Gravity Falls von Sunray (Klassenfahrt in die Stadt des Übernatürlichen) ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 - Limousinen-Metal ----------------------------------------- »Pines! Pines! Pines!«, riefen Dipper und Mabel und stießen die Hände in die Luft. »Ähm Leute?«, sagte Larry. »Pines! Pines! Pines!« »Leute.« »Pines! Pines! Pines! Pines!« »Leute!« Die Zwillinge erstarrte in ihrem Singsang und schauten Larry an. »Was machen wir jetzt?«, fragte er. »Wir gehen zu Soos«, schlug Mabel vor. »Oder zu Wendy«, sagte Dipper. »Oder Candy. Oder Grenda.« Sie sprangen auf und ab vor Begeisterung. Alles woran die Zwillinge in ihrer überschwänglichen Freude denken konnten war, wie schön es war wieder in Gravity Falls zu sein, Larry dagegen machte sich mit einem Mal ziemliche Sorgen. »Ich meine wegen den anderen. Wenn wir die nicht schnell finden, sind wir geliefert. Was glaubt ihr was die Gringer mit uns machen wird, wenn wir nicht bald auftauchen?« Das breite Grinsen auf den Gesichtern von Dipper und Mabel gefror und sie wurden blass. Ihre Euphorie hatte sie ganz vergessen lassen, dass sie noch ein ordentliches Problem zu bewältigen hatten. Ms Gringer war mit eine der strengsten Lehrerinnen auf diesem Planeten. Sie hatte zwar gesagt, wer nicht in den Bus steigt wird zurückgelassen, aber das war nichts weiter als eine Drohung gewesen, ein Überbleibsel aus ihrer Zeit bei den Streitkräften. Wenn sie merkte, dass gleich drei ihrer Schüler fehlten, würde Dipper, Mabel und Larry eine Straffe erwarten, die sich gewaschen hatte und mit jeden weiteren Augenblick den sie verstreichen ließen, konnte es nur schlimmer werden. »Wir müssen zu diesen Bus!« Ohne eine weitere Sekunde abzuwarten rannten die drei los. Der Mann mit dem Cowboyhut trat aus den Schatten der Bäume und betrachtete den Weg der Weird-Neck-Sally. Er hatte die Kinder beobachtet, bis zu dem Punkt an dem das Geistermädchen einen Baum entwurzelt und den Mann beinahe darunter begraben hatte. Der Mann klopfte Dreck von seiner Kleidung und dem Cowboyhut und glättete die Adlerfedern, die im Band steckte. Er ging ein paar Schritte und fuhr mit der Hand durch die Luft, als versuche er dort etwas zu ertasten. Er setzte den Hut wieder auf, kniete sich nieder und nahm eine wenig lose Erde in die Hand. Er roch daran, ließ die Erde durch seine Finger rinnen, horchte auf den Wind, besah die Wolken mit einem prüfenden Blick und ass mit nachdenklicher Miene eine Salzstange, die auf dem Boden lag. Der Junge hatte etwas von einem Mann mit einem Astrana erzählt. Ob das mehr zu bedeuten hatte? Der Mann mit dem Cowboyhut war schlecht in dem was er machte, aber er gab sich Mühe und er spürte ganz genau, dass etwas großes im Anmarsch war. Er prüfte den Weg noch ein kleines Stück, bis er sich zufrieden gab. Dann aß er die restlichen Salzstangen, die er auf dem Boden fand. Dipper wollte sich gar nicht ausmalen, was Ms Gringer mit ihnen anstellen würde, wenn sie an dem Bus ankamen. Er schwitzte mehr aus Nervosität, als aus körperlicher Anstrengung. In seinem Kopf ratterte er alle Möglichkeiten ab, an denen der Bus halten konnte. Gravity Falls war nicht allzu groß, also durfte es nicht so schwer sein den Bus zu finden. Neben ihm lief Larry. Anscheinend hatte sich zwischen den beiden eine Art unausgesprochener Wettlauf gebildet, während Mabel sich am Saum von Dippers Weste festhielt. Da war der Rand zur Stadt. Nur wenige Meter trennten sie von dem Gehweg auf dem einige Passanten entlang gingen ohne sie zu bemerken. Larry wollte gerade auf die Straße springen, als den Zwillingen der gleiche Gedanke durch den Kopf jagte, sie »Stehen bleiben!« riefen, Larry packten und die Fersen in den Boden rammten. »Was soll das denn jetzt wieder?« Larry hustete, weil die Geschwister ihm am Kragen gegriffen hatten. »Wir können nicht einfach so auf die Straße«, sagte Dipper, als würde das alles erklären. »Wenn wir von jemandem erkannt werden, verdirbt das die Überraschungsparty«, fügte Mabel hinzu. »Was für 'ne Überraschungsparty?« »Die Überraschungsparty für unseren Großonkel Stan und Großonkel Fort. Die wissen nämlich gar nicht, dass wir hier sind. Niemand weiß es.« »Ach, und ihr kennt also jeden einzelnen Menschen hier, dass man euch gleich erkennen würde?«, fragte Larry zweifelnd. »Als wärt ihr irgendwelche Promis?« »Naja, also wir kennen nicht jeden einzelnen Menschen persönlich«, sagte Dipper und spähte über die Straße. 'Aber dafür kennt uns so ziemlich jeder.' »Auf jeden Fall müssen wir vorsichtig sein«, sagte Mabel. »Wir müssen uns auf jeden Fall beeilen«, murrte Larry. »Ich hab keine Lust Ärger mit der Gringer zu bekommen.« Mabel klatschte die Hände zusammen. »Okay, ab jetzt heißt es Tarnmodus«, sagte sie, trat in die Büsche und versank darin wie ein U-Boot. Sie versteckten sich hinter einem hohen Busch und beobachteten die Straße (Mabel hielt als zusätzliche Tarnung zwei große Farnblätter in den Händen). »Da drüben«, sagte Dipper und deutete auf eine kleine Gasse, die zwischen zwei Häusern durchführte und in der meistens nur die Mülltonnen abgestellt wurden. »Da gehen wir durch.« Das war der ganze Plan. Sie würden sich zu dritt durch die Seitengassen von Gravity Falls schlagen, bis sie den Bus fanden. Möglichst ohne gesehen zu werden. »Ihr wisst schon, dass ich mich nicht verstecken muss, oder?«, sagte Larry. »Ich könnte einfach so rübergehen.« »Stimmt schon«, sagte Mabel. »Aber das macht doch dann gar keinen Spaß.« »Was denn für Spaß?« »Und los!«, rief Dipper und zusammen sprangen sie über die Straße, liefen so schnell sie konnten in die Gasse und warfen sich hinter die Mülltonnen. Sie fühlten sich wie in Geheimer Mission unterwegs und Larry musste zugeben, so albern es auch war, irgendwie war es schon ganz lustig. Es hatte keine zehn Sekunden gedauert, trotzdem versuchten sie sich alle das Lachen zu verkneifen. Sie schlichen an der Häuserwand entlang und Dipper lugte an der Ecke dicht an die Wand gedrückt erst in die eine und dann in die andere Richtung. Rechts war alles sicher, nur ein paar Leute, die aber in die andere Richtung liefen. Links --- Dipper zog schnell seinen Kopf zurück. Es war nur für den Bruchteil einer Sekunde gewesen, aber... »Alles sicher?«, fragte Mabel. Dipper schüttelte leicht den Kopf. »Larry«, sagte er. »Komm mal her und sag mir, was du siehst.« Mit einem ratlosen Ausdruck auf dem Gesicht schob sich Larry vor Dipper. Die Zwillinge nahmen hinter ihm Deckung, um nicht gesehen zu werden. »Links«, sagte Dipper. »Was siehst du?« Larry spähte um die Ecke herum und das nicht gerade unauffällig. Wahrscheinlich konnten alle Menschen auf der Straße ihn sehen. »Da sind ein paar Leute«, sagte er. »Und Autos?«, sagte Dipper. »Ja, auch Autos.« »Siehst du das schwarze?« »Meinst du das das vor dem Café steht?« »Kannst du sehen, was für eine Marke es ist?« »Hmm«, machte Larry und schob sich noch ein Stück weiter vor. »Das ist ein Astrana.« »Ich wusste es«, zischte Dipper. »Da geht ein Mann zu dem Auto«, sagte Larry weiter. »Lass mich mal sehen«, sagte Mabel und drängte Larry zur Seite. Ein Mann im dunklen Anzug und einem Kaffebecher in der Hand lehnte sich an seinen Wagen. »Oh ja, das ist er.« »Kennt ihr den Typen?«, fragte Larry. »Wir haben ihm doch gesagt, er soll uns in Ruhe lassen«, fluchte Dipper und ignorierte Larrys Frage. Warum war auf einmal der Mann mit dem Astrana hier? Dipper und Mabel hatten ihm doch mehr als klar gemacht, dass er sich von ihnen fern halten sollte. Dipper konnte sich noch deutlich an seine Worte erinnern: »Bis ihr abfahrt, soll ich ein Auge auf euch haben.« Und jetzt waren sie in Gravity Falls und dieser Kerl hing ihnen immer noch an den Fersen. Und dieser Hut tragende Ureinwohner gehörte bestimmt auch zu ihm. All das wollte Dipper so gar nicht schmecken. Mabel wandte sich an ihren Bruder. »Sollen wir warten, bis er weggeht?« »Sieht aber nicht so aus, als ob er es ziemlich eilig hätte«, berichtete Larry. »Er fängt an Zeitung zu lesen.« Dipper war klar, dass sie keine Zeit hatten um lange zu Überlegen. Mit jeder Sekunde die verging liefen sie erstens; Gefahr entdeckt zu werden, zweitens, war der Bus vielleicht schon in Gravity Falls und sie hatten noch keine Ahnung wo und drittens, wurde die Möglichkeit immer größer, dass es auffiel, dass sie fehlten. Wenn das nicht schon längst passiert war. Dipper entschied kurz entschlossen, dass es egal war ob der Mann mit dem Astrana sie sah oder nicht. Er wusste ohnehin, dass sie in Gravity Falls waren. Gefallen wollte Dipper das ganze aber trotzdem nicht. In kurzen Worten erklärte er seinen Plan. Sie würden einfach versuchen, nicht von dem Mann mit dem Astrana gesehen zu werden, der gemütlich seinen Kaffee trinkend, an seinem Auto lehnte. Er blätterte eine Zeitung durch, war also abgelenkt. Mit dem richtigen Timing müsste es ihnen gelingen, unbemerkt an ihm vorbei zu kommen. »Okay«, sagte Dipper, der einen letzten vorsichtigen Blick auf den Astrana-Mann warf und winkte die beiden anderen raus. »Los. Aber langsam.« So unauffällig wie möglich traten sie zu dritt aus der Gasse und schlenderten zur Straße. Sie hielten aus den Augenwinkeln ihren Blick auf den Astrana-Mann gerichtet, der in seine Zeitung versunken war und achteten deswegen eine Sekunde lang nicht auf den Verkehr. Eine glänzend schwarzes Auto versperrte ihnen aus heiterem Himmel mit quietschenden Reifen den Weg und erschrocken wichen sie einen Schritt zurück. Nicht bloß ein Auto, wie Dipper erst auf den zweiten Blick erkannte, sondern eine lange Stretchlimousine. »Wow«, entfuhr es Larry. Fast schon aufreizend langsam wurde eine der dunkel getönten Scheiben heruntergefahren und ein junges Mädchen blickte sie an. »Pacifica!«, riefen Dipper und Mabel wie aus einem Mund. Pacifica Northwest, Erbin der Northwest Familie, der wohlhabendsten Familie in ganz Gravity Falls, schien gerade von ihrem Tennistraining zurück gekommen zu sein. Unter ihren blonden Haaren trug sie ein beschirmtes Stirnband, ebenso weiß wie ihre Handschuhe waren ihr Poloshirt und Rock, die beide mit den Buchstaben NW bestickt waren. Obwohl sie gerade vom Sport kam, schien sie kein wenig verschwitzt zu sein, hatte Ohrringe und Make-up aufgelegt. »Sieh mal einer an«, sagte sie und Dipper erkannte sofort, dass sie noch immer eine Meisterin des, Ich-bin-besser-als-du-Tonfalls war. »Dipper und Mabel Pines. Zurück in Gravity Falls, wie ich sehe.« Dipper ließ sich von ihrer Art nicht beirren. Sie hatten Pacifica als arrogante Ziege kennengelernt, die sich etwas auf den Reichtum ihrer Eltern einbildete aber hinter der Fassade einer neureichen Göre steckte eine ganz passable Persönlichkeit. Immerhin hatte sie Dipper und Mabel einmal das Leben gerettet, indem sie sich ihren Eltern widersetzt hatte und sie hatte ihnen bei dem Kampf gegen Bill geholfen, also wäre es für Dipper keine Übertreibung, sie als mindestens nett zu bezeichnen. Vielleicht sogar etwas mehr. »Was für ein krasser Schlitten!« Begeistert legte Larry seine Hände auf den Wagen und betrachtete seine Spiegelung im Lack. »Hey, tatsch ja nicht den Wagen an! Der ist frisch gewachst!«, fauchte Pacifica so gebietend, wobei sie sich mit funkelnden Augen aus dem Fenster lehnte, dass Larry seine Hände blitzschnell in seinen Taschen versenkte. Mabel preschte in diesen Moment vor, um Pacifica in eine Würgegriff ähnliche Umarmung zu drücken und kreischte lauthals: »Überraschungsknuddler!« »Iiiih! Lass das! Du machst meine Sachen ganz dreckig!«, schimpfte Pacifica, die gleichzeitig versuchte Mabel von sich fern zu halten und nicht aus dem Auto zu stürzen. »Kennt ihr die etwa auch?«, murmelte Larry Dipper zu. Pacifica wand sich aus Mabels Umklammerung und pustete sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. Dipper warf einen Blick zu dem Mann mit dem Astrana herüber, der plötzlich dabei war seine Zeitung zusammen zu falten und zu einem Mülleimer schlenderte. Sobald er sich zu seinem Wagen drehte, würde der Astrana-Mann sie sehen. »Hey, Pacifica. Kannst du uns ein Stück mitnehmen?«, platzte Dipper heraus. »Was? Euch mitnehmen?«, wiederholte Pacifica schnippisch. »Tut mir leid aber ich habe keine Zeit euch durch die Gegend zu kutschieren.« »Ach bitteeeee!« Mabel machte ihren rührendsten Hundeblick und legte bettelnd die Hände zusammen. »Der Freundschaft zuliebe.« »Kommt gar nicht in Frage«, wehrte Pacifica ab. »Ich habe selbst genug Kram um die Ohren.« »Komm schon, Pacifica«, drängte Dipper. »Sei doch nicht so.« »Nein! Gaston, fahren Sie weiter.« In diesem Moment passierten zwei Dinge. Der Astrana-Mann drehte sich zu ihnen um, und für eine Sekunde trafen sich sein und Dippers Blick. Eine Sekunde später rauschte ein Bus an ihnen vorbei und bog an der nächsten Biegung ab. »War das nicht unser Bus?«, sagte Larry. »Rein da!« Dipper griff nach dem vergoldeten Türgriff der Limousine und riss die Tür auf, gleichzeitig packte er Larry und schob ihn in das Innere des Wagens, dicht gefolgt von Mabel und ihm selbst. »Hey!«, schrie Pacifica. »Folgen Sie dem Bus!«, forderte Dipper den Fahrer auf, doch der starrte sie nur überrascht durch seinen Rückspiegel an. Trotz seiner zurück gegelten Haare und säuberlich gestutzten Bart erkannte Dipper ihn praktisch sofort an seinen schneeweißen, fast schon pupillenlosen Augen. »Ghosteye?!« Der Ex-Knacki hob grüßend seine Hand. Pacifica verschränkte die Arme vor ihrer Brust. »Gaston fährt nirgendwo hin, wenn ich es nicht sage.« »Oh bitte, Pacifica. Bitte, bitte, bitte bitte, bitteeeeee!«, flehte Mabel. »Wenn wir nicht rechtzeitig zu diesem Bus kommen, sind wir erledigt«, steuerte Dipper bei. Pacifica rang einen Moment mit sich selbst, schaute von einem zum anderen und brach schließlich in ein entnervtes Stöhnen aus. »Na gut. Gaston, folgen Sie dem Bus.« »Jawohl, Fräulein Northwest.« Der Fahrer setzte den Blinker, schob sich gemütlich auf die Straße und folgte der Straße, wie es der Bus getan hatte. »Ihr hättet wenigstens eure Schuhe abklopfen können!«, schimpfte Pacifica, beim Anblick ihrer mit Erde verkrusteten Schuhe. »Geht das nicht ein wenig schneller?«, fragte Dipper gereizt, als sie an einer Ampel hielten und der Bus hundert Meter weiter wieder Abbog. »Mein Herr, ich fahre die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit«, antwortete Ghosteye in einen für ihn unpassend höflichen Tonfall. »Zur Hölle mit den Verkehrsregeln!«, kreischte Mabel. »Tritt aufs Gas, Mann!« Ghosteye warf Pacifica einen fragenden Blick zu. »Fräulein Northwest?« »Gaston. Dalli«, sagte sie nur. Ein animalisches Grinsen machte sich auf Ghosteyes Gesicht breit. Er warf die Mütze zur Seite und krempelte seine Ärmel hoch unter der kräftige tätowierte Arme zum Vorschein kamen. Er griff um das Lenkrad, legte einen Gang in der Schaltung um und ließ den Motor grollen. »Auf so was habe ich schon so lange gewartet. Helme sind unter den Sitzen!« »Helme?«, wiederholten Mabel und Dipper verwirrt. Pacifica hatte schon unter ihren Sitz gegriffen und setzte sich einen rosafarbenen Schutzhelm auf, als wäre das für sie etwas ganz normales. Sie lehnte sich zurück und fügte zu Mabel und Dipper mit einem viel sagenden Lächeln hinzu: »Ihr solltet euch jetzt hinsetzen und anschnallen.« Die Ampel sprang wieder auf grün und Ghosteye trat das Gas bis zum Anschlag durch. Mit quietschenden Reifen schoss die Limousine vorwärts und Dipper und Mabel wurden von den Füßen gerissen und rollten bis zur Rückbank. Larry, der mit einem zufriedenen Lächeln die Beine auf der Seitenbank ausgestreckt hatte, rutschte auf den glatten Lederbezügen zu ihnen hinunter. Ghosteye jubelte. Dipper und Mabel zogen sich neben Pacifica auf die Rückbank und holten schnell die bereitgelegten Schutzhelme heraus. »Gott, die Limo ist groß genug. Ihr müsst euch nicht unbedingt neben mich setzen«, keuchte Pacifica, als Ghosteye eine Kurve wie ein ausgebildeter Rennfahrer nahm und von Mabel und Dipper eingedrückt wurde. Sie schafften es die Helme anzuziehen, als Ghosteye auf die Gegenfahrbahn raste, um gleich drei Autos zu überholen. »Danke, Pacifica«, sagte Dipper. »Wir schulden dir was.« »Das kannst du wohl laut sagen.« Ghosteye schlug auf das Lenkrad und ließ ein Hupkonzert durch die Stadt erklingen. »Wir haben ihren Bus gefunden, Fräulein Northwest!« »Oh super!«, freute sich Mabel. »Moment mal.« Larry kämpfte sich nach vorne und klammerte sich an das Sichtfenster um einen genauen Blick auf den Bus zu werfen. Mit bleichem Gesicht drehte er sich zu Dipper, Mabel und Pacifica um. »Das ist nicht unser Bus.« »Was?«, riefen die Zwillinge. »WAS?«, rief Ghosteye. »Das is'n ganz normal Stadtbus!« »Gaston«, sagte Pacifica drohend. »Tut mir leid, Fräulein Northwest«, gestand Ghosteye kleinlaut. »Da waren auf einmal so viele Busse. Eine ganze Millionen mindestens.« »Da waren nur zwei Busse!«, widersprach Larry. »Na schön, du Schlauberger«, knurrte Ghosteye, packte Larry am Kragen und zog ihn durch das Sichtfenster zu sich auf den Beifahrersitz. »Dann sag du mir, wo ich lang fahren soll! Warte-!« Er setzte Larry einen Helm auf. »Sicherheit geht vor! Und hier-«, er reichte Larry eine Plastiktüte. »Die wirst du vielleicht brauchen.« »Zeig's ihm, Larry! Wuhuu!«, jubelte Mabel. »Na schön«, entgegnete Larry, dessen Kampfgeist plötzlich geweckt zu sein schien und schnallte sich fest. Er schien keine Angst vor dem irren Fahrer zu haben, sondern vielmehr das alles zu genießen. »Da lang!« Ghosteye scherte scharf aus und überholte den Bus. »Dreh die Anlage auf, Kleiner! Ich brauch ordentliche Musik, wenn ich jemanden verfolge!« Eine Sekunde später donnerte harter Metal durch die Limousine und Ghosteye trat noch härter auf die Tube. »Seit wann ist Ghosteye bei dir?«, kam es Dipper über die Lippen. Das letzte Mal, dass er ihn gesehen hatte, war Ghosteye noch ein Teil von Gideon Gleefuls Knastgang gewesen. »Seit ein paar Wochen«, antwortete Pacifica ruhig. »Gideon hat ihn mir geliehen.« »Aber wieso arbeitet er für dich?« »Das gehört zu seinem Resozialisierungsprogramm. Damit er sich wieder in die Gesellschaft einfügt – Hey, Gaston!«, fauchte sie dann gegen das Wagendach schlagend, als sie sah, dass Ghosteye johlend seinen Kopf aus dem Fenster streckte und Larry es ihm gleichtat. »Verhaltensordnung! Verhaltensordnung!« Aber all ihr Zetern brachte nichts und Ghosteye ließ die Scheibe des Sichtfensters hochfahren, was wenigstens die Lautstärke der Musik ein wenig minderte. »Gutes Personal ist so schwer zu bekommen.« Seufzend ließ sich Pacifica zurücksinken. »Ich hatte eigentlich gedacht, dass deine Familie Bankrott gegangen ist«, gestand Dipper. »Ja, wart ihr nicht absolut Pleite?«, warf Mabel ein. »Wie könnt ihr euch dann noch sowas leisten?« »Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?« Pacifica klang ernsthaft schockiert. »Das hier ist unsere einzige Limousine! Ein Zweitwagen! Und diese Sachen«, sie zupfte an ihrer Kleidung, wie an einem ekeligen Fetzen und senkte die Stimme, als könne man sie belauschen. »Das sind... die gleichen wie von letzter Woche!« Dipper und Mabel fiel es gleichermaßen schwer allzu tiefes Mitleid mit Pacifica zu haben. »Hattest du während dem Weirdmageddon nicht bloß einen Kartoffelsack an?«, erinnerte sich Mabel. »Wenn du das irgendjemand erzählst...« Pacifica drohte ihr mit der Faust, was Mabel mit einem breiten Grinsen abtat. »Aber falls ihr es unbedingt wissen wollt: wenn meine Familie in einer Sache gut ist, dann ist es Geld zu machen«, stellte Pacifica klar. »Hm«, sagte Dipper, der sich daran erinnerte, wie die Northwest Familie zu ihrem Reichtum gelangt war. »Doch nicht etwa auf althergebrachte Weise?« »Bitte! Glaubst du wir würden sonst jemanden wie ihn einstellen?« Pacifica wies mit dem Kinn zu Ghosteye, der zu fetter Rockmusik zusammen mit Larry den Kopf vor und zurückschleuderte und es trotzdem schaffte nicht in eine nahe gelegene Häuserwand zu rasen. Dass sie noch nicht von einer Horde Polizeiautos gejagt wurden, schien an ein Wunder zu grenzen. »Und seit wann seit ihr wieder hier?«, fragte Pacifica und eine gewisse Kühle lag deutlich in ihrer Stimme. War sie etwa sauer, dass sich Dipper und Mabel nicht gemeldet hatten? »Praktisch seit gerade eben«, erklärte Dipper. »Wir haben den Geist von Weird-Neck-Sally gesehen«, sagte Mabel. »Kaum da und schon wieder böse Geister am austreiben.« Pacifica schmunzelte kalt. Sie war anscheinend wirklich wütend, dass sie sich nicht gemeldet hatten. »Das war eher unabsichtlich«, versuchte Dipper die Situation zu retten, wurde aber von Pacifica unterbrochen. »Was soll's? Wen interessiert das schon«, herrschte sie und verlor für einen Moment die Fassung. »Es freuen sich wahrscheinlich schon genug Leute darüber euch wieder zu sehen.« Dann schien sie zu begreifen, was sie gerade gesagt hatte und drehte ihr rot angelaufenes Gesicht zum Fenster. »Nicht, dass ich mir irgendwas aus euch machen würde. Versteht das jetzt ja nicht falsch.« »Niemand weiß, dass wir hier sind«, machte Dipper den Versuch zu erklären. »Wir sind wegen unserer Klassenfahrt hier«, meldete sich Mabel verschmitzt lächelnd zu Wort. »Quasi ein Überraschungsbesuch.« »Ein Überraschungsbesuch?« »Genau. Wie in: Überraschung, Pacifica!« »Wir planen eine Überraschungsparty für Gronkel Stan und Gronkel Ford.« »Na das klingt ja mal aufregend.« Sie konnten praktisch hören, wie Pacifica mit den Augen rollte. »Und es wäre echt nett von dir«, Mabel griff über Dipper hinweg nach Pacificas Hand, »wenn du niemanden erzählst, dass wir hier sind. Bitte, bitte.« Wieder machte sie ihren alles erweichenden Hundeblick. »Ich verspreche euch alles, wenn du nur meine Hand loslässt«, sagte Pacifica giftig und versuchte ihre Hand loszureißen. Mabel strahlte. »Du bist die beste, Pac.« »Nenn mich ja nicht so«, sagte Pacifica, doch in ihrem Mundwinkel blitzte tatsächlich so etwas wie ein Lächeln auf. Plötzlich hielt die Limousine mit quietschenden Reifen. Larry und Ghosteye hatten in ihrer Headbanging Session eingehalten und deuteten nach vorne. Auf einem Platz, den man in Gravity Falls großzügiger Weise den Busbahnhof nannte, stand ihr Reisebus, aus dem langsam ihre Klassenkameraden strömten. Jetzt zählte jede Sekunde. Mit etwas Glück konnten sie sich unter die anderen Mischen, ohne dass man sie bemerkte. Sofort sprangen Dipper und Mabel auf und nahmen die Helme ab. »Danke, Pac. Du bist die Beste«, rief Mabel, als sie zu Larry auf die Straße sprang. »Nenn mich nicht so!« »Du hast was gut bei uns« wiederholte Dipper und wollte gerade seiner Schwester folgen, doch Pacifica hielt ihn für einen Moment zurück und hielt ihm eine kleines Stück Papier entgegen. Mit Rosa Schrift war darauf eine Telefonnummer geschrieben, drüber Pacificas Name mit herzförmigen I-Punkten. »Ruft mich an, wenn ihr Hilfe bei eurer blöden Party braucht«, sagte sie und wirkte tatsächlich etwas verlegen. Dipper nahm den Zettel und steckte ihn in seine Tasche. »Machen wir. Fest versprochen, Pac.« »Jetzt fang du nicht auch noch an.« Mit einem kleinen Lächeln schloss Pacifica die Tür und die Limousine raste mit hundertachtzig Sachen und laut dröhnend die Straße hinunter. Larry trug noch immer seinen Schutzhelm und wanderte auf und ab, als hätte er gerade die genialste Achterbahnfahrt seines Lebens gehabt. »Das war absolut abgefahren!« »Ich sag's ja immer wieder«, sagte Mabel zufrieden mit dem Kopf nickend. »Beste Klassenfahrt aller Zeiten.« »Absolut!« »Und da kommt noch viel mehr. Nicht wahr, Dipper? Dipper?« Aber Dipper war plötzlich weniger begeistert. Als Mabel sich zu ihrem Bruder umdrehte, starrte er hinüber zu dem Bus. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel wir von unserer Klassenfahrt noch übrig haben«, sagte er. Mabel und Larry folgten seinem Blick und merkten sofort, dass etwas nicht stimmte. Die ganze Klasse redete wild durcheinander auf jemanden ein, der durch Ms Gringers gewaltige Statur verdeckt wurde. Dann sahen sie etwas, das ihnnen einen gewaltigen Kloß in den Hals jagte und alle Hoffnungen zunichte machte. Ein Polizeiwagen. Ms Gringer hatte die Polizei verständigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)