr freundlich, vielen Dank!" Er nahm den Kakao vorsichtig entgegen und für einen Moment trafen sich ihre Blicke. "Nun gut, ich...sollte langsam mal nach Hause gehen, es ist schon spät." "Soll ich Ihnen ein Taxi rufen, Mister Crowley?" "Nein danke, das ist nicht nötig. Ich gehe lieber zu Fuß." Mit einem Mal merkte Crowley, dass er schon seit er zum Mensch geworden ist nicht mehr mit seinem geliebten Bentley gefahren ist. Er drehte sich um und wollte gehen. "Möchten Sie mir vielleicht noch eine Weile Gesellschaft leisten?" Crowley versuchte dem Drang zu widerstehen, sich umzudrehen. "Es geht nicht. Du darfst nicht. Dreh dich nicht um. Dreh dich...nicht um! Es tut...so weh!" Doch dann konnte er nicht anders und wandte sich Azira wieder zu. Er gab seinem inneren Verlangen nach und spürte direkt, wie er sein Versprechen Gott gegenüber brach sich von Erziraphael weitesgehend fernzuhalten. "Wenn es...für Sie in Ordnung ist. Ich habe nichts weiter vor." "Es gibt sonst nicht viele Leute, mit denen ich rede. Ein bisschen Gesellschaft würde mir vielleicht gut tun. Außerdem...schulde ich Ihnen noch einen richtigen Kaffee! Oder ein Glas Rotwein?" Bei dem Wort wurden Crowley's Ohren hellhörig. Er lächelte und seine Augen glänzten als er mit Azira den Buchladen betrat. "Rotwein klingt sehr gut, Mister Fell!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)