[Beta Ver.] CONDENSE von YukihoYT (An jenem schicksalhaften Regentag) ================================================================================ Kapitel 29: Vol. 2 - "Tomodachi" Arc: Aus der Ferne --------------------------------------------------- Kaishi: Das Wochenende ging gemütlich vorbei und ich gehe nun wieder in die Schule. Shuichiro ist krank und deshalb laufe ich den Schulweg heute allein. Etwas einsam vielleicht, aber auch ganz nett. Nicht, dass ich irgendwie schadenfroh über Shuichiros Krankheit bin, aber die Ruhe ist eben auch angenehm. Die einsame Stille und ich, mehr gibt es nicht, wenn man die Schüler, die ebenfalls meine Uniform tragen außer Acht lässt. Ich bin sehr gut darin, so zu tun als wäre ich allein, denn selbst wenn ich allein bin, gibt es nichts, was irgendwie auffällig wäre, klingt vielleicht traurig, aber das muss es nicht. Ich habe ja noch meine Freunde, die das wettmachen. Egaoshita-san und Kyokei-san, die beiden sind auch noch da und wie jeder Tag wird auch dieser ein schöner, rede ich mir ein, während mein Blick auf Kyokei-san fällt, der neben mir hertrottet. Er scheint mich nicht gesehen zu haben, das sieht einfach nicht danach aus. Sein Blick ist irgendwie abwesend. So als wäre er mit den Gedanken ganz weit fort von hier, als wäre ich gar nicht da. Er scheint den ganzen Weg so gelaufen zu sein, denn so wie er gerade drauf ist, würde er sicher nicht von sich aus auf mich zu kommen. Das war ich, meine Entscheidung, mich ihm zu nähern und die Situation zu analysieren. Und ich komme zum Schluss, dass etwas nicht mit ihm stimmt. Er ist selten so weggetreten auf dem Schulweg, in Gedanken woanders, aber noch immer fokussiert. Egaoshita-san scheint auch nicht da zu sein, bloß Failman-san, die neben ihm hergeht und sich vermutlich wie ich fragt, was mit unserem Freund nicht stimmt. "Hey, Kyokei-san, weißt du vielleicht wo Egaoshita-san steckt?", breche ich das Eis und errege die Aufmerksamkeit von sowohl Kyokei-san als auch Failman-san. Kyokei-san erhebt erst nach ein paar Sekunden den Kopf und sieht mich ausdruckslos an. Die Art von Ausdruckslosigkeit, die man zeigt, wenn man überhaupt nicht zeigen möchte, was in einem selbst oder sonst wo vorgeht. "Oh ja, Akira... ich, habe ihn heute auch noch nicht gesehen. Vielleicht hat er ja verschlafen oder so?", obwohl sein Tonfall normal wie immer klingt, ist da irgendwas in seiner Mimik, die mir verrät, dass er zwar die Wahrheit sagt, aber da dennoch etwas ist, dass ihn von innen auffrisst. Etwas, dass ich nicht sehen darf vielleicht. Ich werde es schon noch herausfinden, sage ich in Gedanken. Das ist eben meine Art, ich respektiere die Privatsphäre der anderen, aber wenn ich sehe wie sie leiden, dann kann ich nicht anders und benutze mein Werkzeug. Ist etwas falsch daran, sich um seine Freunde zu kümmern und helfe zu wollen? Ich denke nicht, und obwohl ich dem nicht zustimme, ist mir trotzdem klar, wie unglaublich vorsichtig ich sein werden muss. Auch ich darf nicht unüberlegt handeln. Der Unterricht hat angefangen und, jeder außer Shuichiro und Egaoshita-san, der heute offensichtlich nicht mehr kommen wird, hat Platz genommen. In Japanisch bin ich sehr gut und habe alles vom Grammatikteil übertragen und gelernt, es wird also nicht die Welt untergehen, wenn meine Aufmerksamkeit mehr Kyokei-san als den Reflexivpronomen gilt. Ein verkrampftes Auftreten und ich bin der Einzige, dem es auffällt, Failman-san ist auf ihrem Heft eingeschlafen. Kyokei-san ballt seine Hände zu Fäuste und trägt Schweißperlen auf der Stirn, die Zähne zusammenbeißend versucht er dem Unterricht zu folgen, was sichtlich nicht funktioniert. Mit der einen Hand klammert er sich an sei Herz und versucht ruhig zu bleiben, wahrscheinlich hat er Herzrasen. Die andere Faust lockert sich und nachdem er andeutet, aufzustehen und sich den Kopf an meiner Tischkante angeschlagen hat, stürzt er einfach zu Boden. Er ist ohnmächtig und es bricht Panik im Klassenzimmer aus. Failman-san wacht auf einen Schlag auf und schreit. Ich bin einer der wenigen, die noch mehr oder weniger die Fassung behalten. Das war eine Panikattacke. Und vom Schock hat er das Bewusstsein verloren. "Ellie, bitte bleib bei uns, bitte stirb nicht!", brüllt Failman-san weiter auf ihn ein und hebt ihn auf. Sie ist vollkommen zerstört. "Failman-san, lass uns ihn ins Krankenzimmer bringen.", bitte ich sie. Wortlos nickt sie und ich nehme seinen anderen Arm auf mich, um ihr tragen zu helfen. Es ist definitiv etwas faul und ich habe es von Anfang an gewusst. Im Krankenzimmer angekommen und Kyokei-san aufs Bett verfrachtet herrscht beißende Leere. Keiner von uns sagt ein Wort und ich versuche immernoch herauszufinden, was Kyokei-san haben könnte. "Failman-san.", bringe ich sie dazu, mich anzusehen und etwas von sich zu geben. "Ja?", ihre Stimme klingt etwas zerkratzt, so als wäre sie ähnlich krank. "Weißt du vielleicht, was der Auslöser für Kyokei-sans Panikattacke sein könnte? Du bist doch schließlich seine Freundin, vielleicht weißt du es ja.", sie schaut auf den Boden und schnürt ihre Stiefel nach, während sie darüber nachdenkt, wie sie mir antworten könnte. "Ich weiß nicht. Ich komm nicht drauf klar, Kaishi. Wir waren und sind doch so glücklich miteinander. Ich weiß nicht, wie ich das nicht verhindern konnte! Ich fühle mich verantwortlich für ihn! Schließlich liebe ich ihn, ich kann da nicht anders. Ich würde ihm so gern helfen, aber du weißt ja wie er ist. Er kann sich nicht öffnen, sogar jemand wie ich weiß das. Ich wüsste einfach gern weshalb.", sie bricht nicht zu plötzlich in Tränen aus, aber plötzlich genug, um etwas in mir auszulösen. Dieses Mädchen ist wirklich anders. Sie ist so anders als alle anderen Mädchen in unserer Klasse, selbst, wenn ich es auf den ersten Blick nicht gesehen habe. Am Anfang dachte ich, sie wäre nur ein weiteres lautes dummes Mädchen ohne Hirn oder Herz, das so etwas wie aufrichtige Liebe und Sorge nicht nachvollziehen kann, aber ich täuschte mich. Sie hat ebenfalls ihre Fassade. Sie scheint glücklich, sorglos und oberflächlich, aber wenn man tiefer gräbt, befindet sich unter dieser Maske ein echtes Mädchen. So echt wie deine und meine Gefühle. So echt wie das, was sie für Kyokei-san empfindet. Sie weint leise weiter und Kyokei-san merkt noch weiter von all dem nicht das kleinste Etwas. Was für ein Glück er doch hat. "Es ist nicht deine Schuld.", unterbreche ich ihre Tränen. "Es gibt Dinge, viel zu viele Dinge, die er in sich hineinfrisst. So war er schon immer, er ist viel zu introvertiert, viel zu verankert in seinen alltäglichen Ruf als dass er uns, seinen Freunden etwas sagen könnte. Dennoch hat er einen Menschen gefunden, der ihm genau das gibt, das ihm so lange gefehlt hat. Ich bin natürlich nicht immer da und das ist auch ganz gut so, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du der einzige Mensch bist, dem Kyokei-san, wie wir ihn kennen, sich öffnet, wenn auch nur ein wenig und unfreiwillig. Wenn du mal nicht mehr als wir anderen weißt, ist das nicht schlimm. Wir sind keine Superärzte, es gibt Dinge die können wir momentan nicht, aber das heißt nicht, dass wir es nie können werden. Und das ändert nichts daran, dass du ein wichtiger Mensch für ihn bist.", erkläre ich, was mir gerade durch den Kopf ging. Ich meine es auch so. Ich bin von Natur aus jedem kritisch kritisch, den ich zum ersten Mal sehe und auch bei ihr war das nicht anders, im Gegenteil, verschärft sogar. Aber inzwischen mag ich sie sogar sehr. Trotzdem gibt es Dinge, die nicht für ihre Ohren bestimmt sind, auch ich kann niemandem alles sagen. "Du, Failman-san, wärst du so lieb und würdest mich kurz mit Kyokei-san allein lassen?", frage ich ins Blaue. "Aber ich muss doch bleiben, wenn er aufwacht und-", "Failman-san! Ich bitte dich. Geh. Es ist wichtig.", ich klinge schon fast aggressiv, das sollte es aber nicht. "Ist gut.", murmelt sie und schiebt die Tür hinter sich zu, um zu verschwinden. Ich hoffe, sie ist nicht sauer auf mich und genauso sehr hoffe ich, dass nachdem ich sie so rausgeschmissen hab, meine Worte nicht an Bedeutung verlieren., das will ich einfach nicht. Aber sie musste gehen. Andernfalls wäre der Druck auf Kyokei-san bei meinem geplanten Verhör einfach viel zu hoch. Ich werde ihr später alles erklären müssen. Ich setze mich zu Kyokei-san ans Bett. Was ist es nur, dass ihm derart in die Psyche greift, dass er ohnmächtig wird? Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass Egaoshita-sans Abwesenheit etwas damit zu tun haben könnte? Das ist weit hergeholt. Das ist nicht sehr rational denkend von mir, kein bisschen rational. Trotzdem, ich kenne Egaoshita-san und ihn schon seit Anfang der Highschool, seit über zwei Jahren beobachte ich die beiden dort, wo es noch nicht als seltsam oder respektlos zählt. Ich habe nachgedacht und beobachtet. Aber ich kann mir keinen richtigen Reim daraus machen, was zwischen den beiden dazu führt, dass Kyokei-san mental durcheinander wird. Oder will ich es einfach nicht, mir einen Reim daraus machen? Mir bleibt nicht anderes, als darauf zu warten, dass er aufwacht. Das ist das, was ich ebenfalls zu tun pflege: Menschen machen lassen und es gleichzeitig leid zu sein, von ihrer Erklärungsbereitschaft, ihrer Stimmung und ihren Antworten abhängig zu sein. So war ich schon immer und daran ändert sich so schnell auch nichts. Trotzdem beschließe ich, bis zum Ende ein guter Freund und ein noch angenehmerer Zeitgenosse zu sein und ihn nicht zu drängen. Selbst wenn ich das möchte, habe auch ich Regeln zu befolgen, wenn ich nicht alles verlieren möchte. Es gibt genug Menschen, die ich kenne, denen genau das widerfahren ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)