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Nur ein Spiel

von

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Ein Heroe, den die Zeit besiegte… Teil 9

In der dürren, heißen Einöde vergessener und verstoßener Gefilde marschierte die kleine Truppe unerkannter Hylianer dahin. Trockener Sand tobte sich über ihren Köpfen aus und eine brütende Sonne stand weit im Zenit. Sie waren seit nunmehr drei Stunden durch die Wüste gewandert und erinnerten sich mit erschöpfter Geduld an ihr Ziel. Ein edler Gedanke trieb sie voran, mit Zweifeln, aber bestimmend.

Im Schutze einer verlassenen Wüstenstadt, zerstört und mit vom Wind abgetragenen Steingebäuden, die teilweise vom Sand verschlungen schienen, machte die kleine Gruppe Rast.

Klein-Link hatte die Wüste nur einmal gesehen, vor langer Zeit. Damals hatte er sich heimlich aus dem Hause der Götter geschlichen, obwohl Farore es ihm untersagt hatte. Sein Körper zählte damals vielleicht sechs Jahre und er erinnerte sich, dass er einfach in eine Kleiderkammer geplatzt war und dort eine grüne Tunika mit Verzierungen entdeckt hatte. Ein weißer Gürtel mit den heiligen Symbolen der traditionsreichen Königsfamilie Hyrules hing daneben und ein Paar neue Lederstiefel in seiner Größe befanden sich ebenfalls in dem begehbaren Schrank. Und dann hatte ihn seine Nase hinfort geführt, mit einem mutigen Sprung stürzte er sich lächelnd und aufgeregt durch die Wolkenschleier Hyrules. Es war sein erster Weg in die Welt Hyrule und dieser hatte ihn ausgerechnet zu den Gerudos geführt, dorthin, wo Hass und Zorn ihre Brutstätte besaßen…
 

Mit einem sehnsüchtigen Blick, trat er auf eine teilweise zerrüttete Mauer, sein blondes Haupt empor gerichtet und der tapfere Blick der Heroen Hyrules spiegelte sich auf seinem frischen und unverbrauchten Gesicht. Er lächelte, weil er Leben und Stärke in sich spürte. Er lächelte, weil er mehr denn je spürte, dass er in kommenden Mission alles über seine Existenz lernen würde. Und er ahnte, dass nach jener Reise noch eine andere wichtige Aufgabe auf ihn wartete. Er war nicht nur ein verkorkstes Experiment der drei Göttinnen. Er war Link in einer neuen Form. Ein Gefühl der Sicherheit und ein wachsendes Selbstbewusstsein ließen ihn die Welt und ihre Herausforderungen mit anderen Augen sehen. Er würde nicht scheitern, nicht wenn er kämpfte. Sein Schicksal war es weiter zu gehen, etwas zu vollbringen, was der Titel „Held der Welten“ verlangte.

„Allmählich beginne ich zu realisieren“, murmelte er leise, als er Navis Turnschuhe hörte. Sie kletterte ebenfalls auf die Mauer und wollte sich nach seinem Befinden erkunden.

„Langsam begreife ich, dass diese Herausforderung und die Ängste, die ich habe, alle dazu bestimmt sind mich zu formen; und die Stärke in mir erwecken sollen. Seit wenigen Stunden fange ich an zu begreifen…“ Navi runzelte verwundert die Stirn. War das noch Klein-Link, mit dem sie hier sprach, inmitten der herzlosen und trockenen Wüstenlandschaft? Er redete, als wäre über Nacht eine Veränderung in ihm geschehen.

„Hast du Fieber?“, war alles, was sie dazu sagen konnte Sie blickte ihn mit ihren giftgrünen Augen an und verglich seine Stirn mit ihrer eigenen.

„Ich bin nicht krank, Navi.“ Entnervt verdrehte er seine Augäpfel und umfasste fest ihr Handgelenk, sodass sie von ihm abließ.

„Was ist es dann?“ Ihre Augen wurden bissig und schlitzartig, vielleicht auch, weil sie sich Sorgen machte.

„Etwas ist in mir erwacht, und ich kann es einfach nicht definieren“, versuchte er zu erklären. „Kennst du das Gefühl, wenn du am Morgen aufwachst und weißt, dass die Nacht etwas geschehen sein muss, aber du dich einfach nicht erinnern kannst?“

Navi seufzte und versuchte den Jungen eindringlicher anzuschauen. Es war, wie als wollte sie in seine Seele blicken. Ihre von Sommersprossen umgebenen Augen schienen immer größer zu werden. „Du bist schon wieder ein Stück gewachsen“, meinte sie entgeistert. Sie redete so laut, dass auch Lia und Velkan, die kalten Kaffee schlürften, zu ihnen beiden aufsahen.

„Allmählich machst du mir Angst“, setzte sie hinzu. Er zuckte nur dämlich grinsend seine Schultern. Was sollte er auch dazu sagen? Er war ein Stückchen größer geworden, was dafür sprach, dass ihn irgendetwas auf noch ausstehende Kämpfe in den kommenden Missionen vorbereiten wollte.

„Navi, das ist nun wirklich nicht so dramatisch“, meinte er und blickte verträumt über die mokkafarbenen Wellen der riesigen Wüste. „Ich werde bald finden, was mich vorantreibt und berührt“, flüsterte er leise. Und eine Sehnsucht, die Navi auch bei ihrem einstigen Schützling, dem Helden der Zeit, gespürt hatte, erschreckte sie in Klein-Links himmelblauen Augen. Es war ein Blick, den Link oftmals in der Gegenwart von Shiek oder Zelda zeigte. Und dieser Blick erschreckte sie… Ein Gefühl von Leere, Entfremdung und Ungebrauchtseins schlich sich näher. Wie oft hatte sie jene demütigenden Empfindungen in der Gegenwart Links aushalten müssen! Wie oft hatte sie sich als ein kleines, unbeholfenes Anhängsel betrachtet. Wenn sie für Links Sohn nun ebenfalls nur diese triviale Rolle einnahm, sie wusste, sie würde an diesen Gefühlen zerbrechen. Sie verkrampfte sich innerlich, atmete tief durch und wünschte sich, sie könnte den jungen Heroen, der vor ihr stand, irgendwie deutlich machen, was er in ihr auslöste. Aber wie sollte Klein-Link nur irgendwie verstehen und damit umgehen können, was sie beschäftigte? Er war vielleicht noch weniger als Link damals in der Lage zu verstehen, was im Seelenleben einer alten Fee vor sich ging.

„Bitte…“, flüsterte sie. „Tu‘ nichts Unüberlegtes…“ Damit schloss sie die Augen und als sie sich umdrehte und die Mauer hinabkletterte, konnte der Junge für einen kleinen Augenblick Tränen glitzern sehen, die sich in der trockenen Luft und in sandigen Winden verloren.
 

Erzürnt stapfte die Fee einige Meter weiter, weg aus der Reichweite von diesem Dummkopf Klein-Link und weg von diesen beiden Nebencharakteren Lia und Velkan. Es machte sie rasend vor Wut, dass sie in der Legende von Zelda nur diese dumme, lächerliche Rolle besaß. Und für Klein-Link, von dem sie dachte, er könnte sie vielleicht irgendwann verstehen, von dem sie dachte, dass er ihre Helferrolle mehr wertschätzte, auch von ihm würde sie enttäuscht werden. Er würde sich verlieben, das sah sie in seinen himmelblauen Augen. Und dieser Gedanke machte sie traurig... Sie hatte gehofft, dass, wenn sie ihm helfen konnte, dass sich ihre Verbitterung, die sie so oft überspielte, und ihre angestauten Hassgefühle gegenüber Link und Zelda eines Tages legen würden. Aber es half nichts, wenn Klein-Link den gleichen Weg einschlug. Es war nicht so, dass sie Link und Zeldas Sohn brauchte oder ihn für sich beanspruchen wollte. Die Verletzung, die tief in ihr steckte, drehte sich einzig um den Helden der Zeit, und jener wusste nicht einmal, was er damals in ihr zerstört und geraubt hatte. Sie schluchzte und stapfte wutgeladen weiter.

Sie war nur eine kleine, billige Fee. Das war sie immer… und ihre Rolle im Leben Klein-Links erinnerte sie nur noch umso mehr daran. Sie war nur eine unbeholfene, unwichtige Fee!

Mit salzigen Tränen in den Augen lief sie wenige Schritte aus den Gemäuern der alten Wüstenstadt hinaus und versuchte sich abzureagieren.
 

Klein-Link konnte von seinem Beobachtungspunkt aus auch die einstige Fee beobachten und er empfand erneut dieses Mitleid, das sie vielleicht nicht verdient hatte. Mitleid… mehr war sein Herz nicht bereit für sie zu empfinden. Es war traurig und auch er realisierte, dass er Navi gegenüber etwas falsch machte. Sie war nicht nur sein Kindermädchen, sie war auch eine Freundin. Und sie war wichtig. Nur wusste Klein-Link eben nicht, dass er diese freundschaftlichen Gefühle ihr gegenüber irgendwie kommunizieren musste. Anders würde sie es vielleicht nicht verstehen. Seufzend blickte er in ihre Richtung und ahnte, dass Navis Sorgenpäckchen weitaus größer sein mussten als er geahnt hatte.
 

Von seinem Aussichtspunkt entdeckte der werdende Heroe jedoch noch etwas anderes. Weit im Osten, geradeso, dass sein Auge es noch erblicken konnte, erhob sich eine sandfarbene Welle und stürzte tosend in ihre Richtung. Ein Sturm zog auf. Hastig sprang er von der zerrütteten Erhöhung und stolperte aufgeregt in Richtung der beiden Erwachsenen. „Östlich zieht ein gewaltiger Sturm auf“, rief er laut und deutete mit seinem Arm in diese Richtung. Velkan erhob sich und vergewisserte sich.

„Okay, bloß keine Aufregung. Weglaufen können wir vor diesem Sturm nicht, aber wir können ihn überstehen“, sprach er ruhebewahrend und packte sofort eine große Plane aus seinem Rucksack. Er befestigte diese über den noch erhaltenen Steinmauern eines alten Schuppens, sodass sich darin ein Hohlraum bildete, der für sie vier durchaus ausreichend war.

„Der Sturm erreicht uns in wenigen Minuten. Hol‘ Navi“, rief Velkan, der zusammen mit Lia die restlichen Sachen in den kleinen Raum trug.
 

In Eile rannte der Junge aus der kleinen Stadt hinaus und sah seine Begleiterin an einer ausgedorrten Palme sitzen. Sie hatte ihre Arme verschränkt und schien den Wüstensturm nicht zu realisieren. „Navi!“, brüllte der Junge und packte sie an ihren Kinderarmen. „Bist du bescheuert, oder was? Du sitzt hier, während wir von einem Sturm überrollt werden!“ Er konnte und wollte einfach nicht verstehen, was mit ihr los war.

Sie sagte nichts und schenkte ihm einen traurigen Blick, den er bei ihr noch nie gesehen hatte. „Was ist denn los?“, meinte er und ließ sogleich von ihren Armen ab.

„Du bist ein dummes Kind, das ist los. Du verhältst dich noch ahnungsloser und dümmer als dein Vater…“, sprach sie leise und stieß ihn so stark zurück, dass er auf seinen Hintern fiel. „Ihr Helden seid doch alle gleich. Ihr seht nur die, die ihr begehrt oder liebt. Was andere für euch tun und getan haben, ist euch doch völlig egal. Das ist kein Edelmut. Das ist einfach nur erbärmlich!“
 

Klein- Link saß einfach nur da, spürte die Winde näher kommen, aber regte sich nicht. Er fühlte sich als hätte ihn Navi erneut in die Rippengegend geboxt, und ihn diesmal härter erwischt als sonst. Sie war verbittert und enttäuscht und er verstand den Grund dafür einfach nicht. Hatte er etwas falsch gemacht?
 

Wutgeladen stolperte sie zurück in die Wüstenstadt und wenige Meter hinter ihr trat der junge Heroe auf seine Füße. In dieser Mission, so verstand er, war tatsächlich Platz für mehr als nur die Rettung der Erde und das Rufen der Helden Hyrules. Es war genug Raum, um sich selbst verstehen zu lernen, zu reifen, um sein Lebenselixier zu finden und es war auch Raum für die Überbleibsel einer grausamen Vergangenheit, wo viele Wesen verletzt wurden...
 

Wenige Minuten später saß die kleine Truppe schweigsam, geschützt von Mauern zusammen, und hörte den Wind in einer gefährlichen Manie über ihren Köpfen hinwegbrausen. Navi saß ein wenig abseits und stocherte mit einem kleinen Stock in dem Sand herum. Sie zeichnete abstrakte Gebilde und vielleicht schämte sie sich auch gegenüber Klein-Link wegen ihres plötzlichen Gefühlsausbruchs.

Das Kind der Götter war mit den Gedanken weit weg und er hatte Navis seltsame Gemütszustände schon wieder ignoriert. Er spielte mit dem ovalen Anhänger, auf dessen hölzerner Oberfläche eine Flöte eingraviert war, ja vielleicht eine Oboe. Er ließ das seltsame Stück ein wenig in seiner Hand pendeln und klappte erneut das kleine Gehäuse auf. Er besah sich die Noten einmal mehr, aber konnte einfach nichts damit anfangen. Ob er diesen Anhänger vielleicht in irgendeiner Mission jemanden geben sollte, der Oboe spielte? Vielleicht traf er jemanden, vielleicht irgendwann, in einem Hyrule, das ihm vertraut erschien, das ihn erfüllte…
 

Klein-Links himmelblaue Augen beobachteten Velkan und Lia. Der Masterritter lehnte mit geschlossenen Augen an einer Mauer und schien zu dösen. Lia jedoch blickte ihn die ganze Zeit über an, studierte ihn, als konnte sie sich aus ihrem einstigen Liebhaber keinen Reim mehr machen.

„Ich weiß, dass du mich beobachtest“, sprach der durchtrainierte Kerl dann, hob den Kopf ein wenig an und grinste auf eine Weise, die Lia die Röte ins Gesicht trieb.

„Na und? Heißt ja nicht, dass ich es abstreite“, neckte sie. „Ich habe durchaus meine Gründe.“ Sie lächelte wissend und ein wenig heimtückisch.

„Ich weiß genau, was du willst, wenn du mich studierst“, lachte Velkan dann und lächelte.

„Okay“, murrte sie und in ihren tiefblauen Augen funkelte es. „Auch das streite ich nicht ab.“ Ein wenig verwundert über Lias weniger scharfzüngige Reaktion und der Tatsache, dass sie überhaupt so offen mit ihm sprach, richtete sich der Sohn Zeldas auf und studierte auch sie.

„Wenn ich jetzt ungehobelt und arrogant wie immer darauf antworten würde, hätte ich diese Chance mich mit dir zu versöhnen wieder verspielt, nicht wahr?“ Sie verschränkte die Arme.

„Wer sagt, dass ich mich mit dir versöhnen will.“ Sie protestierte, obwohl alles an ihr nach Velkans Aufmerksamkeit und vielleicht auch weiteren Gesten von ihm zu schreien schien. Der junge Mann blies einen Luftstrom an seinen Haaransatz und fragte sich, wie er wohl in korrekter und höflicher Art und Weise auf Lias Gezicke reagieren sollte.

„Wenn ich wüsste, was du von mir erwartest, hätte ich das schon lange umgesetzt“, seufzte er, trat auf die Beine und legte ein Ohr an eine der vier Mauern, die sie umgaben. Er lauschte dem wütenden Gesang des Windes, spürte die Kälte des Sturmes und für ihn war das Gespräch gegessen.
 

„Leute, wie ist das mit der Liebe?“, meinte Klein- Link dann und erhoffte sich wertvolle Antworten, vielleicht auch unterschiedliche Meinungen zu dem Thema. Denn Lia und Velkan beschrieben beide Liebe vielleicht mit anderem Inhalt und er, wo eine winzige Faser seines Herzens sich für das Thema anfing zu begeistern, wollte so viel wie möglich an Meinungen sammeln. Sicherlich, er wusste, wie Zelda und Link zu dem Thema standen. Für sie war Liebe ein unglaublich schönes Märchen, ein Traum, und sogar ein Geschenk. Sie liebten einander wie nichts anderes in der Welt. Aber nicht für jeden erfüllte sich Liebe auf diese Weise. Andere Gemüter, vielleicht modernere, vielleicht Wesen, die nicht so um ihr Liebesglück kämpfen mussten wie die Kinder des Schicksals, konnten die Einzigartigkeit und den Zauber an jenen wenigen Buchstaben gar nicht so wertschätzen…

Lia und Velkan blickten das Götterkind an, als wuchsen ihm überdimensionale Ohren. Und Navi, auch sie hob ihren blonden Schädel etwas an und musterte ihn fahl.

„Was ist Liebe überhaupt…“, setzte Klein- Link hinzu und hüpfte ebenso auf seine Beine. „Warum existiert sie für Geschöpfe von so vielen Welten?“
 

Velkan war der erste, der auf Klein-Links Frage reagierte. Er runzelte die Stirn und meinte banal: „Was soll Liebe schon sein, nichts weiter als eine biochemische Reaktion, die den einfachen Zweck verfolgt, dass wir uns vermehren.“

„Das so ein idiotischer, hirnverbrannter Kommentar nur von dir kommen kann, ist, bei Dinafa, echt nichts besonderes“, schimpfte Lia und richtete erneut einen zornigen Blick aus ihren tiefblauen Augen auf ihren einstigen Freund.

„Dieser Kommentar ist nicht idiotisch, das ist alles, was hinter Wörtern wie Liebe und Leidenschaft steckt. Was denkt Ihr Frauen eigentlich immer über so etwas wie Unvergänglichkeit und Schicksal nach. Das ist zum Kotzen“, murrte er und hatte sich damit einmal mehr seinen Mund verbrannt.

„Wenn ich neben dir sitzen würde, hätte ich dir dafür einmal mehr eine Ohrfeige gegeben, Velkan“, seufzte sie und widmete sich nun selbst Klein-Links Frage.

„Hör‘ nicht auf seine Worte. Velkan war noch nie von ganzem Herzen verliebt, sonst wüsste er Liebe anders zu beschreiben.“ Doch das ließ er sich nicht so einfach bieten. Angestachelt stapfte er näher, packte Lia an ihren Armen und brüllte sie an: „So einfach stellst du dir das vor, was? Ist ja ganz einfach meine Unfähigkeit für Romantik damit zu begründen, dass ich unfähig bin mich zu verlieben. Und dabei hast du absolut keine Ahnung!“ Sie blickte ihn mit immer größer werdenden Augen an und hatte nicht mit so einem Angriff gerechnet.

„Dein kleines Schädelhirntrauma hat mich fertig gemacht, ja nur, dass du es weißt! Ich war verdammt nochmal besorgt um dich und ich habe deine gemeinen und herausfordernden Kommentare langsam satt. Mag sein, dass ich nicht gerade der Gentleman in Person bin, aber ich bin kein Schwein. Und nur um es dir klar zu machen, denkst du, ich bin freiwillig mit euch dreien in der Wüste unterwegs? Ich tue das nicht aus Edelmut, so ein guter Mensch bin ich wirklich nicht. Aber ich habe meine Motive.“ Er schenkte ihr einen Blick, den sie noch nie bei ihm gesehen hatte. War es Enttäuschung?

„Scheiße“, brüllte er, ließ Lia los und wand den drei Geschöpfen den Rücken zu. Navi und Klein-Link musterten den jungen Mann verwundert. Sonst wirkte er immer so kühl und fast so, als würde ihn überhaupt nichts aus der Bahn werfen können. Lias Unterstellung, er wüsste nichts über das Thema Liebe, war wohl doch zu viel für ihn.
 

„Letztlich muss jeder Liebe für sich selbst definieren. Vielleicht findest auch du irgendwann eine Umschreibung für sie…“, murmelte Navi dann, um die unangenehme Stille zu vertreiben. „Auch ich habe eine Definition dafür… und für mich ist Liebe etwas unerreichbares…“, setzte sie hinzu. In ihren einsamen grünen Augen spiegelte sich eine Verletzung, die sie irgendwann einmal erfahren hatte… und Klein-Link hoffte, sie würde es ihm irgendwann erzählen können…

Navi hatte es nicht leicht mit der Liebe, dachte Klein-Link und er ahnte, dass sein Vater in Navis Seelenleben einiges zerstört hatte. Wie und warum das so war, konnte er nur spekulieren. Aber er war nicht dumm. Und ihre Worte von vorhin hatten ihm mehr gesagt, als sie vielleicht wollte…
 

In dem Augenblick hob Velkan die Plane über ihnen ein Stückchen an und staunte nicht schlecht über die klare, frische Luft, die ihm entgegen strömte. Er freute sich wie ein kleines Kind und lachte. „Der Sturm ist vorbei. Wir sollten dann weiterziehen.“ Seine Begleiter stimmten zu, doch ahnten nicht, dass der scheinbar harmlose Wüstensturm mehr mit sich brachte als frische Luft und Veränderung der rauen, trostlosen Landschaft…
 

Und einmal mehr zogen die vier Wanderer weiter, ließen die entstandenen Fragen und Konflikte hinter sich. Sie marschierten inzwischen auf einer alten Steinstraße. Trockener Sand blies an ihnen vorüber und der feurige Himmelskörper, glühend und lebendig, ließ seine Strahlen ohne Gnade niederprallen. Navi lief inzwischen leicht abseits und hatte das Gefühl ihre Beine wollten sie nicht länger tragen. Sie war es nicht gewohnt solche Wege auf ihren klobigen Kinderbeinen zurückzulegen. Überhaupt war sie vieles in ihrem momentanen Körper einfach nicht gewohnt. Die Sonne blendete sie, als sie nach vorne blickte. Und für einen Sekundenbruchteil, für einen unwichtigen Moment, sah sie etwas aus ihren Augenwinkeln, das ganz lautlos an ihnen vieren vorüber zuziehen schien. Sie seufzte, blickte sich kurz um und fand die beruhigende Bestätigung sich jene Art Schatten nur eingebildet zu haben. Sie wühlte in ihrem Rucksack und suchte ihre Wasserflasche. Sie blieb nur kurz stehen, wollte sie doch den Anschluss an die anderen nicht verlieren. Aber sie musste sich jetzt einfach von ihrer Wasserflasche bedienen. In Seelenruhe schraubte sie den Verschluss ab, setzte die Wasserflasche an ihre trockenen Lippen und schmeckte genüsslich das kostbare Gut auf ihrer Zunge. Sie gähnte, wischte sich über ihre müden Augen und sah einmal mehr in Ruhe um sich. Sie konnte nichts Beunruhigendes entdecken und dennoch hatte sie das Gefühl, dass außer ihren Mitstreitern noch andere, unentdeckte Wesen hier entlang schlichen. Sie hatte sogar den Eindruck, der Boden unter ihren Füßen würde leicht vibrieren.
 

In dem Augenblick drehte sich der junge Link in ihre Richtung und auch er schien ein wenig verunsichert zu sein, bis er niederkniete und seine bevorzugte Hand flach auf den Boden legte. Navi trottete zu ihm und murmelte: „Spürst du das auch?“

Er nickte bloß und schielte mit sorgenvollem Blick zu den beiden Erwachsenen. Lia hatte inzwischen jeweils eine Schusswaffe in ihren Händen und rief ihnen zu: „Etwas bewegt sich unter unseren Füßen entlang. Versucht still zu halten. Verhaltet euch leise.“

Nervös nahm Navi die moderne Armbrust in ihre Kinderhände und versuchte ihr eigenes ängstliches Zittern unter Kontrolle zu bringen. Klein-Link hatte sowohl rechts als auch links einen Dolch und wartete auf die Gefahr, die sich ihnen preisgeben würde.
 

Die einstige Fee ahnte bereits, welche Kreaturen sich verborgen im sandigen Erdreich, in eigenem Schleim und fast leidenschaftlich, vorwärts bewegten. Sie ahnte um gigantisches Gewürm, welches sich nach rohem Fleisch verzehrte und sich in brütender Hitze nur umso schneller bewegen konnte. Schlangenartige, teuflische Kreaturen, die fast lautlos aus der Wüste herausschießen, ihre riesigen Mäuler über ihre Opfer werfen und ebenso oftmals lautlos im Sand verschwinden konnten. Und der Gedanke begann sie zu lähmen. Wie sollten sie zu viert mit einer Bestie aus Hyrules dunkelster Zeit fertig werden?
 

Klein-Link blickte sich angstvoll um und spürte den Boden unter seinen Füßen mehr und mehr erzürnen. Es vibrierte so stark, dass er auf seine Knie sank. Er konnte an Navis Miene ablesen, dass die Bestie unter ihnen nicht leicht zu besiegen sein würde. Er konnte in Navis Augen lesen, dass sie genau wusste, welche Kreatur in wenige Sekunden aus dem Erdboden herausgeschossen kommen würde. Und er sah ihre Hilflosigkeit und die Gewissheit, dass weder sie noch er in der Lage waren mit diesem Ungetüm fertig zu werden.
 

„Verteilt euch!“, brüllte Velkan. „Wenn wir alle auf einem Haufen hocken, freut sich der Wüstenkriecher umso mehr! Wenn wir uns verteilen, wird es die Bestie verunsichern!“ Als Velkan es aussprach, fühlte sich der Gedanke, dass sogleich ein Riesenwurm aus der Wüste herausschoss, erschreckender an als vorhin und der junge Link hatte das Gefühl seine Beine verwuchsen mit dem sandigen Boden. Das konnte doch nicht passieren, oder? Nicht ihm! Er hatte schon vorher seinen Mut getestet, er war sogar aus Leichtsinn bei dem König des Bösen herumgeschlichen und hatte sich ihm preisgegeben. Aber das war alles noch, als er nicht wusste, was Schmerzen sind und als er nicht wusste, was es bedeutete, zu leben. Im Augenblick allerdings spürte er Angst. Teuflische Angst um sein Leben und Angst zu versagen.
 

Er sah seine Mitstreiter davon hetzen, sah selbst Navi ihre dicklichen Beine schneller bewegen als man es von ihr vermutete. Nur er. Er hatte das Gefühl, er konnte einfach nicht davonlaufen. Er konnte nicht mehr. Die Erkenntnis wie unwichtig und schwach er im Augenblick war, traf ihn mit einer gnadenlosen Wucht und der Gedanke daran unter den Heroen Hyrules schwach und talentlos zu sein, tat weh, tat unheimlich weh. Ja, er fühlte sich lebendig und verletzlich und vorhin noch spürte er die Tapferkeit der Helden Hyrules in sich. Nur konnte dieser Funken seines wahren Gesichts allein an einer sich nähernden Gefahr wieder vergehen? Er kam sich so unglaublich einfältig vor. Hatte er tatsächlich jemals geglaubt, er könnte nur ansatzweise so stark werden wie sein zukünftiger Vater? Hatte er sich tatsächlich eingebildet er konnte irgendwann einmal so kämpfen wie Link? Wie leichtsinnig und dumm war er gewesen seine kindlichen Kräfte so zu überschätzen…
 

Der Boden vibrierte immer stärker. Es donnerte und krachte entsetzlich unter den Füßen der kleinen Truppe. Und mit tosendem Gebrüll, entsetzlich kreischend, donnerte eine gigantische Bestie aus dem Boden, wirbelte trockenen Sand meterhoch in die Lüfte und knallte mit schrecklichen Lauten nieder. Im Licht der glühenden Sonne schillerte der in Schleim getränkte Panzer der Bestie grünlich. Zwei scharfe, riesige Hörner schmückten den breiten, von Augen und Tentakeln besetzten Kopf, durch die sich die fleischverzehrende Bestie unter dem Leben entlang wühlte.
 

Klein-Link blickte wie versteinert in die Höhe und wusste nicht, ob dieses Ereignis noch Realität oder vielleicht seine Einbildung war. Es kam sich vor, als träumte er und als wäre jeglicher Gedanke oder jegliche Bewegung, die er jetzt noch unternehmen könnte, belanglos. Er bestaunte nur voller Irrsinn und Entsetzen diese Kreatur, die so überwältigend groß war wie ein achtstöckiges Gebäude. War es überhaupt denkbar eine solche Kreatur irgendwie zu bezwingen? Völlig regungslos beobachtete er die Bestie aus Hyrules Urzeit und reagierte weder auf Navis noch auf Lias hallende Schreie.
 

Die Bestie richtete sich auf und wirbelte einmal mehr sandige Wogen in die Höhe, erzeugte stürmische Wellen aus Gesteinsbrocken mit lärmenden Bewegungen und donnerte nur knapp vor den Füßen des Götterkindes nieder. Sie fauchte, schien als wollte sie ihn herausfordern und noch immer stand der Junge regungslos dort, und starrte in die schwindelerregende Höhe. Das Entsetzen stand in seinen Augen. Angst, die ihn förmlich umhüllte und der lähmende Gedanke, klein und unbedeutend zu sein.

Die gigantische Kreatur näherte sich ihm, nur ihm. Der riesige Schädel sank nieder und das größte Auge an dem monströsen Kopf jener Bestie schien den Jungen zu mustern, war keinen Meter mehr von ihm entfernt. Das gewaltige Maul öffnete sich und ein schreckliches Fauchen donnerte aus dem Rachen, sodass es den Jungen mehrere Meter zurückschleuderte und es war da, das Klein-Link aus seiner Trance erwachte.
 

Währenddessen sauste Lia gemeinsam mit Velkan näher. Der Sohn Zeldas nahm ein fast überdimensionales Schwert in die rechte Hand, von dem der junge Link nicht wusste, wie er jenes Gewicht tragen konnte. Lia katapultierte sich währenddessen in ihrer Shiekah-Kampftechnik wie wildgeworden auf den Rücken der Kreatur und feuerte ihre gesamte Munition in den gepanzerten Rücken des Wüstenkriechers. Und es zeigte Wirkung und was für eine Wirkung. Das gigantische Teufelsding brüllte entsetzlich und schlug dann wie wildgeworden um sich. Lia krallte sich mit aller Macht fest, und Velkan schien endlich seinen Auftritt zu haben. Mit rasendem Tempo und der modernen Klinge in den Händen verpasste er dem Riesenwurm an seiner empfindlichen fleischigen Seite einen tiefen Stich, der sich gewaschen hatte. In jenem Augenblick schwang Lia ihren durchtrainierten Körper hinab und zwinkerte ihrem einstigen Liebhaber zu. Die Bestie aber brüllte nur umso lauter und donnerte mit ihrem massigen Gewicht einmal mehr in die Höhe, ließ ihre scharfen Hörner arbeiten und knallte zischend zurück in den sandigen Untergrund.
 

Navi im Hintergrund atmete tief durch und auch Klein-Link, der sich langsam wieder aufrappelte, dachte, dass dieser Kampf ausgestanden wäre. Seine himmelblauen Augen schillerten erleichtert, aber auch trübsinnig. Wenn Lia und Velkan dieses Vieh nicht von dannen gejagt hätten, Navi und er wären daran kläglich gescheitert. Einmal mehr wurde ihm bewusst, dass er außer einer großen Klappe, die er gegenüber dunklen Kreaturen riskierte und mit seiner Unfähigkeit für Emotionen, die normale Sterbliche sehr einfach lernten, nichts konnte…
 

Und es war da, dass der Boden erneut vibrierte und ein weiterer Wüstenwurm den Angriff wieder aufnahm. Lia und Velkan waren beide so überrascht, dass sie zu spät handelten und es war da, dass sich die zweite Bestie mit reißendem Gebrüll auf den nachdenklichen, unschuldigen Jungen warf und ihn unter sich vergrub. Es verschlang ihn, noch ehe er zum Schrei ansetzen konnte und verschwand einmal mehr im sandigen Boden. Erst dann endeten die Erschütterungen und sowohl Klein-Link, als auch der Twinmold waren verschwunden…
 

Ungläubig standen Klein-Links Mitstreiter in der kargen Wüstenlandschaft und wollten nicht begreifen, was innerhalb weniger Sekunden geschehen war. In Navis smaragdgrünen Augen sammelten sich Tränen... Sie hatte versagt…



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