[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 47: Vol. 2 - "Deredere" Arc: Zu schrecklich, um wahr zu sein. --------------------------------------------------------------------- Wie eingefroren stehe ich in der Tür, noch immer grinsend. Katsuoka-sensei lächelt schwach und geht auf mich zu. Sie nimmt mir die Papiere aus der Hand und verweilt noch kurz innerhalb des Vorgangs. "Danke, dass du sie hergebracht hast.", bedankt sie sich leise und jetzt verlässt das Papier wirklich meine Obhut, ein bisschen traurig macht mich das, aber nicht so sehr wie das andere. "Ich geh dann mal.", murmle ich und verschwinde aus dem Lehrerzimmer. Schneller als gewöhnlich finde ich mich dann auf dem Schulhof wieder. Ich weiß nicht, was das für ein Gefühl ist. Ist es Eifersucht, weil ich Katsuoka-sensei so liebe? Weil ich gegen unseren Sportlehrer nicht ankomme? Oder ist es Trauer? Trauer, weil ich verloren habe. Es ist so viel, dass es wieder gar nichts ist. "Aha.", lache ich mutterseelenallein auf dem Weg zum Wasweißich. "Ahahahahaha...", kichere ich vor mich hin, weil ich verwirrt bin. Und vielleicht auch am Ende. Verdammt, ich hab meinen Verstand zu Hause liegen lassen, ich komme mir so unglaublich dämlich vor wie noch nie. Nachdem ich fertig verzweifelt gekichert habe, zücke ich mein Handy. Ich weiß selbst nicht warum. Ich schreibe meiner Mutter, dass ich später nach Hause kommen werde. Ich habe noch eine gewisse Rechnung offen, denke ich, als die Nachricht abgesendet und mir klar geworden ist, wo ich hingehen werde. Wenig später stehe ich vor dem Gebäude des städtischen Krankenhauses noch ein wenig später in Shuichiros Zimmer. "Warum bist du hier?", krächzt er monoton und gefühlskalt, seine stahlblauen Augen sehen mich müde wie betrübt an. "Ich wollte dich sehen, Shui.", meine ich nur, doch eigentlich fragen wir uns doch beide das Gleiche. Warum bin ich eigentlich hier? Shuichiro erwidert daraufhin nichts sondern sieht weiter zu, wie ich reglos herumstehe. Einige Zeit später schaffe ich es doch aus meiner Winterstarre und setze mich an sein Bett. "Im Ernst, was suchst du hier? Es sieht dir nicht ähnlich, ohne Grund irgendwohin zu gehen. Bist du den ganzen weiten Weg hergekommen, um mir einen Korb zu geben?", fragt er in einer Mischung aus Frust und Ärger. "Nein.", sage ich und sehe ihm direkt in die Augen. "Wieso bist du dann hier?", will er immer noch wissen. "Kaishi-chan, das macht keinen Sinn, ich weiß doch, dass du etwas für Katsuoka-sensei empfindest und mich deswegen abweisen wirst!", jetzt scheint er wirklich sauer zu sein und ich zucke innerlich. Ich habe keine Ahnung, woher er dass schon wieder hat, ich habe keiner Menschenseele von meinen Gefühlen für sie erzählt, ihm genauso wenig wie dem Rest meiner Mitmenschen. Ich beiße die Zähne zusammen, um ihn nicht anzuschreien wegen dem, was ich nach der Schule gesehen habe. Ich will nicht daran denken, wie Sonoda-sensei Katsuoka-sensei seine Zunge in den Hals gerammt hat. Ich mochte sie wirklich. Ich hane sie geliebt! Und das tut entsprechend weh, wenn ich von vornherein nichts ausrichten konnte. "Wieso kommst du hierher, wenn du nichts zu sagen hast!", ruft Shuichiro und richtet sich auf. "Warum tust du so als wäre alles in Ordnung?! Warum tust du so als hätte ich mich nie umbringen wollen? Was hat Kyokei-chan mit all dem zu tun, warum... Warum bist du nur so ein Dummkopf? Wieso behältst du immer Geheimnisse der anderen für dich, obwohl du nicht einmal mit deinen eigenen Problemen klarkommst?! Wieso-", "Schnauze! Halt einfach die Klappe, Shuichiro. Du nervst dermaßen, weißt du das? Du hast keine Ahnung davon, was ich gerade durchmachen musste. Ist dir eigentlich klar, wie egoistisch du dich eigentlich aufführst? Niemand springt einfach mal eben vom Dach, nur weil er eifersüchtig ist, um anschließend im Krankenhaus zu landen und alles besser zu wissen. Was stimmt nicht mit dir? Hör auf, so zu tun, als wüsstest du die ganze Geschichte. Du hast keine Ahnung. So was zu hören, tut nämlich verdammt weh!", Shuichiro sieht mich mit noch immer glasigen, aufgerissenen Augen an, bevor er zum Gegenangriff startet. "Ich bin eben ziemlich gut im beobachten! Und was dich beobachten angeht noch besser. Ich beobachte dich seit dem Kindergarten. Seit ich denken kann, beobachte ich dich. Du bist nicht halb so perfekt, wie du tust. Du wirst Kyokei-chan und Akira-chan nicht helfen, wenn dich weiterhin so gibst, als hättest du deine unperfekte Seele auf eBay versteigert! Das mitanzusehen macht mich ernsthaft sauer!", blafft er und funkelt mich zornig an. Wir gehen uns doch beide gehörig auf den Sack. "Und wenn schon! Dich hat es doch noch nie gekümmert, was das, was du sagst oder tust für Auswirkungen hat! Genau deshalb hat Kyokei-san dich geschlagen. Weil du einfach nie dein Hirn einschaltest. Du weißt, dass das mit unserer Lehrerin nicht witzig ist! Auch das mit Kyokei-san ist das nicht. Schon einmal daran gedacht, dass ich auch noch ein Leben habe, dass dich nicht unmittelbar etwas angeht? Du hast gelauscht und und ihn damit verletzt! Und sich umzubringen, damit ich mir Sorgen um dich mache, ist auch nicht witzig! Ich dachte, dass Selbstmord niemandem hilft und einfach asozial ist, wüsstest du besser als ich.", werfe ich ihm vor. Ich bin nicht nur ein guter Lügner, sondern auch noch grausam. Daraufhin sagt er nichts mehr und ich kehre ihm den Rücken um zu gehen. "Du bist wirklich das Letzte.", raunt er durch den Raum, bevor ich diesen verlassen kann. "Das Gleiche kann ich über dich sagen.", gebe ich zurück und schließe die Tür so schnell diese sich zu schließen erlaubt. Den ganzen Weg renne ich voller unterdrückter Wut und einer brennenden Lunge vom Krankenzimmer zu mir nach Hause. Als meine Mutter mich dort freudig nach meinem Befinden erkundigt, sage ich, mir geht es gut. Ich bin immernoch ein verdammt guter Lügner. Aber nicht, wenn es meine Mutter ist, mit der ich es zu tun habe. Sie braucht noch nicht einmal etwas zu sagen, ich sehe es in ihrem Blick. Sie glaubt mir nicht. In meinem Zimmer angekommen, lasse ich mich auf mein Bett fallen und bewege mich erst, nachdem ich fast an der Bettdecke in meine Gesicht erstickt bin. Ich bin so ein Idiot. Ich habe Shuichiro verletzt, noch mehr als er mich je verletzten könnte. Ich habe Dinge gesagt, die er niemals hätte hören sollen. Egal wie unreif er sich verhalten hat, Shuichiro ist zerbrechlich. Er ist schon viel zu lange kaputt. Er war praktisch schon am Boden zersprungen und ich habe mit einem Dietrich die Scherben noch weiter pulverisiert. Ich bin nicht halb so perfekt und schlau, wie ich immer gehofft und getan habe, damit hat er recht. Das weiß ich doch! Außer der Schule habe ich absolut nichts im Leben erreicht! Ich habe das bloß nie wahrhaben wollen. Es war alles nichts weiter als ein Äquivalent, ein Ausgleich meiner persönlichen Dummheit! Es stimmt, ich bin kein Genie! Nur ein gewöhnlicher Streber, der als Klassensprecher für alle da ist und sich selbst dabei vergisst! Es ist wahr. All die Evidenten meiner vermeintlichen Intelligenz sind nicht weiter als eine Reaktionsgleichung der Tatsache, dass ich stumpf bin. Ich mag auf akademischer Ebene vielleicht allen haushoch überlegen sein, aber wenn es darum geht, einem Menschen wirklich zu begegnen oder seine wahren Gefühle zu verstehen, bin ich wirklich so einfältig wie Egaoshita-san in den Naturwissenschaften. Ich verstehe nicht, wieso Shuichiro seinen Eltern nachtrauert. Ich verstehe nicht, wieso ich egoistisch genug zur Eifersucht bin. Zeitgleich verstehe ich aber auch nicht, wieso meinem Vater die Arbeit wichtiger ist als seine Frau und sein eigener Sohn. Wieso sich dann bei ihr plötzlich die Eifersucht fernhält. Ich spüre nichts als wallende Leere, wenn es darum geht, memschliche Gefühle zu verstehen. Darin gleichen Kyokei-san und ich uns möglicherweise. Aber all das entschuldigt nicht, dass ich nicht wiedergutzumachend ein Messer in Shuichiros Seele hinterlassen habe! Ich bin wirklich das Letzte. Was bilde ich mir ein? Ich bin kein Stück besser als die ganzen Schurken aus den Geschichten oder die, von denen man immer zu hören kriegt, was für falsche Schlangen sie doch seien, unabhängig ob fiktiv oder real. Shuichiro und ich waren beste Freunde, wir waren uns näher als jeder andere. Besonders seit dem Tod seiner Eltern. Ich habe die Selbstmord-Karte gegen ihn ausgespielt. Das war unfair und grausam. Ich weiß, wie sehr er unter der Aktion seiner Eltern leidet. Ich erinnere mich an jede verdammte Sekunde dieses Momentes, der sein Leben zerstört hat. Die beiden Leichen, die auf der Seite auf dem Boden lagen, in einem Teich aus Blut. Shuichiro stand zwischen ihnen, erst seinen Vater, dann seine Mutter umdrehend. Völlig ruhig und sogar grinsend. Sie atmeten flach und ihre Augen waren weit aufgerissen. "Hisashi, kannst du es sehen? Es wird alles gut.", krächzte seine Mutter lachend. "Es fühlt sich komisch an. Du hattest schon immer... die seltsamsten Ideen, Chihiro. Wir haben einen Sohn. Wir sind schreckliche Eltern, was?", hustete der Vater. "Ich kann die Bürde einer Mutter nicht ertragen. Ihn so fröhlich zu sehen, erinnert mich an meine eigene Traurigkeit. Daran, dass er eine bessere Mutter verdient hat. Daran, dass ich nie in diese Welt gehört habe. Ich habe geglaubt, wenn ich ein Kind mit dir haben würde und ich es mit dir zusammen großziehe, würde mich das erfüllen. Aber das stimmt nicht. Es war so lästig. Ich bin... verantwortungslos. Aber bin ich zu weit gegangen?", fragte die sterbende Frau ihren sterbenden Mann. "Das bist du... Aber so auch ich. Chihiro, ich... ich habe mich all die Zeit selbst belogen. Auch dich und das süße Kind, dass ich vor fünf Jahren in dich gepflanzt habe. Ich kann zum letzten Mal ehrlich sein. Ich... Ich habe dich nie geliebt. Es tut mir leid.", röchelte er und spuckte Blut. Ich war mir nicht sicher, ob seine Frau seine Worte bis zuletzt überhaupt noch mitbekommen hatte. Vielleicht nahm die bereits im Jüngsten Gericht Platz und war auf dem Weg, bis in alle Ewigkeit in der Hölle zu schmoren. "Shuichiro.", stöhnte er und hustete noch mehr Blut. "Papa.", wimmerte er. "Du bist hier und wir beide wussten es. Kind, wir waren selbstsüchtig. Verflucht selbstsüchtig. Meine Liebe zu dir hat nicht gereicht, um sich weiter dem Leben zu stellen. Im Nachhinein tut es mit leid, nicht mehr Zeit mit dir verbringen zu können.", eine blutige Träne lief aus seinen Augenwinkeln. "Papa. Wieso? Magst du mich denn überhaupt nicht?", fragte sein Sohn immer noch monoton wie die Stille in Person. "Für die Zukunft: Lach dir keine Frau an, die dich umbringt. Ich habe die Warnungen nie wahrgenommen, das ist mein Verhängnis. Das ist alles, was ich dir als Vater noch mitgeben kann.", seine Augen wurden heller als vorher, dann fiel sein Kopf auf die Seite. Er hatte die Frage seines Sohned nie beantwortet. "Mama, Papa. Ihr habt beide Messer in eurer Brust. Das ist gefährlich, wisst ihr?", teilte der kleine, blonde Junge seinen Eltern mit. Seine nackten Füße standen immernoch im Blut seiner Eltern. Er sah auf das Blut, das auf seinen Händen und zierlichen Armen klebte und langsam roch ich Panik im Eisengeruch. "Mama, Papa, ihr habt mir beigebracht, sauberzumachen, wenn ich etwas dreckig gemacht habe. Ihr meintet, es schickt sich nicht, Leute zu ignorieren.", murmelte mein Freund. Dann hörte ich plötzlich Wut, wie ich sie aus seinem Mund noch nie gehört hatte. "Steht auf, Mensch! Steht verdammt nochmal auf! Wieso macht ihr so was? Wieso widersprecht ihr euch selbst, auch das habt ihr mir beigebracht, was ich nicht tun soll! Hört auf zu schlagen und den Teppich einzusauen? Papa, hast du nicht behauptet, der ist scheißteuer? Habt ihr nicht gesagt, dass man ins Bett gehen soll, wenn man schlafen will? Ihr seid Lügner! Alle beide, ich hasse euch!", heulte er verzweifelt und atmete schwer. Dann schrie er und weinte dabei. "Das stimmt nicht... Ich habe euch lieb gehabt! Ich wollte ein braver Junge sein! Ich habe es wirklich versucht. Wieso? Wieso, Mama und Papa? Wieso lasst ihr mich allein?!", seine Stimme verklang beinahe, überschlug sich, er war völlig heiser und weinte nur noch schrecklich. Ich griff nach dem Telefon auf dem Couchtisch und kam zu meinem weinenden Freund. Ich war angewidert von seinen Eltern. Von ihrem Egoismus. Doch ich zeigte nicht, was ich fühlte. Stattdessen griff ich Shuichiros Hand und sagte: "Deine Eltern sind Hobelschlunzen. Ich rufe den Bestattungsdienst und meine Eltern. Egal, was passiert ist, ob sie tot sind oder nicht, vergiss niemals, dass du immer noch mich hast." Shuichiro drückte meine Hand fester und weinte heftiger. Meine Sachlichkeit hatte ihn erschreckt. Ich rief die eben gesagte Reihenfolge von Nummern an und hörte bis zur Beerdigung nicht seine Hand los. Was bin ich für ein Freund? Ich hätte ihn gerne gesagt, dass ich ihn als meinen Freund nicht verlieren will. Aber stattdessen habe ich alles kaputtgemacht. Ich weiß nicht, wie lange ich so auf dem Bett liege, aber es wird immer, bis es letztendlich Schlafenszeit ist. Nur habe ich keine Kraft mehr, um einen Schlafanzug anzuziehen und bleibe so, ein kleines Haufen Elend und Schuldgefühle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)