Gravity Falls von Sunray (Klassenfahrt in die Stadt des Übernatürlichen) ================================================================================ Kapitel 4: Süße Albträume - Teil 1 ---------------------------------- Es war mitten in der Nacht vor der Abfahrt nach Gravity Falls, als Mabel mal für kleine Prinzessinnen gehen musste und im Zimmer ihres Bruders Licht bemerkte. Vorsichtig öffnete sie die Tür. „Dipper, ist alles in Ordnung?“, fragte sie leise und schrie fast im gleichen Moment laut auf. Dipper stand mitten im Zimmer, so als hätte er die ganze Zeit damit verbracht auf und ab zu gehen und sah schlimm aus. Sein Gesicht war blass und eingefallen, sein Haar zerzaust und er hatte Ringe unter den Augen, die ihm fast bis zu den Knien hingen. Bevor jemand von Mabels anhaltendem Schrei geweckt werden konnte, drückte Dipper ihr eine Hand auf den Mund und zog sie in sein Zimmer. Sie trat sofort auf einen Haufen Papiere die kreuz und quer über den ganzen Boden verteilt waren und Mabel an einen Papierteppich erinnerte. Die Wand über Dippers Computer war zugepinnt mit Notizen, die mit einem Netz aus Fäden miteinander verbunden waren. „Hey, willst du etwa ein Papierzimmer erfinden?“, fragte Mabel begeistert. „Nein“, sagte Dipper kurz angebunden, schloss leise die Tür und drehte sich zu ihr um. „Dipper, du siehst aus als wolltest du Mitglied einer Gruffti-Rockband werden“, sagte Mabel. Dipper leerte mit einem Zug den Rest einer Colaflasche und warf sie zu einen ganzen Haufen an seinem Bett. „Ich war die ganze Zeit wach“, sagte er. Seine Stimme klang aufgedreht und er rang die Hände als er anfing wieder auf und ab zu gehen. „Ich habe versucht Info's zu sammeln. Habe mir Fragen gestellt. Wer will, dass wir nach Gravity Falls kommen? Was ist so wichtig, dass sogar ein Spezialist dafür angeheuert werden muss? Weißt du noch was dieser Mann gesagt hat?“ „Nehmt endlich dieses Ding von mir runter?“ „Nein! Er hat gesagt, dass es noch mehr in Gravity Falls gibt. Noch mehr Geheimnisse. Noch mehr Übernatürliches!“ „Na und? Das wissen wir doch schon.“ „Na und?“, wiederholte Dipper ungläubig. „Mabel wir müssen uns vorbereiten. Uns auf alles gefasst machen. Ich habe versucht zu recherchieren. Über unerklärliche Dinge die in Gravity Falls passiert sein können. Aber ich hab kaum was gefunden. Bestimmt hat Großonkel Ford eine Methode entwickelt um sowas direkt aus dem Internet zu löschen, damit keiner was davon erfährt.“ Mabel ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. „Kaum was gefunden?“, wiederholte sie ungläubig. „Und was ist das dann alles?“ „Möglichkeiten. Ich versuche so viele mögliche Szenarien durchzugehen, wie nur möglich.“ Mabel bückte sich und hob einen Zettel auf. Das was darauf geschrieben war, klang wie einer der schlechten Horrorfilme aus Gravity Falls: Atomar verseuchte Puddingmonster aus dem All. „Ist das dein Ernst?“, fragte Mabel trocken. „Es ist eine Möglichkeit“, zischte Dipper beleidigt und riss ihr das Blatt aus den Fingern. Die Worte des Spezialisten gingen wieder durch ihren Kopf. „Glaubst du wirklich du hättest schon alles gesehen? Denkst du ernsthaft, es gäbe dort keine Geheimnisse mehr? Glaub mir. Da ist noch so viel mehr.“ „Hast du dir echt die ganze Zeit darüber Gedanken gemacht?“, fragte sie besorgt. „Ich möchte nur Abwägen, was uns passieren könnte.“ „Aber das kannst du nicht“, erwiderte Mabel. „In Gravity Falls ist so ziemlich alles möglich. Außerdem ist da ja auch noch Gronkel Ford, der hat da bestimmt alles unter Kontrolle, meinst du nicht auch? Was bringt es dir, dir jetzt den Kopf zu zerbrechen? Wir fahren Morgen ab. Du solltest noch ne Runde schlafen bevor es losgeht. Du siehst grauenhaft aus.“ Dipper sah in die Spiegelung seines Computerbildschirms und erschreckte sich sogar vor sich selbst. Er schien das erste Mal zu realisieren, dass er wie ein durchgeknallter Wissenschaftler mit einer Woche Schlafentzug aussah. „Siehst du? Weißt du noch, was du mir versprochen hast? Kein Verfolgungswahn mehr. Halt dich dran. Stell dir nur mal vor, Wendy würde dich so sehen, wenn wir ankommen.“ Der Wendy-Joker verfehlte sein Ziel nie bei ihrem Bruder, das wusste Mabel ganz genau. So auch dieses Mal. Dipper grub seine Finger in sein Shirt. „Meinst du, ihr würde das auffallen?“ „Dass du aussiehst wie ein Zombie und auch so riechst wie einer? Neeeeein und wenn, wäre ihr das bestimmt total egal.“ Dipper seufzte schwer. „Du hast wohl recht.“ „Natürlich habe ich recht, wie immer.“ „Aber wie soll ich jetzt noch einschlafen? Ich habe eine gute Millionen Liter Cola in mir.“ „Da weiß ich genau das Richtige“, sagte Mabel triumphierend und öffnete Dippers Kleiderschrank. Dann sprang sie herum und warf Dipper etwas in den Arm. „Erinnerst du dich noch daran?“ „Mr. BärBär.“ Mr. BärBär war früher Dippers liebstes Kuscheltier gewesen. Der Name war einfach abgeleitet worden, weil Dipper immer wieder „Bär Bär“ gesagt hatte, wenn er seinen Teddy haben wollte. Jahrelang hatte es Dipper in einen tiefen und sorgenfreien Schlaf versetzen können. Doch mit den Jahren hatte Dipper ihn in seinen Schrank deponiert und dort einfach liegen gelassen. Dipper hob eine Augenbraue. „Echt jetzt? Du willst, dass ich damit schlafen gehe?“ „Ach, sag das doch nicht so, du alter Miesepeter. Schau mal, Mr. BärBär freut sich so dich zu sehen“ Mabel nahm Mr. BärBär, ließ seine Stoffarme mit ihren Fingern wackeln und verstellte ihre Stimme: „Ja Dipper, alter Compadre. Ich hab dich so vermisst. Lass uns mal wieder zusammen abhängen. Zusammen ein richtig tolles Abenteuer erleben.“ „Mabel...“ „Alter Haudegen...“ „Mabel...“ „Alter Kupferstecher.“ „Mabel...“ „Alter Frauenschwarm.“ Dipper riss Mabel das Stofftier aus der Hand und presste es sich an die Brust. „Hör auf Mabel, so spricht Mr.BärBär überhaupt nicht.“ Mabel grinste triumphierend und Dipper stellte kalt erwischt fest, dass er auf ihren Trick hereingefallen war. „Na schön, du hast gewonnen“ knurrte er. „Bist du jetzt zufrieden?“ Mabel nickte. „Ja. Und du wirst es auch sein, wenn du morgen aufwachst.“ „Gute Nacht, Mabel.“ „Nacht, Dipper.“ Es war doch nicht so einfach für Dipper einzuschlafen, wie Mabel es sich vorgestellt hatte. Er wälzte sich zuerst hin und her und presste die Augen zusammen nur um sie nach wenigen Sekunden wieder aufzureißen. Mr. BärBär hatte er an den Rand seines Bettes gelegt. Niemals würde er damit Kuscheln, wie ein Kleinkind. Stöhnend setzte er sich im Bett auf und griff nach einem Buch, das er sich für ein paar Dollar im Internet bestellt hatte: Vergessene Zaubersprüche und Zauberformeln. Ein Führer durch die Welt übernatürlicher Worte. Auf einem großen roten Aufkleber stand zusätzlich: Vorsicht Wirkungsvoll! Dipper war sich ziemlich sicher, dass diese Zaubersprüche nicht echt waren. Woher überhaupt sollte der Autor diese Zaubersprüche kennen, wenn sie doch angeblich schon längst vergessen waren? Warum er es sich doch gekauft hatte? Neugierde. Er war irgendwie auf einer Auktionsseite gelandet, auf der dieses Buch Feil geboten worden war und ehe er sich hatte versehen können, hatte er sieben Dollar fünfundzwanzig dafür geboten. Jetzt blätterte er durch die Seiten und überflog die einzelnen Sprüche. So ziemlich alle waren auf Latein und jeder einzelne besaß eine zusätzliche Erklärung über Wirkung und Dauer und andere Kleinigkeiten. Er glaubte zwar nicht, dass diese Sprüche funktionieren würden, trotzdem vermied Dipper es die Worte die er las laut auszusprechen. Als er das letzte Mal einen Zauberspruch benutzt hatte, waren Zombies über die Mystery Shack hergefallen und so etwas brauchte er kein zweites Mal. Seine Augen schweiften über die Zeilen und nahmen einige lateinische Wörter auf und Fetzen von Erklärungen ohne einen Sinn zu ergeben. Bis ein Spruch seine Aufmerksamkeit weckte. Ein Zauber gegen Schlaflosigkeit. Das war doch im Moment genau das richtige für ihn. Wenn er funktionierte, würde er endlich schlafen können. Wenn nicht, dann hätte er Gewissheit darüber, dass diese Formeln doch nur ausgemachter Humbug waren. Dipper dachte einen kurzen Augenblick darüber nach. Aber was sollte schon schlimmstenfalls passieren, wenn dieser zauber wirklich wirkte? „Somnum“, sagte er leise. „ et Somnium autem Opheuris. Per Somnia Orpheus, per Somnia Orpheus, per Somnia Orpheus.“ Dipper wartete einen Augenblick. „Nichts“, sagte er, als nicht passierte. „Na, das hätte mir auch klar sein sollen. Diese Sprüche sind nicht weiter als...“ Dann fiel sein Kopf – patsch- auf das Buch und er begann zu schnarchen, ohne dass er es merkte. Anscheinend funktionierten diese Zauber also doch. Dipper hätte sich wirklich den Hinweis durchlesen sollen, der unter dem Zauber stand, denn das was ihn erwartete, war alles andere als ein erholsamer Schlaf. Mabel träumte von Bergen aus Regenbogengarn, Hunden mit einem Fell wie Schafe, Schmetterlingen mit Beinen von Olympiasprintern und Rain, dem schnuckeligen Hauptcharakter aus Fast Finale Fantasie 7, mit den langen Haaren und den muskulösen Armen. „Komm“, sagte er zu Mabel und reichte ihr seine Hand. „Ich nehme dich mit, wo der Honig fast so süß ist wie du. Das schwöre ich bei meinem Lebensbalken.“ „Oh, Rain, du alter Tunichtgut.“ Er donnerte mit ihr auf seinem Motorrad über die Hügel und picknickten auf einer gelben Wiese. Rain wollte Mabel gerade eine Tasse Tee reichen, als plötzlich alles düster wurde. Die Farbe wich aus praktisch allem und wurde gräulich. Der strahlende Himmel zog sich mit dicken Wolken zu. „Was ist denn jetzt los?“, fragte Mabel. Rain sprang auf und stellte sich schützend vor sie. „Keine Sorge, meine kleine Prinzessin. Ich beschütze dich“, sagte er mit einem Lächeln, das erste seine Zähne und dann auch noch seine Augen wie kleine Sterne funkeln ließ. Doch dieses Lächeln währte nicht lange. Einen Moment lang sah es so aus, als würde ein Schatten über Rains Gesicht huschen. Dann verzerrten sich die Züge des JRPG-Charakters zu einer schmerzhaften Fratze. Er fiel auf die Knie und krümmte sich, als hätte er ganz üble Bauchschmerzen. Mabel legte ihm verängstigt eine Hand auf die Schulter. „Rain, ist alles in Ordnung?“ „Bei... meinem... Lebensbalken....“, keuchte Rain und schlug sich die Hände vors Gesicht. Sein ganzer Körper begann zu zittern und er schrie und keuchte. „Rain, wie kann ich dir helfen?“, rief Mabel. Dann wurde Rain plötzlich ganz ruhig. Das Zittern erstarb so schnell wie es gekommen war. Er stützte sich mit den Händen auf den Boden ab und atmete schwer ein und aus. Dann hob Rain den Kopf. Aber es war nicht mehr Rains sexy Animegesicht darin, sondern das Gesicht von Mabels Gronkel Stan! „Lauf weg!“, schrie er. „AAAAAHHH!“, schrie Mabel. Rain wurde eingehüllt in etwas das aussah wie hunderte Lagen von hauchdünnen dunklen Tüchern, die plötzlich aus dem Boden hervor stoben wie ein wütender Vogelschwarm. Sie flatterten um ihn herum, legten sich über jede Stelle seines Körpers, bis er aussah wie eine schwarze Mumie. Die Tücher strafften sich und zogen Rain mit sich in ein Loch im Boden. Ein tiefes Lachen ließ Mabel aufspringen: „Muahahahahahahaha!“ „Wer ist da?“, rief Mabel. „Komm raus, dann kannst du was erleben, dafür was du meinem Schnuckel angetan hast!“ „Etwas erleben, ja...“, sagte eine Stimme und ein riesiger Schatten fiel über Mabel. „Noch einmal etwas erleben.“ Langsam drehte sich Mabel um. Hinter ihr stand etwas gewaltiges. Etwas, dass sie niemals für möglich gehalten hätte. „Du...?!“, rief sie ungläubig. Noch bevor sie schreien konnte, hatte er sie schon mitgenommen. Dippers Traum war sehr merkwürdig. Zuerst, weil irgendwie einfach nichts passierte. Er ging einfach durch ein Haus das aussah wie eine verschachtelte Mischung aus seinem zu Hause und der Mystery Shack. Nur war alles viel größer. Die Flure waren länger und die Decken höher und überall gab es Treppen, die nach oben und unten und manchmal sogar nirgendwohin führten. Zudem fühlte sich alles unnatürlich real an. Dipper fühlte sich unangenehm an das eine Mal erinnert, als er zusammen mit Mabel und Soos im Hirn seines Gronkels unterwegs gewesen war. Das war auf jeden Fall kein normaler Traum. Wenn er träumte, merkte Dipper das meist gar nicht wirklich, erst dann, wenn er wieder aufwachte. Aber das hier war doch ein Traum, oder? Wahllos öffnete Dipper eine Tür, hinter der eine Backsteinmauer zum Vorschein kam. Hinter einer anderen sah es genau so aus. Was sollte denn das? Die Türen in Stans Gehirn hatten immer irgendwohin geführt. Aber vielleicht war Träumen ja etwas anderes, als in seinem Gehirn unterwegs zu sein. Dipper öffnete einige andere Türen. Hinter allen waren Steine. Das war doch irgendwie sinnlos. „Alle Türen sind zu, Dipper“, sagte eine Stimme unvermittelt. Dipper sah den Flur hinunter. Aus dem Schatten kam mit weiten stampfenden Schritten eine große Gestalt näher, deren Kopf fast bis zur Decke reichte und Dipper konnte nicht glauben, wen er da vor sich sah. „Mr. BärBär?“ „Hallo Dipper. Lass uns mal wieder was zusammen erleben, Kumpel.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)