Gravity Falls von Sunray (Klassenfahrt in die Stadt des Übernatürlichen) ================================================================================ Kapitel 12: Kapitel 12: Drahtseilakt des Grauens ------------------------------------------------ Während ihres Urlaubs im letzten Sommer hatte Gronkel Stan die Zwillinge oft an seinen ganz eigenen und recht verstörenden Ansichten und Weisheiten teilhaben lassen. Und an eine dieser Weisheiten erinnerten sich die beiden gerade. Er hatte diese Worte gesagt, nachdem er den Fernseher zerstört hatte. Dass er den Fernseher zerstört hatte, konnte man ihm aber auch nicht übel nehmen, denn der Film den sie gezwungen waren anzuschauen, schien nur zu existieren, um Menschen mit mehr als zwei Gehirnzellen in den Wahnsinn zu treiben. Camp Highschool war das nächste Machwerk einer Reihe von typischen klischeehaften Teeniefilmen und dazu auch noch einer von Mabels absoluten Lieblingen. Ein Film der Sorte, bei der man sich fragt, wer überhaupt auf die Idee kommt einen solchen Film zu machen. Ein Film, bei dem es schon schmerzt zuzuhören und der so unglaublich vorhersehbar ist, dass man das Ende schon kennt, nachdem man den Titel gelesen hat. Einer dieser Filme die ohne jede Form von Kreativität oder sonstigen Engagement produziert werden, um sie dann auf die Welt und ganz besonders auf ein abgestimmtes weibliches Publikum loszulassen. Aber Camp Highschool bediente sich nicht einfach nur vereinzelt einiger Klischees, nein allem Anschein nach hatte man es sich zur Aufgabe gemacht, wirklich alle bekannten Teeniefilm Klischees in die Handlung mit einzubauen. Der normalo Hauptcharakter (natürlich ein Kind das gerade erst in die Stadt gezogen ist und deswegen von allen gemieden wird) musste lernen auf seiner neuen Schule dem Camp Highschool zurecht zu kommen, während er nebenbei auch noch neue Freunde fand, die Ehe seiner Eltern rettete, sich auf die Suche nach seinem verschollenen Hund machte, seinen vorher unbekannten Bruder traf, dabei ein Verbrechen löste, verhinderte, dass der Wald abgeholzt sowie das Camp Highschool geschlossen wurde und sich gegen seinen Fiesling zur Wehr setzte. Das alles begleitet von viel Tanz und stereotypischer Popmusik aus der Hand zweitklassiger Songschreiber und Choreographen. Kurz gesagt, die Hölle in Filmform. Bei dem großen Finale war Gronkel Stan endgültig der Kragen geplatzt. Der Hauptcharakter hatte eine schwülstige Rede vor seinem Mobber und dem gesamten Camp Highschool gehalten, in welcher er sich endlich selbst so akzeptierte wie er war. Doch der Film hielt es wohl für angebracht seine Zuschauer noch ein wenig weiter zu quälen, indem die Rede in eine Minuten andauernde Tortur aus singen und tanzen ausartete: »Ja, ich mag mich, wie ich bin. Ja, ich mag mich, wie ich bin. U-uuhuuuuu!« Und natürlich mochten ihn dann auch alle anderen, selbst die bösen Typen und alle akzeptierten ihn. Während Mabel also mit leuchtenden Augen dem Geschehen folgte und den Refrain mitsummte (sie hatten ihr schon nach dem zweiten Lied einen dicken Streifen Klebeband über den Mund gezogen, damit sie nicht mehr jedes Wort mitsingen konnte) hatte sich Gronkel Stan die Finger in die Ohren gesteckt und wand sich zusammen mit Dipper gequält auf dem Boden. »Bitte Mabel«, flehte Dipper und würgte, als er den Fehler beging auf den Fernseher zu schauen, der gerade den Jungen in einer Nahaufnahme zeigte, mit einem Blick, der wohl auf das angedachte weibliche Publikum süß und begehrenswert wirken sollte, sich aber sicherlich in Dippers Albträume brennen würde. »Mach das aus.« Aber Mabel hatte nur verträumt den Kopf geschüttelt. Jetzt war Mabelzeit am Fernseher. »Wenn dieses quengelnde Müsligesicht noch einmal diesen aufgeplusterten Schwachsinn von sich gibt, wird er meinen Zorn zu spüren bekommen!«, brachte Gronkel Stan zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Also denkt immer daran«, hatte der Junge genau in diesem Moment mitten in die Kamera gesagt, »wenn ihr euch selbst einfach so mögt wie ihr seid, werden alle anderen euch auch mögen.« »RAAAAH!«, schrie Gronkel Stan. »SPÜR MEINEN ZOOOOOOOORN!« Und vor lauter Wut hatte Gronkel Stan die Fernbedienung durch den Bildschirm des Fernsehers geschmettert. Mabel war empört. »Grnkl Stnnn!« Aber Stan tat das lediglich mit einer Handbewegung ab. »Pah! Dieser Schwachsinn weicht euch nur die Gehirne auf, Kinder. Lasst mich euch sagen, niemand wird euch mögen, nur wenn ihr ihr selbst seid. Wenn ihr wirklich beliebt sein wollt hilft nur eins: Bestechung!« Mabel riss sich mit einem Ruck das Klebeband von den Lippen. »Gronkel Stan«, sagte sie. »Du bist wirklich ein grummliger alter Mann. Liebe ist etwas, das man sich nicht kaufen kann.« Ihr Strahlen verschwand plötzlich und ihre Augen weiteten sich, als ihre Lippen sich mit einem Mal knallrot färbten und man das Brennen auf ihren Lippen praktisch hören konnte. Mabel machte ein Geräusch wie jemand der gerade eine Chilischote gegessen hat und fächerte sich mit ihren Händen Luft auf die Lippen. »Ach wirklich?«, sagte Stan herausfordernd und beugte sich verschwörerisch nach vorne. »Tja, dann werde ich diesen Giganto-Vanilla-Schoko-Streusel-Eisbecher wohl ganz allein essen.« Und tatsächlich hielt er plötzlich einen gewaltigen Eisbecher in der einen Hand und einen Löffel in der anderen. Es muss wohl nicht noch erwähnt werden, dass es sich um Mabels Lieblingseis handelte. »Hmmm, schmeckt das gut«, schwärmte Gronkel Stan als er einen großen Happen in den Mund nahm. Sofort sprang Mabel an ihm hoch. »Gronkel Stan ich liebe dich mehr als alles andere!«, schrie sie. Stan lachte. »Haha! Seht ihr«, sagte er, während Mabel wie ein wahnsinniges Eichhörnchen an seinem Arm hing und die Hand zu erreichen versuchte, die den Eisbecher außerhalb ihrer Reichweite hielt. »Mit Bestechung erreicht ihr alles. Es ist nur eine Frage der Verhandlungsbasis. Wenn ihr wollt, dass man euch mag, bestecht die Leute. Bestecht sie mit allem was ihr habt und auch mit dem das ihr nicht habt. Bestecht sie bis zum Geht-nicht-mehr!« Und genau an diese Worte erinnerten sich die Zwillinge gerade und mussten zugeben, dass Stan in einigen Punkten wohl recht gehabt hatte. Auf einem Schlag schienen sie in der Gunst ihrer Klassenkameraden sehr gewachsen zu sein, die sich immer noch über die Süßigkeiten aus dem Polizeiauto hermachten. Da konnte Miss Gringer sie so lange finster anstieren wie sie wollte. »Miss Gringer«, meldete sich Angelica Price plötzlich zu Wort. »Können wir endlich weiter fahren? Ich habe keine Lust mehr hier ewig rum zu stehen.« Ms. Gringer nickte. »Ja, du hast absolut recht. Jetzt wo die Kompanie wieder vollständig ist, können wir endlich weiter fahren.« Sie steckte ihre Trillerpfeife zwischen die Lippen und blies einen langen schrillen Ton. »Alle Mann in Reih und Glied aufstellen und Abmarsch in den Bus!«, befahl sie. »Es gibt keine Zeit mehr zu verlieren.« Als Mabel und Dipper gerade einen Fuß in den Bus setzen wollten, winkten Sheriff Blubs und Deputy Durland ihnen noch einmal sie zu. »Es ist schön, dass ihr wieder da seid, Kinder«, riefen sie. »Sheriff Blubs tun sie uns den Gefallen und sagen sie keinem, dass wir hier sind! Das muss ein Geheimnis bleiben!«, rief Mabel laut zurück, bevor Dipper ihr den Mund zuhalten konnte und einige Kinder drehten ihnen neugierig die Köpfe zu. »Jetzt sei still, Mabel«, zischte Dipper und schob seine Schwester in den Bus rein. Er warf Durland und Blubs noch einen viel sagenden Blick zu und sah, dass die beiden Polizisten sich mit einer Geste die Münder zuzogen. Dipper lächelte und streckte dankbar einen Daumen nach oben, bevor er in den Bus sprang. Im Bus herrschte eine mehr oder weniger ausgelassene Stimmung. Dipper entging nicht, dass Larry von Jeffrey aufgefordert wurde sich neben ihn zu setzen. Larry setzte sich zwar machte aber den Eindruck als frage er sich, wieso überhaupt. Dipper und Mabel huschten schnell an Ms. Gringer vorbei und setzten sich auf einen freien Platz, aber Ms. Gringers strenger Blick war ihnen gefolgt und traf die beiden wie ein Schlag in die Magengrube. Ms. Gringer hob zwei Finger an die Augen und deutete dann auf die Zwillinge, nach dem Motto: Ich habe euch im Auge. Erst als der Bus die Türen geschlossen und sich in Bewegung gesetzt hatte, drehte sie sich wieder um. Dipper und Mabel schluckten. Von jetzt an mussten sie doppelt vorsichtig sein, wenn es um Ms. Gringer ging. Sie machten es sich auf ihrem Sitz bequem und Dipper dachte gerade daran, wie schön es war nach einer langen Wanderung und einer hochtreibenden Verfolgungsjagd durch die Stadt endlich seine Beine entspannen zu können, al plötzlich jemand rief: »Seht mal, da oben!« Plötzlich stürzten alle auf Mabels und Dippers Seite des Busses, um aus den Fenstern zu schauen und drückten die Zwillinge und alle anderen auf ihrer Seite gegen die Scheiben. Auf der Spitze eines Hügels blickte ein gewaltiges Haus auf Gravity Falls hinab. Ein wenig düster und so groß und majestätisch das es fast den ganzen Platz dort oben einnahm. Es war das ehemalige North-West Anwesen. »Das ist bestimmt unser Hotel«, rief Angelica Price begeistert und aufgeregtes Gemurmel erhob sich. Dipper und Mabel blickten sich an. Sie hatten sich noch gar keine Gedanken darüber gemacht, wo sie ihre Zeit in Gravity Falls verbringen würden, aber jetzt schien es ihnen ganz offensichtlich zu sein: Von einer richtigen Jugendherberge hatten die beiden in Gravity Falls noch nie etwas gehört und das kleine Hotel in der Stadt kam auch nicht infrage. Das Anwesen war das einzige Haus in Gravity Falls, das (abgesehen von einer Schule natürlich) genug Platz für eine ganze Klasse aufwies. Mit einem Mal waren die Zwillinge genau so begeistert wie alle anderen. Es blieb nur die Frage übrig, ob die Klasse mit dem durchgeknallten Besitzer zurecht kommen würde. Fiddlefort McGucket hatte im letzten Sommer zwar einen Großteil seines Verstandes zurück bekommen, aber das bedeutete nicht, dass er deswegen keinen gehörigen Sockenschuss mehr hatte. Aber das war den Zwillingen ziemlich egal. Dipper sah schon vor sich, wie er in einem geheimen Zimmer mit McGucket zusammen an neuen und wahnwitzigen Erfindungen bastelte und Mabel plante schon einen Treppengeländer-Rutsch-Wettbewerb. Doch am wichtigsten war wohl, dass McGucket ihnen bei ihren Vorbereitungen für die Überraschungsparty helfen konnte. Wenn er sich nicht wegen einem seiner manischen Schübe aus versehen verplapperte. Es gab gar keine andere Möglichkeit. Sie würden ihre Zeit in Gravity Falls in einem riesigen Anwesen verbringen. Ohne jeden Zweifel! Plötzlich stellte sich Mr. Anderson in den Gang des Busses, räusperte sich und hob die Arme. »Dürfte ich um euer Gehör bitten«, sagte er laut und alle wurden leiser um mit anzuhören, wie Mr. Anderson ihre Vermutungen nun offiziell bestätigte. »Ich habe eine wunderbare Überraschung für euch alle«, sagte Mr. Anderson. »Um uns allen der Natur ein wenig Näher zu bringen, habe ich unsere Klasse für das Feriencamp eingetragen!« Es war als hätte Mr. Anderson eine Bombe platzen lassen, die die Klasse mit einem Schlag zum Verstummen brachte. Einige Sekunden lang sagte niemand etwas und alle starrten Fassungslos auf den fröhlich vor sich hin lächelnden Mr. Anderson. Dann explodierte die zweite Bombe. »WAS?«, rief die ganze Klasse aufgebracht und vor lauter Schreck verlor der Bus für einen Moment die Kontrolle. »Ich war der Natur im Sommer nah genug«, kam es von Michael Evans. »Ich pule mir immer noch Nadeln vom Hintern!« »Was sollen wir denn in einem Camp?«, sagte Angelica Price. »Wir haben schon Herbst.« Hinter den Rücken der anderen, sah Dipper fragend zu Mabel, denn von einem richtigen Camp in Gravity Falls hatte er noch nie gehört. Aber das Gesicht seiner Schwester war nur ein Ausdruck purer Begeisterung. Eine allgemeine Unruhe machte sich unter der Klasse breit, mit der Mr. Anderson nicht gerechnet hatte und selbst Ms. Gringer blickte ihn entgeistert an. »Wie war das?«, sagte sie wütend und packte Mr. Anderson an dem Traumfänger, der um seinen Hals hing. »Sie haben den Standort unseres Stützpunkts geändert, ohne mich davon in Kenntnis zu setzen?« Sofort horchte die Klasse auf. Wenn Ms. Gringer eines nicht leiden konnte, dann waren es eigensinnige Entscheidungen, die ohne ihr Wissen getätigt wurden. Mit einem Mal lagen alle Hoffnungen in der Strenge Ms. Gringers und in Gedanken feuerte die Klasse sie an. »Ms. Gringer, bitte verstehen Sie. Ich habe das nur zum Wohl der Klasse gemacht«, bibberte Mr. Anderson und hielt sich an Ms. Gringers Handgelenk fest. »Und das Camp hat wirklich alles was man braucht. Es liegt an einem wunderbar ruhigen See...« Ms. Gringer packte fester zu und ihre Augen funkelten wie Gewehrschüsse, »und es gibt Hütten...«, Ihre freie Hand ballte sich zu einer Faust, massiv und hart wie eine Kanonenkugel. Mr. Anderson wand sich wie ein Hund der gleich ein äußerst unschmackhaftes (und viel zu großes) Leckerli ins Maul geschoben bekommen sollte. »und Boote und einen Flaggenmast!« Ms. Gringers hoch erhobene Faust hielt plötzlich inne. »Einen Flaggenmast?«, wiederholte sie langsam, mit kaum hörbarer Stimme und ein fast schon zärtlicher Ausdruck trat in ihre Augen, so weit das ging bei einer Frau bei der man glauben konnte, dass sie in ihrer Freizeit noch vor dem Frühstück mit Bären kämpfte. Der Ausdruck schien zu sagen: Der Flaggenmast! Daran erinnere ich mich gut! Was für eine schöne Zeit. Und alle hatten plötzlich ein ganz mieses Gefühl. Ms. Gringer war zwar hart wie Stahl (und konnte angeblich Kieselsteine in ihrer bloßen Hand zerquetschen) aber sie hatte auch einen offensichtlichen Schwachpunkt: Ihre unverhohlene Liebe zur Armee. Wollte man den Seargent Ms. Gringer zu irgendetwas überreden, musste man es nur so einfädeln, dass es so aussah, als hätte die Armee etwas damit zu tun. »Ja«, sagte Mr. Anderson schnell und schlug damit, wenn auch offensichtlich ungewollt, in genau diese Kerbe. »Und noch mehr, wie z.B. eine Rennstrecke und Wanderpfade...« »Gut um das Marschieren zu üben«, konnte man Ms. Gringer murmeln hören. »Ich dachte viel mehr an friedliche Spaziergänge und lehrreiche Wanderungen«, versuchte Mr. Anderson einzuwerfen aber Ms. Gringer unterbrach ihn. »Was noch?« »Nun, ein paar sehr schöne Wiesen.« »Geeignet zum Exerzieren.« Tatsächlich breitete sich langsam ein kleines Lächeln auf Ms. Gringers Gesicht aus, das jedem einschließlich Mr. Anderson einen Schauer über den Rücken jagte. »Eigentlich wollte ich da Yogastunden und Ausdruckstanz unterrichten«, murmelte Mr. Anderson unglücklich, ohne dass Ms. Gringer davon Notiz nahm. »Gibt es sonst noch was?«, fragte Ms. Gringer. »Ich hatte die Idee von einer schönen Nachtwanderung«, fuhr Mr. Anderson fort. »Die Natur bei Nacht zu erkunden kann ein sehr Bewusstsein erweiterndes Erlebnis sein. Ich habe extra ein paar Zelte für eine Übernachtung unter den Sternen besorgt.« »Eine Nachteinsatzübung«, hauchte Ms. Gringer und ihre Augen funkelten diabolisch. Den Kindern gefiel gar nicht, was hier gerade passierte. Innerhalb von Sekunden wurde ihre größte Hoffnung zerbombt und aus deren Asche wuchs nun ein weiteres nicht weniger fürchterliches Horrorszenario. Und egal, wer von beiden seinen Willen durchsetzen würde, für die Kinder würde es keinen richtigen Gewinner geben. Sie konnten nur bei diesem Drahtseilakt des Grauens zusehen, bei dem ein Szenario albtraumhafter war als das andere. Die Blicke der Kinder schwangen von einer Lehrkraft zur anderen und innerlich kochte in ihnen der Wunsch sie anzuschreien, dass doch bitte einer von ihnen aufhören möge, damit es nicht noch schlimmer wurde. Aber keiner von ihnen schaffte es aus ihren offen stehenden Mündern auch nur ein Wort hervor zu bringen. »Sonst noch etwas?«, fragte Ms. Gringer. »Nun, die Kinder sind selbst für das Kochen zuständig«, stieß Mr. Anderson noch hervor, was für einen zufriedenen Ausdruck auf Ms. Gringers Gesicht sorgte. »Also Überlebenstraining.« »Nein, nein«, wehrte Mr. Anderson schnell ab. »Vielmehr eine Form von Selbstversorgung.« Es dauerte einige Sekunden, bis die Worte »Selbstversorgung«, »Überlebenstraining« und »selbst für das Kochen zuständig« in die Köpfe eigesickert waren, aber dafür hatten sie eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Wie aus einem Mund fuhr ein Aufschrei purer Entrüstung aus der Klasse, der sich in unzählige Verwünschungen, ungläubiges Schimpfen und in die allgemeine Meinung aufteilte, dass man sowas doch nicht machen konnte. Doch Ms. Gringer ließ sich nicht reinreden und zeigte sich äußerst unbeeindruckt von den farbenfrohen Argumenten. Ein weiteres Mal stieß sie in ihre Trillerpfeife, so laut, dass sich alle die Ohren zuhalten mussten und der Busfahrer sich wünschte diesen wahnsinnigen Haufen endlich aus seinem Bus rausschmeißen zu können. »Überlebenstraining«, sagte sie entschieden und ihre Augen blitzten auf. »Das könnte wirklich für ein bisschen Disziplin sorgen.« Dann ließ Ms. Gringer Mr. Anderson los und legte ihm tatsächlich eine Hand auf die Schulter. »Ich muss sagen, das haben Sie gut gemacht, Mr. Anderson«, sagte sie und klang dabei fast glücklich. »Ms. Gringer ich muss Sie bitten zu verstehen, dass wir wahrscheinlich sehr unterschiedliche Vorstellungen haben, was dieses Camp angeht«, sagte Mr. Anderson und versuchte nachdrücklich zu klingen, während er seinen Traumfänger gerade bog. Es gelang ihm nicht. »Ich hatte die Vorstellung von einem sozialen Projekt. Einer Gemeinschaft, die lernt auf den konsumorientierten Kapitalismus zu verzichten und die Wunder der Natur...« Seine Stimme wurde unter dem scharfen Blick Ms. Gringers immer leiser (was man ihm nicht verübeln konnte, sie hätte einen Panzer damit vierteilen können) und lief ein wenig rot an. »Aber vielleicht findet sich ja auch ein Kompromiss«, quiekte er noch hervor. Ms. Gringers linker Mundwinkel zog sich ein wenig nach oben, aber es ließ sich nicht sagen, ob ein Kompromiss sie zufrieden stellen würde oder ob sie die Vorstellung einfach nur lachhaft fand. Dipper ließ sich zurück in seinen Sitz sinken. Alle seine Vorstellungen davon mit McGucket zusammen Sachen zu erfinden einfach so dahin. »Es sieht so aus als hätten wir nur die Wahl zwischen einem Militärcamp oder einer Hippiekommune«, sagte er zu seiner Schwester. »Ach, nimm's nicht so schwer, Brüderchen«, sagte Mabel aufmunternd. »Ich habe das Gefühl, diese Campsache wird ganz große klasse.« Dipper kannte seine Schwester zu gut, um sich zu fragen ob sie nun endgültig einen Zuckerschock erlitten hatte und vor sich hin fantasierte, aber anders konnte er sich ihren freudigen Ausblick in eine so schwarze Zukunft nicht erklären. Aber Mabels Blick sprach Bände. »Du heckst doch irgendwas aus. Was hast du vor?« Mabel grinste und wiegte ihren Kopf hin und her. »Naja, wir fahren in ein Camp«, sagte sie langsam und betont unschuldig und irgendwo in Dippers Hinterkopf rüttelte ein unheilvoller Gedanke, wie an Gitterstäben. »Nein«, hauchte Dipper. »Und wir sind eine Schule«, führte Mabel ungerührt fort. »Bitte, sag mir nicht, dass...« »Das wird genau wie in...« »Bitte nicht, Mabel. Alles aber nur nicht das«, flehte Dipper. »Genau wie in Camp Highschool!«, rief Mabel freudestrahlend. »NEEEIIIIIIIIIIINNN!«, schrie Dipper entsetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)