Erinnerungen an ein Palastleben von C-T-Black ================================================================================ Kapitel 19: Leise Schwingen und scharfe Krallen ----------------------------------------------- >>Heian-kyō. Wenn seine Peiniger wüssten, dass er sich direkt vor ihrer Nase befand, wären sie sicher nicht so unvorsichtig. Dann würden diese armseligen Menschen um ihn herum nicht so sorglos ihrem täglichen Leben nachgehen sondern sich verängstig Zuhause verstecken. Aber diese Unwissenheit würde er zu seinem Vorteil ausnutzen. Sobald er dazu in der Lage war, würde er sich rächen und die einzige Person auf der Welt aufspüren, die ihm noch wichtig war…«     „Eine weibliche Tengu mit Flügeln? Und du bist dir ganz sicher, dass es nicht nur ein ziemlich weiblich wirkender Mann gewesen war?“ „Ich hatte meine Hand auf ihrer Brust, um ihre Wunde zu heilen. Sicherer kann ich mir gar nicht sein!“ Benjiro schnaubte und verschränkte die Arme vor der Brust. Einen Moment lang sah er aus dem Fenster der Kutsche, bevor er Kasumi wieder ansah. In all den Jahren, die er nun schon durch dieses Land zog, hatte er so etwas noch nie gehört. Er kannte Geschichten von den Tengu. Dem Kriegervolk, das speziell mit dem Katana ausgebildet und äußerst tödlich war. Nur selten entkam man bei einer Auseinandersetzung mit ihnen lebendig. Dazu kam, dass sie äußerst zurückgezogen auf den Gipfeln ihrer Berge lebten. Diese verließen sie nur in Zeiten des Krieges und die Zugänge zu ihrer Heimat hielten sie streng bewacht und vor Fremden geheim. Einem von ihnen in Friedenszeiten zu begegnen war somit praktisch unmöglich. Er selbst hatte erst einmal einen Tengu mit eigenen Augen gesehen und das auch nur aus einiger Entfernung. Dabei hatte er es jedoch auch belassen wollen. Es war immer besser einen Bogen um diese Sippe zu machen, deren Ehre so schnell beleidigte werden konnte. Es reichte schon, dass es in der Nähe der Hauptstadt eine Siedlung von ihnen gab, um Benjiro ein beklemmendes Gefühl zu geben. Und seit Kasumi ihnen vor ein paar Tagen von ihrer Vision berichtet hatte, ließ ihn dieses Thema keine Ruhe mehr. „Na schön. Wenn du sie wieder findest, dann musst du sie mir vorstellen. Das würde ich zu gerne sehen.“, erklärte Benjiro trotz der Distanz, die er eigentlich zu diesen Wesen halten sollte. Wenn Kasumi mit ihnen zurechtkam, dann konnte er das schließlich auch. Kasumi, die ihm gegenüber saß, schenkte ihm ein breites Lächeln und nickte. „Selbstverständlich werde ich sie dir dann vorstellen. Sobald ich mich wieder erinnern kann, will ich euch all meine Freunde und meine Familie vorstellen. Immerhin gehört ihr jetzt auch dazu!“ Benjiro blinzelte überrascht und sah Kasumi ungläubig an. Noch vor 3 Wochen hatte sie kaum ein Wort an ihn richten können, ohne sich dabei hinter Kazuma zu verstecken oder vor Angst zu zittern. Und heute bezeichnete sie ihn als Teil ihrer Familie. Das erfüllte ihn auf gewisse Weise mit Stolz. Denn auch wenn sie sehr unerwartet in ihr Leben getreten war, war Kasumi eine Person, die er nicht mehr missen wollte. Durch ihren Scharfsinn und die Tatsache, dass sie viel zu oft aussprach, was ihr auf der Zunge lag wurde es schließlich nie langweilig mit ihr. „Das du so denkst ehrt mich und wenn es so weit ist, wird es mir ein Vergnügen sein.“, erwiderte er deshalb und neigte dabei leicht den Kopf. Er fragte sich nur, ob es ihrer Familie auch ein Vergnügen war, wenn sie einen Wahnsinnigen, eine Klette und einen Ōkami-Yōkai anschleppte. Weshalb er auf deren Reaktion schon sehr gespannt war.   Kurze Zeit später hatten sie den nördlichen Außenposten erreicht und Benjiro half Kasumi aus der Kutsche. Kazuma hatte mittlerweile alle grünen Steine aus dem Keller des zerstörten Turms entfernen lassen, weshalb Benjiro sofort die Zelle begutachten wollte. Und da Kasumi an diesem Bauwerk genauso interessiert war wie er, hatte sie ihn sofort belgeiten wollen, als sie hörte, wohin er heute ging. Dem Unteroffizier und seinem Schreiber war seit dem Vorfall frei gegeben worden, um sich ärztlich versorgen zu lassen und ein paar Tage auszuruhen, weshalb die beiden heute völlig ungestört waren. „Sag mir sofort Bescheid, sobald du noch etwas spürst. Es kann sein, dass bei der Explosion auch Splitter der Steine verstreut wurden.“, warnte Benjiro, während er seinen Blick über das Gelände wandern ließ. Die Zerstörung war nicht zu leugnen, auch wenn die Trümmer bereits beseitigt worden waren. Doch bis der zerstörte Turm und das Loch in der Außenmauer repariert werden könnte, würde es noch einige Zeit dauern. Bis dahin würden sie einen hölzernen Aussichtsturm errichten, von dem aus die nähere Umgebung im Auge behalten werden sollte. Die ersten Arbeiten für diese Aussichtsplattform waren bereits angelaufen, doch heute hatte Benjiro hier niemanden haben wollen. Falls sie etwas von Interesse finden sollten, dann wollte er dabei keine Zeugen haben. Ohne Probleme erreichten sie diesmal den Turm und stiegen über die erhaltene Steintreppe hinunter in dessen Keller. Die Steine waren zwar alle entfernt worden, dennoch stellten sich Benjiros Nackenhaare auf, als er einen Fuß auf den Fußboden setzte. Was auch immer hier für Grausamkeiten vorgefallen waren, er konnte den Hass des entflohenen Insassen noch spüren. Wie dickflüssiger Honig hing dieser Zorn in der dünnen Luft. „Kannst du das spüren, Benjiro? Sie müssen schreckliche Dinge mit dem gefangenen Yōkai gemacht haben.“, sagte Kasumi leise, so als fürchte sie die Geister dieses Ortes zu wecken, wenn sie zu laut sprach. Benjiro sah einen Augenblick zu Kasumi. Ihr Gespür war wie immer beispiellos. „Wir sollten uns beeilen.“, antwortete er nur, bevor sein Blick über die übriggebliebenen Wände glitt. Hauptsächlich waren die Wände des Erdgeschosses und darüber zerstört. Da sich die Wände des Kellers unter der Erde befanden, waren diese größtenteils noch intakt. Nur an manchen Ecken waren einige Steine herunter gefallen. Die Wände, die verschon geblieben waren, zeigten überall kleine Holzstäbe, die aus den Zwischenräumen der Steine hervor ragten. Daran mussten die grünen Steine – die Midori Yakubarai – befestigt gewesen sein. Aus diesem Grund gab es dort auch nicht besonders viel zu entdecken, weshalb Benjiro seine Aufmerksamkeit auf die Stellen richtete, die zerstört worden waren. An der Nordseite des Kellers fehlte ein größerer Teil der Wand und er sah sich die übrigen Steine der Mauer gründlich an. Er kniff sogar die Augen zusammen und beugte sich weiter vor, um sie genauer zu untersuchen. „Was glaubst du, könnte das sein?“, fragte er schließlich und sah nach Kasumi, die gerade mit einem Ast über einen rostbraunen Fleck auf dem Boden kratzte. Kasumi sah von dem Fleck auf, als sie angesprochen worden war und trat zu Benjiro. Dieser betrachtete gerade eine Rille in der Wand. So perfekt und quer über mehrere Steine ausgedehnt, dass sie keinesfalls natürlich in den Stein gelangt war. Bei der Glätte der Kanten, konnte diese Spur auch noch nicht so alt sein. Und da er keinen Nutzen in dieser Einkerbung für eine Kerkerzelle sah, musste sie wohl von dessen Insassen stammen. Langsam ließ er seine Finger über die Rille gleiten, riss seine Hand allerdings sofort zurück. „Was ist los?“, fragte Kasumi besorgt und griff nach seiner Hand. Auf den Fingern, die die Vertiefung berührt hatten, bildeten sich rote Blasen. So als hätte er sich verbrannt. „Pass auf, die Einkerbung ist vergiftet.“, zischte Benjiro und fluchte innerlich über seine Dummheit. Er konnte kein Gift wahrnehmen, also mussten die Spuren sehr gering sein. Dass es ihn trotzdem so sehr verletzen konnte, bedeutete, dass es sich um ein äußerst starkes Gift handeln musste. Wer war dieser Yōkai nur, der hier festgehalten worden war? Aus einer verborgenen Tasche ihres Kimonos zog Kasumi ein kleines Tongefäß, öffnete den Deckel und holte mit einem Finger eine gelbe Paste heraus. Diese verstrich sie vorsichtig auf seinen verletzten Fingern. „Das sollte den Schmerz etwas lindern und die Heilung beschleunigen.“, erklärte sie dabei. Die Blasen wären natürlich auch allein verschwunden, doch Benjiro hielt still und ließ Kasumi alle versorgen. Immerhin würde sie das mehr beruhigen als ihn. „Danke.“, sagte Benjiro, nachdem sie ihr Werk beendet hatte. Nachdem sie das Gefäß wieder verstaut hatte, trat sie an die Wand um sich das Ganze selbst anzusehen. „Geh nicht zu nah ran.“, warnte Benjiro sie. Er würde sich diesen teuflischen Spuren auf keinen Fall mehr nähern. „Irgendwie…“, begann Kasumi, unterbrach sich dann allerdings selbst. Das sorgte dafür, dass Benjiro sie fragend musterte. Sie sah nachdenklich aus, so als dachte sie an etwas, das zu lange her war, um sich wirklich daran erinnern zu können. Es war dieser Moment, in dem Benjiro etwas besser verstand, wie es Kasumi die ganze Zeit über gehen musste. Sie spürte, dass es da so viel gab, das Wichtig war. Doch sie konnte es nicht mehr greifen. „Kannst du dich an etwas erinnern?“, fragte er deshalb vorsichtig. „Ich würde gerne etwas ausprobieren.“ Noch bevor er begriff, was sie vor hatte, hatte Kasumi einen Finger in die Einkerbung gelegt. „Nicht!“ Benjiro reagierte eine Sekunde zu langsam und bekam ihr Handgelenk erst zu fassen, als sie den Stein bereits berührte. Panisch riss er ihre Hand zurück und sah auf ihren Finger. „Was bedeutet das?“, fragte er überrascht und sah von ihrem Finger auf. Er war vollkommen unversehrt. Kasumis Blick blieb weiterhin auf die Einkerbung in der Wand fixiert. Sie wirkte abwesend, so als spielte sich in ihrem Kopf gerade eine Erinnerung ab und Benjiro brannte darauf, zu erfahren woran sie dachte. Doch so weit kam es nicht. In einem Moment hielt er noch Kasumis Hand, im nächsten wurde er zu Boden gerissen und spürte etwas Scharfes an seiner Kehle. Mit einem wütenden Knurren fletschte er seine Fänge und starrte auf seinen Gegenüber. „Idiot! Und du willst ein Beschützer sein? Mit der Reaktion eines Neugeborenen bist du es nicht wert auf jemanden aufzupassen. Hündchen!“, fauchte die Frau, die auf seiner Brust stand. Benjiro blinzelte und brauchte einen Moment, bis er die Situation begriff. Eine Frau mit rabenschwarzem Haar, welches sie zu einem hohen Zopf zusammengebunden hatte, stand auf ihm und drückte ihn mit ihrem ganzen, federleichten Gewicht zu Boden. Ihre rubinroten Augen, die in einem noch dunkleren Rotton geschminkt waren, fixierten ihn, wie ein Raubvogel eine wehrlose Maus. Dazu kam ihre außergewöhnliche Aufmachung. Sie trug ein blutrotes Kimonooberteilt mit schwarzen Ärmeln, wobei der rechte überlang geschnitten war und im Wind flatterte, während der linke eng anlag und von der Schulter bis zum Ellenbogen von einer Panzerung verdeckt wurde. Darüber trug sie einen ebenfalls schwarzen Überwurf, der sicherlich auch irgendwie gepanzert war. Dazu eine passende Hose, die knapp unterhalb ihrer Knie endete und dort eng geschnürt war. Ihre Füße waren unbekleidet, wodurch er die Klauen an ihren Zehen sehen und nur zu deutlich an seiner Haut spüren konnte. Dieselben, die sie auch an den Fingern trug. Tödliche Werkzeuge, die jedem Feind auch leicht ins Fleisch gestoßen werden konnten. Aber das Beeindruckendste waren die, ebenfalls rabenschwarzen, Flügel auf ihrem Rücken, von dem jeder einzelne leicht eine Spannweite von über zwei Metern erreichte. Und somit für den kleinen Kellerraum viel zu groß waren. „Du spielst ein gefährliches Spiel, Vögelchen. Mich in meinem Revier anzugreifen.“, knurrte Benjiro und versuche sich unter ihr hervor zu winden. Das sorgte jedoch nur dafür, dass sich ihre Klauen tiefer in seine Haut gruben und Blut aus seiner Halsbeuge floss. „Ich gebe einen Dreck auf dein Revier. Wenn du meinen Zielen im Weg stehst, musst du beseitigt werden!“, zischte sie und beugte sich weiter nach unten. Dabei verengten sich ihre Augen zu Schlitzen und sie verbrannte ihn förmlich mit ihren rotglühenden Augen. Benjiro rechnete schon damit, dass sie ihn hier an Ort und Stelle auffressen würde. Und das vor Kasumi, die sich noch keinen Millimeter bewegt hatte. So als wäre sie gar nicht hier bei ihnen. „Und was soll dein Ziel sein? Den Wolf zu töten und das Mädchen zu entführen? Oder willst du etwa ihr ungeborenes Kind verspeisen, du Aasgeier?“, fragte Benjiro wütend. Er hatte seine Hände an ihr vorderes Bein gelegt und versuchte es von seinem Körper zu stemmen, doch auch wenn sie unnatürlich dünn wirkte, war sie stärker als erwartet. Woher nahm sie nur diese Kraft? „Dreckiger Köter! Als würde ich dir meine Pläne verraten-“ „Jiyū!“ Beim Klang von Kasumis Stimme sah Benjiro sofort zu ihr. „Verschwinde von hier, Kasumi. Ich erledige das Vögelchen schon.“, rief Benjiro, doch die Frau ließ augenblicklich von ihm, sprang vor Kasumi und ging vor ihr auf die Knie. „Herrin!“, rief sie dabei, ergriff Kasumis Hand und drückte ihre Stirn dagegen. Diese Reaktion ließ Benjiro erneut blinzeln, bevor er sich aufsetzte. Erst dabei ging ihm endlich ein Licht auf. Die Geschichte die Kasumi ihnen erzählt hatte. Über ihre Erinnerung, die sie auf dem Kamo Fluss zurückerlangt hatte… Das Wesen, das er unbedingt hatte sehen wollen. Die weibliche Tengu stand hier vor ihm. Lebendig in Fleisch und Blut. Und er hatte sich von ihr vorführen lassen wie ein stümperhafter Schoßhund! Ihre Flügel faltete sie jetzt mühelos auf ihren Rücken, so dass wieder etwas Licht in den Keller fiel. Dabei versäumte sie allerdings nicht, die scharfe Kante ihrer Flügel über Benjiros Kopf zu ziehen. „Du bist es also tatsächlich.“, flüsterte Kasumi, bevor sie zur Tengu auf den Boden sank und ihre Hand auf ihre Schulter legte. Bei dieser Geste sie die Tengu überrascht auf. Einen langen Moment sahen sie sich einfach nur an, bevor bei Kasumi die Tränen überliefen und sie der Tengu, Jiyū, um den Hals fiel. „Jiyū… Es tut so gut, dich zu sehen. Ich kann mich an kaum etwas erinnern. Alles, was geschehen ist, bevor ich nach dem Angriff wieder aufgewacht bin, liegt im Nebel!“, weinte Kasumi. Benjiro stand langsam auf um einen besseren Überblick über die Situation zu erhalten, doch als er Kasumis Worte hörte, wurde er ganz still. Natürlich wusste er, so wie seine Brüder, dass sich Kasumi nicht erinnerte. Doch was es für sie bedeutete, dass konnten sie wohl alle nicht begreifen. Und wie sehr sie darunter litt, noch viel weniger. In diesem Moment begriff er, dass Kasumi vor ihnen immer versuchte stark zu sein. Sie wollte niemandem Sorgen bereiten, doch sie würde an ihren Gefühlen zerbrechen, wenn sie sie nicht zeigte. Für diese Art von Offenbarung waren sie allerdings die Falschen. Das verstand er jetzt. Kasumi brauchte jemanden aus ihrem alten Leben, damit ihre Wunden heilen konnten und Jiyū wäre vielleicht ein guter Anfang. „Ich werde euch helfen Herrin. Auch ich konnte mich an nichts erinnern, doch die Erinnerung kommt langsam zurück. Und seit ich mich wieder an euch erinnern kann, bin ich auf der Suche nach euch.“, erklärte Jiyū sanft. Kasumi brauchte noch einen Moment, bevor sie sich wieder von Jiyū löste, ihre Tränen am Ärmel ihres Kimonos trocknete und Jiyū mit sich auf die Füße zog. „Ich danke dir, Jiyū. Und knie nicht vor mir. Das ist absolut unnötig!“ Diese Aussage zauberte ein kleines Grinsen auf Jiyūs Lippen. Und die Erleichterung, die sie empfand, ließ ihre Augen leuchten, was Benjiro abfällig schnauben ließ. „Unbewusst erinnert ihr euch offenbar an mehr, als ihr wisst, Lady Rin.“, erklärte sie sich, bevor sie ihr Grinsen hinter ihrem langen Kimono Ärmel verbarg. „Lady Rin?“ Benjiro hatte gesprochen, bevor er nachdenken konnte. Was Jiyūs Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit einem vernichtenden Blick fuhr sie zu ihm herum und starrte ihn förmlich zu Boden. „Natürlich! Was hast du denn geglaubt? Vor dir steht die Herrin des Westens! Einfallspinsel.“, zischte sie. Erst als Kasumi zwischen sie trat, wurde die angespannte Stimmung zwischen ihnen unterbrochen und beide sehen wieder zu ihr. „Rin… Das ist also mein Name?“, fragte sie leise. „Ja, das ist er. Und ihr seid… ward die Herrin eines prächtigen Palastes, nicht weit von hier. Ihr habt mein Leben gerettet, weshalb ich euch überall hin begleite und euch beschütze. An so viel kann ich mich sicher erinnern.“, erklärte Jiyū und neigte respektvoll den Kopf vor Kasumi. Diese sah einen langen Moment Jiyū an, bevor sie sich zu Benjiro umwand. Unsicherheit im Blick. „Meine Brüder nennen mich Kasumi… Ich würde es gerne dabei belassen, bis ich mich wieder an alles erinnern kann. Denn das passt besser zu mir, als ein Name, dem ich nicht gerecht werden kann!“ Jiyū sah überrascht zu Kasumi auf und dann wieder hinüber zu Benjiro. Dabei zuckte er leicht zusammen. Etwas in ihrem Blick sagte ihm, dass sie ihn am liebsten sofort zerfleischen wollte und das jagte jedes Mal einen Schauer über seinen Rücken. „Meine Raben haben mir bereits davon berichtet. Von diesen… Brüdern…“, begann Jiyū langsam, ließ den Satz jedoch unbeendet. Stattdessen sah sie hinauf zu den übrigen Mauern des Turms, auf dem es sich zwei Raben bequem gemacht hatten. Als Benjiro ihrem Blick folgte, begannen die Raben aufgeregt hin und her zu hüpfen und krächzten ihn dabei an. „Noch mehr Federvieh also... Was erzählen sie dir denn so, Vogelflüsterin?“ Benjiro wusste auch nicht was das war. Aber diese Tengu reizte irgendwie seine Nerven und er konnte sie einfach nicht respektieren. Auch wenn sie eine von Kasumis Vertrauten war. Angriffslustig sprang Jiyū auf Benjiro zu. Die Klauen ihrer Hände gekrümmt und ein Fauchen auf den Lippen. „Das meine unschuldige Herrin gezwungen ist bei zwei Männern mit zweifelhaftem Ruf und einem dreckigen Köter zu hausen. Eine Schande, für ihren Stand und eine Beleidigung für ihre Herkunft!“ „Jiyū!“ Es war Kasumis scharfe Stimme, die die Tengu zusammenzucken und neben ihre Herrin treten ließ. Mit gesenktem Haupt stand sie da und sogar ihre Flügel hatten sich ein Stück gesenkt. „Benjiro und seine Brüder haben mich aufgenommen, als ich nichts hatte. Ich will nicht, dass ihre Großherzigkeit durch solche Worte in den Schmutz gezogen wird. Mittlerweile sind sie wie Familie für mich und so sollen sie auch behandelt werden. Also mäßige bitte deinen Ton.“, erklärte Kasumi. Ihre Stimme war sanft, doch das Funkeln in ihren Augen zeigte Benjiro, dass sie sehr wohl wusste, wer hier das Sagen hatte. Auch wenn sich Kasumi selbst nicht daran erinnerte, ihr Körper wusste, was er tun musste. Ihre Haltung, die Art und Weise, wie sie sprach. Oh ja. Sie war wirklich die Herrin eines großen Palastes. Jiyū, an ihrer Seite neige den Kopf noch etwas tiefer, bevor sie sprach: „Natürlich. Ich werde mich zurückhalten.“ Nur der Blick, den sie Benjiro zuwarf, als sie ihren Kopf wieder hob, sagte das genaue Gegenteil von ihren Worten. Oh, sie würde keineswegs klein beigeben. Vielleicht vor Kasumi, doch er spürte, dass sie ihnen das Leben zur Hölle machen würde, wenn etwas nicht so lief, wie sie sich das vorstellte. Unwillkürlich begann Benjiro zu Lächeln. Da hatten sie endlich jemanden aus Kasumis altem Leben gefunden und es war ausgerechnet die tollwütige Zofe, die ihren Job zu ernst nahm. Das konnte ja noch Lustig werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)