Nur ein Spiel von Faylen7 ================================================================================ Kapitel 78: Endgültige Versöhnung --------------------------------- Die alte, brennende Sonne in der hylianischen, saftigen Steppe würde in wenigen Stunden untergehen. Der schwarze, gesunde Hengst ohne Namen trabte gemächlich einen der vielen abgetrampelten Warenwege in der Steppe entlang. Von weitem erkannte Link blinzelnd mit Schlafsand in den Augen, mit Schmerzen seiner beißenden Schnittwunden, ein größeres, erhobenes Gebäude auf einem dunkelgrünen Hügel. Zelda schlief immer noch in seinem festen Griff, ab und an stöhnend, ab und an zuckend. Und auch Link nickte hin und wieder ein. Doch er wollte wach bleiben, solange bis er einen geeigneten Schlafplatz gefunden hatte. Eigentlich war es unter dem Aspekt des Zeitdruckes noch viel zu früh, ein Lager für die Nacht aufzuschlagen, aber der Held hatte Ruhe, Schlaf und vor allem eine Versorgung seiner eigenen Wunden bitter nötig. Plötzlich fühlte er Bewegung, die von seiner Prinzessin ausging und hörte gleichzeitig ein leichtes, quälendes Aufstöhnen. Link blickte hoffnungsvoll in ihr von Schmerzen gekennzeichnetes Gesicht und murmelte leise ihren Namen. Sie blinzelte, worauf Link die ledernen Zügel fester umfasste und das Pferd ohne Umschweife stoppte. „Zelda“, wiederholte er vorsichtig, bemüht sein inneres Gefühlschaos zu beherrschen. ,Wach’ auf, mein Engel’, sagte der junge Held in seinen Gedanken, wollte doch nur ein Lächeln, ein kleines Grinsen aus ihrem schönen Gesicht, wollte etwas so einfaches. Langsam hoben sich ihre schweren Augenlider über die glasigen, tränenden Augen, in welchem nur Leid geschrieben stand. Die Charakteristik der himmelblauen Farbe in ihren Augen zeugte von ihren Qualen, dem widerlichen Brennen der Wunde und der belastenden Kraftlosigkeit. Ihre Augen begegneten seinen und erzählten ihm von Angst, Verwirrung und Hilflosigkeit. Zelda blinzelte, geblendet von dem Farbenmeer der roten Abendsonne in der majestätischen uralten Steppe. „Link… wo?“, brachte sie stockend hervor. Ihre Stimme schwach, benommen und zittrig. Doch der Kämpfer antwortete zunächst nicht, zu glücklich, dass er wieder in ihre saphirgleichen Augen sehen durfte und bedeckte ihre rechte Wange mit seiner Handinnenfläche, schaute zaghaft in ihre Augen. „Pst. Rede nicht so viel“, sagte er, bemüht die Lähmung überhaupt etwas zu sagen zu umgehen, und deutete auf das Gebäude. „Es wäre günstig, wenn wir uns dort ausruhen und ich erkläre dir alles, was passiert ist.“ Sie nickte sachte und lehnte sich mit geschlossenen Augen an seine Brust, folgte dem beruhigenden Herzschlag, erinnerte die letzten Erlebnisse mit einem wilden Gefühlschaos… Wenig später galoppierte Namenlos über eine kleine robuste Zugbrücke hinein in einen Gebäudekomplex, welcher schon seit Jahrzehnten unbenutzt war, zentral ein verlassenes, teilweise zerrüttetes Gotteshaus, in Gedenken an die Taten von Din, Nayru und Farore. Link stieg vorsichtig vom Pferd und half seiner kraftlosen Begleiterin ebenfalls auf den festen Kiesboden inmitten eines kleinen mit unbepflanzten Beeten überwucherten Innenhofes. Zugänge zu einem muffelnden Stall, einem alten Brunnen, zwei weiteren kleineren Gebäuden und zum Gotteshaus befanden sich darin. Sanft hielt er sie an ihren zitternden Armen, hatte Angst vor jeder kleinen Bewegung, die sie tat, Angst, sie könnte zusammenbrechen. Er wollte etwas sagen, um der Sorge Ausdruck zu verleihen, die in seinen Adern steckte. Aber er brachte kein vernünftiges Wort hervor und schaute zweifelnd zu Boden. „Lass’ uns zu der Kapelle gehen…“, seufzte Zelda und lief begleitet von Schmerzen und Schweißausbrüchen zu dem Eingang, aber die Kraft dazu hatte sie noch nicht. Ehe sie wehrlos in sich zusammensackte, fing Link sie auf. Er gab ihr ein besorgtes Lächeln und nahm sie auf seine Arme. Zelda ließ es beinahe gerne über sich ergehen, senkte ihren stechenden Kopf auf seine starke Schulter und krallte sich um seinen Oberkörper fest. Schließlich hatte der Held in einem kleinen Hinterzimmer mit einem zerwühlten Holzbett, einem mit unsauberem Geschirr und altem Brot bedeckten Tisch, einer offenen Truhe und einem von Büchern bedeckten Schreibtisch am Ende der Kapelle einige Decken ausgebreitet und eine einfache Suppe vorbereitet. Ein einzelnes, rundes Fenster, das nach Westen zeigte, bescherte den beiden einen letzten Blick zu der untergehenden, uralten Sonne, die einnehmend und wärmend das kleine Zimmerchen in rote Farben tauchte. Zelda saß kalten Schweiß schwitzend auf einer kratzenden Decke, sah um sich und versuchte ihrem Freund die Schmerzen, welche sie durchzustehen hatte, nicht zu zeigen. Ununterbrochen perlte sich der Schweiß auf ihrer Stirn, und doch fror sie. Sie zog die dicke Decke näher zu sich und fühlte doch immer nur die Kälte. Bei Din, sie zitterte am ganzen Leib, ein nagender Blutverlust erzeugte hinterhältige Schwäche, Risse in ihrer Wahrnehmung, die untrüglichsten, schmerzhaftesten Empfindungen verbunden mit Übelkeit. Sie wollte stark sein, sie wollte kämpfen. Aber so oft, selbst wenn man es ehrgeizig versuchte, reichte der alleinige Willen für dauerhafte Taten nicht aus. Sie hatte schwankend eine Schale mit Suppe in der Hand und noch kein weiteres Wort verloren. Nicht einen winzigen Bissen bekam sie herunter. Erst jetzt bemerkte sie den grünen, dicken Pullover, den sie trug, erkannte die Müdigkeit in Links tiefblauen Augen, entdeckte seine Prellungen, Schnittwunden und sonstigen Verletzungen. Diese Wunden… „Link…“, hauchte sie und spürte schmerzvoll, wie anstrengend es war, einfach nur seinen Namen zu sagen. „Was…“, sie atmete keuchend ein, als der plötzliche Schmerz ihr ins Mark fuhr. „Was ist passiert?“, flüsterte sie. Doch Link gab nicht sofort eine Antwort. Er rutschte näher, überwand die Distanz, welche sie so innig versuchte aufrechtzuhalten, und legte eine warme Hand auf ihre glühende Stirn. Sie traute sich nicht ihn direkt anzusehen, aber seine Gesichtszüge waren so besorgt, so konzentriert und beinahe… liebevoll… „Hast du starke Schmerzen?“ Sie wollte mit dem Kopf schütteln, ihm die Sorgen ersparen, aber Link hatte sie schon lange durchschaut, ärgerte sich vielleicht ein wenig über seine unsinnige Frage. Kraftlos ließ sich die junge Prinzessin auf die Decke sinken und wich seinem Blick wieder aus. Der blonde Hylianer legte daraufhin langsam eine weitere Decke über sie, hatte den quälenden Wunsch sie zu wärmen, ihr die Schmerzen abzunehmen, auch wenn er wusste, dass sie seine Aufopferung nicht zu lassen würde. Er beugte sich über sie, streichelte nervös über ihre Stirn, worauf sie schwach blinzelte. „Ich…“, murmelte er mit schwacher Stimme, schüttelte aber mit dem Kopf, fand keine Worte, die jetzt richtig wären. Doch seine schönen Heldenaugen… erzählten mehr als es Worte könnten. Alles an ihm schrie vor Sorge um seine Seelenverwandte. Er hatte Angst um sie, teuflische Angst… Zelda schloss die Augen, als eine glasige Träne ihre Wange hinab tropfte, sie konnte das Leid in Links Seele kaum ertragen, es überdeckte ihre eigenen Schmerzen beinahe… Einige Minuten vergingen und Zelda richtete sich seufzend wieder auf. Es war unangenehm zu liegen. Das elende Brennen der Wunde war eher zu ertragen, wenn sie sich aufrichtete. Ein weinerlicher, herzzerreißender Laut entkam ihrer Kehle, als sie ihren Oberkörper in eine aufrechte Position brachte und diesen auf ihre Arme stemmte. Ihre Arme wackelten, zitterten unkontrollierbar aufgrund des schwächenden Blutverlustes und des enormen Müdigkeitsgefühl. Sie fühlte sich kläglich, ihr goldenes Haar war verklebt und fettig, ihre Haut kalt und bleich, und sie hatte das Gefühl, ihre Wunde wollte sie aufsaugen. Ziepender, dumpfer Schmerz, ständig, marternd. Sie schaute auf ihre Schale mit der Suppe, die sie vorhin neben sich gestellt hatte, aber sie hatte einfach keinen Hunger, als ob Steine in ihrem Magen liegen würden. Link kramte eine Flasche mit silbern schimmerndem Wasser heraus und reichte Zelda eine Tasse davon. „Trink’ es. Das ist Heilwasser aus der Quelle irgendwo in den Kokiriwäldern.“ Sie versuchte die Tasse anzuheben, aber ihre Arme fühlten sich an wie Blei. Link reagierte schnell und fürsorglich, nahm ihr die Tasse ab, setzte diese an ihren Mund und legte seine andere Hand als Stütze an ihren Hinterkopf. Seine Prinzessin trank mühsam und würgte einige Schlucke ihre Kehle hinunter. „D-Danke…“, murmelte sie, schluckte einmal mehr und bekam dann erneut nichts herunter. Ihr Gesichtsfeld war so verschwommen und doch versuchte sie ihren Heroen zu mustern, zu verstehen und erahnen, was in ihm vorging. Diesem wundervollen Herzen des Mannes, der noch immer hier war, der ihr noch immer folgte… Dieser mutige, strahlende Mann, den sie so sehr verletzt hatte und der sich trotzdem kümmerte. In der gläsernen Schwäche ihres Gesichtsfeldes sah sie ihn beinahe durchscheinend, als eine transzendente Erscheinung, als so rein und unerreichbar. Es hatte für Zelda niemals etwas Wertvolleres gegeben als ihn zu beschützen, diese Seele in ihm, diese treue, mutige Seele… Und Link begann leise und trübsinnig zu erzählen, bemühte sich langsam zu sprechen: „Nachdem dich… der Pfeil traf, habe ich erneut einen Blackout durchlebt, ich weiß nicht, was genau passiert ist, Zelda.“ Es war so deutlich spürbar, dass er versuchte seine Worte fest und sicher wirken zu lassen. Aber diesmal scheiterte auch er daran seine Emotionen zu verschleiern. „Und… Mortesk…“, hauchte sie heiser und hustete daraufhin. Es tat weh, husten zu müssen. Und doch nicht so sehr weh wie Links Schmerz zu spüren. Er quälte sich so sehr mit seiner Angst um seine Seelenverwandte, dass die Luft knisterte und sich taub anfühlte. „Ich nehme an, ich habe ihn getötet. Navi hat mir geholfen, diese Quelle zu finden, sonst…“ Eine Träne lief seine aufgeriebene Wange hinab und Zelda bemerkte diese. Doch aus irgendeinem Grund, den sie selbst nicht verstand, wollte sie nicht glauben, dass diese kleine Träne ihr gewidmet war. Einmal mehr siegte der eisige Schatten in ihr und raubte ihr die Chance seine Wärme zuzulassen und zu spüren. „Ich habe… deine Wunde verbinden müssen und dir dann… den Pullover angezogen… verzeih’, aber ich musste deine Kleidung wegwerfen. Deine blaue Bluse war total kaputt.“ Bei Hylia, seine Worte waren unterlegt mit einer Unsicherheit, die ihm aufzwang dem Schweigen Vorrang zu geben. Was stammelte er auch für einen Unsinn! Doch Zelda nickte bloß, etwas unscheinbar. Was war eine derartige Bluse schon Wert im Vergleich zu Zeldas Leben? „Dann bin ich zur Weisenstätte aufgebrochen und habe das grüne Elixier beschafft.“ Er wollte Hoffnung in diese Unterredung bringen, das spürte auch sie. Hoffnung… doch wofür? Für ihr Leben, das sie ihm zu Füßen geworfen hatte? Das Leben, das sie bereit gab ihm zu schenken? Ihr schmerzverzerrtes, grämliches Gesicht erhellte sich für wenige Augenblicke, als sie seine Worte überdachte. Natürlich… das war Hoffnung. Seine Worte beruhigten sie ein wenig. „Deine Wunden?“, sagte sie schwach, als sie sich an die Wand hinter sich lehnte. Selbst ihr Rücken schmerzte. Die kleinsten Unebenheiten an der Holzwand kratzten an dem bisschen Stärke, das in ihr zurückgeblieben war. Nicht einmal das Anlehnen half… „Das… ein Killerinsekt hat mich angegriffen. Ich habe einen riskanten Kampf durchgestanden und die Bestie umgebracht.“ Link suchte ihren Blick, aber sie erwiderte nicht, sondern versank wieder in ihrem Meer der Trübsinnigkeit, dem Ort, wo Link sie nicht erreichen konnte. Dann lief eine Träne ihre bleiche Wange hinab und sie winselte leicht vor Schmerzen. Die Wunde brannte höllisch und ihr leises Weinen half ihr ein wenig darüber hinweg. Und jeder, so dachte sie, der schon einmal höllische Schmerzen überstanden hatte, würde bestätigen, dass in solchen Momenten Weinen tatsächlich half… Nur für Link wurde es zunehmend schwerer, seine Prinzessin weinen zu hören. Sein Herz tat ihm weh, als er es hörte. „Ich wünschte, ich könnte dir deine Schmerzen abnehmen, Zelda“, sagte er und kniff seine Augen zusammen, nachdem er sie so schwach an der Wand gelehnt betrachtete. Es tat ihm weh, sie so zu sehen, weil sie alles für ihn war… selbst nach ihren unnötigen Streitereien und vor allem, weil er mit jeder Minute, die verging mehr für sie fühlte. Diese starken Empfindungen. Diese gewaltigen Gefühle… Link sprang auf und ballte verzweifelt seine Hände zu Fäusten. „Sag’ mir bitte, wie ich dir helfen kann.“ Aber Zelda schüttelte nur kurz, so gut es ging, mit dem hübschen Kopf und schloss die Augen. Der Heroe senkte den Blick gen Boden, seufzte unüberhörbar und verließ nachdenklich das Zimmer. Mit glasigen Augen lief der junge Bursche zu dem Brunnen, beschaffte sich Wasser aus einem der Holzeimer mit Stahlverkleidung und begann sich endlich um seine eigenen Wunden zu kümmern. Er entledigte sich seiner Tunika beinahe quälerisch und spürte seine Muskeln brennen, nahm sich ächzend einen Lappen und reinigte seine Wunden von dem Gift der hässlichen Spinne, welches den Göttinnen sei Dank nur halb so gefährlich war wie vermutet. Zumindest hoffe Link dies mit einem misstrauischen Grinsen. Über die schlimmsten Wunden legte er einige Pflaster, besonders über jene auf seinem Brustkorb, ansonsten beließ er es dabei, seine Verletzungen von der hylianischen Luft heilen zu lassen. Er schöpfte ein weiteres Mal Wasser und trug den Eimer hinein in die kleine Kapelle. „Zelda?“ Unsicher gelangte ihr Name über seine leicht verletzten Lippen. Sie hatte ihm den Rücken zugedreht und blickte durch das Fenster hinaus auf die Steppe. Die Sonne versank mit einem letzten Emporlodern hinter den westlichen Hügeln. Ein kühler Mantel legte sich über das Land und erste Sterne entfachten ihr Glühen. Zelda jedoch reagierte passiv, registrierte seine Anwesenheit sicherlich irgendwo in ihren seelischen Schlupfwinkeln, aber ihr Geist war weit weg, bemüht ihm nicht zu zeigen, wie kläglich sie sich fühlte. Link stellte den Eimer ab und sagte: „Hier ist Wasser aus dem Brunnen… wenn du vielleicht die Kraft findest… wenn du es brauchst… also das Wasser benötigst, dann… also, ich gehe noch einmal hinaus.“ Er wünschte, sich ohrfeigen zu können, da er sich so nervös verhielt und die Auseinandersetzung mit ihr wie ein elender Feigling vermied. Er wollte bei ihr sein, sie trösten, stärken, das spürte vielleicht auch sie, aber er konnte nicht… Zu groß war der Konflikt, in dem sie beide nun feststeckten. Zu gewaltig die Last von soviel Missverständnissen und unnötigen Streitereien. Damit verschwand er wimmernd. Und es war sehr selten, dass von Links Lippen ein schmerzlicher Laut wie dieser drang. Warum nur war die Situation und das Chaos zwischen ihnen nun noch komplizierter als vorher? Zelda setzte sich vorsichtig vor den Eimer, entledigte sich zaghaft und langsam des Pullovers und begann ihre Haut mit dem kühlen Wasser zu befeuchten. Sie seufzte unter einigen weiteren Tränen, und atmete tief durch. Noch ein tiefer Atemzug, noch einer… Und sie traute sich zu glauben, dass ihre Lunge das Atmen aushielt. Ja, dachte sie, die heilende Kraft des Wassers in ihrer Heimat tat gut, half ihr, stärkte sie und das Vertrauen in ihren geschwächten Körper. Jeder Atemzug fühlte sich besser an… Kräftiger. Gesünder. Sie wusste, sie schaffte das. Sie hatte auch in der Vergangenheit die ein oder andere Wunde ausgehalten. Sie schaffte das… Sie wusste nur nicht, ob sie es weiterhin schaffte ihre Gefühle für Link zu unterdrücken… Link lief derweil einige Runden um das Anwesen, erinnerte sich an die Geschehnisse der letzten Stunden und fühlte mehr und mehr Angst um seine Prinzessin in sich aufsteigen. Warum verhielt sie sich jetzt noch abweisender ihm gegenüber? Lag es an ihren Schmerzen? Glaubte sie tatsächlich, er könnte mit ihrer geschwächten Verfassung nicht umgehen? Es war absurd… aber konnte er es denn? Hielt er es aus sie erdrückt von Schmerzen zu erleben? Der junge Held erspähte in der zunehmenden Dunkelheit einen knarrenden Holzweg über einen plätschernden Bach, bestaunte das silberne Funkeln des kühlen Nass, folgte mit langsamen Schritten einem unbestimmten Weg durch die Nacht und hoffte so sehnlichst, dass er der verwirrenden Situation mit seiner Prinzessin Herr werden konnte, dass er es schaffte nur einmal die richtigen Worte zu finden… Irrsinnig, gerade jetzt, da Zelda bei Bewusstsein war, brachte er es nicht fertig bei ihr zu bleiben, obwohl er sich nach ihrer Nähe sehnte und hoffte die Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. War es in der Vergangenheit schon so schwierig mit ihr zurechtzukommen, war es damals so kompliziert sich mit ihr zu unterhalten? Mit einem traurigen Lächeln suchte er nach einer Antwort in den gemeinsamen, glücklichen Stunden, als Zelda aus vollem Herzen lächeln konnte, als sie beide nicht wussten, wer sie waren und welche Bürde sie trugen. Nein, entschied Link, es war niemals kompliziert zwischen ihnen, kompliziert war nur ihrer beider Verantwortung, die es ihnen unmöglich machte sich fallen zu lassen… Der junge Kämpfer folgte weiterhin seinem Weg, und stand letztlich auf einer riesigen Wiese, die einen unbeschreiblichen Blick über die in dunklen Farben gemalte Steppe ermöglichte. Und selbst hier funkelte ein lichter Schein in der Finsternis, hob Hyrule in eine tiefe, bekehrende Allmacht. Ruhe, die mit sanften Schwingungen in einer vergänglichen Melodie nachhallte. Frieden, der sich in seinem Körper einnistete. Besinnlichkeit, die er beinahe schmecken konnte, erreichte ihn wie ein Sog. Doch die gewollte, märchenhafte Stille war hier in der alten Heimat trügerisch und grausam, wie der milde sich nähernde Wind, der nur wenig von der Erbarmungslosigkeit eines anrückenden Sturmes preisgab. Einmal mehr erkannte Link die Schönheit dieser unvergleichlichen Welt, spürte ein neues Gefühl von Heimweh in sich brodeln und erblickte im Osten viele kleine Erhebungen und zahlreiche Baumgewächse. Irgendwo dort befand sich der Eingang zu Zoras Reich, das wusste er, ohne zu wissen woher und ohne, dass er ein Bild der Erinnerung in sich fassen konnte. Und in vergessenen Kämmerchen seiner Seele tat auch diese sich nähernde Erinnerung irgendwie weh… Zeldas Schmerz über Hyrules Leblosigkeit und so viele vertane Chancen in jeglicher Hinsicht überrollte ihn gerade in dem Augenblick mit einer herzlosen Gewalt, obwohl seine Reinkarnation hier nicht zuhause war und obwohl er vergessen konnte. Nur Zelda durfte nicht vergessen. Sie trug ihre Wunden schon so lange… Wie viele Verletzungen wohl hielt Zeldas Herz noch aus? ,Zelda… meine Zelda…‘, sprach er in Gedanken. ,Ich werde dir helfen diese Wunden zu heilen‘, versprach er. Um sich ein wenig abzulenken, nicht zu tief in seinen trübsinnigen Gedanken zu versinken, kramte er Hyrules Karte heraus und studierte diese genau. Er fand seinen aktuellen Standort auf Anhieb, und lag richtig mit seiner Vermutung, dass nicht weit entfernt im nördlichen Osten Zoras Reich ruhte und nicht weit entfernt von diesem deutete eine Markierung auf eine große Ortschaft. Beeindruckt konnte der Held die hieroglyphenartigen Schriftzeichen auf der Karte nun lesen, entzifferte den Namen Kakariko… ja, neben Zoras Reich war dieser Punkt ein Zielort. ,Einfach nur verrückt‘, dachte er. Selbst nach den vielen Tagen, die er mit Zelda hier in Hyrule an der Mission arbeitete, war es doch noch immer unfassbar für ihn, dass er Teil dieser Legende war. Link ließ sich seufzend aufs Gras sinken und starrte einige Minuten mit besorgtem Blick hinaus auf die weite Steppenlandschaft… Leise öffnete Link die schmale Tür zu dem gemütlichen Hinterzimmer. Er schloss jene gerade und drehte den rostigen Schlüssel herum, der in dem alten, abgenutzten Schlüsselloch steckte, als er einen genaueren Blick in das Zimmer warf. Einige Kerzen erhellten das Kämmerchen und Feuer flackerte in dem Kamin. Seine Prinzessin beachtete ihn nicht, wohl deshalb, weil sie ihn noch gar nicht bemerkt hatte. Sie zitterte etwas, trotz der grauen Wärmebrisen, die der Kamin in den Raum schickte. Aber der junge Heroe spürte, dass sie sich ablenken und sammeln konnte… Wie eine Göttin saß sie halb nackt, ohne den grünen Pullover mit einem Badetuch um die Hüfte geschlungen auf einer Decke vor der Wärmequelle und kämmte sich mit einer Bürste anmutig die goldenen Haare. Sie hatte Link den Rücken zugewendet und seine Anwesenheit weiterhin nicht wahrgenommen. Die blonden Strähnen bedeckten ihren gesamten Rücken, sogar den riesigen Verband nahmen ihre Haare vollständig ein. Der gewandte Kämpfer starrte sie wie hypnotisiert an, malte ein Bild aus der Vergangenheit in seine Gedanken und fragte sich wie es wohl jetzt sein würde, dieses seidene Haar zu berühren. Für einen Moment schien er wie verzaubert und alles in seinem Blick verriet die Sehnsucht in seinem Herzen. Er lief wenige Schritte in Zeldas Richtung, stoppte aber, als sie die altrosa Bürste ablegte und sich den waldgrünen Pullover nahm. Sie streichelte über den Stoff, führte den Pullover zu ihrem Gesicht und umarmte das Stück Stoff. Es war warm, Links Geruch haftete daran und seine Nähe war durch dieses Kleidungsstück für sie fühlbar. Sie schien in dem Augenblick frei von Schmerzen zu sein, oder vielleicht klang das Brennen der Wunde allmählich ab, denn sie begann leise zu summen. Ein Lächeln umspielte Links Mundwinkel und er selbst blieb unerkannt, beobachtete seine wunderschöne Zelda und war so dankbar, dass man sie ihm nicht weggenommen hatte. Dann beendete sie das Sehnsucht tragende Lied und legte eine Hand auf den dicken Verband ihrer klaffenden Wunde. Sie stöhnte schmerzverzerrt und wirkte in dem Moment noch zerbrechlicher für Link. „Zelda…“ flüsterte Link, der sich nur mit Widerwillen aus seiner Verzauberung löste. Sie drehte ihren Kopf zu ihm, ein wenig entsetzt darüber, wie er so unbemerkt in den Raum gelangen konnte und bedeckte schnell mit einer Decke ihren entblößten Oberkörper. Aber sie schien nicht verärgert zu sein, dass ihr Heroe hier war… ganz im Gegenteil. Seine Anwesenheit beruhigte sie, erfüllte sie mit Sehnsüchten und der Erinnerung an vergessene Verbote. Sachte ließ er sich neben ihr zu Boden sinken und spürte seine eigenen Wunden schlitzen. Was waren das nur für heftige Stunden gewesen, fragte er sich. Der Angriff von Mortesk, die Riesenspinne… und das alles in wenigen Stunden. Unwirklich erschien es ihm nach diesen Erlebnissen hier mit seiner Prinzessin vor einem Kamin zu sitzen, sie beide lebendig… Er betete nur, dass sie Zeit hatten sich zu erholen. Links trauriger Blick verweilte in ihrem blassen Gesicht, besah sich die wunderschönen Eigenheiten seiner Prinzessin, versuchte dieses sanfte, wunderschöne Gesicht in seinen Gedanken fest zu brennen. Sie war so erschöpft, lila Augenringel bemächtigten sich der sanften Formationen ihrer Augen und hoben sich von der ungewöhnlichen Blässe ihrer Haut. Der Blutverlust hatte gefährliche Spuren hinterlassen, grub sich beißend in ihre Stärke. Und trotzdem kämpfte sie so erbarmungslos wie sie nur konnte gegen die Schwäche, die ihr verletzter Körper aufzwang. Link starrte ihr entgegen, immer erstaunter, fassungsloser. Aber allen voran mit Bewunderung. Sie hatte einen todbringenden, dickstämmigen Pfeil für ihn eingefangen und war dennoch so unleugbar stark. Zelda war so tapfer… so würdevoll und stark. Doch sie erwiderte seinen Blick nicht, als ob sie sich fürchtete, Hoffnungen in seinen hypnotisierenden Augen zu sehen, Sehnsüchte und Wahrheiten zu sehen, das, was sie dennoch seit langem darin sehen wollte, was sie sich wünschte, was sie in ihrem Herzen begehrte. „Wie… wie fühlst du dich?“, sprach er endlich, rau, zerpflückt und leise. Seine Worte klangen so unwirklich wie er sich selbst in dem Moment fühlte. Seine tiefblauen Augen schweiften hinab zu dem wärmenden Kamin, wo das Feuer gierig wütete. Er bemühte sich, aber er konnte seine Besorgnis und betäubende Ängste in seinem schwermütigen Blick kaum kaschieren. „Besser… Danke“, murmelte sie zögerlich, ihre Stimme rissig und belegt, aber ihr Versuch zu sprechen, schenkte ihm ungemeine Zuversicht über Zeldas Verfassung und beruhigte auch seine Schmerzen. „Wirklich?“ Sie wimmerte ein wenig, umarmte sich selbst unter der pelzigen Decke und atmete so tief durch, das Link den Abstand zwischen ihnen kaum mehr aushielt. Er rückte näher und konnte trotz allem nicht glauben, dass es Zelda den Umständen entsprechend gut ging. Er legte eine mit Schnitten übersehene Hand auf ihre schwitzende Stirn um ihre Temperatur zu fühlen. Er bewegte sich auf sie zu, sodass ihre Augen nur wenige Millimeter voneinander entfernt waren und verglich seine eigene Stirn mit ihrer. Zaghaft versank Zelda in dem stechenden, einzigartigen Blau seiner Augen, wollte entrinnen und wusste doch, dass sie für ihr tiefstes Bedürfnis bei keinem Henker um Gnade flehen würde. Dann lächelte Link sanft. Sein mit Kratzern und Prellungen übersehenes Gesicht erhellte sich. „Du hast kein Fieber mehr, Zelda, und stell’ dir vor, deine Stirn ist sogar kühler als meine“, sagte er aufmunternd und erwartete ein leichtes Lächeln, welches er erhielt. Ein Lächeln… Zelda lächelte wirklich… Sie schloss kraftlos die Augen, denn Schlaf schien mächtiger in jenem Moment als jegliche anderen Kräfte des Daseins, und gähnte vorsichtig. „Das ist gut… nicht wahr?“, sagte sie leicht spaßhaft und versuchte mit den höllischen Schmerzen und dem hinterhältigen Müdigkeitszustand ein wenig zu grinsen. Sie versuchte es mit dem Wunsch ihrem Heroen diese grausame Besorgnis abzunehmen, auch wenn sie nur eine Hälfte ihres Mundes in die Höhe ziehen konnte und auf der anderen Gesichtshälfte ein Auge beißend zusammenkniff. „Sehr gut…“, stammelte Link und ärgerte sich über diesen unnötigen Unsinn, den sie beide von sich gaben. Bei den Göttern, Link war so dankbar dafür, dass sie lebte, so überaus dankbar. Er wusste nicht, was er getan hätte, wenn er sie verloren hätte. Und genau mit diesen Worten galt es dieses winzige Kämmerchen zu füllen, mit Hoffnung, mit Nähe und tröstenden Berührungen. „Wegen unserer Freundschaft“, begann er. Und Zelda schaute ihn zweifelnd von der Seite an. Sie fürchtete sich beinahe vor seinen nächsten Worten, auf ihrer Zunge lag die Bitte, dass Link schwieg. Der junge Held nahm daraufhin ihre kühlen, zitternden Hände in seine, streichelte über diese samtige Haut, beobachtete die vier Hände, die sich ineinander verhakten, sich fest ineinander schlangen. „Ich werde immer… immer dein Freund sein, Zelda“, ergänzte er leise und hielt ihre Hände fest in seinen, ummantelte diese zierlichen, kühlen Hände seiner Prinzessin. „Egal, was geschieht, Zelda, ich verspreche dir, immer… dein Freund zu sein.“ Und der blonden Hylianerin purzelten weitere Tränen aus den Augen, sie legte eine Hand über ihre trockenen Lippen um ein Schluchzen zu unterbinden. „Wie kannst du das… nach allem, was ich zu dir gesagt habe, nach den gemeinen Worten von mir…“ Nicht nur Worte, dachte sie still, sie hatte ihm diese letzten Wochen so viel Leid zugemutet, dass sie es kaum wieder gut machen konnte. „Nun…“ Er holte tief Luft und lächelte dann warm. Er überlegte sich weitere Worte, tiefgehende Geständnisse, Erklärungen für so vieles und nichts davon erschien ihm in diesem Moment notwendig. Einmal mehr kroch ein leises „Nun…“ von seinem Mund. „Das muss wohl daran liegen, dass du etwas Besonderes bist…“, sprach er endlich und hielt ihre Hände noch immer in seinen gefangen. Zumindest eine Sache wusste er, er würde sie in den nächsten Stunden weder mit Worten noch mit Taten weglaufen lassen. Sie schüttelte zögerlich den schweren, matten Kopf. „Und nein, ich werde nicht damit aufhören… Zeldaschatz.“ Er war uneinsichtig und würde zumindest beginnen ihr zu sagen, wie wichtig sie ihm war. Auf die Bemerkung meinte sie sanft. „Du sollst mich doch nicht so nennen, Link.“ „Warum? Ist doch süß, oder nicht?“ Ein weiteres Lächeln der Zuneigung glitt über seine schönen Gesichtszüge, verankerte sich in dem reinen Tiefblau. „Ja zuckersüß, aber…“, begann sie und fühlte sich gefangen von der schönen Farbe in seinen Augen. Immer wieder erstaunte sie daran, an dieser unglaublich einprägsamen Farbe, ja unwirklichen Farbe. Wie nur konnte ein sterbliches Wesen so schöne Augen haben? „Aber? Meinst du nicht, du hättest einen solchen niedlichen Spitznamen verdient?“ Sie wollte ihre Hände aus seinen lösen, aber Link machte mit seinem festen Griff und einem warnenden Blick aus dem Tiefblau deutlich, dass er daran nicht interessiert war. Zelda stutzte, Link war keinesfalls grob oder ungehalten, aber seine Geduldsfaden bezüglich ihrer Stimmungswandel war gerissen. Stur hielt er ihre Hände, ein kühler Schimmer Blau in seinen Augen. „Als Prinzessin… kennt man keine Spitznamen, du… Schlauberger.“ Nervös entglitten ihr diverse, unsinnige Worte. „Dann wird es aber Zeit, dass du einen erhältst, meine Prinzessin.“ Er führte ihre Hände zu seinen Lippen und küsste sie. Dann grinste er mit dem Versuch sie noch weiter abzulenken und aufzuheitern. Die einstige Königstochter durchschaute ihn sofort, aber sein Grinsen tat so gut, dass er sie damit leicht überzeugen konnte. „Aber… nicht Zeldaschatz.“ „Doch.“ „Nein.“ Dieser Kosename klang so albern und kindisch, etwas, das sie vielleicht sogar sein wollte und sich nicht erlaubte. „Doch.“ Und Link betonte das Wort nur noch sturer. „Ich finde, du bist ein Schatz und was wäre dann besser als Zeldaschatz.“ Sie schaute ihn durchdringend an, vergaß zu schlucken angesichts seines Starrsinns diesen unsinnigen Kosenamen durchzusetzen: „Meinst du das wirklich?“ „Dass du ein Schatz bist?“ Links Stimme, unterlegt mit stimmiger Zärtlichkeit überforderte sie. „Himmel… Zelda… Du musst nicht alles anzweifeln, was ich dir sage.“ Link seufzte erneut, tief aus der Kehle, ein rollender Laut verbunden mit geschlossenen Augen. War denn mittlerweile alles, was er ihr versprach, nichts weiter als blankes Misstrauen? War alles, was er ihr sagte, für sie so schwer zu verstehen? „Zelda…“ Ein weiterer unbeugsamer Blick ihres Heroen knallte in ihren Gedanken nieder. Da war er wieder… dieser unverwüstliche Respekt. Es erschreckte sie nur, dass sie diesen Blick gerade jetzt erkannte. „Es ist nur…“ „Es ist nicht einfach nur irgendetwas…“, unterbrach er sie. „Egal, wo diese Diskussion hinführt. Egal, was du jetzt noch sagst: Du bist… und bleibst ein Schatz für mich.“ Auf diese Worte schwieg sie, hatte keine andere Wahl als zu schweigen. Seine Stimme bohrte sich in sie hinein und wühlte an den alten Verletzungen. Vielleicht glaubte sie vor langer Zeit einmal an etwas Wertvolles in ihrer Existenz, glaubte an den inneren Wert, den sie besaß. Aber dieses Selbstbewusstsein war in ihr zerbrochen wie die Welt, die sie beschützen wollte. Und seit langer Zeit vermied sie einen Gedanken daran, dass ihr Leben selber sehr wertvoll und ihm so viel daran gelegen war. Noch nie war ihr in den Sinn gekommen, dass Link sie als genau das ansah: Wertvoll. In der traurigen, mit Prüfungen belastenden Vergangenheit hatte kaum jemand ihre innere Werte beachten können, sicherlich hatte Zelda ihren Wert. Aber eben nur als die hochrangige, kluge und repräsentative Prinzessin von Hyrule. Wer kümmerte sich schon um Zelda, das verträumte, eigensinnige Mädchen, das sie wirklich war? Wen interessierte das trübsinnige, traurige Kind, das sie war? Jeder sah eben nur die Prinzessin, ein Wesen ohne Fehler, ein Wesen der Pflicht und Selbstaufgabe. Eine persönlichkeitslose Marionette des Hochadels, die das wichtigste Gut im Königreich von Hyrule darstellte. Plötzlich geschah es und ein übler Schmerzstich durchfuhr sie, ließ sie panisch nach Luft schnappen und endlich löste sie ihre Hände aus Links festem Griff. Sie presste ihre trockenen Lippen aneinander und ballte ihre zitternden Fäuste, um diese gemeine Empfindung zu unterdrücken. „Starke… Schmerzen…“, murmelte er, als ob seine Worte den Schmerz wegwaschen konnten. Sie nickte gequält: „Mmh…“ „Vielleicht nimmst du noch einen Schluck von dem Heilwasser, oder, wenn du auf moderne Medizin ausweichen willst, ich habe einige Schmerztabletten irgendwo in meiner Tasche.“ Ein guter Ansatz, fand Link. Es schaffte Ruhe und Stabilität, wenn er lösungsorientierte Sätze sprach. „Ja… bitte gib mir eine davon“, hauchte sie ausatmend. „Gerne.“ Link fand Ruhe darin sich mit kleinen Tätigkeiten von seiner Angst um Zelda abzulenken, wühlte dann in seinen Sachen herum und suchte eine halbe Ewigkeit nach dem Schmerzmittel. Seine grüne Tunika sah ziemlich mitgenommen aus… die Kämpfe der letzten Stunden hatten es in sich und belehrten dennoch über die gewandte Kampfkraft, die Link verinnerlichte. Er hatte seine Stärke unter Beweis gestellt und gezeigt, welche Willenskraft und Unbeugsamkeit in ihm steckte. Zelda beobachtete jede seiner Bewegungen, dieses leise, besonnene Durchsuchen der magischen Taschen. Diese zerstreuten Gesten seiner Hände, die ruhelos durch das wilde, heublonde Haar seines Hinterkopfes wühlten. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er keine Mütze mehr trug und sein blondes Haar im Moment wild und ungestüm war. Aber die einzelnen Strähnen, die so unbefangen in seine dunklen Augen fielen, wirkten mehr als anziehend auf sie. Die Berührung seiner vertrauten Hände… fest und sicher… und stark. Es beruhigte sie, dass ihr Held bei ihr war, schaffte Zufriedenheit und Stärke, das Gefühl von ein bisschen Glück brach in die alten Wunden… Nach einer Weile fand er das Schmerzmittel und reichte Zelda die Schachtel. „Du solltest zwei auf einmal nehmen…“, setzte er leise hinzu. Er war kein Mediziner, aber die doppelte Dosis war in ihrem Zustand durchaus in Ordnung. „Außerdem nimm‘ bitte das hier…“ Und er reichte ihr eine weitere Schachtel mit Antibiotika. „Was ist das…“, hauchte sie träge, verzog das Gesicht vor Schmerz und fluchte leise. „Es verhindert… einen Infekt…“ Einmal mehr stockte seine Stimme, worauf sie aufsah und ihn musterte. Er verriet sich nicht nur mit der schwachen Stimme, sondern auch mit einem gramerfüllten Gesicht, als wären ihre Schmerzen die seinen. Das war es, dachte sie… Sobald eine Schmerzwelle über sie drüber schwappte, konnte sie ihren eigenen Schmerz in seinem Gesicht ablesen. Er litt wegen ihr… Trübsinnig wanderte ihr Fokus in die Flammen. Einmal mehr litt Link nur wegen ihr… „Link?“, sagte sie und überwand für einen Moment die Schwelle ihrer Gefühle für ihn. Sie öffnete ihren Mund einen Spalt, Hunderte Erklärungen und Geständnisse gierten in ihrer Brust nach Gehör. Sein gramerfülltes Gesicht zwang sie dazu den alten Verboten zu lauschen, ihren tiefen Gefühlen zu lauschen. Sie stopfte ihre Kehle mit den Medikamenten zu, hoffend, sie könnte ausweichen. „Möchtest du meine Bürste haben?“, sprach sie dann. Sie wusste nicht einmal, wie sie darauf kam und welche alberne Absicht hinter diesem absurden Versuch steckte Normalität in ihre Unterhaltung zu bringen. Aber ihre Frage beschämte die angespannte Situation zwischen ihnen noch mehr. „Äh… Ja, warum nicht?“ Er wollte mitspielen, auch wenn er kaum verstand, was sie mit dieser Ablenkung versuchte zu erreichen. Für ihn gab es jetzt kein Weglaufen mehr, keine Widerworte. „Dein Haar sieht nämlich sehr zerzaust aus“, erklärte sie mit roten Wangen. Link sah zum Glück aber nicht, wie Zelda ihre Augen rollte. Was dachte sie sich bei diesem merkwürdig klingenden Angebot? Er löste den unsauber verbundenen Zopfhalter, seine heublonden Haare lagen wild und so unglaublich unkeusch über seinen Schultern. Er verursachte eine süße, pochende Regung in ihr, erst recht damit, als er sich die Haare kämmte… dieses männliche, wilde Haar hypnotisierte ihren Blick. Sorgfältig band er das widerspenstige Haar zusammen, warf den Kopf in den Nacken und kurbelte die Schultern. Die Sekunden standen still, als die wenigen Bewegungen seines Körpers wie ein Untersuchungsobjekt in ihren Fokus rückte… diese drahtigen Zeichen seiner Lebendigkeit, der Beweis seines schlagenden Herzens. Diese typischen Gesten ihres Heroen machten sie mürbe, verrückt, und verwandelte innere Bilder in hilflose Romantik… Er nahm sich ebenfalls eine dicke Decke aus einer magischen Tasche, weich und kuschelig, und notwendig. Selbst Link, der in den letzten Stunden Unerschütterlichkeit in diesen irren Kämpfen bewiesen hatte, fühlte sich matt, erschlagen und fror etwas. Sie hatte ihn noch nie so erschöpft erlebt. Eine weitere gefährliche Schlussfolgerung kroch in ihren schuldbeladenen Geist. Natürlich war er erschöpft, aber nicht wegen der Kämpfe, sondern weil er sich um eine verletzte Prinzessin kümmern musste… Einmal mehr biss die Verletzung unerträglich in ihrem Fleisch, entriss ihr die Fassung und schickte flache Atemzüge über ihre Zunge. Gerade da hockte sich der junge Held mit einem besorgten Blick neben sie, saß so nah, dass es auffiel, wenn sie versuchte wegzurücken. Und Link würde sie kaum mehr ausweichen lassen, das hatte er deutlich gemacht… das hatten seine Augen mit sturer Aufrichtigkeit versprochen. Und sie ahnte, was er vorhatte… Und diesmal… hatte sie keine Kraft dagegen anzukämpfen. Nervös presste sie ihre Hände auf die Wunde und beobachtete genauso wie Link die hungrigen Flammen in dem kleinen Backsteinkamin, die sich nach dem Holz verzehrten… Tanzende Gestalten in dem Werk aus Rot und Glühend gelb banden ihrer beider Aufmerksamkeit für viele Minuten. Und dann endlich war es Link, der die Stille brach. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen, Zelda“, fing Link an, leise, deutliches Unbehagen in seinen Worten, „du weißt, wegen der Tatsache, dass ich die Telepathiesteine verwendet habe… ich hätte das nicht tun sollen. Irgendwann hättest du es mir bestimmt erzählt, ich hätte dir auf jeden Fall vertrauen müssen.“ „Und wann?“, sagte sie lauter, etwas zu schnippisch. Sie hielt Links entwaffnende Entschuldigungen nicht aus, nicht jetzt, nicht, wo der Fehler einmal mehr bei ihr lag. „Wann glaubst du, hätte ich es dir erzählt?“ Er zuckte mit den Schultern, vermied ihren Blick und meinte leise: „Dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen wäre.“ „Wenn es zu spät gewesen wäre“, flüsterte sie und kniff ihre mit Schatten belegten Augen zusammen. „Ich hätte geschwiegen.“ Sie zitterte, krallte sich noch ein wenig mehr in den dicken Stoff der Decke. „Aber Zelda? Warum?“ Link war so traurig über ihre Worte, dass seine Stimme blass und durchscheinend an ihre Ohren klang. Diese starke Kämpferstimme begraben von Unverständnis. Sie unternahm erst gar nicht den Versuch sich schon wieder zu rechtfertigen und kämpfte mit ihren Gefühlen ihm gegenüber. Wie nur sollte sie ihm erklären, wie schwer es ihr fiel diese folternde Prophezeiung nur ansatzweise in Worte zu packen? Sie konnte ihm nicht sagen warum jede Nacht erfüllt war von Terror und Blut… Und warum es ihr das Herz brach ihn am Boden liegen zu sehen. Denn sie wusste, ohne ihn wäre sie ohnehin zerbrochen… Sie konnte es sich nicht eingestehen, sie konnte ihm nicht sagen, was er ihr bedeutete… sie brachte es nicht über die Lippen. Nicht einmal den Anfang eines Geständnisses, etwas, was sie schon seit Jahrhunderten mit sich herumtrug. Aus Angst vor Abweisung. Aus Angst verlassen zu werden. Link packte sie sanft an den schmalen, herabhängenden Schultern und drang mit seinen Augen in ihre gehütete Gedankenwelt vor. Sie wollte flüchten, vor ihm und ihren Gefühlen, doch er war nicht bereit sie kampflos gehen zu lassen. Er war nicht derselbe Link, den sie in der Vergangenheit überzeugte, sieben Jahre in der Zeit zurückzugehen. Er war nicht mehr der Link, der ihr damals ohne Widerworte die Okarina der Zeit zurückgegeben hatte. Er würde sie nicht mehr weglaufen lassen. „Bitte“, hauchte er wunscherfüllt. Sie mied seinen Blick und wich etwas mehr zur Seite. „Ich habe seit Ganon die Herrschaft an sich gerissen hat jede Nacht… davon geträumt… immer und immer wieder…“ Ihre Augen wurden gläsern und das erste Mal verstand Link, wie weh es ihr tat, jene Bilder zu sehen. Wie konnte er nur jemals von ihr verlangen ihm das alles zu berichten? Sie brachte es ja kaum über die Lippen. Sie legte eine Hand auf ihr unruhiges Herz, das leise Pochen immer hetzender, und ließ ihren ängstlichen, wässrigen Blick schweifen, als ob ihre bitteren Gedanken nicht enden wollten, um die Worte, die sie sagen wollte, erst gar nicht zu erschaffen. „Es hat…“ Sie fasste sich mit einer Hand an ihr Haupt, als ob sie sich nicht mehr halten konnte, während Link ihr Verhalten studierte und es ihm immer mehr zusetzte, dass sie sich so quälte. „… jede Nach hat es mehr weh getan, dich dort liegen zusehen“, sagte sie leise, mit den Tränen kämpfend, „… und ich konnte es dir nicht sagen, um dir deine Hoffnung nicht zu nehmen, verzeih’ mir bitte. Ich wollte das nicht.“ „Ich weiß“, unterbrach sie ihr Held. Er nahm ihr blasses Gesicht in beide seiner Hände und murmelte ruhig und Vertrauen suchend: „Das ist jetzt nicht mehr wichtig, denn es wird nicht dazukommen.“ „Aber meine Prophezeiungen…“ „Schsch…“, begann Link und legte einen Zeigefinger auf ihre schwachrosa Lippen. „Selbst der Weiseste irrt sich einmal.“ „Link, aber dein Nachkomme, er erzählte mir, er wird nicht existieren.“ Und Zeldas Blick wurde immer mutloser. „Warum sollte das an mir liegen? Wie kommst du darauf, dass er wirklich ein Nachfahre von mir ist?“ Zelda verstummte. „Gibt es noch etwas, dass du mir erzählen möchtest?“ Sie antwortete nicht sofort, sondern erwiderte ehrlich seinen Blick, dann legte sie zaghaft ihre Hände auf seine rissigen vom Kampf gezeichneten, die noch immer auf ihren seidenen Wangen ruhten. „Ich hatte eine Vision… in der Nacht, bevor Mortesk uns angegriffen hatte.“ Link war im Begriff seine Arme um sie zu legen, wollte sie wärmen, bei ihr sein, sie beschützen, aber sie lehnte sich zurück, als wäre es ein Fehler sie zu berühren. Ein Fehler, sowohl heute, als auch damals. „Ich hörte die Melodie meiner Spieluhr und es war, als wäre das Kind hier gewesen und machte mir Vorwürfe, dass es wegen mir nicht existieren würde. Verstehst du: wegen mir!“ „Es war eine Vision oder Halluzination, wie du schon selbst sagtest. Mach’ dir deswegen keine Gedanken, hm? Hattest du noch mehr Visionen?“ Sie schüttelte mit dem Kopf und log ihn schon wieder an. Sollte sie ihm etwa sagen, sie wäre in ihrem riesigen, weichen Himmelbett aufgewacht und nicht einmal überrascht, dass er sich direkt neben ihr befunden und sie zu allem Überfluss mit zärtlichen Küssen überschüttet hatte? Nein, bei Farores göttlichem Mut, aber das brachte sie nicht über ihre Lippen. Er spürte die Unwahrheit in ihrer gereizten Stimme. Und so formuliert half es ihm besonnen und ruhig zu bleiben. Er schloss die Augen langsam und murmelte: „Es ist okay, Zelda… vielleicht brauchen wir ein anderes Gesprächsthema.“ „Und worüber willst du reden, Link?“, sprudelte eine weitere Beklemmung aus ihr heraus, ließ sie sich aufgebracht bewegen, sodass die tiefe Wunde begann um Beachtung zu toben. Hastig atmete sie ein und aus, presste ihre Hände auf die Wunde und kniff die Augen kurz zu. „Die Zeit läuft uns davon, ich kann einfach an nichts anderes als diese Mission denken, ich kann nicht einen erheiternden Gedanken mehr-“ Sie brach ab, als sie die Sorge in seinen Augen sah. Und sie ein weiteres Mal über ihre Worte nachdachte. Es war der Todesstoß jeder Hoffnung und jedes Antriebs, wenn sie es so in Worte fasste. Sie konnte keinen aufheiternden Gedanken mehr bilden… und wenn Link diese aufheiternden Gedanken preisgab, fühlte sich selbst dies verräterisch und bitter an. Er gab sich Mühe, sie abzulenken und ihr über die Ängste hinwegzuhelfen, aber sie schaffte es nicht sich von der Last zu distanzieren, die wie eine schwarze Wolke über ich hing. „Es ist nicht einfach zu verdrängen“, flüsterte sie nach einer Weile, mit dem geheimen Wunsch, dass Link es überhören würde. Aber die Aufmerksamkeit des Heroen lag streng auf seiner Prinzessin. Sorgsam und alarmiert fokussierte er jedes Wort von ihren bleichen Lippen, beobachtete jede noch so kleine Geste und körperliche Regung. Sie hatte absolut keine Ahnung, wie groß und überwältigend die Angst war, die noch immer in seinem Herzen steckte. Die Angst Zeldas Zustand könnte sich einmal mehr verschlimmern. Die Angst, er würde ihr nicht helfen können und tatenlos mit zusehen müssen, wie sie sich quälte. Einmal mehr griff er nach ihrer rechten Hand, drückte sie fest in seiner größeren. „Es ist nicht einfach zu vergessen“, stimmte er zu, in seinen tiefblauen Augen sammelte sich eine erneute Manifestation von Kummer in Form flüssiger Traurigkeit. Er kniff die Augen zu um die Tränen zu verschließen. „Und noch weniger einfach sich etwas einzugestehen, Zelda.“ Sie nickte, wissend, was er damit meinte. „Ich würde gerne nach deiner Wunde sehen. Meinst du, du kannst es dir eingestehen, dass du meine Hilfe brauchst und, dass ich dir gerne helfen würde, weil… du mir wichtig bist?“ Link hatte den tiefsten Wunsch sich um seine Prinzessin zu kümmern, aber selbst er rechnete mit einer erneuten Abweisung, sodass er ihren Blick nicht traf und stattdessen nach wie vor die tanzenden Geister im Feuer suchte. Zelda nahm einen weiteren tiefen Atemzug. Sie biss sich auf die Unterlippe in dem Versuch Links Fürsorge anzunehmen und nicht erneut mit unnötigen, fehlgeleiteten Verdächtigungen zu füllen. Sie drehte ihm den Rücken zu und ließ die Decke langsam von ihrem zarten Oberkörper gleiten. Beinahe magisch sank das graue Stück Stoff herab, gab blasse, und doch wunderschöne zarte Haut preis, den roséfarbenen BH, den sie trug und auch den riesigen Verband. „Bitte“, murmelte sie, zitterte ein wenig an der Vorstellung, das Link sie betrachtete und nicht etwa, weil ihr kalt war. Link jedoch war neben ihrem plötzlichen Sinneswandel erstaunt über die Offenheit, die Zelda an den Tag legte. Und er fühlte sich ziemlich unpässlich so viel Nacktheit seiner Angebeteten zu erleben und schluckte mehrfach in Überforderung seiner Aufgaben… Es war ungemein schwer für ihn Zeldas Schönheit außer Acht zu lassen, selbst wenn er ihre Wunde betrachten wollte. Und wie wunderschön sie doch war. Diese zierlichen, schönen Schultern verbunden mit ihren Schulterplatten, dann die sichtbaren Wirbel in der Mitte ihres Rückens… Zeldas unfassbar reine Haut. Und ihr Verhalten irritierte ihn… Gab es einen anderen Grund, weshalb sie sich plötzlich traute, Link mehr Vertrauen zu schenken als bisher? Gab es eine Ursache, dass sie sich mehr denn je in seine Nähe wagte? Ein Grund, der über die Folgen ihrer Wunde weit hinausging? Er setzte sich direkt hinter sie, berührte mit seinen Oberschenkeln ihre Hüfte, beachtete ihre daraus resultierende, steife Anspannung nicht, ignorierte ihr Zittern, als er ihre goldenen Strähnen sanft zu Seite strich, um Zugang zu dem Verband zu haben. Dieses wunderschöne, weiche Haar streichelte seine Hände auf eine Weise, dass er glaubte vorher nicht gewusst zu haben, was Streicheln war… „Hast du eine Spange oder einen Zopfhalter für deine langen Haare, Zeldaschatz? Die sind nämlich trotz ihrer unglaublichen Schönheit ein wenig im Weg, wenn ich die Wunde anschauen will“, erklärte er. Unglaubliche Schönheit, dachte Zelda. Hatte Link das gerade wirklich gesagt? Oder träumte sie vielleicht? „In, in meiner Geldbörse, in welcher ich die Steine hineingepackt habe, ist eine Spange.“ Link machte sich nicht die Mühe aufzustehen und blieb eng hinter ihr sitzen, vielleicht ein wenig zu nah, kramte nach besagtem Objekt, fand es und war erstaunt, wie kostbar diese Spange aussah. Ein reichlich mit unterschiedlichen, bunten Edelsteinen besetztes Schmuckstück, mit Gravur und anderweitigen Verzierungen. „Diese Spange, sie war ein Geschenk von…“ Erst nachdem der Satz aus ihrem Mund gewichen war, stoppte sie sich und ärgerte sich über ihr Bekenntnis. „Ja?“ „… von meinem möglichen Zukünftigen.“ Sie brüllte innerlich gegen die alten, auferlegten Ketten, kniff einmal mehr die Augen zusammen angesichts der Preisgabe von ausgerechnet so etwas. Ja… so etwas… so etwas Unnützes, Demütigendes, und Zwanghaftes. Link ließ vor Schreck die Spange aus seiner Hand fallen. Meinte sie das ernst? Hatte Zelda damals jemanden geliebt? Geschockt rührte sich Link nicht mehr und machte auch sonst keinen Mucks. „Ich wurde nach langem hin und her jemandem versprochen, Link. Es war mehr ein Bündnis zwischen zwei königlichen Familien“, sagte sie dann. „Ich habe ihn nie geliebt. Es kam nebenbei auch nie dazu, weil damals alles verblasst ist, noch bevor meine Heirat stattfand.“ „Du hast ihn nicht geliebt? Wer war er?“ Link versuchte sich keinen Hauch Eifersucht anmerken zu lassen, wollte sich beherrschen, sie nicht auszufragen und atmete bei dem Gedanken, ein anderer würde Zelda berühren, würde sie festhalten, würde sie küssen und verführen, scharf ein. Genau hier, wo er sie jetzt berührte, hätte ein anderer beinahe seine Berührungen hinterlassen… hier in diesem zarten Nacken hätte ein anderer seine Lippen hinein gesenkt. Der Gedanke machte ihn rasend! Er strich mit der Eifersüchtelei kämpfend ihr Haar zärtlich über ihre Schultern, sodass er jede goldene Strähne in der Spange festhalten konnte. Eine Gänsehaut überkam sie, als seine Hände unabsichtlich ihr rechtes Schlüsselbein berührten. Sie reckte ihren Kopf nach hinten und seufzte leicht angesichts des fröstelnden Kribbelns jener Empfindung. „Alles okay?“ „Ja, es tut nur manchmal ein wenig weh.“ „Die Wunde oder die Vergangenheit?“ Sie drehte ihren hübschen Kopf nach hinten und erhielt den aussagekräftigsten Blick, den sie suchte. „Die Wahrheit.“ Link war nun dabei den Verband zu entfernen und tat dies unheimlich umsichtig. Ob es überhaupt notwendig war, dass Zelda diesen trug? Hatte das Feenwasser nicht die Blutung unterbunden? Zelda erzählte währenddessen: „Er stammte von hohem Haus und die Wahl meines Vaters fiel auf ihn, da er uns als einziger keine übertriebenen, falschen Komplimente unterbreitete und weil seine Augen sagten, dass er ein rechtschaffenes Herz in sich trug. Aber ich musste die Entscheidung zum Wohle Hyrules treffen, nicht zum Wohle meiner Selbst und das war wohl auch der Grund, weshalb ich ihn nie hätte lieben können.“ Sie ertappte sich selbst dabei, wie sie begann sich in der Vergangenheit zu verstricken. Wollte sie Link wirklich erzählen, wie hart es damals für sie war sich den Gesetzen des hylianischen Adels unterzuordnen? Ob es ihn langweilen würde, wenn sie von ihrer ehelichen Verpflichtung sprach? „Es ist… ich habe niemals realisiert“, murmelte er und rückte etwas näher um den Verband um ihrem Bauch zu lösen. Sein Oberkörper lehnte vorsichtig an ihrem Rücken und er versuchte noch langsamer zu arbeiten um ihre Nähe ein wenig auszudehnen. Er blickte etwas dümmlich drein und wanderte mit seinen nervösen Blicken die Holzdecke ab, hoffend, Zelda bemerkte diesen Nähediebstahl nicht… Aber es tat so gut Zelda zu spüren, ihren Körperduft seine Nase kitzeln zu lassen. „Ich habe niemals realisiert… wie hart und grausam das vorbestimmte Leben in einem Adelshaus doch ist.“ Zelda nickte beflissen, atmete in Links Nähe noch flacher und wusste nicht, wie sie ihre Nervosität anders neutralisieren sollte. „Es tut mir leid, dass ich das… bisher nicht so sehen konnte“, ergänzte er und schob seinen Kopf unter ihrem Arm durch, so dass er einen Blick auf ihren Bauch werfen konnte. Zum Glück bemerkte er Zeldas aufgerissene Augäpfel nicht und die entsetzlich rote Scham, die sich über ihr Gesicht bis hin zu den Ohren malte. „Ich habe nicht geahnt… wie schwer es gewesen sein muss… dein Leben als Prinzessin…“ Er schüttelte den Kopf und gab sich innerlich die nächste Ohrfeige. Er wollte ihr eigentlich nur deutlich machen, dass er mitfühlte. Aber das war unsinnig. Natürlich ahnte er wie vollgestopft mit Zwängen, unsäglich fiesen Pflichten Zeldas Leben war. „Aber wenn es… um Liebe geht… Niemand kann dich zwingen jemanden zu lieben, Zelda…“ Zweifelnd blickte sie drein. „Denn weißt du, was ich glaube?“ „Was?“ „Viele Menschen erzählen von ihrer großen Liebe. Sie verlieben sich, weil sie annehmen, sie müssten es, um nicht alleine zu sein, oder um ihr Gesicht zu wahren, weil es sich eben einfach nicht gehört, dass man ein Leben lang alleine ist. Aber Liebe kennt keine Zeit, Zelda. Das ist es wohl, was viele Leute vergessen.“ Link erstaunte sie… diese nachdenklichen, schwebend melancholischen Worte unterlegt mit einer wenngleich ignoranten Magie. Seit wann redete er so aufrichtig über seine Einstellung zur Liebe? „Liebe kennt keine Zeit… wie meinst du das?“ „Ich meine, entweder man trifft die wahre Liebe oder man belügt sich selbst, wenn man annimmt jemanden zu lieben, nur um so zu tun, als ob man im siebten Himmel ist. Ich will sagen, das, wenn es einfach nicht Liebe ist, man erst gar nicht hoffen braucht, dass ein Wunder geschieht. Das ist meiner Meinung nach nicht die wahre Liebe.“ Das Entfernen der Verbände half ihm ein wenig nicht zu sehr über seine Zugeständnisse nachzudenken. Andererseits hoffte er sehnlichst, Zelda las zwischen den Worten die Botschaft. Eine Botschaft, die nur an sie gerichtet war… an seine Zelda… an den mutigen, beeindruckenden Menschen, der sie doch war. Zelda lächelte leicht und entgegnete nichts. Sie verstand jene Worte nur zu gut… Link entfernte die letzte Schicht des festen Verbandes vorsichtig und hörte sofort ein schmerzliches Fluchen aus ihrem blassen Mund. „Ruhig“, murmelte er, gab ihr einen unbemerkten Kuss an den blonden Hinterkopf und schaute sich die Wunde genau an. Das zwei Zentimeter große Loch schillerte silbern und war geöffnet, aber innerlich musste die klaffende Wunde irgendwie heilen, sonst würde Zelda nicht so mit ihm reden können und so lange wach bleiben. Zumindest hoffte Link, diese merkwürdige Wunde heilte… er wüsste nicht, was er tun würde wenn nicht. Und erst jetzt bemerkte er die Reste ihres Blutes, das ihren gesamten Bauch bedeckte… Ihr kostbares Blut hatte den schönen BH fleckig gefärbt… Reste ihres Blutes hingen selbst noch in den Spitzen ihres honigblonden Haares, und selbst an dem Saum ihrer Hose. „Zelda… Ist es okay für dich… wenn ich versuche deinen Bauch ein wenig zu reinigen?“ Er kratzte sich am Hinterkopf, blickte schräg seitlich und lächelte verlegen. Dieser beschämte Blick… sie kannte diesen aus der Vergangenheit, hatte ihn aber niemals zu deuten gewusst. Im ersten Augenblick spürte sie ihre Unnachgiebigkeit, Frostigkeit und das in ihrem Inneren brüllende Misstrauen erneut an die Oberfläche treten, aber sie konnte Link wohl kaum für etwas, das er in den letzten Minuten getan oder gesagt hatte einmal mehr ihre Zickigkeit entgegenwerfen. Unschlüssig, was sie tun sollte, tat sie das einfachste. Nämlich erst einmal gar nichts. „Dein Blut… es ist noch überall…“, sprach er dann leise. „Ehrlich gesagt… ich halte den Anblick nicht aus.“ Damit hüpfte er seufzend in die Höhe, suchte in einer magischen Tasche frische Verbände. Er war unglaublich ungeschickt gerade, kramte wie ein Verrückter und voller Ungeduld. Es war ihm anzusehen, dass er seine Worte bereute. Nicht, weil es nicht stimmte, aber weil er sich nicht so gehen lassen wollte. Und weil Zelda schwieg, verlor auch er keine weiteren Worte, sondern stand betreten mit den Verbänden in den Händen im Raum. Sein Blick wanderte erneut zu den Blutresten, machte ihm deutlich, wie viel Blut sie verloren hatte. Das Geschoss von Mortesk musste auf eine barbarische Weise so konstruiert worden sein, dass es den schlimmsten Schaden anrichtete. Einmal mehr stiegen ihm Tränen in die Augen, machte seine Blicke gläsern wie traurige Sternenschimmer. Auf eine erbarmungsvolle Weise hatte die Besorgnis in seinen Seelenspiegeln nun genau den Effekt, dass Zelda begann sich langsam auf den Rücken zu legen, ein wenig seitlich, sodass sie entspannen konnte. „Ich… mag auch nicht… dass es an mir klebt… also bitte…“, sprach sie dann, entsetzt darüber, es wirklich von Link zu verlangen. Sie bat darum, dass er ein sanftes, warmes Tuch über ihre Haut streicheln ließ um mit den verschwindenden Blutresten ihre Verletzung ungeschehen zu machen. Aber eigentlich faszinierte sie der Gedanke, dass es Links Hände wären, die das taten… Und wieder reagierte Link ungeduldig… Er hoffte, Zelda überlegte es sich nicht anders und so zerriss er beinahe die Taschen auf der Suche nach dem Verbandkasten, wo einige Tücher und Iod gelagert waren. Und er stellte sich ungeschickt und zappelig an. Er verschüttete eine Heidenmenge des Iods aus der Phiole, zappelte schließlich noch irritierter, bis es Zelda ein Lächeln entlockte. Erst dann sank er vor ihr auf die Knie, öffnete seinen Mund und unterdrückte die Atmung. Wie nur sollte er atmen können, wenn er seine ganze Lebenskraft auf seine Hände fixiert hatte… auf die Hände, die begannen mit einem sanften Tuch über Zeldas Bauch zu fahren. Es war unglaublich intim… dieser ganze erschaudernde, zärtliche Prozess… seine Hände, die mit dem Tuch spielten. Diese rauen, unerfahrenen Hände, träge erforschten sie sanfte, von Blut bemalte Haut… Die Prinzessin presste ihre Hände ins Gesicht, schloss die Augen und versuchte dieses neue Gefühl in ihre innere Welt einzuordnen. Ein nie da gewesenes Vibrieren saugte sich in ihrem Inneren fest, ließ sie sich leicht und sicher fühlen… und es überdeckte die Schmerzen wie ein kraftvoller Zauber. Link währenddessen explodierte innerlich Zelda so erotisch hier liegen zu sehen und sie auf jene unsittliche Weise zu berühren. Ein bedrängendes Gefühl gewann die Oberhand in ihm, sodass er mit einem tiefen Atemzug das Reinigen ihres Bauches unterbrach. Beim Triforce, wenn er sich nicht sofort zügelte, würde er sich hemmungslos auf sie werfen und mit Küssen überschütten… „Sieht gut aus, Zeldaschatz“, sagte er leise, seine Stimme piepsig und verlegen. Das war eine dumme Idee, sagte er in Gedanken, verdammt, das war eine absolut dumme Idee. Er hätte beinahe einen Herzkasper bekommen in diesem intimen Prozess. „Danke… Link“, sprach Zelda, richtete sich vorsichtig in die Höhe und hatte bei seiner so liebevollen Berührung beinahe ihre Wunde vergessen. Link hatte eine Begabung darin ungemein sanft und vorsichtig zu sein, so behutsam und aufrichtig. „Aber du musst das nicht für mich tun. Das ist wirklich nicht deine Pflicht…“ Leicht verärgert funkelte der Held ihr entgegen, wünschte sich so sehr, sie wäre nicht so abweisend, nicht so bekümmert und ständig auf der erbarmungslosen Suche, drauf und dran, seine Fürsorge abzuweisen. „Ach Zelda“, sagte er verträumt. „Mein kleiner Dummkopf. Ich weiß selbst, dass es nicht meine Pflicht ist. Ich tue das, weil du mir viel bedeutest und das weißt du, Zelda, hör’ doch mal auf dein Herz anstatt auf deinen weisen Sturschädel, hm?“ Und Link gab ihr ein aufmunterndes Lächeln und einen sanften Stups an ihre Stirn. Sie erwiderte seinen Blick und lächelte ebenso, auch wenn die Wunde an ihrer Kraft nagte. Dann endlich legte er ihr vorsichtig die schützenden Verbände um, vorsorglich, eine erneute Blutung nicht riskieren wollend. Einmal mehr so zärtlich… irgendwie auch verspielt… Ein himmlisches Gefühl, fast halluzinierend. Zelda atmete genießend ein, ließ Links Berührungen zu, wollte mehr davon, wünschte sich seine vertrauten Hände überall. Seinen Atem an ihrem Ohr. Sein Herz neben ihrem. Sein Mund… Verflixt, Prinzessin, mahnte sie sich, läufst du noch rund, als sie aus ihren Gedanken flüchtete. Beinahe hätte sie zugelassen, was sie stets ignoriert hatte. Ihrem Heroen näher zu sein… Hoffnung auf eine Beziehung zu spüren. Es war ein Fehler, sagte sie innerlich. Nicht richtig… niemals richtig… Ihm ihre Bedürfnisse aufzubürden war niemals richtig. Nach vielen Minuten hatte der junge Mann den frischen Verband um Zeldas Bauch gewickelt, aber ihm war noch nicht danach zumute, sie jetzt sich selbst zu überlassen. Er blieb stur, wo er war: verführerisch direkt hinter ihr, streifte mit seinen Händen ihre Taille. „Sag’ mir… wieso Zelda?“, flüsterte er in ihr spitzes Elfenohr. Sein warmer, feuchter Atem kitzelte es und sie fühlte sich wie gefangen in einem weitentfernten, herrlichen Orbit. Er legte seine angenehmen Hände dann sanft auf ihre angespannten Schultern und berührte sie, vorsichtig, streichelte ihre nackten Schultern und fürchtete sich dennoch vor jedem bisschen zu viel Druck. Sie war so zerbrechlich im Augenblick. Aber sie antwortete ihm nicht und schwieg, sodass er ein weiteres Mal nachbohrte. „Warum hast du diese Schmerzen auf dich genommen? Du hättest den Pfeil sein Ziel erreichen lassen können.“ Sie gab nach und entspannte sich. Ihre Schultern hingen nun schlapp herunter, auch ihr Körpergewicht konnte sie nicht mehr halten und sie ließ sich in seine beruhigende Umarmung fallen. Link war so warm… dass sie über die Nähe nicht nachdenken wollte. Erschöpft lehnte sie sich weiter in diese Wonne hinein. „Du hast mir das Leben gerettet, Zelda… ich konnte mich noch nicht dafür bedanken. Danke, mein kleiner Schutzengel.“ Sie drehte den Kopf zögerlich in seine Richtung und lächelte so gut wie es mit den Schmerzen ging. „Dennoch“, ergänzte er, „tu’ das nie wieder. Setz’ dich nie mehr einer derartigen Gefahr aus. Und tu’ nichts, was über deine Kräfte geht, Zelda. Bei den Göttinnen, ich wäre aus Angst um dich beinahe gestorben.“ Distanz suchend wich Zelda ein wenig weiter nach vorne, konnte einfach nicht anders, als Link erneut auszuweichen. Aber er hielt sie fest, nicht grob, aber fest. Sie spürte seine sture Unnachgiebigkeit einmal mehr. Sie spürte, dass er sie jetzt nicht mehr weglaufen lassen würde… „Zelda… bitte sag’ mir warum“, meinte er leise und hatte nicht die Einsicht oder Akzeptanz seine Prinzessin weglaufen zu lassen. Erneut umarmte er sie innig und zog sie eher ungewollt an sich, vergrub seinen verliebten Kopf auf ihrer rechten, entblößten Schulter, während Zeldas Puls ungebändigt in die Höhe schoss. „Sag’ es bitte“, murmelte der junge Kämpfer leise, hauchte seinen warmen Atem an ihren Hals und wollte doch nur eine aufrichtige Antwort. „Ich kann nicht“, entgegnete sie kühl, und wich wieder nach vorne. Link tat nichts anderes als enttäuscht zu seufzen. „Ist es wegen mir?“, meinte er und blickte betreten zu Boden, stützte sich mit seinen Händen am Boden ab. Sie kniff die Augen zusammen und wusste doch… es war nur wegen ihm. Sie tat es aus Sehnsucht, aus Liebe. Und doch verbat ihr die Vergangenheit, vielleicht auch die grausame Verkettung ihres Schicksal, es endlich rauszulassen, ihrem Liebsten alles zu beichten. „Zelda, bitte“, murmelte Link und konnte einfach nicht anders. Jegliche Beherrschung verabschiedete sich und er küsste sie sanft an ihr rechtes Ohrläppchen. Von sich selbst erschrocken fuhr er zurück und bedeckte seine Lippen mit einer Hand. Doch Zelda schien jenen Kuss nur als einen kühlen, angenehmen Luftzug wahrgenommen zu haben. Oder sie wollte es nicht als ein Annähern interpretieren… „War es aus Pflichtgefühl? Aus Angst? Aus… Liebe?“ Zeldas Augen standen starr, sie fühlte sich ertappt und unsicher. Aus Liebe. Er hatte genau das gesagt, was sie nicht konnte. Seine Worte hatten ihre Wurzeln tief in der Wahrheit begraben. Liebe… Dieses wunderschöne, mit Schmetterlingen gefüllte Wort. Liebe… Natürlich war es Liebe. Von Anfang an… bis zum bittersten Ende… Sie biss sich auf ihre Lippe und wusste nicht, welche Ausrede in dem Augenblick ausreichen würde. Aufgeregt spannte Zelda ihre Arme in die Breite, wollte Links Annäherung nicht erkennen und log laut und eindringlich: „Ich wollte mich doch nur einmal bei dir revanchieren. So oft hast du mein Leben vor dem sicheren Tod bewahrt und du hast nie etwas dafür verlangt.“ Link blinzelte mehrfach. Er hatte niemals etwas für seine Aufopferung, seinen Schutz und seine Loyalität verlangt? Stimmte das denn? Er war nicht überzeugt, was diese Sache anging. Hatte er denn nicht zumindest ihre Freundschaft verlangt? Und ihr Vertrauen? Außerdem… er kannte Zeldas süßeste Reaktionen mittlerweile in und aus wendig. Er wusste genau, wann sie ihm einmal mehr ihre Unwahrheit ins Gesicht pfefferte. Aber er war in dem Umgang damit gewachsen. Er hatte gelernt und verstanden, dass Zelda ihre Abweisung nicht aufrechterhielt um ihn zu verletzen… Die Ursache ging viel tiefer. „Das stimmt nicht ganz“, meinte er. „Das stimmt nicht ganz?“, sagte Zelda auffordernd, als sie sich mühsam den dicken, grünen Pullover überstreifte. Zu gerne hätte sie verstanden, was Link damit andeutete. „Ja, nicht ganz.“ Aber Link würde seine Gedanken hier nicht preisgeben… noch nicht. Sie richtete sich endgültig auf und griff nach der Wasserflasche und trank einige Schlucke, diesmal fühlten sich ihre Arme stärker an und nicht wie schmelzende Knetmasse. Es war ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass die heilende Kraft des Feenwassers in ihr arbeitete und auch die Schmerzmittel wirken konnten. Zelda entspannte sich mehr und mehr und spürte die Kraft in ihren Körper zurückkehren. Mittlerweile waren die wenigen Kerzen heruntergebrannt und füllten das winzige Kämmerchen mit verspielten Schatten, die das vergehende Feuer, denn dort bedurfte es Holz und Kohlen, betrauerten. Die Düsternis der Nacht kroch in den Raum, erzählte beiden hylianischen Seelen wie spät es doch war. Link hüpfte auf die Beine und schürte das Feuer, worauf es zu neuer Stärke erwachte. Sicherlich war es verdammt spät, Zelda und er brauchten Ruhe, aber er betete innerlich darum, gerade hier in diesem Gotteshaus, um etwas mehr Zeit. Ein wenig noch Reden, ein wenig noch die Missverständnisse klären, bevor dieser Abend zu Ende ging. „Was anderes… du magst den Pullover?“, lenkte er ab. Er sah ihr an der Nasenspitze an, dass sie über seine Worte von vorhin nachdachte. Aber sie hatte sicherlich nicht die Kraft nachzubohren. „Ja, er ist schön warm.“ Sie schmiegte sich in den Stoff hinein, was ihm wahnsinnig gefiel. Zelda in seiner Lieblingsfarbe, in einem Kleidungsstück, das ihm gehörte, das nach ihm roch… „Du kannst ihn ruhig behalten, Zeldaschatz.“ Sie gab ihm einen spielerisch giftigen Blick. Etwas glitzerte in ihren Augen, als würde ein kleines Licht durch den Schatten über ihren Augen durchschimmern. „Außerdem“, sprach sie nach einer Weile. Etwas in ihr wollte ihm erklären, warum sie keine andere Wahl hatte als ihn zu beschützen. Nicht nur wegen ihrer verschwiegenen Bedürfnisse. Sie musste ihn beschützen, weil er das einzige Licht der Welt war. „kannst nur du diese Mission zu Ende bringen. Nur du bist in der Lage Ganondorf aufzuhalten… deshalb musste ich etwas tun, Link.“ Doch die Seele des Helden wusste um etwas anderes. Sie wusste um die Wahrheit und kannte den Grund für Zeldas Selbstlosigkeit. Und jenes aufopferungsvolle Verhalten entsprang fern abseits jeglicher Pflicht. Aber Zelda war nicht bereit es ihm zu sagen… Ob sie jemals dazu bereit wäre? „Schon gut… vielleicht haken wir dieses Kapitel in unserem Leben ab. Was meinst du?“ Selbst jetzt war er bereit auf seine Prinzessin zu warten, vertraute darauf, dass sie sich ihm doch noch öffnen könnte. Sie nickte erleichtert. „Und beginnen stattdessen ein neues?“, entgegnete sie matt. Einmal mehr lehnte sie sich an die hinter ihr liegende Wand, atmete bewusst und tief, versuchte in ihren verletzten Körper hinein zu spüren. „Ja, ein neues Kapitel für Zelda, die wunderschöne, fesselnde, weise Prinzessin Hyrules und ihren atemberaubenden, charmanten, unverschämten Helden Link. Was hältst du von dem Titel: Wenn der Blitz einschlägt, trifft er uns nicht.“ Er kratzte sich am Kopf und wollte ein wenig Heiterkeit in ihre Konversation bringen, aber der Versuch war nicht der beste. Eigentlich ärgerte er sich über den Blödsinn, der über seine Lippen glitt, aber auch er war so erschöpft, dass ihm kaum etwas einfiel. Zelda schmunzelte dennoch und selbst mit diesem unglücklichen Versuch hatte Link es geschafft, ihr ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. „So ist’s gut“, sagte er und lachte ebenfalls ein wenig. Und plötzlich traf sie wirklich der Blitz nicht. Denn außerhalb wurde Donner hörbar, und ein Blitz zuckte den dunklen Himmel entlang, knallte in die tiefen Täler, und noch einer, noch ein Donnergrollen, laut und heftig. Die Gewitter in Hyrule waren heftig, dachte Link, nicht zu vergleichen mit denen auf der Erde. Da war eine Gewalt in den Urkräften, als wären sie mit Magie gefüttert. „Ups… so genau habe ich das eigentlich nicht genommen“, meinte Link, mächtig verwundert über diese brausende, dröhnende Urgewalt, und lachte dann wieder, aber wusste selber nicht einmal wieso. Als er das drollige Glucksen unterband, suchte er Zeldas Blicke, band tiefe Gefühle in seinen eigenen und schenkte ihr ein tiefes Lächeln. Verlegen wich Zelda diesem Blick aus. Dieser Blick schrieb etwas so Liebevolles, Intensives in sie hinein, dass ihr schwindlig wurde… Wie oft hatte sie von diesem träumerischen Blick geträumt, herbeigesehnt ein Verlangen darin zu erhoffen, das von ihrer Nähe träumte… und doch glaubte sie noch immer nicht, das jener Blick ihr galt… „Ich… ähm“, begann Link und sah betreten zu Boden. Diesmal stand Reue in seinem Tiefblau, ein ehrliches Schuldeingeständnis machte das Tiefblau matt. „Ich muss mich noch für mein Verhalten entschuldigen, Zelda.“ „Was meinst du?“ Zelda wirkte überrascht, zumal sie diesen hässlichen Konflikt bei sich liegen sah. Er setzte sich zu ihr und legte die wärmende Decke erneut über ihre schlappen Schultern. Dann starrte er in das flackernde Feuer, bedacht die erschöpfte Zelda, die neben ihm saß, nicht anzusehen. Denn nun war es an ihm, einige Peinlichkeiten aus der Welt zu schaffen. Auch er trug einen Anteil an dem Konflikt der wie ein richtendes Schwert über ihren Köpfen hing. Er war nicht gerade zurückhaltend in seinen Gesten gewesen ihre Streitereien zu klären. Er hatte in den letzten Tagen sehr oft die Nerven verloren… „Ich habe dich unfair behandelt, als wir gegeneinander gekämpft haben, weißt du noch? Du bist nicht schwach. Überhaupt… war es entsetzlich, dass ich diesen Kampf von dir verlangt habe…“ Je länger er darüber nachdachte, umso schlimmer und beschämender fühlte es sich für ihn an, wie ein Alptraum über den er nicht mehr nachdenken wollte. Nur, dass er diesen Alptraum wirklich initiiert hatte. Sein Zorn über Zeldas Starrsinnigkeit und ihr Unvermögen ihm zu glauben, dass er aufrichtige Gefühle für sie hegte, hatte zu jenem Zeitpunkt Überhand genommen und ihn etwas fühlen lassen, das nur auf das Schlachtfeld gehörte, aber nicht in seine Beziehung zu Zelda. „Das ist… nicht so schlimm…“ „Doch, es war schlimm“, entgegnete er scharf. „Ich habe dir damit furchtbar weh getan und eine Seite an mir gezeigt, die mich beschämt hat…“ Sein Kiefer knirschte, als er sprach. Zelda schüttelte ihren Kopf und zeigte ihm deutlich ihren Widerwillen zu seiner Aufwartung. Eine kühle Hand legte sich instinktiv auf seine rechte Wange, eine dennoch traurige Geste. „Sag‘ das nicht… Denn es war meine Schuld. In letzter Instanz war ich diejenige, die mit den Streitereien angefangen hat.“ Sie schaute trübsinnig hinaus aus dem rauen Fenster. Einzelne Regentropfen klatschten an die milchig graue Scheibe. Streitereien, nur weil sie sich gegen seine Gefühle betäuben musste. Streitereien, nur weil sie Angst hatte, er könnte nichts von dem erwidern, was sie doch fühlte. Streitereien, weil sie Angst hatte, ihn zu verlieren… teuflische Angst. „Und ich habe dich oftmals angeschrien, da ich irgendwie die Nerven verloren habe. Ich habe diese Missverständnisse zwischen uns nicht mehr ertragen… Versprechen wir uns, dass wir uns nicht mehr anschreien?“ Die Aufrichtigkeit in seinem wunderschönen Tiefblau entsetzte sie… diese entwaffnende Treue. Sie nickte, auch wenn Kummer in ihren schönen blauen Augen verborgen war. „Link, ich wollte dir niemals weh tun“, flüsterte sie, während sich in ihrem Inneren der Schutzwall gegen seine starken Gefühle erneut errichten wollte. Er nahm ihre Hände in seine, sah sie mit traurigen Augen an und nickte leicht. „Ich dachte manchmal, du wolltest mich gar nicht dabei haben und siehst mich nur als dummen Trottel.“ Er hustete ein wenig, spürend wie rau und trocken seine eigene Kehle war… „Aber Link… das…“, begann sie zögerlich und zitterte in hinterhältigen Schuldgefühlen. Er schüttelte mit dem Kopf und schweifte in traurigem Blick zur Seite. Seine Hände lösten sich von ihren. Er atmete tief durch und wollte endlich seinen ganzen Mut zusammen zu nehmen um ihr zusagen, dass er sie an seiner Seite wünschte, jeden kommenden Tag, der da kam, dass er sie brauchte wie nichts anderes auf der Welt… und dass sie die einzige für ihn war. „Manchmal dachte ich, du empfindest etwas… ich meine… etwas besonderes für mich… und im nächsten Augenblick hast du dicht gemacht, hast mir Dinge um den Kopf geworfen, die ich lieber nicht gehört hätte und bist mir immer fremder geworden.“ Er stoppte kurz, beobachtete das unsichere Zucken in ihrem schönen Himmelblau, beobachtete die Zweifel und eine Leere, in die sich Zelda nur zu gerne flüchtete. Sie wimmerte gegen seine Worte, aber er konnte kaum mit seinem Geständnis einbrechen. Er musste es jetzt sagen. Sollte er auf einen nächsten Angriff Ganondorfs warten, den sie vielleicht nicht überstanden? „Seit dem Moment, als ich dich in den Wäldern fand… habe ich mich endlich vollständig gefühlt… du hast mich vollständig gemacht“, sprach er leise und hatte das Bedürfnis niederzuknien. Und er tat es, ritterlich und so wie einst, ohne zu wissen, dass diese Geste für sie beide bedeutungsvoll war. „Umso schmerzhafter war es, als du angefangen hast dich zu distanzieren… alles nur, weil du dich an deine scheußliche Bürde erinnert hast.“ Er legte eine Hand auf sein Herz und blickte ihr mit aller Aufrichtigkeit entgegen, die in ihm steckte. „Und als du dich immer mehr verschlossen hast… hier in unserer alten Heimat, da wusste ich nicht mehr, ob du noch das Mädchen warst, das ich damals in den Wäldern fand, das nach mir gerufen hatte, das mit mir gelacht hatte, mit dem ich so gerne… zusammen war…“ Er fuhr sich durch das viel zu lange Haar, suchte die verborgene Wahrheit in Zeldas Seelenspiegeln. Aber er spürte auch, wie sie erneut begann sich innerlich zu verschließen. Ihre leicht verklebten Augenlider sanken hinab, um sich in den Schlaf zu zwingen. Und sie zitterte, bei Hylia, Zelda zitterte an dem aufrichtigen Schrecken seiner Worte… „Ist das deine Bürde, Zelda? Hat man dich nie an Liebe teilhaben lassen… hast du niemals erfahren, was Liebe ist?“ Er wusste, dass er jetzt die Grenze überschritt, und dass er nicht dass Recht besaß ihr Trauma aufzubrechen, aber sollten sie in den nächsten Wochen sich einmal mehr anfeinden und mit Worten und Taten vergiften? Zelda krallte sich mit ihren Händen in der grauen Decke fest und unterdrückte das Gefühl, einfach nur vor Link und seinen Worten davonzulaufen. Sie kniff die Augen zu und versuchte zu verdrängen. „Zelda… ist das wahr? Glaubst du, du hättest es nicht verdient geliebt zu werden? Hast du deswegen mit mir gestritten, weil du vor mir und meinen Gefühlen für dich weggelaufen bist?“ Und schon wieder liefen Tränen über ihre Wangen, die sie abtun würde, wie die Gefühle in ihrem Inneren. Schnell wischte sie sich diese weg und versuchte zu lächeln. „Ich möchte nicht mehr mit dir streiten“, sagte sie und presste ihre trockenen Lippen aneinander, da sie immer noch mit den Tränen kämpfte. Sie atmete tief aus, stand wankend auf und lief zu dem kleinen, trüben Fenster. Es ging einfach nicht mehr, Link hatte mit seinen Worten ihre gesamten inneren Mauern zum Einstürzen gebracht… und den alten Schmerz herausgefordert. Dieser gewaltige Druck in ihrem Inneren, ein Gefühl eisiger Trübsinnigkeit, Hoffnungslosigkeit unterstützt von dem Nagen des Schmerzes unter ihrer Brust. Und einmal mehr weinte sie vor sich hin. Sie lehnte sich mit dem Kopf an die Fensterscheibe, als ob die Kälte des Glases ihr helfen würde, ihre innere Kälte, ihre Schutzmauer gegen jeden, der versuchte zu ihr durchzudringen, zu aktivieren. „Ich wollte das nicht… ich wollte dir nicht wehtun“, rechtfertigte sie sich und war im Begriff sich umzudrehen. Sie schämte sich nun für ihren kleinen Tränenausbruch gegenüber Link, ausgerechnet gegenüber einem hylianischen Herzen, welches immer ihre Stärke bewundert hatte. Hastig wollte die blonde Hylianerin aus dem Kämmerchen verschwinden. Sie war die einstige Prinzessin Hyrules und es war ihr untersagt zu weinen. Es war nicht gestattet, anderen so die eigenen Gefühle zu offenbaren, sich so gehen zu lassen. Nichts war gestattet… nichts von dem, was in den letzten Minuten hier an Intimität und Nähe geschehen war, war gestattet. Aber Link hatte aus irgendeinem Grund die Tür verschlossen und auch das goldene Schlüsselchen war verschwunden. Dann fühlte sie seine Aura direkt hinter sich. Er zog sie an den Handgelenken sanft zu sich heran und schaute in ihre gläsernen, blauen Augen. Er wollte sie umarmen, so fest und wunscherfüllt wie noch nie, aber sie kämpfte dagegen an. Sie wich zurück, klopfte mit ihren Fäusten auf seine Brust und schrie: „Hör’ auf mir nahe zu sein. Wegen mir wirst du sterben!“ Aber Link ließ es über sich ergehen. Er schloss seine Augen und berührte Zelda fest, aber nicht zu grob an den Schultern. „Ich bringe denen den Tod, die ich liebe, lass’ mich“, fauchte sie, während Tränen ihre Wangen hinabtropften. Sie schlug mit ihren Fäusten auf ihn ein, immer stärker und verzweifelter, wehrte sich gegen seine Nähe, wehrte sich gegen ihre Gefühle. „Wegen mir… es war immer nur meine Schuld“, brüllte sie und gab ihm eine Ohrfeige, als er sie umarmen wollte. „Hör’ auf. Ich bedeute deinen Tod. Ich habe es nicht verdient… geliebt zu werden“, weinte sie. Und Link schwieg, ertrug ihre Schläge, aber eines würde er nicht tun: Sie jetzt alleine lassen. Link machte einen weiteren Schritt, sodass Zelda mit dem Rücken an der bröselnden Putzwand lehnte und er direkt vor ihr stand. Sie wimmerte vor sich hin und hatte keine Kraft mehr gegen ihn zu kämpfen. Und es geschah in dem Augenblick, dass in Zeldas Innerem endlich der Faden riss. Sie fiel schluchzend in seine Umklammerung, krallte sich in dem grünen Leinenstoff seiner Tunika fest und weinte. Link umschloss ihren zarten Körper mit seinen starken Armen, drückte sie an sich, streichelte über ihre Haut, durch ihr seidiges Haar und ließ sie weinen. „Du hast es mehr als jemand sonst verdient… geliebt zu werden, Zelda“, sagte Link leise in ihr Ohr flüsternd. „Es gibt so viele, die dich lieben, meine Zelda“, murmelte er. Sekundenlang standen sie beide einfach nur da, fest umschlungen, erfüllt mit Angst und stiller Hoffnung, der andere würde verstehen. Liebevoll nahm er die wehrlose Hylianerin auf seine Arme und trug sie zu dem wärmespendenden Kamin. Sie sah ihn nicht an und neigte währenddessen ihren Kopf zur Seite. Es war so schwer und gleichzeitig erstrebenswert seinen Worten zu glauben. Er legte sie langsam auf eine Decke und beugte sich über sie, wollte sehen, ob sich der finstere Schatten über ihren Augen verändert hatte. Und für die Spur eines nichtigen Augenblicks behielt Link diese Hoffnung bei. Allmählich verschwand der kalte Schatten über dem saphirgleichen Blau von Zeldas wunderschönen Augen. Würde sie es jetzt zulassen? Oder würde sie ihn erneut wegstoßen und ihre Gefühle ihm gegenüber leugnen? Link blickte sie durch die Tränen an, wischte mit seinem Zeigefinger die warmen Tränen auf ihren Wangen weg und überschüttete sie mit gemächlichen, innigen Berührungen, so voller Sehnsucht und Fürsorge. Er setzte sich aufrecht und zog Zelda einmal mehr zu sich heran, fühlte ihre heißen Atemzüge an seinem Hals, als sie ihren Kopf zögerlich an seine Schulter lehnte. Er konnte deutlich ihr Herz in der Brust schlagen hören, hörte die Stimme der Sehnsucht, die Stimme der Liebe in ihrem Herzen, geboren aus dem Wunsch, ihm endlich zu sagen, was schon lange in ihrem Seelengleichgewicht nicht mehr stimmte. Die blonde Hylianerin erwiderte die Umarmung und legte ihre kalten Hände neben ihr weinerliches Gesicht auf seine stählerne Brust und schloss die Augen. Sie weinte leise, ohne einen Laut fielen ihre Tränen über rosa Wangen hinab, und benetzten den grünen Stoff der Tunika ihres Helden. Links tiefblaue Augen wanderten zu dem munteren Feuer im Kamin und beobachteten die unsichtbare Wärme, welche über den Flammen emporstieg. Endlich ließ Zelda die Trauer zu, dachte er… endlich schämte sie sich nicht dafür einmal schwach zu sein. Zeldas Tränen, das befreiende Weinen, löste Beständigkeit und Hoffnung in ihm aus. Er hätte nicht gedacht, dass Tränen ihn so beruhigen konnten und sich so heilsam anfühlten… „Zelda… ich“, fing er an, stoppte seine Worte aber und küsste stattdessen ihre Stirn. Sie schaute daraufhin auf und suchte seinen Blick. Sie sah traurig durch ihre Tränen hindurch und in dem Augenblick bemerkte Link erneut, wie der Schatten zurückwich. Er durfte jetzt nicht aufhören, ihr zu sagen, was war und was ist. Jetzt oder nie ergab sich die Möglichkeit ihr die Schuldgefühle, die Angst und die Ableger der Einsamkeit in ihrer Seele zu nehmen. Er musste ihr es jetzt sagen. Einzelne große Tropfen fielen von ihren Augen und ihr Blick wandelte sich nun fast vollständig. Er legte eine Hand an ihren Hinterkopf, streichelte sanft durch das seidene Haar und fing eine der Tränen auf. Seine Worte erklangen mit viel Liebe und Hingabe und doch flüsternd: „Es gibt niemanden, der mir so viel bedeutet wie du, Zelda… meine Zelda. Ich bin einer derjenigen, die dich lieben.“ Das war alles, was noch gesagt werden musste. Und plötzlich zerbrach der kalte Schatten über dem Blau ihrer Augen wie eine kristallene Barriere und Zeldas Augen wandelten sich vollständig. Plötzlich leuchteten ihre Augen in einem Schimmer aus der alten Zeit… mit größter Hoffnung und Lebendigkeit. Zeldas Seele war befreit… Sie krallte sich an ihrem Seelenverwandten fest und schloss zaghaft die Augen, die nun leuchten konnten wie zu der Zeit, als der Himmel über Hyrule das erste Mal in seinem Glanz erstrahlte. Einige Minuten vergingen. Die Prinzessin lag ruhend, beinahe schlafend in ihres Helden Armen. Es war eines der ersten Male, dass sie eine so lange, innige Zärtlichkeit von seiner Seite zu ließ, sich nicht dagegen sträubte, wie in so vielen Momenten vorher. Ihre Atemzüge waren tief und gleichmäßig und nur um ihre Atmung zu spüren, die Link in jenem Moment so ungeheuer wertvoll erschien, beugte er sich weiter über sie, hielt ein spitzes Ohr an ihren schönen, vollen Mund und lauschte dem leisen Luftholen. Wie eine kleine Melodie waren ihre Atemzüge für ihn, sanft und beruhigend. Die Tränen auf ihren Wangen verblassten langsam und in dem für Link wunderbaren Moment drückte sich seine Prinzessin noch ein wenig enger und näher an seinen Körper, bis ihre Fingerspitzen beinahe verspielt über den grünen Stoff seiner Tunika wanderten, bis hin zu seinem Kragen. „Zelda?“, flüsterte er, nicht sicher, ob sie vielleicht schlief. „Ich weiß… das war jetzt gerade sehr viel… ich möchte nur bei dir sein… ist das okay?“ Er spürte ein Nicken, was ihm reichte. Weil es eine der schönsten Sensationen für ihn war, begann er durch ihr seidiges Haar zu streicheln, diese goldenen, unbezahlbaren Strähnen… Unsinnig, dachte er, erst jetzt fiel ihm auf, dass ihr Haar genauso golden funkelte wie das von Hylia, als er diese im Götterreich antraf. Zelda hatte diese Göttlichkeit in sich… warum nur bestrafte sie sich mit so unmenschlichen Zweifeln? Sie hatte nichts von diesem Leid verdient, sie hatte Glück verdient, jedes Glück dieser Welt… „Möchtest du ein wenig schlafen?“, sprach er leise und wollte nachdem er ihre tiefste Traurigkeit herausgefordert hatte nur spüren, dass sie sich nicht noch weiter mit inneren und äußeren Wunden quälte. Sie öffnete schwach ihren Mund und murmelte fast unwirklich: „Nein.“ Auch ihre Augen öffneten sich einen Spalt und blickten mit den letzten Tränen zu dem flackernden Feuer im Kamin. So lebendig. So tanzend. Vergnügt spielte das Feuer mit unbekannten Mächten. Die dunklen Augen des Helden begegneten ihren, die nur halb geöffnet waren und vielleicht war es Aufregung oder Überraschung. Link wusste nicht wieso, aber fast hypnotisiert und starrend blickte er in das reine, schöne Blau ihrer Augen. Er zog ihr Gesicht sachte zu sich und schaute beruhigt, mit beinahe irrsinniger Freude in die sanften, aber überraschten Augen seiner Prinzessin. „Der Schatten ist verschwunden. Er ist fort…“, sagte der Hylianer euphorisch und lächelte. „Was?“, murmelte sie leise und rang mit dem Wunsch, dass Link sie noch ein wenig länger festhielt. Ihr Held jedoch erwiderte ihre Überraschung mit freudig erregten Gesichtszügen, einem euphorischen Glühen über seinen Wangen. Aufgeregt platzte es aus ihm heraus: „Der Schatten in deinen Augen hat sich endlich zurückgezogen.“ „Ein Schatten?“, murmelte sie zaghaft und wischte sich die warmen Tränen aus dem Gesicht. „Ja, als ich dir begegnet bin, ist mir dieser Schatten erstmalig aufgefallen, aber jetzt ist er fort. Ich habe ihn besiegt, dieser Fluch wird dir nicht mehr wehtun, Zelda.“ Sie blinzelte durch die Tränen hindurch, ein leichtes Entsetzen in ihren Gesichtszügen. „Ein Fluch…“ Sie rieb sich die Augen, fühlte sich ein wenig erschlagen und matt, beinahe so wie damals, als sie in spiritueller Form in Hyrule umherwandelte. Link hatte mit all seinem Mut und den bezauberndsten Worten überhaupt eine Form innerer Selbstreinigung von so viel dunklen Gedanken angestoßen, dass sie nicht die Kraft hatte dagegen anzukommen. Er hatte sie endlich zur Wahrheit gezwungen, hatte nicht locker gelassen und irgendwie… war der Effekt ein anderer als der, den Zelda immer erwartet hatte. Sie glaubte, wenn sie sich ihm öffnen würde, brach in ihr die letzte Stabilität zusammen. Sie glaubte, wenn sie sich Link in all ihrem Schmerz preisgab, würden die heftigsten, schlimmsten und unangenehmsten Emotionen in ihr niederknallen und sie noch weiter foltern. Sie glaubte, sie würde ihn entehren… Aber nichts von diesen Befürchtungen war geschehen… Das erste Mal seit sie denken konnte, fühlte sie sich voller Sicherheit, ohne Schuld und Scham, fühlte sich geborgen und vollständig. Wie ein kleiner Jammerlappen, aber trotzdem stark… „Danke… ich danke dir so sehr…“, sprach sie wimmernd. Das einzige, was jetzt vielleicht noch an ihr nagte, war der Gedanke, dass Link sie ein weiteres Mal gerettet hatte. Nicht vor den Klauen des Bösen, aber sehr wohl vor sich selbst. „Ich würde… alles für dich tun…“, hauchte er und lehnte sich mit Zelda in seinen Armen an die Wand. Mit der Stütze im Rücken konnte er sich sogar noch mehr auf die Schönheit in seinen Armen konzentrieren, seine umsichtigen Streicheleinheiten noch ein wenig intensivieren. „Ich wünschte nur, ich hätte diesen Fluch früher erkannt…“ Aber andererseits, so wusste er mittlerweile, kam für alles seine Zeit. Womöglich hätte sich Zelda ihm niemals öffnen können, wenn sie nicht bereit gewesen wäre sich für ihn zu opfern… Sie vergoss die letzten Tränen in seiner Umarmung, als er liebevoll eine Decke um sie legte. Und Link sollte Recht behalten, es war wirklich ein Fluch, der an Zeldas Herz nagte, schon lange, viel zu lange… Ein Fluch, der seit dem Anbeginn ihres Lebens auf ihr lastete. Viele Momente, wie die Begegnung mit Ganondorf, einsame Stunden, oder die Pflichten und Zwänge des Schlosslebens hatten gerade diesen Schatten über ihren Augen genährt. Ein Fluch, den Link jetzt besiegt hatte. Ein grausamer Fluch einer alleingelassenen Prinzessin, die sich nicht geliebt fühlen konnte… Link ließ sich seitlich auf den Boden sinken und blickte Zelda noch eine Weile an, die aufrecht saß und in die verspielten Flammen schaute. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte das erste Mal seit ihrer Verletzung auf ehrlicher Weise. Doch es hatte sich gewandelt, dieses warme Stückchen Freude, welches ihr Gesicht verriet. Es erhellte sein Herz, sie auf diese zufriedene, strahlende Art und Weise lächeln zu sehen. Link hob eine Hand und legte diese über ihre rechte Hand, die fast auf ihrem Herzen ruhte. „Es gibt da noch ein Verhalten, wofür ich mich bei dir entschuldigen muss“, sagte Link und schaute wie von Sinnen in diese unbeschreiblichen Augen, die nun so klar waren, so rein wie das Blau des Himmels, ohne Schatten, ohne Kälte. Was war das? Saß nun eine völlig neue Zelda vor ihm? Was war diese neue, packende, umwerfende Seite seiner Prinzessin? Sie beugte sich über ihn und strahlte ihn neugierig an. Zelda grinste, bei Farore, dachte Link, sie lächelte süß und bezaubernd, wie eine Fee, vielleicht sogar spitzbübisch. Ein zartes Grübchen an ihrem Kinn kam dadurch zum Vorschein. „Du weißt, was ich meine, oder?“, sprach er lächelnd. „Nein.“ „Nein?“ Link blickte verlegen an Zeldas rechtem spitzen Ohr hinauf an die Decke und überlegte. Er versuchte sich abzulenken und grübelte nach passenden Worten für die seltsame bräunliche Farbe an der Wand. „Link?“ Sie wollte nicht, dass er ablenkte, weil sich irgendetwas in ihr tatsächlich anders anfühlte. Ein neues Selbstbewusstsein war vorhin durch ihre harte Schale gebrochen und befahl ihr sich auf alles, was ihr Heroe im Sinn hatte, einzulassen. Da war eine verspielte, zufriedene Stimme in ihr, die mit einer Leichtigkeit kommunizierte. Plötzlich schien jede Hemmschelle, die sie Link gegenüber empfand, wie weggeblasen. Jedes düstere Gefühl der Ablehnung geschmolzen… „Äh, vielleicht ist das auch gar nicht mehr so wichtig, wenn du dich ohnehin nicht entsinnen kannst.“ Insgeheim hoffte er, Zelda hätte seine Aktion nach dem gigantischen Feuersturm nur für einen bösen Traum gehalten. „Ach… komm’ schon, erzähl mir’, was du meinst.“ Ein kindlicher Trotz kam mit ihrem Worten zum Vorschein und ließ Zeldas Augen glitzern. „Nein, lieber nicht“, entgegnete Link und spürte ein beschämtes Glühen an seinen Ohren. „Bitte.“ Sie zog eine unzufriedene Grimasse, presste ihre sündhaft schönen Lippen aneinander und schmälerte ihre Augen. „Glaubst du, meine Liebe, nur weil du eine Prinzessin bist und dazu natürlich die wunderbarste, dass ich dir keine Bitte abschlagen kann“, meine Link vorwitzig, aber nicht giftig oder verärgert, sondern eher spielerisch und er hoffte Zelda würde an seinem Späßchen teilnehmen. Sie grinste erheitert und zwickte ihn mit den Fingern ihrer rechten Hand in die Nase. Angesichts Links perplexen Gesichtsausdruck und dem nachfolgenden Grinsen, begann sie zu lachen… Zelda lachte, bei Nayru, sie hörte sich selber plötzlich wie ein hysterisches Weib lachen und kam kaum dagegen an. Sie legte beide Hände über ihre erröteten Wangen und fragte sich, ob sie vorhin ihren Verstand verloren hatte. Wie eine Lawine waren Links Worte in ihr niedergekracht und hatten eine innere eisige Festung zerstört, die ihre gesamte Fröhlichkeit, Hoffnung und große Teile ihres wahren Ichs gefangen hielten… und plötzlich, obwohl sie eine tiefe, hässliche Wunde hatte, spürte sie sich selbst wieder leben, spürte sich hoffen. Nach all den Verletzungen erinnerte sie sich daran, dass sie ein Wesen war, das Stärke verinnerlichte. Dass sie über unbezahlbare Talente und Fähigkeiten verfügte, dass ihre Bedürfnisse und Begierden in Ordnung waren… „Link…“, murmelte sie dann, mit einer zum süßen Begehr bewegten Stimme. Link hörte einen liebevollen Unterton in der Art und Weise, wie sie seinen Namen sprach, dass ein paar Schläge seines Herzens aussetzten. „… mein Held…“ Er zwinkerte, dann waren seine Augen weit aufgerissen. „Würdest du… wirklich alles für mich tun?“ Sie schien nicht einmal verlegen ihn das zu fragen. Er schluckte, weil ihn diese unverblümte Frage aus dem Konzept brachte. „Fast alles.“ Okay, sagte er zu sich selbst, das war eine kleine Lüge… und Zelda wusste es sicherlich. Genauso wie sie sich für ihn opfern würde, genauso schenkte er ihr bereitwillig das gleiche. Genauso wie sie bereit war ihn überall zu finden, würde er Hunderte Ozeane überqueren, nur um sie lächeln zu sehen. „Fast alles?“ Und Zelda tat so als finge sie an zu grübeln. Sie setzte den rechten Zeigefinger an ihr Kinn. „Was genau würdest du nicht für mich tun?“ „Das verrate ich dir nicht, sonst würde es keinen Spaß mehr machen, da ich meinen letzten Trumpf ausgespielt hätte.“ Einmal mehr strich er ihre goldenen Strähnen hinter die Elfenohren, mit beiden Händen diese Zartheit berührend, diese Schönheit streichelnd. „Hast du den denn nicht schon lange ausgespielt?“, sprach sie. Und Zelda ließ sich suchend nach Wärme und Innigkeit auf seinem Körper niedersinken, berührte mit ihrer Brust die seine, sein Herz an ihrem nur getrennt von wenigen Knochen und Sehnen, spürte seine Hüftknochen an ihren, nur getrennt von etwas Haut und dünnem Stoff. Und es war ihr plötzlich so egal, welche Grenze sie damit überschritt, weil sie niemandem Rechtfertigung für etwas Körperkontakt zu diesem wundervollen Mann schuldete. Mit einem suchenden, konzentrierten Ausdruck stützte sie sich vorsichtig auf seiner Brust ab, berührte erforschend den Verband, wo die Riesenspinne giftige Klauenspuren in seiner Haut hinterlassen hatte. Zeldas Verhalten war ein Mysterium für ihn, unvorhersehbar, nun noch mehr als vorher… Absolut entzückend, tröstend, aber auch irritierend. Noch nie hatte sie sich eine solche Nähe zu ihrem Helden der Zeit erlaubt und diese Nähe auch noch begonnen. Da war keine Form von Unverständnis oder Ablehnung mehr… Zeldas frostige Kälte war angesichts seiner Wärme zerschmolzen… „Warum musst du mich nur immer so leicht durchschauen, Zelda?“, sprach er leise, seine Stimme besetzt von der Erschöpfung, die er kaum mehr zurückhalten konnte. Er war so müde wie noch nie in seinem Leben. „Ich kenne dich eben zu gut, mein kleiner Dummkopf“, spaßte sie. „Dummkopf?“ Es amüsierte ihn über die Maßen, wenn Zelda versuchte ihn zu ärgern. Sie wusste doch, dass sie den Kürzeren dabei ziehen würde. „Ein echt charmanter, ulkiger Dummkopf bist du…“, lachte sie dann. Link grinste und berührte verspielt Zeldas Nasenspitze mit seinem linken Zeigefinger. „Ein umwerfender Dummkopf bin ich gerne, Prinzessin, aber nur für dich.“ Sei es drum, dachte Link, wenn Zelda ihre Zurückhaltung so in alle Winde schieben wollte, dann konnte er das auch. „Ah… da ist es schon wieder, mein Heroe würde wohl gerne alles für mich sein.“ Erst als die Worte aus ihr herausgeplatzt waren, fürchtete sie, wohin sich dieses Gespräch entwickelte. Sie konnte wohl kaum zur Sprache bringen, dass sie ihn sehr gerne in vollendeter Intimität ihr Eigen nennen würde… Auch Link musste zweimal über diese Worte nachdenken, spürte, wie sich die ausgelassene Heiterkeit der Worte verrannte und in verwegene Geständnisse verwandelte. Und weil er keine gute Antwort fand, dachte Link auch ein drittes Mal über die Worte nach… Geständnisse… War es das, was Zelda sich nun wünschte? Nach all den unnötigen Konflikten und dieser Gefühlsachterbahn, die er in den letzten Stunden angesteuert hatte. Geständnisse, die gesamte Zeit, zwischen den spaßigen Worten, zwischen den scheinbar unschuldigen Berührungen… Sie würden beide niemals dieses Wort verwenden, aber sie lebten ihre Gefühle aus, festigten dieses neu gefundene Vertrauen. „Zelda…“, sprach er schließlich leise und umfasste ihre Schultern, zog sie näher und streichelte einmal mehr durch das goldene Haar. „Wenn du es brauchst, wenn du es wünschst, bin ich alles für dich…“ Er lächelte in das Haar, das seine Nasenspitze mit süßen Düften erfüllte. „Ich bin Freund, Held, sogar Dummkopf… und wenn du willst, bin ich auch…“ Damit blickte Link beschämt in Zeldas Augen und verkniff sich das nächste Wort. Es lag verräterisch auf seiner Zunge, entblößte das letzte Kämmerchen der Geheimnisse in Links Gedankenwelt. Denn wenn sie es sich wünschte, wäre er auch derjenige, der ihr näher war als sonst jemand. Wenn sie ihn brauchte, wäre er der Mann, der sie küsste und verführte. Sie streichelte seine dunkelblonden Augenbrauen mit mehreren Fingerspitzen, berührte die mäßigen Wunden an seiner Stirn, als wollte sie jene mit heilender Magie ungeschehen machen. „Dann bist du auch…?“, hakte Zelda nach, erforschte zwanglos und ohne Scheu die wunderschönen Konturen in seinem Gesicht, bis Link in den wonnevollen Berührungen die Augen schloss. Das war es, was er schon so lange gebraucht hatte. Diese sinnlichen, tröstenden Berührungen seiner Seelenverwandten heilten auch die Wunden, die in seinem Herzen entstanden waren. „Ich bin alles, was du brauchst…“, murmelte er und wusste, dass die Antwort gleichzeitig alles und doch nichts preisgab. Sie lächelte ihm entgegen, sanft und ohne Druck, sie hatte eben genau eine derartige raffinierte Antwort erwartet. „Aber… vielleicht verrate ich dir doch, was ich nicht für dich tun würde“, sprach Link und rollte sich seitlich, sodass Zelda ebenfalls seitlich lag, beschützt von seinen Händen, umschlungen von seinen Beinen. „Sag’ an“, meinte sie kichernd. Vielleicht waren es auch die Schmerzmittel verbunden mit dem Antibiotikum, die allmählich wirkten und sie in einen Zustand brachten, der dem Betrunkensein ähnelte. Sie hatte das Gefühl, sich gerade alles erlauben zu können. Aber seine tiefblauen Augen schienen ihr eine Warnung zu zusenden, dass er es nicht ernst meinte. Er berührte mit seinen Fingerspitzen die weiche, satinartige Haut an ihrer rechten Wange und gab zu: „Es gibt nichts.“ „Was?“ und Zelda pickte ihn mit ihren Fingernägeln in seine rechte Seite. „Wiederhole!“, sagte sie albern und grinste. Link begann zu lachen und wusste bis dato nicht, dass Zelda so extrem heiter, so gelassen und im wahrsten Sinn des Wortes kindisch sein konnte. Bei der Liebesgöttin Nayru, er brauchte sie, nicht nur als einfache Freundin. Es verlangte ihn so sehr nach ihrer Wärme, nach ihrem Mund… „Ich gebe mich geschlagen, ich sage es noch einmal, aber nur das eine Mal.“ Link kicherte, als Zelda aufhörte, ihn zu necken und schloss seine Augen. „Also“ und er bemühte sich ernst zu bleiben. „Ich gebe zu, dass es nichts auf der Erde und nichts in Hyrule gibt, dass ich nicht für dich tun würde. Zufrieden?“ „Noch nicht ganz, mein edelmütiger Dummkopf.“ „Du kleine Hexe.“ „Oh ja, ich kann genauso zaubern wie eine Hexe, du vorwitziger Grünschnabel.“ „Na dann, da bist du eben eine ungezogene Königstochter.“ „Frecher Schönling.“ „Sag’ mal, seit wann legst du eine solche Ausdrucksweise an den Tag?“ „Seit ich verstanden habe, dass ich das darf, mein Linkchen.“ Er war sprachlos. „Das habe ich nur gemacht, um dich mundtot stehen zu lassen, damit du zugibst, für welches Verhalten du dich bei mir entschuldigen willst.“ Sie funkelte ihn eindringlicher an. Plötzlich kniff sie ihre Augen zusammen und erinnerte sich schmerzhaft an die tiefe Wunde. Sie nahm einen scharfen Atemzug, fühlte das Stechen, das unangenehme Ziepen, seitlich ihrer Brust. „Himmel, tut das weh“, klagte sie und kniff schmerzverzerrt die Augen zusammen. Link richtete sich schnell mit ihr auf, hielt sie sachte fest und sah sie besorgt an. Zelda atmete tief aus und versuchte die Zähne zusammenzubeißen. „Kann’ ich dir denn nicht irgendwie helfen?“ Ihre blauen Augen schimmerten wieder angesichts dieses Satzes. „Möchtest du einen Teil meiner Kraft?“ Sie lächelte angenehm, aber schlug dieses Angebot aus. „Es ist okay. Ich weiß, dass du alles für mich tust. Aber ich möchte, dass du deine eigenen Kräfte schonst, Link.“ „Aber wenn es dir nun helfen könnte. Ich kann sicherlich einen Teil meiner Kraft entbehren, Zelda.“ „Nein, bitte, ich möchte das alleine überstehen.“ Und dieses Mal, so wussten sie beide, sagte sie dies nicht mit sturen Motiven der Schuld oder Ablehnung. Nein, sie brachte diese Worte aus aufrichtiger Absicht über ihre Zunge. Rechtschaffen und ehrlich. Mutig und Selbst bekennend. Zelda wusste, dass sie die Kraft hatte ihre Wunde zu überstehen, auch eine anstrengende, schmerzhafte vor ihr liegende Nacht zu überstehen. Und Link sah die Wahrheit in ihrem Blick… Er nickte überrascht und einsichtig. „Vielleicht hast du dich auch einfach nur ein wenig überanstrengt.“ „Wobei, weil ich mit dir herum gealbert habe?“ Und sie presste stöhnend eine Hand auf die Wunde. „Aber es… war so angenehm.“ Sie errötete ein wenig, unmissverständlich und entzückend. Einmal mehr atmete in Link der Wunsch sie einfach nur zu küssen… „Es war… unheimlich gut…“ „Jaaah, gut“, kicherte sie. „Nicht nur gut, es war… schön…“ Und nun errötete auch Link, und Zelda bemerkte die Verlegenheit in seinen gutmütigen Gesichtszügen. „Sooo schön…“, seufzte sie, da war es schon wieder, diese Gefühlsachterbahn, die sie mit wenigen Worten von einem zum anderen bewegten. „Wunderschön…“, schloss Link ab und lächelte, begegnete ihrem Blick mit mehr Liebe als Zelda in dem Augenblick aushielt. Sie zwinkerte, wedelte mit einer Hand, und unterstrich damit unbeabsichtigt ein so entzückendes Verlegenheitsverhalten, dass Link kaum von ihr ablassen konnte. Er packte sie unnachgiebig mit einer Hand um ihre schmale Taille, mit der anderen um ihre Schultern. Er grinste mit hinterhältiger Zufriedenheit. „Zelda… da fällt mir etwas ein, du hast doch noch diese Salbe, die mir bei den Peitschenhieben geholfen hat, oder?“ Er schloss die Augen in der Umarmung. „Mmh… aber ich würde sie lieber für später aufbewahren.“ Er flüsterte in ihr Ohr: „Weißt du, das würde zu den Dingen gehören, die ich sehr gerne für dich tun würde, ich meine, deine Wunde eincremen.“ Seine sinnlichen Worte, die verführerische Wärme seines Atems an ihrem Ohr lösten ohne Anhalt eine unglaubliche energetisierende Druckwelle in ihrem Körper aus. „Charmeur, das würde dir wohl so passen, wie?“ Sie grinste und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Es könnte meine allerliebste Freizeitaktivität sein, mich um die liebreizende, einzigartige, attraktive Prinzessin Hyrules zu kümmern.“ „Du findest mich… attraktiv?“ Und Zeldas Wangen färbten sich ein wenig röter. „Du mich wohl nicht?“ „Heiliger Deku, du bringst mich um den Verstand, du!“ Und Link lachte wieder. „Wie auch immer, meine liebe Zelda, ich denke, fairerweise muss ich dir gestehen, welches Verhalten meinerseits einer Entschuldigung bedarf. Aber vorher-“ Er ließ sich auf seinen Rücken fallen und packte Zelda sanft an den Schultern und zog sie mit sich hinab. Frech und ungeniert kuschelte der dreiste Held mit ihr. „Du nimmst dir ganz schön was raus, du angeblicher Held.“ Er drückte seine rechte Wange gegen ihre linke, gab ihr dann ein schmatzendes Küsschen darauf. „Jawohl“, summte er. „Wer weiß, vielleicht hast du den Titel Held gar nicht verdient, besser wäre wohl Lausbub.“ „Jawohl“, liebsäuselte er. Und noch immer würde er sie kaum aus seinen Armen lassen, versuchte jeden Zentimeter ihres Körpers zu berühren, jeden Zentimeter, den er vorher noch nicht berühren durfte. Seine linke Hand berührte erforschend ihren Nacken, umschmeichelt von dem seidigen Haar, während seine rechte von ihrem Kinn an abwärts wanderte bis zu der kleinen Vertiefung unterhalb ihrer Kehle. „Link, egal, was ich jetzt tue oder sage, du hast doch sowieso das letzte Wort.“ „Jawohl“, und der gutmütige Kerl begann hinterhältig zu grinsen. „So ergeht es denen, die sich mit mir anlegen wollen.“ „Ich bin dir wohl doch in gewisser Weise unterlegen.“ Link drehte sich zu ihr und nun beugte er sich leicht, aber verführerisch über sie. Tatsächlich war sie ihm gerade unterlegen und der Gedanke gefiel ihm. „Wirklich? Dabei dachte ich immer, du bist eine ausgefuchste, stolze, eigenwillige Prinzessin, die sich nicht einmal vom König Hyrules Vorschriften machen lässt.“ Sie schenkte ihm ein gefährliches Lächeln, welches Link beinahe in sehr lebhafte Träume geschickt hätte. Lebhafte Träume, in welchen es nur Zelda und ihn gab. „Da hast du recht, von meinem Vater habe ich mir nie etwas sagen lassen.“ „Aber von mir?“ „Ja, du warst schließlich genauso durchtrieben wie ich.“ „Du bist schlimm.“ Sie nickte und grinste. „Und du kannst richtig bösartig sein. Hätte ich angesichts deiner unschuldigen Miene niemals gedacht.“ „Tja, auch ein Engelsgesicht kann täuschen, mein lieber Link.“ Zelda hob eine Hand und fuhr damit durch die blonden Strähnen, die in seine tiefblauen Augen fielen. „Was ist?“, meinte er verblüfft. „Das war es immer, was mich an dich erinnert hat.“ „Was die blöden Haarsträhnen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, die Art und Weise, wie diese Strähnen über deinen Augen hingen… so ungestüm und natürlich. Genauso wie es deine Art war. Allein daran, bei einem Blick in deine Augen, wusste ich um dein Herz, Link.“ „Ja? Was hast du denn von mir gedacht, als ich dir das erste Mal gegenüberstand?“ Sie richtete sich auf und schaute hinüber zu dem Fenster, wo ab und an kleine Tropfen an der Scheibe hinunterliefen. „Ich sah Lebensfreude, trotz herber Schicksalsschläge, Hoffnung und vor allem Mut, ja, Mut war es, was aus deinen Augen herausstach. Ich kannte dich, so nahm ich an, aus einem früheren Leben. In deinen Augen verbarg sich Wissbegierigkeit, Abenteuerlust, aber auch Einsamkeit. In gewisser Weise konnte ich mich selbst in deinen Augen sehen. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb ich dir gleich vertraute.“ „Hast du es jemals bereut? Ich meine, mir vertraut zu haben?“ „Nicht für eine Sekunde.“ Und sie sah ihn erneut an, erwiderte ein Lächeln, aber fühlte allmählich die Last ihrer schweren Augenlider. Sie legte beide ihrer Hände auf die schmerzende Wunde und schloss für einen Moment die Augen. Überrascht fühlte sie eine andere warme Hand, die zusätzlich über ihren lag. „Weißt du etwas darüber, was die Heilquelle bewirkt hat, Zelda?“ Ob er ein weiteres Mal nach der Wunde schauen sollte? Noch immer spürte er eine Heidenangst an dem Gedanken, dass ihre Wunde aufreißen könnte… Sie nickte und meinte leise: „Durch die magische Kraft jenes von Feenhänden geweihtem Wasser heilt meine Wunde ein wenig schneller. Und… ich nehme an, dass-„ „Es hatte deine Lunge erwischt“, murmelte Link, blickte trübsinnig zu Boden und spürte schon wieder die gemeine Taubheit, das beißende Zugeschnürtsein seiner Kehle. „Und vermutlich eine Rippe beschädigt“, brachte er leise hervor. Zelda fühlte seine Besorgnis um ihr Wohlergehen und diese teuflische Angst. Es war das erste Mal, dass sie sich nicht gegen diese Empfindung wehrte. Verträumt nahm sie seine linke Hand in ihre beiden und formte Muster mit ihrem rechten Zeigefinger auf seinen Handrücken. „Es geht mir angesichts der bedrohlichen Wunde recht gut, Link.“ Er nickte trübsinnig und scheute ihren Blick, aus gewisser Gelähmtheit, sie könnte den weichen Blick in seinen meerblauen Augen sehen. „Ich glaube, die Verletzung der Lunge wurde geheilt, bevor ich aufwachte und die Rippe- ich weiß nicht, aber in einigen Wochen bleibt nur noch eine kleine Narbe von der Wunde.“ „Was meinst du, ist dann in einigen Wochen?“ Sie blickte ihn verständnisvoll an. „Angenommen, wir besiegen Ganondorf, was dann, Zelda? Werden sich unsere Wege wieder trennen?“ Links Gesicht verzog sich bei dem unschönen Gedanken an die Welt von Morgen. Auch Zeldas Gesicht ließ Schmerz erkennen, der aber nicht von ihrer Wunde herrührte. „Ich…“, aber sie brach ab. Link zog sie an ihren Handgelenken zu sich heran und umarmte sie erneut zärtlich, hin und hergerissen, weiter zu gehen, als es diese Umarmung zuließ. „Ich will mich nie wieder von dir trennen müssen“, murmelte er leise. „Ich auch nicht“, entgegnete sie leise. „Aber vielleicht liegt diese Entscheidung diesmal in unseren Händen und nicht in denen des Schicksals.“ „Ja, vielleicht.“ Außerhalb brauste ein aufgebrachter Wind über die Steppe. Blitz und Donner zogen gewaltsam über das Land. „Den Göttinnen sei Dank, dass wir nicht draußen schlafen müssen, Link“, sagte Zelda und löste sich nach vielen Minuten aus seiner schützenden, warmen Fesselung. „Mmh, ja“, meinte er und ärgerte sich ein wenig, dass die wundervolle Umarmung schon wieder vorbei war. Schweigend schaute der gewandte Schwertfechter nach den restlichen Kerzen, die ihr Licht noch nicht verloren hatten. Und einiges an ihm fiel Zelda nun ins Auge. Durch die harten Kämpfe, welche er gefochten hatte, war sein ganzes Erscheinungsbild eine Spur gefährlicher, kriegerischer geworden. Links Statur hatte sich gewandelt. Er war stärker, muskulöser geworden, auch wenn er zu Zeldas Zufriedenheit nicht wie ein übertriebener Muskelprotz aussah, aber ihr Held der Zeit wirkte reifer, erfahrener und irgendwie erwachsener. Sie beobachtete jede seiner Bewegungen, spürte den Wunsch, einfach nur eine Hand auf die warme Haut seiner starken Brust zu legen, mit einer Hand durch sein wildes Haar zu streicheln und vieles mehr. Ein wenig geschockt über ihre Gedanken blickte Zelda höflich zu Boden, erinnerte sich an ihre gepflegten Manieren und pustete einen Luftstrom an den Ansatz ihres Haares. Link blickte in ihre Richtung und lächelte leicht. Sie erwiderte diese kleine aussagekräftige Bewegung und es schien eine Art Willkommensgeschenk darzustellen, das ihn einlud, ihr ein wenig länger nah sein. Er setzte sich zu ihr und erhielt eine weitere Aufmerksamkeit. Zelda wand sich zu ihm und küsste ihn langsam, mit viel Gefühl auf seine rechte Wange. „Das war ein Dankeschön.“ „Das war der Auftakt zu dem Thema von vorhin“, sagte er und erhielt einen interessierten Blick von seiner Prinzessin. „Und wenn du erfährst, worüber ich mit dir reden möchte, dann hättest du mir diesen Kuss jetzt sicherlich nicht gegeben“, sagte er leicht trübsinnig. „Es geht um das Verhalten, wofür ich mich entschuldigen möchte. Ich weiß, dass es keinerlei Rechtfertigung verdient und ich kann nur sagen, dass es mir leid tut.“ „Nun rück’ endlich mit der Sprache raus. Ich weiß immer noch nicht worüber-“ Dann allerdings traf Zelda der Blitz. Er meinte doch nicht seine flegelhaften Versuche sie zu… „Weißt du noch, was nach dem Feuertornado in der Steppe passiert ist, ich meine, was ich mir herausgenommen habe?“, stammelte er. Und Zelda erinnerte sich an die Szene, als Link ihr einen Kuss aufgezwungen hatte. Aber so wütend, wie er dachte, war sie ihm deswegen nicht. Wegen eines Kusses konnte sie ihm einfach nicht böse sein. Außerdem war sie zu dem Zeitpunkt nicht aufrichtig zu Link gewesen und hatte ihm auf jede erdenkliche unzumutbare Weise weh getan. Doch vielleicht konnte sie ihn deswegen ein wenig ärgern und auf die Palme bringen. „Ich weiß immer noch nicht, worauf du hinaus willst“, sagte sie, kicherte in sich hinein und erfreute sich an Links aufgeregten Verhalten. Wenn er nervös war, erschien er Zelda wohl zu goldig. „Ähm, ich meine…“ Und Zelda lachte. Link sah sie nur verstört an. „Sorry, Link, aber du bist nur schon wieder so zappelig, dass ich lachen muss.“ Aber der junge Mann lachte keineswegs, sondern schaute erneut nachdenklich zu Boden. Machte es ihm so zu schaffen? Nur wegen einem Kuss? Sie hatten einander schon einmal geküsst. In der Vergangenheit… und dann in einem langen, beinahe wirklichen Traum. Doch zu jenen Zeitpunkten hatte Zelda eben nicht abgeblockt, sie hatte es unheimlich genossen wie in keinem anderen Moment ihres Lebens. Sie würde es nicht zugeben, aber Link war noch nicht einmal schlecht darin, dachte sie. Sie hatte diese Momente ihrer Lippen auf seinen einfach geliebt. Er war ein wirklich zärtlicher und inniger Liebender. Er lief zu dem kleinen, abgerundeten, undichten Fenster. Unbewusst ballte er seine Fäuste. Auch Zelda stand nun auf, etwas schwankend, spürte noch immer den Blutverlust in ihrer Kondition, und lief langsam zu ihm hinüber. Sie legte eine Hand auf seine Schulter und lehnte sich liebevoll an seinen Rücken, drückte ihr Gesicht in die grüne Tunika, umschmeichelt von seinem Geruch nach Wald. Link war geschockt und sein Herz in der Brust blieb ihm vor Hitze und Aufregung stehen. „Sag’ es“, flüsterte Zelda mit ihrer herrlich süßen Stimme, die seine Sinne vernebeln konnte. „Zelda? Was…“, stotterte er. „Es tut mir leid“, brachte er dann hervor und blieb wie gelähmt vor der Fensterscheibe stehen. „Was tut dir leid?“, hakte Zelda nach und ließ nicht locker. Sie wollte, dass er die Worte jetzt sagte. Komm’ schon, mein armer Held, du warst doch vorhin nicht so verlegen, mir zusagen, wie viel ich dir bedeute, also warum bist du jetzt so durcheinander, dachte sie. „Link, sag’ mir noch einmal, was ich dir bedeute.“ Er drehte sich um und sah sie an: „Du bist meine beste Freundin, meine Seelenverwandte und ich empfinde mehr für dich als jemanden sonst.“ „Genau. Und was ist jetzt dein Problem?“ „Ach… das ist bestimmt nicht mehr so wichtig.“ Link wollte Zelda irgendwie zur Seite schieben und dann zur anderen Seite des Raumes laufen. Aber sie blieb unvermittelt vor ihm stehen und grinste. „Was lachst du denn jetzt, Zelda? Du weißt wahrscheinlich doch, was ich sagen will, oder?“ Sie schüttelte den Kopf und zwickte in statt einer ehrlichen Antwort in seine Seite. Link fluchte angesichts jener spitzen Fingernägeln und rieb sich die Haut, wo Zelda ihn kniff. Meinte sie diese spaßige Aktion wirklich ernst? Das erste Mal seit Ewigkeiten neckten sie einander wieder, so wie zu Beginn ihres gemeinsamen Abenteuers, so wie in den innigen Momenten, wo sie einfach nur Seelenverwandte waren. Nicht Held und Prinzessin. Nicht Auserwählter und Erbin Hylias… Dann hüpfte sie einige Meter von ihm weg. Aber Link nahm die Herausforderung lächelnd an und rannte in dem ohnehin kleinen Raum hinter ihr her. Zelda vergaß ihre Wunde in diesen tröstenden, innigen Momenten von Glück und Zweisamkeit. Sie lachte, fühlte sich beinahe unwirklich und wich kreischend aus, suchte Schutz hinter dem Tisch und warf eine darauf befindliche Schüssel um. Klirr. Klirr. Das vertraute Geräusch von zersplitterndem Porzellan brachte beide zu weiteren Grinsen, aber sie lächelten einander an, entzückt und verlegen gleichzeitig. Und endlich benahmen sich die Zwei wieder wie gereifte, gesittete Halberwachsene. Schweigend räumten sie die Scherben auf. Schweigend sahen sie sich ab und zu an. Versteckte Sehnsüchte brachen in ihren blauen Augen an die Oberfläche… Versunken in der leuchtenden Augenfarbe Zeldas, griff Link unbeholfen in den Scherbenhaufen und kreischte in der nächsten Sekunde laut auf. „Shit, jetzt hab’ ich’s geschafft“, jammerte er und untersuchte seinen Daumen. Seitlich hatte sich eine etwas größere Scherbe in seine Haut hineingegraben. Gerade wollte er den Splitter herausziehen, als Zelda ihn davon abhielt. „Darf’ ich?“ Er nickte überrascht und war noch überraschter, als Zelda seinen Daumen langsam zu ihrem Mund führte, um den Splitter aus der kleinen Wunde zu lösen. Schrecklich angenehmes Kribbeln raste seine Blutadern entlang, als dieses wahrgewordene Wunder von einer Göttin die kleine Wunde mit ihren süßen Lippen berührte. Dann kramte sie nach einem Taschentuch und spuckte den Splitter aus ihrem Mund. „Ist dir eigentlich klar, wie wahnsinnig du mich machst mit deinen Handlungen und deinen unabsehbaren Reaktionen“, meinte er und sah verlegen weg. Zelda grinste und setzte sich dann wieder auf die Decke, schnaufte und drückte die Hände an die Wunde. Sie bereute die kleine Spaßaktion nun, da ihre Verletzung heftiger brannte. Sie lehnte sich an eine Wand und schloss leise wimmernd die Augen. Wie kam sie auf die Idee, dass es gut war Link auf diese Weise zu necken? Und ihren Körper so zu beanspruchen… Was für eine absolut törichte Idee, klagte sie in Gedanken. Ihre Wunde war zwar am Heilen, aber sich so zu bewegen wie gerade eben, verlangte ihr alles ab. Dann spürte sie Links Hände, welche durch ihr golden schillerndes Haar streichelten. Sie schlug schnell die kristallblauen Augen auf und sah ihn direkt vor sich sitzen. Besorgt, aber gleichzeitig unheimlich liebevoll stahl er mit seinen Blicken ein weiteres Lächeln aus ihren Gesichtszügen. „Zelda ich…“ Und beinahe hätte er ihr gesagt, dass seine Gefühle ihr gegenüber viel weiter gingen als es jene zwischen Geschwistern und Freunden waren. Sie spürte eine Welle der Erleichterung als sich das hässliche Pochen der Wunde wieder in die Tiefen ihres Fleisches sickerte, sich verflüchtigte. „Du meinst den Kuss, nicht wahr?“, fragte sie ihn sanft. Er schaute erst entsetzt drein, nickte aber dann reumütig. „Ich war so unverfroren.“ Zu Links Verwunderung lächelte sie. „Vergeben und vergessen, ich weiß, warum du das getan hast.“ „Ach ja?“ „Ja, um mich zu bremsen, davor zu bremsen, schon wieder mit dir zu streiten und es hat seine Wirkung erzielt.“ „Du bist nicht böse?“ Sie schüttelte mit dem Kopf. Obwohl ihre Wunde auszuhalten war, fühlte sie einen starken Erschöpfungszustand zunehmen. „Da bin ich aber beruhigt.“ Und Link atmete erleichtert aus, aber beobachtete Zelda durchdringend. „Vielleicht sollten wir jetzt einschlafen, Zeldaschatz.“ Sie sah so absolut müde und erledigt aus, dass sich in ihm ein schlechtes Gewissen breit machte. Wie konnte er sie mit dieser heftigen Wunde so lange wach halten? „Ja, wir brauchen beide Schlaf… dringend…“, seufzte sie und gähnte. Sie versuchte den Zwang mehrmals zu gähnen in sich zu verschließen, weil sich die Anspannung dahinter unangenehm anfühlte. Ihre verletzten Muskeln, das zerstoßene Gewebe hielt kein bisschen Druck mehr aus. Link nickte lediglich und blickte nachdenklich hinüber zu dem zerwühlten Bett, ein einfaches, kleines Holzbett, womöglich recht unbequem, womöglich ziemlich hart und durchgelegen. Es sah mit den benutzten Laken darauf nicht einladend aus. Und ein weiteres Gedanke ließ ihn nervös werden… der Gedanke es für Erholung und etwas mehr Nähe zu benutzen. Er erhob sich, biss sich dabei auf die Lippe und zog mit ein paar schnellen Handgriffen das Laken und die muffelnde, nach so etwas wie altem Schweiß stinkende Decke von der Schlafmöglichkeit herunter. Er musterte seine Prinzessin schließlich, die mit neugierigen Augen versuchte seine Absicht zu ergründen. Er ignorierte ihr fragendes Gesicht und legte eine ihrer Decken als Unterlage auf das Bett und zwei zusätzliche Decken darüber. Einmal mehr dankte er alten, magiebegabten Wesen hier in Hyrule für die praktischen Taschen, in denen man alles verstauen konnte. Und dann knisterte es in der Luft zwischen ihnen. Eine neue Verlegenheit schlich sich bemächtigend in das winzige Kämmerchen, erfüllte die Luft mit schwüler Unruhe. Es war merkwürdig für beide, nun da sie sich wieder nah fühlten, in diesem Kämmerchen zu sitzen und über eine sich fortsetzende Zweisamkeit in einem Bett nachzudenken. Zelda entschied sich einen weiteren Anfang zu machen, zumindest ebenfalls ein paar Dankesworte über die Lippen gleiten zu lassen. „Link… ich wollte noch…“ Sie krallte sich ein wenig in die strubblige Decke. „Einfach nur… danke sagen…“ Sie begann ihre Hände ineinander zu verhaken und spielte nervös an einigen abgebrochenen Fingernägeln. Link zwinkerte, beobachtete sie mit einem Gefühl von Irritation. Zelda hatte sich noch nie so ungeschickt mit ihren eigenen Händen beschäftigt, ein Verhalten, das ihm noch nie aufgefallen war. Gab es immer noch Seiten an ihr, die er nicht entdeckt hatte? Immer noch etwas, das er nicht kannte… wie dieses schambesetzte und doch entzückende Etwas, das sich über ihre Wangen legte und dennoch charmant zu seiner eigenen inneren Verlegenheit beitrug. Zelda war auf eine völlig neue Weise beschämt. Sie war auf ehrliche, aufrichtige Weise beschämt… „Danke für alles seit ich auf der Erde war… Dein Vertrauen… Deine Geduld mir gegenüber.“ Sie sprach die Worte so klar und aufrichtig wie keine Worte vorher. „Danke für deine Freundschaft“, murmelte sie leise und wischte sich weitere Tränen aus den Augenwinkeln. „Und für vorhin…“, setzte sie schluchzend hinzu. Sie wollte sich verbieten weiterhin so rührselig zu werden, erneut dieser unerträgliche Jammerlappen zu sein. „Du ahnst nicht, wie sehr du mir geholfen hast. Ich verdanke dir alles, mein Held.“ Die Worte sprudelten fast schon schmerzhaft aus ihrer Kehle, färbten den Innenraum mit süßen Gefühlen und brachten eine erdrückende Schwere in die Luft. „Du hast mich… immer aufgefangen… immer…“ Sie fühlte ein dringendes Bedürfnis nach der weiteren Verbalisierung von all dem Gefühlschaos, das sich seit Jahrhunderten angestaut hatte, dass es selbst Link nun doch zu viel wurde. Er unterbrach sie, sank vor ihr auf die Knie und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Bitte, es ist okay… können wir diese Rechtfertigungen, Fehler und verpassten Chancen uns nicht endlich verzeihen?“ Sie schloss die Augen und schüttelte ihren hübschen Kopf, ein sanftes Lächeln strahlte aus ihrem Inneren heraus. „Du bist… so toll…“, sprach sie dann und errötete. „Was?“, gluckste er. „Du bist… einfach… ein toller Mann…“, piepste sie schließlich. „Äh… sag‘ das nicht nochmal…“ Link lachte umständlich und kratzte sich am Hinterkopf. „Du bist… ein toller Mann“, wiederholte sie und schloss aus Verlegenheit die Augen. Es war so leicht, und sie verstand noch immer nicht warum, so leicht ihm diese Schmeicheleien an den Kopf zu knallen. Diese wunderbaren zuckersüßen, buttrigen Worte, die so ungehemmt in die Seele fließen konnten und die ihn regelrecht entblößten. Link hatte in den letzten Minuten einige Attacken von Scham und Überraschung ausgehalten, sodass sich sein Gesicht kaum von dem Verlegenheitsrot erholen konnte. Er sah durcheinander aus, jetzt noch mehr als im Sinne blanker Erschöpfung. Er war innerlich völlig durcheinander. Nicht nur, dass Zelda ihn mit Lob und Ehrerbietung überschüttete… Zu sagen, er wäre ein toller Mann, implizierte eine Form von Reife, aber auch Beachtung seiner männlichen Qualitäten, die er selbst so noch nicht gesehen hatte. „Zelda… du solltest auch dir selber verzeihen für alle Konflikte, die uns aufgebürdet wurden…“ Er sprach die Worte so leise und zart, aber unterlegt mit etwas Strenge, dass sie ihre verbale Entblößung stoppte. Wenn er sie nicht gebremst hätte, sie wäre so weit gegangen ihm ihr ganzes Seelenleben zu offenbaren. Alle Geheimnisse… alle Sehnsüchte… und jede einzelne Umschreibung für die Dankbarkeit, die sie ihm gegenüber empfand. Sie nickte und wischte sich weitere Tränen weg. „Entschuldige, ich bin nur… ich bin nur so froh, dass wir uns endlich ausgesprochen haben.“ „Ich auch…“, murmelte er. „Und ich bin verdammt froh, dass deine Wunde heilt…“, sprach er, durchaus mehrdeutig. „Aber wir haben ja noch Heilwasser. So vorausschauend, dass du welches mitgenommen hast.“ „Diese Wunde meinte ich nicht, Zelda.“ Ein tiefer Blick aus dem Tiefblau forderte Zugang zu ihrem Inneren und sie versank halb in diesen herben, schönen Augen. Sie nickte: „Ich verstehe, was du meinst.“ Es war diese riesige innere Wunde, die er meinte und die ihnen beiden so viel Schwermut und Herzschmerz eingehandelt hatte… Ein weiterer Schwur lag auf seinen Lippen. Er würde alles tun, dass vor allem diese Wunde heilte. „Bist du sehr müde?“, sagte Link besorgt, als sie sich ein wenig zusammenkrümmte, die Augen schloss und den Kopf auf die Knie sinken ließ. Sie war so erschöpft, dass sie sich nicht einmal mehr aufrichten konnte. Sie seufzte unter einer erneuten Schmerzwelle, die sich sehr hässlich anfühlte. „Ich…“ Sie ballte die Fäuste und atmete stoßweise. „Ehrlich gesagt… ich kann… nicht mehr.“ Sofort war Link bei ihr, hielt sie sanft an den Armen und suchte ihren Blick. Diese wunderschönen saphirblauen Augen bohrten sich trotz Zeldas Erschöpfung in die tiefsten Winkel seines Herzens und ließen es flattern… „Du musst dich jetzt dringend ausruhen“, sprach er, ein wenig befehlend beinahe. Aber Zelda gefiel dieser Ton. Manchmal fühlte es sich tatsächlich gut an, wenn er ihr Anweisungen gab. Sie lachte innerlich an ihren eigenen unsinnigen Gedanken, sich fragend, ob sie noch klar denken konnte… „Du kannst dich nicht mehr wach halten“, seufzte er. „Es ist genug jetzt. Dein Körper hat sehr viel durchgemacht in den letzten Stunden.“ „Du siehst… mir das an… was?“, sprach sie schwach. „Was meinst du?“ „Meine… Schwäche… und die Schmerzen…“ „Nein, ich bin ganz weg von dem Blau deiner Augen, da… kann ich…“ Er schaute verlegen weg und ergänzte, „da kann ich nicht auf deine Müdigkeit achten.“ „Soso.“ Und auch dieser Satz gefiel Zelda in endloser Entzückung. „Genauso und nicht anders. Hast du… starke Schmerzen?“ Erneut wollte er sich vergewissern, obwohl er ahnte wie fies die Wunde Tribut forderte. „Das Schmerzmittel aus der modernen Welt wirkt, aber… es ist nicht weg, Link, mein Schatz.“ Und diesmal war sich der Held sicher, sich nicht verhört zu haben. „Wenn ich dein Schatz bin, willst du dann… vielleicht ein wenig länger meine Nähe?“ Zeldas Mund klappte auf und sie errötete ein bisschen, aber der Gedanke war wunderbar. Sie nickte schüchtern. Link nahm sie liebevoll auf seine Arme und trug sie ohne Verlegenheit zu dem kleinen, vorbereiteten Bett. „Ich habe auch keinen Hintergedanken“, ergänzte er keck. Die blonde Schönheit gab nur ein undeutliches, aber amüsiertes Schnauben von sich, worauf Link nur breiter grinsen konnte. Sie kuschelten sich unter eine gemeinsame Decke. Link küsste erneut Zeldas Stirn, worauf sie sich fester an ihn heranklammerte und mit ihren Fingerspitzen über die zerrissene grüne Tunika seiner Brust streichelte. Was hatte Link nur getan? Sie fühlte sich plötzlich so befreit, so zufrieden und das, obwohl sie eine tiefe Wunde besaß. Als hätte er einen Fluch von ihr genommen, wie er schon selbst sagte, als hätte er sie mit den einzigen Worten erlöst, die Zelda noch nie in ihrem Leben von irgendjemandem gehört hatte. ,Ich bin einer derjenigen, die dich lieben…‘ Ob es überhaupt noch schönere Worte gab, fragte sie sich. Denn jene Worte verbannten jegliches düstere Gefühl, jegliche Bitterkeit und schufen eine Freiheit für Nähe und Geständnisse. Eine Freiheit, so leicht wie sanfte Windböen über den alten Wiesen Hyrules und transportieren eine Leichtigkeit sich Nähe zu diesem wundervollen Helden zu trauen. Bei ihrem Beschützer zu sein, in sein charmantes, wohlgeformtes Gesicht zu sehen. Und wieder gestand Zelda sich ein, was sie wirklich für ihn fühlte. Es war nicht einfach nur die Zuneigung zwischen Freunden oder Seelenverwandten… es war das älteste, unsterbliche Gefühl eines noch immer rätselhaften Mysteriums. Es war wahre Liebe… „Mein Heroe…“, murmelte sie sehnsuchtsvoll. Sie legte ihren Kopf an seine feste Schulter und schloss die Augen, träumte von ihrem Heroen, der sich doch so nah bei ihr befand. Link und Zelda verbrachten die Nacht in der Wärme des anderen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)