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Now You See Me

Thor & Loki
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hab das Update gestern komplett vergessen, sorry!
Dafür geht's jetzt weiter. :) Komplett anzeigen

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Am schlimmsten war das Nichtwissen.

Nicht zu wissen, wo Loki war, mit was für Leuten er sich umgab oder in was für Gefahren er sich auf seiner Reise brachte, war für Thor auf Dauer kaum zu ertragen.

In der ersten Zeit, nachdem sein Bruder sie verlassen hatte, ging er darum mehrmals täglich zu Stark, damit er seine technischen Anlagen dazu brachte ihm zu verraten, wo Loki gerade war.

„Kalifornien“, sagte Stark am ersten Tag.

„Hawaii“, teilte er Thor am zweiten Tag mit.

„Manila“, sagte er am dritten Tag und Thor nickte, während er ruhelos im Raum auf- und ablief.

„Tut mir leid, ich habe keine Ahnung“, entgegnete Tony schließlich am fünften Tag und Thor starrte ihn verständnislos an. „Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat, aber er hat das GPS auf seinem Smartphone deaktiviert.“

Und als Thor ihn weiterhin wortlos ansah, fügte Tony seufzend hinzu:

„Er hat das Element auf seinem Kommunikationsgerät ausgeschaltet, das es mir ermöglicht, seine genaue Position zu erfahren.“

Thor nickte. Er konnte nicht behaupten, dass ihn diese Nachricht überraschte. Sein Bruder hatte es noch nie leiden können, wenn man ihm nachspionierte.

„Gibt es eine Möglichkeit, ihn auf anderem Weg wiederzufinden?“, fragte er, während er den Drang unterdrücken musste, mit Sturmbrecher den Bifröst zu öffnen, um selbst nach Loki zu suchen.

Tony nickte kurz. „Seine Kreditkartenabrechnungen sollten ausreichend Aufschluss über seinen Aufenthaltsort geben. Wann immer er mit seiner Karte bezahlt oder Geld abhebt, wissen wir, wo er ist – oder zumindest, wo er es zu diesem Zeitpunkt war.“

Er legte beruhigend eine Hand auf Thors Oberarm.

„Keine Sorge, Kumpel, so schnell verlieren wir ihn nicht aus den Augen. Und wie ich deinen Bruder kenne, kann er auch gut auf sich selbst aufpassen.“

Und Thor wusste, dass Tony Recht hatte – er wusste, dass Loki verärgert wäre, würde er ihm folgen und einmal mehr seine Freiheit einschränken – und dennoch wurde er das unbestimmte Gefühl nicht los, dass sein Bruder ihn brauchte.

 

„Ich bin mir sicher, es geht ihm gut, Thor“, sagte Steve ein paar Tage später, als sie beim Training eine Pause einlegten.

Ihm war nicht entgangen, dass Thor mit den Gedanken woanders war, während sie im Nahkampf gegeneinander antraten. Steve war zwar gut, aber nicht so gut, dass er den anderen Mann sechs Runden nacheinander ohne Schwierigkeiten besiegen konnte. Jedenfalls nicht, wenn Thor mit Konzentration dabei war.

„Ich weiß“, entgegnete Thor niedergeschlagen und ließ sich schwerfällig auf eine der Matten sinken. „Es ist nur, dass Loki... Mein Bruder kann nicht länger... Er ist...“

Er klappte den Mund wieder zu, bevor er zu viel verraten konnte.

„Du machst dir Sorgen, dass ihm etwas zustoßen könnte, jetzt, da er seine Magie nicht mehr hat“, sagte Steve sanft.

Thor wandte den Kopf und sah ihn überrascht an.

„Woher weißt du das?“

Steve rieb sich den Nacken.

„Sagen wir es so: ich habe einen Verdacht geäußert, den dein Bruder nicht sofort geleugnet hat“, erwiderte er.

„... ich verstehe“, sagte Thor. Auf seine ganz eigene Art war Steve aufmerksamer als jeder andere der Avengers. Dass er Lokis missliche Lage bemerkt hatte, hätte Thor darum nicht überraschen sollen. Gewissermaßen war er sogar ganz froh darüber, dass er Lokis Geheimnis mit ihm teilen konnte. Bei jedem anderen hätte er sich Sorgen gemacht, doch er wusste, dass Steve dieses Wissen für sich behalten und es nicht gegen seinen Bruder verwenden würde.

„Hab Vertrauen, Thor“, sagte Steve und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Manchmal muss man die Dinge, die man liebt, loslassen, um sie nicht zu verlieren. Gibt ihm den Freiraum, den er braucht, und er wird zu dir zurückkehren, davon bin ich überzeugt.“

Thor wischte sich schnell mit dem Handrücken über die Augen und nickte dann. Erst jetzt wurde ihm klar, wie sehr er es gebraucht hatte, diese Worte zu hören.

Sie schwiegen für lange Zeit, während sie Schulter an Schulter nebeneinandersaßen und ihren eigenen Gedanken nachhingen.

Doch als sie sich schließlich wieder erhoben, war Thor etwas leichter ums Herz, und mit neuem Elan stürzte er sich ins Kampftraining.

 

Lokis Kaufverhalten sprach eine ganz eigene Sprache.

„Weißt du, wenn ich nicht wüsste, dass er ein Frostriese ist, würde ich mir bei der schieren Menge an Sushi und rohem Fisch, die er kauft, Sorgen machen“, sagte Tony zwei Monate später, während er ein zehn Seiten langes Dokument der Dinge überflog, die Loki sich seit Beginn seiner Reise geleistet hatte.

„Und natürlich musste er sich im teuersten Hotel in Singapur ein Zimmer nehmen“, fuhr er kopfschüttelnd fort. „Wie konnte ich nur etwas anderes erwarten.“

Thor konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Loki hatte es schon immer geliebt, sich unter den Reichen und Mächtigen zu bewegen. Das teuerste Essen und der beste Service waren immer nur gerade gut genug für seine Ansprüche.

„Wo ist er jetzt?“, fragte er, doch Tony war so versunken in das Dokument, dass er ihn nicht hörte.

„Eine Yacht?“, rief er vier Seiten weiter plötzlich aus. „Er hat sich eine verdammte Yacht gekauft?“

Tony öffnete eine Reihe von Hologrammen vor sich in der Luft und Thor sah, wie seine Finger über die virtuelle Tastatur flogen, als er nach weiteren Informationen zu dem Schiff suchte. Schließlich erschien eine Abbildung der Yacht auf dem Bildschirm.

„Die ‚Deliverance‘... was für ein passender Name“, sagte Tony trocken, als er den Namen auf der Bordwand des Schiffes sah. Dann runzelte er die Stirn. „Offenbar befindet sie sich momentan im Besitz eines hochrangigen Mitglieds des nordkoreanischen Militärs...? – Moment, das kann nicht sein...“

Wieder begann er mit atemberaubender Geschwindigkeit zu tippen.

„Komm schon...“, murmelte er dabei. „Ich weiß, dass ihr überall Sicherheitskameras habt, es muss doch möglich sein, sich einen Zugang zum System zu–... Ah-ha!“

Er stieß einen triumphierenden Laut aus.

Plötzlich erschienen Videoaufnahmen auf dem Holo-Bildschirm, die Loki zusammen mit einer Gruppe asiatisch aussehender Männer in Uniformen zeigten.

Thor hielt den Atem an. Das Video war leicht unscharf und er konnte nicht hören, was gesagt wurde, doch es war offensichtlich, dass sein Bruder gerade dabei war, die Männer mit seinem Charme um den kleinen Finger zu wickeln.

Auch Tony starrte ungläubig auf den Bildschirm.

„Tatsache“, stieß er fassungslos hervor. „Er hat eine Yacht gekauft und sie einem nordkoreanischen General geschenkt, um sich Zugang zum Land und zu den höheren Kreisen der Gesellschaft zu verschaffen. Ist dein Bruder wahnsinnig? Oder umgibt er sich nur gern mit Diktatoren...?“

Thor sah ihn nicht an. Loki nach all den Wochen ausgerechnet in einer solchen Situation wiederzusehen war nicht nur beunruhigend, sondern auch zutiefst verstörend.

„Loki liebt das Spiel mit dem Feuer“, erwiderte er schließlich. „Das hat er schon immer getan.“

„Das mag sein“, sagte Tony, „aber das hier? Das ist kein Spiel mehr. Diese Leute sind höchst gefährlich; selbst die Regierungen der Welt fassen sie nur mit Samthandschuhen an, denn eine falsche Bemerkung könnte sofort einen Krieg auslösen. Ist Loki nicht klar, was für ein Risiko er eingeht, wenn er sich mit ihnen abgibt?“

Es war eine berechtigte Frage, und eine, die sich Thor im Laufe der Jahrhunderte oft genug selbst gestellt hatte.

„Mein Bruder ist die Gottheit, die das Chaos repräsentiert“, entgegnete er resigniert. „Ich habe es schon vor langer Zeit aufgegeben, seine Beweggründe zu verstehen. Ich kann ihn nicht ändern; Loki ist, was er ist. Doch ich liebe ihn trotz seiner Fehler.“

Tony lachte auf,

„Der Gott des Chaos, sagst du?“ Er schüttelte den Kopf. „Das erklärt so vieles...“

Er griff wieder nach dem Dokument, das er zuvor achtlos auf das Sofa hatte fallen lassen und blätterte zur letzten Seite.

„Es sieht zumindest aus, als hätte er sein Abenteuer in Korea überstanden“, sagte er dann. „Die letzten Zahlungen stammen aus Wladiwostok und sind von vorgestern. Es sieht so aus, als würde er sich jetzt in Richtung Norden bewegen. Hoffen wir nur, dass er nicht vom Regen in die Traufe gekommen ist.“

„Ja“, sagte Thor leise, während sein Blick auf dem lächelnden Gesicht seines Bruders in den Videoaufnahmen lag. „Das hoffe ich auch.“



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