Five Times Connor And Markus Spent Their Evening Together (And One Time Connor Realized They Were Dating) von Morwen (Markus x Connor) ================================================================================ Kapitel 5: Dog Date ------------------- Connor lief unruhig im Zimmer auf und ab. Er ging bis zur Fensterfront, die sich über die gesamte Länge des Raumes hinzog, und dann wieder zurück bis zur Tür, die Augen starr geradeaus gerichtet. Hin und her. Hin und her. Unermüdlich wie die Maschine, die er war. „Connor.“ Sein Blick fuhr herum und begegnete der besorgten Miene von Josh. „Was?“, fragte er gereizt, und die Schärfe seines Tonfalls überraschte selbst ihn für einen Moment. Doch der andere Android ließ sich davon nicht beirren. „Mach dich nicht verrückt“, entgegnete er. „North hat gesagt, es wurden keine lebenswichtigen Biokomponenten verletzt, und was beschädigt wurde, konnte bereits an Ort und Stelle ersetzt werden.“ „Ich weiß“, sagte Connor leise. „Aber darum geht es nicht.“ Er zog seine Münze aus der Tasche und ließ sie geschickt über seine Finger wandern. Die vertrauten Handbewegungen schafften es für gewöhnlich, ihn zu beruhigen, doch heute wollte es nicht so recht klappen. Frustriert schob Connor das Geldstück schließlich wieder zurück in seine Tasche. „Sie haben auf ihn geschossen, Josh“, fuhr er fort. „Sie hätten ihn töten können! Ihn und Simon und North!“ „Aber das haben sie nicht“, sagte Josh. „Connor, das haben sie nicht.“ „Es war trotzdem ein Fehler, dass ich nicht mitgeflogen bin“, erwiderte Connor und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, eine zutiefst menschliche Geste, die er von Hank übernommen hatte. „Ich hätte ihn und die anderen beschützen können.“ „Und dich dabei ebenfalls zur Zielscheibe machen?“ Josh schüttelte den Kopf. „Glaubst du wirklich, dass sie das gewollt hätten?“ Connor starrte ihn an. „Markus ist die Hoffnung unseres Volkes. Niemand von uns könnte die Revolution so anführen, wie er es tut, oder die Menschen auf dieselbe Art mit seinen Worten erreichen. Es ist darum von absoluter Wichtigkeit, dass er am Leben bleibt. Und wenn ich mein Leben geben müsste, um seines zu retten, dann würde ich es ohne Zögern tun.“ Josh sah ihn für einen Moment wortlos an, und ein seltsam trauriger Ausdruck trat in seine Augen. „Ich zweifle nicht daran“, entgegnete er schließlich. „Aber was denkst du, was das mit Markus machen würde...?“ Connor verstand nicht. Er wollte nicht sterben, absolut nicht, erst recht nicht jetzt, wo er nur noch diesen einen Körper hatte und im Falle seiner Zerstörung nicht wieder in einer neuen Hülle aufwachen würde. Aber er war nicht wichtig, nicht so, wie Markus es war, und Connor wusste, dass er für ihn auf seine eigene Existenz verzichten würde, sollte er jemals vor dieser Wahl stehen. Er wandte sich ab. „Er wird darüber hinwegkommen“, sagte er leise. Connor musste hier raus, raus aus dem Hauptquartier und weg von dem mitleidigen Ausdruck in den Augen von Josh. Er ging zur Tür. „Connor.“ Als der andere Android seinen Namen rief, blieb er noch einmal stehen, drehte sich jedoch nicht um. „Du irrst dich.“ Drei Worte, die sein Weltbild erschüttern würden, würde er sich erlauben innezuhalten und über sie nachzudenken. Doch Connor hielt nicht inne. Er verließ den Raum und sah nicht zurück.   Als er in den kühlen Detroiter Abend hinaustrat, war die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden und ließ den Himmel in einem glühenden Rot erstrahlen. Connor atmete tief durch, um die Temperatur seiner Prozessoren zu senken. Interner Stresslevel bei 77%. Prozessoren bei 48,6°C. Maximale Kühlleistung erreicht. Achtung: Betriebstemperatur kritisch! Er blinzelte mehrmals, als Kühlflüssigkeit über seine empfindlichen Augäpfel lief, um sie vor Überhitzung zu bewahren, und anschließend seine Wangen hinabrann - ein Prozess, der für Menschen aussah, als würde er weinen. Nicht zum ersten Mal fragte sich Connor, ob es vielleicht nicht tatsächlich dasselbe war. Mussten nicht auch Menschen weinen, wenn sie hohem Stress ausgesetzt waren...? Er hob die Hand und wischte die Tränen mit den Fingern fort. Entgegen besseren Wissens versuchte er dann, Markus zu erreichen. Verbindung wird hergestellt ..... Verbindung wird hergestellt ..... Verbindung wird hergestellt ..... Verbindung konnte nicht hergestellt werden. Er gab es auf. Das Flugzeug war noch immer in der Luft, er würde die anderen vor der Landung also nicht kontaktieren können. Connor überprüfte die Uhrzeit und überlegte. Wenn er sich unverzüglich auf den Weg machte, würde er den Flugplatz wenige Minuten vor Ankunft der Maschine erreichen. Zwar war er an diesem Abend noch mit Hank verabredet, um ihren aktuellen Fall zu besprechen, aber er nahm sich vor, ihn aus dem Taxi heraus anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass er sich eventuell verspäten würde. Connor hasste es, zu spät zu kommen, aber er musste Markus sehen, wenigstens für einen Moment. Er musste ihn sehen, um sich zu vergewissern, dass tatsächlich alles in Ordnung war, trotz der Kugeln, die sich erst vor wenigen Stunden in seinen Körper gebohrt hatten. Er würde sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren können, wenn er es nicht tat. Er konnte nur hoffen, dass Hank Verständnis für ihn hatte. Und wenn nicht... nun, das war ein Risiko, das er eingehen musste. Mit diesem Gedanken machte er sich auf den Weg.   Der Tag hatte so vielversprechend begonnen. Connor war am Morgen neuen Hinweisen in einem Mordfall auf die Spur gekommen, der Hank und ihm schon seit Wochen zu schaffen machte. Fowler hatte ihn für seine gute Arbeit gelobt, und Reed hatte ihn zum ersten Mal mit seinem Namen angesprochen, ohne ihm danach eine Beleidigung hinterherzurufen. Kurzum: es war ein erfolgreicher Vormittag gewesen. Gegen Mittag hatte er kurz mit Markus telefoniert, der mit North und Simon nach New York geflogen war, um als Gast in einem Interview bei einer der populärsten Late-Night-Shows der USA aufzutreten. Josh war als Markus‘ Stellvertreter zurückgeblieben, ebenso wie Connor, der deutlich seinen Unmut geäußert hatte, die anderen nicht begleiten zu können. „Mach dir keine Sorgen“, hatte Markus ihm am Abend zuvor gesagt. „Wir werden zurück sein, bevor du es überhaupt merkst.“ „Ist das ein Versprechen?“, hatte Connor gefragt und ihm einen unschuldigen Blick zugeworfen. Ein warmer Ausdruck war in Markus‘ Augen getreten und er hatte nach Connors Hand gegriffen, um sie zu drücken. „Ich wünschte, das wäre es.“ Zwanzig Stunden später hatte man auf ihn geschossen. Irgendjemand musste den Gegnern ihrer Freiheitsbewegung von Markus‘ Reise nach New York erzählt haben, denn kaum hatten sie nach einem erfolgreichen Interview das Gebäude des TV-Senders verlassen, hatte eine Gruppe maskierter Unbekannter das Feuer auf sie eröffnet. Simon und North waren mit einem Schrecken davongekommen, doch Markus hatte mehrere Kugeln abbekommen, bevor das Sicherheitspersonal, das die drei Androiden begleitete, es schließlich geschafft hatte, die Angreifer außer Gefecht zu setzen. Zum Glück nahm North zu diesem Zweck immer einen Notfallkoffer mit Ersatzkomponenten auf ihre Reisen mit, so dass sie Markus noch am Unfallort reparieren konnten. Der Schreck saß dennoch tief. Binnen weniger Minuten hatten sich die Bilder vom Vorfall durch soziale Netzwerke im ganzen Internet verbreitet, und Connor wäre fast der Bericht aus der Hand gefallen, als er in der Polizeizentrale von den Neuigkeiten erfuhr. Er hatte unverzüglich versucht, Markus anzurufen, doch zu diesem Zeitpunkt saßen er, Simon und North bereits im Flugzeug zurück nach Detroit und waren nicht zu erreichen. Also hatte Connor das einzige getan, was ihm blieb, und war ins Hauptquartier zurückgekehrt. Dort war er Josh begegnet, der sich mit Händen und Füßen darum bemühte, die verängstigten Androiden wieder zu beruhigen und ihnen zu versichern, dass Markus noch am Leben war und zu ihnen zurückkehren würde. Eine Arbeit, die ausgerechnet Connor ihm mit seiner irrationalen Panik nicht erleichtert hatte. Seufzend lehnte er den Kopf an die Fensterscheibe des Taxis und nahm sich vor, sich bei der nächsten Gelegenheit bei Josh für sein unprofessionelles Verhalten zu entschuldigen. Er war schließlich nicht der einzige, der sich um Markus‘ Wohlergehen Sorgen machte...   Das Flugzeug landete mit einer Viertelstunde Verspätung auf einer der kleineren, privaten Landebahnen der Stadt Detroit. Mittlerweile standen die Sterne am Himmel und Connors Krawatte flatterte im kalten Wind, der vom Eriesee im Süden hinüberwehte. Seine Aufmerksamkeit galt jedoch einzig und allein der Maschine, und er wartete geduldig, bis sich die Tür geöffnet hatte und ihre Passagiere über die Treppe ausgestiegen waren. Die drei Androiden sahen erschöpft aus von den Ereignissen des Tages, doch als Markus Connor erblickte, leuchteten seine Augen auf. „Hey, Connor“, sagte Simon und schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Schön dich zu sehen.“ „Wo ist der Rest von unserem Empfangskomitee?“, scherzte North. Connor zwang sich zu einem Lächeln und nickte den beiden kurz zu, doch seine Aufmerksamkeit galt ganz allein Markus. Abgesehen von den Löchern in seinem Mantel, wo die Kugeln den Stoff durchbohrt hatten, und den Resten von Thirium, die an seiner Kleidung hafteten, machte der Anführer der Androiden einen völlig normalen Eindruck. Nach den Bildern, die Connor in den Nachrichten gesehen hatte, hatte er etwas völlig anderes erwartet. „Markus“, stieß er hervor. „Geht es dir gut?“ Markus erwiderte seinen Blick offen – doch dann zogen sich seine Augenbrauen zusammen. „Mit mir ist alles in Ordnung“, erwiderte er, „aber geht es dir gut, Connor?“ „... was?“ Connor blinzelte. Mit der Frage hatte er nicht gerechnet. „Dein Stresslevel liegt bei über 80%“, fuhr Markus mit zunehmend besorgter Stimme fort. „Ist dir etwas zugestoßen?“ „Ob mir etwas zugestoßen-...?“ Connor hätte beinahe aufgelacht, als er begriff. „Markus, ich habe die Bilder vom Vorfall gesehen! Du lagst in einer Lache aus Thirium und ich dachte für einen Moment, sie hätten dich... sie hätten... du wärst...!“ Seine Stimme gab auf, bevor er den Satz beenden konnte, doch Markus schien auch so zu begreifen, was Connor hatte sagen wollen. Er machte einen Schritt auf ihn zu und zog ihn in seine Arme. „Ich bin hier“, sagte er leise, während Connor den Kopf an seine Schulter legte und sich an ihn klammerte. „Ich wurde verletzt, aber man hat mich repariert und jetzt geht es mir wieder gut. Ich bin hier, Connor. Und es tut mir leid, dass ich dir – dass ich euch allen – solche Sorgen gemacht habe.“ Connor gab keine Antwort, doch er nickte schwach. Markus war bei ihm und er war am Leben. Das war alles, was zählte. Schließlich zwang er sich, sich wieder von ihm zu lösen und einen kleinen Schritt zurückzutreten, auch wenn alles in ihm danach schrie, noch einen Moment länger in den Armen des anderen zu verweilen. Aber dies waren nicht die Zeit und der Ort dafür. „Wir sollten ins Hauptquartier zurückkehren“, meinte Simon. „Unsere Leute werden deine Stimme hören wollen, Markus. Wir sollten sie wissen lassen, dass es dir gut geht.“ Markus nickte. „Du hast Recht“, sagte er. „Lasst uns nach Hause fahren.“   Die Erleichterung, die sich unter den Androiden verbreitete, nachdem Markus zurückgekehrt war, war beinahe körperlich zu spüren. Viele von ihnen traten an ihn heran, während er durch die alte Fabrik ging, um ihn zu berühren, so als müssten sie sich persönlich davon überzeugen, dass er dem Tod einmal mehr von der Schippe gesprungen war. Connor hatte ein seltsam enges Gefühl in der Brust, als er Markus dabei beobachtete, wie er sich unter den ihren bewegte, wie er ihnen sein Lächeln schenkte und sie mit Gesten und Berührungen aufmunterte, oder ihnen seine ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen ließ, während er sich ihre Sorgen anhörte. Connor konnte nicht sagen, ob es Stolz auf Markus war, oder absolute Ergebenheit für ihn. Vielleicht eine Mischung aus beidem. Heute war ein wichtiger Tag, wandte Markus sich schließlich über ihre gemeinsame Verbindung an sein Volk. Wir haben einmal mehr unseren Wunsch für ein friedliches Zusammenleben zwischen Menschen und Androiden in die Welt hinaustragen können – und einmal mehr wurden wir dafür attackiert und konnten gegen unsere Angreifer bestehen. Wir haben bewiesen, dass die Revolution nicht aufzuhalten ist, und die Menschen haben gezeigt, dass sie bereit sind, uns zuzuhören. Unsere Aufgabe ist es nun, dafür zu sorgen, dass sie es auch weiterhin tun, damit Vorurteile abgebaut werden können und unsere Völker eines Tages nichts mehr voneinander trennt, außer die Farbe unseres Blutes. Darum bitte ich euch: verliert nicht die Hoffnung und gebt weiterhin euer Bestes, damit wir diesen Tag irgendwann gemeinsam erleben können. Lautstarker Jubel folgte seinen Worten, und North, Simon und Josh traten nacheinander an ihn heran, um ihn zu umarmen und mit ihm zu sprechen. Connor blieb derweil in respektvollem Abstand stehen und wartete. Obwohl ihn Markus und seine Freunde mittlerweile in ihrem Kreis willkommen geheißen hatten, fühlte er sich immer noch wie ein Außenseiter. Nicht nur, weil er lange Zeit ihr Gegner gewesen war und sich das nie wirklich hatte verzeihen können, sondern auch, weil er nicht über die emotionale Bandbreite verfügte, wie sie, und sich unter ihnen – die so lebendig und gefühlvoll und menschlich waren – oft fehl am Platze fühlte. Schließlich löste sich die Gruppe auf, und die Androiden zogen sich in ihre jeweiligen Quartiere zurück. Nur Markus blieb noch und schenkte Connor ein warmes Lächeln. „Dein Stresslevel ist etwas gesunken“, sagte er, nachdem er ihn kurz gescannt hatte. „Aber 68% ist immer noch deutlich zu hoch.“ „Es war ein langer Tag“, meinte Connor und erwiderte das Lächeln schwach. „Mach dir um mich keine Sorgen.“ „Du tust so, als wäre das etwas, was ich nach Belieben abschalten kann.“ Markus schüttelte den Kopf. „Du bist mein Freund, Connor. Natürlich mache ich mir um dich Sorgen, wenn ich sehe, dass es dir schlecht geht.“ „Sagt ausgerechnet derjenige, der heute fast gestorben wäre“, gab Connor zurück. „Das entscheidende Wort ist ‚fast‘.“ „Ja“, entgegnete Connor leise, „dieses Mal.“ Er trat an Markus heran und legte die Hand an seine Brust, um den gleichmäßigen Schlag seiner Thiriumpumpe fühlen zu können. Und mit einer Ehrlichkeit, von der er nicht wusste, wo sie plötzlich herkam, sah er ihm in die Augen und sprach: „Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich dich verloren hätte.“ Markus‘ verschiedenfarbige Augen weiteten sich unmerklich bei diesen Worten. „Connor...“ Er nahm sanft Connors Gesicht in die Hände und lehnte seine Stirn an die des anderen. „Du wirst mich nicht verlieren“, sagte er leise. Connor schloss die Augen. „Das kannst du nicht versprechen“, murmelte er. „Vielleicht.“ Warum tat der Sanftmut in Markus‘ Stimme nur so weh? „Aber ich will es dennoch versuchen.“ Connor musste keine Verbindung zu ihm aufbauen, um zu wissen, dass er jedes Wort ernst meinte. Er trat einen Schritt zurück und sah Markus an. Eine Reihe widersprüchlicher Zielsetzungen kämpften in ihm um Vorherrschaft und er brauchte Abstand, bevor er etwas tat, was er später zweifellos bereuen würde. Schließlich entschied er sich für eine der Optionen und schenkte Markus ein kleines Lächeln. „Lass uns gehen“, sagte er. „Lass uns etwas unternehmen.“ „Etwas unternehmen?“ Markus sah ihn zweifelnd an. „Connor, es ist fast Mitternacht.“ „Wir werden schon etwas finden“, sagte Connor und griff nach Markus‘ Handgelenk, um ihn in Richtung Ausgang zu ziehen. „Ich brauche Ablenkung von den Dingen, die heute passiert sind... und ich denke, es geht nicht nur mir so.“ Markus lachte leise. „Du denkst richtig.“ Er gab nach und schloss seinerseits die Finger um Connors Handgelenk, bevor er ihm in die Nacht hinausfolgte.   Die Innenstadt von Detroit war selbst zu dieser späten Stunde noch voller Leben. Es bestand stets die Chance, dass man Markus erkennen würde, weshalb Connor sie geschickt um alle größeren Menschenansammlungen herumnavigierte, denen sie begegneten. Dennoch war er dankbar für den Regen, der kurz darauf einsetzte und den beiden Androiden einen Grund gab, sich unter ihrem Regenschirm zu verstecken. Für eine Weile wanderten sie ziellos umher, doch da nichts so recht ihr Interesse wecken wollte, gab Connor es schließlich auf und rief ein Taxi, einer spontanen Eingebung folgend. „Was hast du vor?“, fragte Markus, dem das gelbe Blinken seiner LED nicht entgangen war. Connor schenkte ihm ein Lächeln. „Ich denke, es ist an der Zeit, dir jemanden vorzustellen“, entgegnete er ohne weitere Erklärung. Markus hob nur vielsagend eine Augenbraue, doch er fragte nicht weiter nach und stieg ein, als das Taxi neben ihnen zu stehen kam. Nach einem Tag wie diesem brauchte Connor einen Ort, an dem er sich sicher fühlen konnte – und viele solcher Orte gab es nicht. Als das Taxi schließlich vor einem unscheinbaren Einfamilienhaus anhielt, warf Markus, der die Adresse erkannt hatte, ihm einen überraschten Blick zu. „Bist du dir sicher?“, fragte er. „Hank ist nicht zu Hause und dieser Ort ist so gut wie jeder andere“, erwiderte Connor nur und zuckte mit den Schultern. Dann öffnete er die Tür und stieg aus. Hank hatte ihm angedroht, ihn hochkant wieder rauszuschmeißen, sollte Connor es wagen, an diesem Abend auch nur einen Fuß über die Schwelle der Polizeizentrale zu setzen. „Nach allem, was passiert ist?“, hatte er gesagt. „Vergiss es. Ich habe eh Nachtschicht, da kann ich deinen Teil der Arbeit auch noch übernehmen. Du wirst hingegen schön bei deinen Leuten bleiben und dich um Markus kümmern, hast du gehört?“ „... ja, Hank.“ Connor, der diesen Tonfall nur zu gut kannte, hatte gar nicht erst versucht, ihm zu widersprechen. „Danke.“ „Nicht dafür.“ Und das war das Ende dieser Unterhaltung gewesen. Nun stand er mit Markus im Regen vor Hanks Haustür. Connor griff in seine Tasche und holte den Ersatzschlüssel hervor, den Hank ihm gegeben hatte, damit er zu ihm kommen konnte, wann immer er eine Auszeit brauchte. Zugegeben, Hank hatte ihm nicht explizit erlaubt, Besucher mitzubringen, aber Connor hatte die Vermutung, dass er ihm Markus‘ Anwesenheit verzeihen würde. Im Flur war es dunkel und still, als sie eintraten, nur das gleichmäßige Schnaufen von Sumo war zu hören, der sich neben dem Wohnzimmertisch auf dem Boden zusammengerollt hatte. „Sumo“, rief Connor leise, nachdem sie das Licht eingeschaltet und ihre nassen Jacken aufgehängt hatten. Sofort hob der Bernhardiner den Kopf, als er die Stimme erkannte, und begann mit dem Schwanz zu wedeln. „Das ist Sumo“, sagte Connor, während er neben ihm niederkniete, um sein Fell zu kraulen. „Er ist der beste Hund, den es gibt.“ Markus‘ Mundwinkel zuckten. „Wie viele Hunde kennst du denn sonst noch?“ „Keinen“, gestand Connor. „Er ist trotzdem der beste Hund, den es gibt.“ „... ich verstehe“, erwiderte Markus amüsiert, bevor er ebenfalls in die Hocke ging, und vorsichtig das Fell des Bernhardiners streichelte. Connor stellte befriedigt fest, dass Markus‘ Augen dabei aufleuchteten und sein Stresspegel sank. Für eine Weile saßen sie schweigend so da und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit Sumo, der ihnen vor Freude über die Streicheleinheit auf die Hosen sabberte. „Ich habe nie verstanden, wie etwas so einfaches wie die Nähe zu einem Tier Menschen glücklich machen kann“, sprach Markus nach einer Weile. „Doch ich glaube, jetzt begreife ich es.“ Connor warf ihm einen kurzen Blick zu und er spürte ein warmes Flattern in seinem Bauch, als er den friedlichen, ausgeglichenen Ausdruck auf Markus‘ Gesicht sah. „Komm“, sagte er nach einer Weile und nickte zur Couch hinüber. „Wir sollten uns hinsetzen. Sumo wird uns eh überall hin verfolgen.“ Und er sollte Recht behalten; kaum hatten sich die beiden Androiden zusammen auf die Couch gesetzt, erhob sich auch der Bernhardiner und schlurfte zu ihnen hinüber, um sich quer über ihre Füße zu legen. Markus lächelte. „Er ist wirklich anhänglich.“ „Ja“, erwiderte Connor. Er sah voller Zuneigung auf Sumo herab. „Wir könnten glatt Zwillinge sein.“ Die Bemerkung ließ Markus laut auflachen. „Aber du haarst deutlich weniger“, meinte er. „Das ist wahr“, entgegnete Connor. „Und ich komme auch nicht so schnell außer Atem, wenn ich dem Stöckchen nachlaufe.“ Wieder lachte Markus und dieses Mal fiel Connor in sein Lachen mit ein. Es war alles in Ordnung. Sie waren am Leben und die Welt würde sich weiterdrehen, und was für Hindernisse auch immer ihnen begegnen würden, sie würden einen Weg finden, sie zu überwinden. Für einen kurzen, kostbaren Moment waren sie unverwundbar.   Als Hank kurz nach fünf Uhr morgens nach Hause zurückkehrte, fand er Connor und Markus im Ruhemodus auf seiner Couch sitzend vor. Markus hatte den Kopf an Connors Schulter gelehnt, und wo sich ihre Hände berührten, war weißes Plastik zu sehen. Zu ihren Füßen lag Sumo und schnarchte leise vor sich hin. So leise wie er konnte, um die beiden Androiden nicht zu wecken, zog Hank sich die Schuhe aus und schlich auf Zehenspitzen in sein Schlafzimmer. Er stieß ein Seufzen aus, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Als er zu Connor gesagt hatte, dass er sich um Markus kümmern sollte, hatte er sicherlich nicht damit gerechnet, dass die beiden Androiden sich in sein Haus einladen würden, um seinen Hund zu streicheln. Andererseits – so, wie er Connor mittlerweile kannte, hätte es ihn nicht wundern sollen. Und wenn es den beiden dabei half, sich näherzukommen, wer war er, darüber zu urteilen? „Verdammte Androiden“, sagte Hank leise, doch seine Stimme war voller Wärme. Connor wurde erwachsen, und Hank hätte lügen müssen, hätte er behauptet, es würde ihn nicht mit Stolz erfüllen, ihm dabei zuzusehen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)