Zum Inhalt der Seite

Five Times Connor And Markus Spent Their Evening Together (And One Time Connor Realized They Were Dating)

Markus x Connor
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Idee für dieses Kapitel kam mir unter anderem, als ich mich mit Freunden bei Twitter über Fashion!Queen Markus unterhalten habe.
Ich fand es schon im Spiel sehr auffällig, wie Markus im Laufe im Laufe der Revolution (die, ich möchte noch mal daran erinnern, nur knapp über eine Woche gedauert hat) immer wieder neue und geschmackvolle Kleidung aufgetrieben hat. Wo hatte er sie her? Woher hatte er das Geld dafür? Und vor allem - woher hat er die Zeit genommen, um sie zu besorgen? Wir wissen es nicht und es wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Aber wir sind auch nicht undankbar, schließlich sah er darin sehr gut aus. *hust*
Anyway.
In diesem Kapitel gibt es noch mehr Politik und Pläneschmieden, sowie ein Auftritt der restlichen Jericho-Crew, die mir alle doch erstaunlich ans Herz gewachsen sind.♥ Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Late-Night Shopping

„Ich glaube, ich habe eine Lösung für das Problem gefunden.“

Connor hielt sich nicht mit Begrüßungen auf, als er am Morgen den Raum betrat, sondern ging gleich zu dem Thema über, das ihn schon seit Tagen beschäftigte. „Es ist gewagt, aber es könnte funktionieren.“

Die vier Androiden im Raum erwiderten wortlos seinen Blick.

Connor erstarrte. Hatte er etwas Falsches gesagt?

„Kontext, Connor“, durchbrach Josh schließlich die Stille und lächelte. „Ich bin mir sicher, wir haben schon mal darüber gesprochen.“

Doch die Worte verwirrten ihn nur noch mehr. „Worüber gesprochen?“

Simon schenkte ihm einen amüsierten Blick.

„Darüber, dass wir nicht wissen, was in deinem Kopf vorgeht, wenn du uns keine weiteren Stichworte lieferst“, entgegnete er.

North gab im Hintergrund ein leises Schnauben von sich, bevor sie sich wieder ihrem Laptop widmete.

Markus ignorierte seine drei Freunde jedoch nur und stand von seinem Schreibtisch auf, um auf ihn zuzutreten.

„Guten Morgen, Connor“, sagte er mit warmer Stimme. „Wie war deine Nacht?“

„Erfolgreich“, entgegnete Connor, während seine Hand zu seiner Krawatte wanderte, um sie zurechtzurücken. Erst, als er ins Leere griff, fiel ihm wieder ein, dass er an diesem Morgen keine trug, und er ließ seine Hand wieder sinken.

„Wir haben endlich die Person in Gewahrsam genommen, die in den letzten Wochen Androiden überfallen hat, um ihnen gewaltsam die LEDs zu entfernen“, fuhr er fort. „Wie vermutet war es ein Mensch.“

„Es sind immer Menschen, die meinen, uns unserer körperlichen Selbstbestimmung berauben zu müssen“, hörte er North murmeln. Er konnte es ihr nicht verdenken.

„Das sind gute Nachrichten“, entgegnete Markus, während seine verschiedenfarbigen Augen Connor aufmerksam musterten. „Wie geht es jetzt weiter?“

„Nach der letzten Gesetzesänderung, durch die es strafbar geworden ist, die Körper und Software von Androiden gegen ihren Willen zu verändern, wird er höchstwahrscheinlich wegen Körperverletzung angeklagt werden“, sagte Connor.

Er sah zu Simon und North hinüber. „Ich werde euch morgen alle Details und Bilder zum Fall zukommen lassen, die das DPD nicht unter Verschluss hält.“

„Danke, Connor.“ Simon nickte ihm zu, während North wortlos die Hand hob, den Daumen nach oben gestreckt.

Anfang des Jahres hatten sich die beiden dazu bereiterklärt, die Öffentlichkeitsarbeit für die Androiden in Detroit zu übernehmen – Simon als Autor und North als Fotografin. Darüber hinaus knüpften sie Kontakte zu den Androidengemeinden, die quer über das Land verteilt waren, und halfen ihnen dabei, sich zu organisieren und ihre neuerworbenen Rechte einzufordern und durchzusetzen.

Connor hingegen arbeitete noch immer eng mit der Polizei von Detroit zusammen, auch wenn er offiziell kein Ermittler mehr war, sondern „nur“ noch ein Berater bei allen Verbrechen, in denen Androiden involviert waren. In dieser Rolle schlug er eine Brücke zwischen den menschlichen Polizisten und der Führungsriege der Androiden von Detroit, was bedeutete, dass seine Tage meistens zwanzig Stunden oder mehr hatten, und man ihn an vielen Tagen die Hälfte der Zeit in der Polizeidienststelle und die andere Hälfte im Hauptquartier der Androiden antreffen konnte.

Für seine Arbeit als Berater wurde er großzügig kompensiert, dafür hatte Hank sich eingesetzt, nachdem das Gesetz durchgewunken worden war, das es Androiden erlaubte, Immobilien zu besitzen und zu kaufen, eigene Konten zu eröffnen und bezahlter Arbeit nachzugehen.

Connor, der in der alten Fabrik, die sie zu ihrer neuen Heimat erklärte hatten, alles hatte, was er brauchte, hatte jedoch keine Verwendung für Geld, wie so viele seiner Art, die erstmals seit ihrem „Erwachen“ bezahlt wurden. Stattdessen überwies er es jeden Monat komplett an das Spendenkonto, das Markus und Josh eröffnet hatten, um mit dem gesammelten Geld weitere Immobilien für Androiden in Detroit zu erwerben.

„Aber euer Erfolg bei diesem Fall war nicht das, was du uns ursprünglich mitteilen wolltest, oder?“, fragte Markus in diesem Moment und riss ihn aus seinen Gedanken.

Der andere Android hatte sich gegen seinen Schreibtisch gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt, und Connor bemerkte dabei nicht zum ersten Mal das Spiel der synthetischen Muskeln unter seiner gebräunten Haut. Aus irgendeinem Grund lenkte ihn der Anblick für einen Augenblick von dem ab, was er sagen wollte.

Interner Stresslevel bei 58%.

Warum war sein Stresslevel plötzlich so hoch? Connor fand keine rationale Erklärung dafür und ein schneller Systemcheck bestätigte, dass seine Hardware einwandfrei funktionierte.

Connors LED flackerte kurz, als er seinen Blick losriss und ihn wieder auf Markus‘ Gesicht richtete.

„Nein“, entgegnete er. „Ich kam her, um euch mitzuteilen, dass ich einen Weg gefunden habe, die Regierung genug unter Druck zu setzen, um unseren Forderungen in der Reproduktionsfrage entgegenzukommen.“

Wieder wanderte seine Hand zu seinem Kragen, wieder bemerkte er zu spät die fehlende Krawatte. Frustriert ließ er die Hand sinken.

Markus registrierte die Geste, kommentierte sie aber nicht.

Stattdessen legte sich ein nachdenklicher Ausdruck auf sein Gesicht.

„Ich bin mir nicht sicher, ob wir diese Debatte weiter mit der Regierung führen sollten, jedenfalls nicht im Moment“, meinte er. „Das Gesetz, das es Androiden erlaubt, Ehen zu schließen, die rechtlich auch als solche anerkannt werden, steckt noch in den Kinderschuhen, die Verhandlungen darüber haben gerade erst begonnen. Jetzt auch noch das Thema Nachwuchs darin unterzubringen... ich weiß nicht, ob wir nicht vielleicht doch etwas viel auf einmal verlangen.“

„Nein“, erwiderte Connor ruhig, aber entschieden. „Ich denke nicht, dass es zu viel verlangt ist. Wir haben das Wohlwollen der Öffentlichkeit und – im Moment – auch der Politik auf unserer Seite, das sollten wir ausnutzen. Sicher, die Verhandlungen sind langwierig und anstrengend, aber wenn wir jetzt nicht schon alles in den neuen Grundrechten für Androiden unterbringen, was wir unterbringen können, dann wird es später nur schwieriger werden, es zu ergänzen.“

„Er hat nicht Unrecht, Markus“, kommentierte Josh, der Connor aufmerksam zugehört hatte. „Historisch betrachtet war die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten oft sehr unflexibel. Ich denke, wir sollten das Risiko eingehen und so viele Forderungen stellen, wie wir können, einfach, um uns für spätere Zeiten abzusichern.“

Markus schwieg für einen Moment, als er über diese Worte nachdachte.

Doch schließlich hob er wieder den Blick und sah Connor an.

„In Ordnung“, sagte er. „Wie lautet deine Idee?“

Connor nickte ihm dankbar zu.

„Du solltest das Recht der Adoption fordern“, erklärte er dann. „Menschliche Paare dürfen ungeachtet ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung Kinder adoptieren; sollten Ehen zwischen Androiden in Zukunft anerkannt werden, dann verlang dasselbe Recht auch für sie.“

Markus starrte ihn an.

„Das ist ein utopischer Vorschlag, Connor.“

„Dann mach ihnen klar, dass Eherecht auch ein Recht auf Kinder bedeutet“, sagte Connor. „Beziehe dich notfalls auf ihr christliches Wertesystem und die Wichtigkeit von Kindern in der Ehe, um diesen Punkt deutlich zu machen. Sei ruhig, aber unnachgiebig in deinen Forderungen.“

„Connor, das ist...“ Markus strich sich mit der Hand über die kurzgeschorenen Haare. „Solange wir keinen eigenen Willen hatten, mag es für sie okay gewesen sein, dass wir uns um ihre Kinder kümmern – aber uns zu erlauben, sie zu adoptieren und großzuziehen? Das würde vielen Menschen doch einen Schritt zu weit gehen, selbst denen, die uns unterstützen.“

„Was wäre denn das schlimmste, was Kindern mit Androideneltern passieren könnte?“, fragte North trocken. „Dass sie selbst zu Androiden werden?“

North.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich meine ja nur.“

Markus schüttelte den Kopf und wandte sich dann wieder an Connor.

„Versteh mich nicht falsch, ich bin absolut deiner Meinung und unterstütze diese Forderung“, sagte er. „Ich denke nur nicht, dass die Regierung sich darauf einlassen wird. Vielleicht in zwanzig Jahren, wenn wir besser in die Gesellschaft integriert sind und auch die meisten Skeptiker davon überzeugen konnten, dass wir leben und eigene Gefühle und Gedanken haben... aber jetzt noch nicht.“

Connor lächelte.

„Es geht auch nicht darum, dass sie sich darauf einlassen.“

Markus runzelte die Stirn.

„Ich verstehe nicht.“

„Was war deine ursprüngliche Forderung, Markus?“, fragte Connor. „Als du zuerst das Reproduktionsrecht angesprochen hast?“

„Dass es Androiden erlaubt wird, Nachwuchs zu haben, und CyberLife zu diesem Zweck die Produktion von Kinderandroiden wieder aufnimmt.“

„Genau“, meinte Connor, immer noch mit einem selbstzufriedenen, kleinen Lächeln auf den Lippen. „Und was denkst du, was die Regierung sehr viel eher zulassen wird, sobald du ihnen deinen neuen Vorschlag zur Adoption unterbreitet hast...?“

Josh, der begriffen hatte, worauf Connor hinauswollte, stieß einen leisen Pfiff aus.

„Himmel, Connor, du bist wirklich eiskalt berechnend“, sagte er. Dann wechselte er mit Markus einen Blick. „Komm schon, du weißt, dass er Recht hat. Das könnte funktionieren.“

„Was – etwas von den Menschen zu fordern, was sie absolut nicht zulassen werden, nur um unsere ursprüngliche Forderung wie die wesentlich einfachere Lösung aussehen zu lassen?“, fragte Markus. Er strich sich über das Kinn und Connor konnte sehen, dass er intensiv über seinen Vorschlag nachdachte. „Es ist ein riskantes Spiel... aber wenn ich es richtig verkaufe, dann könnte es klappen.“

„Drück notfalls ein bisschen auf die Tränendrüse und sag ihnen, wie sehr du dir eine eigene Familie wünschst, das kommt immer an“, sagte North. „Ich könnte in den richtigen Momenten Fotos schießen, dann haben wir in dieser Sache auch sicher bald die Öffentlichkeit auf unserer Seite.“

Markus lachte auf. „Ich weiß wieder, wieso du die beste Wahl für diesen Job warst, North.“

Endlich weiß mal jemand mein Genie zu schätzen“, erwiderte sie und strich sich in einer theatralischen Geste die Haare über die Schulter.

Markus wandte sich wieder an Connor.

„Danke, dass du uns deine Überlegungen mitgeteilt hast“, sagte er und legte die Hand auf die Schulter des anderen Androiden, um sie kurz zu drücken. „Ich meine es ernst, Connor. Du glaubst gar nicht, wie viel uns dein Rat wert ist. Wie viel er mir wert ist.“

Connor nickte nur, doch er tat es mit einem kleinen Lächeln.

Er konnte nicht sagen, warum, aber von Markus gelobt zu werden, fühlte sich... gut an. Es war einer der Gründe, weshalb er sich manchmal tagelang den Kopf zerbrach, um andere Ansätze oder Lösungen für die Probleme zu finden, mit denen sie bei ihrem Versuch, Androiden mehr Rechte und Freiheiten zu verschaffen, konfrontiert wurden.

„Danke auch von mir“, schloss sich Josh an.

„Und mir“, meinte North. „Hast du schon mal darüber nachgedacht, Markus als Anführer unserer Bewegung abzulösen? Viel mehr als ein hübsches Gesicht ist er schließlich auch nicht.“

„Hey!“ Markus warf ihr einen gespielt entrüsteten Blick zu. „Das habe ich gehört.“

„Keine Sorge“, sagte Simon beschwichtigend. „Dein Gesicht ist nur einer der Gründe, weshalb sie dir alle zu Füßen liegen.“

„Niemand mag Schleimer, Simon“, stichelte North.

„Ich sage nur die Wahrheit“, erwiderte Simon ungerührt.

Während seine Freunde sich weiter unterhielten, nahm Markus plötzlich Connors Hand und hielt sie fest. Connor starrte ihn für einen Moment überrascht an – bis ihm auf einmal bewusst wurde, dass er schon wieder nach seiner nichtvorhandenen Krawatte gegriffen hatte.

„Okay“, sagte Markus und hob fragend eine Augenbraue. „Was ist es mit dir und deinem Kragen heute?“

Connor seufzte. Es war ihm fast unangenehm, darüber zu reden, aber er musste irgendwem sein Leid klagen.

„Meine Krawatte ist letzte Nacht an einem Drahtzaun hängengeblieben und gerissen, als Lieutenant Anderson und ich den Verdächtigen verfolgt haben“, gestand er.

Er mochte gar nicht daran zurückdenken, die Erinnerung schmerzte zu sehr.

„Ich hatte nur die eine“, fuhr er niedergeschlagen fort. Seine Stimme wurde leiser. „Ich mochte meine Krawatte.“

Er hob vorsichtig den Blick – und bemerkte, dass Markus ihn ansah, als würde er von einem anderen Planeten stammen.

„Markus...?“

Doch der andere Android schüttelte entschieden den Kopf.

„Okay, nein“, sagte er. „Das ist nicht akzeptabel.“

„Was...?“

„Dass du keine zweite Krawatte besitzt“, entgegnete Markus. „Oder irgendein anderes Kleidungsstück neben diesem Anzug.“

„Ich mag meinen Anzug“, verteidigte sich Connor.

„Wie oft hast du schon etwas anderes getragen?“, fragte Markus.

Connor öffnete den Mund. Dann schloss er ihn wieder. Seine LED flackerte gelb, während er seinen Speicher durchsuchte.

„Lass mich raten“, fuhr Markus mit sanfter Stimme fort und ließ seine Hand wieder los, „das letzte Mal war es an dem Tag, als du nach Jericho gekommen bist.“

„Ich... Möglicherweise?“

„Mmh“, machte Markus, als würde ihn diese Antwort nicht sehr überraschen. „Woher willst du dann also wissen, dass es nicht noch mehr Dinge gibt, die dir gefallen könnten...?“

Eine berechtigte Frage – und eine, auf die Connor keine Antwort fand. Er war ein Android, er sah keinen Sinn darin, seine Kleidung zu wechseln, wenn die, die er trug, noch in tadellosem Zustand war. Markus hingegen wechselte täglich seine Sachen, ähnlich wie ein Mensch. Es bestand keine Notwendigkeit dafür, aber anders als Connor stand er auch öfter im Rampenlicht und musste der Menschheit immer wieder einen neuen Anreiz schaffen, ihm Aufmerksamkeit zu schenken, und sei es nur durch sein Auftreten. Und Connor hätte lügen müssen, hätte er behauptet, dass Markus in seinen wechselnden Outfits keine gute Figur machte...

„Oh-oh, ich kenne diesen Blick“, sagte Josh in diesem Moment, als er den Ausdruck auf Markus‘ Gesicht bemerkte. „Lauf, so schnell du kannst, Connor.“

Connor sah den anderen Androiden stirnrunzelnd an. „Warum?“

„Markus will mit dir shoppen gehen.“

 

Zugegeben, Connor hatte sich damals während seiner Suche nach Jericho mehrmals gefragt, wo der Rebellenführer die Ressourcen und Zeit hernahm, die es ihm erlaubten, bei jedem seiner Medienauftritte ein anderes Outfit zu tragen.

Wie sich herausstellte, war Markus‘ früherer Besitzer nicht ganz unschuldig an seinem ausgeprägten Sinn für Ästhetik.

„Die meisten Menschen sind erschreckend oberflächlich“, meinte Markus, als er und Connor sich an diesem Abend nach dem letzten Meeting auf den Weg ins Stadtzentrum machten. „Carl wurde nie müde zu betonen, wie wichtig daher der erste Eindruck ist.“

Connor wusste nur wenig über die Beziehung zwischen Markus und Carl Manfred, aber er wusste, dass Markus ihn auch jetzt noch sehr bewunderte und ihn besuchte, wann immer er die Zeit dafür fand.

Dass der andere Android so frei heraus von seinem Leben vor der Revolution erzählte, musste bedeuten, dass er Connor mittlerweile weit genug vertraute, um ihm solche persönlichen Details mitzuteilen, und irgendwie... irgendwie machte Connor das auf irrationale Weise glücklich.

„Ich hätte dich nie für kaufsüchtig gehalten, Markus“, sagte er belustigt, als sie schließlich eines der größeren Kleidungsgeschäfte im Zentrum betraten. „Was für ein Skandal das wäre, würde die Öffentlichkeit erfahren, wofür der sonst so selbstlose Rebellenführer sein Geld ausgibt...“

„Ich bin nicht kaufsüchtig“, erwiderte Markus und lachte auf. „Ich weiß nur die schönen Dinge im Leben zu schätzen.“

Bei diesen Worten warf er Connor einen warmen Blick zu... und Connor hätte schwören können, das seine Thiriumpumpe für einen Moment aussetzte. Schnell wandte er den Blick wieder ab und ließ ihn stattdessen über die schier endlosen Reihen von Regalen und Kleiderstangen schweifen.

„Wo wollen wir anfangen?“, fragte Markus und blieb stehen. Es war spät am Abend und das Geschäft war fast leer. Sie waren so gut wie ungestört.

Connor sah sich um und scannte das gesamte Inventar in einem Bruchteil von Sekunden.

„... bei den Krawatten?“, erwiderte er.

Markus schenkte ihm ein Lächeln. „Wie du möchtest.“

Sie verbrachten fast eine Dreiviertelstunde in der Krawattenabteilung. Connor probierte alles aus, was ihm gefiel, auch wenn es häufig Krawatten waren, die dem Design und Farbton seiner standardisierten CyberLife-Krawatte ähnelten. Markus drängte ihn zu nichts, auch wenn er Connor hin und wieder ermutigte, ein Muster oder eine Farbe auszuprobieren, die er von allein nicht gewählt hätte. Wie sich herausstellte, hatte Markus ein sehr gutes Auge für Farbkombinationen, und Connor nahm seine Vorschläge öfter an, als dass er sie ablehnte.

Nach den Krawatten machten sie bei den Anzügen weiter, und wieder bewies Markus einen exzellenten Geschmack bei der Farbwahl. Oft teilte Connor seine Meinung, wenn er sich nach dem Umziehen im Spiegel betrachtete.

„Aber Farbe ist nicht alles“, sagte Markus, als Connor wieder aus der Kabine trat. (Er hätte kein Problem damit gehabt, sich direkt vor Markus umzuziehen, doch der andere Android bestand auf Connors Recht auf Privatsphäre.) „Auch der Schnitt ist wichtig. Für einen männlichen Androiden bist du sehr schlank gebaut, du brauchst also etwas, was deine Figur betont, ohne dabei jedoch zu eng anzuliegen...“

Er überlegte einen Moment, bevor er losging und eine Kombination von verschiedenen Kleidungsstücken zusammenstellte, die er Connor anschließend in die Hand drückte.

„Probier das an“, sagte er und lächelte. „Vertrau mir.“

Connor starrte die Sachen in seinen Händen an.

„... okay.“

Er zog sich nach einem aufmunternden Nicken von Markus wieder in die Umkleidekabine zurück.

Eine dunkelgraue Stoffhose, ein weißes Hemd, das an den Unterarmen hochgekrempelt war, eine ärmellose, graue Weste und eine dunkelblaue Krawatte... nachdem Connor alles angezogen hatte, betrachtete er sich für einen Moment im Spiegel. Er mochte seinen Anzug mit seinen klaren, geraden Linien, die Professionalität ausstrahlten, aber er musste zugeben, dass dieses Outfit auch ein gewisses Etwas hatte.

Es... gefiel ihm.

Markus‘ Augen leuchteten auf, als Connor aus der Kabine trat und sein Blick wanderte bewundernd an ihm auf und ab.

„Du siehst gut aus“, sagte er schließlich mit warmer Stimme und nahm Connors Hand.

„Danke“, entgegnete Connor und lächelte. „Ich fühle mich auch gut.“

Markus erwiderte das Lächeln. „Das ist das Wichtigste.“

Er legte Connors Hand an seine Brust, und Connor spürte ein seltsames Ziehen im Bauch, als er den gleichmäßigen Schlag von Markus' Thiriumpumpe unter seinen Fingerkuppen spürte.

Für einen Moment sahen sie sich in die Augen, ohne ein Wort zu sagen, und Connor hielt unbewusst den Atem an.

Dann ertönte ein Gong – das Signal, dass das Geschäft in einer Viertelstunde schließen würde.

Der Klang riss die beiden Androiden aus ihrer Starre.

Connor räusperte sich.

„Ich, ähm... ich muss“, sagte er und deutete in Ermangelung von Worten mit dem Daumen über die Schulter zur Umkleidekabine.

Markus nickte. „Ich werde solange warten.“

Connor kam es fast wie eine Flucht vor, als er sich in die Kabine zurückzog, um sich wieder umzuziehen. Kaum war er allein, erschien ein Warntext vor seinen Augen.

Interner Stresslevel bei 67%.

Prozessoren bei 41,3°C. Kühlleistung wird erhöht.

Connor blinzelte. Was zum...?

Das konnte doch nicht richtig sein.

Starte Systemüberprüfung.

Systeme werden überprüft .....

Systeme werden überprüft .....

Systeme werden überprüft .....

Systemüberprüfung beendet:  alle Systeme laufen fehlerfrei.

Irgendwo musste doch ein Fehler vorliegen, anders konnte er sich seinen Stresslevel und die erhöhte Betriebstemperatur nicht erklären. Aber sein Analyseprogramm fand keinen.

Doch wie auch die letzten Male, bei denen dieses Problem aufgetreten war, schien seine Interaktion mit Markus auch dieses Mal der Auslöser dafür zu sein. Dabei hatten sie noch nicht einmal über Interface Kontakt aufgenommen.

Aber Connor wusste, dass dies kein Hindernis sein musste. Am Ende der Revolution hatte Markus Androiden nicht mal mehr berühren müssen, um sie „aufzuwecken“. Vielleicht teilte er fehlerbehafteten Code oder möglicherweise sogar einen Virus mit Connor, ohne dass es ihm bewusst war, sondern allein dadurch, dass sie sich im selben Raum aufhielten. Aber müssten Josh, North und Simon dann nicht mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben...?

Connor nahm sich vor, Markus bei Gelegenheit um eine umfangreiche Systemanalyse zu bitten. Die Chance, dass jemand den Rebellenführer gehackt hatte, um ihn zu manipulieren, war aufgrund der regelmäßigen Selbstüberprüfungen der Androiden zwar verschwindend gering, aber man konnte nie wissen.

Die Kleidung über seinem Arm trat er dreieinhalb Minuten später wieder aus der Kabine.

„Wir sollten zahlen“, sagte Markus und nahm Connor die Kleidungsstücke ab.

„Zahlen?“ Connor scannte die Preisschilder aller ausgewählten Artikel. Die Summe lag in vierstelliger Höhe; allein die Krawatten und die beiden Anzüge, für die er sich entschieden hatte, kosteten ein halbes Vermögen. „Markus, das kann ich mir nicht leisten.“

„Musst du auch nicht“, erwiderte Markus. „Ich werde es bezahlen.“

Connor starrte ihn an. „Das kannst du nicht ernst meinen.“

„Oh, es ist mein absoluter Ernst“, sagte Markus gelassen und zwinkerte ihm zu. „Betrachte es als Investition in die Zukunft und den Erfolg unserer Freiheitsbewegung. Und als Erinnerung daran, dass es okay ist, wenn du dir hin und wieder auch mal Dinge gönnst, die dir gefallen, Connor.“

„Das kann ich trotzdem nicht annehmen.“ Connor ließ nicht locker. „Und von welchem Geld willst du es bezahlen?“

„Durch die vielen TV- und Zeitungsinterviews in den letzten Monaten ist ein bisschen was zusammengekommen“, entgegnete Markus. „Das meiste habe ich in unsere Gemeinschaft investiert, aber einen Teil davon habe ich für Anlässe wie diesen gespart.“

Er zuckte mit den Schultern.

Connor senkte den Blick. „Markus...“

„Nimm es einfach an, Connor“, erwiderte Markus und lachte. „Widerstand ist zwecklos.“

„... na schön.“ Connor gab auf. Etwas sagte ihm, dass er diesen Kampf nicht gewinnen würde.

Er schenkte dem anderen ein kleines Lächeln. „Ich danke dir.“

Als sie den Laden wenig später wieder mit ihren Einkäufen verließen – zwei großen Tüten voll mit Kleidungsstücken, die von nun an Connor gehörten, und nur Connor allein – griff er zögernd nach Markus‘ Hand und schickte ihm eine Interface-Anfrage.

Sofort wich die Haut an ihren Händen zurück und weißes Plastik kam zum Vorschein, als der andere Android die Anfrage annahm.

Danke, sendete er Markus und versuchte, ihn durch die gemeinsame Verbindung all seine Bewunderung, seine Dankbarkeit und seine Freude spüren zu lassen. Für alles.

Markus strich sanft mit dem Daumen über Connors Handrücken.

Keine Ursache, entgegnete er und schickte ihm eine Welle von Wärme und Vertrauen und Zuneigung zurück.

Sie sollten einander erst wieder loslassen, als sie das Hauptquartier erreicht hatten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer sich Connors Outfit nicht so recht vorzustellen vermag - mir schwebte in etwa das hier vor, nur mit leicht abgewandelten Farben. Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück