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Marionette

Dofladile (AU)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Viel Spaß mit dem ersten Kapitel :)
Kommentare sind erwünscht ;)

Ach übrigens: Bedenkt bitte, dass noch nicht allzu viel über Doflamingo bekannt war, als die Ff entstanden ist. Kann also sein, dass es kleine Ungereimtheiten oder so gibt, weil man halt einige Sachen einfach noch nicht wusste

bye
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Kapitel 1

Donquixote Doflamingo war ein sehr mächtiger Mann. Und seine Macht beruhte vor allen Dingen darauf, dass er wie ein Puppenspieler im Hintergrund die Fäden zog und seine Marionetten nach seinen Wünschen tanzen ließ. Er hatte viele treue Untergebene an den verschiedensten Orten und in den verschiedensten Positionen. Tatsächlich konnte er beinahe jedes Gebäude der Stadt betreten -sei es das Krankenhaus, die Universität, das Rathaus oder das Gericht- und sich sicher sein, dass seine Hintermänner dort infiltriert waren. Doflamingo selbst trat allerdings eher selten in Erscheinung. Er mochte die Umstände nicht, die mit großer Berühmtheit einhergingen, und schätzte stattdessen seine Privatsphäre. Wenn er seine Sonnenbrille abnahm und unauffällige Kleidung trug, konnte er problemlos durch die belebtesten Straßen der Stadt laufen, ohne dass ihn auch nur seine eigenen Leute erkannten.
 

*
 

Diese Nacht allerdings legte Doflamingo keinen Wert darauf, unerkannt zu bleiben. In letzter Zeit waren seine Geschäfte außerordentlich gut gelaufen und er hatte große Lust, seine Erfolge zu feiern. Darum machte er sich auf den Weg ins „New World“, dem größten und erfolgreichsten Club der ganzen Stadt (unnötig zu erwähnen, dass der Besitzer Disco seinen Befehlen unterstand). Das „New World“ war eine Mischung aus Bar, Restaurant, Diskothek und Strip-Lokal. Es war der beste Ort, den man sich nur vorstellen konnte, um zu feiern, um interessante Männer und Frauen kennenzulernen oder um einen heißen Lapdance zu bekommen. Jeder, der etwas auf sich hielt, verbrachte seine Nächte hier.

Kaum hatte Doflamingo den Club betreten, wurde er sogleich begeistert von einer großen Anzahl Menschen begrüßt. Auch wenn er sich nicht allzu oft der Öffentlichkeit preisgab und sein Business sich häufig in der Unterwelt abspielte, war ein gewisses Maß Prominenz eben doch unvermeidbar. Heute störte es Doflamingo nicht. Er hatte gute Laune und grüßte zurück. Da waren ein paar hübsche Mädchen in knapper Bekleidung (zu schade, dass er nichts für Frauen übrig hatte), da waren ein paar seiner Untergebenen, da waren ein paar seiner Kunden. Weiter hinten konnte er Law ausmachen. Es war klug und vorausschauend von ihm sich dem stürmischen Jubel nicht anzuschließen, sondern unauffällig im Hintergrund zu bleiben. Doflamingo machte sich eine gedankliche Notiz Law besser im Auge zu behalten. Er war zwar überaus nützlich und sehr intelligent, doch Doflamingo zweifelte gelegentlich an seiner Loyalität.

Zu den Untergebenen, die ihn begrüßten, gehörte auch Bellamy. Dieser hielt seinen Kontakt zu ihm nicht geheim, doch das störte Doflamingo nicht. Bellamy war sozusagen sein Mann fürs Grobe und Doflamingo konnte sich bei ihm -im Gegensatz zu zum Beispiel Law- seiner absoluten und bedingungslosen Loyalität sicher sein.

In derzeitiger Ermangelung einer passenderen Begleitung legte Doflamingo Bellamy einen Arm um die Schulter und dirigierte sie beide in Richtung Bar, wo sie sich Getränke bestellten. Doflamingo nahm einen orangefarbenen Fruchtcocktail, aus dessen Glas nebst Strohhalm noch eine Menge Schirmchen und sonstige Dekoration herausragte; Bellamy irgendeine Wodka-Mischung. Vielleicht würde Doflamingo ihm heute Nacht die Ehre erweisen, ihn mit auf ein Hotelzimmer zu nehmen. Eigentlich passte er mit seinen blonden Haaren und seiner gebräunten Haut nicht in sein übliches Beuteschema, doch der Junge gefiel ihm trotzdem ganz gut. Vor allen Dingen wegen seines Gehorsams. Doflamingo wusste, dass Bellamy sich ihm nicht verwehren würde, es genießen würde, von ihm auserwählt worden zu sein, auch wenn er heterosexuell war. Und genau darin würde der Spaß liegen. Aber das Ganze war noch längst keine beschlossene Sache. Die Nacht war noch jung und es war durchaus möglich, dass er jemanden fand, der ihn mehr reizte als Bellamy.

Doflamingo fragte beiläufig, wer heute Nacht alles im „New World“ anwesend war. Nicht, dass er jemanden zu fürchten gehabt hätte, doch es war immer gut, über seine Umgebung Bescheid zu wissen. Einfältig wie er war, begann Bellamy aufzuzählen, wer von ihren eigenen Leuten hier war. Da er darüber natürlich längst Bescheid wusste, interessierte Doflamingo dies zwar nicht sonderlich, doch trotzdem unterbrach er seinen Untergebenen nicht. Schließlich dauerte es nicht lange, bis Bellamy bei den interessanten Namen ankam. Eustass Kid mit Killer und dem Rest seiner Leute. Jewelry Bonney. Basil Hawkins. Urouge. Jinbei. Boa Hancock. Die drei Brüder Borsalino, Sakazuki und Kuzan. Und noch einige weitere. Ein ziemlich volles Haus also.

Doflamingo nahm einen Schluck von seinem Cocktail und ließ unauffällig den Blick schweifen. In seiner direkten Nähe befand sich eine Gruppe Frauen in kurzen Kleidern und hohen Stöckelschuhen, die ihn überaus interessiert musterten. Weiter hinten konnte er Law ausmachen, der allerdings absichtlich nicht in seine Richtung sah.

Und gerade durch den Eingangsbereich hereingekommen, noch immer den schweren Mantel auf den Schultern liegend, war Sir Crocodile.

Doflamingos Herz setzte für einen Moment aus, ehe es mit doppelter Geschwindigkeit in seiner Brust weiterschlug. Um sich ein wenig zu beruhigen, leerte er sein Glas in einem weiteren Zug. Unter den abgetönten Gläsern seiner Sonnenbrille, die Doflamingo auch im „New World“ nicht absetzte, blieb sein Blick für Andere verborgen, während er seinerseits überaus gespannt den anderen Mann beobachtete. Crocodile schien ihn noch nicht bemerkt zu haben. Gerade wurde ihm an der Garderobe der Mantel abgenommen. In dieser Nacht war er unauffällig in edles Schwarz gekleidet; ein starker Kontrast zu seiner zarten und blassen Haut. Die vier mit Juwelen besetzten Ringe an den Fingern seiner linken Hand und der goldene Ring an seinem Ohr waren echte Blickfänger. Er machte sich auf den Weg zur selben Bar, an der Doflamingo mit Bellamy saß, und bestellte sich einen doppelten Scotch.

Doflamingo beschloss, dass er diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen durfte. Um Bellamy loszuwerden ohne verdächtig zu wirken, winkte er die Gruppe Frauen, die noch immer auffällig nah bei ihnen in einem kleinen Halbkreis zusammen standen, mit einer einzelnen Handbewegung zu ihnen hinüber. Sie folgten seiner Einladung überaus willig. Er gab ihnen allen einen Drink aus und ließ sie dann mit Bellamy allein, der ihm zum Abschied einen dankbaren Blick zuwarf. Doflamingo ignorierte ihn genauso wie die Mädchen, die versuchten ihn zum Bleiben zu bewegen. Er wollte sich jetzt ganz und gar auf Crocodile konzentrieren.
 

Crocodile schien heute Nacht allein ins „New World“ gekommen zu sein; jedenfalls konnte Doflamingo auch auf den zweiten Blick keine mögliche Begleitung erkennen, weder eine weibliche noch eine männliche. Womöglich hatte er ebenfalls vor jemanden zu finden, der ihm für eine Nacht das Bett wärmte, doch darüber konnte Doflamingo nur Vermutungen anstellen. Seine Kleidung jedenfalls wirkte nicht sonderlich freizügig, doch das musste nichts heißen, denn Crocodile kleidete sich nie freizügig (zumindest in der Öffentlichkeit nicht). Selbst in den warmen Räumen des „New World“ trug er ein langärmliges Hemd und einen dünnen Schal. Doflamingo fragte sich unweigerlich, ob er irgendetwas zu verbergen hatte. Gab es abgesehen von der auffälligen Narbe in seinem Gesicht und der amputierten Hand noch weitere Überbleibsel alter Verletzungen? Doflamingo würde eine Menge hergeben, um das zu erfahren.

Als Crocodile seinen Scotch ausgetrunken hatte, setzte Doflamingo sich auf den Barhocker neben ihn. Er bemühte sich nicht darum, so zu tun, als hätte er Crocodile nicht bemerkt oder sich nur zufällig neben ihn gesetzt. Er wollte ihm nicht das Gefühl vermitteln, dass er ihn für dumm verkaufte. Crocodile war kein Idiot wie Bellamy einer war; er spielte in einer völlig anderen Liga. Und dem musste Doflamingo gerecht werden.

„Was für eine angenehme Überraschung dich hier anzutreffen, Crocodile.“ Es folgte ein kurzes Schweigen, das Doflamingo schnell überbrückte, ehe es drückend oder peinlich wurde. „Ich habe nicht damit gerechnet, einen so eleganten und stilvollen Typen wie dich in einem Club wie dem „New World“ wiederzufinden. Wie geht es dir?“

„Gut“, erwiderte Crocodile mit einer Stimme, die nicht das Geringste über seine Laune preisgab. Mehr sagte er nicht, sondern musterte stattdessen erst einmal skeptisch den Mann, der ihn gerade eben so unerwartet angesprochen hatte. Er schien ihm bekannt vorzukommen, konnte ihn allerdings nur schwer einordnen. Ob es sich dabei um einen Vorteil oder Nachteil handelte, würde sich später noch herausstellen. Doflamingo jedenfalls beschloss, dem Gedächtnis seines Gesprächspartners ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

„Das freut mich sehr. Darf ich dich auf einen Drink einladen? Wir können auf erfolgreiches Business anstoßen. Oder auf eine schöne Nacht, wenn dir das lieber ist?“

Doflamingo sah in Crocodiles Augen, dass der Groschen gefallen war und ihn sein Gegenüber nun erkannt hatte. Augen verrieten sehr viel über einen Menschen, fand Doflamingo, darum trug er selbst auch stets eine Brille mit abgetönten Gläsern. Er wartete einige Sekunden auf eine Antwort.

„Nun, von mir aus“, erwiderte Crocodile. Er klang nicht verängstigt oder unsicher. Seine Stimme war ruhig und gefasst. Doflamingo konnte noch immer nur erahnen, was Crocodile von seiner Anwesenheit hielt. „Dann lass uns unsere Getränke bestellen und auf eine schöne Nacht anstoßen“, sagte sein Gesprächspartner.

Doflamingo grinste breit und winkte den Barmann zu ihnen hinüber. Es bestanden gute Chancen, dass es für sie beide auf jeden Fall eine schöne Nacht werden würde. Doch für eine Weile musste er sich noch zurückhalten und gedulden. Er durfte Crocodile nicht durch seinen Übereifer verschrecken.

Der Barmann fragte höflich nach ihren Wünschen. Doflamingo nahm einen weiteren Fruchtcocktail; Crocodile bestellte sich einen ganz bestimmten Wodka, dessen Namen Doflamingo zwar nicht bekannt war, den er sich allerdings merkte. Ihm fiel auf, dass Crocodile bisher nur harte Getränke bestellt hatte, dabei hätte er genauso gut ein Bier oder Ähnliches nehmen können. Wenn das den ganzen Abend lang so weiterging, wäre das für ihn sicherlich von Vorteil. Betrunken oder zumindest angetrunken (er hielt Crocodile für einen Trinker, der seine Grenze kannte und sie nur selten weit überschritt) waren viele Menschen ehrlicher und ungehemmter.

Sie nahmen beide ihre Gläser in die Hand und stießen an. „Auf eine schöne Nacht“, sagte Doflamingo. „Auf eine schöne Nacht“, erwiderte Crocodile. Sie beide nahmen einen sehr großen, ersten Schluck.

„Mir gefallen deine Ringe sehr“, meinte Doflamingo und versuchte damit die Spannung, die über ihnen beiden lag, ein wenig abzuschwächen und das Gespräch auf ein ungefährliches Thema hinzulenken. Er wollte Crocodile klarmachen, dass er nicht ausschließliches ein geschäftliches Interesse an ihm hatte (wovon dieser im Augenblick sicher ausging), sondern auch ein persönliches. „Danke“, gab Crocodile zurück. Dann fügte er hinzu: „Ich habe sie während meines letzten Auslandsaufenthalts gekauft.“

Doflamingo konnte ein triumphierendes Grinsen nur schwer unterdrücken. Dass Crocodile unaufgefordert private Informationen über sich preisgab, war definitiv ein gutes Zeichen. Ein lockeres und freundliches Gespräch war der ideale Einstieg für den Kontakt, den Doflamingo zu ihm aufbauen wollte.

„Tatsächlich? Wo auf der Welt bekommt man denn nur so hinreißende Edelsteine her? Vor allen Dingen dieser rote Saphir scheint mir sehr selten und wertvoll zu sein. Genau passend für seinen Träger.“ Doflamingo war sich dessen bewusst, dass er sehr dick auftrug und er tat es mit Absicht. Es gab nur wenige Themen, über die man sich mit einem Mann wie Sir Crocodile unterhalten konnte, ohne das eine angespannte Stimmung entstand. Er wollte nicht, dass sein Gesprächspartner sich bedroht oder ausgehorcht fühlte. Da bestach er lieber mit Komplimenten.

Und allem Anschein nach ging seine Taktik auf. Crocodile war sich natürlich ebenfalls dessen bewusst, dass Doflamingo darauf abzielte sich bei ihm einzuschmeicheln, doch zu dessen Glück ließ er sich die Schmeichelei gefallen. Bei Doflamingos Worten war ihm sogar die Andeutung eines kleinen Lächelns über die Lippen gehuscht.

Er bedankte sich für das Kompliment und bestellte sich ein zweites Getränk, nachdem er das erste sehr rasch ausgetrunken hatte.
 

Doflamingo hatte das Gefühl, dass es kaum besser laufen könnte. Crocodile und er unterhielten sich nun schon seit fast eineinhalb Stunden und waren gemeinsam auf insgesamt vielleicht elf oder zwölf Drinks gekommen, die sie währenddessen getrunken hatten. Sie hatten zwar nur über belanglose oder neutrale Themen gesprochen, doch das war bereits mehr, als Doflamingo sich für den ersten Abend erhofft hatte. Ein weiterer Vorteil war außerdem die Tatsache, dass Crocodile inzwischen stark angetrunken zu sein schien. Die ganze Zeit über hatte er sich ausschließlich harte Drinks bestellt, während Doflamingo zwischenzeitlich auf alkoholfreie Cocktail umgestiegen war. Crocodile war zwar durchaus noch zurechnungsfähig und konnte problemlos gerade stehen, doch Doflamingo spürte, dass der konsumierte Alkohol nicht spurlos an ihm vorbeiging.

Er überlegte, ob er es wagen sollte, ihn bereits heute Nacht zu sich nach Hause einzuladen. Eigentlich hatte er vorgehabt, die ganze Sache langsam anzugehen und sich während weiterer zwei oder drei Treffen bei Crocodile schönzutun, ehe er diesen Schritt wagte. Doch auf der anderen Seite hatte er auch nicht damit gerechnet, dass dieser erste Abend so unfassbar gut laufen würde. Und dass Crocodile allem Anschein nach (noch) nicht allzu viel über ihn wusste und nur schlecht dazu in der Lage war ihn einzuschätzen, könnte ihm ebenfalls zum Vorteil gereichen. Schließlich beschloss Doflamingo nach kurzer Überlegung den tollkühnen Versuch zu wagen, ihn zu sich nach Hause einzuladen, falls die Stimmung zwischen ihnen weiterhin so gut blieb.

Nur kurze Zeit später wurde ihr Gespräch von zwei jungen, sehr knapp bekleideten Damen unterbrochen, die fragten, ob sie sich zu ihnen setzen dürften. Doflamingo kannte die beiden Frauen flüchtig. Es waren Lilli und Mani; sie gehörten eigentlich zu Bellamy. Wahrscheinlich fühlten sie sich vernachlässigt, weil die Männer ihrer Gruppe übereifrig mit den Frauen flirteten, die Doflamingo ihnen besorgt hatte, und versuchten selbst nun ihr Glück bei zwei Männern höheren Ranges. Vielleicht wollten sie Bellamy, Cirkies und und den Anderen damit auch eins auswischen. Doflamingo wusste es nicht und -wenn er ehrlich war- interessierte es ihn auch nicht. Allerdings beschloss er, die Gelegenheit, die die beiden jungen Frauen ihm boten, beim Schopf zu packen und auszunutzen.

Als er zu Crocodile hinüber sah, bemerkte er, dass sein Gesprächspartner nicht sonderlich angetan von den beiden Frauen zu sein schien. Das war ein gutes Zeichen. Ehe Doflamingo ihnen antwortete, wandte er sich an Crocodile und sagte mit halblauter Stimme zu ihm: „Was hältst du davon, wenn wir beide aus dem „New World“ verschwinden? Für meinen Geschmack wird es hier ein wenig zu aufdringlich und unangenehm. Wir können uns ein Taxi nehmen und uns bei mir Zuhause weiter unterhalten, wenn du Lust hast.“

Doflamingo konnte die Bedrängnis und Unentschlossenheit in Crocodiles Augen buchstäblich sehen. Gerade wenn Menschen getrunken hatten, verrieten sie viel durch Gestik und Mimik über ihre Gedankengänge. Auf der einen Seite hielt Crocodile es für riskant, mit einem ihm so gut wie fremden Mann mitzugehen. Vor allen Dingen, wenn es sich bei diesem Mann um Donquixote Doflamingo handelte. Es könnte sich hierbei um eine Falle oder einen Hinterhalt handeln; schließlich war er selbst auch ein einflussreicher Mann. Auf der anderen Seite allerdings hatte er sich mit besagtem Mann in den letzten eineinhalb Stunden sehr gut unterhalten, ohne auch nur ansatzweise das Gefühl bekommen zu haben, ausgehorcht oder bedroht zu werden. Ganz im Gegenteil: Doflamingo hatte viele Komplimente verstreut und sich große Mühe gegeben, damit er sich in dessen Nähe wohl fühlte. Und auf diese beiden billigen Frauen, die noch immer nicht verschwunden waren, sondern auf eine Antwort warteten, hatte er auch überhaupt keine Lust. Zu Doflamingos Glück entschied sich sein stark angetrunkener Gesprächspartner dafür, eher auf seine Gefühle als seine Vernunft zu hören. „Von mir aus.“

Zum zweiten Mal in dieser Nacht tat Doflamingo sich schwer damit, ein triumphierendes Grinsen zu unterdrücken. Zwar hatte er damit gerechnet, dass sein Ausflug ins „New World“ gut laufen würde; doch dass er heute auf Crocodile treffen würde und diesen sogar dazu überreden konnte, mit zu ihm nach Hause zu kommen, das hatte Doflamingo beim besten Willen nicht geahnt. Er war nun schon so weit gekommen, jetzt durfte einfach nichts mehr schief gehen!

Doflamingo schickte Lilli und Mani fort, die zwar enttäuscht und beleidigt zu sein schienen, doch gehorsam seinen Befehl befolgten. Dann bezahlte er die Drinks, die er und Crocodile getrunken hatten, und gab dem Barmann obendrein ein Trinkgeld, das so üppig war, dass sie davon noch einmal die selbe Anzahl hätten bekommen können. Er wollte vor Crocodile nicht geizig oder kleinlich wirken.

Leider trat er mit seiner Großzügigkeit in ein anderes Fettnäpfchen. Crocodile warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Du hättest nicht für uns beide zahlen müssen“, sagte er und klang als handelte es sich dabei um eine Beleidigung oder Herabsetzung. Doflamingo bemühte sich darum, ruhig zu bleiben. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Crocodile so empfindlich darauf reagieren würde, wenn er die Rechnung übernahm. Auch wenn er darauf hätte vorbereitet sein müssen. Schließlich handelte es sich bei Crocodile nicht um irgendein einfältiges Mädchen, das sich über jedes bisschen Freundlichkeit und Zuwendung von ihm freute. Crocodile musste erobert werden und dabei durfte er ihm keinesfalls das Gefühl geben, er wäre ihm nicht ebenbürtig. Da war es kein Wunder, dass er sich herabgesetzt fühlte. Doch Doflamingo wäre nicht Doflamingo gewesen, wenn es ihm nicht gelungen wäre, die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Nur wenige Sekunden später beruhigte er seinen Gesprächspartner mit sanften Worten: „Verzeih mir, Crocodile. Ich habe nicht beabsichtigt, dich mit meiner Einladung zu beleidigen. Ich halte mich lediglich an mein Wort. Sagte ich nicht, dass ich dich gerne auf einen Drink einladen möchte?“

Zu seinem Glück schien sich nun auch Crocodile an den Beginn ihres Gesprächs zu erinnern und sein Ärger verflüchtigte sich schnell wieder. Doflamingo nahm sich vor, in Zukunft vorsichtiger zu sein und nicht nur seine Worte, sondern auch sein Verhalten zweimal zu überdenken, ehe er Crocodile ein weiteres Mal auf den Schlips trat und damit womöglich ihren Kontakt gefährdete.
 

*
 

Nachdem sie beide sich ihre Mäntel wiedergeholt hatten, die sie an der Garderobe abgegeben hatten, verließen sie gemeinsam das „New World“ und traten in die dunkle und kühle Nacht hinaus. Doflamingo fiel auf, dass Crocodile eine Person zu sein schien, die sehr leicht fror; denn auch wenn sein dicker Mantel wieder auf seinen Schultern lag, verzog er bei dem Wind, der ihnen entgegenblies, unweigerlich den Mund und unterdrückte nur mäßig erfolgreich ein leichtes Bibbern. Darum machte Doflamingo sich eilig daran das Taxi für sie beide zu rufen. Als er Crocodile höflich die Autotüre öffnete, wurde seine Zuvorkommenheit dieses Mal nicht gerügt, stattdessen erntete er ein kurz angebundenes „Danke“, ehe Crocodile eilig in den beheizten Wagen einstieg. Doflamingo ging um das Heck des Wagens herum und ließ sich neben Crocodile auf der Rückbank nieder. Auch wenn der Taxifahrer genau wusste, wo Doflamingo wohnte (das Taxi gehörte ihm und der Fahrer war einer seiner Männer), nannte er ihm die Adresse seiner privaten Villa und tat so als wären sie sich noch niemals zuvor begegnet. Er wollte nicht, dass Crocodile sich in eine Falle gelockt fühlte.

Auch wenn das Taxi extrem schnell fuhr und zu dieser Zeit kaum Verkehr auf den Straßen herrschte, dauerte die Fahrt etwa zwanzig Minuten. Doflamingos Villa befand sich auf einem privaten und großem Gelände, das ein wenig außerhalb der Stadt lag, weil er es bei sich Zuhause gerne ruhig und völlig ungestört hatte.

Er sah unauffällig zu Crocodile hinüber und bemerkte, dass dieser seinen imposanten Mantel auch im Auto nicht abgelegt, sondern sogar noch enger um seinen Körper geschlungen hatte. Doflamingo hoffte, dass dies allein dem heftigen Kälteempfinden seines Gastes und nicht etwa dessen Missbehagen zu schulden war. Er durfte nicht riskieren, dass Crocodile seine Entscheidung mit ihm zu kommen, bereute. Um ein unangenehmes Schweigen zu vermeiden, sagte Doflamingo: „Ich wohne draußen vor der Stadt. Ein Mann in meiner Position braucht seinen Platz und seine Privatsphäre. Das kannst du doch sicher nachvollziehen, oder nicht?“

Crocodile nickte kaum merklich, äußerte sich ansonsten allerdings nicht zu dieser Aussage. Doflamingo musterte ihn besorgt. Er konnte sich nicht daran erinnern, etwas gesagt oder getan zu haben, was seinen Gast verschreckt haben könnte, darum erschien ihm Crocodiles plötzliche Zurückhaltung überaus rätselhaft. Hoffentlich überlegte er es sich nicht anders und verabschiedete sich wieder von ihm, kaum dass sie aus dem Taxi gestiegen waren. Bei diesem Gedanken begann Doflamingo der Magen zu schmerzen. Er war so weit gekommen, es war bisher doch alles so gut gelaufen... Es wäre kaum zu ertragen, wenn Crocodile sich nun plötzlich von ihm abwendete.

Weil er spürte, dass Crocodile sich aus irgendeinem Grund bedrängt fühlte und gerade keine Lust hatte, irgendetwas zu sagen, erzählte Doflamingo mehr von sich und seinem Zuhause. Er hoffte, Crocodile ein wenig beruhigen zu können, indem er ihm Informationen über den Mann lieferte, mit dem er gerade in einem Taxi saß, und über die Villa, zu der sie fuhren.

„Mir ist es sehr wichtig, mich Zuhause wohlfühlen zu können. Deshalb habe ich die Villa zusammen mit dem Architekten selbst entworfen. Und natürlich auch alles selbst eingerichtet. Ich hoffe sehr, dass es dir gefällt. Aber darauf kann ich mich leider nicht verlassen. Fufufufu.“ Doflamingo lachte und dachte an die extravagante und exotische Inneneinrichtung seiner Villa. „Wie du sicher schon bemerkt hast, habe ich einen ganz eigenen Stil. Viel Rosa und Pink, viel Platz und viel Licht. Im Erdgeschoss habe ich mir extra hohe Fenster einsetzen lassen, damit besonders viel Sonnenlicht hereinfällt. Nun, du scheinst mir ja weniger der Typ für helle Farben zu sein. Aber vielleicht kannst du dich ja doch mit meinem Zuhause anfreunden.“

Zufrieden bemerkte Doflamingo, dass sein Gast sich aus seiner eisigen Starre löste und allmählich wieder zu entspannen begann. Gerade richtig, denn nur kurze Zeit später kam das Taxi vor dem verschnörkelten Gittertor, das den Eingang zu seinem Gelände markierte, zum Stehen. Doflamingo stieg aus und umrundete erneut das Heck des Wagens, um Crocodile die Tür zu öffnen; leider war ihm sein Gast da zuvor gekommen und bereits auf eigene Faust ausgestiegen. Zum Glück fiel Doflamingo zumindest rechtzeitig ein, dass er den Taxifahrer bezahlen sollte. Da der Mann zu seinen Leuten gehörte, tat er das normalerweise nie. Doch auch hier kam ihm Crocodile erneut zuvor.

„Ist schon gut“, sagte Crocodile, „ich bezahle die Taxifahrt.“

„Oh nein, bitte, lass mich das machen.“ Auch wenn Doflamingo wusste, dass Crocodile ebenfalls sehr wohlhabend sein musste, fühlte er sich schrecklich unwohl bei dem Gedanken, dass sein Gast Geld an seine Leute zahlte und das auch noch für eine Leistung, die er üblicherweise kostenlos in Anspruch nahm. Seinen Worten zum Trotz holte Crocodile eine Brieftasche hervor und drückte dem Taxifahrer mehrere große Scheine in die Hand, ohne vorher zu fragen, wie viel die Fahrt überhaupt gekostet hatte. „Ich lasse mich nicht gerne einladen“, sagte er dann an Doflamingo gewandt. „Ich habe dann nämlich immer das Gefühl, jemandem etwas zu schulden, und das kann ich überhaupt nicht ausstehen.“

Doflamingo gefiel gar nicht, in welche Richtung sich dieses Gespräch entwickelte. Er ahnte Fürchterliches. Nur mit viel Mühe gelang es ihm, ruhig zu bleiben. Er durfte Crocodile nicht noch weiter verschrecken, indem er panisch wurde; das wäre lediglich absolut kontraproduktiv.

„Das kann ich gut verstehen“, erwiderte Doflamingo. „Nun, die meisten Männer sind es ja sowieso nicht gewohnt, sich einladen zu lassen, nicht wahr? Und schließlich bist du ja nicht irgendein billiges Mädchen aus dem „New World“, sondern ein erfolgreicher Geschäftsmann.“

Crocodile warf ihm einen Blick zu, in dem etwas Leidendes lag. Doflamingo schluckte. Allem Anschein nach hatte sein Gast sich doch dazu entschieden, ihn nicht in seine Villa zu begleiten, sondern sich gleich wieder von ihm zu verabschieden. Das musste er um jeden Preis verhindern! „Was hältst du davon, wenn ich aus meinem Keller einen guten Wein holen lasse und wir noch ein wenig weiter trinken? Ich würde dir sehr gerne meine Villa zeigen. Das Urteil eines so eleganten und stilbewussten Gastes wie dir bedeutet mir sehr viel.“

„Ich glaube, dass es ein Fehler war mit dir hierhin zu fahren“, sagte Crocodile und Doflamingo spürte, wie sein Herz sich bei dieser Aussage schmerzhaft zusammenzog. Verdammt! Verdammt, verdammt, verdammt! Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Sie standen doch schon vor dem Eingang zu seinem Garten! Er durfte diese Sache nicht scheitern lassen; nicht jetzt, wo er Crocodile doch schon so weit hatte! „Es tut mir leid. Ich werde mit dem Taxi gleich wieder zurückfahren. Vielleicht sehen wir uns ja noch mal im „New World“.“

Es hatte in seinem ganzen Leben nur wirklich wenige Situationen gegeben, in denen Doflamingo sich so verzweifelt gefühlt hatte, wie jetzt gerade in diesem Augenblick. Er hatte das fürchterliche Gefühl, dass ihm diese Sache wie feiner Sand durch die Finger glitt. Er gab sich zwei Atemzüge, um die aufkommende Panik zu unterdrücken, und erwiderte dann: „Du beleidigst und verletzt mich zutiefst mit deiner Zurückweisung, Crocodile. Was habe ich dir getan, dass du mich so plötzlich ablehnst? Eben im „New World“ haben wir uns doch noch so gut unterhalten. Ich bitte dich: Lass uns unser Gespräch in meinem Wohnzimmer weiterführen. Für dich hole ich auch den allerbesten Wein aus meinem Keller.“

Crocodile sah zögernd zu ihm hinüber. Er schien tatsächlich sehr stark angetrunken zu sein, denn Doflamingo war sich sicher, dass ein Mann wie er seine Gefühle und Gedanken unter normalen Umständen nicht so leichtfertig verriet. Nun, das kam ihm nur recht. Mit einer freundlichen Geste lud Doflamingo ihn dazu ein mit ihm zu kommen. Crocodiles Zögern hielt noch für etwa eine Minute an; dann schickte er mit einer kleinen Handbewegung das Taxi, das die ganze Zeit über noch bei ihnen stehen geblieben war, fort und folgte der Einladung seines Gastgebers.

Kaum hatten sie das verschnörkelte Eingangstor passiert, waren alle Zweifel und Ängste aus Doflamingos Herzen verschwunden. Um seinen Erfolg nicht ruinieren, unterdrückte er zum dritten Mal in dieser Nacht ein triumphierendes Grinsen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lexischlumpf183
2019-06-11T07:48:25+00:00 11.06.2019 09:48
Oh 😉 sehr vielversprechend Anfang, bin gespannt auf das nächste Kapitel, 👍😁😁
Antwort von:  kleines-sama
12.06.2019 18:51
Danke für deinen Kommi :) Schön, dass dir der Anfang schon mal gefällt :)

bye
sb
Von:  Kasumi18
2019-06-11T00:33:54+00:00 11.06.2019 02:33
Ein interessanter Anfang bin gespannt wie es weiter geht ^-^
Antwort von:  kleines-sama
11.06.2019 06:04
Danke für deinen Kommi :) Freut mich, dass dir das erste Kapitel gefällt :)

bye
sb


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